Kaisers Text ist 2017 in der Sezession erschienen, man kann ihn hier nachlesen. Sein Freund und Denkgefährte Philip Stein verwendet den Begriff, seit er auf die Kritik an dem Band Marx von rechts reagieren mußte, der in seinem Jungeuropa-Verlag erschienen war: Er forderte das bürgerlich-konservative Lager, aber auch die Kritiker aus den Reihen der Sezession auf, das widerständige Milieu als ein Mosaik zu begreifen, das erst in seiner Gesamtheit ein vollständiges Bild abgäbe.
Kaiser betonte in seinem Text, daß es „nicht um Sympathie, sondern Solidarität“, um eine Arbeitsteilung und teilweise ein friedliches Nebeneinanderherexistieren verschiedener Ansätze gehe. Der Begriff des Mosaiks sollte einer ideologischen Verengung vorbeugen. So weit, so gut.
Nun erleben wir eine neue Verwendung desselben Begriffs. Es geht jetzt um eine Grenzziehung und den Ausschluß von Einzelpersonen und Gruppen aus diesem Mosaik. War bei der ersten Verwendung gerade das Vielfältige, Bunte und Unterschiedliche intendiert, ist es heute die Frage nach dem geschlossenen Bild, das sich aus den einzelnen Elementen ergeben solle. Das führt uns zur Frage nach dem, was „rechts“ bedeutet und wer demnach zum Mosaik dazugehören soll und wer nicht mehr.
Wäre das rechte Mosaik recht eigentlich „neurechts”, so wäre die Definition einfacher, weil spezifischer. Sie umfaßte die Denkströmung der Nouvelle Droite, ihre Wurzeln aus der Konservativen Revolution, der Gegenaufklärung und Romantik, sowie all ihre Spielarten aus katholischen, heidnischen, ökologischen, kapitalismuskritischen und vielen weiteren Bereichen.
Wäre das Mosaik aber nicht nur „neurechts”, sondern „rechts“ an sich, so bedeutete die Grenzziehung gleichzeitig eine Begriffsdefinition von „rechts“. Anders als andere halte ich diese nicht für weitgehend geklärt und abgeschlossen, sondern für fragwürdig.
Was ist rechts? Ist es eine bestimmte Denkschule, mit konkreten Ideen? Ist “rechts” eine Lebenseinstellung und Haltung, die verschiedene ideelle Inhalte haben kann? Kann es „Rechtskatholiken“ und „Linkskatholiken“geben? Gibt es notwendig auch „Rechtsliberale“, wenn wir oft von „Linksliberalen“ sprechen? Ist die AfD eine” rechte Partei”? Wie steht es mit Blogs wie “PI-NEWS” oder Zeitschriften wie “eigentümlich frei“? Diese Fragen sind bedeutsam. Denn wenn man sich das Mosaik, wie Kaiser, als einen Dampfer vorstellt, dessen Mannschaft doch in dieselbe Richtung fahren muß, bedeutet „nicht Dazugehören“ letztlich: über die Planke gehen zu müssen.
Die Stimmung im Mosaik hat sich geändert. Seit einigen Monaten herrschen wechselseitige Anriffe vor. Antipathie wird offen zur Schau gestellt und konstruktive Kritik oder Solidarität verabschieden sich langsam. Eine kleine, aber sehr aktive Twitterfraktion attackiert gezielt “Abweichler”. Andere packen in peinlichem Systemjargon die Nazikeule aus und verlangen emphatische Bekenntnisse zu Israel. Man differenziert nicht, sondern schmäht Gruppen, neben denen man jahrelang existierte, pauschal als liberal Verweste oder als völkische Kryptonazis.
Ich finde die Lust an der Selbstzerfleischung befremdlich. Es sei jedem gegönnt, die ideologische Grenzen um seine Denkschule oder seinen Blog zu ziehen, wie er will. Dennoch erscheint es mir seltsam, daß Personen, die von den Medien und der Gesellschaft als „Rechte“ bekämpft werden, sich gegenseitig das Dazugehören absprechen wollen und sich als Gegner oder gar Feinde behandeln.
Vielleicht ist der Begriff der „Mosaikrechten“ überholt? Die derzeitigen Spannungen verweisen auf Schwächen. Der Begriff meint, daß sich eine vielfältige Gemeinschaft rund um ein Minimum gruppieren solle. Die Teilnehmer sollten dabei aber ihre ideologische Integrität und Unterschiedlichkeit behalten. Wenn dieses Minimum jedoch zu einem Maximalbegriff wird, endet das unweigerlich in einem Kampf um die Deutungshoheit und die “Mosaikhegemonie”. Der strategische Zweck der Arbeitsteilung, der Einheit in Vielfalt und der Solidarität geht so verloren.
Legen wir für einen Moment die berufsbedingte Betriebsblindheit ab, so sehen wir, daß die Trennlinie heute zwischen Globalisten und Patrioten verläuft. Was Libertären von Libertären, Christ von Christ, Umweltschützer von Umweltschützer und Sozialisten von Sozialisten trennt, ist die Frage der Identität und des Großen Austauschs. Eine patriotische Vielfalt bildet tatsächlich ein patriotisches Mosaik, das sich um ein Minimum, den Erhalt der ethnokulturellen Identität, formiert.
Dieses Minimum ist nicht rechts, auch nicht neurechts, sondern patriotisch, emigrationskritisch und antiglobalistisch. Es ist nicht der Schlüssel zur Überwindung der Verheerungen der Moderne. Es ist eine Notgemeinschaft gegen die Ersetzungsmigration. Die ideologischen Widersprüche innerhalb dieses Mosaiks sind nicht zu leugnen. Jeder Teil ist insgeheim der Ansicht, das er zuletzt den wahren Schlüssel für die Lösung der Migrationsfrage in der Hand halte. Der Libertäre hält den “überbordenden Nannystaat” für schuldig. Der Sozialist sieht im “neoliberalen Kapitalismus” den Alleinverantwortlichen, und der Christ meint, daß es letztlich der Abfall von Gott sei, der uns den Großen Austausch beschert habe.
Alle können sich aber auf eine Forderungen einigen: der Bevölkerungsaustausch muß beendet werden. Das ist die Möglichkeitsbedingung für jede partielle Vision, für eine deutsche und europäische Zukunft, und dieses politische Minimum stellt somit das Minimum und den “ideologischen Flaschenhals” dar. Und mehr: Das Arsenal an kapitalismuskritischen, libertären und religiösen Argumenten gegen die Ersetzungsmigration macht das patriotische Mosaik vielfältig und anschlußfähig.
In meiner jüngsten politischen Rundreise durch Deutschland traf ich auf eine sozialistisch geprägte Gastwirtin mit einem Faible für Verschwörungstheorien, einen jungen, nationalrevolutionär geprägten Aktivisten mit Faszination für antiimperialistische Guerillas, einen evangelikalen Familienvater und glühenden Israelfreund, einen ökologischen Impfgegner und Feind der Schulmedizin sowie einen streng naturwissenschaftlichen Chemiker, der sich mit jenem leidenschaftlich stritt.
Jeden einzelnen dieser Akteure hatte eine ehrliche und brennende Sorge um die Zukunft seiner Heimat und seiner Kinder. Jeder einzelne stimmte dem patriotischen Minimum vollkommen zu und hatte ein Grundgefühl der Solidarität mit dem anderen. Genau diese Einheit brauchen wir auch, da Repression, Deplatforming, und die juristischen, finanziellen und physischen Attacken nicht vor internen ideologischen Grenzlinien haltmachen. Nur diese vereinigende Tendenz kann die nötige kritische Masse zur Durchsetzung metapolitischer Ziele sammeln.
Es ist kein Problem, wenn es in diesem migrationskritischen, patriotischen und antiglobalistischen Mosaik weltanschauliche Subsysteme gibt, die sich gegenseitig nicht zustimmen. Es macht ja das Wesen einer Allianz aus, daß man sie mit Leuten eingeht, die nicht der eigenen Partei oder Gruppe angehören, aber eine Schnittmenge an Forderungen teilen. Lenin schreibt dazu in „Was tun“:
“Nur wer zu sich selbst kein Vertrauen hat, kann sich von vorübergehenden Bündnissen, und sei es auch mit unzuverlässigen Leuten, fürchten, und keine einzige politische Partei könnte ohne solche Bündnisse existieren.“
Passend dazu kommentiert eine kundiger Twitternutzer aufkeimende Binnenkriege des patriotischen migrationskritischen Mosaiks folgendermaßen:
Die derzeit langsam schraubende „purity spiral“ kann zum Strudel der Zerstörung werden. Anstatt die Energien nach außen und auf einende Taten zu richten, wird sie an interne Debatten und Spaltungen verschwendet. Statt das Einende in Migrationskritik, Antiglobalismus und Patriotismus zu suchen, welches ja bereits auf der Straße zum Horror unserer Gegner verschiedenste Lager zusammenbringt, wird lustvoll das Trennende betont. Statt zu rekrutieren und sich über die breite Anschlußfähigkeit des Patriotismus zu freuen, versucht man eher, Leute loszuwerden und sich „gesund zu schrumpfen“.
Das Ziel solcher Lageverkennungen ist kein breiter und solidarischer Zusammenhang, in dem die verschiedenen Teile ideologisch abgegrenzt eine strategische Allianz bilden. Das Ziel ist eine möglichst sortenreines, in sich geschlossenes, von einigen Themenführern dominiertes Kollektiv, das eine reine Lehre vertritt und Dissonanzen ausschließt. Im schlimmsten Fall endet man wie die K‑Gruppen und belagert sich in personenzentrierten, festungsähnlichen Blogs und Plattformen in einer metapolitischen Pattstellung. Das ist das genaue Gegenteil von einem Mosaik. Es ist ein Geröllfeld monolithischer Blöcke.
Tendenzen dazu sind meiner Ansicht nach vor allem psychologisch erklärbar. Der Gegner scheint übermächtig, die Aufgabe der Rückeroberung der Meatpolitik nicht zu bewältigen. Was aber direkt angreifbar und machbar ist, ist die binnenrechte Konkurrenz. Sie kann man dezimieren, angreifen, ausschließen und damit zumindest irgendeinen metapolitischen Effekt erzielen. Man hat dann eine „interne Debatte geprägt“.
Bei der so erreichten ideologischen „Reinheit“ endet die strategische Zielsetzung dann auch schon. Der erhoffte metapolitische Quantensprung, der bei Ausmerzung aller weltanschaulicher Dissonanzen erreicht werden soll, bleibt in der Regel aus.
Ich plädiere daher für das patriotische Mosaik als eine bewußt ideologisch diverse, strategische Allianz. Es schließt Libertäre, Sozialisten, Neurechte, Christen, Heiden undsoweiter ein. Es grenzt explizit nur Altrechte und Globalisten aus, also jene, die sich in die Tradition der europäischen Totalitarismus stellen und jene, die den heutigen Weltzustand, die Auflösung der Völker und Kulturen und den Austausch unserer Bevölkerung, akzeptieren. Auszuschließen sind ebenso Personen, die ungeachtet ihrer Weltanschauung, spalterisches, völlig unmoralisches, nach innen denunziatorisches und sonstiges untragbares Verhalten an den Tag legen, was in jedem Teilbereich vorkommen kann und getrennt von der Ideologie kritisiert werden muß.
Diese Definition ist simpel, klar, und kann auch von der Masse verstanden werden. Im patriotischen Mosaik gibt es friedliche Koexistenz, ideologische Debatten und Reviermarkierungen, konstruktive Kritik, Arbeitsteilung und Solidarität gegen Angriffe von Außen. Die Neurechten, Konservativen, Libertäten, Christen sollen ihre Positionen dabei nicht aufgeben oder aufweichen, sondern vertiefen. Sie alle arbeiten ja an der großen Frage, wie eine Reintegration der Gesellschaft und damit eine Legitimation des Politischen möglich sei.
Das ist kein Thema für die Massenagitation. In diesen Themen sind auch keine Kompromisse möglich, da es sich um philosophische und nicht um politisch-strategische Fragen handelt. Eine neue politische Theorie, die den Status Quo überwindet und nicht in alte Fehlschläge zurückfällt, wird vielleicht nur in diesem mosaikpatriotischen Gespräch entstehen, initiiert durch das Migrationsthema und vereint in der „Fronterfahrung“ des Aktivismus und der Repression.
Keiner kann die alleinige Deutungshoheit über die Migrations- und Identitätsfrage auf Kosten anderer Teile des Mosaiks beanspruchen. Wer aus dem neurechten, Libertäten oder christlichen Submosaik ausgeschlossen wird, bleibt, solange er nicht gegen das oben vorgeschlagene Minimum verstößt, immer noch Teil des patriotischen Lagers. Er gehört zu uns und muß nicht über die Planke gehen.
Denn uns alle eint, um aus Philip Steins Einführung zum Marx-Buch zu zitieren: „das Gefühl, Teil eines höheren Ganzen zu sein“. Das Einende des patriotischen Mosaiks ist weniger eine Idee als eine Grundstimmung, die Stein als „dieses höhere Gefühl, dieses zeitlose Ideal, das über Klassen, Parteien und andere mechanischen Konflikten steht“ beschreibt. Dieses Gefühl, das jedem orthodoxen Marxisten und Liberalen fremd sein muß, ist das Zentrum des patriotischen Mosaiks.
Denken wir mit Nietzsche die logischen, einander ausschließenden Widersprüche, für einen Augenblick als organische Gegensätze, die im Streit Dynamik und Entwicklung erzeugen. Ein Volk ist in sich gegensätzlich, weil und solange es lebendig ist. Eine organische Einheit kennt keine Gleichheit und Einförmigkeit, sondern nur Zusammenwirken. Identität ist daher kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Prozeß der Selbstvergewisserung und des internen Austrags. Das Leben selbst lebt nur in seinen Gegensätzen. Vielleicht ist das, was uns Gegensätze ertragen läßt, das, was man als einen der Kerne des „Rechtsseins“ bezeichnen kann.
Wir wurden gemeinsam von der Polizei eingekesselt und von Antifaschistischen mit Steinen beworfen. Wir alle haben unsere Bankkonten und Plattformen verloren, wurden geoutet und werden von den Machthabern mit sozialer Ausgrenzung und dem gesellschaftlichen Tod bedroht. Ich habe für mich selbst vor langer Zeit beschlossen, daß, wer nach Meinung der Antifa, der Mainstreammedien und der Justiz, „rechts“ genug ist, um brutal attackiert zu werden, auch für meine Bedürfnisse „rechts“ genug ist.
Lotta Vorbeck
"Getrennt marschieren, vereint schlagen!"
Helmuth Graf von Moltke
Leute, die einerseits Feuer im Rumpf des neurechten Schiffes legen, sich andererseits nicht an den zur Erhaltung von See- und Gefechtstauglichkeit notwendigen Arbeiten beteiligen wollen, weil sie dieses Schiff eigentlich nur zur Reise an ein Ziel zu benutzen trachten, welches mit dem eigenen, abgetakelten Seelenverkäufer nie und nimmer zu erreichen gewesen wäre, sollten schnellstmöglich "über die Planke" gehen.
Ansonsten gilt der obligatorische Schlußsatz von "Martin-Sellner-Live": "Die Politik wird sich erst dann ändern, wenn Ihr Euch ändert!"