Weshalb diese große Offensive? Wir haben Philip Stein, den Leiter von EinProzent, dazu befragt.
Sezession: Sehr geehrter Herr Stein, Sie haben vor wenigen Stunden mit Ihrer Bürgerinitiative „Ein Prozent“ eine große Kampagne angekündigt, die nach eigener Aussage die „größte Kampagne seit Gründung der Organisation“ ist. Nicht zufällig haben Sie hierzu die heiße Wahlkampfphase in Sachsen und Brandenburg als Zeitraum gewählt. Welchen Zweck verfolgt dieser außerparlamentarische Eingriff in den laufenden Ostwahlkampf?
Philip Stein: Unser Bürgernetzwerk „Ein Prozent“ ist konzeptionell recht einfach zu verstehen: Wir vertreten die Interessen der Deutschen, der vergessenen und ignorierten Mehrheit in dieser Republik, mittels einer parteiunabhängigen, von „unten“ finanzierten Organisation. Zu Beginn unserer Arbeit im Jahr 2015 haben wir uns spaßeshalber gerne als „Greenpeace für Deutsche“ bezeichnet.
Ganz konkret sammeln wir als zentraler Akteur zwischen „Straße“ und Parlament Spendengelder ein, um sie anschließend auf verschiedenste außerparlamentarische Initiativen, Projekte, Medien, Künstler, Startups uvm. zu verteilen. Wir sind gewissermaßen die „Powerbude“ oder Lebensader der patriotischen außerparlamentarischen Opposition in Deutschland.
Sezession: Jetzt ist aber Wahlkampf, auch für Außerparlamentarier. Was macht diese Zeiten für Sie aus?
Stein: In Wahlkampfphasen wird von den Parteien gerne suggeriert, mit dem richtigen Kreuz auf dem Wahlzettel sei die Bürgerpflicht erledigt, die Wende womöglich eingeläutet und der Politik Genüge getan. Doch wir alle wissen: Die Krise ist nicht vorbei – und sie wird auch nach den „Ostwahlen“ nicht vorbei sein.
Wir von „Ein Prozent“ wollen mit unserer Kampagne klar machen, daß „das Spiel um den entscheidenden Einsatz des Politischen, was das Wesentliche anbelangt“, nicht nur „in der Arena der ‚Politik der Politiker’ seinen Ort hat“ (Alain de Benoist). Kurzum: Wir nutzen die heiße Wahlkampfphase um Jedermann klar zu machen, daß für das Gelingen einer „patriotischen Wende“ der persönliche Einsatz eines Jeden vonnöten ist und die Zeit des ausschließlichen Kreuzemachens vorbei ist.
Sezession: Sie sprechen bisweilen von der „Mosaik-Rechten“ und versuchen diese ganz zentral mit Ihrem „Ein Prozent“-Netzwerk auf- und auszubauen – nicht zuletzt mit finanziellen Mitteln. Verstößt Ihre Kampagne, vor allem die Plakatierung, nicht gegen Ihren eigenen Grundsatz der Aufgabenteilung? Haben Sie sich freiwillig zum gefügigen Vorfeld einer Partei degradiert?
Stein: Ganz im Gegenteil. Wir begreifen unsere Arbeit und auch die Form unserer Organisation, also ein bürgernahes Netzwerk zu bilden, das alternative Kultur und widerständisches Verhalten in nahezu jeden Bereich des Lebens trägt, als bewußtes Korrektiv des parlamentarischen Prozesses. Es handelt sich hierbei keineswegs um eine Floskel, sondern eine sehr bedachte Lage- und Funktionsbeschreibung.
Wir sorgen als finanzkräftige, weit vernetzte und reichweitenstarke Bürgerinitiative dafür, daß die Interessen der Patrioten, die viel Hoffnung in ihr alternatives Kreuz auf dem Wahlzettel gesetzt haben, in den Parlamenten Gehör finden. Das heißt konkret: kritisieren, einwirken, Gespräche führen und notfalls in Opposition gehen und Fundamentales zurückerobern. Von Gefügigkeit also keine Spur – vielmehr: wohlmeinendes, grundsätzlich ausgerichtetes Korrektiv!
Sezession: Ihr seid aber keine Partei …
Stein: Ja. Die Aufgabenteilung im „rechten Mosaik“ zu wahren, Ausgewogenheit zu garantieren und gefährliche Pendelschläge abzufedern, das gehört indes zu unseren Kernbereichen. Als Bürgernetzwerk wird „Ein Prozent“ zumeist als „neutraler“, vernünftiger Pol zwischen „Straße“ und Parlament wahrgenommen.
Ich meine, daß diese Zuschreibung nicht falsch ist. Unsere Kampagne ist ein Zeichen, stellvertretendes Symbol eines vielfältigen und großen Mosaiks, kein Angriff auf alternative Parteistrukturen. Jeder auf seinem Platz – doch alle in die gleiche Richtung. Wir haben diesen Grundsatz begriffen und verinnerlicht. Unsere Wahlbeobachtung, die wir im Zuge der Kampagne wieder breit bewerben, symbolisiert u.a. den Gedanken der Arbeitsteilung.
Sezession: Neben der weiträumigen Plakatwerbung haben Sie zahlreiche weitere Werbemaßnahmen angekündigt. Auf was dürfen wir uns gefaßt machen?
Stein: Wären Sie das Manager-Magazin und würde ich öfter einen Anzug tragen, dann würden wir jetzt wohl über einen großen „Marketing-Mix“ sprechen. Ich will es anders ausdrücken: Wir nutzen alle medialen Mittel, die uns das Establishment hin und wieder zugesteht, um in die Offensive zu gehen. Selbstverständlich ergänzt um das, was wir mittlerweile, mit einem Anflug von Stolz, „patriotische Gegenöffentlichkeit“ nennen können.
Sezession: Und das heißt?
Stein: Das heißt ganz konkret: rund 300 Großplakate in 103 Städten und Ortschaften in Sachsen sowie Brandenburg; 1200 A1-Plakate an Laternenmasten in 61 Ortschaften; ein Radiospot, der seit Dienstag zehn Mal am Tag läuft; große Anzeigen in brandenburgischen Zeitungen (Auflage: 140.000); über 200.000 Drucksachen (Flugblätter, eine aktualisierte Asylstudie, neue Aufkleber); eigene Videoproduktionen sowie zahlreiche, noch folgende Überraschungen.
Wir sprechen von einer groß angelegten, breit gefächerten Kampagne, die zweierlei bedient: Internet und Nachbarschaft. Wir setzen dabei auf zwei Motive: Wahlbeobachtung und „Trojanisches Pferd“ – seriös und frech.
Sezession: „Ein Prozent“ wird hin und wieder vorgeworfen, vor allem ein digitales Phänomen zu sein. Linke „Journalisten“ sprechen sogar von einer von wenigen Personen betriebenen Propagandamaschine. Stellt Ihre Kampagne auch einen Versuch dar, die digitale Welt zu verlassen und – zunächst für die Menschen in Sachsen und Brandenburg – „greifbar“ zu werden?
Stein: Das Internet ist für unsere Arbeit natürlich von zentraler Bedeutung. In den Sozialen Medien erreichen wir pro Woche rund 550.000 Nutzer, verzeichnen 120.000 Interaktionen und vereinen 30.000 regelmäßige Leser, die von 227.000 verschiedenen Lesern flankiert werden. Das Internet ist ein Werkzeug– und wir können damit umgehen.
Ich behaupte zudem ganz frech, daß wir den Einsatz moderner Medien so gut verstanden haben wie kaum ein anderer Akteur in unserem Beritt. Antifaschistische Publikationen und Institute weisen zu Recht immer wieder auf die Professionalität unserer medialen Arbeit hin. Wir haben bei „Ein Prozent“ von Anfang an ein Videoteam aufgebaut, das mittlerweile rund 60 Filme produziert hat, darunter auch gehaltvolle Dokumentationen mit langer Spieldauer.
Zusätzlich finanzieren wir alternative Medien und Kunst, etwa das Arcadi Magazin, die YouTube-Sendung „Laut Gedacht“ oder den Rapper „Komplott“. Die ganze Bandbreite der medialen Klaviatur wird von uns bedient – und das mit durchaus beachtlichen Zugriffszahlen. Hinzu kommt unser eigener Blog, unsere Recherchen, Studien uvm. Seit unserer Gründung haben wir rund 2,5 Millionen Druckmittel kostenlos in Umlauf gebracht, um die Bürger effektiv aufzuklären.
Sezession: Und jenseits des Virtuellen?
Stein: Außerhalb der digitalen Welt sind wir – vor allem in Sachsen und Brandenburg – ebenfalls gut vernetzt. Das ist allerdings ein Bereich, den wir bewußt nicht in die Öffentlichkeit rücken. Ich vergleiche „Ein Prozent“ gerne mit einem Eisberg, denn die sichtbare Spitze macht nur einen Bruchteil unserer Arbeit aus. Klar ist aber auch: Mit dieser Kampagne wollen wir in die Nachbarschaften, Städte und Orte, wollen Gespräche und Empfehlungen fördern. Wir verlassen die digitale Welt also nicht, wir machen lediglich einen weiteren, den nächsten parallelen Schritt.
Sezession: Wer ein wenig das Netz durchforstet und Zahlen vergleicht, wird schnell herausfinden, daß Ihre Kampagne eine ganze Menge Geld kosten dürfte. Wer finanziert eine solche Großkampagne – und wie kann geholfen werden?
Stein: Auch wenn Kritiker den nachfolgenden Satz immer in Frage stellen, bleibt er doch wahr: „Ein Prozent“ finanziert sich nahezu ausschließlich durch Spenden – und zwar aus regelmäßigen „kleinen“ Spenden Tausender Unterstützer und Förderer. Wir sind damit nicht abhängig von großen Mäzenen, die womöglich Einfluß auf unsere Arbeit und unseren politischen Kurs nehmen würden.
Durch diese große Zahl an „einfachen“ Unterstützern, die unser Rückgrat bilden, können wir stets unabhängig agieren und bleiben frei von externen Einflüssen. Im Vorfeld unserer großen Kampagne, die wir lange vorbereiteten und intern präsentierten, haben uns erstmals auch zwei, drei größere Summen erreicht, ohne die die Realisierung nicht möglich gewesen wäre.
Sezession: Und das Ganze zur Wahl, was kostet das?
Stein: Wir haben eine niedrige sechsstellige Summe investiert, die wir zwar eingeplant hatten, die einer Initiative wie uns aber natürlich an anderer Stelle fehlt. Diese neue Größenordnung, die wir hier wagen, wird unser ganzes Milieu voranbringen. Daher bitten wir um Spenden zur Refinanzierung – oder besser: den Abschluß einer „Fördermitgliedschaft“, die es uns leichter macht, langfristig zu planen. Alle Informationen gibt es hier.
Jan
War ja klar: eine Woche vor der Wahl in Sachsen zieht die CDU in den Umfragen wieder davon, damit die letzten Unentschlossenen noch auf den Siegerzug aufspringen. Laut Infratest ein sattes Plus der CDU von 4% zur letzten Umfrage, jetzt stehen sie wieder bei 30%. Fake-News oder echt? Machen Umfrageinstitute Propaganda? Es fällt mir schwer zu glauben, dass es nach den letzten vier Jahren wieder so viele Wähler gibt, die sich von der CDU auf den letzten 100 Metern einlullen lassen. Wieviele Einschläge brauchen die denn noch? Diese trottelige Treue zur Union, die den größten Mist bauen kann und trotzdem immer noch die meisten Wählerstimmen zieht - unglaublich.