Landtagswahlen – EinProzent mit Großkampagne

Am 1. September wird in Sachsen und Brandenburg gewählt. Die Bürgerinitiative EinProzent ist im Wahlkampf flächendeckend präsent.

Wes­halb die­se gro­ße Offen­si­ve? Wir haben Phil­ip Stein, den Lei­ter von Ein­Pro­zent, dazu befragt.

Sezes­si­on: Sehr geehr­ter Herr Stein, Sie haben vor weni­gen Stun­den mit Ihrer Bür­ger­initia­ti­ve „Ein Pro­zent“ eine gro­ße Kam­pa­gne ange­kün­digt, die nach eige­ner Aus­sa­ge die „größ­te Kam­pa­gne seit Grün­dung der Orga­ni­sa­ti­on“ ist. Nicht zufäl­lig haben Sie hier­zu die hei­ße Wahl­kampf­pha­se in Sach­sen und Bran­den­burg als Zeit­raum gewählt. Wel­chen Zweck ver­folgt die­ser außer­par­la­men­ta­ri­sche Ein­griff in den lau­fen­den Ostwahlkampf?

Phil­ip Stein: Unser Bür­ger­netz­werk „Ein Pro­zent“ ist kon­zep­tio­nell recht ein­fach zu ver­ste­hen: Wir ver­tre­ten die Inter­es­sen der Deut­schen, der ver­ges­se­nen und igno­rier­ten Mehr­heit in die­ser Repu­blik, mit­tels einer par­tei­un­ab­hän­gi­gen, von „unten“ finan­zier­ten Orga­ni­sa­ti­on. Zu Beginn unse­rer Arbeit im Jahr 2015 haben wir uns spa­ßes­hal­ber ger­ne als „Green­peace für Deut­sche“ bezeichnet.

Ganz kon­kret sam­meln wir als zen­tra­ler Akteur zwi­schen „Stra­ße“ und Par­la­ment Spen­den­gel­der ein, um sie anschlie­ßend auf ver­schie­dens­te außer­par­la­men­ta­ri­sche Initia­ti­ven, Pro­jek­te, Medi­en, Künst­ler, Start­ups uvm. zu ver­tei­len. Wir sind gewis­ser­ma­ßen die „Power­bu­de“ oder Lebens­ader der patrio­ti­schen außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­on in Deutschland.

Wahlbeobachter

Sezes­si­on: Jetzt ist aber Wahl­kampf, auch für Außer­par­la­men­ta­ri­er. Was macht die­se Zei­ten für Sie aus?

Stein: In Wahl­kampf­pha­sen wird von den Par­tei­en ger­ne sug­ge­riert, mit dem rich­ti­gen Kreuz auf dem Wahl­zet­tel sei die Bür­ger­pflicht erle­digt, die Wen­de womög­lich ein­ge­läu­tet und der Poli­tik Genü­ge getan. Doch wir alle wis­sen: Die Kri­se ist nicht vor­bei – und sie wird auch nach den „Ost­wah­len“ nicht vor­bei sein.

Wir von „Ein Pro­zent“ wol­len mit unse­rer Kam­pa­gne klar machen, daß „das Spiel um den ent­schei­den­den Ein­satz des Poli­ti­schen, was das Wesent­li­che anbe­langt“, nicht nur „in der Are­na der ‚Poli­tik der Poli­ti­ker’ sei­nen Ort hat“ (Alain de Benoist). Kurz­um: Wir nut­zen die hei­ße Wahl­kampf­pha­se um Jeder­mann klar zu machen, daß für das Gelin­gen einer „patrio­ti­schen Wen­de“ der per­sön­li­che Ein­satz eines Jeden von­nö­ten ist und die Zeit des aus­schließ­li­chen Kreu­ze­ma­chens vor­bei ist.

Sezes­si­on: Sie spre­chen bis­wei­len von der „Mosa­ik-Rech­ten“ und ver­su­chen die­se ganz zen­tral mit Ihrem „Ein Prozent“-Netzwerk auf- und aus­zu­bau­en – nicht zuletzt mit finan­zi­el­len Mit­teln. Ver­stößt Ihre Kam­pa­gne, vor allem die Pla­ka­tie­rung, nicht gegen Ihren eige­nen Grund­satz der Auf­ga­ben­tei­lung? Haben Sie sich frei­wil­lig zum gefü­gi­gen Vor­feld einer Par­tei degradiert?

Stein: Ganz im Gegen­teil. Wir begrei­fen unse­re Arbeit und auch die Form unse­rer Orga­ni­sa­ti­on, also ein bür­ger­na­hes Netz­werk zu bil­den, das alter­na­ti­ve Kul­tur und wider­stän­di­sches Ver­hal­ten in nahe­zu jeden Bereich des Lebens trägt, als bewuß­tes Kor­rek­tiv des par­la­men­ta­ri­schen Pro­zes­ses. Es han­delt sich hier­bei kei­nes­wegs um eine Flos­kel, son­dern eine sehr bedach­te Lage- und Funktionsbeschreibung.

Wir sor­gen als finanz­kräf­ti­ge, weit ver­netz­te und reich­wei­ten­star­ke Bür­ger­initia­ti­ve dafür, daß die Inter­es­sen der Patrio­ten, die viel Hoff­nung in ihr alter­na­ti­ves Kreuz auf dem Wahl­zet­tel gesetzt haben, in den Par­la­men­ten Gehör fin­den. Das heißt kon­kret: kri­ti­sie­ren, ein­wir­ken, Gesprä­che füh­ren und not­falls in Oppo­si­ti­on gehen und Fun­da­men­ta­les zurück­er­obern. Von Gefü­gig­keit also kei­ne Spur – viel­mehr: wohl­mei­nen­des, grund­sätz­lich aus­ge­rich­te­tes Korrektiv!

Sezes­si­on: Ihr seid aber kei­ne Partei …

Stein: Ja. Die Auf­ga­ben­tei­lung im „rech­ten Mosa­ik“ zu wah­ren, Aus­ge­wo­gen­heit zu garan­tie­ren und gefähr­li­che Pen­del­schlä­ge abzu­fe­dern, das gehört indes zu unse­ren Kern­be­rei­chen. Als Bür­ger­netz­werk wird „Ein Pro­zent“ zumeist als „neu­tra­ler“, ver­nünf­ti­ger Pol zwi­schen „Stra­ße“ und Par­la­ment wahrgenommen.

Ich mei­ne, daß die­se Zuschrei­bung nicht falsch ist. Unse­re Kam­pa­gne ist ein Zei­chen, stell­ver­tre­ten­des Sym­bol eines viel­fäl­ti­gen und gro­ßen Mosa­iks, kein Angriff auf alter­na­ti­ve Par­tei­struk­tu­ren. Jeder auf sei­nem Platz – doch alle in die glei­che Rich­tung. Wir haben die­sen Grund­satz begrif­fen und ver­in­ner­licht. Unse­re Wahl­be­ob­ach­tung, die wir im Zuge der Kam­pa­gne wie­der breit bewer­ben, sym­bo­li­siert u.a. den Gedan­ken der Arbeitsteilung.

Sezes­si­on: Neben der weit­räu­mi­gen Pla­kat­wer­bung haben Sie zahl­rei­che wei­te­re Wer­be­maß­nah­men ange­kün­digt. Auf was dür­fen wir uns gefaßt machen?

Stein: Wären Sie das Mana­ger-Maga­zin und wür­de ich öfter einen Anzug tra­gen, dann wür­den wir jetzt wohl über einen gro­ßen „Mar­ke­ting-Mix“ spre­chen. Ich will es anders aus­drü­cken: Wir nut­zen alle media­len Mit­tel, die uns das Estab­lish­ment hin und wie­der zuge­steht, um in die Offen­si­ve zu gehen. Selbst­ver­ständ­lich ergänzt um das, was wir mitt­ler­wei­le, mit einem Anflug von Stolz, „patrio­ti­sche Gegen­öf­fent­lich­keit“ nen­nen können.

Sezes­si­on: Und das heißt?

Stein: Das heißt ganz kon­kret: rund 300 Groß­pla­ka­te in 103 Städ­ten und Ort­schaf­ten in Sach­sen sowie Bran­den­burg; 1200 A1-Pla­ka­te an Later­nen­mas­ten in 61 Ort­schaf­ten; ein Radio­spot, der seit Diens­tag zehn Mal am Tag läuft; gro­ße Anzei­gen in bran­den­bur­gi­schen Zei­tun­gen (Auf­la­ge: 140.000); über 200.000 Druck­sa­chen (Flug­blät­ter, eine aktua­li­sier­te Asyl­stu­die, neue Auf­kle­ber); eige­ne Video­pro­duk­tio­nen sowie zahl­rei­che, noch fol­gen­de Überraschungen.

Wir spre­chen von einer groß ange­leg­ten, breit gefä­cher­ten Kam­pa­gne, die zwei­er­lei bedient: Inter­net und Nach­bar­schaft. Wir set­zen dabei auf zwei Moti­ve: Wahl­be­ob­ach­tung und „Tro­ja­ni­sches Pferd“ – seri­ös und frech.

Sezes­si­on: „Ein Pro­zent“ wird hin und wie­der vor­ge­wor­fen, vor allem ein digi­ta­les Phä­no­men zu sein. Lin­ke „Jour­na­lis­ten“ spre­chen sogar von einer von weni­gen Per­so­nen betrie­be­nen Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne. Stellt Ihre Kam­pa­gne auch einen Ver­such dar, die digi­ta­le Welt zu ver­las­sen und – zunächst für die Men­schen in Sach­sen und Bran­den­burg – „greif­bar“ zu werden?

 Stein: Das Inter­net ist für unse­re Arbeit natür­lich von zen­tra­ler Bedeu­tung. In den Sozia­len Medi­en errei­chen wir pro Woche rund 550.000 Nut­zer, ver­zeich­nen 120.000 Inter­ak­tio­nen und ver­ei­nen 30.000 regel­mä­ßi­ge Leser, die von 227.000 ver­schie­de­nen Lesern flan­kiert wer­den. Das Inter­net ist ein Werk­zeug– und wir kön­nen damit umgehen.

Ich behaup­te zudem ganz frech, daß wir den Ein­satz moder­ner Medi­en so gut ver­stan­den haben wie kaum ein ande­rer Akteur in unse­rem Beritt. Anti­fa­schis­ti­sche Publi­ka­tio­nen und Insti­tu­te wei­sen zu Recht immer wie­der auf die Pro­fes­sio­na­li­tät unse­rer media­len Arbeit hin. Wir haben bei „Ein Pro­zent“ von Anfang an ein Video­team auf­ge­baut, das mitt­ler­wei­le rund 60 Fil­me pro­du­ziert hat, dar­un­ter auch gehalt­vol­le Doku­men­ta­tio­nen mit lan­ger Spieldauer.

Zusätz­lich finan­zie­ren wir alter­na­ti­ve Medi­en und Kunst, etwa das Arca­di Maga­zin, die You­Tube-Sen­dung „Laut Gedacht“ oder den Rap­per „Kom­plott“. Die gan­ze Band­brei­te der media­len Kla­via­tur wird von uns bedient – und das mit durch­aus beacht­li­chen Zugriffs­zah­len. Hin­zu kommt unser eige­ner Blog, unse­re Recher­chen, Stu­di­en uvm. Seit unse­rer Grün­dung haben wir rund 2,5 Mil­lio­nen Druck­mit­tel kos­ten­los in Umlauf gebracht, um die Bür­ger effek­tiv aufzuklären.

Sezes­si­on: Und jen­seits des Virtuellen?

Stein: Außer­halb der digi­ta­len Welt sind wir – vor allem in Sach­sen und Bran­den­burg – eben­falls gut ver­netzt. Das ist aller­dings ein Bereich, den wir bewußt nicht in die Öffent­lich­keit rücken. Ich ver­glei­che „Ein Pro­zent“ ger­ne mit einem Eis­berg, denn die sicht­ba­re Spit­ze macht nur einen Bruch­teil unse­rer Arbeit aus. Klar ist aber auch: Mit die­ser Kam­pa­gne wol­len wir in die Nach­bar­schaf­ten, Städ­te und Orte, wol­len Gesprä­che und Emp­feh­lun­gen för­dern. Wir ver­las­sen die digi­ta­le Welt also nicht, wir machen ledig­lich einen wei­te­ren, den nächs­ten par­al­le­len Schritt.

Sezes­si­on: Wer ein wenig das Netz durch­fors­tet und Zah­len ver­gleicht, wird schnell her­aus­fin­den, daß Ihre Kam­pa­gne eine gan­ze Men­ge Geld kos­ten dürf­te. Wer finan­ziert eine sol­che Groß­kam­pa­gne – und wie kann gehol­fen werden?

Stein: Auch wenn Kri­ti­ker den nach­fol­gen­den Satz immer in Fra­ge stel­len, bleibt er doch wahr: „Ein Pro­zent“ finan­ziert sich nahe­zu aus­schließ­lich durch Spen­den – und zwar aus regel­mä­ßi­gen „klei­nen“ Spen­den Tau­sen­der Unter­stüt­zer und För­de­rer. Wir sind damit nicht abhän­gig von gro­ßen Mäze­nen, die womög­lich Ein­fluß auf unse­re Arbeit und unse­ren poli­ti­schen Kurs neh­men würden.

Durch die­se gro­ße Zahl an „ein­fa­chen“ Unter­stüt­zern, die unser Rück­grat bil­den, kön­nen wir stets unab­hän­gig agie­ren und blei­ben frei von exter­nen Ein­flüs­sen. Im Vor­feld unse­rer gro­ßen Kam­pa­gne, die wir lan­ge vor­be­rei­te­ten und intern prä­sen­tier­ten, haben uns erst­mals auch zwei, drei grö­ße­re Sum­men erreicht, ohne die die Rea­li­sie­rung nicht mög­lich gewe­sen wäre.

Sezes­si­on: Und das Gan­ze zur Wahl, was kos­tet das?

Stein: Wir haben eine nied­ri­ge sechs­stel­li­ge Sum­me inves­tiert, die wir zwar ein­ge­plant hat­ten, die einer Initia­ti­ve wie uns aber natür­lich an ande­rer Stel­le fehlt. Die­se neue Grö­ßen­ord­nung, die wir hier wagen, wird unser gan­zes Milieu vor­an­brin­gen. Daher bit­ten wir um Spen­den zur Refi­nan­zie­rung – oder bes­ser: den Abschluß einer „För­der­mit­glied­schaft“, die es uns leich­ter macht, lang­fris­tig zu pla­nen. Alle Infor­ma­tio­nen gibt es hier.

Wahlbeobachter

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Kommentare (12)

Jan

23. August 2019 12:30

War ja klar: eine Woche vor der Wahl in Sachsen zieht die CDU in den Umfragen wieder davon, damit die letzten Unentschlossenen noch auf den Siegerzug aufspringen. Laut Infratest ein sattes Plus der CDU von 4% zur letzten Umfrage, jetzt stehen sie wieder bei 30%. Fake-News oder echt? Machen Umfrageinstitute Propaganda? Es fällt mir schwer zu glauben, dass es nach den letzten vier Jahren wieder so viele Wähler gibt, die sich von der CDU auf den letzten 100 Metern einlullen lassen. Wieviele Einschläge brauchen die denn noch? Diese trottelige Treue zur Union, die den größten Mist bauen kann und trotzdem immer noch die meisten Wählerstimmen zieht - unglaublich.

RMH

23. August 2019 15:34

"Es fällt mir schwer zu glauben, dass es nach den letzten vier Jahren wieder so viele Wähler gibt, die sich von der CDU auf den letzten 100 Metern einlullen lassen."

Für mich als in Bayern lebender nach den letzten bayerischen Landtagswahlen keine wirkliche Überraschung, denn in Bayern hatte wir ja auch das Phänomen, dass die AfD eine zeitlang gute Umfragestände vor der Wahl hatte und die besten AfDler nicht mehr für den Landtag zur Wahl standen sondern bereits nach Berlin gewählt wurden. Zudem - und hier hat die AfD in den neuen Ländern einen echten Vorteil - konnte man ja noch halbwegs konservativ mit der Wahl der sog. freien Wähler der CSU einen vermeintlichen Denkzettel verpassen. In den neuen Ländern gibt es solche einen Stimmenabsauger zum Glück (noch!) nicht.

Rede den Wählern ein, dass sie ja angeblich so eine überragende, staatstragende Verantwortung haben bla, bla, bla und das die AfD eh nie an die Regierung kommen wird, da im Ernstfall dann ja das ganz breite Bündnis kommen wird und schon denken viele, dann ist ja besser, wenn bei dem "breiten Bündnis" die Union den größten Kuchen abbekommt und zumindest den MP stellt, vor den Grünen, Linken etc.

Viele Leute denken offenbar wirklich so, dass ihre Stimme was Entscheidendes sei und sie deshalb "Verantwortung" zeigen müssten und daher komplett Verantwortungslose weiter auf die Regierungspöstchen heben müssen. Gerade in der Haupt-AfD-Wählerschicht >50 Jahre gibt es nach wie vor genug, die denken, sie müssten irgendwie "Reife" zeigen und dann machen sie ihr Kreuz eben so, dass sie weiter verarscht werden. So ist das eben - und damit will ich keine Wähler verhöhnen oder für blöd erklären. Ich möchte damit eher eine Situationsbeschreibung abgeben.

Die Medien trommeln ja unentwegt in genau diese Richtung. Ich persönlich bin mit jedem Ergebnis über 20% für die AfD zufrieden, würde mir aber schon sehr wünschen, dass es so gut wird, dass tatsächlich ganz breite Koalitionen gebildet werden müssen, denn dass verspräche wenigstens interessante, kommende Legislaturperioden und im Übrigen spende ich eben mal wieder eine der berühmten Kleinbeträge an 1%.

Vermutlich wird die Aktion von 1% umgehend wieder als unerlaubte Parteienfinanzierung der AfD ans Bein geschmiert werden, mindestens aber als Referenz für die pöhse räächte Verstrickung der AfD zu "dubiosen braunen" Thinktanks etc.

In der Woche bis zu Wahl wird es noch tonnenweise Gift und Gülle über die AfD regnen, so viel ist klar und irgendein Video, "Kronzeuge" oder sonst was wird vermutlich auch noch bald auftauchen, da kann man mittlerweile schon fast die Uhr danach stellen.

Insofern, liebe Wählerinnen und Wähler in den neuen Deutschen Ländern, lasst Euch auf den letzten Metern nicht irre machen, Helm auf, Augen zu und durch ... die Belohnung in Form der ganz großen Koalitionen ist nah!

Nordlicht

23. August 2019 21:29

Aus der Entfernung des nördlichsten Bundeslandes gesehen: Die Erklärungen von Ein-Prozent finde ich etwas nebulös, aber wenn es der Oppositionspartei Punkte bringt:
Es möge nützen!!!

Auch wenn die Folge eines guten AfD-Abschneidens sein wird, dss sich die anderen Parteien noch stärker in einem (natintionalen) Block verfilzen, werden viele Wählerstimmen für die AfD Wirkung entfalten.

Meine Hoffnung: Die AfD möge inhaltlich und personell besser werden, mehr Niveau in der politischen Argumentation, weniger Angriffsflächen bieten.

Nath

24. August 2019 19:40

Man versuche einmal, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn die AfD bei den anstehenden Landtagswahlen auf 40 % + kommen würde. Auch dann wäre in Bezug auf die BRD -Gesamtlage zu Optimismus wenig Anlass. Teile der Linken haben sich ja bereits besorgt gezeigt über die reaktionäre Wählerschaft im Osten, und mancher von ihnen ist sogar geneigt, "Dunkeldeutschland" abzuschreiben, um sich desto mehr auf die für sie bessere Lage im Westen der Republik zu konzentrieren . Doch selbst, wenn es zu obigem Wahlergebnis käme, könnte man unsere linken Freunde beruhigen, nicht nur, weil eine"zivilgesellschaftliche" Parteienkoalition eine Machtübernahme der AfD verhindern würde, sondern weil ihr One-World-Projekt seit Greta Thunberg wieder richtig Fahrt aufgenommen hat und sich beim Rest der Deutschen überwältigender Zustimmung erfreut. überwältigender Zustimmung erfreut.
Immerhin - ein AfD-Ergebnis über 40 % in Sachsen, Thüringen und Brandenburg könnte einem zumindest die Bewertung "nicht schlecht" abnötigen, obwohl sich auch dann der Tatbestand ergäbe, dass selbst im Osten eine Mehrheit für die Kartellparteien votierte.

Wie wäre es denn nun mit einem Ergebnis um die 30 %? Nun, das wäre, gelinde gesagt, schon sehr dürftig. Die neuen Bundesländer als eine Art Refugium für national gesinnte Deutsche, als eine Bastion gegen Multikulti-Experimente - und dann nicht einmal ein Drittel der Stimmen?

Den wahren Katzenjammer-Blues gilt es jedoch auf seiten der Rechten anzustimmen, wenn man sich die realen Verhältnisse vergegenwärtigt. Nicht einmal auf klägliche 25 % wird die AfD laut Umfragen kommen, während die Partei der "Kanzlerin" es auf satte 30 % bringt. Auch in den vermeintlichen östlichen AfD-Hochburgen stimmen drei Viertel der Leute für Multikulti, für den großen Austausch und für den Globalismus. Kurz und bündig: Es ist ein Offenbarungseid

Zwei Arten von vordergründigen Erklärungsmustern gilt es hier enrgegenzutreten: Das eine besteht darin, personelle oder programmatische Defizite der Ost-AfD für das Desaster verantwortlich zu machen. Wenn "die Menschen draußen im Lande" wüssten, was sie wollten, würden sie notfalls auch einen Topfdeckel als identitären Kandidaten wählen. Das andere ist der berühmte "Verblendungszusammenhang", innerhalb dessen Bannkreis sich das Volk angeblich gegen seine genuinen Interessen entscheide. Diese vermeintliche Begründung für das eigene Scheitern verfing schon bei den revolutionären Linken der siebziger Jahre nicht, und Rechte, die gemeinhin keine Hegelianer sind, können sich erst recht nicht darauf berufen.
Faktisch steht man vor einem doppelten Dilemma: Entweder ist das Volk - wie die Neulinken behaupten . ein Konstrukt, und dann ist es widersinnig, für seine Rettung einzutreten, oder es ist zwar eine wirkliche Entität, die aber offensichtlich mit "Patriotismus" nichts mehr anfangen kann und für welche die mittelfristige Auflösung der Nation nichts Furchterregendes an sich hat.
Zweifellos ist es irritierend, zugeben zu müssen, dass das Stereotyp, Politik sei ein schmutziges, vor alleam aber ein dürftiges Geschäft, gleichwohl zutrifft. Hat sich diese Irritation jedoch gelegt und ist man bereit, mit dieser "Volks-Weisheit" seinen Frieden zu schließen, dämmert möglicherweise die Erkenntnis, dass das "Volk" und die mit ihm in Zusammenhnag stehende politische Sphäre immer nur
m i t t e l b a r, nie unmittelbar von Interesse sein können. Man wähle Religion, Kunst, Hedonismus oder was auch immer zu seinem Lebensmittelpunkt und schaue, wie die eigene Nation und ihre Angehörigen da hineinpassen. Aber das "Volk als Ideal', sein bloßes Bestehen um des Bestehens willen? Das reicht nie und nimmer zu - und die besondere Pointe liegt darin, dass eben dieses Volk selbst ständig zeigt, dass es an sich kein Interesse mehr hat. Die traditionellen pejorativen Bezeichnungen ("der große Haufe", "der Pöbel") verdankten sich dem Misstrauen der "Vornehmen" gegen das Amorphe, aller innerer Prägekraft ermangelnde, rein quantitativ Bestimmbare, wie es einem beim Menschen als Massenphänomen begegnet.
Andererseits hat es nicht an Versuchen gefehlt, auch dem Menschen in seiner volkhaften Identität so etwas wie ein Eidos oder eine Seelengestalt zuzubilligen, bei Steiner etwa oder, was Indien anbetrifft, bei Sri Aurobindo.
Wie immer man jedoch zu letzteren Ideen stehen mag solange sie nur ein Vorstellungsinhalt sind und nicht zu einer für den E i n z e l n e n erfahrbaren Realität werden, beiben sie bloße Versatzstücke aus dem Ideologievorrat des 19. Jahrhunderts. Die Alltagsrealität der Massendemokratie, die Art von Individualisierung und Gruppenbildungen, die sie begünstigt, rechtfertigt jedenfalls eher den erstgenannten elitären Affekt der Verachtung gegen die "Vielzuvielen" auch des "eigenen" Volkes und die Abkehr von ihnen. Es steht zu befürchten, dass die bevorstehenden Wahlsonntage wieder ein Exempel dafür liefern werden.

Laurenz

25. August 2019 01:12

Das einzige, was mich am Interview stört, ist wie immer die intelligente Naivität.
Es gibt in Deutschland keine anti-faschistischen Gruppen und Verbände. Wenn überhaupt, sind wir das in unserer Freiheits-Liebe.
Die Gruppierungen und Verbände, die Herr Stein meint, sind ausnahmslos sogenannte totalitäre Sozial-Faschisten.
Wir brauchen also nicht so zu tun, als hätten Herr Liebknecht oder Herr Dschughaschwili nicht gewußt, von wem sie reden.

PhilipStein

25. August 2019 21:24

@Laurenz: Sternhell lesen. Faschismus verstehen. Wutbürger-Sprache ablegen. Danke.

heinrichbrueck

25. August 2019 23:35

@ Nath
Das demokratische Parteiensystem ist ein Offenbarungseid; das Volk ist in Ordnung. Wen würden die Sachsen eigentlich wählen, gäbe es keine AfD? Diese blaue AfD, der Superman! Nicht 40 %, stattdessen 96 % am angesprochenen Wahlabend (60 % Bundestagswahl); ausgehend von dieser Vorstellung, was dann? Es ist immer wieder lustig, wenn Demokraten Patriotismus zeigen wollen, dem Volk fehlenden Patriotismus vorwerfen, dabei dieses Volk (aber) immer noch existiert. Wahlsonntage sind Beerdigungsfeste der Demokratie, und kümmern mich überhaupt nicht.

Laurenz

26. August 2019 10:33

@heinrichbrueck .... das mag für Sie so sein. Es gibt aber keinen langen Marsch in Deutschland und auch keinen Marsch auf Rom. Das ist historisch seit 1923 so belegt. Und was interessiert Sie dann überhaupt noch?

Laurenz

27. August 2019 01:06

@PhilipStein ... warum kommen Sie mir hier mit irgendwelchen Abtrittshaus-Parolen? (...) Kositza: Ja. Und jetzt einfach wieder vertragen!

heinrichbrueck

27. August 2019 01:48

@ Laurenz
Was ist es, das die Welt im Innersten zusammenhält? Wahlkämpfe? Die AfD ist nicht die beste Lösung. Was wählen die Leute am Sonntag denn? Sie wählen denjenigen Kandidaten, der weniger Haß hervorruft. Niemand mag Politiker. Das Politikertheater ist doch nicht interessant. Die Gründung der AfD war ein Fehler, mit dem nützlich umzugehen sein wird. Ein Wahlsonntag als Abschluß einer Art Hypnose, mit deren Hilfe der Haß die Moral zu begründen versucht. Und deshalb wurde es für mich eine uninteressante Show. (Drei Regierungswechsel seit 1914: 1918, 1933, 1945.)

Thomas Martini

27. August 2019 06:29

Nehmen wir an, ich wollte die Rechten verstehen. Wäre es dann zielführend, mir die Rechten von Linken erklären zu lassen? Sollte man, und sei es nur um der intellektuellen Redlichkeit willen, nicht wenigstens mal gehört haben, was die Rechten zu sagen haben?

"Hajo Funke lesen. Die Rechten begreifen. Wutbürger-Sprache ablegen. Danke."

Nicht etwa: Lesen Sie jenen oder diesen Autor, und bilden Sie sich selbst Ihr Urteil. Hier schreibt einer, der es gecheckt hat, der die Rechten begriffen hat. Hajo Funke hat ihm alles gesagt, was er wissen muß. Nun versteht er die Rechten. Bestimmt hat er noch ähnliche Autoren wie Funke gelesen, die in dasselbe Horn blasen. Kubitschek und Kositza braucht er nicht mehr, geschweige denn von Waldstein, oder Alain de Benoist.

Man beklagt mir ständig meine Einseitigkeit, bloß warum? Die Einseitigkeit ist doch im Grundgesetz verankert. Ansonsten würde ich Ihnen eine Gegengeschichte erzählen, da würden Sie aber Augen machen. Das ist mir nicht erlaubt. Kein Grund zu heulen, alles gut.

Man erwarte von mir nur bitte nicht, daß ich auf den Zug von EinProzent aufspringe. Ich erwarte schließlich auch nicht, daß die Leute mir nachlaufen, will auch kein Podium, und mich am liebsten verkriechen, irgendwohin, wo sich der ganze Irrsinn gemütlich aushalten lässt.

Ihr sollt nur wissen, daß da draußen einer hinsieht, der sich nicht mehr an der Nase rumführen lässt, wo er Lüge, Unehrlichkeit und Maskerade wittert.

Laurenz

27. August 2019 10:10

@Thomas Martini & PhilipStein .. wieso weichen Sie auf andere aus? Können Sie nicht selber schreiben, was Sie denken? Was Sie hier nicht in 10 Sätzen und auf Tichys nicht in 5 Sätzen und FB nicht in 2 Sätzen sagen können, ist doch zur Agitation eh untauglich.
Meinen Sie tatsächlich, es glaubt Ihnen jemand hier im Forum weniger als sonst irgendwelchen Schreiberlingen. HaJo Funke lebt noch. Wenn er etwas zu sagen hätte, könnte er sich hier bei er Redaktion melden. Hatte er aber bisher mutmaßlich nicht.
Wenn Sie, Thomas Martini, der Meinung sind, wir verstehen hier alle die Rechte nicht, dann erklären Sie es uns Unbegnadeten doch bitte persönlich.

@heinrichbrueck .... Ihre Antwort sagt alles und nichts. Sie sind mir ausgewichen. Die Gründung des Kaninchenzüchtervereins war ein Fehler, blablabla...
Nochmals, in Deutschland entscheiden seit 1923 Wahlen und wer sich nicht die Mühe macht, sich Wahlen zu stellen, kann gerne im Keller den Reichsbürger mimen, völlig belanglos. Die Alt68er haben bis jetzt 50 Jahre gebraucht, um da anzukommen, wo sie sind. Von daher ist Ihre nicht ausgesprochene Erwartungshaltung (ja für was denn nu? Und an wen denn?) ziemlich luschig.

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