vom letzten Artikel einer Meinung. Das sieht im übrigen auch unser dieswöchiger Sonntagsheld so und man kann gleich sagen, daß ihm diese Ansicht wahrscheinlich zum Verhängnis wurde.
Die Rede ist von Jan Plessow, seines Zeichens Chef der Spreewalder Hirsemühle und Beisitzer in einem AfD-Kreisvorstand. Letzteres nahm die Leipziger Bio-Kette “Biomare” zum Anlaß, um Plessows Produkte aus ihrem Sortiment zu entfernen. Und zwar nicht einfach so durch Unterlassen der Nachbestellung, sondern als öffentlichen Akt, inklusive schicker Infoblättchen für die Kunden.
Anstoß an der AfD-Mitgliedschaft nahm vor allem Geschäftsführer Malte Reupert, der als Grünen-Mitglied den notwendigen Spürsinn bei der Jagd nach allerhand lügnerischen Lügenleugnern hat. In einem Schreiben, mit dem er die Hirsemühle über die Auslistung ihrer Produkte informierte, war unter anderem folgendes zu lesen:
“Sehr geehrter Herr Plessow,
wir nehmen zur Kenntnis, daß Sie persönlich sich als Kreisvorstand der AfD betätigen. Dies ist selbstverständlich Ihre freie persönliche Entscheidung.
Da Ihre Produkte bisher in den Regalen unserer Läden stehen, ist Ihre Entscheidung jedoch auch für uns als Unternehmen von Bedeutung, denn Biomare hat sich dem Ziel verschrieben, auf dem Weg in eine nachhaltige Wirtschaft mit aller Konsequenz voran zu gehen. Unsere Kunden erwarten von uns, daß wir unser Sortiment nach den Kriterien der Nachhaltigkeit auswählen.”
Wer kennt sie nicht, die beiläufige Zukenntnisnahme der Beisitzerschaft in irgendeinem Kreisvorstand? Dieser Tage scheint es ja ein regelrechtes Massenphänomen geworden zu sein, daß einem beim arglosen Netzdurchstöbern auf einmal die ominösen Parteimitgliedschaften von Geschäftspartnern geradezu aufgedrängt werden, ohne, daß man sich dagegen wehren kann.
Inzwischen kennt, denke ich, jeder von uns einen aufrechten Bundesbürger, den dubiose Jugendfotos von Freunden in falscher Gesellschaft, oder nebulöse Verbindungen seiner Mitarbeiter zu verrufenen Organisationen zum Handeln zwangen, ihm also gar keine Möglichkeit ließen als eine Erklärung abzusondern, die dann meist so , oder so ähnlich klang:
“Mit Ihrer Mitgliedschaft in der AfD geben Sie ein klares politisches und menschliches Statement ab. Sie stellen sich damit gegen die wichtigsten Ziele von Biomare. Sie machen sich selbst als ökologischer Unternehmer höchst unglaubwürdig. Dies macht uns eine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen unmöglich. Wir listen daher Ihre Produkte aus unserem Sortiment aus.”
Verbunden wird diese Ankündigung gern noch mit dem klassischen Feigenblättchen des sanften Totalitarismus: Dem Gesprächsangebot. Wie könnte man besser Dialogbereitschaft signalisieren, als den Gegenüber aus dem Raum zu werfen, ihm die Türe vor der Nase zuzuschlagen und durch das Schlüsselloch zu flüstern:
“Bis zur Veröffentlichung am 26.7. haben Sie gern Gelegenheit, eventuelle Irrtümer oder falsche Schlußfolgerungen aufzuklären.Wir hoffen, daß unsere klare Positionierung ein Denkanstoß sein kann. Für einen konstruktiven Dialog stehen wir zur Verfügung.”
Es ist ein Glück und ein Segen, daß Jan Plessow durch die grünstichige Triefigkeit dieser Honigfloskeln hindurchblickt und hinter ihnen die Mao-Bibel erkennt, die ihm mit allzu zärtlicher Vehemenz zur sozialistischen Selbstkritik unter die Nase gehalten wird.
Überhaupt sind die Erwiderungen des Betroffenen regelrecht wohtuend: Sie sind getragen vom Thymos eines Mannes der mit vollem Recht und Selbstbewußtsein die entscheidende Frage stellt:
“Wie kommen sie überhaupt dazu einem unbescholtenen Bürger in Stasi-Manier nachzuspionieren? Kontrollieren sie bei allen ihren Geschäftspartnern in orwellscher Art und Weise die persönlichen Einstellungen und gesellschaftspolitischen Ansichten? Was treibt sie an, Nachforschungen über mich anzustellen? Woher und wieso haben sie die Informationen? Sie sind mir definitiv noch Antworten schuldig”
Fühlt sich gut an, oder? Der gesamte Schriftverkehr zwischen Plessow und Reupert läßt sich hier nachlesen, ein lesenswertes Interview zum Fall erschien zudem in der Jungen Freiheit.
Zum weiteren Verfahren brauche ich, denke ich, nicht allzuviel zu erklären: Wer meinen Artikel liest und privat oder geschäftlich eine Möglichkeit hat, patriotische Solidarität zu zeigen und dabei einem alten europäischen Nutzgetreide zu neuer Geltung zu verhelfen, der kann an dieser Stelle Kontakt aufnehmen.
qvc1753
Ach ich weiss nicht - dem einen wie dem anderen scheint Öffentlichkeit wichtig zu sein.
Wer als Händler eine gewisse Weltanschauung mitverkauft, der will dies offenbar auch öffentlich tun. Oder eben nur Hirse vom „richtigen“ Händler haben.
Natürlich ist der anders denkende Produzent darüber nicht erfreut. Das seine politische Haltung nun aber mit Stasi-Methoden heraus zu finden war, das glaubt er vermutlich selber nicht. Weder konnte die Stasi mal eben einen Namen googeln, noch gab es damals Facebook. Inzwischen dürfte die politische Präferenz jedes Facebook Users erkenntlich sein.
Sich also darüber zu ereifern, dass erschliesst sich mir nicht.
So lange also Biomare keine Anzeigen in der Jungen Welt schalten muss, so lange sollen die von mir aus ihr Sortiment politisch rein erhalten.
Wenn das dann den Planeten rettet, von mir aus.
Mir bleibt es dann zu konstatieren, das Links und Rechts sich inzwischen über den korrekten Hirseverkauf definieren.
Glücklich das Land, das solche Probleme hat.
Der Hirse wird es egal sein.