Den Preis verdient wohl dieser teils erheiternde, teils empörende Durchhalte-Artikel von Christian Bangel in der Zeit. Als Symptom ist das Stück ziemlich aufschlußreich, auch wenn es nicht viel Neues bringt.
Zunächst erfährt der Leser mit einiger Befriedigung, daß ihr Verfasser von einem noch namenlosen, unsagbaren, schockstarreinduzierendem Grauen gepackt ist:
Es müsste mal jemand ein Wort erfinden für das ansteigende Schockgefühl, das sich beim Betrachten des wachsenden blauen Balkens bei Hochrechnungen einstellt. Schließlich hält es mitunter so lange an, dass man in dieser Zeit schon fast die Zigarette drehen könnte, die man danach braucht.
Immerhin reicht die Contenance noch für ein bißchen Pfeifen im Walde:
Aber auch wenn viele jetzt vor allem Schock, Schmerz und Wut empfinden, sollten diese Gefühle etwas nicht verdecken, das am Anfang dieses Jahres nur eine vage Hoffnung war: dass nämlich die große Katastrophe für den Osten abgewendet ist. Dass der Alptraum vorbei ist, in dem die AfD am Ende in Sachsen, Brandenburg oder Thüringen den ersten Platz belegt hätte. Und das, obwohl die Motivation unter den AfD-Wählern angesichts dieser Perspektive wohl so hoch wie nie zuvor war.
Kurz gefaßt: Den Osten gerade noch gerettet hat die Linkspartei unter Bodo Ramelow, und das war dann auch schon die bestandene “Reifeprüfung”, von der in der Artikelüberschrift die Rede ist.
Bangel hält vermutlich auch Ramelows Reaktion aus dem Jahr 2015 auf die Ankunft frischer Flüchtlinge im thüringischen Saalfeld für ein Zeichen von “Reife”:
Inschallah! Ich freue mich, daß ich euch hier begrüßen darf. (…) Ehrlich gesagt, das ist der schönste Tag meines Lebens.
Um ihn herum versammelte sich eine Gruppe später so genannter “Bahnhofsklatscher” mit Regenbogenfarben und gemalten Herzchen. Mädchenstimmen trällerten “Say it loud, say it clear, refugees are welcome here”. Diese beeindruckend reifen und vernünftigen Menschen haben gewiß auch 2019 für Ramelow gestimmt.
Allerdings sind andere Einwohner von Saalfeld wohl nicht zuletzt durch diese und ähnliche Shows zu einem entgegengesetzten Wahlverhalten bewegt worden. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2019, zum Beispiel, gewann die AfD im Vergleich zu 2014 17,2% hinzu (also von Null aufwärts), während die Linke 11,9% verlor.
Das ist nur ein Detail im Gesamtbild. Bei den Landtagswahlen waren die großen Verlierer der Wahlkreise Saalfeld-Rudolstadt I & II nicht die Linksparteiler, sondern die CDU und SPD, was dem thüringischen Durchschnitt entspricht. Das Direktmandat des vormals schwarzen Kreises Saalfeld-Rudolstadt I ging an die AfD.
Ende August dieses Jahres machte die Meldung die Runde, ein “internationales Forscherteam” habe auf der Basis von 1320 befragten Personen “eindeutig” herausgefunden, daß die “Flüchtlingszahl vor Ort” keinen Einfluß auf das Wahlverhalten der Ostdeutschen habe: “Zwar gewann die AfD 2017 deutlich an Wählerstimmen dazu, der Anstieg unterschied sich aber in den Orten mit und ohne Flüchtlinge nicht.” (Quelle)
Zweck solcher Nachrichten ist vor allem, das “Narrativ” zu verbreiten, das Wahlverhalten nicht nur der Ostdeutschen, sondern generell aller Wähler der Blauen sei irrational, nicht nachvollziehbar und mit ausreichender Aufklärung zu erledigen. Ein unerklärlicher, böser Virus namens “Rassismus” ist an allem schuld.
Eine Variante dieser Geschichte ist die Behauptung, daß dieser “Rassismus” dort am größten sei, wo es die wenigsten Fremden gäbe, was auf der Annahme basiert, daß sich die meisten Vorurteile positiv auflösen, wenn sich die Menschen einmal kennenlernen und nett zueinander sind. Es handelt sich also um eine Art anthropologischen Optimismus, der als Schatten den “Rassisten” als Malefiz hervorbringt.
Was uns zu der inzwischen internetnotorisch gewordenen Empfehlung des um Worte ringenden, bangen Herrn Bangel führt, das Problem im Osten zu lösen:
Wer den Osten dauerhaft stabilisieren will, der muss vor allem für eines kämpfen: Zuwanderung. Massiv und am besten ab sofort. Zuwanderung aus dem Westen, Binnenzuwanderung aus den großen Städten in die ländlichen Räume, und ja, auch gezielte Migration aus dem Ausland.
Der Klassiker also: Wenn einem die Entscheidungen des Volkes nicht passen, dann muß es eben – frei nach Brecht – ausgetauscht werden. Bangel schlägt hier also eine Art ethnischer Ausdünnungspraxis vor, die derjenigen Chinas gegenüber Tibet nicht unähnlich ist.
Das eigentlich Lustige daran ist, daß er in erster Linie Wessis und Stadtmenschen (Bobos und urbane “Anywheres”?) importieren will, vermutlich nach seinem eigenen, testosterongeschwängertem Ebenbilde (Homo Berlinensis?) geformt, um die Bevölkerungsstruktur des Ostens aufzulösen. Erst an dritter Stelle nennt er Ausländer, natürlich nur “Fachkräfte”, die dann der stagnierenden Wirtschaft endlich einen ordentlichen Boost verpassen würden.
Damit hat er seine vermutlich eigentlichen Prioritäten natürlich gut versteckt. Bangel, geboren in Frankfurt an der Oder, ist ein Typ, der durch die Brandenburger Provinz streift und die Wälder und Seen nicht so recht genießen kann, weil ihn die handelsübliche Rasse der dort lebenden Menschen stört:
Seine Traumgesellschaft, quasi als historischer Telos, ist eine multikulturelle Gesellschaft, die idealerweise auch noch im allerletzten Gallierdorf durchgesetzt werden muß.
Bangels ständig wiederholtes Argument dafür ist die schröckliche Tatsache, daß sich “Menschen anderer als weißer Hautfarbe sich oftmals noch immer nicht in den Osten wagen” (das hat sicher einen Kern Wahrheit: hier ist ein Artikel vom Februar 2019, der von häufigerer “Hasskriminalität” im Osten spricht: “politisch motivierte Taten wie Volksverhetzung, Hakenkreuz-Schmierereien, körperliche Angriffe und Brandanschläge”).
Als Beleg dafür verlinkt er einen autobiographischen Text, den er selber geschrieben hat, in dem genau eine Anekdote seine Behauptung stützt:
“Ich lass mich doch nicht abstechen”, sagte mir vor nicht langer Zeit Murat, ein muskelbepackter Deutschtürke aus Neukölln, der einen Spätshop und ein Motorrad besitzt, aber nie nach Brandenburg fährt.
Da weiß man kaum, wo man anfangen soll. Wie viele Almans trauen sich nicht in No-Go-Zonen in Neukölln und anderswo? Ist es ein blöder Zufall, daß Nordrhein-Westfalen, das Bundesland, in dem die meisten Ausländer leben, auch das Bundesland ist, das am tiefsten im Sumpf der arabischen Clan-Kriminalität steckt? Wie viele Menschen werden Opfer von Ausländer- und Migrantenkriminalität, sei es Raub, Vergewaltigung oder Mord im Westen im Vergleich zum Osten?
Das alles müßte man sich näher ansehen, aber es spielt in der Hierarchie der Opfer eines Zeit-Redakteurs kaum eine Rolle. Der säkulare Feind ist der “Rassismus”, weshalb es keine ethnisch (oder “rassisch”, wenn wir schon mit Bangel das Faß “weiß” aufmachen) homogenen Gesellschaften mehr geben soll, nicht einmal im lokalen Maßstab. Schon kleine Bundesländer wie Thüringen oder Brandenburg werden als Ärgernisse angesehen, die die gesamte Bundesrepublik gefährden und in Brand stecken könnten (was ausgemachter Quatsch ist).
Für Bangel bedeutet die AfD “Faschisten” (er kann sich nicht vorstellen, daß Höckes Wähler in ihm vielleicht etwas anderes sehen als linksliberale Journalisten), “Auslöschungsphantasien”,“Rechtsextreme, die vom Tag X träumen, an dem aufgeräumt wird mit allen, die sich ihnen in den Weg stellen” und “Todeslisten” führen.
Insofern kann man ihn auch verstehen. Es handelt sich jedoch um eine in ihren Proportionen stark verzerrte Kopfwelt, in der er lebt und von der er sich bedroht fühlt. Er ist sicher nicht der einzige Journalist, der Opfer des Hypes und der Panikmache der eigenen Blase geworden ist. Das ist wohl der Preis für den “anthropologischen Optimismus”, der sich blind, taub und stumm stellen muß: er braucht den “Nazi” als Schreckbild und “Schatten” im Jung’schen Sinne.
Und klar, auf einer gewissen Ebene scheint es ja zu funktionieren: Im stärker multikulturalisierten Westen ist der Widerstand weitgehend gebrochen, das Nationalgefühl schwächer, der Erfolg der AfD geringer, aber auch der Aspekt der ethnischen Wahl bedeutender. Menschen mit weniger “Rassismus”, Identitäts- und Nationalgefühl sind gefügiger, weichen eher zurück, wehren sich nicht, resignieren, passen sich an, ducken sich, geben sich auf, lügen sich selbst in die Tasche. Eine ähnliche Demoralisierung will man im Osten vorantreiben, damit das multikulturelle Utopia auch dort blühen kann.
Ob das nun gut oder schlecht ist, ob die Menschen im Westen glücklicher sind als im Osten, ob das eine so legitim wie das andere ist, lasse ich an dieser Stelle dahingestellt und dem Blickwinkel des einzelnen überlassen. Tatsache ist, daß der Westen der BRD immer weniger mit dem zu tun hat, was man einmal unter “Deutschland” verstand. Ich kenne etliche Menschen, die geradezu auf Urlaub in den Osten fahren, weil sie noch eín Stück “echtes” Deutschland erleben wollen, ehe es in dem immergleichen multikulturellen Vielvölkereintopf verkocht wird; die aufatmen, weil sie zur Abwechslung nicht an jedem Eck entwurzelte und verpflanzte Muslime und Afrikaner sehen müssen.
Die Multikulturalisierung ist im Grunde auch der Inhalt und Zweck dessen, was Bangel unter “pluraler Demokratie” versteht. Und nicht nur er: Vielmehr handelt es sich um einen Konsens der herrschenden politisch-medialen Kaste. Damit eine Partei von den Deutern und Wertern des Systems zu den “Demokraten” gezählt wird, muß sie der “Umwandlung einer monoethnischen, monotono- bzw. nullokulturellen Gesellschaft in eine multiethnische und multikulturelle” (dixit Klonovsky frei nach Yascha Mounk) grundsätzlich zustimmen. (Geradezu versinnbildlicht in der Tatsache, daß die Asylpolitik der Merkel-CDU dem Linksparteiler Ramelow den schönsten Tag seines Lebens beschert hat.)
Der Rahmen des “Pluralen” im “Konzept der pluralen Demokratie” (Bangel) wird heute dadurch abgesteckt, daß sich eine Partei aussuchen kann, ob sie diese “Umwandlung” rascher (links) oder gemächlicher (“liberal”, “cuckservative”) haben will. Sie gar nicht haben zu wollen, verbietet angeblich das Grundgesetz. Alle weiteren politischen Positionen sind demgegenüber zweitrangig.
Der Parteienpluralismus beginnt erst jenseits des Konsenses, daß Deutschland als Land der Deutschen aufgelöst werden muß, um zu einer ideellen Nation oder “Wertegemeinschaft” nach amerikanischem Vorbild umgebildet zu werden (ein Prinzip, das in den USA in demselben Maße kollabiert, in dem sich die weiße Kernbevölkerung in geistiger und biologischer Auflösung befindet).
Nur durch massive Zuwanderung, so wieder Bangel,
… gibt es auch in bisherigen Verliererregionen die Chance, stabile wirtschaftliche Strukturen aufzubauen. Und nur dann ist es möglich, dass auch dort ein Miteinander von Generationen, Milieus und Hautfarben entsteht, die eine Partei wie die AfD mit ihren weißen Hoheitsfantasien schon heute an vielen Orten Deutschlands lächerlich erscheinen lässt.
In einer englischen Version seines Textes steht folgerichtig auch der Schlüsselbegriff der amerikanischen Linken, mit dem jeder Widerstand gegen demographische Enteignung und Auflösung stigmatisiert werden soll:
A cohesion that in many areas of today’s Germany makes a party like the AfD, with its white-supremacist fantasies, look ridiculous in the extreme.
“White supremacy” bedeutet hier wie dort schon nicht mehr “weiße Vorherrschaft”, sondern schlicht den Wunsch nach Selbstbestimmung, den Wunsch, in seinem eigenen Land nicht zur Minderheit zu werden.
Bangel stimmt hier in die immer öfter zu hörende Klage etlicher Linker ein, daß der deutsche Osten “zu weiß” sei, was nebenbei eine deutliche Übernahme der Rassenkategorien und der Sprache der amerikanischen Linken signalisiert. Deren Lieblingsthema ist der nahende, messianisch erwartete Zeitpunkt (um 2040), an dem die weiße Bevölkerung der USA zur “majority-minority” geschrumpft sein wird. Während die Linke diese Entwicklung bejubelt, wird jede negative oder auch nur ansatzweise kritische Sicht darauf als “Verschwörungstheorie”, “Haßrede”, “weißer Nationalismus”, “Rassismus” und so weiter verfemt.
Bangel ist nicht der einzige, der in diese Richtung vorgeprescht ist. Hier z. B. ist ein “Islamwissenschaftler” und “Journalist”, seines Zeichens Kämpfer gegen “u.a. Islamophobie” und “patriarchale Männlichkeiten” schon viel weiter, expliziter und aggressiver:
Am Schäumen ist natürlich auch der pakistanischstämmige Hasnain Kazim, dessen halbe Karriere auf der Pflege von Ressentiments gegen Ostdeutsche aufbaut, ebenfalls ein Mensch, dem die Islamisierung des Ostens nicht schnell genug gehen kann, und der jeden Widerstand dagegen für “beschämend” hält. Die 23,4% der Wähler, die in Thüringen für die AfD gestimmt haben, hält er pauschal für “dumm”, “charakterlich verdorben”, “anstands- und morallos” und “auf der Suche nach Sündenböcken”.
Wo man Bangel und Goldmann (sein richtiger Name ist Köhler) noch deutschen Selbsthaß unterstellen kann (beide sind “Ossis”), verfolgt Kazim offenbar rein ethnische Interessen. Thorsten Hinz hat diesen Typus 2018 analysiert und kam zu dem Fazit:
Auf den Satz von Alexander Gauland: „Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land“, erwiderte der Journalist und Spiegel Online-Korrespondent Hasnain Kazim: „Gewöhn dich dran: Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.“ Solche aggressiven Aussagen sind ernst zu nehmen!
Daraus habe ich auf Twitter ein kleines Dramolett gebastelt:
Eine neue, von der Migrationsprofessorin Naika Foroutan aufgebrachte These lautet, daß auch die Ostdeutschen eigentlich Migranten seien und sich dadurch Gemeinsamkeiten ergäben. Mit scheinbarer Nachsicht werden die überproportionalen Wahlerfolge der AfD im Osten als Trotzreaktion gegenüber der westdeutschen Mehrheit bewertet und mit der Hinwendung von Muslimen in Deutschland zum Islamismus verglichen. Mit dem Effekt, daß die einen als Trottel herabgesetzt und die anderen als solche verharmlost werden.
Tatsächlich erlebten die Ostdeutschen nach 1989 eine Entfremdung, weil die ökonomische Basis wegbrach und sich der institutionelle und geistig-ideologische Überbau des Westens über sie schob. Zu den bösartigsten Entfremdungszwängen zählte gerade die Multikulturalismus-Ideologie, der Ataman, Kiyak und andere ihren relativen Erfolg verdanken. Während diese Ideologie in der Praxis noch Zerstörungskraft entfaltet, fällt sie als Theorie in sich zusammen und erweist die östliche Renitenz sich als richtig.
Ein “Austauschplan Ost” würde angesichts dieser “Renitenz” wohl nach hinten losgehen, da er – zumindest teilweise – auf einen anderen Menschentypus treffen würde, als auf den seit Jahrzehnten systematisch entnationalisierten Westdeutschen, der sich in einem langen (und historisch gesehen doch recht kurzen) Prozeß “umvolken” ließ, schrittweise, wie der Frosch im langsam aufkochenden Wasser (ein Schicksal, das aus Gründen des “geistig-ideologischen Überbaus” auch andere westliche Völker ereilt hat).
Der “Rechtsruck” wird durch die Blindflüge und aggressiven Feinderklärungen der alptraumgeplagten Bangels und Kazims zur “self-fulfilling prophecy”, und die Rechte muß aufpassen, daß er ihr nicht aus der Hand gleitet und daß er in sinnvolle, konstruktive Bahnen gelenkt wird.
Gustav Grambauer
"Zu den bösartigsten Entfremdungszwängen zählte gerade die Multikulturalismus-Ideologie, der Ataman ..."
Darf man eigentlich noch munter
"...
Und so jagten wir zum Teufel
General und Ataman
..."
singen und klampfen?
https://www.youtube.com/watch?v=dMnelfpZYLE
- G. G.