Das war die Herbstakademie 2019 in Semriach/Graz

Am vergangenen Wochenende (22.–24.11.) fand die vierte Herbstakademie in Semriach bei Graz statt. Ein Bericht von Stefan Juritz.

Die Herbst­aka­de­mie wird in mitt­ler­wei­le bewähr­ter Tra­di­ti­on vom Insti­tut für Staats­po­li­tik (IfS) und dem Frei­heit­li­chen Aka­de­mi­ker­ver­band Stei­er­mark (FAV) gemein­sam ver­an­stal­tet. Nach­dem die Herbst­aka­de­mie bereits im ver­gan­ge­nen Jahr zu media­len und poli­ti­schen Dis­kus­sio­nen geführt hat­te, war die Auf­re­gung dies­mal – wohl auch wegen der gleich­zei­tig statt­fin­den­den stei­ri­schen Land­tags­wahl – noch ein­mal größer.

Die lin­ke Stu­den­ten­ver­tre­tung an der Uni Wien ver­such­te im Vor­feld, den Auf­tritt von Prof. Lothar Höbelt bei der Aka­de­mie zu skan­da­li­sie­ren und for­der­te die Ent­las­sung des Pro­fes­sors. Die Pro­tes­te gip­fel­ten schließ­lich in der Stö­rung einer Vor­le­sung Höbelts durch Linksextreme.

In die­se Auf­re­gung um die IfS/­FAV-Aka­de­mie schal­te­ten sich dann auch die im Wahl­kampf befind­li­chen Par­tei­en ein. Das Ziel war umge­hend Mit­or­ga­ni­sa­tor Hein­rich Sickl, FPÖ-Gemein­de­rat und FAV-Obmann, der sich mit Rück­tritts- und Par­tei­aus­schluß­for­de­run­gen von SPÖ, KPÖ, Grü­ne und auch ÖVP kon­fron­tiert sah.

Der stei­ri­sche Lan­des­haupt­mann Her­mann Schüt­zen­hö­fer (ÖVP) mein­te gar: „Man soll­te die­se Ver­an­stal­tung absagen“.

Doch die Herbst­aka­de­mie fand natür­lich statt und lock­te über 70 Teil­neh­mer in die Stei­er­mark, die das The­ma „Volk“ aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven beleuch­tet sehen wollten.

Am Frei­tag­nach­mit­tag eröff­ne­te IfS-Lei­ter Dr. Erik Leh­nert das Semi­nar­wo­chen­en­de und brei­te­te in sei­nem Vor­trag „Staat, Volk, Nati­on“ die Grund­la­gen für die wei­te­ren Tage aus. Neben dem Ver­hält­nis zwi­schen den rech­ten Grund­pfei­lern Staat, Volk und Nati­on refe­rier­te Leh­nert über die Deut­sche Bewe­gung und die völ­ki­sche Bewe­gung sowie die unter­schied­li­chen Volks­be­grif­fe im Drit­ten Reich und in der DDR.

Am nächs­ten Tag eröff­ne­te der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler und Sezes­si­on-Redak­teur Bene­dikt Kai­ser die Vor­trags­rei­he. Sein Bei­trag beschäf­tig­te sich mit der Rück­kehr des Vol­kes als han­deln­dem Sub­jekt, der zuneh­men­den Bedeu­tung von Eth­ni­zi­tät in Zei­ten der Glo­ba­li­sie­rung und dem von Zyg­munt Bau­mann und ande­ren unter­such­ten Phä­no­mens der Exter­ri­to­ri­a­li­tät der neu­en glo­ba­len Klasse.

Dabei setz­te sich Kai­ser kri­tisch mit den ver­schie­de­nen Theo­rien zu Volk, Gemein­schaft und Nati­on bei Guil­laume Faye, Alain de Benoist, Alex­an­der Dugin und meh­re­ren lin­ken bzw. post­mar­xis­ti­schen Autoren wie Bene­dict Ander­son und Ernest Gell­ner aus­ein­an­der. Kai­ser hob den genu­in neu­rech­ten Stand­punkt deut­lich sowohl von mate­ria­lis­ti­schem Ras­sen­bio­lo­gis­mus als auch kon­struk­ti­vis­ti­schem Post­mo­der­nis­mus und sei­nen Ver­hee­run­gen (“Es gibt kein Volk”) ab und arbei­te­te Zwi­schen­tö­ne ein.

Im Anschluß sprach der His­to­ri­ker Nils Weg­ner über die „Ver­zer­rung des Volks­be­griffs in den USA“. Sehr detail­reich schil­der­te er in sei­nem Vor­trag, wie sich die Ein­wan­de­rungs­po­li­tik der USA in den letz­ten Jahr­zehn­ten geän­dert hat und nann­te Ursa­chen und Hin­ter­grün­de für die­se Entwicklung.

Nach dem Mit­tag­essen war der Jurist Dr. Dr. Thor v. Wald­stein an der Rei­he. Sein Vor­trag „Volk. Ein deut­scher Begriff“ ist die Fort­set­zung jenes ers­ten Teils, den der Jurist und Autor bereits bei der 19. Win­ter­aka­de­mie in Schnell­ro­da gehal­ten hat­te. In Sem­riach stell­te Wald­stein die Volks­be­grif­fe von fünf deut­schen Den­kern – u.a. von Ernst Moritz Arndt und Fried­rich Lud­wig Jahn –  mit zahl­rei­chen Zita­ten aus ihren Wer­ken vor.

„Ent­ger­ma­ni­sie­rung? Öster­reich und Deutsch­land 1945“ lau­te­te dann der Titel des Vor­trags von Prof. Dr. Lothar Höbelt, der sich mit dem Ver­hält­nis der bei­den Staa­ten nach dem Zwei­ten Welt­krieg und der Ent­wick­lung hin zu einem expli­zit öster­rei­chi­schen Natio­nal­be­wusst­sein beschäftigte.

Der zwei­te Semi­nar­tag ende­te abends mit einer teil­wei­se äußerst kon­tro­vers geführ­ten Podi­ums­dis­kus­si­on über die aktu­el­le Lage der Frei­heit­li­chen. Auf dem Podi­um saß neben dem Gra­zer Gemein­de­rat Hein­rich Sickl, Prof. Dr. Lothar Höbelt, Dr. Erik Leh­nert und Bene­dikt Kai­ser auch der FPÖ-Poli­ti­ker und Drit­te Land­tags­prä­si­dent der Stei­er­mark, Dr. Ger­hard Kurzmann.

In der Dis­kus­si­on und den leb­haf­ten Publi­kums­fra­gen ging es vor allem um die Leh­ren aus den FPÖ-Skan­da­len der ver­gan­ge­nen Mona­te, die Neu­ori­en­tie­rung der Par­tei und die teils ufer­lo­sen Distan­zie­run­gen vom rech­ten meta­po­li­ti­schen Vor- und Umfeld. Kai­ser beton­te in sei­nem Schluß­wort – in offe­nem Wider­spruch zu Höbelts Aus­füh­run­gen – die Not­wen­dig­keit einer welt­an­schau­li­chen, stra­te­gi­schen und habi­tu­el­len Umkehr der Frei­heit­li­chen. Ohne die­se drei­stu­fi­ge Kor­rek­tur der Gene­ral­li­nie wer­de man wei­ter in der Kri­se oder als ewi­ger Juni­or­part­ner in spe verharren.

Den letz­ten Aka­de­mie­tag star­te­te am Vor­mit­tag Prof. Dr. Felix Dirsch mit sei­nem Vor­trag „Volk und Kon­ser­va­tis­mus“. Dirsch zeig­te hier den Wan­del des Volks­be­griffs im Lau­fe der Zeit und spann­te dabei einen his­to­ri­schen Bogen vom Umbruch des Volks­be­griffs in der zwei­ten Hälf­te des 18. Jahr­hun­derts und der Gene­se des Kon­ser­va­tis­mus um 1800, über die Auf­nah­me des moder­nen Volks­be­griffs im 19. Jahr­hun­dert, bis zur Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on und dem kon­ser­va­ti­ven Den­ken der Gegenwart.

Den Abschluß der Herbst­aka­de­mie bil­de­te schließ­lich die Phi­lo­so­phin Dr. Caro­li­ne Som­mer­feld mit der Aus­ar­bei­tung „Wer gehört zu uns?“. Die­se sehr grund­sätz­li­che Fra­ge spann­te die Phi­lo­so­phin auf drei Ebe­nen – Abstam­mung, Staats­bür­ger­schaft und Volks­see­le – auf. Und sie hielt fest, daß gera­de das Feh­len der geis­ti­gen Iden­ti­tät am Ende die größ­te Schwä­che der Deut­schen sei und auch auf die phy­si­sche Sub­stanz zurückwirke.

Trotz des stei­gen­den poli­ti­schen Drucks war die Herbst­aka­de­mie auch in die­sem Jahr wie­der ein Erfolg und hat sich mitt­ler­wei­le als fes­te Grö­ße im kon­ser­va­ti­ven und rech­ten Milieu in Öster­reich eta­bliert. Um so erfreu­li­cher ist die Ankün­di­gung von Mit­or­ga­ni­sa­tor Sickl, daß die Herbst­aka­de­mie trotz aller Wid­rig­kei­ten auch im nächs­ten Jahr wie­der statt­fin­den werde.

Zu beto­nen ist: Eine Teil­nah­me im nächs­ten Jahr emp­fiehlt sich nicht nur für jun­ge Inter­es­sen­ten, son­dern ins­be­son­de­re auch für jene, die in Schnell­ro­da nie zum Zuge kom­men und dies zurecht bedau­ern. Die FAV/IfS-Herbst­aka­de­mien in Sem­riach sind nicht alters­be­schränkt! Auch Bun­des­deut­schen, die älter als 35 sind, gilt dem­zu­fol­ge die Ein­la­dung (und eini­ge mach­ten in die­sem Jahr bereits von die­ser Mög­lich­keit Gebrauch.)

Da das Platz­kon­tin­gent aller­dings limi­tiert ist, ist auch bei der dann bereits fünf­ten Herbst­aka­de­mie eine rasche Anmel­dung sinn­voll. Hier­zu sowie für wei­te­re Infor­ma­tio­nen steht Hein­rich Sickl vom FAV Stei­er­mark unter der Adres­se herbstakademie[at]gmx.at zur Verfügung.

Außer­dem ist die Anmel­dung zur Win­ter­aka­de­mie in Schnell­ro­da (10.–12. Janu­ar 2020) geöff­net: Mehr als die Hälf­te der Plät­ze ist bereits ver­ge­ben! Alle Infos hier.


Ste­fan Juritz ist Initia­tor des öster­rei­chi­schen Nach­rich­ten­pro­jekts tagesstimme.com. 

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Kommentare (2)

Ratwolf

1. Dezember 2019 15:05

Mir hat es sehr gut gefallen. Es waren sehr unterschiedliche Menschen dort. Man konnte mit jeden kurz in Kontakt treten. Alle gingen nach dem Seminar wieder ihre Wege. Der Preis ist angesichts der interessanten Redner, des Hotels und des Essens völlig in Ordnung und ein sehr gutes Angebot!

silberzunge

2. Dezember 2019 21:06

War lustig. Es fehlten nur die Grüpfer.

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