Mit dieser Frage endete mein letzter Text, der in den Kommentaren eine interessante und vielschichtige Kritik erfuhr. Entzündet wurde diese Frage an einer Analyse Sieferles aus dem Jahren 1994, die sich mit derzeit populären Thesen im rechten Lager trifft: Ein aktivistischer Eingriff aus ideologischer Perspektive sei, egal ob von rechts oder links, nicht mehr möglich, da das Zentrum dieser Gesellschaft kein ideologisches sei. Objektive und strukturelle Zwänge stabilisieren einen dynamischen Prozess, der sogar Rebellion, Chaos und Zerstörung kreativ nutzen kann.
Meine Gegenthese lautet, daß diese Gesellschaft sehr wohl ein ideologisches, ja ein hochreligiöses Zentrum hat, das seine Dominanz eifersüchtig und brutal verteidigt. Es handelt sich dabei um die Zivilreligion des Ethnomasochismus. Der Universalismus der Schuld bildet ein einheitliches Deutungsmuster für die Geschichte, den Sinn des Daseins als Volk wie als einzelner und ist das Fundament der gesellschaftlichen Moral.
Jede Kritik an dieser Ideologie und ihren Auffassungen von Volk und Geschichte wird rasch und kompromißlos mit Repression beantwortet. Sowohl Liberalismus als auch Marxismus harmonieren mit dieser Zivilreligion, die ihre eigenen Klöster, Priester, Heiligtümer und Rituale geschaffen hat.
Psychologisch ließe sich dieses Syndrom, das nicht nur die Verlierer des II. Weltkriegs sondern die gesamte westliche Welt befallen hat, als überzogene Gegenreaktion auf die eigenen Chauvinismen und Überlegenheitsphantasien erklären. Philosophisch steht der Universalismus der Schuld in der Tradition des hegelianischen Geschichtsverständnisses.
In dieser politischen Religion hat sich jedoch der Pessimismus den Optimismus abgelöst. Der Status der Auserwähltheit und universalen Berufung hat sich zur totalen Verantwortung und universalen Schuld gewandelt. Aus ihm läßt sich kein Sonderrecht, nicht einmal mehr ein „white man’s burden“ ableiten. Lediglich die „Kunst zu Verschwinden“ und das „Arbeiten an der eigenen Auflösung“ sind, wie Sieferle erkennt, erlaubte Ziele für die nationale Selbst-Aufgabe. Es ist der von Heidegger beschriebene “Geist der Rache”, der sich gegen sich selbst wendet.
Stellt diese Ideologie den geheimen Kern unserer scheinbar postideologischen systemischen Gesellschaft dar, wäre das eine gute Nachricht für ihre Kritiker. Gäbe es nach wie vor eine große Erzählung, die als Stabilitätszentrum das politische und kulturelle Geschehen trägt, so gäbe es auch die Möglichkeit zu einer Wende und einem Weiter, durch die Überwindung dieses Stabilitätszentrums.
Der Beleg für meine These ist meiner Meinung nach offensichtlich. Die Radikalität, mit der rechte Dissidenten weit über ihren Einflußsbereich hinausverfolgt werden, deutet klar auf einen ideologischen Fanatismus des Gegners hin. Die immer stärkere Kontrolle der Sprache, immer absurdere Bekenntnisrituale, der scholastische Stil, indem auf den modernen Universitäten immer neue Doktrin entwickelt werden, zeigt: Wir befinden uns in einer Art „gottloser Theokratie“. Die „Kathedrale“, wie der Amerikanische Philosoph Curtis Yarvin die kulturelle Hegemonie von links beschreibt, übt eine totalitäre Kontrolle über die Gesellschaft aus.
Diese “geheime Theokratie” manipuliert das gesellschaftliche Klima, verschiebt und bewacht das Overtonfenster. Wenn nötig putscht sie mittels inszenierte Skandale gegen unliebsame Regierungen. Die totale Kontrolle über Bildung und Medien, also die konkurrenzlose Beherrschung des ideologischen Staatsapparats, wirkt mittelbar auch in alle Bereiche der Jurisdiktion und Verwaltung, sodaß wir tatsächlich einem „tiefen linken Staat“ gegenüberstehen. Seine Vorgehensweise ist ebenso antidemokratisch wie sein Projekt: die Abschaffung der Völker und des Nationalstaats durch Ersetzungsmigration und Globalisierung.
Die Analyse des status quo allein ist jedoch noch kein Ansatzpunkt zu seiner Überwindung. Sie enthält aber einen entscheidenden Einwand gegen die Resignation. Das Volk ist nicht einfach „selbst schuld“, noch „wählt es seinen Untergang selbst“. Wir befinden uns in einem hochideologischen System der Meinungskontrolle, moralischen Erpressung und brutalen Repression. Unsere Zivilisation stirbt nicht von selbst, sie wird getötet. Kein schicksalshafter Untergangs und keine Ermattung aller Kräfte, sondern die Vollstreckung eines ideologischen Programms führt zu ihrem Ende. Das impliziert: eine andere Zukunft ist denkbar. Damit wäre sie auch möglich. Aber ist sie auch politisch machbar?
Bis zu dieser Frage könnten mir sicher viele folgen. Ihr Einwand mag lauten: „Genau dieses System ist derzeit zu stark. Es ist unreformierbar und revolutionsresistent. Statt uns im Kampf dagegen aufzureiben und dabei in tausend pragmatischen Kompromissen anzupassen, sollten wir unser Überleben von ihm unabhängig machen.“ Ich widerspreche dieser Haltung auf zwei Ebenen. Erstens denke ich, daß eine Strategie des Rückzugs in den unpolitischen Raum nicht möglich ist. Zweitens vermute ich, daß dieses System eine entscheidende Schwachstelle hat, die es verwundbar macht.
Wenden wir uns zuerst der Idee zu, man könne durch Rückzug in einen apolitischen Raum das Überleben der ethnokulturellen Identität vom Staat unabhängig machen. Oft werden hier migrantische Parallelgesellschaften als Beispiele vorgebracht. Diese sind in der Regel unpolitisch und fokussieren sich ganz auf den Aufbau autarker Strukturen, die Erziehung ihrer Kinder und die Bewahrung ihrer Identität. Der Staat wird nur als ein Akteur unter vielen wahrgenommen. Man nutzt seine Ressourcen wo es geht und ignoriert ihn so gut wie möglich.
Der Grund, warum diese Strategie für Migranten möglich ist, liegt jedoch in der herrschenden Schuldideologie, die eine Anarchotyrannei hervorgebracht hat. Gegen fremde Parallelgesellschaften, die patriarchalisch, tribalistisch und ethnozentrisch als vormoderne Clans in den Nischen unseres Wohlfahrtsstaates leben, verhält sich der Staat anarchisch, also indifferent, bis verständnisvoll.
Erstens ist nach der Doktrin ihre Lage in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht unsere Schuld, sodaß Straftaten von Migranten, die angeblich notwendigerweise Ergebnis dieses depravierten Milieus sind, ebenfalls auf unsere Kappe gehen. Islamische Terroristen wurden „an den Rand gedrängt.“ Gewalttätige Migranten bekamen „zu wenig Chancen“.
Zweitens ist die ethnische Fragmentierung der Mehrheitsgesellschaft durch diese Clans ein explizites oder implizites Ziel der derzeitigen Bevölkerungspolitik. Kurz: daß migrantische Paralellgesellschaften existieren, ist Ergebnis des Ethnomasochismus. Dessen Vertreter wollen gar nicht wirklich, daß Fremde sich integrieren, geschweige denn assimilieren, da das die zutiefst völkische Schulderzählung gefährdet. Sie braucht das möglichst exotische Fremde als Objekt der Verehrung und eigenen Erniedrigung und bekämpft daher sogar den sanftesten Verfassungspatriotismus als „Nazi-Leitkultur“.
Versuchen konservative Deutsche, eigene Clans, Siedlungskreise, traditionelle Religionsgemeinschaften und Rückzugsorte zu bilden, wird das von der Anarchotryrannei sofort als politischer Akt gewertet und verfolgt. Mit eiserner Brutalität wird jedes Projekt, das sich zeigt, zerschlagen. Der Staat überwacht jeden Zentimeter des deutschen Staatsbodens. Selbst im dichten Schwarzwald kann sich ein Aussteiger nur wenige Tage verstecken. Die Bevölkerungs- und Bildungspolitik der BRD sieht keine patriotischen Enklaven vor und wird diese zu verhindern wissen.
Selbstverständlich könnte kein Staat der Welt Leute davon abhalten, große Familien zu gründen. Doch für die indigene Bevölkerung stellt sich dieses Ziel aufgrund der ideologischen Indoktrinierung, der wirtschaftlichen Situation und der Überfremdung des Schulsystems, notwendig als ein politisches Projekt dar, das einen organisatorischen Aufwand erfordert. Jedes rechte „Siedlungsprojekt“ auf deutschem Staatsgebiet ist daher illusorisch und naiv, wenn es hofft, nicht als politischer Akteur verstanden und bekämpft zu werden.
Das einzige was möglich ist, und daher auch laufend passiert, ist der Rückzug ins Private und in den kleinsten Kreis, also die rechte Stadtflucht in die Vereinzelung. Das mag für die Fliehenden funktionieren. Ihre Kinder werden aber zum Studieren und Arbeiten zurück in die “gefallenen” und im Stich gelassenen Städte gehen müssen.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: “Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind zu erziehen.” Genau dessen Entstehung kann und wird “die Kathedrale” aber nicht zulassen. Jede parallele Strukturen und Enklave müßte also gegen sie erkämpft werden. In ihrem Machtbereich entstehen nur kleinste Rückzugsräume und winzige Privatsphären, deren Spielraum jährlich kleiner wird.
Diese “Strategie” hofft am Ende auf Schonung aufgrund der eigenen Harmlosigkeit und Unsichtbarkeit. Für die herrschende Elite wäre jedoch eine passive Kulturerhaltung und eine alternative Bildungs- und Bevölkerungspolitik in kleinen Enklaven weder verborgen noch harmlos. Nur im Windschatten aktivistischer Kämpfe, die als Schild und Ablenkung den Fokus der Repression auffangen, ist eine solcher Ansatz möglich (und für wichtig für deren Nachhaltigkeit).
Die zweite Hoffnung der Selbstrettung richtete sich jedoch auf eine noch größere Illusion. Sie nimmt den derzeitigen Zustand als eine Art Apokalypse wahr, die so schrecklich und widernatürlich sei, daß sie moralisch und ökonomisch irgendwann von selbst zusammenbrechen müsse.
Auch die These des Akzelerationismus impliziert in einigen Spielarten, daß man einen inhärenten Selbstzerstörungstrend irgendwie beschleunigen könne.
Ich bin in diesem Punkt pessimistischer. Der Status ist eine seltsam stabile Synthese zwischen Rationalismus, Machenschaft und Hedonismus auf der einen und einer atavistischen Zivilreligion auf der andren Seite. Läßt man unvorhersehbare, formative Ereignissen außen vor, kann meiner Meinung nach mit keinem notwendigen Verfall und keiner unausweichliche Konvergenz der Katastrophen rechnen. Stattdessen naht der „große Sabbat“, der letzte Mensch und die globale Verhausschweinung in einer globalen, denaturierten, digitalisierten, transhumanistischen Weltgesellschaft.
Das Ende der Geschichte hat in den Zentren der multikulturellen Metropolen bereits begonnen und breitet sich von dort über den Planeten aus. Die Wüste wächst unaufhaltsam. Die Fragen, die Sehnsucht und das Leiden, aus denen neurechter Widerstand erwächst, werden für kommende Generationen einfach unverständlich und irrelevant gemacht.
Worin besteht nun eine strategische Handlungsoption für Kritiker dieser schönen neuen Welt? Ich stimme akzelerationistischen Thesen in einigen Punkten zu. Es gibt kein Zurück, die Bremse bringt nichts und wir können ebenfalls nicht vom fahrenden Zug abspringen. Ich sehe jedoch, eine entscheidende Schwachstelle, die im ideologischen Kern des Systems liegt. Durch Analyse und gezielten Druck auf diesen Schwachpunkt statt Rückzug in die Unsichtbarkeit, könnte das Unvorhersehbare erneut in die Geschichte eintreten.
Jede revolutionäre Veränderung wächst aus einem Widerspruch zwischen der herrschenden Ideologie und der realen Lage. Sie wird durch die Realität widerlegt und kann eines ihrer Versprechen nicht einlösen. Ihre Metaerzählung kann neue Phänomene nicht erklären und integrieren, und die herrschende Gruppe verliert ihre Legitimation. In der DDR war es z.B, der Widerspruch zwischen der angeblich wissenschaftlichen Überlegenheit des Sozialismus und der real existierenden materiellen Unterlegenheit, die zur weitgehend unpolitischen Wende zur D‑Mark führte. Daran wird es heute nicht scheitern.
Das schöne neue Welt verspricht Wohlstand, Sicherheit und Selbstverwirklichung, und in den meisten Fällen hält man dieses Versprechen auch ein. Daß es zu einem ethnischen Bürgerkrieg kommt, daß eine Coronakrise zu einer „Freiheitsrevolte“ gegen den Maskenzwang, die „Umweltdiktatur” zur Dieselrebellion führt, oder sich verarmte Massen gegen eine reiche Elite erheben, ist nicht absehbar.
Wer auf einen wirtschaftlichen Zusammenbruch, oder eine Explosion des Liberalismus durch soziale Widersprüche wartet, wartet eben darauf, daß die Manager der globalen Waren- und Bevölkerungsströme grobe Fehler begehen. Er hofft auf eine große systematische Krise, oder, wie nicht zuletzt Sieferle, auf die ökologischen Grenzen der technischen Machbarkeit. Zuletzt wartet er auf einen deus ex machina.
Demgegenüber steht die ständige Steigerung der Planbarkeit, Überwachung und Kontrolle zusammen mit dem Wachstum des Konsums, des Wohlstands, der Produktivkräfte, und der technischen Möglichkeiten. Heidegger fürchtet den wahren „Angriff auf das Leben und das Wesen des Menschen” und die “unheimliche Veränderung” des Lebens, “gerade wenn die Wasserstoffbombe nicht explodiert und das Leben des Menschen auf der Erde erhalten bleibt.”
Es wäre also töricht das Gestell da übertreffen zu wollen wo es glänzt und triumphiert. In einem entscheidenden Punkt steht das System jedoch grellem Widerspruch zu seinen eigenen Versprechungen, ja es lügt uns offen und dreist ins Gesicht. Die Behauptung, dass wir in einer funktionalen Demokratie leben und ergebnisoffen die Zukunft unseres Volkes bestimmen könnten, ist offenkundig falsch. Die Behauptung, daß wir in einem freien Diskurs einen politischen Willen bilden könnten, der sich in freien Wahlen manifestiert, ist gelogen. Das System verspricht zwar Freiheit, doch was es uns anbietet, ist Konsumfreiheit.
Die Demokratie, untrennbar mit der Idee eines Nationalstaates und der Identitäten Frage nach dem Volk als Abstimmungsgemeinschaft verbunden, ist ein unverzichtbarer Teil der modernen Metaerzählung. Sie steht in krassem Widerspruch zur Zivilreligion der Schuld und dem Geist der Rache, der den ideologischen Kern unserer Gesellschaft bildet. Eine komplexe Meinungskontrolle kaschiert diesen Bruch und versteckt diese geistige Sprengladung, auf die der Status Quo aufbaut.
Demokratie ist die in der der Moderne alternativlose Legitimation für politische Macht. Sie impliziert einen gewissen Relativismus, der mit der Unrelativierbarkeit der herrrschenden Ideologie nicht vereinbar ist. Freie Meinungsbildung ist eine Basis dieses Systems.
Daß tatsächlich eine undemokratische Ideologie den Westen beherrscht und als globalistische Metaerzählung seine Zukunft längst vorweggenommen hat, ist mit der demokratischen Metaerzählung unvereinbar. Beide ringen hinter den Kulissen stumm miteinander. Ihr Widerspruch bleibt solange unsichtbar, wie die Masse dank medialer Meinungskontrolle das wählt, was für sie vorgesehen ist.
Abweichende Entscheidungen wie der Brexit, das „Nein” zum UN-Pakt und das „Ja“ zu Trump werden als Systemfehler und „Irrtümer“ gewertet, die durch „Aufklärung“, sprich Propaganda, wiedergutgemacht werden müssen. Hier gerät das System in Erklärungsnot. Demokratische Metaerzählung und der linksliberale Universalismus, Nationalstaat und Globalisierung verkeilen sich die innere Wahrheit des Systems wird sichtbar: wir leben in einer Demokratiesimulation.
Anders als im Mittelalter, wo sich Katholische Theologie und Monarchie harmonisch ineinander fügte, weist die moderne Konstellation eine Unverträglichkeit auf. Die demokratische Legitimation der politischen Macht, steht in unheilbaren Widerspruch zum moralisch-religiösen Zentrum des Schulduniversalismus.
Dieser Widerspruch ist den Herrschenden ebenso bewußt wie peinlich, weswegen sie alles tun, um ihn zu verbergen. Im „Kampf gegen rechts“ wird dieser Widerspruch sichtbar. Die „Demokratiesimulation“ zeigt sich primär am „unverdaulichen“ rechten Widerstand, dessen Ideen vom System nicht zu kommerzialisieren und zu reterritorialisieren sind. Ihre, oft unbewusste Strategie besteht darin, durch die Methoden der Zersetzung offene Repression unnötig machen.
Immer größere Anstrengungen werden daher in Zensur, wirtschaftliche Vernichtung, Deplatforming und niederschwelligen Terrorismus gesteckt. Das Bestreben der Machthaber geht dahin, die faktische Entmachtung des Nationalstaats und die Kontrolle der demokratischen Wahlergebnisse durch Meinungsmache, Zensur, linken Terror und Zersetzung nicht sichtbar zu machen.
Dieser Widerspruch zwischen dem Versprechen der Freiheit und der effektiven Unfreiheit, in der wir uns befinden, ist zunächst eine abstrakte und „idealistische“ Schwachstelle. Nie waren die Verlockung der hedonistischen Anonymität größer, und nie war die Repression sanfter. Jeder kann die scheinbar sinnlose Front des aktiven Widerstands sofort verlassen, um sich in eine Literatenklause und eine subkulturelle Nische zurückzuziehen, oder als „digital nomad“ in die globalisierte Erlebniswelt aufzubrechen.
Das System verzeiht und nimmt den Dissidenten mit offenen Armen wieder auf. Es kann ihn so unsichtbar machen und verbergen, doch es kann den entscheidenden Widerspruch niemals leugnen. Wir leben in einer totalitären Struktur, die so tut als wäre sie eine Demokratie. Wir leben in der „Kathedrale“ einer radikalen ideologischen Doktrin, die uns gleichzeitig Meinungsfreiheit simuliert.
Zusammengefaßt ist der Widerspruch zwischen der demokratischer und der universalistischen Metaerzählung, die derzeit koexistieren, die ideologische Schwachstelle des System. Er zeigt sich politisch in allen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Problemen der Migrationskrise und des Bevölkerungsaustauschs. Er entzündet sich schließlich am “Kampf gegen Rechts”, durch den universalistisch doktrinäre Repression und Demokratiesimulation offen in Widerspruch treten.
Meine These, die ich “Repressionsakzelerationismus” nennen will, ist, daß man diesen Widerspruch verstärken und damit die herrschende Ideologie direkt angreifen und “geistig hochjagen” könnte.
Jede Verschiebung des Overton Fensters nach Rechts wird von diesem System, das ich an anderer Stelle “Sanfter Totalitarismus” nannte, verhindert. Dort wo rechte Parteien erfolgreich sind, werden sie metapolitisch vernichtet. Dort wo rechte Metapolitik erfolgreich ist, greifen die Methoden der Zersetzung, des Terrors und zuletzt die juristische Repression. Genau die will man aber klein und unsichtbar halten. Denn ebenso wie in der DDR, sozialistische Überlegenheit und Armut nicht koexistieren konnten, so schließen sich Demokratie und Repression aus.
Das System hat wie ein Rechner nur begrenzten Arbeitsspeicher, dem es nicht gleichzeitig “Demokratiesimulation.exe” und “Repression.exe” zuführen kann. Je mehr Kapazität letzterer Prozess fordert, desto schwächer wird der erste!
Meine These ist, dass die unnatürliche Allianz zwischen Demokratiesimulation nur eine gewisse Intensität an offener Repression aushalten, ohne in einen untragbaren Widerspruch zu kippen und offen totalitär werden zu müssen. Die fanatischen Elemente der Gegenseite wäre hier die “besten Mitspieler”. Sie sind längst zur völligen Eskalation und Entlarvung der Repression bereit. Sie zerren wütend an den letzten Fesseln des Rechtsstaats und betreiben seit Jahren die völlige Enthumanisierung des politischen Gegners. Daß sie dabei die Demokratiesimulation zerstören und dem bestehenden System seine Legitimation rauben würden, ist ihnen entweder nicht bewußt oder völlig egal.
Ziel könnte es also sein, das falsche Versprechen der Demokratie und Meinungsfreiheit zu entlarven, indem man sie konsequent und effektiv einfordert. Sollte beim Gegner ein Umdenken stattfinden und er seine ideologische Hegemonie freiwillig aufgeben, würde das den Repressionsakzelerationismus obsolet machen. Nicht jede Repression steigert die Widersprüche und schwächt den sanften Totalitarismus.
Nur wenn wie vor einem großen Publikum, das mit dem Grund für die Bestrafung und dem Opfer der Repression sympathisiert, stattfindert, schadet sie der Demokratiesimulation. Die schlimmsten Rechtsbrüche und Grausamkeiten, die unbeachtet gegen isolierte kleine Gruppen geschehen, sind völlig folgenlos. Der Repressionsakzelerationismus ist keine „moralische Frage “, sondern eine Frage der Öffentlichkeit und Kommunikation. Der bestehende Widerspruch im Systems ist völlig unerheblich, wenn er nicht sichtbar und damit unübersehbar gemacht wird.
Der Weg führt also durch die Repression hindurch. Alles was sie auslöst, gleichzeitig aber nicht rechtfertigt, also alles, was die Machthaber nötigt, den Rahmen des “Extremismus” immer weiter und weiter zu fassen, ist akzelerationistisch und revolutionär.
Die Formel dazu lautet: maximale Verstärkung des kritischen Minimums. (Ich sehe diesen in der Ablehnung des Bevölkerungsaustauschs). Eine möglichst große Masse, die den kleinstmöglichen unverträglichen Kritikpunkt besetzt, stellt das ultimative Problem für eine Demokratiesimulation dar.
Diese kontrollierte und anschlußfähige Provokation erfordert einen hohen Organisationsgrad, verbale Disziplin und planmäßiges Vorgehen. Die Organisation des kritischen Potentials stellt insofern die ultimative Form einer systematischen metapolitischen Akzeleration dar. Die destabilisierende Schleife, die in das System eingebaut werden muß, ist eine organisierte Struktur, die durch ständige anschlußfähige Provokation einerseits ihren Wirkungsgrad und ihre Ressourcen, und andererseits die nötige offene Repression der herrschenden Ideologie maximiert.
Diese Repression der Ideologen untergräbt die Autorität der demokratischen Metaerzählung, welche die einzige breit akzeptierte Legitimation von politischer Macht darstellt. Die Einforderung der Demokratie und des Rechtsstaats würde sich also gegen die herrschende Ideologie und den Schulduniversalismus richten. Eine Destabilisierung ihrer ungesunden Allianz würde beide Metaerzählungen gegeneinander prallen lassen. Die “demokratische Desertion” einiger Systemträger, wie z.B. Hans Georg Maaßen, ist ein Vorgehen dieses ideengeschichtlichen Bruchs, den man aktiv herbeiführen könnte.
Die offene Repression der Machthaber stellt dabei direkt den metapolitischen Boden dar, den eine rechte Bewegung eigentlich gewonnen hätte, wenn sie eine effektive, kontrollierte und nachhaltige Provokationssstrategie betreibt. Der vorpolitische Machtgewinn wird jedoch mit antidemokratischen Mitteln verunmöglicht. Daran nicht zu verzweifeln, sich nicht zu radikalisieren, sondern entschlossen und unbeirrt von der Repression weiterzuarbeiten ist der Appell dieser Strategie.
Da, wo sich das Overtonfenster nicht verschieben läßt und künstlich stabilisiert wird, muß das System offen totalitär auftreten und in inneren Widerspruch geraten. Provokant gesprochen könnte das Ziel dieser Strategie sein, daß nicht nur ein identitärer Volksbegriff, sondern jede Migrationskritik, ja jede Forderung nach Integration und am Ende der gesamte rechte Flügel der CDU als „extrem“ und „verfassungswidrig“ gebrandmarkt wäre.
Daß überhaupt friedliche patriotische Parteien und Bewegungen existieren, ist dem System ein Dorn im Auge. Wir müssen dafür sorgen, daß dieser Dorn so schmerzhaft wie möglich wird, indem wir so sichtbar, nachhaltig und intensiv wie möglich die antidemokratischen Diskursregeln brechen.
Was würde entstehen, wenn das System offen repressiv würde, und die scheinbare Duldung der unverdaulichen rechten Kritik beenden würde? Das weiß ich nicht. Im besten Fall eine offenere, und damit besser bekämpfbare, sprich fragile Version dieser “geheimen Theokratie”.
Doch ich weiß mit Sicherheit, was geschieht, wenn alles weitergeht wie bisher und jeder, der diesen Text liest, weiß es auch. Seine Frage lautete: „Gibt es eine strategische Handlungsoption für das rechte Lager?“ Nach einer Kritik einer passiven Selbstrettung und Enklavenbildung habe ich mit der Repressionsakzeleration eine mögliche Strategie umrissen. Sie kann von Partei, Gegenöffentlichkeit und Bewegung in einer fachlich getrennten aber koordinierten Zusammenarbeit betrieben werden, indem sie Schritt für Schritt den Rahmen des Sagbaren austestet, sich Provokation für Provokation vortastet und dabei die antidemokratischen Exzesse des Gegners nicht fürchtet, sondern herausfordert.
Diese Strategie ergänzt den neurechten metapolitischen Aktivismus insofern, als sie in der Repression nicht dessen Scheitern, sondern dessen Bestätigung erkennt. Die These, dass wir uns in einem sanften Totalitarismus befinden, wurde in den letzten 5 Jahren von antidemokratischen Repression gegen AfD und das neurechten Vorfeld, ebenso wie durch die “Flüchtlingspolitik” eindrucksvoll bestätigt. Die demokratische Metaerzählung wurde in einem “Moralputsch” offen deklassiert.
Die Maske der Demokratiesimulation ist bereits verrutscht. Es liegt in unserem Macht- und Möglichkeitsbereich weiter an ihr zu ziehen.
Ziel der Repression des Gegners war und ist es, die bestehenden idealistischen, weltanschaulich geerdeten rechten Kräfte in eine Spirale aus Resignation, Radikalisierung und Selbstmarginalisierung zu treiben.
Die opportunistischen ideologiebefreiten Rechten, die meist als “2015er” in der Migrationskrise politisiert wurden hingegen sollen gleichzeitig die Distanzierungs- und Abgrenzungsfalle gelockt werden. Der Repressionsakzelerationismus kann die willigen Kräfte aus dem gemäßigten und dem radikalen Lager zu einer gemeinsamen Strategie vereinen. Das rechte Lager muss so moderat wie möglich und so radikal wie nötig, für uns nachhaltig und tragbar, für den Gegner aber unerträglich sein.
Der “Repressionsakzelerationismus” erkennt auch ohne jede Illusion, dass es sich hier um eine “historische Charakterprüfung” handelt. Der Widerspruch des Systems ist abstrakt. Das Leiden an ihm geistiger und ästhetischer Natur. Kein materieller Druck, keine Einschränkung der „persönlichen Selbstverwirklichung“ treibt Menschen heute in den Widerstand. Es ist der Ekel vor der der “Clownwelt”, die Begeisterung für eine Idee und die Unfähigkeit, mit der Lüge zu leben. An diese idealistischen Widerstand wird sich letztlich auch zeigen, ob in diesem Volk noch genügend Wille zu einem “Volk-Sein” lebt.
Wer die Heuchelei erträgt, fügt sich ein, wird unsichtbar und verträglich. Widerstand leisten diejenigen, in denen der Ekel vor dieser Lebenslüge gegen die Sehnsucht nach dem anonymen Glück überwiegt. Ob sie sich selbst von primitivem Haß und militanten Rachephantasien leiten lassen, oder beharrlich an einem zielorientierten und ehrenhaften Weg festhalten, ist die zweite große Charakterscheide. Wenn die dissidente Kraft gezielt organisiert, von altrechten Extremismen, existenzialistischen Spielereien und militantem Wahn gereinigt, auf das Schwerezentrum des Gegners konzentriert würde, könnte sie entscheidende Prozesse radikal beschleunigen.
Der Repressionsakzelerationist will keine herostratische Selbstopferung. Er kalkuliert und klar und präzise und agiert nur dann wenn er damit das eigene Lager stärkt und den Gegner entlarvt. Er will kein Bremseziehen und kein Zurück zum status quo ante. Er vertraut nicht naiv auf Rechtsstaatlichkeit und die Fairneß des Gegners, fordert sie aber dennoch ein. Er ist bereit zum Diskurs, wenn der Gegner bereit zur Meinungsfreiheit ist. Solange der “Diskurs” jedoch das Grundrauschen einer, immer schlechter kaschierten, Demokratiesimulation ist, ist die Maxime seine Beendigung als Konsensform.
Der Repressionsakzelerationist er will keine “Beruhigung” der Lage, und er will kein “Ende der Repression”, sofern das eine Schonung durch antidemokratischen Eliten bedeutet. Er will ihnen die Waffe des Unrechts aus der Hand schlagen. Er verführt, verleitet und nötigt sie zur Selbstentlarvung und hört nicht auf, bis sie ihm jede Möglichkeit zum Widerstand nehmen. Er radikalisiert sich nicht, sondern zwingt den Gegner sich zu radikalisieren. Er gönnt ihm keinen objektiven Grund zur Rechtfertigung der Repression. Sein Weg führt nicht weg von ihr, sondern in sie hinein, durch sie hindurch und über sie hinaus.
Rheinlaender
Der von Herrn Sellner vorgenommene Religionsvergleich passt m.E. nicht. Eine Religion hätte eine Vorstellung von Transzendenz, auf die eine Kultur oder ein Gemeinwesen hinwachsen soll. Der von ihm beschriebene geistige Komplex ist hingegen zutiefst nihilistisch und strebt nach Auflösung aller kulturellen Bestände und aller Bindungen. Im Zentrum dieses Komplexes steht nichts Transzendentes, sondern das Chaos, weshalb man ihn als Ausdruck einer Antireligion, jedoch nicht als Religion beschreiben kann. Man wird im Gegenteil mit Problemen dieser Art nur mit religiösen Mitteln fertig bzw. kann sie überhaupt nur auf diesem Weg richtig erfassen.