Schönes – Ludwig Sternaux: Potsdam. Ein Buch der Erinnerung, Nachwort von Klaus Bellin, Fotografien von Max Baur, Berlin: Die Mark Brandenburg 2020, 244 Seiten, 18 €
Wer wissen will, warum die Welt einmal zu uns aufgeschaut hat, sollte nach Potsdam fahren. Die Stadt hat in den letzten Jahrzehnten stellenweise wieder die Gestalt angenommen, für die sie einst gerühmt wurde. Fast alle preußischen Könige haben sich hier durch repräsentative Bauten verewigt, deren einzigartige Harmonie Potsdam zu einem Denkmal preußischen Geistes machten. Diese Pracht war auch nach der Abdankung des letzten Königs noch zu bewundern. Der Journalist und Potsdam-Verehrer hat Ludwig Sternaux hat sich in den frühen 1920er Jahren voller Melancholie auf den Weg gemacht, um das alte Potsdam zu erkunden, das dann im Zweiten Weltkrieg unterging. Sein Spaziergang durch die Straßen und die Geschichte liegt endlich in einer neuen Ausgabe vor, die durch die berühmten Aufnahmen von Max Baur kongenial ergänzt wird.
Potsdam hier bestellen.
– – –
Gutes – Roger Scruton: Bekenntnisse eines Häretikers. Zwölf konservative Streifzüge, Lüdinghausen/Berlin: Manuscriptum 2019 (Edition Sonderwege), 238 Seiten, 26 €
Mit Roger Scruton, der Anfang des Jahres starb, hat die Rechte einen ihrer wichtigsten philosophischen Köpfe verloren. Das ist in Zeiten, in denen alles nach Sinngebung lechzt, ein existentielles Problem, dessen sich leider nur wenige bewußt sind. Glücklicherweise leben Philosophen, so sie sich nicht wie Sokrates auf das Gespräch beschränken, in ihren Büchern weiter. Das letzte Buch, das von Scruton in deutscher Übersetzung erschien, enthält zwölf Essays, die einen weiten Kreis konservativer Gedanken abschreiten: von der Architektur geht es über den Staat und die heikle Frage der Sterbehilfe bis zum alkoholischen Genuß und zur vogelmordenden Katze. Auf seinen Erkundungen folgt man dem Autor gern, weil er über den nötigen Humor verfügt, der einem auch die schlechten Erkenntnisse erträglich macht.
Bekenntnisse hier bestellen.
– – –
Wahres – Michail Prischwin: Der irdische Kelch. Das Jahr neunzehn des zwanzigsten Jahrhunderts, aus dem Russischen von Eveline Passet. Mit Nachworten von Eveline Passet und Ilma Rakusa, Berlin: Guggolz 2015, 171 S., 20 €
Prischwin (1873–1954) ist eine Entdeckung, die dem Leser eine Vielzahl von Einsichten beschert. Manch einer kennt ihn noch als Autor von Natur- und Tiergeschichten, mit denen er in der Stalinzeit erfolgreich war. Erst nach dem Ende des Kommunismus kam der eigentliche Prischwin zum Vorschein, ein glühender Antikommunist, der mit Tiergeschichten überlebte und heimlich Zeugnis von der Unmenschlichkeit des Menschheitsexperiments ablegte. Der irdische Kelch, das ist Russland im zweiten Jahr der bolschewistischen Revolution: Terror, Hunger, Absurditäten kennzeichnen das Leben der Landbevölkerung. Rund um ein dürftiges dörfliches „Museum des Gutslebens“ beschreibt Prischwin galgenhumorig die Verwerfungen des Kommunismus, die in eine Art Endzeit münden. Klar, daß das Buch zu Lebzeiten nicht erscheinen konnte.
Der irdische Kelch hier bestellen.
Maiordomus
Kompliment für erlesene Auswahl. Da meine Adresse bekannt ist und ich mit dem elektronischen Transport Mühe habe, mögen auch als Anregung für andere die Titel 2 und 3, Scruton und Prischwin, als bestellt gelten.