Oxfordianische Lektionen (2): Edward de Vere

Im Laufe 19. Jahrhunderts wuchs die Unzufriedenheit mit dem Gentleman aus Stratford.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Ralph Wal­do Emer­son zeig­te sich erstaunt über den all­zu gro­ßen Kon­trast zwi­schen dem Genie der Wer­ke und dem land­läu­fi­gen Image des ange­nom­me­nen Autors; Walt Whit­man  ver­mu­te­te, nur einer von Shake­speares “wöl­fi­schen Earls” sei imstan­de gewe­sen, die Grö­ße und Ruch­lo­sig­keit der “mit­tel­al­ter­li­chen Aris­to­kra­tie” der­art mus­ter­gül­tig darzustellen.

Hen­ry James wur­de von dem Ver­dacht geplagt, der “gött­li­che Wil­liam” sei womög­lich “der größ­te und erfolg­reichs­te Schwin­del, der jemals einer lang­mü­ti­gen Welt auf­ge­tischt wur­de.” Mark Twa­in publi­zier­te 1909 ein gan­zes Buch mit dem Titel Is Shake­speare Dead?, in dem er aus­führ­lich sei­ne Zwei­fel an der Autor­schaft Shaks­pe­res darlegte.

Eine ame­ri­ka­ni­sche Schrift­stel­le­rin namens Delia Bacon begrün­de­te 1857 die Schu­le der “Baco­nia­ner”, die davon aus­ging, daß sich hin­ter “Shake-Speare” der Phi­lo­soph Fran­cis Bacon ver­barg und die sich mit beson­de­rer Inbrunst der Ent­schlüs­se­lung von Kryp­to­gram­men wid­me­te; 1892 folg­te mit Chris­to­pher Mar­lo­we ein wei­te­rer Kan­di­dat, der sich ziem­lich hart­nä­ckig hielt. Die­ser Theo­rie zufol­ge hat das enfant ter­ri­ble unter den eli­sa­be­tha­ni­schen Dra­ma­ti­kern sei­nen Tod vor­ge­täuscht, um als “Shake­speare” wie­der auf­zu­tau­chen und zur Meis­ter­schaft reifen.

Ande­re, dar­un­ter ziem­lich unwahr­schein­li­che Kan­di­da­ten, die im Lau­fe der Zeit genannt wur­den, waren Eli­sa­beth I. selbst, König  James I., Edmund Spen­ser, Sir Wal­ter Ral­eigh, Anne Hat­ha­way (Shaks­pe­res Ehe­frau, die das “zweit­bes­te Bett” geerbt hat) oder gar Dani­el Defoe (gebo­ren 1660!). Es ver­steht sich von selbst, daß in jün­ge­rer Zeit auch eine “schwar­ze Frau” ins Feld geführt wur­de: Emi­lia Bass­a­no, ali­as Emi­lia Lanier, die auf den über­lie­fer­ten Por­traits aller­dings ziem­lich weiß aussieht.

Der bei wei­tem wahr­schein­lichs­te Kan­di­dat, Edward de Vere, der 17. Earl von Oxford, wur­de 1920 durch einen lite­ra­ri­schen Sher­lock Hol­mes und aka­de­mi­schen Außen­sei­ter namens Tho­mas Loo­ney ins Spiel gebracht. Loo­ney war ein Eng­lish­leh­rer aus der Pro­vinz, des­sen Nach­na­me oft Anlaß zu bil­li­gem Spott bot (“loo­ney” = “ver­rückt”).

Sei­ne Metho­de war “deduk­tiv”: In sei­nem Buch “Shake­speare” Iden­ti­fied stell­te er zunächst eini­ge Kri­te­ri­en auf, die der Autor Shake­speare plau­si­bler­wei­se erfül­len müs­se, und ent­deck­te auf die­se Wei­se sein “Bin­go”, den Earl of Oxford, in prak­tisch jeder Hin­sicht ein epi­sches Gegen­bild zu dem beschei­de­nen “Nobo­dy” aus Strat­ford. Ich habe die­se Kri­te­ri­en im ers­ten Teil die­ses Bei­trags so zusammengefaßt:

Der Autor des Shakespeare’schen Wer­kes jedoch muß nach allem Ermes­sen enor­me Kennt­nis­se auf einer Viel­zahl von Gebie­ten beses­sen haben: Sei­en es die Gepflo­gen­hei­ten und Intri­gen des könig­li­chen Hofes, Latein, Grie­chisch, Fran­zö­sisch und Ita­lie­nisch, die Klas­si­ker der Anti­ke (ins­be­son­de­re Ovid) und die Bibel, sowie Geschich­te, Rechts­wis­sen­schaft, Phi­lo­so­phie, Medi­zin, Falk­ne­rei, Navi­ga­ti­on, Musik, mili­tä­ri­sche Tak­tik, Gärt­ne­rei oder Heral­dik. Sein detail­ier­tes geo­gra­phi­sches und kul­tu­rel­les Wis­sen über Ita­li­en deu­tet dar­auf hin, daß sich der Autor dort län­ge­re Zeit auf­ge­hal­ten haben muß.

All dies kann man nun bei Edward de Vere nach­wei­sen: Aus einem alten und ein­fluß­rei­chen Geschlecht stam­mend, wur­de er als Zwölf­jäh­ri­ger nach dem Tod sei­nes Vaters “Mün­del” (ward) der Köni­gin Eli­sa­beth und leb­te fort­an im Haus von Sir Wil­liam Cecil, Baron Burgh­ley, der mäch­ti­gen “grau­en Emi­nenz” des Staa­tes, die für die Erzie­hung etli­cher ade­li­ger jun­ger Män­ner zustän­dig war.

In der Per­son Wil­liam Cecils, spä­ter auch de Veres Schwie­ger­va­ter und in vie­ler­lei Hin­sicht sei­ne Neme­sis, wur­de oft das Vor­bild von Ham­lets Gegen­spie­ler Polo­ni­us ver­mu­tet. Polo­ni­us’ Rat­schlä­ge zur klu­gen Lebens­füh­rung an sei­nen Sohn Laer­tes  wur­den offen­bar teil­wei­se aus einem Büch­lein Cecils für sei­nen Sohn abge­kup­fert, das ledig­lich im pri­va­ten Kreis kur­sier­te, und das Shaks­pe­re aus Strat­ford unmög­lich gekannt haben kann.

Unter der Ägi­de Cecils wur­de de Vere eine umfas­sen­de höfisch-aris­to­kra­ti­sche Aus­bil­dung zuteil. Joe Sobran berichtet:

Ein typi­scher Unter­richts­tag beinhal­te­te Fran­zö­sisch, Latein, Schrei­ben und Zeich­nen, Kosmo­gra­phie, Übun­gen mit sei­ner Schreib­fe­der und gemein­sa­me Gebe­te. Sein regel­mä­ßi­ger Zeit­ver­treib bestand in Rei­ten, Schie­ßen und Falknerei.

Auch an Dich­tern und Lite­ra­ten man­gel­te es in sei­ner Fami­lie und Umge­bung nicht: Sein ange­hei­ra­te­ter Onkel Hen­ry Howard, der Earl von Surrey, über­setz­te Ver­gils Aen­eis und schuf die spä­ter “shake­spearisch” genann­te eng­li­sche Sonett­form sowie den eng­li­schen Blank­vers. Ein ande­rer Onkel, Arthur Gol­ding, war Über­set­zer der Meta­mor­pho­sen des Ovid, die zu den wich­tigs­ten Quel­len des Shakespeare’schen Wer­kes zäh­len. Ezra Pound nann­te die­sen eng­li­schen Renais­sance-Ovid “the most beau­tiful book in the lan­guage”. Etli­che Oxfor­dia­ner ver­mu­ten, daß der jugend­li­che de Vere selbst der Über­set­zer war und der tro­cke­ne Cal­vi­nist Gol­ding der Publi­ka­ti­on ledig­lich sei­nen Namen gelie­hen hat.

In Cecils Haus hat­te de Vere Zugang zu einer für dama­li­ge Ver­hält­nis­se rie­si­gen Biblio­thek, und zu sei­nen Tuto­ren zähl­te unter ande­rem der bedeu­ten­de Kar­to­graph Lau­rence Nowell, der Ent­de­cker des ein­zi­gen erhal­te­nen Manu­skripts des angel­sä­chi­schen Epos “Beowulf”, das ver­mut­lich eini­ge Stel­len im “Ham­let” inspi­riert hat. Aus de Veres Besitz sind Wer­ke von Plut­arch, Chau­cer, Cice­ro und Pla­to nach­ge­wie­sen; es ist sogar eine Gen­fer Bibel mit sei­nen hand­schrift­li­chen Anmer­kun­gen erhal­ten geblie­ben, wobei die ange­stri­che­nen Ver­se stark mit den Bibel­zi­ta­ten in Shake­speares Werk korrespondieren.

Der jun­ge Edward de Vere war ein extra­va­gan­ter und schil­lern­der Cha­rak­ter. Sport­lich und gut­aus­se­hend zeich­ne­te er sich als erfolg­rei­cher Tur­nier­rei­ter aus und stieg am Hofe von Köni­gin Eliza­beth rasch zum Favo­ri­ten und “Insi­der” auf. Zu sei­nem ererb­ten Ver­mö­gen hat­te er ein ziem­lich locke­res und fatal “gene­rö­ses” Ver­hält­nis; in spä­te­ren Jah­ren war er hoch ver­schul­det und hat­te stän­dig Geld­sor­gen. Auch sei­nen Sta­tus bei Hof soll­te er ver­lie­ren und in Schmach und Ungna­de verfallen.

In sei­nem Leben fin­den sich zahl­rei­che dra­ma­ti­sche Anek­do­ten: Sieb­zehn­jäh­rig erdolch­te er einen Koch aus Wil­liam Cecils Haus­halt, angeb­lich aus Not­wehr. Wie Ham­let wur­de er im Ärmel­ka­nal von Pira­ten über­fal­len und nackt am Strand aus­ge­setzt. Er zeug­te ehe­bre­che­risch ein unehe­li­ches Kind mit einer Hof­da­me Eli­sa­beths und wan­der­te dafür in den Tower of Lon­don. Um die Schan­de zu rächen, atta­ckier­te ein Onkel die­ser Dame den Ver­füh­rer, töte­te sei­nen Die­ner und ver­wun­de­te ihn selbst schwer. Sei­ne Fein­de bezich­tig­ten ihn unter ande­rem der Häre­sie, des Lan­des­ver­rats, der Trunk­sucht und der Schän­dung min­der­jäh­ri­ger Kna­ben. Am Ende sei­nes Lebens war er ver­mut­lich in den miß­glück­ten “Staats­streich” des Earl of Essex verwickelt.

Als ech­ter “Renais­sance-Mensch” war Edward de Vere aber auch ein Rit­ter des Geis­tes und der Feder. Im Gegen­satz zu dem Boden­spe­ku­lan­ten aus Strat­ford sind von ihm etli­che Gedich­te und Brie­fe über­lie­fert, in deren Stil und Wort­wahl sich zahl­rei­che Shakespeare’sche Echos wie­der­fin­den. Er ließ Bald­as­sa­re Cas­tig­li­o­nes “Kult­buch” Il libro del Cor­te­gi­a­no (dt. Das Buch vom Hof­mann) und einen phi­lo­so­phi­schen Trak­tat von Gerola­mo Card­a­no über­set­zen, der als Inspi­ra­ti­on von Ham­lets berühm­ten Mono­lo­gen gilt. Inner­halb sei­ner Krei­se genoß er ein enorm hohes Anse­hen als Dich­ter und bedeu­ten­der För­de­rer der Literatur.

Sage und schrei­be 28 Bücher wur­den Edward de Vere gewid­met, mehr als irgend­ei­ner ande­ren Per­son im eli­sa­be­tha­ni­schen Zeit­al­ter, abge­se­hen von der Köni­gin selbst. Auch der Büh­ne war er zuge­tan: Wir wis­sen aus zeit­ge­nös­si­schen Quel­len, daß er (nicht über­lie­fer­te) Stü­cke schrieb, zwei Thea­ter­trup­pen unter­hielt (die “Oxford’s Men” hat­te bereits sein Vater gegrün­det) und zeit­wei­lig Päch­ter des Black­fri­ars Theat­re war. Etli­che Dra­ma­ti­ker wie John Lyly, Tho­mas Nas­he, Antho­ny Mun­day und Robert Gree­ne stan­den als “Sekre­tä­re” in sei­nen Diensten.

Text­spu­ren und Ein­flüs­se die­ser Autoren las­sen sich in erheb­li­cher Anzahl in Shake­speares Stü­cken nach­wei­sen, wäh­rend “Shake­speare” selbst im weit­läu­fi­gen Netz­werk de Veres nir­gends zu fin­den ist. So erscheint die The­se plau­si­bel, daß de Vere-Shake­speare wie die Meis­ter­ma­ler sei­ner Zeit meh­re­re Assis­ten­ten und Schü­ler beschäf­tig­te und Kopf einer Thea­ter­werk­statt war, die als krea­ti­ve Kraft hin­ter den gro­ßen Schau­spiel­trup­pen “The Queen’s Men” und “The Lord Chamberlain’s Men” stand.

Alex­an­der Waugh (der Enkel von Eve­lyn und der Sohn von Aube­ron) schrieb:

Obwohl doku­men­ta­ri­sche Auf­zeich­nun­gen bewei­sen, daß Oxford von sei­nen Zeit­ge­nos­sen als erst­klas­si­ger Dich­ter, Dra­ma­ti­ker und Gelehr­ter ver­ehrt wur­de, der im ver­bor­ge­nen Her­zen des lite­ra­ri­schen Eng­lands wirk­te, besteht die heu­ti­ge ortho­do­xe Leh­re dar­auf, daß alle sei­ne dra­ma­ti­schen Wer­ke ver­schol­len sind, wäh­rend der ein­zi­ge voll­stän­di­ge Kanon von sechs­und­drei­ßig erst­klas­si­gen Stü­cken, der aus die­ser Zeit über­lie­fert ist – und der sich inten­siv mit Mon­ar­chen, Höfen, Ade­li­gen, dynas­ti­schen Strei­tig­kei­ten, Ita­li­en, Spra­che, Gelehr­sam­keit usw. beschäf­tigt – Strat­ford-Shaks­pe­re zuge­schrie­ben wird, der weder als Dra­ma­ti­ker noch als Gelehr­ter in Erschei­nung getre­ten ist, des­sen Aus­bil­dung nicht belegt ist und der wäh­rend sei­ner Lebens­zeit in kei­ner lite­ra­ti­schen Auf­zei­chung auftaucht.

Die nahe­lie­gen­de Schluß­fol­ge­rung ist, daß das Werk “Shake­speares” nichts ande­res als das “ver­schol­le­ne” Werk de Veres ist.

Pseud­ony­me und anony­me Publi­ka­tio­nen waren in der eli­sa­be­tha­ni­schen Ära gang und gäbe. Sie emp­fah­len sich schon allein auf­grund der vor­herr­schen­den stren­gen Zen­sur und der Här­te, mit der der Staat gegen sei­ne Kri­ti­ker vor­ging. Der anony­me Autor (ver­mut­lich Geor­ge Put­ten­ham) des Buches The Arte of Eng­lish Poe­sie berich­tet 1589, daß es für Män­ner des Adels als unschick­lich und dis­kre­di­tie­rend galt, Lyrik zu publizieren:

So as I know very many nota­ble gen­tle­men in the Court that have writ­ten com­men­d­a­b­ly and sup­pres­sed it agay­ne, or els suf­red it to be publisht wit­hout their own names to it…

So ken­ne ich vie­le nam­haf­te Her­ren am Hof, die Vor­züg­li­ches geschrie­ben und es dar­auf­hin wie­der unter­drückt haben oder zulie­ßen, daß es nicht unter ihrem eige­nen Namen publi­ziert wurde.

Und er nann­te (nebst eini­gen ande­ren) einen die­ser noblen Her­ren beim Namen: Er sprach von

… Noble men and Gen­tle­men of her Maje­sties owne servaun­tes, who have writ­ten excel­lent­ly well as it would appeare if their doings could be found out and made publi­cke with the rest, of which num­ber is first that noble Gen­tle­man Edward Ear­le of Oxford.

… edlen Her­ren und Gen­tle­men unter den Die­nern ihrer Majes­tät, die Exzel­len­tes geschrie­ben haben, wie zum Vor­schein käme, wenn ihre Taten her­aus­ge­fun­den und mit­samt den ande­ren ver­öf­fent­licht wer­den könn­ten, deren ers­ter die­ser edle Gen­tle­man Edward, Earl von Oxford, ist.

Beson­ders ins Gewicht fällt, daß Oxford ein gro­ßer Lieb­ha­ber Ita­li­ens war, das er in den Jah­ren 1575–76 aus­gie­big bereist hat. Zehn Shake­speare-Stü­cke spie­len in die­sem Land, das der Autor, wie bereits erwähnt, enorm gut gekannt haben muß.

Das ist nur die Spit­ze des Eis­ber­ges und bei wei­tem nicht alles, was von den Oxfor­dia­nern ins Feld geführt wird. Frei­lich han­delt es sich hier­bei nur um Indi­zi­en (“cir­cum­stan­ti­al evi­dence”), kei­ne direk­ten Bewei­se, aber sie tau­chen in einer bei­spiel­lo­sen Häu­fung auf, wie sie kein ande­rer Kan­di­dat der Shake­speare-Autor­schaft vor­wei­sen kann, ins­be­son­de­re Mr. Shakspere.

Ich für mei­nen Teil bin ohne jeden Zwei­fel von der Rich­tig­keit der Oxford-Theo­rie über­zeugt. Wer sich in die Beweis­füh­rung ver­tieft, wird erle­ben, wie es unun­ter­bro­chen auf ver­blüf­fen­de Wei­se klickt, klickt, klickt, bis man schier über­wäl­tigt ist. Als Ein­stieg emp­feh­le ich das Buch von Joe Sobran, Genannt: Shake­speare. Wer kann, soll­te es im eng­li­schen Ori­gi­nal lesen, da Sobran ein wun­der­bar kla­rer und ele­gan­ter Autor war.

Kom­pakt und flüs­sig zu lesen ist auch die­se drei­tei­li­ge Zusam­men­fas­sung von Alex­an­der Waugh. Grund­sätz­lich ist lei­der nur sehr wenig Lite­ra­tur zu die­sem The­ma über­setzt worden.

Bevor ich im letz­ten und drit­ten Teil all­ge­mei­ne Schluß­fol­ge­run­gen aus die­sem “Fall” zie­he, kom­me ich nicht umhin, noch das Fort­ge­schrit­te­nen-Level der Oxford-Schu­le zu erwäh­nen: Die “Prin­ce Tudor Theo­ry”, die auch Roland Emme­rich in sei­nem Oxford-Film “Anony­mus” ver­wurs­tet hat und die von vie­len Oxfor­dia­nern als unse­ri­ös und absurd abge­lehnt wird.

Ich kann nicht mit dem­sel­ben guten Gewis­sen sagen, daß ihre Beweis­la­ge so ein­deu­tig ist wie bei der “Basis­theo­rie”. Ist man aller­dings erst vom Oxford-Fie­ber gepackt wor­den, ist sie schier unwiderstehlich.

Die­se “erwei­ter­te” Theo­rie behaup­tet, daß Edward de Vere Vater eines ver­heim­lich­ten Soh­nes der “jung­fräu­li­chen” König Eli­sa­beth war, mit ande­ren Wor­ten also des poten­ti­el­len Thron­fol­gers und ver­mut­lich letz­ten Erbens der Tudor-Linie. Die­ses gemein­sa­me Kind “Shake­speares” und Eli­sa­beths soll ein Mann namens Hen­ry Wrio­thes­ly, Earl von Sout­hamp­ton (1573–1624) gewe­sen sein.

Die­se Theo­rie, die erst­ma­lig von Tho­mas Loo­neys exzen­tri­schem Schü­ler Per­cy Allen ver­tre­ten wur­de, wird vor allem texther­me­neu­tisch begrün­det. Eine zen­tra­le Rol­le spie­len dabei die geheim­nis­vol­len 154 Sonet­te, die 1609 in klei­ner Auf­la­ge erschie­nen sind, um kurz dar­auf für Jahr­zehn­te in der Ver­sen­kung zu ver­schwin­den. Der Autor “Shake-Speare” wird im Wid­mungs­text des Her­aus­ge­bers Tho­mas Thor­pe als “our ever­li­ving poet” bezeich­net, eine Wort­wahl, die dar­auf hin­deu­tet, daß er bereits ver­stor­ben ist. (Die Oxfor­dia­ner wei­sen außer­dem dar­auf hin, daß das Wort “ever” von ein­ge­weih­ten Zeit­ge­nos­sen als Chif­fre für Edward de Vere – “E.Ver” – benutzt wurde.)

Bedenkt man nun, daß die Rose das Sym­bol der Tudors war, bekom­men die ers­ten Zei­len des ers­ten Sonetts eine erwei­ter­te Bedeutung:

From fai­rest crea­tures we desi­re increase,
That ther­eby beauty’s Rose might never die…

Die Wid­mung Thor­pes rich­tet sich an den „only beget­ter“ (den “ein­zi­gen Emp­fän­ger” oder auch “Erzeu­ger”) der Sonet­te, einen “Mr. W. H.”. Da sie über­wie­gend an einen “schö­nen Jüng­ling” (fair youth) addres­siert sind, gehen vie­le For­scher davon aus, daß damit Hen­ry Wrio­thes­ly gemeint war, dem Shake­speare bereits sei­ne frü­hes­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen, die epi­schen Gedich­te Venus and Ado­nis (1593) und The Rape of Lucre­ce (1594), gewid­met hatte.

Letz­te­re Wid­mun­gen sind in Shake­speares Werk ein­zig­ar­tig und haben ihrer­seits kräf­tig den Zwei­fel an dem Gen­tle­man aus Strat­ford genährt. Ihr sehr per­sön­li­cher und hin­ge­bungs­vol­ler Ton­fall scheint äußerst unziem­lich für jeman­den, der nicht selbst aus dem Adels­stand stammt und dem Adres­sa­ten auf Augen­hö­he begeg­nen könn­te. Das gilt erst recht, wenn man in Wrio­thes­ly sowohl “Mr. W. H.” als auch den “fair youth” der Sonet­te erken­nen will.  Jeden­falls hat bis heu­te nie­mand plau­si­bel erklä­ren kön­nen, wie Shaks­pe­re an den Earl von Sout­hamp­ton gera­ten ist und wel­che Bezie­hung die bei­den unglei­chen Män­ner zuein­an­der hatten.

De Vere und Wrio­thes­ly hin­ge­gen beweg­ten sich im sel­ben sozia­len Umfeld und haben ein­an­der ver­mut­lich sehr gut gekannt. Ihre Bio­gra­phien wei­sen etli­che Par­al­le­len auf. Wie der Earl von Oxford war auch der drei­und­zwan­zig Jah­re jün­ge­re Earl von Sout­hamp­ton ein “Mün­del der Köni­gin” und ver­brach­te vie­le Jah­re im Haus­halt von Wil­liam Cecil. Die­ser dräng­te ihn zur Ver­ehe­li­chung mit sei­ner Enkel­to­cher Eliza­beth de Vere – also der Toch­ter Edward de Veres -, was Wrio­thes­ly jedoch ausschlug.

Nicht min­der schwie­rig ist es, Strat­ford-Shakspeare und den Inhalt der Sonet­te in irgend­ei­ner Wei­se mit­ein­an­der in Ver­bin­dung zu brin­gen. In ihnen scheint der Dich­ter, häu­fig das Wort “Ich” benut­zend, in inti­mer Wei­se von sich selbst zu spre­chen. In den ers­ten sieb­zehn Sonet­ten prä­sen­tiert er sich als Mann mitt­le­ren Alters, der den schö­nen Jüng­ling beharr­lich beschwört, einen Erben in die Welt zu set­zen (so mag viel­leicht einst de Vere zu sei­nem Schwie­ger­sohn in spe gespro­chen haben). Ande­re an den jun­gen Mann gerich­te­te Sonet­te wie­der­um wir­ken wie homo­ero­ti­sche, aber pla­to­nisch abge­fe­der­te Lie­bes­er­klä­run­gen. Die Sonet­te 127 bis 152 hin­ge­gen dre­hen sich um eine “Dark Lady” (die­sen Namen gab ihr die Lite­ra­tur­wis­sen­schaft), zu der der Autor offen­bar eine selbst­zer­stö­re­ri­sche und abgrün­di­ge ero­ti­sche Bezie­hung pflegt. In den Sonet­ten 77–86 taucht schließ­lich ein uniden­ti­fi­zier­ter Dich­ter-Riva­le auf.

Ein Ame­ri­ka­ner namens Hank Whit­tem­ore behaup­tet, das Rät­sel der Sonet­te in sei­nem 900 Sei­ten star­ken Werk The Monu­ment gelöst zu haben. Ich geste­he, daß mich sei­ne Ana­ly­sen ziem­lich beein­druckt, wenn auch nicht rest­los über­zeugt haben. Hier war ein wahr­haft Beses­se­ner am Werk, der buch­stäb­lich jedes ein­zel­ne Wort der Sonet­te zer­kaut und durch­leuch­tet hat.

Whit­tem­ores Schlüs­sel sieht so aus: Der Dich­ter, des­sen “Ich” in den Sonet­ten spricht, ist Oxford; der Jüng­ling ist “Hen­ry Wrio­thes­ly” – nicht der Gelieb­te, son­dern der Sohn des Dich­ters; die “Dark Lady” ist Köni­gin Eli­sa­beth; der “Rival Poet” ist das Alter Ego “Wil­liam Shake­speare”, des­sen Name de Veres eige­nen erset­zen und aus­lö­schen wird. Das zen­tra­le The­ma des bis ins kleins­te Detail durch­kom­po­nier­ten Sonet­te-Zyklus sei die Fra­ge der Thron­fol­ge, ihr his­to­ri­scher Kern die “Rebel­li­on” des Earl von Essex im Jahr 1601, die angeb­lich das Ziel hat­te, die Herr­schaft des Cecil-Klans zu bre­chen und Eli­sa­beth zur Aner­ken­nung Wrio­thes­lys zu bewegen.

Folgt man der “Prinz Tudor”-Theorie, so lag das Motiv der Ver­schleie­rung der Iden­ti­tät Shake­speare-Oxfords viel tie­fer als etwa in der Abwen­dung der Schmach einer nicht-stan­des­ge­mä­ßen Betä­ti­gung oder einer homo­se­xu­el­len Bezie­hung (was Joe Sobran annimmt). Edward de Vere als “Shake­speare” wäre dem­nach auf­grund einer hoch­po­li­ti­schen Intri­ge, in der das König­reich selbst auf dem Spiel stand, aus der Geschich­te verschwunden.

Und das ist noch immer nicht alles. Es kommt noch dicker: Die nächs­te Stu­fe der Tudor-Theo­rie geht davon aus, daß auch de Vere ein Sohn Eli­sa­beths war, mit­hin, daß Wrio­thes­ly durch Inzest gezeugt wurde.

Ich gebe zu: Das alles klingt auf den ers­ten Blick wie eine völ­lig abstru­se “Ver­schwö­rungs­theo­rie”, aber ich schwö­re, daß sie immer plau­si­bler wird, je tie­fer man in den Oxford’schen Kanin­chen­bau hin­ab­steigt. Ich neh­me es aber kei­nem Leser übel, wenn er mich jetzt für voll­ends bekloppt hält. Ich kann hier­zu nur Shake­speare selbst zitie­ren: Es gibt mehr Ding’ im Him­mel und auf Erden, als Eure Schul­weis­heit sich träumt!

Zum Schluß noch ein paar Wor­te zu den Sonetten.

Die­se außer­or­dent­lich raf­fi­nier­ten und kunst­fer­ti­gen Gedich­te Shake-Speares sind mit weni­gen Aus­nah­men, die sich “uni­ver­sell” aus­le­gen las­sen, noto­risch mys­te­ri­ös, wenn nicht teil­wei­se völ­lig unver­ständ­lich. Aus die­sem Grund gibt es bis heu­te kei­ne wirk­lich befrie­di­gen­de deut­sche Über­set­zung: All­zu oft gewinnt man den Ein­druck, daß sich die Über­set­zer selbst nicht ganz im Kla­ren waren, was sie da eigent­lich über­setzt haben.

Ste­fan Geor­ge, der 1909 eine kom­plet­te “Umdich­tung” ver­öf­fent­lich­te, nann­te die “Anbe­tung vor der Schön­heit und den glü­hen­den Ver­ewi­gungs­drang” im Zei­chen der “welt­schaf­fen­den Kraft der über­ge­schlecht­li­chen Lie­be” als eigent­li­chen “Gehalt” der Sonet­te. Die­se Deu­tung ent­sprach frei­lich ver­däch­tig sei­nem eige­nen poe­ti­schen Programm.

Karl Kraus ver­ab­scheu­te Geor­ges Fas­sung der­art inbrüns­tig, daß er 1933 eine eige­ne Gesamt­über­set­zung der Sonet­te ver­öf­fent­lich­te, die er expli­zit als Ant­wort auf die “Denk­mal­schän­dung” des ver­meint­li­chen “Hohe­pries­ters” ver­stan­den haben wollte.

Bei­de Über­set­zun­gen haben ihre Vor­zü­ge und Schwä­chen, so rich­tig über­zeu­gend ist jedoch weder die eine noch die ande­re. Hier ist zum Bei­spiel der Anfang mei­nes per­sön­li­chen Lieb­lings-Sonetts (II):

When for­ty win­ters shall besie­ge thy brow
And dig deep tren­ches in thy beauty’s field,
Thy youth’s proud livery, so gazed on now,
Will be a tat­te­red weed, of small worth held.

Geor­ge macht daraus:

Bela­gern vier­zig win­ter dei­ne brauen
Ziehn grä­ben tief in dei­ner schön­heit flur:
Ist dei­ner jugend putz: heut ein gestaun
Dann eine wert­los ris­si­ge hül­le nur.

Und nun Kraus (der das Wort “gestaun” beson­ders lächer­lich fand):

Dir wird, wenn in die Jah­re du gekommen
und Fal­ten fur­chend durch dein Ant­litz ziehn,
Erinn­rung jener Schön­heit wenig frommen,
die schnel­ler als die Zeit dir ging dahin.

Kraus hat allen Erns­tes das stärks­te und schöns­te Bild des Sonetts, die “Bela­ge­rung durch vier­zig Win­ter”, fal­len gelas­sen, eben­so wie den Kon­trast zwi­schen “proud livery” und “tat­te­red weed”!

Der Punkt geht ein­deu­tig an George!

– – –

Fort­set­zung folgt im drit­ten und letz­ten Teil die­ses Beitrags.

 

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (50)

Koek Boeri

12. Januar 2022 08:59

Anne Hathaway (Shaksperes Ehefrau, die das “zweitbeste Bett” geerbt hat)

 

Anne Hathaway? Will hatte sicherlich einen guten Geschmack.

ML: Das mußte ich jetzt gugeln!

Ein Fremder aus Elea

12. Januar 2022 09:35

Ich würde etwas vorsichtig mit der verwendeten Methode der Deduktion sein: Zwar ist es wahrscheinlich, daß es gewisse Überschneidungen von Biographie und Werk eines Künstlers gibt, aber zum ersten variiert ihre Menge, bei Richard Wagner viele, beispielsweise, bei Karl May wenige, und zum zweiten wird sich immer irgendjemand finden, wenn man alle Zeitgenossen unter die Lupe nimmt, dessen Leben mehr Überschneidungen aufweist als das des Autors. Hinzu kommt noch, daß ein Künstler ja das Leben einer zeitgenössischen Berühmtheit zum Vorbild nehmen kann, und so wie Sie es beschreiben, war der Mann zu seiner Zeit berühmt-berüchtigt.

Mich überzeugen da die Ovidübersetzungen schon mehr.

Koek Boeri

12. Januar 2022 10:43

ML: Das mußte ich jetzt gugeln!

 

Ich auch! Ich hatte eben keine Ahnung, dass die Ehefrau von W.Sh. die vollständige Namensvetterin der amerikanischen Filmschauspielerin war.

Koek Boeri

12. Januar 2022 11:02

Im Doku-Film "Shakespeare: The Man Behind the Name" hat man gesagt, dass Graf von Oxford wahrscheinlich bisexuell war. Und dass in einigen Werken von Shakespeare auch die Bisexualität zu spüren ist.

Dort sagte man auch, dass Edward de Vere nach Italien und Frankreich gereist hat, mit dem italienischen Theater dell´Arte sovie mit den Bräuchen des Carnеvals in Venedig gut bekannt war, viele Italiener persönlich gekannt hat und auch Italienisch sprechen konnte. Doch Shakespeare, und die die Handlung vieler seiner Werke spielt ja gerade in Italien, hatte keine Ahnung von Italienern oder der italienischen Kultur, kannte die italienische Sprache nicht, usw.

RMH

12. Januar 2022 11:38

Überzeugt!

Gibt es auch einen deutschen Autor, dessen Werke in Wahrheit von jemandem anderen stammen? Und ich meine damit nicht A. Baerbock & Co., sondern namhafte Autoren, deren Werke echte Bedeutung haben.

Laurenz

12. Januar 2022 13:20

@ML

Danke Ihnen erstmal für einen Einblick in eine Welt, die nicht so meine ist. Da diese WS-Werke aber auch von historischer Bedeutung außerhalb der Literatur sind & in einer spannenden Zeit geschrieben & produziert wurden, finde ich diese Rätsel- oder vielleicht auch Krimi-Geschichte doch anziehend.

@Koek Boeri

In der TerraX-Doku verstand ich das zweitbeste Hemd.

@RMH

"Überzeugt"

Ich finde diese beiden Artikel auch sehr überzeugend, wobei der bekannte britische Historiker, der in der TerraX-Doku zu Wort kommt, darauf hofft, daß man außerhalb Britanniens, zB in Italien noch Dokumente zu Shakespeare findet, die mehr Licht ins Dunkel bringen.

"Falsche Autorenschaft"

Da ich von Literatur nicht wirklich Plan habe, kann ich Ihnen nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit ans Herz legen. Bei Mozart nannte ich schon die Vermutung, daß auch Mozarts Schwester und Mozarts Namen veröffentlichte. Bachs 2te Frau, Anna Magdalena Bach, war Sopranistin & kopierte Noten Ihres Mannes. Hier steht, Sie habe nicht komponiert 

https://musikkoffer-sachsen-anhalt.de/musik-leben/bach-anna-magdalena-1701-1760/#:~:text=Anna%20Magdalena%20Bach%20hat%20nicht,Ausgabe%2C%20Serie%20V%2C%20Bd.

Ich erachte das als unwahrscheinlich. Jemand, der so tief in der Musik steckt, debattiert zumindest Arrangement & Melodieverlauf.

Kriemhild

12. Januar 2022 14:24

Angesichts der aktuellen Lage fiel es mir ein wenig schwer, mich auf diesen zugegebenermaßen großartigen Beitrag intellektuell einzulassen ... immer in Erwartung, dass in Teil 3 noch ein Bogen zur Aktualität gespannt wird.

Adler und Drache

12. Januar 2022 15:41

@Fremder aus Elea:

 

Karl May ist in seinen Werken persönlich so präsent wie wohl kein anderer Autor. Die (nur teilweise) exotische Staffage ist notdürftige Verkleidung.   

Maiordomus

12. Januar 2022 17:34

Wer auf diesem Gebiet zum wirklich Mitreden auf dem Niveau der hier nötigen Forschung wäre, für den könnte Herumgoogeln eigentlich kaum der sich aufdrängende Ansatz sein. 

Laurenz

12. Januar 2022 17:43

@Adler und Drache @Fremder aus Elea

"Karl May ist in seinen Werken persönlich so präsent wie wohl kein anderer Autor"

Nur formal & vielleicht in Seinen Spätwerken.

Der Mann oder die Männer, welche Er in Seinen Büchern mit "Ich" oder auch manchmal in der 3. Person benennt, haben mit dem Autoren, als Menschen, nicht das geringste zu tun. Auf Orientreise (ab 1899) brach Er deswegen mehrmals zusammen & hatte viele depressive Phasen, im Grunde schon alleine wegen des Essens.

Er war wohl der größte Hochstapler aller Zeiten & das macht ja auch nichts, wenn man das weiß.

Der_Juergen

12. Januar 2022 20:04

Ein wirklich schöner und tiefgreifender Artikel, der Vorfreude auf den dritten Teil erweckt. Ich begreife den Foristen nicht, der in einem Kommentar zum ersten Teil schrieb, dergleichen sei gegenwärtig "nicht aktuell". Wollen wir den Covid-Verbrechern wirklich erlauben, unser ganzes Leben und Denken zu beherrschen?

H. M. Richter

12. Januar 2022 20:35

@Maiordomus

"Wer auf diesem Gebiet zum wirklich Mitreden auf dem Niveau der hier nötigen Forschung wäre, für den könnte Herumgoogeln eigentlich kaum der sich aufdrängende Ansatz sein."

***

Es spricht durchaus nicht für mangelnde Fachkenntnis, wenn ein Shakespeare-Forscher zwar die Anne Hathaway des ausgehenden 16. Jahrhunderts kennt, nicht aber jene des späten 20. Jahrhunderts, selbst dann nicht, wenn er zugleich ein ausgewiesener Film-Experte ist ...

ML: Gugeln steht zu Unrecht in schlechtem Ruf!

HWalter

12. Januar 2022 21:11

Vielleicht war Shakespeare einfach nur Shakespeare?

Literaten bewegen sich häufig im Hintergrund.

Oder kann man mir einen einzigen Menschen nennen, Politiker oder Fernseh-Moderator, dessen Buch nur den geringsten literarischen Wert hat? Ich möchte Sarrazin dabei gar nicht ausschließen. Ich habe sein Buch "Deutschland schafft sich ab" nicht zu Ende gelesen. Alles was er schrieb, war mir bekannt. Ich glaube er wollte mich mit langweiligem Bürokratendeutsch zu Tode quälen.

Gracchus

12. Januar 2022 23:08

Ich bin noch überhaupt nicht überzeugt. Um aber fundiert Stellung zu beziehen, müsste ich mich in die "Prozessakte" erst einlesen. Mir gefällt besser, wenn man nicht so genau weiß, wer "Shakespeare" war. Weiss man ja bei Gott auch nicht. Ausserdem klingt an einer Stelle die von @kikl aufgebrachte, von ML vehement verworfene Kollektivthese bzw. Werkstatthese an. 

 

 

frdnkndr

12. Januar 2022 23:44

'Wollen wir den Covid-Verbrechern wirklich erlauben, unser ganzes Leben und Denken zu beherrschen?'
 

Keinesfalls - auch wenn es von Zeit zu Zeit arg schwerfallen mag.

Vielen Dank an Martín Lichtmesz für diese wunderbare ,Ablenkung', die einem unter anderem eben auch sehr einprägsam vor Augen führt, wie ekelhaft kleingeistig die Dinge, die aktuell unser aller Leben viel zu sehr in Beschlag nehmen, im Grunde genommen doch eigentlich sind.

links ist wo der daumen rechts ist

13. Januar 2022 05:16

Verschwörungen, Verstrickungen 1

 

Im ersten Absatz von Teil 1 hieß es:

„… sondern bot auch einige unerwartete Lektionen für unseren heutige Lage.“

Man darf also gespannt auf den dritten Teil sein.

Einiges ist auch jetzt schon unübersehbar.

Natürlich geht es bei all dem auch um die Legitimität alternativer Deutungen (ohne Denunziation als „Verschwörungstheorien“) jenseits etablierter Narrative oder Meistererzählungen. Und dabei auch um den alten konservativ-progressiven Gegensatz einsames Genie (Dichtung) vs. Autorenkollektiv (Texte) bzw. um die Frage von Autorschaft und Subjektivität vs. Strukturen.

Und wie dieses Verhältnis eines Bedingt-Bedingenden (Kind seiner Zeit, das diese Zeit gestaltet) in ein rechtes Maß gebracht werden kann, findet sich u.a. sowohl bei Sartre (Baudelaire, Genet, Flauberts „aktive Passivität“) als auch im sogenannten New Historicism (Stephen Greenblatt mit Foucault als Vorläufer).

ff

 

links ist wo der daumen rechts ist

13. Januar 2022 05:18

Verschwörungen, Verstrickungen 2

 

Eine Schrift, an die ich die ganze Zeit denken mußte (und sie führt wieder ins Elisabethanische Zeitalter zurück) sei noch erwähnt, Carl Schmitts „Hamlet oder Hekuba. Der Einbruch der Zeit in das Spiel“.

Schmitt greift darin die These einer Autorin, dessen Buch seine Tochter Anima übersetzt hatte, auf, daß es sich nämlich bei Hamlet um eine Anspielung auf Jakob I handle, Sohn von Maria Stuart, unter der Fittiche Elisabeths aufgewachsen und nach ihrem Tod ihr Nachfolger.

An der Oberfläche geht es um die dem damaligen Publikum vertrauten historischen Hintergründe, die im Drama zum (überzeitlichen) Mythos werden.

Aber wie Schmitt dabei wieder einmal die Tiefenstrukturen seines Rechtfertigungs- und „Verstrickungstraumas“ verbirgt und „entbirgt“, ist ein eigenes Vergnügen.

ML: Nicht nur die Oxfordianer gehen davon aus, daß viele Shakespeare-Stücke verschlüsselte Zeitkommentare sind. "Hamlet" ist allerdings schon lange vor der Thronbesteigung Jakobs I. verfaßt worden. Oxfordianer sehen in Hamlet vor allem de Vere selbst und seine seltsame Position als zugleich Out- wie Insider am elisabethanischen Hof.

RMH

13. Januar 2022 07:42

Für mich war "die halbe Miete" bei den Ausführungen, warum der historische Stratfordianer nicht der Autor sein kann, das Grabmal des W. S.

Wenn bei einem Grabstein dem hier dargestellten Verstorbenen ein Sack in die Hände gelegt wird, der offenbar auch noch im Tode fest und sicher gehalten wird, darf man davon ausgehen, dass hier alles andere als ein Schöngeist liegt sondern ein sehr materiell Veranlagter.

Wenn man davon ausgeht, dass diese historische Person W.S. es nicht war, der die Stücke und Sonette geschrieben hat, dann hat man natürlich das Problem zu sagen, wer es denn dann war. Bei Zugrunde legen der Ausführungen von M.L. sprechen dann gute Gründe für E.d.V. - ob er es dann aber auch wirklich war, das wird sich vermutlich nicht mehr wirklich definitiv klären lassen, es sei denn, es passiert noch irgend ein Zufallsfund. So ist das eben mit den Hypothesen. Mich überzeugen die bisherigen Hypothesen, Überzeugung heißt aber wie Glauben eigentlich nicht gleich Wissen (Was weiß man schon wirklich? Das man nichts weiß. In der Bibel gibt es die bekannte Stelle in Hebräer 11, "Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht". Damit will ich die Debatte aber nicht ins Religiöse heben).

Ein Fremder aus Elea

13. Januar 2022 08:24

Maiordomus,

Googlen oder nicht googlen, entscheidend ist die Textanalyse. Wenn jemand was unter seinem Namen geschrieben hat und auch was unter Pseudonym, und damit meine ich natürlich keine Schulaufsätze oder Inventurlisten, kann man schon sehen, ob es der gleiche Autor gewesen sein könnte oder geradezu gewesen sein muß.

Ich weiß nicht mehr genau, was mich von Bacon überzeugt hat, es liegt zu lange zurück, aber ich erinnere mich daran, daß ich die Verwendung des Begriffs nature in King Lear und Hamlet für verdächtig hielt, daß dahinter eine ganze Obsession stand, eine weltanschauliche Rebellion, genauer gesagt die Auffassung, daß jeder die natürliche Ordnung empfinden kann und sie die beste ist.

Andererseits erinnere ich mich noch genau daran, was an Damaskios' Schriften unter seinem Namen mit dem Koran übereinstimmt: Unbekanntheit Gottes jenseits seiner Einheit, jedoch Gnade etc. zulässige Attributierungen, Wut als probates Mittel der Korruptionsbekämpfung, Aristoteles' naturwissenschaftliche Kenntnisse, schwarzer Humor hinsichtlich Gewalt und Gerechtigkeit, Abscheu gegen die Verstellung der Bischöfe.

Gracchus

13. Januar 2022 10:27

Was mich vorderhand skeptisch stimmt: 

1. Blumenberg erzählt, wie Wittgenstein Frege besucht. Aufgrund von Freges Schriften hat Wittgenstein ein genaues Bild, wie Frege aussehen muss. Frege öffnet ihm selbst, aber Wittgenstein hält ihn für den Hausdiener und fragt nach Frege. Frege: Ich bin's selbst. Wittgenstein entfährt es: Das kann nicht sein. 

ML: Immerhin war Frege noch am Leben und Wittgenstein konnte ihn persönlich kennenlernen. Zu Shakspere aus Stratford konnte niemand hinspazieren, und schauen, wie er wirklich ist. Analog zur Ihrer Anekdote ist doch eher das passiert: Ben Jonson et al haben im ersten Folio, lange nach dem Tod von Shakespeare oder "Shakespeare" eine bewußt falsche Spur gelegt, die erst in den folgenden 200 Jahren zu einem "Bild" (der bescheidene, aber geniale Barde aus Stratford) aufgebaut wurde. Als dann die Häretiker das Bild in Frage stellten, sagten die Orthodoxen: Das kann nicht sein. Aber sie haben niemals die Prämissen ihrer Vorstellung hinterfragt.

2. Motiviert ist die - mehr als 200 Jahre (!) später einsetzende - Suche nach dem "wahren" Shakespeare von rückprojizierten romantischen Erwartungen an ein Dichter-Genie.  

ML: Ganz im Gegenteil, der Kult des "Barden", der im 18. Jahrhundert begann, entstand aus der Sehnsucht nach einem Dichtergenie für das britische Königreich. Gerade der Stratford-Shakespeare hat eine romantische Vorstellung davon erzeugt, was ein "Genie" ist. Die Suche nach dem "wahren Shakespeare" entstand aufgrund der Dürftigkeit der Faktenlage und der Unzulänglichkeit dieses Bildes.

3. Der "Steckbrief" dürfte auf nicht wenige Personen der Epoche zutreffen.

ML: Genau das ist eben nicht der Fall, und der Steckbrief ist ja nur der Ausgangspunkt. Sobald die Spur gelegt war und ein neues Paradigma ins Blickfeld kam, tauchten immer mehr Evidenzen auf.

Looney hat evtl. zu viel Sherlock Holmes gelesen. Ich würde überprüfen, ob der Dramen-Autor tatsächlich über eine solche exorbitante Bildung verfügt haben muss. Damit ist m. E. auch nicht das Spezifische von Shakespaere getroffen, und Dichter sind auch Hochstapler, Romeo & Julia ausserdem kein Reiseführer durch Verona. Die Stärke Shakespeares liegt doch in seiner Imaginationskraft, die Figuren, Handlungen und Orte lebendig werden lassen. Plötzlich glaubt man an Elfen! War Shakespeare vielleicht Oberon?

ML: Das ist die "naive" Auffassung. Alle Imaginationskraft der Welt hätte nicht ein solch detailiertes Wissen über Italien hervorgebracht, wie man es eben bei Shakespeare findet.

Gracchus

13. Januar 2022 10:42

4. Der Haupteinwand gegen Edward de Vere - lese ich - ist, dass er bereits 1604 verstorben ist, viele Shakespeare Stücke aber aus der Zeit danach datieren. 

ML:Das ist ausführlich von den Oxfordianern beantwortet worden - die landläufigen Datierungen stimmen einfach nicht.

5. Woher weiss man, dass Bibel und Unterstreichungen von de Vere stammen? Und wie hoch ist die Übereinstimmung? Vielleicht werde ich auch noch als Shakespeare gehandelt, wenn wer meine Bibel-Unterstreichungen untersucht.

ML: Das habe ich doch im Text verlinkt. Finden sich Ihre Bibelanstreichungen denn im Werk von Shakespeare wieder? ;-)

6. Wie gesagt, gefällt mir, dass man nichts Genaues weiß. Das schneidet den elenden Biographismus ab; stattdessen kann man sich auf das Werk konzentrieren. 

ML: Das hat nichts mit "Biographismus" zu tun und kein Werk fällt einfach so vom Himmel und ist voraussetzungslos verstehbar, erst recht kein 400 Jahre altes Werk aus der englischen Renaissance, dessen Sprache allein schon einen erheblichen Aufwand seitens des Lesers fordert. Kein Dostojewski-Leser fand jemals die biographischen Parallelen zum Werk des Dichters unerheblich oder irrelevant; fast jeder "Fan" eines Werkes will auch etwas über den Autor wissen.

Maiordomus

13. Januar 2022 12:25

@Lichtmesz. Ihre Antworten zeigen, dass Sie sich weit über das für Journalisten Übliche mit der Materie befasst haben, was mich bei einem wie Sie nicht verwundert. Dennoch weiss ich aus eigener Forschung zur Renaissance-Epoche, dem bedeutendsten Forschungsprojekt meines Lebens, dass 40 Jahre Befassung für schwierige Fragen und das Niveau Weltspitze kein Luxus sind. Was Googeln betrifft, ist es heute im Vergleich zu vor 30 - 60 Jahren eine Entlastung, vor allem in Richtung Kleinigkeiten und Banalitäten (was immer auch dazu gehört) echt nützlich. Nichts geht aber über die Knochenarbeit am Text und im Archiv und bei biografischen Fragen Erkundungen vor Ort. So kann z.B. in der CH über Hintergründe des "wahren" Kerns zu Wilhelm Tell u. Winkelried niemand mitreden, der z.B. nicht "alles" weiss über die Namenkunde der Schauplätze. Da hilft auch ein Professorenrenommee nichts. Dies nur als Beispiel. 

Koek Boeri

13. Januar 2022 13:26

Tja, Scholochow ist weniger als vor vierzig Jahren gestorben, Tausende Dokumente sind erhalten, aber die Frage ob er wirklich der alleinige Autor des Nobelpreisromans "Der stille Don" war, bleibt ungelöst (und auch politisch umstritten). So ist es wenig wahrscheinlich, dass wir das Rätsel mit der Autorschaft von Shakespeare lösen können, wenn diese Ereignisse ja mehr als von 400 Jahre von uns entfernt sind-

Das wird fast ebenso rätselhaft bleiben, wie viele andere historische Geheimnisse, wie Troja, oder Atlantis (am Helgoland? mir persönlich gefällt diese These von Jürgen Spanuth, später von Britta Verhagen, einer meiner Lieblingsautorin, popularisiert), oder angebliche UFO-Sichtungen in der Bibel, und noch vieles mehr.)

 

Laurenz

13. Januar 2022 13:55

(1)

Nach dem Lesen der bisherigen Kommentare, möchte ich zum ersten die soziale Frage in den Raum werfen. Marlowe verdankte seine Ausbildung Stipendien, war aber auf Einkünfte angewiesen, der Er nicht nur aus Seinen Werken, die wohl direkt an Theater, im Mangel an Verlegern, verkauft wurden, sondern auch aus Seiner Tätigkeit für Walsingham rührten. (Walsingham hatte im Prinzip Sein ganzes Netz aus Seinem Eigenen Vermögen finanziert & hinterließ einen Haufen Schulden.) Von daher sind auch Marlowes offizielle Werke zuzuordnen. Auch de Vere konnte mit Geld nicht umgehen & überlebte materiell am Ende nur, weil er vom Thron eine jährliche Rente von 1k Pfund Sterling erhielt. Das Leben bedeutender Persönlichkeiten war damals äußerst gefährdet, inklusive das der Königin, selbst in ganz Europa ein Paria. Normalbürger konnten sich durch die falsche Religion gefährden, Bloody Mary ließ immerhin über 300 protestantische Ketzer verbrennen. De Vere duellierte sich desöfteren & hinkte wohl deswegen.

Laurenz

13. Januar 2022 14:08

(2)

Aus der sozialen Frage, die bestimmt, ob man seinerzeit als Autor öffentlich wird oder nicht, rührt die Bildungsfrage, explizit die Sprachkenntnisse. Hier ein Artikel aus der Zeit, der sich mit dem Wortschatz Shakespearces befaßt. 

https://blog.zeit.de/mathe/allgemein/shakespeare-wortschatz-mathe/

Der gewaltige Wortschatz Shakespearces rekrutiert sich eben nicht, wie viele Anglophile behaupten, aus der eher einfach strukturierten englischen Sprache, sondern aus vielen Sprachen. Desweiteren scheint Shakespeare Vergnügen an Wortkreationen gefunden zu haben, wie man dem Artikel entnehmen kann. Über 14k Worte benutzte Er jeweils nur 1x. Mit dem Vielschreiber & Autodidakten Karl May ist das insofern nicht zu vergleichen, weil Karl May 300 Jahre nach Shakespeare, auch im Knast, ganz andere Lehrmittel zur Verfügung standen. Ein Vergleich zu Karl May ist zulässig, Shakespeare konnte, wie Karl May, nur jemand sein, der sonst nichts zu tun hatte.

Koek Boeri

13. Januar 2022 15:51

Marlowe diente dazu noch in Secret Intelligence Service, egal wie er damals hiess. Übrigens, es gibt eine Version, dass Marlowe´s Tod (Mord) nur eine Inszenierung war, mit der Hilfe von Walsingham durchgeführt, und dass auch er ein Autor von "the works of Shakespeare" war (noch einer!).

ML: Der ganze Theaterbetrieb war durchsetzt von Spionen und "Stasi" und diente teilweise als Geheimdienst-"Front".

Amos

13. Januar 2022 18:16

- nur eine Frage: werden Sie sich auch der Wuhan- Labortheorie annehmen? Wir, verschwörungssüchtiger und demokratiefeindlicher Pöbel (N.F.), lechzen nach mehr!

Gracchus

13. Januar 2022 22:18

@ML

Ich schließe nicht aus, dass ich anders, d.h. so wie Sie, dächte, wenn ich mich durch die ganze Literatur zu dem Thema durchgewühlt hätte - bisher bleiben diese Evidenzerlebnisse aber aus: Wäre Ihre Theorie eine Brücke, würde ich sie eher nicht benutzen, um eine Schlucht zu überqueren. 

Ich vermute aber auch, dass am Ende noch genügend Restzweifel blieben, weil ich grundsätzlich an der Möglichkeit zweifele, die Sache aufzuklären. Auch die verlinkten Artikel reihen zunächst mal nur Hypothese an Hypothese. 

Die Frege-Anekdote funktioniert auch in Ihre Richtung: Sie und ihre Gewährsmänner können auch nicht zu de Vere hinspazieren, der sagt, ich war's.

Und woher wissen Sie denn, dass ihr Steckbrief nicht auf viele Zeitgenossen Shakespeares passte? Das ist doch kühn, so etwas zu behaupten - so, als hätten Sie alle Einwohner Londons gekannt. 

ML: Na lustig, woher nehmen Sie denn Ihre Behauptung, der Steckbrief würde auf unzählige andere Zeitgenossen de Veres zutreffen?

Gracchus

13. Januar 2022 22:37

Die Frege-Anekdote sollte veranschaulichen, dass die Suche nach dem Autor Shakespeare von Erwartungen geprägt ist, die das, was sie finden, determiniert. Wie ein Magnet ziehen die Erwartungen das an, was ihnen entspricht.

ML: Das kann man ja auch auf die Herangehensweise der Stratfordians anwenden. Trotzdem gibt es eine überprüfbare Wahrheit irgendwo dort draußen, und Wittgenstein mußte sich am Ende auch mit dem "echten" Frege abfinden, der seinen Erwartungen nicht entsprach. Die Aussagekraft dieser Anekdote ist also ziemlich begrenzt.

Und Imaginationskraft spielt dabei auch eine Rolle. Und es ist nicht "naiv" zu sagen, dass bei einem dichterischen Werk die Imaginationskraft die wesentliche Rolle spielt - was denn bitte sehr sonst? Sonst würde es zu uns Heutigen doch gar nicht sprechen. Und das ist doch das Verblüffende an Shakespeare, wie frisch und lebendig das Werk noch heute ist, und das teilt sich schon bei naiver Lektüre mit, sonst würde man sich doch weiter gar nicht damit befassen. 

Natürlich kann man sich für das Leben eines Autors interessieren, aber vom Leben auf das Werk oder umgekehrt vom Werk aufs Leben zu schließen, finde ich zweifelhaft. 

ML: Sie haben sich wohl noch nie mit dem Werk und Leben eines Autors und wie beides zusammenhängen mag wirklich beschäftigt. Und was heißt denn hier "auf das Leben schließen" oder "auf das Werk schließen"? Das ist zu unspezifisch.

ede

14. Januar 2022 00:50

Faszinierende Geschichte. Und mir geht es wie der schönen grünäugigen Kriemhild, ich bin ganz gespannt auf den letzten Teil.

Ich bin leider das traurige Gegenteil eines Shakespeare Kenners, aber das das Mysterium eine zeitgenössisch hochpolitische Dimension hat ist naheliegend. Gleiches gilt zeitlos auch für die Sexualität.

Apropos Krauss vs. George: Könnte die Kenntnis des Originals die Georgeversion "schönfärben"? Ich kann den Krauss besser verstehen.

ML: Das Original habe ich ja mitzitiert.

Ein Fremder aus Elea

14. Januar 2022 08:05

Wenn vierzig Winter deine Stirn belagern,
und tiefe Furchen zieh'n in deiner Schönheit Feld,
der Jugend Kleid, einst stolz, nun so zur Schau getragen,
wird sein verdorret Kraut, wert wenig Geld.

Hmm, was ich zur Textanalyse schrieb, muß ich sogar noch einschränken, denn niemand kann aus meinem üblichen Schreibstil ableiten, daß ich Shakespeare so übersetzen würde.

ML: Sehr gut, das ist besser als George und Kraus!

Kurativ

14. Januar 2022 15:41

Oxford scheint realistisch. Was sagt eigentlich die forensische/heuristische Sprachstil- und Wortanalyse? Ich kann mir auch vorstellen, dass die Stücke in den Theatern gesammelt und verändert worden sind. Es sieht aus, wie eine im Dunkeln liegende Entstehungsgeschichte, wie bei der christlichen Bibel oder beim Koran, mit den vielen Änderungen aus dem neuen kulturellen Kontext

Laurenz

14. Januar 2022 17:23

@Kurativ

"Es sieht aus, wie eine im Dunkeln liegende Entstehungsgeschichte, wie bei der christlichen Bibel oder beim Koran, mit den vielen Änderungen aus dem neuen kulturellen Kontext"

Der Vergleich hinkt auf allen Beinen. Es gab wohl kein Interesse des wahren Shakespeare öffentlich in Erscheinung zu treten.

Shakespeare lebte um die 100 Jahre nach Gutenberg, was einen epochalen Unterschied ausmacht.

Shakespeare nutzte historische Begebenheiten, wie später zB auch Goethe, um menschliche Beziehungswelten darzustellen, eher der antiken Tragödie ähnelnd.

Der Quran & das NT sind eher beschönigende Versuche das grundsätzliche Scheitern der wesentlichen Propheten zu beschönigen oder Klitterung zu betreiben. Aber um das zu verstehen, braucht man theologische Profis, die aber nicht auf der SiN verkehren.

Kurativ

14. Januar 2022 20:18

@Laurenz: Vielen Dank für die ausführliche Belehrung

Gracchus

14. Januar 2022 23:32

@ML

Ich habe überhaupt nicht Partei für die Stratfordians ergriffen; die Zweifel sind ja begründet. Ich glaube, dass man's nicht klären wird. Nach ihrem ersten Teil hatte ich, weil Sie sich so überzeugt gaben, erwartet, dass da mehr kommt, was für de Vere spricht. Na gut, ich gebe zu, Sie haben mich angefixt.

Den Steckbrief finde ich allgemein,

ML: Im Gegenteil, er ist sehr spezifisch und präzise.

und Sie schreiben, dass Cecil viele adlige Jünglinge unter seinen Fittichen hatte. Und die Beweislast, dass dieser Steckbrief nur auf de Vere passt, liegt doch bei Ihnen.

ML: Sie haben behauptet: 'Der "Steckbrief" dürfte auf nicht wenige Personen der Epoche zutreffen.' Woher haben Sie denn das Wissen, das zu behaupten? Auch für eine solche Aussage brauchen Sie Beweise und eine Ahnung von der Epoche. Sie können nun ja gern selbst zu forschen beginnen, und überprüfen, ob Ihre Intuition auch zutrifft. Die antistratfordianische Literatur von zwei Jahrhunderten hat dutzende Kandidaten durchdekliniert, und die Oxfordianer haben, so denke ich, ausreichend Beweise und Argumente geliefert, daß dieser Kriterien-Bingo nur auf eine einzige (uns bekannte) Person zutreffen kann.

Ausserdem ist nicht gesagt, dass der Autot selber diese Kenntnisse haben musste; er kann sie sich auch besorgt haben, wenn er sie für sein Stück brauchte. Sowas soll vorkommen. 

Dann macht mich stutzig, dass de Vere ein bunter Hund war, auch konfliktfreudig, eine Werkstatt unterhalten hat, auch Rivalen und Feinde hatte, wahrscheinlich wussten es auch die Schauspieler, aber niemand hat es ausgeplaudert? Auch nach seinem Tod nicht? Er hatte einiges auf dem Kerbholz, aber war, oh Wunder, so vorsichtig, dass niemand seine Autorschaft erfährt - bis auf einen gescheiterten Sektenprediger 250 Jahre später?

ML: Von was für einem "gescheiterten Sektenprediger" reden Sie denn jetzt? Es ist keine Hexerei und kein "Wunder", bei den Zeitgenossen finden sich unzählige Anspielungen über Oxfords Identität und Autorschaft. In den folgenden Jahrhunderten gerät er in Vergessenheit, niemand interessiert sich mehr für ihn. All dies ist jedenfalls ausführlich und detailiert beantwortet worden. Mein Artikel ist lediglich eine Einführung und eine Einladung. Sie müssen sich einfach in die Oxford-Literatur einlesen, angefangen bei meinen Links z. B., ansonsten urteilen und strohmännern Sie zu rasch.

Lausitzer

15. Januar 2022 07:12

Ich habe 0 Ahnung von Shakespeare und den Theorien um ihn aber finde die beiden Texte sehr spannend und freue mich auf den 3.

Einsiedler

15. Januar 2022 12:33

@frdnkndr:  Sie sprechen mir hier wirklich aus dem Herzen,  erlauben wir den Covid-Verbrechern nicht, unser ganzes Leben und Trachten zu beherrschen! 

@Martin Lichtmesz:  Herzlichsten Dank für Ihre faszinierenden Ausführungen.  Finden Sie nicht, dass dieses Thema evtl. für ein Kaplaken in Frage kommt?  Als Kontrast zu den "ekelhaft kleingeistigen Dingen, die aktuell unser aller Leben viel zu sehr in Beschlag nehmen."    (frdnkndr) 

Ein Fremder aus Elea

15. Januar 2022 15:13

Martin Lichtmesz,

ich denke, es ist fair zu sagen, daß das Werk Shakespeare's in England eine gewisse Protektion besitzt, daß es als staatstragend gilt, und es wäre sicherlich leichter zu erklären, warum das so ist, wenn es einen Autor oder mehrere Autoren besitzt, welche(r) seinerzeit als staatstragend angesehen wurden, da hat Gracchus schon Recht.

Gracchus

15. Januar 2022 15:18

@ML

Sie haben natürlich recht, dass ich - wie ich auch schon selber schrieb - selbst zu forschen beginnen müsste. 

Ich "strohmännere" aber nicht, wenn ich Fragen stelle. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es keine direkte Aussage eines Zeitgenossen, dass de Vere der wahre Autor sei, es handelt sich um Anspielungen, die man so interpretieren kann. 

Zu Looney: Laut wikepedia war er Führer einer kurzlebigen Comte-Kirche; nach deren Scheitern hat er sich auf die Suche nach dem "wahren" Shakespeare begeben. 

Gracchus

15. Januar 2022 15:55

Noch dies: Ich habe mich durchaus mit Leben und Werk von Schriftstellern beschäftigt. Ich glaube, was @links zu C. Schmitt gesagt hat, trifft sehr häufig zu: ein Autor ver- und entbirgt sich gleichermaßen in seinem Werk. 

Ein Beispiel, das mir gerade einfällt: Dem großen amerikanischen Lyriker Wallace Stevens wird nachgesagt, kurz vor seinem Tod zum Katholizismus konvertiert zu sein. Das behauptet der Krankenhaus-Seelsorger, der ihn getauft haben will. Die Familie wusste nichts davon. Wer das Werk von Stevens kennt, wird überrascht sein, es aber auch nicht ganz ausschließen; das Werk ist postchristlich, atheistisch, aber religiös musikalisch; verficht grob gesagt eine modernistisch Kunstreligion. Nun, nach meinen "google"-Recherchen kann ich den Fall nicht entscheiden.

Laurenz

15. Januar 2022 22:14

@Gracchus

"Wer das Werk von Stevens kennt, wird überrascht sein"

Das, was Sie hier in den Raum stellen, unterliegt der Maßgabe unter welcher ein Autor schreibt. Schreibt er aus dem Kopf, dem Bauch oder einem ihn beseelenden energetischen Geist heraus?

An Tolkiens Werk ist nichts katholisch, außer die Unterscheidung von Gut & Böse, Licht & Dunkel.

Man würde rein aus dem Lesen von Tolkiens Werken, der die Namen seiner Zwerge wortwörtlich aus der EDDA abschrieb, nicht unbedingt auf die Idee kommen, daß es sich um einen seltenen Katholiken in England oder Wales handelt.

kikl

16. Januar 2022 08:51

Es ist versöhnlich, dass meine Werkstatt-These zumindest als plausible Hypothese aufgegriffen wird, zumal es in der damaligen Zeit üblich war. 

Ich gebe zu, dass ich mich mit der Biographie des Earl of Oxford nicht ausgiebig beschäftigt habe. Ich gebe im Folgenden also nur meinen subjektiven Eindruck wieder.

Auf mich wirkt die Biographie Edward de Veres so, als ob sie aus einem Historien-Roman von Alexandre Dumas entsprungen wäre. Mit diesem Helden mag sich jeder Mann identifizieren und die weiblichen Leser, werden sich in ihn verlieben. Im Englischen nennt man eine derartige Figur "larger than life"; sie ist eine Projektionsfläche für unsere Wünsche.

Das bedeutet nicht, dass ich die These verwerfe, aber die emotionale Verführungskraft dieser Figur könnte uns bei der nüchternen Analyse im Wege stehen.

kikl

16. Januar 2022 09:31

Ich stelle jetzt mal, wie ich es mir vorstellen kann.

Die Dramen Shakespeares (die Sonette sind ein anderes Thema) wurden im Auftrag Shakespeare von einer Theaterwerkstatt erschaffen, mit der er eng zusammenarbeitete. Diese Werkstatt umfasste Größen wie Marlow und de Vere.

ML: Und "Shakespeare" wäre in dieser Theorie der Mann aus Stratford? Es ist undenkbar, dass ein Bürgerlicher "Auftraggeber" eines Adeligen vom Range de Veres war. Und wenn er eine reale Person war, die auch wirklich so hieß, und noch dazu die Stücke mit diesem Namen zeichnen läßt, hätte er die staatlichen Repressalien volle Wäsche aufs Dach bekommen.

Die Autoren waren allesamt zur Verschwiegenheit über Ihr Tun motiviert, weil sie drastische staatliche Repressalien für ihre politischen Anspielungen in den Dramen fürchteten. Deshalb war diese "Verschwörung" so erfolgreich.

Die Dramen wurden als Dramen Shakespeares veröffentlicht, weil die Autoren nicht genannt werden wollten, weil die Reputation seines Theaters sehr groß war und weil Shakespeare nach damaligem Recht der rechtmäßige Besitzer der Dramen war. Das Werk ging an den Auftraggeber über, wenn er die Autoren vergütet hatte.

Später hat man die "Dramen Shakespeares" fälschlicherweise als Hinweis auf Shakespeare als Autor fehlinterpretiert. So wurden aus den für Shakespeare die von Shakespeare erschaffenen Dramen.

kikl

16. Januar 2022 11:29

@ML:

"Es ist undenkbar, dass ein Bürgerlicher "Auftraggeber" eines Adeligen vom Range de Veres war."

Da gilt der alte Spruch: Bargeld lacht. Für einen ordentlichen Betrag wird der Adelige de Vere seine Dünkel beiseite geschoben haben.

ML: Na, das ist jetzt aber grober Unfug. Das hatte de Vere nicht nötig, denn er war mit einer üppigen Erbschaft ausgestattet, und bekam im späteren Jahren eine beträchtliche jährliche Pension von Königin Elisabeth ausgezahlt. Er war zudem Dichter und Literat aus Leidenschaft, der notorisch unbekümmert mit Geld umging. Shakspear aus Stratford hingegen war zwar in späteren Jahren relativ wohlhabend, aber alles andere als ein Krösus, der hochrangige Adelige als Angestellte hätte beschäftigen können, was aufgrund der starken Klassenhierarchien ohnehin undenkbar war. (Umgekehrt ist de Vere sehr wohl als "Chef" etlicher Autoren, die er als Sekretäre usw. beschäftigt hat, nachweisbar). Nach der orthodoxen Lehre war er nichts weiter als ein aufstrebender Schauspieler als er nach London kam, wie soll er denn in so kurzer Zeit zu so viel Geld gekommen sein?

"Und wenn er eine reale Person war, die auch wirklich so hieß, und noch dazu die Stücke mit diesem Namen zeichnen läßt, hätte er die staatlichen Repressalien volle Wäsche aufs Dach bekommen."

Die Existenz Shakespeares und des Globe-Theaters scheint gesichert zu sein.

ML: Sie haben offenbar immer noch nicht den Punkt der Debatte verstanden: Shakspere aus Stratford war eine reale Person, aber: hat er auch die mit "Shakespeare" gezeichneten Werke verfaßt? Dafür gibt es keine direkten Beweise.

Als Bürgerlicher hatte er weit weniger zu verlieren als die Adligen und da er einen niedrigen Rang hatte stellte er keine reale Gefahr für den Hof der Königin dar. Insofern hatte er weit weniger zu befürchten als der Earl.

ML: Es ist doch genau umgekehrt. Als Bürgerlicher hatte er buchstäblich seinen Kopf zu verlieren, während de Vere als "Insider" des Hofes sich etliche Dinge erlauben konnte, die andere das Leben gekosten hätten.

kikl

16. Januar 2022 14:18

@ML:

"...in späteren Jahren war er hoch verschuldet und hatte ständig Geldsorgen."

"Na, das ist jetzt aber grober Unfug. Das hatte de Vere nicht nötig, denn er war mit einer üppigen Erbschaft ausgestattet..."

Was denn nun? Mir scheint Geldgier eine universelle menschliche Schwäche zu sein so ähnlich wie die Gier nach Macht.

ML: "Sie haben offenbar immer noch nicht den Punkt der Debatte verstanden: Shakspere aus Stratford war eine reale Person, aber: hat er auch die mit "Shakespeare" gezeichneten Werke verfaßt? Dafür gibt es keine direkten Beweise."

Da sind wir uns doch einig.

Ich denke, die Queen ist weit rücksichtsloser mit Menschen umgegangen, die ihre Macht gefährdeten. Den Kopf hat sie daher erst recht hochrangigen Adligen abgeschnitten, ihrer Mutter Anne Boleyn ist es ja genauso ergangen. Einen Shakespeare hat sie nicht gefürchtet.

Laurenz

16. Januar 2022 16:12

@Kikl @ML

"Königin Elisabeth I"

Lisbeth I war vom Papst exkommuniziert. Damit war ihr Leben keinen Pfifferling wert. Jeder Katholik hatte das Recht, sie einen Kopf kürzer zu machen. Sie verstehen, daß sich in solch einer Situation kein Potentat hier Schwächen leisten konnte & dann spielte es auch keine Rolle, ob ein mit den Katholiken arbeitender Kollaborateur adlig, bürgerlich oder leibeigen war.

Am Tode Anne Boleyns ist im Prinzip auch der Papst schuld, weil Heinrich VIII sie anders nicht loswerden konnte. Wäre eine Scheidung durchgegangen, hätte Anne Boleyn irgendeinen verarmten Adligen geheiratet.

Die politische Frage, warum Lisbeth intern auch mehrheitliche Unterstützung erfuhr, wie auch nicht heiraten konnte, liegt einzig in der englischen Souveränität begründet. Man wollte zu diesem Zeitpunkt weder einen ausländischen König noch sonst in irgendwelche kontinentalen Abhängigkeiten geraten. War man doch gerade erst die nervige Hanse in London (1598) losgeworden.

Was1NiceSeite

16. Januar 2022 19:14

Man sollte vielleicht einmal Innehalten, durchatmen, und das Reflektieren anfangen, wo man im Leben falsch abgebogen ist, wenn einem Roland Emmerichs Werk plötzlich als intellektuelle Avantgarde erscheint...

ML: Vielleicht sollte man auch anfangen zu lesen, was ich über "Roland Emmerichs Werk" geschrieben habe, bevor man geistreich sein will.

Was1NiceSeite

16. Januar 2022 21:01

@ML: Und doch steht am Ende die gleiche Pointe. 

ML: Welche "Pointe"? Und die "gleiche Pointe" von was?

Koek Boeri

17. Januar 2022 04:38

Man wollte zu diesem Zeitpunkt weder einen ausländischen König noch sonst in irgendwelche kontinentalen Abhängigkeiten geraten.

 

Rein ethnisch gesehen, ist England seit 1066 von den Fremden regiert. "Englische" Könige/Königinnen waren seitdem Franzosen, Schotten, Holländer und Deutsche. Aber das Papsttum war im 16. Jahrhundert sehr unpopulär und deswegen von Engländern abgelehnt.

Laurenz

17. Januar 2022 07:21

@Koek Boeri

"Rein ethnisch gesehen, ist England seit 1066 von den Fremden regiert. "Englische" Könige/Königinnen waren seitdem Franzosen, Schotten, Holländer und Deutsche. Aber das Papsttum war im 16. Jahrhundert sehr unpopulär und deswegen von Engländern abgelehnt."

Ich nehme/beziehe dazu unter dem 3. ML-Artikel Stellung. Allerdings darf ich Ihnen hier entgegen halten, daß der europäische -, also meist deutsche Adel sich schon immer in einem Anywhere-Status befand, also die Herkunft in Anbetracht des Machterhalts oder -zuwachses hintenangestellt wurde. An Käuflichkeit ist das heutige britische Königshaus wohl kaum zu überbieten. 

Tony Robinson (der Adlatus von Blackadder) & Sein Team wiesen übrigens mit aller Wahrscheinlichkeit nach, daß die Thronfolge in Britannien illegitim ist. Ganz witzig gemacht, siehe hier https://youtu.be/Euc1JskB7Uo

https://youtu.be/Euc1JskB7Uo

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