Mein Überengagement (bei den nun großen Kindern noch sehr stark ausgeprägt) rührte ganz simpel gesagt
a) aus meiner Lebensbegeisterung,
b) aus Ehrgeiz.
Gleich wird es vom Konkreten/Privaten zum Generellen/Politischen gehen. Langsam!
Zum Konkreten a): Die vielen Kinder habe ich vor allem aus Überschwang bekommen. Das könnte man länger und theoretisch ausführen, ich mag hier stark einkürzen: Ich war von Kindheit an ein „intensiver“ Mensch. Schon in meinen frühesten Erinnerungen kannte ich keine Stimmungen der Langeweile, der Lethargie, ich war eigentlich immer „on fire“.
Selbst in meinen introvertierten Phasen (die es gab, viele Monate ohne Kontakt zur Außenwelt) feuerwerkte es eben innerlich. Es gab immer einen Drang, ein Wissenwollen, Ausprobierenwollen, ein Austesten der Grenzen. Als Pubertier war ich (unter anderem) elektrisiert von Julius Evolas Die Große Lust. Die Metaphysik des Sexus.
Nach 16jährigem engen Kontakt mit der nachkonziliaren katholischen Kirche – also als Kind von Katholiken und als “Marienschülerin” – war ich doch lieber neoheidnische „Evolianerin“ geworden. (Ein mehrjähriger Bruch mit der Una Sancta, der wohl kaum erklärungsbedürftig ist. Das traditionelle Christentum und die Hl. Messe aller Zeiten lernte ich erst im 21. Jahrhundert kennen. Manchmal beschimpfe ich mein katholisches Mädchengymnasium innerlich dafür, daß es mich nicht mal den Rosenkranz lehrte, aber mir Besinnungsstunden zu kitschiger Musik anbot.)
Noch in der Sezession 24/2008 (damals längst wieder im heimischen Hafen der ewigen Kirche angelandet) hatte ich Julius Evolas Sexus – Buch einen langen Text gewidmet. Kurz gesagt und „evolianisch“:
Ich wollte Kinder, möglichst viele, weil ich das Leben selbst so liebte. Weil ich schier besoffen war von all den Gedanken, Ideen und Möglichkeiten, die unsereins hier auf Erden geboten werden. Ich war so gerne Kind und jugendlich und früherwachsen gewesen, ich war unglaublich daseinstrunken. Ich wollte Nachkommen haben, denen ich das alles bei- oder nahebringen könnte: das Wissen, die Gefühle, die Menschen, die Tiere und die Pflanzen, das Hemmende und das Mögliche, das Große Ganze, die Vielfalt und ihre Miesmacher, die Freude am Kampf, diese unglaubliche Lust am Leben.
Konkret b) Und ja, ich wollte die Kinder nie einfach fröhlich-anarchisch vor sich hinwuchern lassen. Bei aller Sympathie für solche „freien“ Entwürfe: Wer (wie ich) aus kleinen Verhältnissen kommt, hat die Zügel gern streng in der Hand. Bei uns gab/gibt es deshalb: Übungszeiten für die Instrumente. Sportvereinspflicht bis zum 15. Lebensjahr (in unserem Fall: Turnen, Handball, Ringen, Federball, Schwimmen, Boxen).
Bei uns gibt es gewisse Verhaltensregeln. Aber nach unserem eigenen Gusto: Die Kinder dürfen sich relativ frei bewegen, Nächte durchmachen, trampen, losziehen (allein zum Polarkreis, zu dritt durch Kroatien, dann in Georgien unterwegs, in den Pyrenäen, durch die Türkei und natürlich quer durch Deutschland, immer ohne Eltern, auch die Mädchen immer für sich, bloß Marokko haben wir ihnen verboten).
Wichtig: Loyalität zur Familie. Bei Dissens Rede & Antwort stehen. Gefrühstückt wird um acht, “Versacken” wird nicht geduldet. Es gab neben Freiheiten also auch Bedingungen. Wir haben und hatten das Bedürfnis, die Kinder an klassische Musik, Literatur, Kultur überhaupt heranzuführen. Wenn ein familiärer Ausflug ins Museum/Theater geplant ist, gibt es keine Ausreden, zuweilen wird hinterher diskutiert. Es wird gemeinsam die Hl. Messe besucht, gerosenkranzt und die Tagesgebete gesprochen. (Wozu es übrigens nie Widerspruch gab.)
Dann ist aber auch gut. Der Tag ist lang, die Woche ohnehin, und alle Kinder bis auf die Jüngste besuchen oder besuchten Internate, sind/waren also dem elterlichen Zugriff zeitweise entzogen. Sie können sich frei entwickeln, und das sollen sie auch.
Ich wurde öfters gefragt, wie das zusammengehe: Als Mutter der Kleinen den Nesttrieb eifrig zu bewirtschaften, die Brut dann aber mit 14 Jahren völlig freizulassen. Oh ja, das geht sehr gut zusammen, und ich würde es rückblickend nie anders handhaben.
Nun wachsen speziell unsere Kinder unter Sonderbedingungen auf, die rar sind. Sie sind „die Kinder von“: Hier eben von Kubitschek/Kositza, und zwar nolens volens. Was das im Einzelnen bedeutet – darüber könnte man Seiten füllen; aufregende und traurige.
Es gab Hetzkampagnen und Verleumdungen gegen die Kinder. Ich verzichte hier auf nähere Beschreibung und Einzelfallberichterstattung, und zwar aus rein pragmatischen Gründen. Unsere ganze Familie lebt unter dem Brennglas der Beobachtung, das soll genügen.
Hier komme ich von meinem pädagogischen Überengagement auf die Losung „ist doch eh egal“.
Bei meinen ersten vier Kindern war mir ungemein wichtig: was es als Mittagsspeise gibt, warum der Kartoffelbrei in der Schule bitte nicht „gefärbt“ (eingegelbt) sein darf und ob gezuckerte „Erdbeer“-H-Milch irgendenen Nutzen haben sollte; wie der Sexualkundeunterricht abläuft, mit wieviel Trans- und Homo-Information; warum im Geschichtsunterricht d a s gelehrt wird und d a s nicht; warum ein Wandertag ein 180 km langer Fahrtag und kein Wandertag ist; weshalb das Theaterensemble XY ausgerechnet dieses frivole Stück vor den Kindern aufführen muß; Wieso dieses, dieses und jenes Buch im Deutschunterricht gelesen wird, und nicht irgendein gutes Buch, das nicht „aus dem Amerikanischen“ übersetzt wurde; weshalb man ein Stück von Georg Friedrich Händel mit „Boomwhackers“ nachempfinden muß.
Sprich: Ich habe mich mindestens ein Jahrzehntlang „engagiert“. Wollte mich „einbringen“, „mitbestimmen“, meine Stimme, die ich als mäßige und vernünftige begriff, zur Geltung bringen. Bereits vor Jahren habe ich das aufgegeben – eigentlich weniger frustriert als geläutert.
Selbst gegen den Strom zu schwimmen ist anstrengend genug. Es lohnt sich ohnehin nur, wenn man es aus voller Überzeugung tut. Man sollte überhaupt nie irgendwem oder irgendwas aus sturem Widerstands-Affekt widersprechen oder entgegenstehen. Widerspruch lohnt nur, wenn es ein radikaler und überzeugender ist: wenn man also voll & ganz hinter dem „Aber“ steht.
Andere mitnehmen zu wollen bei diesem Unterfangen ist nicht nur anstrengend, sondern im Blick auf die Kräfteökonomie geradezu behindernd. Ich „missioniere“ seit etwa zehn Jahren nicht mehr. Ich frage auch keine Ü‑Dreißigjährigen mehr, wo denn der Nachwuchs bliebe. Ich schaue weiterhin neugierig auf das, was „die anderen“ so treiben. Ich freue mich nicht, wenn es ihnen (wie meist) mißglückt mit ihren fragwürdigen Entwürfen: Scheidungen, Psycho-Zeugs, die Große Leere. Ich konstatiere es bloß.
Ich schaue auf die eigenen Kinder. Man hat ihnen mitgegeben: „Blut, Schweiß und Tränen“ (Churchill), Bildung, Wegweiser und vor allem Liebe.
Was sie draus machen, steht in den Sternen. Die Hoffnung, daß wir das stellare Machwerk mit unseren Mitteln beeinflußt haben, ist manchmal groß und manchmal klein:
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten //So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen
Das ist aus Johann Wolfgang von Goethes “Urworte, orphisch”. Bleiben wir als Eltern darum so (an)gespannt wie nötig und so gelassen wie möglich.
Alles ist Beispiel und Liebe
Friedrich Fröbel – ist heute ein Gassenhauer. Ich kenne mittlerweile so viele Beispiele, wo dieses „alles“ rein gar nichts ist. Wo alles schiefgeht, trotz Beispiel, Liebe, Schweiß, Blut und Tränen. Wo Kinder selbst arg bemühter Eltern zu Drogen greifen, auf den Trans-Trip kommen oder sich anderweitig selbstverletzen.
Es sind perverse Zeiten. Die Einflüsterer sind übermächtig. Wir sollten dennoch standhaft bleiben. Das heißt auch: dranbleiben auch an jenen, die gerade völlig “durch den Wind” sind. Blut, Schweiß und Liebe sind schonmal nicht nichts. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.
Banal, aber so ist es halt.
Sandstein
Ein echter EK, könnte heulen vor Freude und Erkenntnis.
Danke!