Was wir tun – Antwort an einen Leser

Ein Leser schreibt in einem Brief:

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Seit der Flücht­lings­kri­se 2015 zäh­le ich zu den Abon­nen­ten Ihrer Zeit­schrift. Heu­te, Ende 2022, befin­det sich das poli­ti­sche Sys­tem der BRD und damit unser Vater­land in einer noch nie dage­we­se­nen Kri­se. Den Mäch­ti­gen des Lan­des gelingt nicht mehr viel, sie ste­hen mit dem Rücken zur Wand. Stein­mei­ers Rede vom 28. Okto­ber ist eine Kapi­tu­la­ti­ons­er­klä­rung, sie ist das Ein­ge­ständ­nis, daß man am Ende ist. In die­ser Situa­ti­on ist für alle alter­na­ti­ven Kräf­te Ori­en­tie­rung gefragt. Die­se Erwar­tung rich­tet sich nicht zuletzt, son­dern vor allem auch an Ihre Zeit­schrift. Es geht um die Ver­mitt­lung von Klar­heit im Mach­ba­ren. Wo bleibt der Aus­blick? Sind wir nur stark auf Neben­kriegs­schau­plät­zen? Wer geht aufs Gan­ze? Was kann und was muß getan wer­den, und zwar jetzt? Ver­su­chen Sie bit­te, dar­auf eine Ant­wort zu geben.

Die­ser Leser schreibt zu Recht, er erwar­tet zu Recht etwas von uns – eine kla­re Stim­me, eine Lage­durch­drin­gung, ein paar in den Boden (in den Morast) geklopf­te Weg­wei­ser, jeden­falls mehr als bloß Empörung.

Der Leser erhofft sich sol­ches, und er bekommt es, seit Jah­ren, denn die Eck­punk­te unse­res Den­kens sind klar: Sou­ve­rä­ni­tät, Gren­zen, Nor­ma­li­tät, Sicher­heit – unser Den­ken kreist um das Wohl des deut­schen Vol­kes, um sei­ne Frei­heit und um eine not­wen­di­ge kon­ser­va­ti­ve Revolte.

Aber: Mit der Ver­mitt­lung von “Klar­heit im Mach­ba­ren” ist das so eine Sache. Das Mach­ba­re, die Umset­zung – ist es die Auf­ga­be einer ums Grund­sätz­li­che krei­sen­den Zeit­schrift, dies zu for­mu­lie­ren, oder doch eher die einer Partei?

Bemü­hen wir das Bild vom “rech­ten Mosa­ik” (wobei die­ses Bild ein Sich-Ergän­zen, ein Gesamt­ge­fü­ge unter­stellt, wo sol­ches gar nicht gege­ben ist): In die­sem “Mosa­ik” waren im Wan­del die Plät­ze der Sezes­si­on über die Jah­re folgende:

  • die gewag­te Neu­grün­dung einer Zeit­schrift 2003 mit­ten in den blei­er­nen Jah­ren, kon­zi­piert als Nach­fol­ge­rin des ver­blüh­ten Criticón;
  • die Selbst­ver­ge­wis­se­rung einer jun­gen Gene­ra­ti­on von Publi­zis­ten, die sich rech­te Theo­rie aneig­ne­ten, Ent­de­ckun­gen mach­ten, ihren Ton fan­den und den Schnell­ro­da-Sound prägten;
  • ab 2011 strot­zen­des Selbst­be­wußt­sein, an einem sich abzeich­nen­den rechts­kon­ser­va­ti­ven Auf­bruch als Stich­wort­ge­ber betei­ligt zu sein;
  • 2014 und 2015 Betei­li­gung an einer not­wen­di­gen Palast­re­vol­te inner­halb der AfD, die sonst nicht wäre, was sie ist: eine Alternative;
  • seit 2015 prä­gen­des Pro­jekt in einem Kul­tur­kampf, der das Feuil­le­ton auf­misch­te und die Anwe­sen­heit rech­ter Intel­li­genz schock­ar­tig im Bewußt­sein des selbst­ge­fäl­li­gen, mit sich selbst zufrie­de­nen poli­tisch-media­len Kom­ple­xes verankerte;
  • Grün­dungs- und Auf­bau­hel­fer für ein hal­bes Dut­zend Ver­la­ge, Pro­jek­te, Bewe­gun­gen, die sich dadurch ent­wi­ckeln und eman­zi­pie­ren konnten;
  • par­al­lel dazu Teil jener ers­ten Rei­he, die einen Groß­teil der Denun­zia­ti­on und der Kri­mi­na­li­sie­rung durch Medi­en und Behör­den abzu­fan­gen hatte;
  • bis heu­te Abnut­zungs­kämp­fe vor Gericht, auf Buch­mes­sen, in den Ver­triebs­struk­tu­ren des Buch­mark­tes und im Internet;
  • seit Grün­dung und immer noch aus­ge­stat­tet mit dem lan­gen Atem, der sich in einer Paro­le bün­deln läßt: meyn geduld hat ursach.

Man notiert so etwas, um eine Ant­wort auf die oben gestell­ten Fra­gen vor­zu­be­rei­ten. Sie schält sich her­aus und kann als Gegen­fra­ge for­mu­liert wer­den: War es je unse­re Auf­ga­be, unse­ren Lesern zu sagen und vor­zu­schla­gen, was im ein­zel­nen gegen die Zer­stö­rung unse­res Lan­des zu machen sei?

Nein, das war und ist unse­re Auf­ga­be nicht. Unse­re Auf­ga­be ist schon immer die gewe­sen, mög­lichst unver­stellt wahr­zu­neh­men und dafür zu sor­gen, daß sich die poli­ti­sche und die meta­po­li­ti­sche Oppo­si­ti­on von rechts nichts, aber auch gar nichts über die Kräf­te­ver­hält­nis­se im Land vor­macht. Für alles ande­re (für die täg­li­che Empö­rung, für die Auf­de­ckung des nächs­ten Skan­dals, für die Ton­lei­ter aus der Hoff­nungs­tu­ba) sind ande­re zuständig.

Wenn über­haupt jemand die Leh­re ver­in­ner­licht hat, die der Katzen­tisch der Repu­blik bereit­hält, dann wir. Sie lau­tet: Akzep­tie­re den Kat­zen­tisch nicht. Gib einer den­ken­den, grund­sätz­li­chen und ernst­haf­ten Rech­ten eine Stim­me, die sich weder wie ein Jam­mer­ton anhört noch wie ein Geschäfts­mo­dell und auch nicht wie abge­si­cher­ter Bier­fa­schis­mus. Gib ihr die­se Stim­me und die­ser Stim­me den Raum, der ihr zusteht.

So ist das: Was wir den­ken und äußern und tun – das hat­te und hat vor allem pro­vo­zie­ren­de, her­aus­for­dern­de Wir­kung. Die­se pro­vo­zie­ren­de Wir­kung ist not­wen­di­ger denn je, jetzt, da sich das alter­na­ti­ve Lager in den für die Oppo­si­ti­on vor­ge­se­he­nen Betei­li­gungs­struk­tu­ren ein­zu­rich­ten beginnt und jener Wider­stands­ton, der vor zehn Jah­ren so neu klang, Gefahr läuft, zum Jar­gon zu verkommen.

Kann der Leser, der oben frag­te, mit die­ser Ant­wort zufrie­den sein? Er kann zufrie­den sein, wenn er begreift, wel­ches Stück gege­ben wird. Es ist näm­lich alles ange­rich­tet: Die Kulis­sen sind gestellt, die Regis­seu­re lüm­meln selbst­ge­fäl­lig in der Loge, den Akteu­ren sind ihre Rol­len zugewiesen.

Zuschau­er gibt es nicht mehr, jeder ist Kom­par­se. Wir alle spie­len mit. Wir arbei­ten, neh­men hin, zah­len Steu­ern, kom­men zurecht, bli­cken auf Schul­den­ber­ge wie auf die Eiger Nord­wand, gehen demons­trie­ren, wähl­ten, wer­den wie­der wäh­len, hof­fen, schimp­fen, spot­ten, lesen.

Noch ein­mal die Fra­ge: Wie also betei­ligt sich Schnell­ro­da wei­ter­hin, nach bald zwei­ein­halb Jahr­zehn­ten? Wir lesen und schrei­ben, wir kom­men­tie­ren, neh­men wahr und schil­dern. Wir ord­nen auf die­se Wei­se das Cha­os und zei­gen, wo Hal­te­sei­le sind, wor­an man sich erin­nern soll­te, eines Tages und wie man dem Vam­pir den Eichen­pflock durchs Herz treibt.

Ande­re tun ande­res, Poli­ti­ker bei­spiels­wei­se. Aber wir hier: Wir stel­len unter ande­rem eine Zeit­schrift her, die auch die­ses Netz-Tage­buch betreibt. Wir wer­den die­ses Heft im April des kom­men­den Jah­res seit zwan­zig Jah­ren zusam­men­ge­stellt haben und kei­nes­falls damit auf­hö­ren. Wir set­zen die­se Arbeit fort, weil wir über­zeug­ter denn je davon sind, daß das, was wir taten und tun, von gro­ßer Not­wen­dig­keit ist.

Ist das eine Rol­le im gro­ßen Thea­ter? Aber ja! Bloß hät­ten die Regis­seu­re nie gedacht, daß man so sehr vom Dreh­buch abwei­chen kann.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (50)

Ordoliberal

30. November 2022 21:08

"Souveränität, Grenzen, Normalität, Sicherheit..." - ist es Absicht, dass das Wort "Freiheit" in der Aufzählung nicht vorkommt? Freiheit wie in: Freie Rede, Korruptionsbekämpfung, Einschränkung der Staatsmacht, Leistungsprinzip, Haftungsprinzip, Subsidiaritätsprinzip?

Übrigens sind niedrige Steuern das beste Mittel zur Korruptionsbekämpfung: Ein Politiker, der Geld zu verteilen hat, ist ein Politiker, der besticht. So wie ein Politiker, der kein Geld zu verteilen hat, ein Politiker ist, den niemand bestechen will.

Laurenz

30. November 2022 22:25

@Ordoliberal

"Souveränität, Grenzen, Normalität, Sicherheit..." &  "Freiheit"

Ohne die ersten 4 Begriffe gibt es keine Freiheit. Oder fühlen Sie Sich ohne Grenzen, Souveränität, Normalität & Sicherheit frei?

Niedrige Steuern bedeuten keine mindere Korruption. Weniger Steuern bedeuten mehr Budget für Korruption. 

Simplicius Teutsch

30. November 2022 23:18

Mein (ganz spontanes) Resümee als Sezessions-Abonnent der ersten Stunde:

Maikäfer, flieg!

Die Deutschen führen Krieg.

Der Gegner ist das eigne Land,

bis dass es völlig abgebrannt.

Maikäfer, flieg.

 

Schlaf, Deutscher, schlaf.

Der Michel ist ein Schaf.

Das deutsche Land wird abgebrannt,

von Fremden wird es überrannt,

schlaf, Deutscher, schlaf.

Und morgen früh geh ich selber wieder fleißig Steuern für diesen Staat verdienen.

 

Simplicius Teutsch

30. November 2022 23:35

@ Kubitschek: „die gewagte Neugründung einer Zeitschrift 2003 mitten in den bleiernen Jahren, konzipiert als Nachfolgerin des verblühten Criticón;“

Ich dachte immer, da wäre nicht wenig Vorbild der untergegangenen „Staatsbriefe“ von Hans-Dietrich Sander dabei gewesen.

 

Fredy

30. November 2022 23:52

@ordoliberal

Danke der Nachfrage. Das war der Punkt.

@Laurenz

Prägnantester Beitrag ever.

RMH

1. Dezember 2022 06:03

@Ordol. & L.

Natürlich gibt es keine "grenzenlose" Freiheit, da diese dann in Unfreiheit für viele umschlagen kann (altbekanntes, breit diskutierbares Thema). Dennoch darf Freiheit nicht unter den Tisch fallen. Das gesamte Projekt der Sezession ist ohne Freiheit undenkbar und deshalb ist dieses Projekt in unserem Staatsregiment, wo der Bürger und damit auch die Kultur einem unausgesprochenen Generalverdacht unterliegt und fast schon wie eine potentielle Gefahr behandelt wird, wie eine Pionierpflanze besonderen Bedingungen ausgesetzt.

Bevor man über den Zusammenhang von Steuern und Korruption spricht, hat man erst einmal "Korruption" klar begrifflich zu definieren. Korruption gibt es im deutschen Strafrecht als Wort bspw. nicht. Da wird dann eher von Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung gesprochen. 

Die Diskussion geht aber doch damit von dem ab, was G.K. zum Ausdruck bringen will, dazu gleich Teil 2.

RMH

1. Dezember 2022 06:15

Insgesamt ist die Zeitschrift Sezession nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung, die anfangs breiter und auch liberaler aufgestellt war, aber durch die von anderen erzeugte Verengung der Meinungskorridore selber auch ein Stück weit verengt wurde. Sie zu abonnieren oder das Abonnement zu halten, ist  Teil eines Dagegenhaltens gegen diese allgemeine Verengung. Von daher weiter so, auch wenn ich mir in manchen Themenbereichen mehr Offenheit für abweichende Meinungen wünschte, da wird manchmal die Tendenz zu grundsätzlich durchgezogen. Gegen die Flut des Fremden kann man nur mit der Pflege des Eigenen bestehen. Angeregt durch die Zwintscher Diskussion im vorangegangen Debattenstrang zeigt sich aus meiner Sicht doch folgendes: Das ach so dekadente Fin de Siècle und der Sturm der Moderne um die Wendemarke 19hundert, was für damalige Reaktionäre und Konservative teilweise auch schon zum Beginn des Untergang des Abendlandes erklärt wurde, war europäisch und auch bereits global. Deutschland konnte dem aber einen klaren, kulturellen Stempel aufsetzen bzw. dieses in etwas "Eigenes" lenken (bei dem die Grundströmung erkennbar blieb). Heute findet das Formen zum Eigenen eher okkult bis homöopathisch statt. Die Kulturarbeit - von Sezession schon lange begonnen - ist daher unverzichtbar und entgegen der Auffassungen der platten Jünger der Macht, die sich aber nur in den Debattensträngen bei SiN zeigen, wertvoller und damit mächtiger, als es das Auge Saurons erkennen kann. Von daher ist sie das gebotene Remedium unserer Epoche.

Heino Bosselmann

1. Dezember 2022 08:13

Die „Sezession“ ist ein wichtiger, ja einzigartiger Ort, der ein Denken und Sprechen außerhalb der in Phrasen und Sprechregelungen erstarrten offiziellen Gesellschaft ermöglicht. Folgerichtig wird sie angefeindet, was zunächst ein wichtiger Indikator dafür ist, daß sie - als notwendige Gegengewicht und zweite Lesart - richtig liegt. Niemand hier wird zum Bürgerfest des Bundespräsidenten eingeladen oder bittet dort um Teilnahme. Aber die Berliner Republik nimmt diese subversive Nische widerwillig ernst.

deutscheridentitaerer

1. Dezember 2022 08:47

Schnellroda hat es jenseits aller politschen Erfolge und Misserfolge unseres Lagers geschafft, einer Generation von Rechten eine Richtschnur zu geben, die sie sonst nirgends gefunden hätte.

Locke84

1. Dezember 2022 08:58

Ich habe mit meiner Frau nach der Katastrophe von 2015 angefangen eine eigene Familie zu gründen. Bis jetzt sind 4 tolle Mädels daraus entstanden. Wir leben im tiefsten ländlichen Mecklenburg (stammen aber auch von dort), abseits aller Verwerfungen.  Wir versuchen unsere Kinder rechtschaffend zu erziehen und sowohl im christlichen Glauben als auch in den Traditionen unseres Volkes zu verwurzeln. 

Was ist zu tun? Viel! Aber jeder nach seinen Optionen. Und an die Jungen Leute: Hier ist eine Option. Es ist viel zu tun.

kikl

1. Dezember 2022 09:47

"Souveränität, Grenzen, Normalität, Sicherheit..."

Das sind schon gute Leitplanken, an denen man sich orientieren kann.

Der Souverän ist laut Grundgesetz das deutsche Volk und nicht jeder zufällig hier Lebende oder illegal Eingereiste. Frau Faeser betreibt derzeit aktiv den Austausch des Souveräns mittels grenzenloser Einbürgerung ganz im Sinne des Textes "Die Lösung" von Berthold Brecht.

"... Wäre es da Nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"

https://www.deutschelyrik.de/die-loesung.html

Das ist ein fundamentaler Angriff auf den Souverän und damit auf die Demokratie.

Was die "Klarheit im Machbaren" angeht: Jeder soll das tun, was in seiner Macht liegt. Die Sezession veröffentlicht kritische Texte. Mehr erwarte ich nicht.

Vielleicht darf ich auf diesen seltsamen Text von Anselm Lenz hinweisen. Er spricht von Deutschland und "unserer Nation". Der Begriff Querfront drängt sich mir auf. Werden Lafontaine, Wagenknecht und Co. auch bald deutschtümeln? Hier bewegt sich etwas und das ist gut so!

https://apolut.net/die-schoenheit-unseres-sieges-entfaltet-sich-von-anselm-lenz/

nom de guerre

1. Dezember 2022 10:39

@ RMH

Stimme Ihnen zu.

Franz Bettinger

1. Dezember 2022 10:40

Ich bewundere die halsbrecherische Wanderung auf dem schmalem Grad des Sagbaren, die K+K seit vielen Jahren erfolgreich hinkriegen. Ohne SiN wäre mein Leben ärmer. Danke. Dank auch vielen Foristen, die mein Denken und Wissen mit guten Kommentaren bereichern. 

MARCEL

1. Dezember 2022 10:42

Die Gefühlslage des Briefschreibers kenne ich gut.

Mein Weg mit der Sezession (er begann vor 2015) war immer auch eine Art "Selbsterziehung" bzw. zuweilen auch "Selbst-Disziplinierung", vor allem in den Momenten, in dem man das Abo am liebsten wieder mal gekündigt hätte...

Dass es dazu nicht kam, hat mit dem zu tun, was GK ins Motto "Akzeptiere den Katzentisch nicht" gefasst hat.

Die Sezession erzieht, sie des-illusioniert auf eine tapfere Art, sie verhilft zur Haltung (meinetwegen einer quasi-aristokratischen) und entfacht keine Strohfeuer, sie befriedigt nicht billig, weder in puncto Revolutionsromantik oder gar Militanz. Sie schärft den Blick für die Lageverhältnisse sowie für die eigene Verführbarkeit im Hinblick auf Letztgenanntes.

Und gleichzeitig: Man fühlt sich nie schwächer, wenn man sie gelesen hat.

Man merkt: Es sind ehem. Offiziere, also Menschenführer, am Werk.

Ist das nur Placebo? Oder doch eine Form der Anbindung (religio oder "Halteseile") an ein tiefes Grundwasser, das ich ungeniert-pathetisch mit dem "Geheimen Deutschland" gleichsetzen würde.

Etwas anderes gibt es nicht mehr.

Gotlandfahrer

1. Dezember 2022 11:13

1/2

Auf die Idee, dass die obigen Erläuterungen notwendig seien, wäre ich nicht gekommen, was aber eher ein Zeichen für auch meinen Fehler ist, vom eigenen Denken auf das anderer zu schließen. Immerhin bewegte sich der zitierte Mitlesende auch „erst“ mit 2015 in diesen Leserkreis, wo einer wie ich zwar deutlich früher, doch ebenfalls viel zu spät – gemäß eben der Asynchronität des Erkennens – auf diese einzigartige Quelle lebenserhaltender Hintergrundstrahlung stieß. Ganz nebenbei damit erneut meinen tiefsten Dank und Respekt für die Leistung, das Vorbild, die Aufrichtungshilfe die man hier findet. Wenn man den obigen Artikel als Anlass nehmen darf, nach einem Haar in der Suppe zu fahnden, nicht des Meckerns wegen, sondern als Ausdruck des eigenen Suchens, dann wäre es, dass das aus gutem nachvollziehbaren Grund - der Determinante des Rechtsseins, die Welt von der Eigenverantwortung aus zu denken – oft nachrangig behandelte Außen, das Eigene aber bislang unabstreifbar Bestimmende, mehr Erörterung finden möge.  Das deutsche Kasperletheater, das als perverse Pilzblüte am gefällten Stamm unseres Volkes aufgeputscht wird, findet hier stets unübertreffliche Benennung und die Pflegearbeit am langsam sein Leben aushauchenden Stamm ist Ausdruck seiner ursprünglichen Lebenskraft.

Gotlandfahrer

1. Dezember 2022 11:14

2/2

Doch die Kreise, die die Welt als Ganzes bewegen, bleiben oft merkwürdig blass belichtet. Es gibt Ausnahmen, wie ein ML, der hin und wieder Tiefenbohrungen zu einem globalen Aspekt anstellt, auch ein MS ordnet manch größere Vorgänge ein, anderes mag ich jetzt ungerecht übersehen. Und dennoch: Eine Revolte welcher Art auch immer, gewaltlos wäre stets der Wunsch, kann sich nur in Grenzphasen machtgravitätischer Schwerelosigkeit entfalten. Schaut man nur auf unseren Garten, muss man an der eigen Ohnmacht wahnsinnig werden. Schaut man weiter, erkennt man Umrisse, mehr nicht, eines größeren Spiels, das die Unordnung aber besser ertragbar macht und: Hoffnung bietet. Das mag sich für Rechte zu passiv anhören, tatsächlich soll es nur sagen, dass alles seine Zeit hat, für jede, die kommt, soll man sich bereithalten. Den Ausguck aufs Meer, den könnte man noch stärken.

Ein gebuertiger Hesse

1. Dezember 2022 11:39

@ deutschidentitärer

"Schnellroda hat es jenseits aller politschen Erfolge und Misserfolge unseres Lagers geschafft, einer Generation von Rechten eine Richtschnur zu geben, die sie sonst nirgends gefunden hätte."

Noch mehr und wichtiger: Man hat durch Schnellroda den eigenen rechten Kern erst substantiell kennen- und in sein tägliches Leben einzugliedern gelernt. Daß dieser Kern nun ein fester (und froher!) Teil des Selbst ist, verdankt sich der großartigen Arbeit, die da seit 20+ Jahren in einem sachsen-anhaltinischen Örtchen geleistet wird. 

Das wird bleiben, das geht nimmer. Um wirklich zu erschließen, was diese Leistung in der menschlichen Tiefenwirkung bedeutet, werden vielleicht noch Jahrzehnte vergehen müssen. 

Sandstein

1. Dezember 2022 12:05

„Was ist zu tun? Viel! Aber jeder nach seinen Optionen. Und an die Jungen Leute: Hier ist eine Option. Es ist viel zu tun.“ 

@Locke: sehe ich genauso wie Sie. Das dürfte mit was wichtigste und zielführendste sein, was unsere Generation leisten kann. Und dabei immer fern halten von Leuten, die meinen das ganz große Rad drehen zu wollen/müssen/können. Sind meiner Erfahrung nach Dummschwätzer und Aufschneider!

 

Gimli

1. Dezember 2022 15:53

Ich bin ein neugieriger Fremdkörper hier. Genuin deutsch. Katholisch verheiratet. 4 Kinder. 
Naturwissenschaftler. Atheist. Mir bleibt bis heute das Deutsche unerklärt. In Sprache, Kultur, „Abstamung“, historischen Grenzen ist das heutige Grundgesetzgebiet eben juristisch definiert, ansonsten ein europäisches Fluidum. Die Sprachwissenschaft weist es nach, die Genetik. Meine Werte in Fragen von Anstand, Selbstdisziplin, Rechtschaffenheit kann man rechts nennen. Es gibt sie auch links. Mit der Religion verhält es sich gleich. Je genauer ich hinseh, desto weniger Unterschied. Ich stelle aber eine sehr metaphorische Sprache hier fest, die kraftvoll Unterschiede beschreibt. Kraft der Rhetorik. Aber auch faktisch richtig?

Mitleser2

1. Dezember 2022 16:41

"Gründungs- und Aufbauhelfer für ein halbes Dutzend Verlage, Projekte, Bewegungen, die sich dadurch entwickeln und emanzipieren konnten"

Dazu zählt sicher auch Jonas Schick mit Oikos und Die Kehre. Nun meint JS auf Twitter: „Aus dem Verstehen, daß die Ökonomie unsere sozialen Realitäten produziert und bedingt, ergo der Kapitalismus diese stetig umwälzt und auflöst, ist rechter Antikapitalismus die logische Konsequenz.“

Frage also an die politisch Handelnden jenseits der Sezession: Durch welche Utopie wird der Markt ersetzt, damit rechter Antikapitalismus erblüht, und gleichzeitig Souveränität, Grenzen, Normalität, Sicherheit UND Freiheit wieder ihren Stellenwert erhalten?  Oder vielleicht einfacher: Wie sehr ist rechter Antikapitalismus rechter Mainstream?

Laurenz

1. Dezember 2022 18:02

@Mitleser2

JS: Rechter Antikapitalismus die logische Konsequenz.

Warten Sie 10 Jahre, dann schreibt JS sowas nicht mehr. JS wird vielleicht dann die Frage stellen, wer kontrolliert den Kapitalismus oder sollte ihn kontrollieren?

Deutsch

Sie können hier natürlich die Frage danach stellen. Aber wieso fällt Ihnen dazu Selbst nichts ein? Ursprünglich sind bei Galliern oder Germanen die Stämme. Nur gibt es bei diesen keine 10 Gebote & als diese eingeführt wurden, galten sie nicht. Alle Stämme verbindend ist die Sprache, Kultur & die Weltanschauung. Bis zur 3-Felderwirtschaft & im weiteren Sinne bis Justus von Liebig, ernährte das Ihnen bekannte historische Deutschland nur eine begrenzte Anzahl von Einwohnern, weswegen Dritt- und weitergeborene gerne wegzogen. Um zu begreifen, wie elementar die Bodenfrage ist, schauen Sie Sich den Limes an. Die Wetterau (das fruchtbarste Gebiet Hessens) war immer heiß umkämpft. Wegen der Wetterau führten die Römer den Limes taktisch/strategisch ungünstig um die Wetterau herum.  https://www.saalburgmuseum.de/limes/unesco-welterbe-limes/

Nordlicht

1. Dezember 2022 20:33

Ich war: SPD-Mitglied von 1965 bis 1990, ausgetreten, weil die SPD-Oberen mehr mit Honecker als mit den DDR-Oppositionellen kungelten und dann gar die Wiedervereinigung hintertreiben wollten. (Die silberne Ehrennadel für 25 Jahre überschnitt sich mit dem Austrittsschreiben.)

Beschluss: Keine Partei mehr, man muss zu viel Kreide fressen.

Seit Mitte 80er als Zweitstimme Grün, wg. Umwelt. (Ja, naiv.) Aufgewacht in den ersten Jahren der rotgünen Koalition (>1998), weil die hochgradig blödsinnige, für Deutschland schädliche Energiepolitik offenbar wurde. Und ich erfuhr, wie sehr sowohl Russland als auch die USA die grünen Vereine und Gruppen finanzierten, um Deutschland von sich abhängig zu machen: Russland finanzierte die Antiatom-Leute schon seit den 60ern,  die US-Stiftungen und Institutionen brachten die Linken und Grünen, die alle vorher US-kritisch waren, auf NeoCon-Kurs.

Mein Weg zur Sezession und zur systematischen Befassung mit einer Politik für das DEUTSCHE Volk begann sehr spät, der Weckruf war 2015 die Merkelei. 

Peinlich, dass ich so spät aufgewacht bin? Ich halte als Erklärung, dass sich ab 2015 erhebliches geändert hat. Sicherlich habe ich mich auch geändert, aber CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP nicht mehr? Oder waren sie immer so wie heute?

Was mE hier getan werden kann: Genau das, was mit Sezession und Institut gemacht wird: Aufklärung, Diskussion, den Bereich das notwendig zu Sagenden breit halten.

Gimli

1. Dezember 2022 22:15

Zum „Deutschen“: Mir fällt immer auf, dass der Konservative in der ZEit so lange zurückgeht, wie es grad passt, um seine Weltanschauung zu stützen. Keine Ahnung, was der Limes erklären soll und Herr Liebig. Weiter westlich hat Herr Pasteur nicht nur Weinsäurekristalle sortiert, sondern Milch haltbar gemacht. Aus China hammers Porzellan. Ist heiße Schokolade aus hübschen Tassen zu trinken jetzt nicht deutsch? Die gegenseitige Befruchtung irgendwelcher Urstämme und die in den vielen Äonen danach lässt für etwas spezifisch Deutsches keinen Raum. Schlussletztlich sind wir alle Affen aus Afrika. Ist das Elsaß deutsch oder französisch? Sprachlich und kulinarisch ne Mischehe. REchtlich: Französisch. Ihre Geschichte(n) bieten allerhand Stoff für nette Mythen, aber naturwissenschaftlich - sorry to say - liegen Sie falsch. Ich finde halt, wir leben im Jetzt und sollten nach vorn schauen, nicht nach hinten. 

Zauberer von Oz

1. Dezember 2022 22:34

Vielleicht sollten alle indigenen Männer für zwei Monate die Arbeit niederlegen und sich krankschreiben lassen? Neben dem Gebärstreik (und Zeugungsstreik) das schärfste Schwert gegenüber der Politikerkaste. Selbstständige natürlich ausgenommen, die sind durch Corona genug bestraft.

Eo

1. Dezember 2022 23:00

Gotlandfahrer    1. Dezember 2022 11:14

Die Sache ist leider diffizil und damit überaus frustrierend. Zuerst muß der linke Zeitgeist geknackt und als Masterplan einer vorsätzlichen Zersetzung jeder Tradition und gewachsenen Ordnung von einer kritischen Masse erkannt und als böser Zauber enttarnt werden, um dann auf der historischen Müllkippe möglichst langfristig entsorgt zu werden.

https://neue-spryche.blogspot.com/2009/11/der-wahnsinn-kursiert-grenzenlos.html

anatol broder

1. Dezember 2022 23:20

@ gimli 15:53

«aber auch faktisch richtig?»

die hoffnungstuba, die kubitschek für diesen text erfunden hat, ist genauso wenig faktisch wie jede hoffnung, die von einem menschen erfunden wurde. es gibt auch keine vampire. na und? das richtige kommt wunderbar auch ohne das faktische aus. was das richtige ist, erwähnt kubitschek vierfach: es ist das notwendige.

«je genauer ich hinseh, desto weniger unterschied.»

deshalb schliesst man ja die augen, um die welt in ihrer fülle zu spüren. es ist nämlich der abstand zum «kern» (@ ein gebuertiger hesse 11:39), der die unterschiede erst gross macht.

«mir bleibt bis heute das deutsche unerklärt.»

es muss nicht alles erklärt werden. als halteseil empfehle ich kubitscheks antwort an einen anderen leser aus dem jahr 2010.

RMH

1. Dezember 2022 23:30

"Mein Weg zur Sezession ..."

War Heft 1, welches ich über eine Empfehlung eines Freundes (vormals Criticon Leser) direkt zugesendet bekam. Damals hat die Sezession eine Aktion gemacht, dass man eine Adresse mitteilen konnte, an die dann ein Frei-Exemplar gesendet wurde. Davon hatte, wie geschrieben, der Freund Gebrauch gemacht und Heft 1 fand ich so gut, dass ich sofort ein Abo gezeichnet habe. Bis dahin war ich KEIN Monatsheft- oder andere Periodika-Leser (außer beruflichen Fachzeitschriften). Die Sezession ist bis heute die einzige Zeitschrift im privaten Abonnement (Tageszeitung ist schon seit 20 Jahren abgeschafft). Den "rechten Dreh" habe ich in den 80er Jahren über Franz-Josef-Strauß, damalige christlich-konserv. Kreise und dann die Republikaner (und deren Zeitung "Der Republikaner") bekommen (der liberale Einschlag kommt über das Studium), aber intellektuellen Schliff bekam das Ganze bereits vor der Sezession mit der Beschäftigung mit politisch-philosophischen Grundlagenschriften (Chamberlain, Evola, Marx, Kropotkin, Bakunin, Sorel, Adam Smith, J- Locke, Tocqueville, Carl Schmitt, Mohler - literarisch dann die Brüder Jünger und viele, viele mehr) und dem Aufbau einer eigenen, kleinen politischen Bibliothek in den 90er Jahren. Sezession hat dann gepasst - und dank des von Anfang an hervorragenden Rezensions-Teil zu einem weiteren Anschwellen des Bücherbestandes gesorgt. Hoffe auf noch viele weitere Ausgaben und dem Gewinn von Autoren (da tut sich ja auch trotz der Verteufelung etwas).

Ordoliberal

2. Dezember 2022 00:08

Ich sympathisiere als Libertärer mit der Sezession, weil es hier noch Traditionsstolz gibt, weil in den Texten eine altdeutsche Leistungs- und Verantwortungsethik zu spüren ist, ebenso ein altdeutscher Bildungswille, eine altdeutsche Radikalität beim Ideenstreit - alles Einstellungen, die der Linken wie auch dem Linksliberalismus völlig fremd und zuwider geworden sind.

Außerdem haben Libertäre und Rechte denselben Gegner: Die Grünen, die Woken und die globalen Korporatisten und Technokraten.

Zwei Dinge stören mich:

Erstens die Überzeugung der Etatisten hier im Kommentariat, dass alles gut werde, wenn nur die gewaltigen Steuer- und Abgabenströme, die die Linke mästen, in die Schatullen der Rechten gelenkt würden. Sie können den Staat wohl nicht anders begreifen, als den Anwalt, Richter und Vollstrecker des Gemeinwohls. Da das nunmal so ist, würde ich gern eine juristisch befriedigende, d.h. abstrakte Definition des Begriffs Gemeinwohl von den Sozialpatrioten hören.

Zweitens: "Das Eigene". Wenn ich nur wüsste, was das ist nach 1945! Vor Hitler war die deutschsprachige Wissenschaft, Philosophie, Literatur, Musik, Architektur - selbst der deutsche Film - weltweit bedeutend und einflussreich. Und heute? Ach! Die USA zwingen uns ihre Kultur ja nicht auf. Wir übernehmen sie, weil wir nichts Besseres haben. Wo soll das Bessere herkommen? Darauf finde ich in der Sezession keine Antwort.

FraAimerich

2. Dezember 2022 01:54

@Laurenz: "Warten Sie 10 Jahre, dann schreibt JS sowas nicht mehr. JS wird vielleicht dann die Frage stellen, wer kontrolliert den Kapitalismus oder sollte ihn kontrollieren?"

Das wollen wir doch nicht hoffen, wäre auch naiv. Der Kapitalismus läßt sich genauso wenig "kontrollieren" wie die Technik.

Was die von anderen Mitforisten einmal mehr beschworene @Freiheit angeht - die erweist sich so oder so zumeist als Traum von Sklaven, um ein zweideutiges Wortspiel von Günter Maschke zu bemühen.

dojon86

2. Dezember 2022 04:05

Warum ich SIN lese ? victrix causa deis placuit, sed victa catonis

adrianCH

2. Dezember 2022 04:57

Der Antaios Verlag, die Sezession und das IfS haben ihren Auftrag und den Sold erfüllt!

Was kann man noch mehr tun? Weiter machen, die Stellung halten und bei der Fahne bleiben.

Was kann der Leser tun? „Wir müssen sichtbar werden“ (Björn Höcke). Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Nachtspeicher

2. Dezember 2022 06:00

Ich würde empfehlen, in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen von Leo Strauss zur Kenntnis zu nehmen, die gerade von Matthew Rose bei FIRST THINGS publiziert wurden: https://www.firstthings.com/article/2022/12/leo-strauss-and-the-closed-society.

Strauss ging zum Beispiel auf den Ernstfall ein, den die Verteidiger der Geschlossenen Gesellschaft stets mitdenken.

 

Joerg

2. Dezember 2022 07:51

Für mich sind die Publikationen des Verlages Antaios bis hin zu den Rundbriefen, Katalogen und YouTube Beiträgen das, was Björn Höcke "geistiges Manna" nannte. 

Damit lässt sich zumindest mein Alltag in einem zu bunten, mit allen perversen Erscheinungsbildern des Zeitgeistes versorgten Umfeld besser ertragen.

Nemo Obligatur

2. Dezember 2022 07:54

Das sind immer wieder notwendige Selbstvergewisserungen, die der unbekannte Leser anmahnt. Recht hat er (oder war es gar eine Sie?)!

Ich für meinen Teil würde mich heute nicht als Rechten bezeichnen. Das wäre mir viel zu eng. Ich halte diese Zuschreibungen für unsere Zeit zudem für überholt. Ein Blick nach Dänemark oder Italien zeigt, warum.

Die Sezession habe ich so etwa seit 2015 abonniert, war zuvor schon und jetzt wieder Leser der JF. Der Sezession verdanke ich manchen schönen Lektüreimpuls. Spontan fallen mir Sieferle, Raspail und Kaltenbrunner ein, die ich ohne die Sezession nicht kennengelernt hätte. Von den Schreibern hier wäre unbedingt Heino Bosselmann zu nennen und zu loben. Und natürlich die Leserkommentare hier. Selbst oder gerade bei jenen, denen ich entschieden widerspreche, finde ich Anregung.

Dieses Jahr habe ich erstmals ernsthaft über eine Kündigung des Abos nachgedacht. "Lohnt es sich noch? Verzettelst Du Dich nicht? Du wirst alt, spare Zeit und Geld!" Ich bin dann doch dabei geblieben. Man muss die Linie wenigstens ein bisschen zu krümmen versuchen, wenn man die Richtung für falsch hält.

Laurenz

2. Dezember 2022 08:01

@Nordlicht

Oder waren CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP immer so wie heute?

Sie waren schon immer so opportun, wie heute. Nur die gesellschaftlich privilegierten Gruppen, vor allem innerhalb der Parteien, haben sich seit 1968 verändert. Helmut Schmidt war schon in seiner Amtszeit gegen Einwanderung, förderte sie aber. Der Schuldenstaat, vor allem zu Lasten der Kleinen Leute, wurde von Willy Brandt & Egon Bahr etabliert. Daß das überhaupt möglich war, liegt bereits in der Konzeption der BRD durch die Amis begründet, weil Schulden externen Mächten Macht gewähren. Wer in Fragen der Migration an 2015 glaubt, glaubt auch an den Klapperstorch. Die Planung (siehe Willy Wimmer Interviews) der Fluchtströme aus destabilisierten Arabischen - & Nordafrikanischen Staaten liegt bekanntermaßen viel weiter zurück (schon vor der Gründung der SiN), kurz & bündig im berühmten Interview mit 4*e-General Wesley Clark zu sehen. https://youtu.be/hN-zLXsKaQY Aufgrund heute wichtiger Rohstoffe ist das Interview bezüglich Afrika natürlich überholt. Die Kriegs- & Elterngeneration (die jetzigen Rentner) der Baby-Boomer trägt die Schuld daran mit einer selbstgewählten politischen Enthaltsamkeit & Ignoranz mit Fokussierung auf Arbeit.

Sandstein

2. Dezember 2022 09:10

@Gimli 

Das soll nicht blöd klingen, aber Menschen wie Sie sind ein Teil des Problems. Der vermeintliche Rückzug auf die Naturwissenschaften wird Ihnen nicht die Antworten liefern können, die Sie ja anscheinend hier suchen. Anatol hat dazu das Nötige geschrieben. 
Was den Affen aus Afrika angeht, nun gut, aber Sie können mit Ihren Naturwissenschaften sehr gut erfassen, weshalb Europa soviel mehr im Bereich der Wissenschaften, Künsten und Kultur geschaffen hat, als der gesamte Kontinent Afrika.

Und was den Kakao angeht, Sie wissen schon wie der seinen Weg hierher gefunden hat? Meines Wissens nach waren es noch die Azteken, die auf Ihren Schiffen Europa entdeckt haben.

Vllt brauchen Sie Gott nicht, um die Welt zu erklären, dann wird Ihr Verständnis leider auch immer so lückenhaft aussehen, wie es das offensichtlich tut. Mein Vater ist Physiker und redet genauso wie Sie. 

@all

Bin erstaunt wieviele Sezessionistas tatsächlich erst 2015 hierher gefunden haben. Soviel länger bin ich auch nicht dabei (2013?), aber es hat doch nicht ernsthaft 2015 gebraucht, um zu verstehen was in diesem Land passiert, oder doch? Ich grüble..

Joerg

2. Dezember 2022 09:51

@ Sandstein:

Ich hatte schon immer einen skeptischen Blick auf unsere Realität, konnte diesen aber erst mit Thilo Sarrazin ab 2010 in Worte fassen. 

Dass es eine Art Gegenöffentlichkeit gibt, habe ich erst völlig zufällig mit dem Artikel über einen aus dem Dienst suspendierten Berliner Lehrer herausgefunden. Aus reiner Neugier folgten dessen YouTube Beiträge, Bestellungen bei diversen Internet-Versandhändlern usw.

Die Sezession hat mich damals übrigens oft überfordert, das war einfach zu viel Stoff für mich, für den ich keinen Unterbau hatte. 

RMH

2. Dezember 2022 09:54

"Die USA zwingen uns ihre Kultur ja nicht auf. Wir übernehmen sie, weil wir nichts Besseres haben. Wo soll das Bessere herkommen? Darauf finde ich in der Sezession keine Antwort."

@Ordoliberal,

Es kommt mitnichten alles aus den USA und grundsätzlich werden den Kulturimporten, mal mehr und mal weniger gelungen, durchaus eigene Stempel aufgedrückt, die von den anderen Nationen oft stärker gewürdigt werden, als von uns selber. In der Popmusik bspw. der sog. Krautrock, die elektronische Musik, ja selbst im Heavy Metal gibt es klar erkennbare teutonische Ausprägungen und zu guter Letzt die Blues- und Folkmusik, die gerade in Deutschland zum Teil hervorragende Adaptionen und Verbindungen mit Traditionen von Romantik, Sturm u.  Drang u. Klassik eingegangen ist.

In der Malerei sind es auch deutsche Künstler, oft mit mitteldeutscher Herkunft/Prägung, die Millionenpreise erzielt haben (bestes Beispiel Gerhard Richter).

Evtl. sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht?

Gimli

2. Dezember 2022 11:04

@Sandstein

Erklärens mir gern erst einmal das Problem, dessen Teil ich sein soll. Steile Hypothese! Und mit der Einleitung „soll nicht blöd klingen“ als so ne Art Vorwegnahme des Gegenarguments zum einen, für andere Leser hier eine „capatatio benevolentiae“ scheinen Sie zu ahnen, dass sie ne Attacke reiten. 

Der Kakao ist ein prima Bsp für Vermengung der Kulturen. Kaffeetrinken wäre das andere Bsp. Es ist alles ein Amalgam.
 

Steil auch, die europ. Kultur so viel höher zu bewerten als die afrikanische. Das ist „falscher“ als Äpfel mit Birnen zu vergleichen. 

Ich fürchte, wir reden über versch. Ebenen; ich die betont sachlich wissenschaftliche, sie erleben die Welt eher mythisch ideell? Das ist mir fremd. Da bin ich wesensmäßig Ihrem Vater näher, obgleichgerade unter Physikern der Anteil Gläubiger überraschend hoch ist. Für mich ist Wissaschaft das, was bleibt, auch wenn man nicht daran glaubt. Die Psychologen kennen das: Religiöse Menschen denken die Welt meist teleologisch, suchen einen Sinn und Grund und mischen dann gern Koinzidenz, Korrelation und Kausalität. So denke ich nur in schwachen Momenten. 

Mitleser2

2. Dezember 2022 12:13

@FraAimerich: "Das wollen wir doch nicht hoffen, wäre auch naiv. Der Kapitalismus läßt sich genauso wenig "kontrollieren" wie die Technik."

Das schreibt sich leicht hin. Schwieriger ist es, hinzuschreiben, was den Kapitalismus und die Technik ersetzen soll. Individuell kann man das natürlich machen. Nur was machen Sie mit den restlichen 8 Mrd.?

 

Sandstein

2. Dezember 2022 12:15

@Gimli

Nein, das war als Anstoß gedacht, einmal Ihrerseits zu hinterfragen, was Ihnen denn fehlt bei Ihrer naturwissenschaftlichen Auslegung dieser Welt. Sonst wärens nicht hier, gell? Und zur Erklärung des Problems: "Vorwärts immer, rückwärts nimmer": Sie ignorieren gekonnt den aufschlussreichen Blick nach hinten, das verengt natürlich auch den Blick nach vorne.

Und ja, "obgleich gerade unter Physikern der Anteil Gläubiger überraschend hoch ist", damit haben Sie recht, wobei ich das "überraschend"streichen würde, ist es nämlich bei genauerer Betrachtung nicht. Dazu gibt es ein schönes Zitat von Einstein, das finden Sie bei Interesse von alleine. 

"Steil auch, die europ. Kultur so viel höher zu bewerten als die afrikanische. Das ist „falscher“ als Äpfel mit Birnen zu vergleichen." ..also für jemanden, der rational argumentieren möchte, bin ich ja auf gute Argumente gespannt. Dass ich "falsch" vergleiche, ist bloß eine Behauptung von Ihnen. Die Tatsachen sprechen für mich, ketzerische Frage: waren Sie mal in Rom?

..und weil wir Kaffee und Kakao trinken, ist unsere Kultur ein Amalgam der europäischen und mesoamerikanischen? Nein. 

Eine ideele Betrachtung der Welt kann übringes Ihnen nicht schaden. Möchte aber den Thread nicht weiter in die falsche Richtung biegen, es ging schließlich um die Sezession und: einen Blick nach hinten und Ausblick nach vorne, lieber Gimli Gloinssohn.

Gracchus

2. Dezember 2022 13:01

1. Das Frustrierende, ja für einige Bittere liegt wohl darin, dass man ja tatenlos zusehen muss, wie dieses Land sich zerstört. So verstehe ich den Leserbriefschreiber, und so nehme ich die Stimmung wahr, wobei viele sich das Denken verbieten oder vorziehen zu schweigen. 

Worte können ja auch Taten sein. Und es ist ja auch eine geistige Auseinandersetzung (vonnöten), die u. a. publizistisch ausgetragen wird. Daher befremdet mich das Ansinnen des Leserbriefschreibers an SiN bzw. Kubitschek. Kubitschek benennt ja auch die Projekte, die initiiert worden sind.

Was womöglich vielen auf der Seele brennt: was kann ich tun? Wie komme ich vom Denken ("im Grundsätzlichen kreisend") zum Handeln? Und wie kann ich wirksam handeln, ohne in Aktionismus zu verfallen? 

 

Gracchus

2. Dezember 2022 13:17

2. Mein Denken hat sich im jetzt zu Ende gehenden Jahr sehr der Anthroposophie angenähert, stelle ich fest. Die soziale Dreigliederung halte ich für ein intelligentes Konzept. Als rechts würde ich mich nicht bezeichnen; es gibt aber Anknüpfungspunkte oder ähnliche Fragen. Nur mit anderem Akzent: Eine deutsche Identität müsste nicht verteidigt, sondern erst noch gewonnen werden. Die moderne oder deutsche Identitätslosigkeit sehe ich nicht als negativ, sondern als Möglichkeit, oder anders gesagt: die Identität liegt im Werden. Die gegenwärtige linksliberale technokratische Herrschaft ist in meinen Augen auch nicht fortschrittlich, sondern repressiv, ich würde schon fast sagen, im Kern reaktionär. 

Gracchus

2. Dezember 2022 13:40

@Gimli

Warum haben Sie ihren Nick dann von einer "mythischen" Figur? Gimli = Zwerg = Troll? Sie wollen Naturwissenschaft als Mythos verkaufen! Wenn Sie Naturwissenschaft definieren sollten - oder die von Ihnen aufgebrachten Begriffe "Koinzidenz, Kausalität, Korrelation" - betreiben Sie dann Naturwissenschaft? 

Gracchus

2. Dezember 2022 13:48

@Ordoliberal 00:08: stimme ich zu. @RMH: Den eigenen Stempel aufzudrücken - diese Fähigkeit ist doch stark verlorengegangen. 

Hesperiolus

2. Dezember 2022 13:50

 

@ dojon86

„Catoni“ – nicht wahr? -

- Meine lateinische Hauptsentenz jedoch über die zurückliegenden Jahre: „Caesar non est supra grammaticos“, zur verGEZten Sprachschändung. - Fortsetzung des Abonnements bleibt für mich, selbst auf einer allzu kleinen antiquarischen Bibliothek sitzend und bemüht stilvoll verarmend, daher nur selten anderweitig rara erwerbend, anerkennendes Minimum persistenter Hochschätzung des Schnellrodaer Projekts und der gedruckten wertvollen Sezession! - Dabei hier bedauernd eine gewisse Zusammenziehung des Metapolitischen auf mehr und mehr (Proto-) Politisches und in litteris abominabel Zeitgenössisches, und den foralen Generationenwechsel mit gereizt lauter werdenden nostalgischen Marktanfreundern und andrerseits Kollektivisten, weitest ökoprimitiv Zugeneigten und (lächelnd bemerkt:) Atlantikern sowie spiegel(artig) informierten Allwisserrn; anglophilen Szientisten zudem. Von denen allen Kommentatoren dennoch immer wieder hinweisend etwas zu lernen. Was ihnen gedankt! Möge Maiordomus hier noch lange beitragen. Möge der hochgeschätzte ML sich mehr der romanischen als der anglophonen Welt und werdenden Gegenhegemonie zuwenden! - - Als randständiger Abonnent einfach ein jahresgeneigtes Danke an die Sezession und SiN!

 

Allnichts

2. Dezember 2022 14:09

1/2

Gimli:

Was Sie ansprechen, ist nicht alles Aufgabenbereich der Naturwissenschaften, aber grundsätzlich haben Sie Recht: "Deutsches Volk" oder auch "Deutsche Kultur" sind wissenschaftlich nicht eindeutig definierbar. Es gibt keinen Urdeutschen, keinen Urzustand einer deutschen Kultur oder etwas irgendwie Absolutes, die als Maßstäbe herangezogen werden könnten bei der Frage, wie deutsch jemand oder etwas ist. Alles ist im Fluss, alles hat eine Umgebung, alles hat eine Vorgeschichte, nichts ist isoliert, alles ist beeinflusst, vermengt und vermischt, am Ende wird gedeutet. So betrachtet ist der Spruch einer Linken, das deutsche Volk sei nur eine Konstruktion, nicht einmal falsch.

Allerdings weisen solche Einteilungen auf reale Gegebenheiten und Zustände hin. Der Menschenschlag, der in hiesigen Regionen eigentlich unterwegs ist und z.B. als deutsches Volk bezeichnet wird, ist nicht nur von Asiaten und Afrikanern unterscheidbar, sondern meist auch recht gut von den Bewohnern anderer europäischer Regionen. Ähnliches gilt für Kultur. Es ist also eher zu beanstanden, dass Kategorien wie Volk X oder Kultur X eine Einheit und Abgegrenztheit suggerieren, die real nicht gegeben sind. Völlig untauglich oder unangemessen sind sie aber nicht.

Allnichts

2. Dezember 2022 14:45

2/2

Die Sache läge anders, könnte die Entwicklung der Menschheit vollständig nachgezeichnet werden. Dies würde sowohl die tatsächliche Abstammungsgeschichte, die realen Verwandtschaftsverhältnisse als auch die kulturelle Vernetzung offenlegen, es könnte genau definiert werden, was sicherlich viele Vorteile hätte. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass das Ergebnis am Ende grundlegend anderes aussagen würde als das, was derzeit verbreitetes Urteil und Vorurteil ist.

Bei der Sezession dreht es sich um Kultur, Politik und Religion, dementsprechend ist die Leserschaft und der Kreis der Kommentatoren zusammengesetzt. Es sollte dann auch nichts anderes erwartet werden. Das hat durchaus seine Berechtigung und seinen Nutzen, ist im Grunde sogar ein Muss, allerdings wäre es wünschenswert, sähe nicht der überwiegende Teil der Rechten so aus. Mit einer politischen Bewegung, die auf Basis des aktuellen Wissenstandes sinnvolle Konzepte entwickelt und den gegenwärtigen sowie zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist, hat das so jedenfalls wenig zu tun.

Gotlandfahrer

2. Dezember 2022 15:01

@ Eo:

Danke für die Ergänzung und den Link, der leider bei mir auf eine Fehlermeldung führt.

Jedoch möchte ich Ihrer These, dass erst der linke Zeitgeist geknackt werden muss, um dann entsorgt werden zu können, widersprechen, sofern sein Geknacktwerden als ein Ergebnis von Anstrengungen allein "von unten" verstanden wird. Die Fähigkeit dazu ist sicherlich eine notwendige Zutat, weswegen ihre geistige Pflege auch mehr als löblich ist. Jedoch bliebe dies ewiges Üben, sofern sich nicht das Entscheidende auf der globalen Ebene vollzieht, von dem vermutlich viele, nicht nur hier, ich allen voran, kein wirklichkeitsgetreues Bild haben. Daher mein Wunsch nach mehr Ausguck oben. Denn der Zeitgeist, ein anderes Wort für Bewusstsein, und nur soweit bin ich Marxist, ist - ohne Gottvertrauen - von den Produktionsverhältnissen abhängig. Die wiederum sind geronnene Macht mal Technik. Sprechen wir von Macht, reden wir nicht in erster Linie über uns. 

das kapital

2. Dezember 2022 17:00

Willkommen im großen Theater.

Ihr habt Euch Euren festen Platz im Spielplan erobert und erhalten.

Trotz viel Gegenwind nicht nur von der großen Windmaschine Haldenwang.

Die Linken gehen gerade auf´s Ganze und zerstören die Realwirtschaft.

Die Energiewende ins Nichts kostet alle das, was die Generationen seit 1945 aufgebaut haben.

Da braucht es mehr als großes Theater.

Da braucht es echtes Gegengift.

Das grüne Gift behauptet aber, es sei Honig und viel zu viele glauben den Fliegen, dass sie nicht Kot versammelt hätten, sondern Blütenstaub.

Deutschland verreckt am grünen Gift.

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