Wiedervorlage – Ernst Nolte als Vordenker

Heute vor 100 Jahren wurde Ernst Nolte geboren. Wir begehen das Jubiläum dieses Geschichtsdenkers mit zwei Wiedervorlagen und einem Live-Gespräch:

Ers­tens ver­öf­fent­li­chen wir erst­mals online den Text, den Sieg­fried Ger­lich über Ernst Nol­te für den Vor­den­ker-Band des Staats­po­li­ti­schen Hand­buchs schrieb. Zwei­tens wer­den wir auf ein Gespräch mit Nol­te und auf zwei sei­ner Tex­te ver­wei­sen, die in der Sezes­si­on erschienen.

Drit­tens sind Erik Leh­nert und Götz Kubit­schek heu­te Abend ab 19.30 Uhr im Gespräch über Nol­te und sein Werk. Sie kön­nen die­ses Gespräch live ver­fol­gen im Kanal Schnell­ro­da auf you­tube – hier ein­se­hen und abonnieren!

Nun aber zunächst Ger­lich über Nolte.

– – –

Mit dem Namen Ernst Nol­te (1923–2016) ver­bin­det sich eine ein­zig­ar­ti­ge his­to­ri­sche Durch­drin­gung des Faschis­mus in sei­ner Epo­che, aber auch jene als „His­to­ri­ker­streit“ fir­mie­ren­de geschichts­po­li­ti­sche Kon­tro­ver­se, die seit­her eine unbe­fan­ge­ne Sicht auf das impo­san­te Lebens­werk ver­stellt hat. Im Zen­trum des Nol­te­schen Geschichts­den­kens, wel­ches bei aller wis­sen­schaft­li­chen Soli­di­tät nicht zuletzt durch sei­ne phi­lo­so­phi­schen Valen­zen besticht, steht jedoch unbe­streit­bar der Nationalsozialismus.

Immer­hin fie­len Nol­tes Kind­heits­jah­re mit denen der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Bewe­gung weit­ge­hend zusam­men, und die frü­he Erfah­rung, in einem Zeit­al­ter gro­ßer ideo­lo­gi­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen zu leben, soll­te für sein Den­ken weg­wei­send sein. War zunächst ein groß­deut­scher Katho­li­zis­mus pazi­fis­ti­scher Prä­gung „die geis­ti­ge Welt, in der ich auf­ge­wach­sen war“, so wur­de für den Frei­bur­ger Stu­den­ten die Begeg­nung mit Mar­tin Heid­eg­ger bestim­mend, des­sen phi­lo­so­phi­sche Leh­re ihm das geläu­ter­te Erbe nicht nur des Katho­li­zis­mus, son­dern der abend­län­di­schen Meta­phy­sik ins­ge­samt anzu­tre­ten schien.

Wäh­rend der Kriegs­jah­re aller­dings emp­fand Nol­te das unver­dien­te Pri­vi­leg, stu­die­ren zu dür­fen, wäh­rend die Schul­ka­me­ra­den an allen Fron­ten kämpf­ten und sein jün­ge­rer Bru­der in der Nähe von Sedan fiel, als eine schwe­re Last, die er fort­an durch die selbst­auf­er­leg­te Ver­pflich­tung zur geis­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zung mit den tie­fe­ren Ursa­chen der deut­schen Kata­stro­phe abzu­tra­gen suchte.

So betrieb Nol­te nach Kriegs­en­de – neben sei­ner regu­lä­ren Tätig­keit als Gym­na­si­al­leh­rer für Deutsch und alte Spra­chen – umfang­rei­che zeit­ge­schicht­li­che Stu­di­en, als deren Ergeb­nis er 1963 sei­ne grund­le­gen­de Arbeit Der Faschis­mus in sei­ner Epo­che prä­sen­tier­te, mit der er sich an der Uni­ver­si­tät Köln habilitierte.

Von 1965 ab lehr­te Nol­te an der Uni­ver­si­tät Mar­burg Neue­re Geschich­te, bis er 1973 an die Freie Uni­ver­si­tät Ber­lin beru­fen wur­de, wo er bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung im Jah­re 1991 wir­ken soll­te. Zwi­schen­zeit­lich führ­ten ihn zahl­rei­che Gast­auf­ent­hal­te nach Hol­land, Eng­land, Frank­reich, USA, Isra­el und nicht zuletzt nach Ita­li­en, wel­ches für den Wahl­ber­li­ner gleich­sam zur zwei­ten Hei­mat gewor­den ist.

Der Faschis­mus in sei­ner Epo­che bil­de­te den Grund­stein für Nol­tes eben­so eigen­stän­di­gen wie eigen­wil­li­gen Denk­weg. Alle Leit­mo­ti­ve, die in spä­te­ren Wer­ken wei­ter­ent­wi­ckelt und abge­wan­delt wer­den, fin­den sich hier bereits keim­haft ange­legt. Mit sei­ner euro­päi­schen Gene­ra­li­sie­rung des Begriffs Faschis­mus und des­sen ideo­lo­gie­his­to­ri­scher Defi­ni­ti­on als Anti­mar­xis­mus eröff­ne­te Nol­te eine neue wis­sen­schaft­li­che Per­spek­ti­ve ver­glei­chen­der For­schung, und mit sei­ner Ver­or­tung ins­be­son­de­re der radi­kal­fa­schis­ti­schen Ideo­lo­gie des Natio­nal­so­zia­lis­mus in der fran­zö­si­schen Tra­di­ti­on der Gegen­re­vo­lu­ti­on wie­der­um über­wand er das nega­tiv natio­na­lis­ti­sche Para­dig­ma des deut­schen Sonderwegs.

In den fol­gen­den Büchern Deutsch­land und der Kal­te Krieg (1974) und Mar­xis­mus und Indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on (1983) faß­te Nol­te sodann das welt­his­to­ri­sche Nach­spiel sowie die ideo­lo­gie­his­to­ri­sche Vor­ge­schich­te der faschis­ti­schen Epo­che in den Blick. So run­de­ten sich die ers­ten gro­ßen Wer­ke zu einer Tri­lo­gie, die nicht weni­ger bot als „eine Geschich­te der Ent­ste­hung, des Prak­ti­sch­wer­dens und des Schei­terns der gro­ßen moder­nen Ideologien“.

Stets hat Nol­te sich von Ideo­lo­gien als den tiefs­ten bewe­gen­den Kräf­ten der Geschich­te fas­zi­niert gezeigt. Daß sich ihm als Grund­fi­gur aller his­to­ri­schen Dyna­mik immer mehr das dia­lek­ti­sche Wech­sel­spiel von „lin­ker“ oder revo­lu­tio­nä­rer Her­aus­for­de­rung und „rech­ter“ oder gegen­re­vo­lu­tio­nä­rer Erwi­de­rung auf­dräng­te, muß­te schließ­lich zu einer Revi­si­on sei­ner euro­zen­trisch selbst­be­zo­ge­nen Deu­tung des Faschis­mus füh­ren, wel­chen es nun­mehr in den welt­his­to­ri­schen Bezug zum Kom­mu­nis­mus als sei­ner con­di­tio sine qua non zu set­zen galt.

Die­sen Per­spek­ti­ven­wech­sel streng­te Nol­te in sei­nem umstrit­tens­ten Werk Der euro­päi­sche Bür­ger­krieg 1917–1945. Natio­nal­so­zia­lis­mus und Bol­sche­wis­mus (1987) an, wor­in er jene his­to­ri­sche Grund­dia­lek­tik an die­sen bei­den tota­li­tä­ren Ideo­lo­gien exem­pli­fi­zier­te, wel­che durch einen „kau­sa­len Nexus“ mit­ein­an­der ver­bun­den sei­en und somit in „feind­li­cher Nähe“ zuein­an­der stünden.

An Nol­tes Zuspit­zung die­ses Theo­rems auf das Ver­hält­nis zwi­schen „Gulag“ und „Ausch­witz“ ent­zün­de­te sich der His­to­ri­ker­streit, obgleich Nol­te gera­de auf­grund sei­nes Ver­gleichs des rus­si­schen „Ori­gi­nals“ (der sozia­len Klas­sen­ver­nich­tung) mit der deut­schen „Kopie“ (der bio­lo­gi­schen Ras­sen­ver­nich­tung) zur Dia­gno­se der Ein­zig­ar­tig­keit des Holo­caust gelang­te. Sei­ne bedeut­sams­te kon­zep­tio­nel­le Neue­rung bestand indes­sen in der Ent­wick­lung einer his­to­risch-gene­ti­schen Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie, die sich als eine Syn­the­se aus der his­to­ri­schen Faschis­mus- und der struk­tu­rel­len Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie darstellt.

Das Erschei­nen sei­ner Streit­punk­te (1993), in denen Nol­te sich pro­gram­ma­tisch mit revi­sio­nis­ti­schen Posi­tio­nen der Geschichts­wis­sen­schaft aus­ein­an­der­setz­te, ließ ihn hier­zu­lan­de voll­ends zur per­so­na non gra­ta wer­den. In geis­ti­ger Ver­ein­sa­mung schrieb er sein nicht nur an Umfang rei­ches Spät­werk His­to­ri­sche Exis­tenz (1998), wel­ches noch ein­mal alle gro­ßen Leit­mo­ti­ve sei­nes Den­kens zu uni­ver­sal­his­to­ri­scher Ent­fal­tung brach­te, nicht ohne ihnen einen phi­lo­so­phisch-anthro­po­lo­gi­schen Reso­nanz­bo­den zu ver­schaf­fen. Eine neu­er­li­che Per­spek­ti­ve­n­er­wei­te­rung soll­te Nol­te mit sei­nem gegen­warts­be­zo­ge­nen Buch Die drit­te radi­ka­le Wider­stands­be­we­gung: Der Isla­mis­mus (2009) vor­neh­men, bevor er als sein „letz­tes Wort“ schließ­lich Spä­te Refle­xio­nen (2011) publi­zier­te, die the­ma­tisch um Juden­tum und Zio­nis­mus krei­sen und sich wie ein poin­tier­tes Resü­mé all sei­ner revi­sio­nis­ti­schen The­sen und Ten­den­zen ausnehmen.

Wenn­gleich Nol­tes Den­ken eine zuneh­mend kon­ser­va­ti­ve Ent­wick­lung mit zuwei­len radi­kal rech­ten Par­tei­nah­men durch­lau­fen hat, steht sein geis­ti­ger Kon­ser­va­tis­mus doch nur sekun­där für eine poli­ti­sche Hal­tung; pri­mär kommt ein alt­mo­disch anmu­ten­des Pathos der Distanz dar­in zum Aus­druck, wel­ches Nol­te stets als eine unab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung aller Wis­sen­schaft behaup­tet und gegen poli­ti­sie­ren­de Zudring­lich­kei­ten ver­tei­digt hat. Immer­hin wird die phi­lo­so­phi­sche Spann­brei­te sei­nes Geschichts­den­kens von den Eck­stei­nen Marx und Nietz­sche mar­kiert. Nol­te selbst bekann­te, es gebe in sei­nem Werk eben­so vie­le lin­ke wie rech­te The­sen, und damit ste­he er „gleich­sam zwi­schen den Fron­ten, wo es nicht eben behag­lich ist“.

Als kon­ser­va­ti­ver Libe­ra­ler Nol­te hat immer wie­der die Frei­heit des Men­schen und die Offen­heit der Geschich­te betont, aber am inten­sivs­ten soll­te er sich doch an den tra­gi­schen Aus­weg­lo­sig­kei­ten und kata­stro­phi­schen Ein­brü­chen der his­to­ri­schen Exis­tenz des Men­schen abar­bei­ten, ohne daß er sich als nach­ge­bo­re­ner His­to­ri­ker ein ein­deu­ti­ges mora­li­sches Urteil gestat­tet hät­te. Gera­de die pro­fun­den Ambi­va­len­zen sei­nes viel­schich­ti­gen Lebens­wer­kes stel­len eine uner­schöpf­li­che und alle­mal berei­chern­de Her­aus­for­de­rung zum Nach­den­ken über Geschich­te dar.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (17)

Laurenz

11. Januar 2023 14:59

EL & GK heute Abend ab 19.30 Uhr im Gespräch über Nolte

Schön, schön

mit den tieferen Ursachen der deutschen Katastrophe abzutragen suchte.

Die Ursachen liegen eindeutig im ethnisch motivierten Vernichtungswillen der Gegner Deutschlands. Entweder blutet Deutschland zugunsten der Gegner, wie in der Weimarer Zeit oder heute unter dem Neo-Maoismus der Berliner Junta oder man wehrt sich dagegen, ähnlich den Japanern, aussichtslos. Damals war anscheinend nur der Faschismus in der Lage, gegenzuhalten. Heute reicht es schon, auf ehemals sozialdemokratischer Kanalarbeiterebene altlinks-konservativ zu sein, um als Dissident oder Oppositioneller zu gelten. Quam tempora mutantur.....

Italien, welches für den Wahlberliner gleichsam zur zweiten Heimat geworden ist.

Hört sich schon stark nach Toskana-Fraktion an. Sollten wir nicht alle nach Italien ziehen?

der sozialen Klassenvernichtung (Gulag)

Das ist nur bedingt korrekt. In der Sowjetunion tobte intern durchaus, neben dem sozialen -, ein ethnischer Konflikt.

Niekisch

11. Januar 2023 17:06

Ernst Nolte ist für mich der Ernst Niekisch der Historiographie: Unbestechlich im geistigen Unabhängigkeitstreben...Finaler Revisionist war er nicht: "Ich erwarte zuversichtlich, daß in Zukunft das Nachdenken in der wissenschaftlichen Literatur über den Nationalsozialismus einen größeren Platz einnehmen wird und daß dann auch jene potentiellen Kontroversen ausdrücklich zum Thema werden, denen der letzte Teil dieses Buches gewidmet ist" ( Nolte, Ernst, Streitpunkte..., Propyläen 2. Auflage 1994, S. 431 )

Gotlandfahrer

12. Januar 2023 00:23

Das Gesamtwerk Noltes ist mir, Philosophie-Banause, allein durch den Dialog von GK und Dr. L. in seiner Auffächerung klar geworden. Danke.

Für mich stand er bis dato nur - aber eben nicht "nur" sondern genau deshalb - als tapferer Alleinkämpfer im Historikerstreit gegen den Systempampers-Goliat, der sich - angeblich - belastende Papiere durch die Hasenscharte zog, auf einem Heldensockel. 

In Anbetracht dieses Dankes und Respekts offenbare ich eine meiner abgründigen Assoziationen zu Nolte, die mir stets bei Nennung seines Namens in den Sinn kommt, ohne dass ich mich dagegen wehren kann. Diese mag unangemessen oder "lustig" erscheinen, aber nicht ehrenrührig, denn beiden Noltes ist gemein, dass sie quasi mit polizeilichen Fahndungsfotos ins "kollektive" Gedächtnis eingingen weil sie "auf der falschen Seite" fuhren. "Two Mug Shots", das ist wie für Konservatismus und Liberalität gleichermaßen verhaftet zu werden:

https://www.youtube.com/watch?v=KIEjsfaGtmQ

 

RMH

12. Januar 2023 06:08

Die, die irgendwo ein Uni-Budget haben, singen offenbar lieber das Lied von dem, dessen Brot sie essen. Und damit ist noch nicht einmal gemeint, dass man unbedingt einen Body Count Revisionismus alá Neonazis betreiben will, es fängt doch schon da an, wo einstmals Nolte selber begonnen hat: Alleine die Einordnung des NS in größere, über Deutschland hinaus greifende Zusammenhänge, ist doch schon der Beginn dessen, was heute mit den Schlagwort der Relativierung tot geschlagen wird. Nolte steht für eine Zeit, wo man Historikerstreite zumindest noch deutlich lädiert (Brandanschläge gab es bereits damals) und mit Professor-Titel überleben konnte (eigentlich war das damals bereits ein Menetekel, wohin die Reise geht - und um der Karriere willen haben sich sog. Wissenschaftler & Medienleute gerne die Finger schmutzig gemacht). Heute undenkbar, man würde sofort und ohne Streit knallhart gecancelt werden. Insofern mahnt uns die Erinnerung an Nolte auch daran, dass es einmal eine Zeit gab, wo es selbst unter den spezifischen Gegebenheiten eines Nachkriegsdeutschlands mehr Freiheit gab als heute. Auch im Jahr 2023 bleibt für mich daher das Thema Freiheit für jede Opposition wichtiger, als das Predigen irgendwelcher sozialer Wohltaten.

Laurenz

12. Januar 2023 10:21

@RMH

als das Predigen irgendwelcher sozialer Wohltaten.

Das ist grundsätzlich ein 2schneidiges Schwert. Wenn wir innerhalb eines Jahres per Bustransfers das Sozialamt der Ukraine geworden sind, und das 8fache der dortigen Rente auszahlen, mag das Freiheit für Ukrainer implizieren. Jemand, der 12/6 arbeiten muß, um gerade so über die Runden zu kommen, besitzt nicht ein Jota Freiheit. Aber wir wissen, daß Ihr Kopf, wie der anderer liberaler da blockiert. Vielmehr stellt sich die Frage, wie man die Freiheit gestaltet? Mit Netflix? Warum kaufen wir Netflix nicht?

Waldgaenger aus Schwaben

12. Januar 2023 12:46

Ernst Noltes Argumente in "Der Faschismus in seiner Epoche" sind:

  1. Faschismus als Reaktion auf Kommunismus: Nolte argumentiert, dass der Faschismus in Europa, einschließlich des Nationalsozialismus in Deutschland, als Reaktion auf die Bedrohung durch den Kommunismus entstanden ist. Er argumentiert, dass dieser Zusammenhang von der historischen Forschung vernachlässigt wurde.
  2. Nationalsozialismus als lateinamerikanischen Faschismus: Nolte argumentiert, dass der Nationalsozialismus in Deutschland eine Art "lateinamerikanischen Faschismus" war, der sich von anderen europäischen Faschismus unterscheidet.
  3. Vergleichbarkeit von Nationalsozialismus und anderen Faschismus: Nolte argumentiert, dass der Nationalsozialismus und der Holocaust nicht als einzigartig oder unvergleichlich betrachtet werden sollten, sondern in einen größeren historischen Kontext eingebettet werden müssen. Er argumentiert, dass dieser Vergleich notwendig ist, um ein tieferes Verständnis der historischen Entwicklungen zu erlangen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Argumente von vielen Historikern und Intellektuellen kritisiert wurden, die argumentieren, dass Nolte die Verbrechen des Nationalsozialismus bagatellisiert und die historische Verantwortung Deutschlands für den Holocaust leugnet.

 

Waldgaenger aus Schwaben

12. Januar 2023 12:47

Mein Beitrag war die Anwort des  seit Ende Novemeber 2022 frei verfügbaren KI chatbots "chatGPT" auf die Frage:

Welche Argumente sprechen für die Thesen in Ernst Noltes Werk "Der Faschismus in seiner Epoche" ?

 

Ein gebuertiger Hesse

12. Januar 2023 14:17

@ Gotlandfahrer

Großartig Ihr Hinweis auf den "anderen" Nolte. SO geht Selbstdenken.

Niekisch

12. Januar 2023 15:54

Das Lehnert-Kubitschek-Gespräch zu Ernst Nolte habe ich gerade eben zu Ende gehört. 2 anstrengende Stunden ohne Alkohol meinerseits, E.L. und G.K. hingegen haben ganz schön gepitscht, was aber dem hohen Niveau der Diskussion keinen Abbruch tat. Eine Delle war nur beim Thema Marxismus zu erkennen. G.K. hat Noltes "Streitpunkte" für denjenigen empfohlen, der wenigstens ein Werk lesen will. Volltreffer! Denn gerade für junge Menschen ist die Verdichtung auf die wesentlichen Geschichtsfragen  des 20. Jahrhunderts sowie eine Auseinandersetzung mit den Revisionisten besonders wichtig. 

E i n  Gedanke kam leider nicht zur Sprache und sollte hier vielleicht einmal zur Diskussion gestellt werden: Ob nämlich mit Nolte der Nationalsozialismus tatsächlich eine übersteigert radikale Variante des Faschismus gewesen ist oder nicht ein originär mitteleuropäischer Nationalismus mit unsystemisch sozialistischen Elementen nicht zur Staatsverbesserung wie in Italien, sondern zur Volksbehauptung - und verbesserung für Deutschland. 

Ordoliberal

12. Januar 2023 23:00

@RMH

Auch im Jahr 2023 bleibt für mich daher das Thema Freiheit für jede Opposition wichtiger als das Predigen irgendwelcher sozialer Wohltaten.

Den Sozialpatrioten ins Stammbuch geschrieben.

Maiordomus

13. Januar 2023 07:02

Für mich war Nolte ab meiner Zeit als Hochschulstudent, also um 1968 ein Begriff, als man vermehrt begann, statt über Nationalsozialismus, welchen Begriff Walther Hofer gegen die linken Berliner vom Faschismus abgrenzte, allgemein über "Faschismus" zu diskutieren, bei Gefahr v. Begriffsverwirrung, wonach autoritäre nichtkommunistische Regime sowie, man sagte zwar noch nicht so, Rechtspopulisten aus Feindbildsicht als Faschisten qualifiziert wurden, z.T. auch ich als damaliger Jung-Konservatier, der sich zwar kritisch, aber mit Kenntnissen vor Ort bei Besuchen der Landbevölkerung im Peloponnes auf Basis relativen Verstehens mit der Entwicklung in Griechenland nach dem Militärputsch von 1967 etwa mit der interessanten Persönlichkeit Pattakos befasste. Dass die Putschisten  "Anasthasis" oder "Epanasthasis" (Revolution) auf Plakate schrieben, ging in Richtung Faschismus und kam mir eher links vor. Nolte hielten wir Studenten nicht für einen Rechten, sondern für einen typisch deutschen Theoretiker, welcher den NS in einen Zusammenhang einordnen wollte, was ihm gelungen schien. Dabei hatte ich ihn vordergründig im Verdacht, dem kommunistischen Faschismus-"Begriff"  nahe zu stehen, ordnete ihn also eher links als rechts ein. Er wurde auch von Linken ernst genommen.  

Niekisch

13. Januar 2023 13:19

"bei Besuchen der Landbevölkerung im Peloponnes"

@ Maiordomus 13.1. 07:02:  Wenn Sie im Mai/Juni 1967 dort waren, dann sind wir uns vielleicht über den Weg gelaufen. ich habe damals mit der Abi-Klasse eine Rundfahrt durch Griechenland, insbesondere auf der Peleponnes unternommen. Angesichts der vielen aus weißen Steinen gebildeten Kronen an den Berghängen kam mir das Ganze eher monarchistisch vor. Zufällig liefen wir an einem Freiluftgefängnis vorbei und einer der jungen Gefangenen fragte mich: Echete kappnos pipas? Ich reichte ihm daraufhin von meinem Pfeifentabak über den Zaun, worauf ersich artig bedankte und sich schnell entfernte, weil ein uniformierter Aufseher aufmerksam wurde.

Mir kam Ernst Nolte damals nicht "links" vor, weil der Begriff für mich schon damals bloß den Blick verengend war.

kikl

13. Januar 2023 23:38

Für mich ist Nolte vor allem als Symbol wichtig. An ihm wurde ein Exempel statuiert. Für seine Thesen - ob richtig oder falsch, ist erst mal nicht wichtig - wurde er öffentlich niedergemacht und danach aus der Öffentlichkeit verbannt. Der "Historikerstreit" wurde nicht wissenschaftlich geführt - die Verteufelung des intellektuellen Dissidenten war die Taktik.

Mit dem Historikerstreit wurden auch Tabus errichtet. Die Singularität des Holocausts, war eines der Tabus. Der "historische Revisionismus" wurde zu einem Schimpfwort. Diese Dogmen sind weiterhin unangreifbar und eine freie Debatte ist nicht möglich.

Diese Vorgehensweise hat Schule gemacht, so dass auf keinem mit Tabus verminten Feld noch freie Debatten stattfinden können. Insofern markiert der Historikerstreit den Beginn der Entwicklung Deutschlands von einer liberalen Gesellschaft in eine autoritäre Scheindemokratie. Der Raum des Sagbaren schrumpft immer weiter zusammen.

Ernst Nolte hat sich nicht beugen lassen und hat für seine Meinungsäußerungen die Strafe der gesellschaftlichen Ächtung auf sich genommen. Insofern ist er ein charakterliches und intellektuelles Vorbild für alle, die eine Gesellschaft anstreben, in der man ohne Furcht Meinungen äußern kann, die von der polit-medialen Elite nicht geschätzt werden. 

Niekisch

14. Januar 2023 13:55

"Mit dem Historikerstreit wurden auch Tabus errichtet. Die Singularität des Holocausts, war eines der Tabus."

@kikl 13.1. 23:38: Ausnahmsweise verweise ich ich auf Holocaustleugnung – Wikipedia, um nicht zu weit ausführen zu müssen. Nicht erst Ernst Nolte, sondern einige Menschen mehr waren mit den Tabus konfrontiert, sogar Armin Mohler. Meine Unbedeutsamkeit hatte in den 70iger Jahren in einem Leserbrief  an die Lokalzeitung einen Opferzahlenvergleich angestellt, in dem es um die Vertreibung der Sudetendeutschen ging. Sofort erhielt ich ein Ermittlungsverfahren wegen "Volksverhetzung" unter Beschlagnahmung großer Teile meiner Bibliothek. Das Verfahren wurde erst nach einem Jahr eingestellt, erst viel später bekam ich die letzten Bücher zurück. Auch Ihr großes Vorbild Ernst Nolte hat nicht an der "Singularität" gerüttelt und weit weniger Nachteile in Kauf genommen als andere Geschichtsforscher, ist diesen genau besehen sogar in den Rücken gefallen ( vgl. die "Streitpunkte", S. 381 ff. ), weil er die letzte Konsequenz gescheut hat. 

kikl

14. Januar 2023 23:45

@Niekisch

Nolte hat selber nicht die Singularität des Holocausts angezweifelt, aber es war ein zentrales Thema des Historikerstreits, das indirekt von Noltes "kausalem Nexus" angestoßen wurde.

Es gab sicherlich andere Dissidenten, die weit mehr Nachteile erlitten haben. Nolte hat sich dafür eingesetzt, dass er mit seinen intellektuellen Gegnern - den Holocaustbezweiflern - offen streiten darf. Auch das ist ein Tabu. Wer sich für die Meinungsfreiheit der "Holocaustleugner" einsetzt, wird auch geächtet.

Natürlich gab es schon vor dem Historikerstreit autoritäre Tendenzen in Deutschland. Aber er markiert meiner Meinung nach eine starke Radikalisierung des Kampfs gegen die Meinungsfreiheit, der ironischerweise angeführt wurde vom Papst der Diskursethik, Habermas. Seitdem herrschen Tabus und die "political correctness" und die Linke fürchtet allenthalben die Verschiebung des Sagbaren.

Ein Fremder aus Elea

15. Januar 2023 09:28

Die Bayerische Räterepublik war ein westlicher Kratzer am Kapitalismus, außerdem waren nicht nur Marx und Engels Deutsche, sondern Lenin wurde auch von D nach St Petersburg gekarrt, Trotzki 16 in NY zur Kontaktpflege vom deutschen Botschafter ausgehalten, und da die deutschen Institutionen 18 zusammenbrachen, war D ungefestigt genug, um politischen Bewegungen jeglicher Couleur die Möglichkeit zu bieten, sein politisches System ihren Vorstellungen gemäß zu ändern, ob nun mit internationaler Hilfe oder ohne.

Hitler wurde 33 nicht gewählt, weil die Deutschen Angst vor Stalin hatten. Trotzki hat es aus seiner Feindschaft zu Stalin heraus behauptet, und 41 konnten viele europäische Freiwillige unter dem Banner der Verteidigung des Abendlandes rekrutiert werden, aber Hitler wurde 33 schlicht als beste Wahl für die Neuordnung Ds betrachtet, welche nach der Niederlage im WK1 und der Weltwirtschaftskrise notwendig geworden war.

Der Kommunismus hingegen wurde im WK1 von D als Waffe, nämlich Gift, gegen Rußland eingesetzt, und das ist die seitdem vorherrschende Meinung in militärischen Kreisen, welche sie zuletzt in den 70er Jahren beunruhigte, heute aber irrelevant geworden ist, da das Militär selbst einen Zombiekommunismus für die politische Meinungsbildung finanziert, damit sich in letzterer keine natürlichen Tendenzen zeigen. Letzteres hat Nolte freilich gesehen, also daß es natürliche Tendenzen gibt, welche sich im Kommunismus verdichten. Nun aber nicht mehr, da die Meinungsbildung inzwischen vollständig gesteuert sein dürfte. Hochmut -> Fall

Kurativ

16. Januar 2023 04:44

Wenn man den Kern einer Sache getroffen hat, dann fangen die links-grünen Geschichtsverfälscher an, mit maximaler Lautstärke rumzuheulen, um vom eigentlichen Sachverhalt abzulenken. Ihr Weltbild gerät ins wanken und man versucht die eigene Traumwelt zu retten.

Jedes Geschichtsereignis ist in Singular und auch nicht. Je nach Sichtweise. Die religiöse Überhöhung von "Auschwitz" durch die Gesetze der BRD ist aus meiner Sicht ein großer Fehler und schon selbst eine geschichtliche Verfälschung, welche weitere Verfälschungen zur Folge hat.

Die Literatursendungen von Erik Lehnert und Götz Kubitschek sind jedes mal ein großes Vergnügen und lehrreich zu schauen.

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.