Oder sind sie notwendige Erkenntniswerkzeuge, um die “geistige Situation der Zeit” (Karl Jaspers) zu umfassen?
In meinem letzten Beitrag auf diesem Blog habe ich zur Zeitspanne der nächsten Jahre auf einen Autor verlinkt, der nähere Beschäftigung verdient. Michael Wolski habe ich im letzten Sommer kennengelernt, und nun ein schriftliches Interview mit ihm geführt.
Ein mündliches Interview hat er vor kurzem dem alternativen Sender AUF1 gegeben. Ich möchte hier neben Wolskis historischer These vor allem meinen eigenen Nachfragen Platz einräumen und dann die Debatte eröffnen, auch mit Blick auf den ersten Satz des von Lichtmesz vorgestellten Konspirationistischen Manifests.
SOMMERFELD: Lieber Michael Wolski, Sie kommen in Ihrem Buch 1989 – Mauerfall Berlin zu dem Schluß, daß die “friedliche Revolution” ein Narrativ ist, das bloße Platzhalterfunktion hat. Thor von Waldstein schreibt im Vorwort zu seinem wunderbaren Buch Der Zauber des Eigenen, er sei
… 1989 in der Hoffnung auf eine politische Wende nach Berlin gefahren. Nach wahrhaft traumhaften Szenen am Potsdamer Platz, wo uns die Inkarnation der deutschen Ohnmacht, die Mauer, sprichwörtlich vor die Füße gefallen war, schien es uns damals, als ob das Verblühen unserer Jugend einherginge mit dem Wiederaufblühen unserer geliebten deutschen Nation. Die Erinnerung an jene glücklichen Tage gehört zu dem Unzerstörbaren in meinem Leben. Zugleich gemahnt sie an die alte Weisheit, daß der Ausgang der Geschichte offen ist.
Soll Ihre These von Waldsteins “Unzerstörbares” zerstören?
MICHAEL WOLSKI: Der 9. November 1989 markierte mit dem Mauerfall in Berlin den Auftakt zum Zerfall der Sowjetunion und damit das Ende des Staatssozialismus in Europa. Zeitgleich bauten auch China, die Mongolei und Vietnam ihre Gesellschaftssysteme um.
Mehr als zwei Milliarden Menschen wurden somit in die westliche, auf dem US-Dollar basierende Weltwirtschaft eingegliedert. Das weltweit auch noch heute gebrauchte Narrativ für den Auslöser des Mauerfalls ist die Erzählung von den friedlichen Revolutionären, die die Regierung dazu brachten, die Berliner Grenzübergänge zu öffnen – sodaß diese dann nicht mehr zurückkonnte. Das alles unter den Augen von 340 000 sowjetischen Besatzungssoldaten, die still in ihren Kasernen saßen. Eine Erzählung vom Zufall.
SOMMERFELD: Und Sie glauben, das war kein Zufall? Mein Mann Helmut Lethen hat einmal in einem Aufsatz über “Magisches Denken” geschrieben, der Satz “Das kann kein Zufall sein” charakterisiere nach Arnold Gehlen eben das magische Denken, das den Ordnungsgrad der Welt überschätzt. Können Sie diesen Vorwurf der “Zufallstheoretiker” für die von Ihnen erlebte und untersuchte Epoche widerlegen?
WOLSKI: Mittlerweile sind über 30 Jahre vergangen und sowjetische Diplomaten, Politiker aller Couleur und Zeitzeugen veröffentlichten ihre Sicht zum Mauerfall. 2010 erhielt ein ehemaliger Mitarbeiter des DDR-Militärgeheimdienstes – der an der “Aktion Mauerfall” beteiligt war – einen Brief aus Moskau, verfaßt vom letzten Leiter der “Operation Ljutsch” (einer Struktureinheit des damaligen sowjetischen Militärgeheimdienstes GRU). Dieser Brief enthielt eine Liste einiger an der Aktion “Ljutsch” Beteiligten in Osteuropa und Ost-Berlin, und die Bitte, daraus etwas für die Nachwelt zu machen. Es entstand der 2015 veröffentlichte Roman Operation Ljutsch.
SOMMERFELD: Was hatten Sie selbst damit zu tun?
WOLSKI: Ich hatte als Verbindungmann des DDR-Außenhandels im Büro eines US-Konzerns in Ostberlin schon zwischen 1986 und 1990 Ereignisse bemerkt, die ich mir nicht erklären konnte. Nachdem ich vom Konzern übernommen und nach Moskau versetzt worden war, lernte ich viele interessante Zeitzeugen kennen, die mir ihre Sicht des Mauerfalls mitteilten. So faßte ich den Entschluß, nach Eintritt ins Rentenalter über den Mauerfall und seine Hintergründe ein Buch zu schreiben. Das Buch 1989 Mauerfall Berlin – Auftakt zum Zerfall der Sowjetunion erschien 2019. Im Jahr 2021 ergänzte ich es um die Ereignisse vom 24.12.1989 in Moskau, wo die deutsch-russischen Verträge von 1939 für ungültig von Anfang an erklärt wurden.
SOMMERFELD: So weit, so interessant, gerade für mich als Westkind. Ihre These ist nun, daß die Selbstabwicklung der Sowjetunion (und in der Folge dann der Mauerfall und das Ende der DDR) von langer Hand geplant gewesen sind. Das erscheint dem unbedarften Leser zunächst nicht plausibel. Wieso sollte sich ein solch gigantischer und über Jahrzehnte erfolgreicher “ideologischer Staatsapparat” (Louis Althusser) wie die Sowjetunion selbst zerstören wollen?
WOLSKI: Kurze Zeit nach Erscheinen der zweiten Auflage meines Buches teilte mir ein Leser mit, daß es einen Pakt der vereinigten Ur-Logen der Freimaurer gäbe, der bereits 1981 forderte, die Sowjetunion aufzulösen und die deutsche Einheit herzustellen. Höchstgradfreimaurer hätten dazu 2014 in einem Buch die Öffentlichkeit informiert.
So wurde sichtbar, daß der 9.11.1989 kein Zufall war. Die Gründung der “Gruppe Ljutsch” Anfang 1982 durch den KGB-Chef Andropow erfolgte nicht zufällig, sondern war eine Maßnahme des Pakts zur Abwicklung der Sowjetunion. Den ersten Befehl erhielt Ljutsch von Gorbatschow 1985, um den Generalstab zu säubern und ihn mit Gorbatschows Gefolgsleuten zu ersetzen. Im Rahmen der Ljutsch-Aktion Kremlflug von Mathias Rust 1987 wurden über 300 Offiziere und der sowjetische Verteidigungsminister in den Ruhestand geschickt.
Im Spiegel war später zu lesen, daß Honecker es 1987 ablehnte, die Mauer zu öffnen. So organisierte dann Ljutsch den Mauerfall von 1989. Beachten Sie die entlarvende Überschrift des Spiegel-Beitrags: Gorbatschow und Schewardnadse wollten einen früheren Mauerfall. Da steht nichts von friedlichen Revolutionären.
SOMMERFELD: Da frage ich mich als grundsätzlich verschwörungsaffines Wesen dann aber doch eines: Warum sind die Ur-Logen an die Öffentlichkeit getreten? Warum verraten sie selber ihre Existenz oder lassen zu, daß einer der ihren singt? Auf dieser Ebene muß man stets davon ausgehen, daß Enthüllungen durch Whistleblower unterbunden werden (diese sind auf den unteren Ebenen meistens nur die halbe Wahrheit, sogenannte limited hangouts).
Der Einwand liegt doch nahe, hier habe jemand aus eigenem Geltungsbedürfnis die große Glocke erst selbst gegossen, an die er dann die Enthüllungen hängt.
WOLSKI: Auch die Ur-Logen sind eine Organisation, und Organisationen haben immer mit inneren Widersprüchen zu kämpfen. Es war eine Warnung an die Welt, was einige Gruppen geplant haben, verbunden mit dem Wunsch, vor der letzten Phase der Endzeit noch mitzuteilen, wer man sei.
Das Entrollen der Logen-Landschaft und einer regelrechten Who-is-Who-Liste der Logenmitglieder unter den uns wohlbekannten Polit-Darstellern bringt ja unsere Geschichtsschreibung und die aktuellen Erklärungen der Politiker zur Welt gehörig durcheinander. Im Hinblick auf die “Pandemie” und die Maßnahmen zur Versklavung (Neue Weltordnung, “Great Reset”) ist das die Enthüllung, wer tatsächlich die Welt regiert.
SOMMERFELD: Kommen wir zurück zum Mauerfall. Dieser war Teil ein und desselben Plans, der bis heute ausgeführt wird?
WOLSKI: Genau. Aus dem beschriebenen Grund mußte für 1989 ein Narrativ gefunden werden, welches den Verdacht von den Russen ablenkte und doch einigermaßen glaubhaft war, was den Mauerfall betraf. Ein weiterer Vorteil: Das Narrativ vernebelt, wer für die heutigen Planungen (digitale Währung, “Pandemie”, totale Kontrolle, Ukraine-Krieg) letztlich verantwortlich ist.
SOMMERFELD: Da muß ich nochmal nachhaken. Was haben die heutigen globalistischen Pläne mit dem geplanten Mauerfall zu tun? Ich meine, außer daß die Hintergrundmächte niemals untätig sind? Auf Ihrer Netzpräsenz stellen Sie die Überlegung an, daß es eine große “Pendelbewegung” geben könnte.
WOLSKI: Kennt man die damaligen geopolitischen Weichenstellungen, die zum Mauerfall führten, dann versteht man schlagartig, was aktuell seit dem 24. Februar 2022 abläuft – die Fortsetzung von 1989/90 als Wende II.
Geopolitisch werden die Machtstrukturen verändert hin zu mehr staatsmonopolistischen Strukturen in ganz Europa und zum Ende der Globalisierung (die 1990/91 mit der Einbeziehung der Sowjetunion und Chinas in die Weltwirtschaft begann).
Ich habe unlängst mit Interesse ein Interview mit Hauke Ritz verfolgt. Es läßt sich leicht im Netz auftreiben, auch wenn der direkte Weg zum russischen Auslandssender aufgrund der Sanktionspolitik versperrt ist.
Ritz geht von folgendem aus: Direkt nach dem II. Weltkrieg hatten die USA 50% der (verbliebenen) globalen Industrie und begründeten bis in die 70er Jahre darauf ihre Macht. Nach dem Handelsbilanzdefizit in den 80er Jahren haben die USA den Finanzsektor ausgebaut.
Beginnend mit dem Börsencrash 2008 ist diese Finanzmacht ins Bröckeln geraten und die USA suchten dringend nach einem neuen Hegemonie-Zyklus, einem militärischen oder einem industriellen. Da der Dollar angezählt ist und die Schulden exorbitant sind, versuchen sich die USA nun wieder zu industrialisieren. Deutsche und ihre Industrie sind in den USA plötzlich hochwillkommen. Die USA benutzen die europäische Industrie quasi als “Airbag” für den Dollar.
Wenn Sie das gehört haben, ordnen Sie das einmal in die Geschichte ein. Dann sehen Sie, wie viel Weisheit die Hintergrundmächte 1981 hatten, als sie den Pakt zur Globalisierung schufen. Den Hintergrundmächten war klargeworden, daß die dual agierenden Logen handeln mußten:
- Die den Sozialismus unterstützenden Logen sahen die Versteinerung in den sozialistischen Ländern aufgrund der Politik Breschnews (er starb 1982) und sie brachten den Terminator Gorbatschow an die Macht.
- Die die USA unterstützenden Logen sahen, daß mit Ende des Goldstandards 1973 und dem nachfolgenden Beginn des Papiergeld-Druckens die Büchse der Pandora geöffnet wurde – was sich dann 2008 zeigte.
Also beschlossen die vereinigten Ur-Logen den Pakt. Das Interesse war folgendes:
- Die sozialistischen Logen wollten eine Re-Vitalisierung des Staatssozialismus (auch in China etc.)
- Die westlichen Logen waren scharf auf die 2 Milliarden neuen Konsumenten aus diesen Ländern, die nun ins westliche Weltwirtschaftssystem eintraten und den Dollar stabilisierten.
- Nun haben die Ost-Logen den Sack zugemacht, bevor die Amerikaner ans Zerstückeln Russlands gehen konnten.
SOMMERFELD: So erklärt sich dann das konkrete Kriegeschehen in der Ukraine nicht nur als ein militärischer “Stellvertreterkrieg” zwischen USA und Rußland, sondern auch als eine Art Stellvertreter-Narrativ für den internen Streit innerhalb der sogenannten “grauen Internationale”.
Den Rest werden wir in Echtzeit in den nächsten Jahren erleben. Insofern kann ich getrost mit der von v. Waldstein zitierten “alten Weisheit, daß der Ausgang der Geschichte offen ist” schließen. Denn auch die ganz großen Pläne haben es an sich, daß sie intern umstritten sind. Auf jeder Ebene der Macht gibt es trotz temporärer gemeinsamer Machenschaften immer mindestens zwei widerstreitende Kräfte.
Herr Wolski, ich danke Ihnen für dieses Interview.
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Von Michael Wolskis Buch 1989. Mauerfall Berlin sind nur noch 30 Exemplare verfügbar – hier einsehen und bestellen.
Franz Bettinger
Ist das Ganze ein Gedanken-Experiment Wolski’s, eine These? Oder hat er Einblick in die kolportierte Welt der Ur-Logen? Kennt er einen whisle blower? Und wieso traut er ihm? Denkt der deep state in so langen Zeiträumen wie von 1981-2023? Wenn die Selbstabwicklung der UDSSR geplant war, warum dann dieses komplizierte Billiard via Installierung Gorbi's, Rust-Flug & Austausch der militärischen Führung, Mauerfall…? Hätte ein Gorbi oder Jelzin nicht gereicht und auf dem direkten Weg zum Ziel geführt? Warum all diese Märchen aus 1000 und 1 Nacht? Nein. Ich halte diese Geschichte für nicht sehr wahtscheinlich.