Sammelstelle (63): Washington und Wagenknecht

»Täglich grüßt die Querfront«: So war die letzte »Sammelstelle« überschrieben.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

Dies­mal grüßt sie sogar aus Übersee.

Und die­se Grü­ße haben es in sich. Denn sie wer­den aus der Washing­ton Post ent­sen­det. Die ist, man erin­ne­re sich kurz, kein Nischen­blatt, kein lin­kes oder rech­tes Ten­denz­me­di­um, son­dern Teil des hege­mo­nia­len polit­me­dia­len Macht­blocks. Sie ist immer­hin die größ­te Tages­zei­tung der Haupt­stadt der USA, Washing­ton, D.C, und wird glo­bal rezipiert.

Das gibt den Ent­hül­lun­gen, die heu­te mor­gen (21. April) ver­öf­fent­licht wor­den sind, erst­mal ihre beson­de­re Rele­vanz. Es geht um Sahra Wagen­knecht, ihre gro­ße Frie­dens­de­mo in Ber­lin und um zwei Flü­gel­par­tei­en des bun­des­deut­schen Par­la­men­ta­ris­mus: AfD und Die Linke.

Der Kreml, so heißt es in der Über­schrift, ver­su­che, Deutsch­lands poli­ti­sche Lin­ke und poli­ti­sche Rech­te fei­er­lich zu ver­ei­nen. Ziel sei ein lager­über­grei­fen­des »Anti­kriegs­bünd­nis«. Das wür­den rus­si­sche Doku­men­te bele­gen, die der Zei­tung vorlägen. 

Der Bericht setzt mit Ein­drü­cken von der Frie­dens­de­mo von Ali­ce Schwar­zer und Sahra Wagen­knecht am 25. Febru­ar 2023 ein. Jür­gen Elsäs­ser, Com­pact, wird zitiert, die all­ge­mei­ne Stim­mung vor dem Bran­den­bur­ger Tor wie­der­ge­ge­ben. Anwe­send waren Lin­ke, Rech­te, Non­kon­for­mis­ten aller Cou­leur – und jetzt wird es spannend.

Geheim­dienst­in­for­ma­tio­nen behaup­ten, daß die »Quer­front« aus Links und Rechts bereits Anfang Sep­tem­ber 2022 von rus­si­schen Offi­zi­el­len als Ziel aus­ge­ge­ben wurde:

But mar­ry­ing Germany’s extre­mes is an expli­cit Kreml­in goal and was first pro­po­sed by seni­or offi­ci­als in Moscow in ear­ly Sep­tem­ber, accor­ding to a tro­ve of sen­si­ti­ve Rus­si­an docu­ments lar­ge­ly dated from July to Novem­ber that were obtai­ned by a Euro­pean intel­li­gence ser­vice and review­ed by The Washing­ton Post.

Wei­ter wird behaup­tet, daß min­des­tens ein Wagen­knecht-Ver­trau­ter und meh­re­re AfD- Ver­tre­ter mit rus­si­schen Stel­len dies­be­züg­lich in Kon­takt stün­den. (»But inter­views show at least one per­son clo­se to Wagen­knecht and seve­ral AfD mem­bers were in cont­act with Rus­si­an offi­ci­als at the time the plans were being drawn up.«)

Es sei auch expli­zit um eine nöti­gen­falls zu star­ten­de »neue poli­ti­sche For­ma­ti­on« zusätz­lich zur AfD gegan­gen, die mehr­heits­fä­hig antre­ten müß­te, um als Frie­dens­kraft zu reüssieren:

The aim of a new poli­ti­cal for­ma­ti­on, accor­ding to a docu­ment dated Sept. 9, would be to win “a majo­ri­ty in elec­tions at any level” in Ger­ma­ny and reset the AfD to boost its stan­ding bey­ond the 13percent the par­ty was pol­ling at then.

Der Bei­trag ergeht sich danach in dif­fu­sen ruß­land­kri­ti­schen Vor­be­hal­ten. Res­sen­ti­ments wer­den in west­le­ri­schem Sound repro­du­ziert, die man aus dem Kal­ten Krieg zu genü­ge kennt.

Erhel­len­der wird es dann wie­der, als es zur Per­so­na­li­en Wagen­knecht kon­kre­ter wird. Die­se wur­de von der Washing­ton Post mit den »Leaks« kon­fron­tiert. Sie erwi­der­te, es gäbe »kei­ner­lei Koope­ra­ti­on oder Bünd­nis« (the­re would not be “any coope­ra­ti­on or alli­ance”) zwi­schen ihr und AfD-Kräf­ten. Der­lei Gedan­ken­gän­ge und Vor­wür­fe sei­en »absurd«, und sie füg­te selbst hin­zu, sie sei

not been in cont­act with anyo­ne from the Rus­si­an sta­te or any of its representatives.

Unglaub­wür­dig macht den Bericht der Washing­ton Post indes gewis­ser­ma­ßen ein Kron­zeu­ge der Ankla­ge. Bei die­sem han­delt es sich aus­ge­rech­net um Ralph Nie­mey­er, einen etwas undurch­sich­ti­gen Geschäfts­mann, des­sen Haus im Zuge der Reichs­bür­ger-Ermitt­lun­gen durch­sucht wur­de, und der einst mit Wagen­knecht ver­hei­ra­tet gewe­sen ist.

Die­ser bestä­tigt der US-Zei­tung, daß

“the­re are cer­tain peo­p­le in Rus­sia who have [an] inte­rest” in a uni­on bet­ween Wagen­knecht and the far right.

Wie ernst das zu neh­men ist? Man weiß es nicht.

Nie­mey­er setzt nach:

I know from pri­va­te talks with the­se peo­p­le that they are awa­re of the poten­ti­al that this would have.

Zugleich ver­neint Nie­mey­er, ob er sich vor­stel­len kön­ne, daß Wagen­knecht rus­si­sche Unter­stüt­zung anneh­men wür­de. Wagen­knecht selbst gab den US-Jour­na­lis­ten – mit Recht – zu ver­ste­hen, daß sie pri­va­te Kon­tak­te (etwa zu Nie­mey­er) nicht öffent­lich kom­men­tie­ren werde.

In der wei­te­ren Fol­ge des umfang­rei­chen Arti­kels wer­den AfD-Poli­ti­ker erwähnt, die irgend­wann mal in Ruß­land gewe­sen sei­en mögen. Es wird viel insi­nu­iert, ange­deu­tet, vor­ge­wor­fen. Wenig Ertrag­rei­ches kommt dabei raus; auch die rus­si­schen Doku­men­te, die gele­akt wur­den, geben offen­bar nichts final Belas­ten­des gegen die zu Wort kom­men­den AfD-Per­so­nen – von Petr Bystron (eher ruß­land­freund­lich) bis Andre­as Kal­bitz (eher ruß­land­kri­tisch) – her.

Deut­lich wird, daß die rus­si­schen Doku­men­te, die der Washing­ton Post vor­lie­gen, offen­bar nichts Sub­stan­ti­el­les bele­gen kön­nen, außer daß die Rus­sen ein Zusam­men­ge­hen von Wagen­knecht-Lin­ken und AfD-Rech­ten offen­siv gou­tie­ren würden.

Aber für die Wahr­schein­lich­keit, ob der­lei einst gesche­hen wür­de, wis­sen die ame­ri­ka­ni­schen Bericht­erstat­ter nur auf Nie­mey­er zu ver­wei­sen, der der Quer­front mit der AfD tat­säch­lich das Wort redet. Mit einer eigen­stän­di­gen Lis­te könn­te Wagen­knecht auf 10 bis 20 Pro­zent kom­men, mit der AfD gemein­sam wäre eine Mehr­heit in Deutsch­land mög­lich, schwärmt Nie­mey­er. Gleich­wohl räumt er ein, damit bei sei­ner Ex-Frau immer noch auf Gra­nit zu beißen.

Am Ende des Tages bleibt immer etwas hän­gen bei der­lei »Hin­ter­grun­den­t­hül­lun­gen«. Spie­gel-Autoren dürf­ten sich bestärkt dar­in sehen, daß Wagen­knecht, AfD und Co. eine pro­rus­si­sche Sau­ce sei­en, Kri­ti­ker von US-Leit­me­di­en der­weil, daß ein Aus­sche­ren aus dem atlan­ti­schen Loya­li­täts­zu­sam­men­hang auto­ma­tisch bedeu­ten wird, als ver­kapp­ter oder offe­ner pro­rus­si­scher Agent dif­fa­miert zu werden.

Das ist die alte Schu­le der gut geöl­ten US-Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne­rie aus dem Kal­ten Krieg, die pro­blem­los reak­ti­viert wer­den kann, weil ent­spre­chen­de Kon­ti­nui­täts­li­ni­en nie still­ge­legt wur­den, son­dern pha­sen­wei­se nur ein wenig Rele­vanz an ande­re Phä­no­me­ne (wie den »War on Ter­ror«) abzu­ge­ben hatten.

Was bleibt also von dem gro­ßen Ent­hül­lungs­wurf? Eigent­lich wis­sen wir jetzt nur, daß die Rus­sen für eine »Quer­front« ein­tre­ten und wenn die­se nicht zu errei­chen ist (wovon rus­si­sche Offi­zi­el­le wie Sezes­si­on-Leser glei­cher­ma­ßen aus­ge­hen dür­fen), eine eige­ne Wagen­knecht-Par­tei befür­wor­te­ten. Aber ist das über­ra­schend? Eigent­lich nicht.

Jede geo­po­li­ti­sche Kraft von For­mat, die sich par­tei­po­li­ti­sche Part­ner in ande­ren Län­dern wünscht, ver­sucht indi­rekt oder, wie im Regel­fall die US-Ame­ri­ka­ner, direkt, sol­che Part­ner zu fin­den oder sogar zu stärken.

Daß Rus­sen nun dar­an inter­es­siert sind, daß die Anti-Kriegs- und Anti-NATO-Flan­ke der deut­schen Polit­land­schaft ein wenig an Kraft und Ein­fluß zuge­winnt, kann eben­so­we­nig ver­blüf­fen wie der Umstand, daß Ame­ri­ka­ner zufrie­den sind mit der trans­at­lan­ti­schen Ein­heits­front von Grü­nen und SPD, CDU/CSU und FDP bis zu den Aus­läu­fern in Tei­len der äußers­ten Rechten.

Und die Wagen­knecht-Par­tei, kommt sie, kommt sie nicht? Ein Video­aus­zug nährt neue Gerüch­te, sogar mit Datums­an­ga­ben. Bei der Frei­en Pres­se in Chem­nitz wird Sahra Wagen­knecht gefragt, ob ihre neue Par­tei kommt, und falls ja, wann. Die Ant­wort ist defi­ni­tiv kei­ne Verneinung:

Aber die Pro­ble­me wür­den blei­ben. Wo ist die Basis, die die neue Par­tei trägt; wo die Aktiv­pos­ten mit idea­lis­ti­schem Über­schuß, die bereit sind, die Mühen der Ebe­nen (von Kreis­ver­bands­sat­zung bis Info­stand) zu durch­schrei­ten, Tag für Tag, Woche für Woche?

Freund und Feind Wagen­knechts wis­sen bei­de: Sie ist eine Medi­en­in­tel­lek­tu­el­le von For­mat, eine bele­se­ne und elo­quen­te Buch­au­to­rin, eine Reprä­sen­tan­tin. Aber kann sie füh­ren, auf­bau­en, koordinieren?

Ich bezweif­le das stark. Am Ende wird es eine Lis­te Wagen­knecht zur Euro­pa­wahl geben, die­se zieht in Brüssel/Straßburg ins Par­la­ment ein, kos­tet der AfD als estab­lish­ment­kri­ti­sche Pro­test­par­tei locker vier bis sechs Pro­zent­punk­te – und schei­tert dann am nach­hal­ti­gen bun­des­wei­ten Strukturaufbau.

Das Gute dar­an ist, daß die Par­tei Die Lin­ke die­sen Ader­laß nicht über­le­ben wird. Ohne Wagen­knecht wer­den zwar zwei Drit­tel der Par­tei durch­at­men, auf­at­men, frei atmen – aber eine woke-grü­ne Groß­stadt­par­tei mit extra­va­gan­ten Nischen­vor­lie­ben ver­liert ers­tens ihre Frak­ti­ons­stär­ke im Bun­des­tag und wird zwei­tens die­se auch 2025 nicht mehr erlangen.

Im Klar­text heißt das: Eine Lin­ke-ohne-Wagen­knecht wird zur Regio­nal­par­tei in Ber­lin, Leip­zig-Con­ne­witz, Erfurt und Bre­men, aber kei­ne Kraft, der man die bun­des­wei­te Fünf­pro­zent­hür­de ernst­lich zutrau­en könnte.

Was nach der lin­ken Zer­split­te­rung als Fra­ge im Raum steht, ist fol­gen­des Pro­blem: Wie geht es mit der Rosa Luxem­burg Stif­tung (RLS) wei­ter? Als orga­ni­sie­ren­de und Ori­en­tie­rung ver­mit­teln­des Zen­trum der Mosa­i­k­lin­ken ist sie abhän­gig von der Exis­tenz einer bun­des­weit prä­sen­ten Links­par­tei. Die wird es aber nicht mehr geben.

Fol­ge­rich­tig naht auch das Ende der RLS – jeden­falls in der Form, wie wir sie ken­nen. Macht­po­li­tisch sind das posi­ti­ve Nach­rich­ten in tris­ten Zeiten.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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Kommentare (40)

RMH

22. April 2023 11:59

"Daß Russen nun daran interessiert sind, daß die Anti-Kriegs- und Anti-NATO-Flanke der deutschen Politlandschaft ein wenig an Kraft und Einfluß zugewinnt, kann ebensowenig verblüffen wie der Umstand, daß Amerikaner zufrieden sind mit der transatlantischen Einheitsfront von Grünen und SPD, CDU/CSU und FDP bis zu den Ausläufern in Teilen der äußersten Rechten."
Das ist die Kernerkenntnis zu diesen Enthüllungen - sicher wird auch irgendeine niedere linke- oder AfD- Knallcharge in eitler Selbstgefälligkeit irgendwelche "Kontakte" unbedeutenderer Art mit russischen Geheimdienstkreisen pflegen (man darf hier mit Outings rechnen), aber das gibt es bei der anderen Seite vermutlich auch in Kreisen mit echter Relevanz. Jede Seite braucht ihre nützlichen Idioten im Sinne Lenins, aber zur Definition des nützlichen Idioten gehört ja auch, dass diese nicht im expliziten Auftrag handeln, sondern unbewusst im guten Glauben an "das Gute".
Von daher: Wenn in einem Krieg eine Opposition mit dem Parfum "Arbeitet für den Feind" benebelt wird, um ihr ein gewisses Hautgout zu verpassen, ist das Ausdruck dafür, dass man diese Aktionen ernst nimmt.

Majestyk

22. April 2023 14:27

Cui bono? 
Was wären die Folgen einer Wagenknechtpartei?
-Weniger potentielle Stimmen für die AfD.
Wem nützt dies?
-Dem derzeitigen Parteienkartell.
Zufall oder Absicht?
Ist Wagenknecht intelligent genug um dies zu verstehen?
-Eindeutig ja.
Würde ein Mensch dem an einem souveränen Deutschland oder meinetwegen an einer Rückkehr zu "Bonner Normalität" gelegen wäre so handeln?
-Eindeutig nein.
Ergo kein Zufall, sondern Absicht.
Ob Wagenknecht vom Kreml gesteuert wird weiß ich nicht, die Beweislage ist zu dünn. Wäre Sie vom Kreml gesteuert, sie könnte kaum effektiver sein.
Nach meinem Empfinden macht es Wagenknecht wie einst Arjen Robben. Rechts antäuschen und links abziehen.
 

AndreasausE

22. April 2023 15:54

Moin, also ich pflege keine Kontakte mit Geheimdienstkreisen. Oder die sind so geheim, daß ich das noch nicht bemerkt habe. Meine Sympathien für weite Teile der AfD, Rußland und in Segmenten der Linkspartei sind ganz und gar auf eigenem Mist gewachsen, dafür brauchte ich keine finsteren KGB-Agenten.Und daß ein Ausland in einem Fremdland, mit dem man gern freundschaftliche Beziehungen unterhalten würde, gewogene Politiker unterstützt, das ist doch das Normalste überhaupt. Wie etwa bei Nachbarschaftspflege im Schrebergarten. Ab und an mal was von der Ernte oder schöne Staude über den Zaun reichen kann Wunder wirken, dann erträgt Nachbar auch gern gelegentlich etwas zu laute Gartenfeier.

Allnichts

22. April 2023 15:54

 Russland, das den Krieg begonnen hat und diesen weiterführt, obwohl es ihn jederzeit beenden könnte, ist also am Erstarken von Anti-Krieg-Bewegungen im Ausland interessiert. Faszinierende Logik. Gewagte These meinerseits: Russland versucht schlichtweg, jene Kräfte in anderen Ländern zu unterstützen und zu bündeln, von denen es sich ein positives Wirken im Sinne seiner eigenen imperialistischen Interessen verspricht, und es ist in der Tat wenig überraschend oder neu, dass dies bestimmte Teile der Linken sowie der Rechten betrifft, Viele personelle Verbindungen sind seit Jahren bekannt, auch ein Projekt wie RT Deutsch war von Anfang an auf bestimmte Szenen und Lager ausgerichtet. An dieser Einflussnahme ist offensichtlich nichts kritikwürdig, die Amerikaner machen es ja auch, das ausgeleierte Argument. Man fragt sich, was den einen oder anderen, in diesem Zusammenhang natürlich vor allem den einen oder anderen Neurechten, eigentlich dazu bringen könnte, grossen Abstand zu Russland zu nehmen. Ein Angriffskrieg samt Kriegsverbrechen und Hunderttausenden von Toten, zerbombter Städte, Gebietsraub, Kindesentführungen, Sabotage weltweit usw. usf. scheinen ja nicht zu genügen.

quer

22. April 2023 21:41

Man muß immer im Bewußtsein behalten, daß Dekonstruktion ein bewährtes Mittel ist die inneren Kräfte im "Feindesland" zu lähmen und zu verwirren. Also ist davon auszugehen, daß sowohl "West", als auch "Ost" dieses Land als Feindgebiet ansehen. Bestätigt durch das Geplapper einer sog. "Außenministerin".

Laurenz

23. April 2023 01:06

Die USA & damit auch die WPost., die den Krieg povoziert haben & diesen Krieg am laufen halten, obwohl sie ihn jederzeit beenden könnten, sind also an der Schwächung von Anti-Krieg-Bewegungen im Ausland interessiert. Faszinierende Logik. Gewagte These meinerseits: Die USA versuchen schlichtweg, jene Kräfte in anderen Ländern zu unterstützen und zu bündeln, von denen sie sich ein positives Wirken im Sinne ihrer eigenen imperialistischen Interessen versprechen, und es ist in der Tat wenig überraschend oder neu, dass dies bestimmte Teile der Grünen & Liberalen, sowie der Ex-Konservativen betrifft. Viele personelle Verbindungen (Transatlantikbrücke) sind seit Jahren bekannt, auch ein CIA-Projekt, wie der Spiegel, war von Anfang an auf bestimmte Szenen & Lager ausgerichtet. An dieser Einflussnahme ist offensichtlich nichts kritikwürdig, die Russen machen es ja auch, das ausgeleierte Argument. Man fragt sich, was den einen oder anderen, in diesem Zusammenhang natürlich vor allem den einen oder anderen Neo-Liberalen eigentlich dazu bringen könnte, großen Abstand zu den USA zu nehmen. Unzählige Angriffskriege samt Kriegsverbrechen & Mio. von Toten, zerbombter Städte, Gebietsraub, Rohstoffdiebstahl, Kindesentführungen, Sabotage weltweit usw. usf. scheinen ja nicht zu genügen.

Mitleser2

23. April 2023 08:22

@Allnichts: Man fragt sich natürlich, was einen Transatlantiker dazu bringen könnte, grossen Abstand zu den USA zu nehmen. Ein Angriffskrieg samt Kriegsverbrechen und Hunderttausenden von Toten, zerbombter Städte, Gebietsraub, wie Syrien und Irak, scheint ja nicht zu genügen.

Le Chasseur

23. April 2023 10:11

Es ist im ureigensten Interesse Deutschlands, aus diesem Krieg auszusteigen. Dieser Krieg wurde von den USA provoziert, und er ist gegen Europa und insbesondere Deutschland gerichtet: https://t.me/putingers_cat/5070
Polen kommt dabei (wieder einmal) eine Schlüsselrolle zu. Die USA haben Polen als ihren Hauptstützpunkt gewählt, von dem aus sie ihre Aktivitäten ausüben.
Der Plan ist es, Polen und die Ukraine (bzw. das, was davon noch übrig ist) in einer Föderation zu vereinen (hier dargelegt von einem Mitglied des neokonservativen Think-Tanks AEI): https://foreignpolicy.com/2023/03/26/its-time-to-bring-back-the-polish-lithuanian-union/
Durch diesen Trick will man die Ukraine ohne langjährige Aufnahmeverfahren in die NATO und vor allem auch in die EU "schmuggeln". Dort kann dieser Marionettenstaat aufgrund seiner Größe dann im Interesse der USA als Gegengewicht zum französisch-deutschem Tandem fungieren.

RMH

23. April 2023 11:28

@quer
"Feindesland" ist fast schon zu viel Ehre für das, was Deutschland aktuell darstellt. Unterstellt es doch, dass hier noch ein beachtenswerter Rest an Widerstandskraft und Wille zur Selbstbehauptung vorhanden wäre oder zumindest eine Anlage dazu, die reaktiviert werden könnte. Verfügungsmasse und Einflusssphäre sind treffender. Wie ich oben schrieb: Allen Ortens überall und in fast allen Lagern nützliche Idioten - Ausnahmen bestätigen die Regel.

Rheinlaender

23. April 2023 11:43

Im Zusammenhang mit dem Washington-Post-Artikel ist ggf. diese aktuelle Nachricht interessant, die politische Aktionen aus dem Umfeld US-amerikanischer Nachrichtendienste beschreibt.
Umgekehrt sollte man sich keine Illusionen bzgl. der Motive russischer Akteure machen. Diese Leute denken zwar nicht mehr marxistisch, sind aber durchaus noch leninistisch geprägt und dürften deutsche Rechtsaktivisten für "nützliche Idioten" im Sinne Lenins halten. Staaten haben keine Freunde.

Gabriel

23. April 2023 12:27

Danke für den Artikel. Substantielle Aussagen von Beteiligten des Geschehens, welche ja Grundlage der Betrachtungen sind, bitte demnächst in Deutsch. Nicht jeder ist so polyglott das flüssig lesen zu können. Von anderen Gründen gar nicht zu reden!

Rheinlaender

23. April 2023 14:28

@RMH
Pardon, ich hatte vergessen darauf zu verweisen, dass Sie bereits den Bezug zu Lenins "nützlichen Idioten" hergestellt hatten.

Dietrichs Bern

23. April 2023 15:19

@RMH: "Unterstellt es doch, dass hier noch ein beachtenswerter Rest an Widerstandskraft und Wille zur Selbstbehauptung vorhanden wäre oder zumindest eine Anlage dazu (...)"  - noch einmal meine Anerkennung für Ihre nüchterne Beschreibung der Realität, die manchem hier abgeht.
 

Majestyk

23. April 2023 18:24

Die berechtigte historische Abneigung gegen transatlantische Fesseln läßt Linke wie Rechte in östlichen Gefilden einen Verbündeten erblicken, der sicher oft klüger wirkt, aber seit Jahren (anscheinend erfolgreich) versucht mediale antiwestliche Propaganda zu betreiben und westliche Finanzmärkte zu destabilisieren. Und hüben wie drüben wundert man sich, daß die Fesseln für jene fester angezogen werden, die zumindest gedanklich, oft auch faktisch mit dem politischen Gegner des westlichen Hegemons fraternisieren. Dass das geopolitische Auftreten des Hegemons und die innere Entwicklung des westlichen Lebensraums eine Katastrophe ist macht die Sache nicht besser. Es wird keine friedliche Ablösung der bestehenden internationalen Grundordnung geben, bestenfalls eine feindliche Übernahme. Auch die Rechte wird sich festlegen müssen was sie will. Die Freiheit vom Hegemon mit allen Konsequenzen oder Freiheit für die Ausgestaltung des eigenen Lebensraums und vollen Zugang zu den Märkten die eben jener Grundordnung unterliegen. Nichts anders beinhaltet nämlich die Rückkehr zur Normalität der Bonner Republik. Deutschland wird kein für sich selbst stehender Staat werden, der trotzdem sämtliche Marktchancen nutzen darf. Bis die Weltordnung fällt ist Deutschland entweder ein Teil davon oder eine europäische Version von Nordkorea.

dojon86

23. April 2023 20:11

@AllNichts 22.04.23 15:54 Kurze Gegenfrage, sind die Woken, Genderkrieger, Geschlechtsumwandler amerikanische oder sowjetrussische Ideologie Produkte ? Wo kann ich Deutschland noch erleben, auf dem Territorium der ehemaligen DDR oder in den noch immer existierenden westlichen Besatzungszonen ? Zusätzlich noch eine Sottise, ich habe einmal einen DDR Kommunisten durch Wien geführt. Der wollte dich tatsächlich zu meinem Erstaunen die Kaiserkrone des heiligen römischen Reiches in der Hofburg sehen, die Krone der Ottonen. Ich glaube, der durchschnittliche völlig amerikanisierte westdeutsche Gymnasiast weiß nicht einmal mehr, worum es sich dabei handelt. Wer also will Deutschland zerstören, Russland oder die Angelsachsen ?

RMH

23. April 2023 22:09

"Wer also will Deutschland zerstören, Russland oder die Angelsachsen ?"
@D86, Wenn Sie denken, man könnten hier groß wählen, wirkt das naiv - beide führen für Deutschland nichts Gutes im Schilde. In Bezug auf Russland verliert die Rechte regelmäßig ihre ansonsten in Bezug auf andere Theman vorhandene analytische Schärfe.
Und genau das ist der Knackpunkt - ein Sklave, der meint, bei einem anderen Herren ginge es ihm besser, will eindeutig nicht frei sein sondern weiter Sklave. Wenn Rechte das wollen, dann sollen sie es klar sagen, aber sich kein Pazifistenmäntelchen umhängen. 
Das Thema der Sezession kann nicht sein, sich von einem abzulösen, um beim anderen unter den Rock zu kriechen.

Laurenz

24. April 2023 04:50

@Majestyk
Sie lesen keine Beiträge anderer Teilnehmer, Ihr gutes Recht. Aber damit geben Sie Sich falschen Schlußfolgerungen hin, die dann publiziert offenbar werden. Erachten Sie das als klug?
Nichts anders beinhaltet nämlich die Rückkehr zur Normalität der Bonner Republik.
Die Bonner Republik basierte auf eine bipolaren Weltordnung, in der der Westen zusah, aus nachvollziehbaren Gründen, ein Wohlstandsgefälle von West nach Ost zu errichten. Nachdem Zusammenbruch des gegnerischen Pols, dem Warschauer Pakt, gab es keinen Grund mehr, dieses Wohstandsgefälle aufrecht zu erhalten. Damit wurde die Bonner Republik mutmaßlich für immer beerdigt, also das Ergebnis einer nun unipolaren Weltordnung. Was glauben Sie, was passiert, wenn wir über eine bipolare Weltordnung hinaus mit einer multipolaren Ordnung konfrontiert werden, in der mindestens 4, 5 der 6 große Spieler die Karten mischen. Können Sie Sich nicht vorstellen, daß das dann, auf diplomatischer Basis ein Kräftegleichgewicht auch für kleinere Staaten mehr Souveränität bringt? Die Blockfreien konnten über Jahrzehnte bestehen. Ungarn, aktuell ein 10 Mio. Volk, ist trotz seiner EU- & Nato-Mitgliedschaft relativ frei, eben weil es die Machtblöcke geschickt in der Waage hält. Schweden & Finnland schlagen sich gerade auf die Seite der Verlierer.

Allnichts

24. April 2023 08:26

Laurenz, Mitleser2: Das mag für sich betrachtet schon richtig sein, teilweise zumindest, ist aber neben der Tatsache, dass es sich hierbei um "Whataboutism", also um Ablenkung handelt, ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen und vor allem auch an Neoliberale und Transatlantiker zu richten. Menschen und Organisationen, die zum Ukraine-Krieg eine bestimmte Position vertreten wie bspw. auch ich hier, haben bei keiner Grossmacht einen Fürsprecher oder Unterstützer, sondern werden weiterhin von all diesen abgelehnt und bekämpft. Weite Teile der Neuen Rechten werden aber von Russland wohlwollend sowie als Partner betrachtet und unterstützt, da sie gewollt oder ungewollt der russischen Sache, dem russischen Imperialismus dienen.

Allnichts

24. April 2023 08:27

dojon86: Beide lehnen ein selbstständiges Deutschland und auch ein selbstständiges Europa ab, was Grund genug dafür sein sollte, zu beiden auf Abstand zu gehen. Zwar sehe ich wie Sie, dass sich in vielen ehemaligen Sowjetrepubliken - in Anbetracht der kommunistischen Absichten paradoxerweise - ein gesundes Volk und eine gesunde Kultur erhalten haben, während in amerikanisch und liberal geprägten Ländern beides immer mehr zersetzt und aufgelöst wurde und wird, aber daraus nun abzuleiten, dass Russland, damals immerhin auch Eroberer und Besatzungsmacht, den Deutschen und dem Deutschen nun eigentlich wohl- oder wenigstens nicht feindlich gesonnen sei, ist sehr weit hergeholt. Wir müssen nicht zwischen Amerika und Russland wählen, das Ziel muss neben deutscher Souveränität ein eigener europäischer Machtbereich, ein Verbund europäischer Staaten auf der Grundlage von zueinander passenden Interessen, Freiwilligkeit und wünschenswerterweise ähniicher Weltanschauung sein und ein imperialistisches Russland, wie es sich auch heute zeigt, wird sich nie als Teil oder Partner, sondern immer nur als Gegenspieler davon verstehen können.

Hajo Blaschke

24. April 2023 09:48

Fake News haben immer ein Ziel und einen Auftraggeber. BK hat das angedeutet, nach meiner Meinung zwar etwas zurückhaltend, aber immerhin. Was kann man nun zu den Auftraggebern und dem Ziel dieser Fakes über die Organisation einer Querfront zwischen Wagenknecht und der AfD sagen? Die Washington Post ist unverkennbar Sprachrohr der US-Regierung und Focus, Bild & Co. Ableger. Der Auftraggeber dürfte somit klar sein.
Ziel dieser Fake Action ist es unzweifelhaft, zu verhindern, dass sich in Deutschland eine Massenbewegung gegen das Einbeziehen Deutschlands in diesen Krieg zwischen dem Gringo-Staat und Russland bilden könnte. Man stelle sich mal vor, die Wagenknecht/Schwarzer Initiative brächte hunderttausende Demonstranten in Westdeutschland koordiniert auf die Straße und die AfD hunderttausende Demonstranten in Mitteldeutschland. Ein Zusammengehen braucht es da gar nicht, aber es wäre eine konzertierte Aktion.
Nach Kenntnisnahme dier hier postulierten Beiträge kann ich keine verwertbare politische Analyse entnehmen. 
Und siehe, die Feinde Deutschlands haben diese Fakes genau mit dem Ziel, die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland zuzuspitzen, publiziert. Bärbock hat in einer Hauruck-Aktion bis zu 30 russische Diplomaten des Landes verwiesen. Russland hat ohne zu zögern das Gleiche getan und diese russischen Diplomaten im Gegensatz zu früheren Maßnahmen sofort und unverzüglich mit einem Fluzgeug nach Hause geholt. Das nennt man: diplomatische Beziehungen kurz vor deren Abbruch. Das ist das Ergebnis der Analyse dieser Fake News. 

Gotlandfahrer

24. April 2023 10:00

Wissen kann man's natürlich nicht, aber ich wette, eine Wagenknecht-Liste würde die AfD keinesfalls "fünf bis sechs Prozentpunkte" kosten, sondern eher welche bringen. Richtig ist zwar, dass W. "angenehm vernünftig" rüberkommt - aber wem aus der Gruppe, die heute schon (bzw. noch) AfD wählt, muß man erst eine "Vernunftbrücke" bauen, um sich auf Widerspruch-Terrain zu wagen? Selbst wer im Westen "trotz" und nicht "wegen" "Schlimmsprech"-Höcke & Co. AfD wählt, findet in ihr doch kein besseres Angebot. Das Wagenknecht-Angebot richtet sich an die, die gerne ausscheren würden, sich aber nicht trauen, einen Tabubruch zu begehen. Wagenknecht erleichtert den Tabubruch, weil es Leute gibt, die sagen werden "aber eine die gegen die AfD ist kann doch nicht böse sein". Viele Menschen, vermutlich überproportional viele Frauen, werden sie wählen, weil ihrem Gefühl (Frau-Links-Frieden-Sozial) folgen. Das wird nicht nur bei den Linken einschlagen, sondern bei allen Altparteien. Von daher: Go, Sahra, go! 

Le Chasseur

24. April 2023 10:33

@Allnichts
"Wir müssen nicht zwischen Amerika und Russland wählen, das Ziel muss neben deutscher Souveränität ein eigener europäischer Machtbereich, ein Verbund europäischer Staaten auf der Grundlage von zueinander passenden Interessen, Freiwilligkeit und wünschenswerterweise ähnlicher Weltanschauung sein"
An welche europäischen Staaten denken Sie da? In Washington plant man einen Zusammenschluß von Polen und der Rest-Ukraine. Dieser neue Staat soll als Gegengewicht zum Tandem Frankreich/Deutschland fungieren, vor allem auch in der EU (durch die Angliederung an Polen wäre die Ukraine sofort Mitglied, so das Kalkül). Großbritannien verfolgt das Intermarum-Konzept. In beiden Fällen hätte man es mit politischen und geografischen Keilen zu tun, die West-Europa und Russland trennen sollen (und vor allem Deutschland von billigem russischen Gas abschneiden). Im Vorfeld des Angriffs auf den Irak sprach der damalige US-Kriegsminister Rumsfeld ja bereits von Old-Europe und New-Europe, wobei mit Old-Europe vor allem die unwilligen Franzosen und Deutschen gemeint waren und mit New-Europe die willigen Polen, Balten und Ukrainer.

Gustav

24. April 2023 12:08

Es geht ganz einfach darum, den Friedensbewegten in der AfD und denjenigen im “Wagenknecht-Lager” die Fähigkeit abzusprechen, sich eine fundierte Meinung an der westlichen Medienpropaganda vorbei zu bilden einerseits – und sie als “Feindagenten” zu verleumden andererseits. Sie sollen als Fehlgeleitete und Verführte dargestellt werden, als urteilsunfähiges “Wachs in den Händen” perfider Manipulateure im Kreml, als dumm. Dem “Bösen” sollen sie auf den Leim gegangen sein. Das ist einfach ein lächerlicher Versuch in seiner ganzen Durchsichtigkeit. Wer die Fakten zur Entstehung des Ukrainekrieges sowie dem Zerwürfnis zwischen dem kollektiven Westen und Russland kennt, braucht wahrlich keine “russischen Pläne” zur Bildung einer Partei, die dann wieder im Auftrag “die öffentliche Meinung” manipulieren soll. Vielmehr ist es so: Wer jetzt dazu in der Lage wäre, die öffentliche Meinung erneut “zu manipulieren”, der hätte gute Chancen, daß die Öffentlichkeit hinterher weiß, wie sie vorher manipuliert worden ist. Daß sich die “Washington Post” und der “Focus” überhaupt mit einer solchen Meldung hervortrauen, beweist lediglich, daß sie dem Wahn frönen, sie selbst seien noch nicht identifiziert worden als die eigentlichen Manipulatoren.

Majestyk

24. April 2023 13:54

@ dojon86:
Gegenfrage: Bedrohen jene Zeitgeistphänome nur Deutschland oder meinetewegen Europa? Oder ist es nicht vielmehr so, daß man nahezu all diese Bewegungen auch als Schwächung des gesamten westlichen Blocks betrachten kann? Wem nützt es und wer verliert?
@ Laurenz:
Sie haben Ihre Sichtweise, ich die meine. Ich halte es jedenfalls nicht für klug, Menschen die eine andere Sichtweise unterschweillig Dummheit oder eine Leseschwäche zu unterstellen. Zumindest leide ich weder an einem Opfermythos, noch an einem chronischen antiwestlichen, oder antiliberalem Feindbild. Weder gibt es eine wirklich unipolare Welt, noch hat es je die scharf getrennte bipolare Welt gegeben. Das sind Erklärungsmodelle, die Realität war schon immer vielfältiger, weil selbst innerhalb Staaten Kräfte gegeneinander wirken. Eigentlich sind diese Erklärungsmuster schon kollektivistisch, weil sie von einem geschlossenen "wir" ausgehen. Es gibt selten ein "wir". Es gibt eine Vielzahl von "ichs", die sich aufsummieren. 

Kurativ

24. April 2023 22:03

Schöner Artikel. Wie war das nochmal mit dem Lichtmesz-Sommerfeld-Gesetz: Was uns an schlimmen Sachen vorgeworfen wird trifft zunächst einmal auf den Verbreiter der Vorwürfe zu. Als hilflose Ablenkung. Weil man nicht weiter weiß. Im Falle des Stellvertreterkrieges in Europa handeln hier (jeder weiß es) transatlanitsch-hörige Vertreter der USA (und dieser Zeitung da). Wie schon beschrieben: CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und eingeordnete Linke sitzen zum Teil direkt in diskreten US-Vereinen (Atlantikbrücke usw) und lassen sich da sagen, was Sache ist. Die Verbindungen und Einflußnahmen sind offensichtlich. Wie will man das wegbekommen? Man erfindet etwas ähnliches auf der gegnerischen Seite. Schon geht der Blick woanders hin.

RMH

24. April 2023 22:09

"Old-Europe vor allem die unwilligen Franzosen und Deutschen gemeint waren"
@Le Chasseur,
zumindest Macron lässt doch in letzter Zeit immer wieder mal mit bemerkenswerten Äußerungen und Aktionen von sich hören, hin zu einer Emanzipation Europas (gemeinsamer Atomschutzschirm mit Deutschland, "Verbündet zu sein bedeutet nicht, ein Vasall zu sein.", seine Initiativen im Hinblick auf China als Vermittler etc.) Was natürlich von Baerbock sofort alles zurückgewiesen wird. Ich kann das nicht einschätzen, bin aber doch überrascht.
PS: Im Übrigen habe ich in einigen vergangenen Debatten hier die Utopie vertreten, das Deutschland das Intermarum anführen sollte bzw. sich an die Spitze stellen sollte - im Verbund mit Österreich. Aber evtl. liegt das alte Adanauer - de Gaulle Projekt doch deutlich näher, wer weiß ...

Rheinlaender

24. April 2023 23:29

@dojon86
"Wer also will Deutschland zerstören, Russland oder die Angelsachsen ?"
Ernst Jünger schrieb (in anderem Kontext) über die Wahl zwischen dem Anarchisten, der die Erde in "Sumpf und Urwald" verwandeln wolle, und dem Nihilisten, der sie "in Wüste verwandeln will". Der Russe aber hat in Ostpreußen sehr gründliche Arbeit geleistet, was meine Familie auch in der dritten Generation danach nicht vergessen hat und (so Gott will) auch niemals vergessen möge.

Laurenz

24. April 2023 23:58

@Majestyk @L.
leide noch an einem chronischen antiwestlichen, oder antiliberalem Feindbild.
Wir sind der Feindstaat, bis zum heutigen Tage. Es ist bedauerlich, daß Sie das bis jetzt nicht verstanden haben. Nicht wir definieren diesen Sachverhalt, sondern unsere Freunde, vor allem die im Westen. 
Das sind Erklärungsmodelle, die Realität war schon immer vielfältiger
Das ist ein historischer Trugschluß. Seit der Vernichtung der spanischen Flotte in den Downs, 1639 durch die Niederländer, wuchs das Britische Weltreich zur unipolaren Macht, https://de.wikipedia.org/wiki/Seeschlacht_bei_den_Downs & wurde durch die USA, erst 1940 mit dem Zerstörer-Deal abgelöst. https://de.wikipedia.org/wiki/Zerst%C3%B6rer-f%C3%BCr-St%C3%BCtzpunkte-Abkommen  Beide Weltkriege, wie auch der Kalte Krieg, dienten zuvorderst der Aufrechterhaltung der unipolaren Weltordnung. Das, Majestyk, hat nichts mit unserer unterschiedlichen Sicht der Dinge, also unserer Meinung zu tun. Die interessiert kein Schwein. Sie liegen einfach faktenlos falsch & ich, der Faktenlage gemäß, richtig.

dojon86

25. April 2023 09:19

@Rheinlaender Keine Frage, die Russen in Tatgemeinschaft mit den Polen haben Ostpreußen vernichtet. Sie haben ihm das Schicksal bereitet, dass die Nazis vielen Slawen auch zugedacht hatten. Mein Vater, Wehrmachtssoldat in Russland in den Jahren 42 43 deutete mir da einiges an. Die Rache ist eben nicht Sache des Herrn. Was aber haben die Deutschen den Angelsachsen angetan, außer dass die deutschen Eliten seit je her ( schon vor den Atlantikern) denselben in den Hintern gekrochen sind. ( Das muß zugegeben ein unangenehmes Gefühl auslösen ) Sollten sie tatsächlich Rheinländer sein, empfehle ich einen Spaziergang durch rheinische Städte. Der baugeschichtlich Interessierte kann da bis heute die Intensität der Bombenangriffe rekonstruieren. Im übrigen, wenn ich die Anglophilie unseres Volkes kritisiere, sehe ich trotzdem die Russen nicht als Heilsbringer. Aber nur in einer multipolaren Welt hat Deutschland, ja ganz Europa eine Chance, sich zumindest eine Teilsouveränität zu erhalten. In diesem Forum wähnen sich etliche, wenn man Frankreich erwähnt, zurück in die Franzosenkriege versetzt. Dennoch haben französische Politiker ( zuletzt Macron) recht, wenn sie für Europa mehr Souveränität fördern 

Allnichts

25. April 2023 09:52

1/2 Le Chasseur: Das Ziel ist, alle europäischen Staaten politisch miteinander zu verbinden, doch sollte dies nicht zu verwirklichen sein, weil ein Staat bspw. nicht will oder sich für ein solches Bündnis nicht eignet, müsste sich auf jene beschränkt werden, mit denen eine solche Zusammenarbeit möglich ist. Darüber hinaus sollten auch verstärkt Partnerschaften o.ä. mit aussereuropäischen Staaten mit einem grossen Anteil europäischstämmiger Bevölkerung angestrebt werden, wobei ich eine Rückkehr dieser Europäer nach Europa lieber sähe. Ausserhalb Europas leben immerhin mehrere hundert Millionen "Weisse", ein riesiges Potential, das eigentlich niemand auf dem Schirm hat. Da könnte zur Abwechslung mal mit gutem Gewissen "Ausländer rein" gerufen werden. Das Intermarium-Konzept ist mir sympathisch und aus der Sicht der osteuropäischen Staaten auch folgerichtig, fast notwendig, in der Form aber auch eher eine Sache eben dieser Osteuropäer, es müsste verändert, erweitert werden, was möglicherweise nicht gewollt ist. Gleich einen deutschen Führungsanspruch anzumelden, dürfte für Verwirrung sorgen.

Allnichts

25. April 2023 09:57

2/2 Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, die EU mit ihrer bereits bestehenden Struktur usw. von innen heraus zu verändern, was sich allerdings äusserst schwierig gestalten dürfte. Ein Neuanfang wäre am ehrlichsten, wäre auch ein Zeichen. Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle auch einmal darauf hinweisen, dass Deutschland mal wieder eine Sonderrolle einnimmt, es gibt nämlich kein anderes Land, in dem sich die unterschiedlichen Verhältnisse in Westeuropa und Osteuropa im Kleinen so zeigen wie in Deutschland. Es mag daher für Europa auch einen gewissen Modellcharakter haben, was wir hier treiben und erreichen oder eben nicht. Vielleicht verdammt es uns aber auch eher dazu, zwischen den Stühlen zu sitzen.

Le Chasseur

25. April 2023 10:16

@Rheinländer
"Der Russe aber hat in Ostpreußen sehr gründliche Arbeit geleistet, was meine Familie auch in der dritten Generation danach nicht vergessen hat und (so Gott will) auch niemals vergessen möge."
Vorher hat "der Deutsche" in Russland sehr gründliche Arbeit geleistet, was die Russen leider vergessen haben. 2014 wurden sie dann schmerzlich daran erinnert, dass "den Deutschen" nicht zu trauen ist: https://www.spiegel.de/politik/ausland/russland-deutsche-laut-umfrage-nicht-mehr-beliebt-a-1056709.html
P.S.: Meine Familie mütterlicherseits floh 1945 aus Bromberg und durfte dann in der Bombennacht in Dresden hautnah die sehr gründliche Arbeit unserer angelsächsischen Freunde und Befreier miterleben. Und dass die nihilistische Wirksamkeit der amerikanischen Atombombe an japanischen Städten erprobt wurde und nicht an deutschen, war einfach nur Glück. https://www.telepolis.de/features/Hiroshimas-Unglueck-und-Heidelbergs-Glueck-4858409.html
P.P.S.: Und auch Angehörige der Westalliierten begingen massenhaft Kriegsverbrechen: https://www.deutschlandfunk.de/zweiter-weltkrieg-massenhafte-vergewaltigungen-durch-100.html

Dieter Rose

25. April 2023 11:20

Bitte "Intermarium"! Danke!

Hajo Blaschke

25. April 2023 13:26

Ein riesiges Potential Weißer lebt außerhalb Europas. Stimmt. Aber wenn man sich anschaut, warum die dort leben, kann man sich die Chancen ausrechnen, sie zurück nach Europa zu holen. 

Majestyk

25. April 2023 13:58

@dojon86:
Sollten sie tatsächlich Rheinländer sein, empfehle ich einen Spaziergang durch rheinische Städte.
Also ich bin Rheinländer und beide großelterlichen Häuser wiesen starke Kriegsschäden auf. Natürlich kamen die Alliierten nicht als Befreier, allein das Bombardement von Düren kurz vor Kriegsende beweist das Gegenteil. Man wirft Menschen die man befreien will keine Bomben auf den Kopf.
Der architektonische Zustand des Rheinlandes hat aber noch einen Grund und der hängt stark mit dem Umgestaltungswillen der SPD zusammen. Ich brauche mit nur Bilder meiner Geburtsstadt aus den 1950ern mit dem Ist-Zustand zu vergleichen. Feuchte Träume einstiger Utopisten, die mit der Abrißbirne alles eingestampft haben was erhaltungswürdig war.
Anglophil muß niemand sein, anglophob aber auch nicht. Ich trage keine historische Verantwortung, die weise ich niemand anderem zu. Ich glaube aber auch nicht, daß man eine friedfertige Zukunft zwischen den Völkern gestalten kann, wenn man immer wieder Vergangenheit aufrechnet. Die Vergangenheit war gestern und da gehört sie auch hin. Nicht vergessen, aber eindeutig vergeben und den Blick nach vorne richten.

Majestyk

25. April 2023 15:42

@ Laurenz:
Geschichtsschreibung ist nie absolut, sondern immer auch eine Frage der Interpretation. Aus Ereignissen der Vergangenheit kann man keine Kausalität für die Gegenwart ableiten. Zudem verläuft Geschichte nicht linear.
Nochmal, es gibt kein geschlossenes "wir", erst recht nicht historisch. Mit "wir" argumentieren Menschen die eine Deutungshoheit über andere beanspruchen, siehe Wagenknecht oder andere Politgenossen. Jenes "wir" welches individuelle Interessen ignoriert ist aber genau die Geburtststätte kollektiven Denkens welches jene Ressentiments hervorbringt über die gerade debattiert wird. 

 

Sandstein

25. April 2023 20:27

"Geschichtsschreibung ist nie absolut, sondern immer auch eine Frage der Interpretation. Aus Ereignissen der Vergangenheit kann man keine Kausalität für die Gegenwart ableiten. Zudem verläuft Geschichte nicht linear." 
..mit den letzten beiden Punkten mögen Sie Recht haben. Die erste Aussage ist aber in meinen Augen recht billig. Natürlich können Sie Geschichte vielfältig interpretieren, wie so ziemlich alles was Menschen machen oder getan haben oder machen werden. Das ändert nichts daran, dass es eine Wahrheit gibt. Diese zu ermitteln ist aber (allein) mit den Methodiken des Historikers schwierig bis unmöglich - weswegen Geschichte nie eine exakte Wissenschaft sein kann. Ich bin bei Laurenz und denke Sie liegen falsch. "Kannste machen, ist aber doof" fällt mir dazu nur ein.  
ps: wahrscheinlich ist es überhaupt nicht Sache der Menschen, Wahrheit zu vermitteln, wir können Sie vielleicht erkennen aber nie wirklich feste greifen. 

dojon86

25. April 2023 21:27

@Majesty Korrekt, Ich glaube, es war Carl Amery, der einmal gesagt hat, die Wiederaufbau Euphorie hat mehr in unseren Städten zerstört als die Bombenangriffe.

Kurativ

25. April 2023 23:35

US-Bindung mit EU & NATO-Mitgliedschaft bringen nur noch Nachteile. Die USA als Taktgeber wirkt schwach und fehlgeleitet. Es sollte kein Tabu sein über neue Formen und Bündnisse zu diskutieren. Man sollte neue Realitäten wahrnehmen und rechzeitig reagieren.

RMH

26. April 2023 07:34

Komplett schräge Diskussion. Man betont die Verbrechen der Westallierten im WK II, deutet an, dass "Russland" (war das nicht eher die ehem. UdSSR, mit einem Georgier an der Spitze, bei der dann auch Ukrainer und alle möglichen anderen Völker des Imperiums mitkämpften?) ja von Deutschland deart gepisackt wurde, dass es doch irgendwie logisch sei, dass dann Deutschland besonders hart bestraft wurde etc. (b.t.w.: was haben Massenvergewaltigungen mit den Einsätzen Deutschlands zu tun? Welcher normale Mensch "vollstreckt" denn solche Strafen?).
Ja bin ich denn hier bei Radio Moskau, bei irgendwelchen Staatsfernsehen-Dokus zum 08.05 oder bei einem Forum von Leuten, die sich neue Rechte nennen? Der einzige Unterschied zum Mainstream ist, dass keiner mit dem Argument um die Ecke kommt, dass die Bombardierunge Deutschland "nur" die Reaktion auf Bombardierungen englischer Städte seien ... Und alles hat mal wieder nichts mit dem konkreten Thema zu tun:
Ist was dran an den "leaks"? Wer nimmt Kohle und Info-Support von den Russen? Wer von den Amis? Keiner? Gut, dann gilt nur die Frage zu klären, wie man es verhinert, dass man nicht zum nützlichen Idioten einer der beiden Seiten wird (oder gar beider!). Ich würde jetzt mit der Parole "Deutschland zuerst" schließen ... nach der Anklage gegen Höcke weiß ich aber nicht mehr, ob dass evtl. böse ist.

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