Auf der Suche nach einer Antwort zogen ein junger Journalist und ein Fotograf durchs Dorf, sprachen Nachbarn an, ließen eine Drohne steigen und brachten es am Ende doch nur auf Platitüden, stereotype Stanzen, auf das also, was man gesehen und gehört zu haben vorgibt, wenn man keine Beute machen konnte.
Solche Beiträge dienen der Stabilisierung dieser Republik. Sie frischen uninspiriert, aber verläßlich das simple, keinesfalls mehr differenzierte oder gar ambivalente Feindbild auf; sie erhöhen die emotionale Hürde, über die springen muß, wer einen unvermittelten Blick auf das rechte Milieu werfen möchte; sie zeigen den Kollegen, daß man die Vokabeln gelernt hat.
Die dritte Seite einer renommierten Sonntagszeitung mit Verzerrungen über das eigene Leben gefüllt zu sehen, bleibt, bei aller politischen Erfahrung, dennoch eine merkwürdige Sache. Wir haben die vielen Texte, die über uns verfaßt worden sind, nicht gesammelt, und es würde uns nicht mit Stolz erfüllen, in einer solchen Sammlung zu blättern. Es stimmt nicht, daß die Haut dicker geworden sei.
Dies ist auch der Grund, warum wir nicht mehr mit Journalisten sprechen: Man möchte denen, die keinen Ehrgeiz, aber Zugang zu großen Blättern haben, nicht stundenlang ins Gesicht geschaut haben, bevor sie ihr Geschäft verrichten.
Es gibt etwas, das diese Leute allesamt nicht verstehen können und niemals schreiben würden, sähen sie es denn: wie gern und mit welcher Zuversicht wir arbeiten und wieviel bereits gelungen ist und noch gelingen wird.
Zwei Beispiele veranschaulichen das, veranschaulichen, was Gestaltungslust und Saat und Ernte ist, auch jenseits der großen Nummern, die wir auf Buchmessen und mit Bestsellern abzogen.
Das eine ist kurz erzählt: Wir können bereits jetzt kaum noch Anmeldungen zu unserem Sommerfest annehmen. Wir werden es am 8. und 9. Juli begehen, und mehr als 500 Gäste können wir nicht zulassen.
Was vor zwei Jahren als Nach-Maßnahmen-Fest sehr ausgelassen begann, hat sich im vergangenen Sommer als wichtigstes und größtes Lesertreffen unserer Richtung etabliert und bewährt – und wird in diesem Jahr mit einem dichten Programm aus Vorträgen, Diskussionen, Podien, Präsentationen und Lesungen die Kapazitätsgrenze ausreizen.
Umriß und Organisation des Sommerfests sind hier beschrieben – dort sind auch die Anmeldemöglichkeiten hinterlegt. 480 Anmeldungen liegen vor. Wir werden nach dem kommenden Wochenende die Listen schließen müssen und Anfang Juli die Tore weit öffnen können. (Wer angemeldet ist und noch keine Bestätigung erhalten hat, sollte bitte nachhaken!)
Die inhaltliche und emotionale Bedeutung dieser Zusammenkunft ist kaum zu ermessen, das wissen wir aus Gesprächen, Briefen und Kommentaren.
Wir dürfen, ich schrieb das an anderer Stelle einmal, für unsere Leserschaft mehr als dankbar sein. Sie begleitet uns seit Jahren auch dorthin, wo wir Experimente wagen und unser Verlegertum fast schon über die Vertrauensgrenze hinaus erweitern.
Ich spiele damit auf die nun abgeschlossene Reihe Mäander an, die zum Wertvollsten und Schönsten gehört, was die rechte Kulturszene je hervorgebracht hat. Sie war für 600 Leser konzipiert und liegt mit Erscheinen des 10. Bandes nun vollständig vor.
Vertrauensgrenze und erweitertes Verlegertum – vielleicht ahnt der ehrgeizlose Sonntagsjournalist, der jüngst mit uns nicht ins Gespräch kommen durfte, was wir damit meinen: Kein Mäander-Abonnent wußte über die ersten drei Bände hinaus, worauf er sich einließ, als er zugriff. Und keiner schrieb, während wir Band um Band lieferten, enttäuscht zurück.
Die Arbeit an dieser Reihe begeisterte uns wie kaum etwas Verlegerisches zuvor, und wenn wir eine Prognose wagen dürfen: Keine Sonntagszeitung und kein VS-Bericht wird uns dies nehmen können – die Freude am gelungenen Buch, den Schalk des besonderen Fundstücks und die Gewißheit, Leser, wirkliche Leser zu haben.
MARCEL
Sich absondern, Sezession beim Wort nehmen
So entsteht Zusammengehörigkeit und so wird man sogar interessant für Außenstehende.