Die Vielfalt rechten Denkens – Erik Lehnert im Gespräch mit Filipp Fomitschow

Im Rahmen seiner inzwischen abgeschlossenen Masterarbeit führte Filipp Fomitschow, der in Moskau Geschichte und Politische Philosophie studierte, im November 2022 ein schriftliches Interview mit Erik Lehnert, das wir in drei Teilen dokumentieren. Filipp Fomitschow arbeitet derzeit an der Dissertation über den zeitgenössischen radikalen Konservatismus in Deutschland.

Vor­be­mer­kung von Filipp Fomitschow

Die Fra­ge nach der „rus­si­schen Sicht“ auf die zeit­ge­nös­si­schen „Neu­en Rech­ten“ in Deutsch­land hat – wie jede sol­che Fra­ge – min­des­tens zwei Facet­ten. Die eine liegt in dem aka­de­mi­schen Bereich und die ande­re im öffent­li­chen. Irgend­wo dazwi­schen gibt es auch einen politischen.

Hier wird nur die ers­te Dimen­si­on erör­tert, da es zu den bei­den ande­ren nicht viel zu sagen gibt: Sowohl in der rus­si­schen Gesell­schaft als auch in der Poli­tik – die es im Gro­ßen und Gan­zen in Ruß­land nicht gibt – herrscht ein tie­fes und offen­bar his­to­risch ver­wur­zel­tes Miß­trau­en oder sogar Ver­ach­tung gegen­über den Intel­lek­tu­el­len, und das Wort „Rech­te“ wird fast aus­nahms­los mit dem Feind­bild „faschis­tisch“ asso­zi­iert, das sich durch alle Rit­zen der offi­zi­el­len Medi­en zieht.

Anders ver­hält es sich mit Ver­tre­tern der aka­de­mi­schen Welt und den ihr nahe­ste­hen­den Intel­lek­tu­el­len, aber hier ist aus einer Rei­he von Grün­den eigent­lich nichts über die deut­sche „Neue Rech­te“ bekannt. Es gibt kon­ser­va­ti­ve Leu­te in der Aka­de­mie, auch unter den höhe­ren Pro­fes­so­ren, die ent­we­der etwas über den zeit­ge­nös­si­schen deut­schen „radi­ka­len Kon­ser­va­tis­mus“ wis­sen (ich zie­he es in mei­ner For­schung vor, den Per­so­nen­kreis um das „Insti­tut für Staats­po­li­tik“ so zu bezeich­nen, um das Wort „Rech­te“ zu ver­mei­den), oder sogar in pri­va­ten Gesprä­chen wohl­wol­lend dar­über reden.

Die­se Men­schen las­sen sich jedoch an den Fin­gern einer Hand abzäh­len. Was man mit Sicher­heit sagen kann, ist, daß es noch kei­ne Stu­die über die Tätig­keit und den Ein­fluß des IfS in der rus­si­schen aka­de­mi­schen Land­schaft gibt – die­ses The­ma ist abso­lut eine ter­ra incognita.

Die voll­stän­digs­te Infor­ma­ti­ons­quel­le dazu ist für den rus­sisch­spra­chi­gen Leser Wiki­pe­dia – der Arti­kel über die „Neu­en Rech­ten“ auf Rus­sisch ist ein­fach eine gute Über­set­zung des deut­schen, des­sen Qua­li­tät und Unpar­tei­lich­keit jedoch in Fra­ge gestellt wer­den könn­te. Iro­ni­scher­wei­se ist der ein­zi­ge Arti­kel auf Rus­sisch über die fran­zö­si­schen (obwohl über die „Nou­vel­le Droi­te“ selbst ziem­lich viel geschrie­ben wur­de) und die deut­schen „Neu­en Rech­ten“ ein­fach die Über­set­zung eines äußerst ten­den­ziö­sen Arti­kels des berüch­tig­ten deut­schen Poli­tik­wis­sen­schaft­lers Armin Pfahl-Traug­ber (Die „Neue Rech­te“ in Frank­reich und Deutsch­land. Zur Ent­wick­lung einer rechts­extre­mis­ti­schen Intel­lek­tu­el­len­sze­ne, 2009).

Ver­öf­fent­licht wur­de sie 2011 in einem Sam­mel­band, her­aus­ge­ge­ben von dem mehr als frag­wür­di­gen rus­si­schen Ideo­lo­gen Alex­an­der Dugin. Ganz abge­se­hen davon, daß die Qua­li­tät der Über­set­zung zu wün­schen übrig läßt (die Vor­na­men von Armin Moh­ler und Arthur Moel­ler van den Bruck wer­den stän­dig ver­wech­selt), wird das „Insti­tut für Staats­po­li­tik“ als Haupt­in­sti­tu­ti­on der „Neu­en Rech­ten“ in dem Arti­kel nie­mals erwähnt – nur der Kreis von Pierre Krebs, Cri­ticón und Jun­ge Frei­heit.

Ab und zu wird in ziem­lich ober­fläch­li­chen poli­tik­wis­sen­schaft­li­chen Schrif­ten über den zeit­ge­nös­si­schen „Rechts­ra­di­ka­lis­mus“ oder über die „Alter­na­ti­ve für Deutsch­land“ etwas erwähnt, wobei nicht zwi­schen den fran­zö­si­schen und deut­schen „Neu­en Rech­ten“ unter­schie­den wird und das gesam­te Gedan­ken­gut bedau­er­li­cher­wei­se ent­we­der auf „Kon­ser­va­ti­ve Revo­lu­ti­on 2.0“ oder auf die Rei­he von Juli­us Evo­la, Alain de Benoist und Guil­laume Faye redu­ziert wird. Oft wird die AfD ein­fach den „Neu­en Rech­ten“ gleichgesetzt.

Jedoch gibt es auf Rus­sisch ein paar gute Stu­di­en über Armin Moh­ler, sein Werk über die „Kon­ser­va­ti­ve Revo­lu­ti­on“ ist auch über­setzt wor­den, und 2011 wur­de eine her­vor­ra­gen­de Ver­öf­fent­li­chung über die kon­ser­va­ti­ve Theo­rie von Gerd-Klaus Kal­ten­brun­ner her­aus­ge­ge­ben. Das ist aller­dings alles.

Der aktu­el­le Stand der Din­ge auf die­sem Gebiet ist bes­ten­falls unbe­kannt, und schlimms­ten­falls wird er aus ver­streu­ten, ober­fläch­li­chen und poli­tisch enga­gier­ten Arti­keln deut­scher Poli­tik­wis­sen­schaft­ler zusam­men­ge­tra­gen, deren Haupt­ziel offen­sicht­lich dar­in besteht, das The­ma so stark wie mög­lich zu diskreditieren.

Die Tätig­keit des IfS wird von ihnen bewußt als kryp­to-faschis­tisch dar­ge­stellt, und zur sozia­len und aka­de­mi­schen Mar­gi­na­li­sie­rung wird der Schwer­punkt auf die am meis­ten in Ver­ruf gera­te­nen Autoren gelegt, die auf die eine oder ande­re Wei­se bemer­kens­wert für die „Neu­en Rech­ten“ sei­en – die auto­ri­tär-natio­na­lis­ti­schen Theo­re­ti­ker der „Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on“, der anti­se­mi­tis­mus­ver­däch­ti­ge Carl Schmitt (vor allem mit sei­nen frü­hen Wer­ken) und die pro­to-faschis­ti­schen Theo­re­ti­ker wie Juli­us Evo­la, mit denen es kaum eine wirk­li­che Ver­bin­dung gibt.

Die Ande­ren, die nicht so rand­stän­dig zu sein schei­nen, ver­sucht man mit angst­ma­chen­den Eti­ket­ten zu ver­se­hen. So wer­den z.B. Ver­tre­ter der ita­lie­ni­schen sozio­lo­gi­schen Eli­te­schu­le – über­wie­gend bür­ger­lich-kon­ser­va­tiv ori­en­tiert – als „Sym­pa­thi­san­ten und Weg­be­rei­ter des Faschis­mus“ genannt. Der Ein­fluß und die Rol­le der prä­sen­ta­ble­ren Autoren wird ande­rer­seits so weit wie mög­lich verborgen.

Zum The­ma rus­si­scher Sicht zurück­keh­rend wäre es nicht über­trie­ben zu sagen, daß die von mir durch­ge­führ­te For­schung den ers­ten Ver­such dar­stellt, aka­de­mi­sches Inter­es­se am zeit­ge­nös­si­schen deut­schen Kon­ser­va­tis­mus in Form einer umfang­rei­chen Stu­die zu ent­wi­ckeln, die eines Tages zu einem voll­wer­ti­gen Buch aus­ge­wei­tet wer­den könnte.

Die gro­ße Men­ge an Mate­ri­al, sowie die ein­zig­ar­ti­gen Quel­len, die Herr Leh­nert mir freund­li­cher­wei­se zur Ver­fü­gung gestellt hat­te, haben es mir in mei­ner Mas­ter­ar­beit ermög­licht, das Phä­no­men der zeit­ge­nös­si­schen „Neu­en Rech­ten“, ihre Geschich­te und ihren Inhalt umfas­send zu beleuch­ten. Die ideo­lo­gi­schen Stem­pel und ver­ein­fa­chen­den Sche­men, die von deut­schen For­schern ange­bo­ten wer­den, sind nicht in der Lage, die Tie­fe und Fun­da­men­ta­li­tät der intel­lek­tu­el­len Tra­di­ti­on zu offen­ba­ren, auf die sich das „Insti­tut für Staats­po­li­tik“ stützt – auch wenn man damit nicht ein­ver­stan­den ist.

Es gibt heu­te in Deutsch­land also kei­nen zwei­ten Ort wie Schnell­ro­da, wo das kon­ser­va­ti­ve Den­ken in sei­ner gan­zen Viel­falt lebt und blüht – von Edmund Bur­ke und Alexis de Toc­que­ville bis Arnold Geh­len und Gerd-Klaus Kaltenbrunner.

In dem fol­gen­den Inter­view mit Herrn Leh­nert ist es uns gelun­gen, eini­ge Fra­gen aus dem Bereich der phi­lo­so­phi­schen und his­to­ri­schen Ansich­ten zu erör­tern und eine Rei­he von Details zum aktu­el­len Stand der Din­ge zu klä­ren. Zwei­fel­los wür­de kein Gespräch aus­rei­chen, um auch nur ein Zehn­tel der wich­ti­gen The­men anzu­spre­chen, aber man fängt immer klein an. Ich gebe auch die Hoff­nung nicht auf, daß im Rah­men mei­ner Stu­die wei­te­re Gesprä­che mit den füh­ren­den Ver­tre­tern des IfS und ihm nahe­ste­hen­den Poli­ti­kern geführt wer­den können.

– – –

FILIPP FOMITSCHOW: Wor­aus ent­steht die deut­sche Iden­ti­tät? Was heißt es heu­te, deutsch zu sein?

ERIK LEHNERT: Zunächst ist „Iden­ti­tät“ ein recht pro­ble­ma­ti­sches Wort, weil es bedeu­tet, daß irgend­et­was mit sich selbst iden­tisch ist, daß es nichts gibt, was es von außen defi­niert. Des­we­gen ist Iden­ti­tät so umstrit­ten. Und für Deut­sche ist es noch ganz beson­ders pro­ble­ma­tisch, weil die Deut­schen geschicht­lich aus ver­schie­de­nen Stäm­men und Staa­ten, wie z.B. den Bay­ern und Preu­ßen, her­vor­ge­gan­gen sind, dazu die kon­fes­sio­nel­le Spal­tung zwi­schen Katho­li­ken und Pro­tes­tan­ten. Dadurch sta­bi­li­sier­te sich die Klein­staa­te­rei, auch wenn dane­ben die Reichs­idee leben­dig blieb, mit der ver­sucht wur­de, den Anspruch Deutsch­lands als einer euro­päi­schen Ord­nungs­macht auf­recht zu erhalten.

Für mich per­sön­lich speist sich die deut­sche Iden­ti­tät aus der Geschich­te, was bedeu­tet, daß die Deut­schen eine his­to­risch gewach­se­ne Schick­sals­ge­mein­schaft sind, die eine gemein­sa­me Geschich­te und Kul­tur haben und sich natür­lich im wei­tes­ten Sin­ne über eine gemein­sa­me Abstam­mung defi­nie­ren. Heu­te bedeu­tet „deut­sche Iden­ti­tät“ vor allem ein Bekennt­nis zu die­ser Schick­sals­ge­mein­schaft und das Sicher­stel­len des Über­le­bens die­ses Vol­kes, weil jeder, der sich als Deut­scher fühlt, zumin­dest zu der Über­zeu­gung sein soll­te, daß die Welt ohne Deut­sche ärmer wäre.

FOMITSCHOW: Eine klei­ne Prä­zi­sie­rung: Heißt das, daß man dazu nicht obli­ga­to­risch deut­scher Abstam­mung sein muß?

LEHNERT: Das ist ein heik­ler Aspekt, weil es zu Zei­ten bei uns über­trie­ben wur­de mit der Abstam­mungs­ge­mein­schaft – als man ver­sucht hat, in den 1930er Jah­ren die Juden, die zur deut­schen Iden­ti­tät dazu­ge­hö­ren, weil sie teil­wei­se seit Jahr­hun­der­ten hier gelebt und so etwas wie einen eige­nen Stamm in Deutsch­land gebil­det haben, aus­zu­mer­zen. Inso­fern ist es klar, daß die Mög­lich­keit besteht, daß jemand, der nicht ursprüng­lich zu Abstam­mungs­ge­mein­schaft gehört, Deut­scher wird – aller­dings gehört dazu der Wil­le, Teil der deut­schen Schick­sals­ge­mein­schaft zu wer­den und sich nicht in eine Par­al­lel­ge­sell­schaft zu flüch­ten. Und es braucht natür­lich Zeit, manch­mal Generationen.

FOMITSCHOW: Armin Moh­ler bevor­zug­te die Selbst­be­zeich­nung „Neue Rech­te“ gegen­über „Kon­ser­va­tis­mus“, was ver­mut­lich dar­auf zurück­zu­füh­ren war, daß er sich auf der Ebe­ne der Namens­ge­bung vom eta­blier­ten und sich per­ma­nent libe­ra­li­sie­ren­den Kon­ser­va­tis­mus der Bun­des­re­pu­blik abgren­zen woll­te. Gerd-Klaus Kal­ten­brun­ner blieb beim Begriff „Kon­ser­va­tis­mus“ und ver­mit­tel­te auf beein­dru­cken­de Wei­se sei­ne Essenz. Wie wür­den Sie sich heu­te defi­nie­ren? Ist der Begriff „Neue Rech­te“ nicht stigmatisiert?

LEHNERT: Ernst Jün­ger hat Mit­te der 1950er Jah­re einen umfang­rei­chen Essay über den fran­zö­si­schen Den­ker und Geg­ner der Revo­lu­ti­on von 1789, Antoine de Riva­rol, ver­öf­fent­licht und ist dar­in auf das Pro­blem des Begriffs „kon­ser­va­tiv“ ein­ge­gan­gen. Jün­ger schrieb, was mei­nes Erach­tens bis heu­te gilt, von einem unbrauch­ba­ren Begriff, weil er so unbe­stimmt ist, beton­te aber ande­rer­seits die Schwie­rig­keit, einen bes­se­ren Begriff zu finden.

Vor die­sem Pro­blem ste­hen wir immer noch, wenn wir uns mit der Fra­ge „kon­ser­va­tiv“ ver­sus „Neue Rech­te“ beschäf­ti­gen. Die Aver­si­on von Moh­ler gegen den Begriff „kon­ser­va­tiv“ hat natür­lich damit zu tun, daß in sei­ner Zeit, in den 1950er und 1960er Jah­ren, CDU und CSU sich als kon­ser­va­tiv bezeich­ne­ten, obwohl sie die libe­ral-kapi­ta­lis­ti­sche Demo­kra­tie und den Fort­schritts­glau­ben der Bun­des­re­pu­blik unterstützten.

Kon­ser­va­tiv war nach der Les­art jemand, der sich den Sieg des Libe­ra­lis­mus mit etwas Nost­al­gie ver­bräm­te. Des­halb hielt Moh­ler den Begriff für poli­tisch nutz­los. Denn die Unbe­stimmt­heit des Begriffs „kon­ser­va­tiv“ führt dazu, daß auch ein Sozi­al­de­mo­krat kon­ser­va­tiv sein kann, so daß ich den Begriff „kon­ser­va­tiv“ immer mit einer nähe­ren Bestim­mung ver­wen­den wür­de – bei­spiels­wei­se „rechts­kon­ser­va­tiv“.

Damit wird klar, wor­auf man sich bezieht: Auf eine Oppo­si­ti­on zur links-ideo­lo­gisch domi­nier­ten Gegen­wart; oder auch „natio­nal-kon­ser­va­tiv“, was den Bezug auf die Nati­on als Grund­la­ge poli­ti­schen Han­delns unter­streicht. Was den Begriff „Neue Rech­te“ betrifft, dient er zwei Zie­len: Zum einen sich von den Kon­ser­va­ti­ven, also der CDU/CSU abzu­gren­zen; und zum ande­ren, die Bezeich­nung „rechts“ dem Natio­nal­so­zia­lis­mus ent­ge­gen­zu­stel­len. Ähn­lich der „Neu­en Lin­ken“, die Sta­lin abge­schwo­ren hat­te, woll­te Moh­ler die „Rech­te“ von Hit­ler abtrennen.

Das ist kei­nes­wegs eine nach­ge­reich­te Geschichts­klit­te­rung, son­dern ent­spricht der Selbst­wahr­neh­mung der Natio­nal­so­zia­lis­ten, die sich nicht nur gegen den Bol­sche­wis­mus, son­dern eben­so gegen die Rech­te wand­ten. Die Rech­te muß­te also, anders als die Lin­ke, nicht abschwö­ren. Im Unter­schied zu den Kon­ser­va­ti­ven beton­te Moh­ler in der Nach­fol­ge Jün­gers aber auch das natio­nal-revo­lu­tio­nä­re Moment der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on: Die alten Din­ge wie Thron und Altar kön­nen kei­ne Bedeu­tung mehr für die „Neue Rech­te“ haben, weil sie zer­stört sind und die Bin­dung an sie nicht mehr gilt.

Letz­ter Punkt: Ja, der Begriff „Neue Rech­te“ ist stig­ma­ti­siert und wird von den poli­ti­schen Geg­nern und auch dem Ver­fas­sungs­schutz in die­sem Sin­ne genutzt. Die „Neue Rech­te“, das sei­en Extre­mis­ten, die irgend­was Schlim­mes gegen die Ver­fas­sungs­ord­nung unter­neh­men wol­len, heißt es dann. Das ist natür­lich Unsinn. Aber die Stig­ma­ti­sie­rung hängt auch nicht am Begriff, son­dern dar­an, daß wir, egal wie unse­re Selbst­be­zeich­nung lau­tet, zu vie­len ideo­lo­gi­schen Grund­über­zeu­gun­gen unse­rer Zeit im Gegen­satz stehen.

FOMITSCHOW: In einem Gespräch zwi­schen Bene­dikt Kai­ser und Götz Kubit­schek wur­de über das „schla­fen­de Volk“, über die Exis­tenz einer „schwei­gen­den Mehr­heit“ gestrit­ten. Glau­ben Sie, daß es die­se schwei­gen­de Mehr­heit heu­te in Deutsch­land gibt?

LEHNERT: Zuerst muß die Fra­ge beant­wor­tet wer­den, was man unter der schwei­gen­den Mehr­heit ver­steht. Wenn wir nur auf die Wah­len schau­en und davon aus­ge­hen, daß der Sou­ve­rän, das Volk, im Grun­de nur alle vier Jah­re auf­ge­ru­fen ist, sei­ne Stim­me abzu­ge­ben, dann haben wir natür­lich eine schwei­gen­de Mehr­heit, die nicht zur Wahl geht. Die liegt in Deutsch­land zwi­schen 30 und 70 Pro­zent, je nach­dem, wel­che Wahl es betrifft.

Daß die­se Mehr­heit schweigt, hat aber nichts damit zu tun, daß sie eigent­lich Unter­stüt­zer unse­rer Auf­fas­sun­gen wären. Wir haben kei­ne schwei­gen­de Mehr­heit, die, wenn man sie zum Spre­chen brin­gen könn­te, auf ein­mal eine rech­te Mehr­heit wäre.

Die Abwen­dung vom poli­ti­schen Betrieb hat ganz ver­schie­de­ne Grün­de: Resi­gna­ti­on, Des­in­ter­es­se und so wei­ter. Ich glau­be auch nicht, daß die­se schwei­gen­de Mehr­heit, also die, die sich nicht bei den Wah­len zeigt, zu 100 Pro­zent auf einer Sei­te wäre, son­dern ich neh­me an, daß sich das auf die ver­schie­de­nen Par­tei­en ver­tei­len wür­de. Maxi­mal ein Vier­tel der schwei­gen­den Mehr­heit teilt unse­re Posi­ti­on, aber selbst das ist noch eine sehr opti­mis­ti­sche Einschätzung.

FOMITSCHOW: Die­se Fra­ge könn­te noch ver­tieft wer­den, und zwar: Kann die Mas­se über­haupt ein poli­ti­sches Sub­jekt sein? Wenn ja, wel­che Macht hat die­ses Subjekt?

LEHNERT: Es gibt die roman­ti­sche Vor­stel­lung vom mün­di­gen Volk als poli­ti­schem Sub­jekt. Die­se Idee steht hin­ter der Rede von der „schwei­gen­den Mehr­heit“. Ich sehe das anders: Das Volk zeigt sich heu­te vor allen Din­gen als Mas­se und nicht als geglie­der­te Einheit.

Das ist natür­lich trotz­dem ein poli­ti­scher Fak­tor von immenser Bedeu­tung. Nicht nur durch die Fra­ge, wel­che Wahl­ent­schei­dung sie tref­fen, son­dern auch dadurch, daß die Mas­se immer den Zeit­geist reprä­sen­tiert und durch die ihr inne­woh­nen­de Träg­heit auch dafür sorgt, daß ein bestimm­ter Zeit­geist viel­leicht viel, viel län­ger über­dau­ert, als die poli­ti­schen Rea­li­tä­ten das her­ge­ben. Die Mas­se ist also ein poli­ti­scher Fak­tor, der sowohl Sub­jekt als Objekt sein kann.

Dem­entspre­chend gibt es his­to­ri­sche Momen­te, in denen die Mas­se eine her­aus­ra­gen­de Rol­le spielt, z.B. der Umbruch 1989/90, als der Kom­mu­nis­mus unter­ging. Hier spiel­te die Mas­se eine Rol­le, auch wenn sie kei­nen Ein­fluß auf die wirt­schaft­li­chen Umstän­de hat­te, die den Nie­der­gang des Kom­mu­nis­mus beschleu­nigt haben.

Die Mas­se spielt immer dann eine Rol­le, wenn sich ein bestimm­ter Pro­zent­satz der Men­schen von dem Sys­tem abwen­det. Denn selbst der Dik­ta­tur fällt die Auf­recht­erhal­tung der Herr­schaft schwer, wenn die per­ma­nent gegen die Mas­se arbei­ten muß. Der Moment, wann die Mas­se zum Sub­jekt wird, läßt sich in der Gegen­wart schwer aus­ma­chen, das ist eher retro­spek­tiv mög­lich. Denn die­ser Moment hängt von vie­len Fak­to­ren ab, u.a. davon, ob die Leu­te für eige­nes Fort­kom­men in dem jet­zi­gen Sys­tem noch eine Chan­ce sehen, und ob es ein mehr­heits­fä­hi­ges Gegen­bild zur aktu­el­len Gesell­schaft gibt.

Das wäre der Moment, wo Mas­se Sub­jekt wird. Aller­dings ist heu­te die Wahr­schein­lich­keit des Ein­tre­tens die­ses Moments gerin­ger gewor­den, weil die media­len Steue­rungs­me­cha­nis­men viel aus­ge­feil­ter sind, als das noch vor 30 Jah­ren der Fall war.

(Teil 1 von 3)

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Kommentare (56)

Laurenz

3. August 2023 11:43

Da ich weder Akademiker noch Intellektueller bin, beides mich für meine Person auch nicht interessiert, bin ich EL dankbar, das Fenster mit Zugluft in diesen Raum mit verständlicher Sprache zu öffnen & mit kurzen Sätzen viele Themen abzuhaken. Auch aus meiner proletarischen Sicht kann ich alles unterschreiben, was EL hier sagt, bis auf den letzten Absatz. Marx hatte in einem Punkt Recht, das materielle Sein bestimmt das Bewußtsein. Die schweigende Mehrheit geht nicht wählen, weil das materielle Sein sie nicht zwingt. Sobald der Zwang für viele entsteht, schwindet die schweigende Mehrheit. Noch nie in den letzten 30, bzw. 70 Jahren im Westen war die gesellschaftliche Situation einer Mehrheit so bedroht wie jetzt. Der Auslöser war die Machtergreifung der Ampel, also der woken Kultur-Marxisten.

Mitleser2

3. August 2023 11:57

" ... und das Wort „Rechte“ wird fast ausnahmslos mit dem Feindbild „faschistisch“ assoziiert, das sich durch alle Ritzen der offiziellen Medien zieht."
Wie passt das zur (angeblichen?) Unterstützung/Einflußnahme auf die AfD durch Russland?

Franz Bettinger

3. August 2023 12:03

Sind die Russen bzgl. des Schlagwortes Rechts am Ende (d.h. heute) ihrer eigenen Propaganda auf den Leim gegangen? Seit wann werden die deutschen NSDAP-ler (Nazis) und die italienischen Faschisten als Rechte bezeichnet? Erst seit Gründung der DDR. Von wem? Von eben dieser DDR (nach Absprache mit Moskau vermutlich); und danach von allen Linken der Welt, vor allem den deutschen Linken. Warum? Weil der Arbeiter- und Bauernstaat keine Traditions-Linie zur NSDAP haben wollte, in der das S und das A überdeutlich glänzen. Wer hat’s als erster gesagt? Marcel Reich-Ranicki im ÖR-TV, Gott sei Dank als Jude unverdächtig. Er schrieb es auch (glaube ich mich zu erinnern) in seinem sehr lesenswerten Buch 'Mein Leben’. Rechts aber ist etwas ganz anderes. Rechts Sein ist eigentlich keine politische, sondern eine natürliche Sache, eine Frage des Überlebens, eine anthropologische Konstante. Es bedeutet nichts anderes als - vor allem in Notzeiten - das Eigene zu hegen und zu verteidigen. Jedes Volk tut das, wenn es nicht wahnsinnig geworden ist. Hitler, Goebbels, Mussolini waren nach ihrer eigenen Auffassung Linke (Radikale, wie die Jakobiner 1792, die jede Eminenz dem Volkswillen unterwerfen wollten). Das wusste man 1945 noch; heute weiß es kaum einer mehr. Ich halte für verkehrt, die Selbstbezeichnung Rechts zu meiden. Wer den Stier nicht bei den Hörnern packt, wird ihn nie in die Knie zwingen. 

Franz Bettinger

3. August 2023 13:00

Identitität ist Identifizierung des Einzelnen mit einer Gruppe, einer Kultur, einer Nation. Einfacher gesagt: Identität ist Heimat. Heimatgefühle sind für gesunde Menschen kein kulturelles od. rassisches Gefängnis, sondern notwendig. Heimat ist die Bestätigung des eigenen, konkret vielfältig geprägten Daseins. Jeder Mensch will sich seiner Identität und Individualität versichern; es ist ein natürliches Bedürfnis. Das heißt nicht , dass man andere Menschen, Gruppen, Völker, Rassen ablehnt. Voraussetzung für ein harmonisches Miteinander verschiedener Identitäten ist, dass man das Gefühl der Sicherheit hat, sein eigenes Wesen ohne schmähende Ein- und Angriffe selbstbewusst leben zu können. Gute Politik berücksichtigt dieses Grundbedürfnis (!) und versucht nicht - etwa durch Umerziehungs-Programme oder maßlose Stärkung von Randgruppen - allen eine künstliche Identität aufzuzwingen. Das kann nur schiefgehen wie alles, was sich gegen die menschliche Natur richtet.

Volksdeutscher

3. August 2023 13:02

@Laurenz - "Marx hatte in einem Punkt Recht, das materielle Sein bestimmt das Bewußtsein. Die schweigende Mehrheit geht nicht wählen, weil das materielle Sein sie nicht zwingt."
Das stimmt nicht notwendigerweise. Wenn das jedoch wahr ist, ist empirisch gesehen auch die umgekehrte Version wahr: Bewußtsein bestimmt das Sein. Daher interpretiere ich die schweigende Mehrheit als ein Menge von Menschen, die kein Bewußtsein für das Sein haben. Das zur Erkenntnis und Handlung Erforderliche hat sich in ihrem Falle noch nicht in die oberen Sphären des Bewußtsein vordringen können. So etwas wäre z.B. Unzufriedenheit, die sich nicht erklären kann und bleibt auf der Ebene eines vagen Gefühls. In einem bestimmten Moment jedoch, wird der Einzelne seiner Not bewußt und erkennen, daß er wählen gehen muß und was er wählen muß, wenn er seine Not wenden will.
@Franz Bettinger - Schon zu Stalins Zeiten bezeichneten die sowjetischen Kommunisten die Nationalsozialisten ab einem bestimmten Zeitpunkt als Faschisten. Das findet man auch in zeitgenössischen Texten. Und sie nannten sie deshalb Faschisten, um das Prädikat sozialistisch für sich zu beanspruchen und sich dadurch als die wahren Träger sozialistischer Ideen zu präsentieren (was jedoch nicht stimmt). Das war also eine Form der "verbalen Enteignung". Auch Putin bedient sich noch der stalinistischen Rhetorik.

Franz Bettinger

3. August 2023 13:37

@EL: Danke für Ihre klaren, guten Antworten & dass Sie das Fass (Rechts…) überhaupt mal aufgemacht haben. Chapeau! Übrigens: Man braucht nach Kant oder Konrad Lorenz keinen Gott, um moralisch zu handeln. Moral ist in der Natur ein evolutiver Vorteil, und so ist Rechtes und Linkes in jedem von uns. Die 2 Emotionen sind notweniger Weise zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich dominant. In Notzeiten neigen die Menschen nach Rechts, in guten Zeiten des Überflusses nach Links (panem et circenses.) Beides - Rechtes (zuerst für das Eigene sorgen) wie Linkes (gnädig sein und abgeben) - sind die moralischen Pfeiler einer gesunden Gesellschaft. 

Blue Angel

3. August 2023 13:37

Danke, Herr Lehnert und Herr Fomitschow, für das interessante Gespräch, auf dessen Fortsetzung ich gespannt bin, und Franz Bettinger für die prägnante Beschreibung des Rechts-Seins. 

Franz Bettinger

3. August 2023 13:42

Ich war wohl immer ein verkappter Rechter, nur wusste ich es nicht, bis Merkel auftrat. Dafür gibt es eine Fülle von Indizien wie Steuern zahlen, Gesetze einhalten, entschiedene Ablehnung von Religionen, Ablehnung des Genderquarks, weitere Verwendung von Tabu-Wörtern. Ich lehne Kollektives Denken ab, bin kein Sozialist, zähle mich zu den Übermenschen nicht, und will keine Minderheiten drangsalieren, ich bin also kein Nazi. 3 meiner katholischen Vorfahren saßen in KZs. Aber ich bin klar Rechts. Rechts ist das Erkennen und Anerkennen von Unterschieden. Mehr Geld für mehr Leistung. Rechts ist (nicht Links, also) gegen jeglichen Versuch von Gleichmacherei. 

MarkusMagnus

3. August 2023 14:47

@ Franz Bettinger
Der Begriff rechts normalisiert sich gerade.
Aber Vorsicht. Die können auch "rechts".
Siehe Meloni in Italien. Ist dass das "rechts" was wir wollen? Wohl kaum.
Ich bin der Meinung das fast niemand nur rechts oder links ist. Ein gut geführter Staat ist nach innen links und nach aussen rechts.
Nach innen lässt man die Normalbevölkerung in Ruhe und nimmt die Grossunternehmen an die Kette, und nach aussen setzt man seine Interessen durch.
Bei uns passiert im Moment das Gegenteil.

RMH

3. August 2023 15:08

Im Politischen erklären sich viele der großen Begriffe am Besten, wenn man sich stets den Gegensatz dazu vorstellt. So ist der von E.L. als zu unbestimmt bezeichnete Begriff "Konservativ" auf einmal gar nicht mehr so unbestimmt, wenn man sich dazu gleichzeitig "Progeressiv" vorstellt. Manche Begriffe werden erst aus einer Dialektik heraus verständlich bzw. begreifbar. So wird "Rechts" am konkretesten, wenn man diesem Begriff "Links" gegenüber stellt. Bewahren versus Auflösen etc. (diese Technik des Gegenüberstellens praktiziert übrigens auch Dr. Krah in seinem Manifest "Politik von Rechts").
Der Versuch der Synthese aus solchen Antagonismen, der in der Theorie naheliegt, geht m.M.n. in der Praxis in aller Regel schief bzw. führt es zu Über- und Unterordnungen.

Laurenz

3. August 2023 16:09

@MarkusMagnus @Franz BettingerSiehe Meloni in Italien. Ist dass das "rechts" was wir wollen? Wohl kaum. ... das egen die Altlinken von Telepolis ähnlich, wie Sie. https://www.telepolis.de/features/Giorgia-Meloni-streicht-Buergergeld-per-SMS-Die-Neue-Rechte-an-der-Arbeit-9233431.html Ich denke eher, Meloni holt nur das raus, was gerade so geht. Man kann nicht überall Fronten eröffnen. Macron, den Sie über Jahre durch den Kakao gezogen hat, versucht Sie wieder friedlich zu stimmen. .... bin der Meinung das fast niemand nur rechts oder links ist. ... Man kann auch alles zerreden. Hier geht es nur um Deutungshoheit. Weidel sagt, sie betreibe CDU-Politik der 90er, was nix anderes ist, als SPD-Politik der 70er. Historisch gesehen, ist die AfD also extrem mittig. Im historischen Sinne gibt es also gar keine rechten Parteien, auch keine neu-rechten. Wir wurden nur zur Rechten gemacht, was, wie man dem Artikel entnehmen kann, erfolgreich mit dem Terminus Neue Rechte entschärft wurde.
@Franz Bettinger ... Im finanziellen Bereich bist Du Edel-Sozialist aus Neu-Wandlitz. Weniger leisten, dafür mehr Geld bei der Rente oder keine Gewerbe-Steuer zahlen. Das ist, mit Verlaub, sau-links...

Hesperiolus

3. August 2023 16:34

Rechts und Links im vorgenannten Sinn sind eben grade keine anthropologischen Konstanten, sondern historische Polaritäten innerhalb des flackernden Nichtständischen, mit zugegeben ungleich verteilten und zumeist verstellten Restabsenkern aus dem immer Geltenden. Vor dem Ordnungsbruch gab es politisch weder Rechts noch Links. Ordnung, mithin durch Herrschaft realisierte, ist nicht vom „Eigenen“, sondern aus dem Wert her zu erkennen. Die perenne Hierarchie von Oben und Unten. Des Geistes über den Stoff. Es wäre zumindest etwas gewonnen, den metapolitischen Höhendiskurs von camouflierten Sozialnaturalismen, den ressentimentalen Verteilungskämpfern, den primatologischen Banausomachien frei zu halten. Der auszeichnende Wertkern des Rechtsseins aber liegt wohl im Katechontischen, nur da. - Sein Vergessen ist das nachdröhnende Vahlkamp'sche Schweigen.

Niekisch

3. August 2023 16:56

"Hitler, Goebbels, Mussolini waren nach ihrer eigenen Auffassung Linke (Radikale, wie die Jakobiner 1792, die jede Eminenz dem Volkswillen unterwerfen wollen"
@ Franz Bettinger 3.8. 12:03: Nein, ganz im Gegenteil: Sie waren, zumindest wollten sie in Abkehr vom Internationalismus nationalistische Persönlichkeitssozialisten und vom Volk legitimierte "Eminenz" sein. Dem Gedanken der "Weltbruderkette" der Individuen von 1792 setzten die Nationalsozialisten gedanklich mit späterem Verrat daran einen Bund nationaler und sozialistischer Nationen auf deren völkischer Grundlage entgegen ( Beck, Friedrich Alfred, Aufgang des germanischen Weltalters, Feldmüller 1944, S. 261 )

Gimli

3. August 2023 17:01

Gibt es eine klare Antwort auf die eindeutige Korrelation, dass Rechte oftmals in religiösen Fragen strikt sind (Ablehnug Homosexualität, bei Katholiken Bevorzugung einer traditionellen Liturgie) und im Politischen bei Klima und Corona ebenso oft entweder total verneinen oder wenigstens die Bedeutsamkeit abschwächen und die Maßnahmen dagegen nicht selten als von geheimen Mächten gesteuert sehen, die nichts gutes im Schilde führen? Für mich war bis vor ca 5 Jahren Rechts immer mit einer Betonung des Nationalen verbunden. Bis vor 15-20 Jahren waren konservative Wahl-Inhalte eher immer Wehrpflicht, Atomkraft und Familie. Bis von der Leyen in einer Talksshow die beiden erstgenannten Themen schlicht "keine Werte" nannte und abräumte. Seitdem bin ich sogar mit der CDU halbwegs versöhnt, obschon Sohn eines Arbeiters und waschechten Sozialdemokraten; eben für die werde ich (Sozialisation) immer Sympathien haben.

Gracchus

3. August 2023 17:39

Laurenz: "Weder Akademiker noch Intellektueller" - seien Sie froh! 
"Man kann auch alles zerreden". Sicher, dennoch liegt MarkusMagnus richtig. Ich habe eben ein Interview mit Krah im DF zur EU gehört. Der Interviewer hat zwar versucht, Aussagen Krahs zu skandalisieren, es ist ihm aber kaum gelungen. Ist das, was Krah gesagt hat, sonderlich rechts? 
Die Definition Bettingers könnte auch als libertär durchgehen, würde nicht das Volk erwähnt. 
Konservativ vs. Progressiv: was heute als "progressiv" verkauft wird, ist - schöne Grüße an @Gimli - in meinen Augen alles andere als progressiv. 
Schön, dass Kaltenbrunner erwähnt wird. 
 

Eo

3. August 2023 18:57

 
.Wenn ein hinreichenderTeil der Masse kritisch wird, kann eine kritische Masse erreicht werden, die in der Lage ist, so etwas wie eine Kettenreaktion auszulösen. Das gilt nicht allein für die Physik im allgemeinen sondern ebenso für die politische Physik im besonderen.
Dazu hat's übrigenseinen Artikel in der EnnAll-27 mit dem Titel 'Krisenzeiten haben's in sich'. Wen's interessiert ... Schick ich gerne zu..
 

Der Gehenkte

3. August 2023 19:05

Was Herr Fomitschow als sein Projekt hier ankündigt, klingt sehr vielversprechend. Vor allem scheint er die nötige Distanz und Draufsicht mitzubringen, um daraus was Wertvolles machen zu können. Sätze wie von der „Politik – die es im Großen und Ganzen in Rußland nicht gibt“ oder vom „fragwürdigen russischen Ideologen Alexander Dugin“ – Dugin hat einen Sammelband herausgegeben, in dem Pfahl-Traugber vertreten ist? – lassen aufhorchen. Soll die Studie auf Deutsch oder auf Russisch erscheinen? Man sollte sie einem breiten Publikum zugänglich machen.
Nebenbei läßt Fomitschow den Begriff des „radikalen Konservatismus“ fallen – gefällt mir gut. Die Schwierigkeiten mit dem Begriff der „Rechten“ sind offensichtlich, auch wenn Krah etwa gerade darauf bestand, ihn durchzudrücken. Die Idee der Setzung hat etwas für sich, aber man darf den sozialpsychologischen Effekt des Begriffes auf die Masse – ob historisch gerechtfertigt oder nicht – nicht unterschätzen. Deswegen ist die Suche nach intelligenten Alternativen – auch zu „konservativ“ – sinnvoll, selbst wenn wir seit Jünger nicht weitergekommen sind.
Konservatismus wird ein immer mehr positiv besetzter Begriff werden, je stärker die Fortschritts-Akzeleration. Radikal dann im Sinne von Marx gefaßt, das ergibt ein sinnvolles und produktives Paar.

Der Gehenkte

3. August 2023 19:19

@Franz Bettinger „Identität ist Identifizierung des Einzelnen mit einer Gruppe, einer Kultur, einer Nation.“
Es ist ein Kardinalfehler, Identität und Identifizierung primär zusammenzuziehen. Schon die Grammatik läßt die wesentliche Differenz sichtbar werden, das eine ist ein Seinszustand, das andere eine Entscheidung und damit flüssig. Darin wurzelt auch der Fehler des postmodernen Gedankens der fluiden Identität – gemeint ist Identifizierung. Identität ist unhintergehbar, sie beschreibt etwas vom Bewußtsein unabhängig Gegebenes. Deswegen können radikale Linke ebenso eine deutsche Identität aufweisen, auch wenn sie diese ablehnen – vergleichbar der Geschlechtszugehörigkeit. Die Linken sind deutscher als es ihnen lieb sein kann, in der linken, der grünen Ideologie schlägt das Deutsche ganz massiv durch. Es hat nur eine perverse Wendung gemacht, nahezu spiegelbildlich zur nationalsozialistischen. Identität ist das Eine in unzähligen Ausprägungen.
Dennoch ist Identität multipel, da hat die PM recht. Aber eben auf verschiedenen Ebenen: Nation, Geschlecht, Beruf, Region, Haarfarbe ...
Auch hat Identität nicht zwangsläufig mit Heimat zu tun. Man kann eine neue Heimat finden – sogar NZ – und dennoch im Kern Deutscher bleiben und man kann diese ablehnen und gerade deswegen Deutscher bleiben. Auch der Migrant kann sich mit D identifizieren, die Identität wird er in der Regel selten erreichen – dazu bedarf es eines Mehrgenerationenprozesses, die Identifizierung kann helfen, ist aber kein Garant.

FraAimerich

3. August 2023 19:43

@Laurenz
 
Man muß nun wirklich kein (Alt-)Linker sein, damit einem bei Meloni so langsam die Galle hochkommt. Wundert mich fast ein wenig, daß Sie sie immer noch verteidigen. Ihre ästhetischen Bedürfnisse könnten Sie aktuell doch viel besser beim Frauenfußball bedienen. Meine Einschätzung Melonis habe ich Ihnen schon zu ihrer Wahl gegeben - und lag damit offenbar richtig. Sie darf die Hauptkampflinie von NATO und EU in Sachen Ukraine und Ersetzungsmigration gegen Rechts sichern. Die, denen das auffällt, sollen sich damit trösten, daß immerhin den "unnützen Fressern" die Sozialhilfe von heut auf übermorgen auf nichts gestrichen werden soll.

FraAimerich

3. August 2023 19:59

Wieviele Jahr(zehnt)e eigentlich bringen (vor allem Neu-)Rechte jetzt schon damit zu, sich zu überlegen, was eigentlich "rechts" ist? 
Wohl ebenso lange, wie eigentlich klar ist, daß das alte Links-Rechts-Schema nurmehr zu propagandistischen Verkürzungen (mithin also auch zum Mißbrauch) sowie zur Konstruktion oft fragwürdiger geistiger Sukzessionslinien taugt.
Das kann zwar mitunter, auch metapolitisch, vorteilhaft oder sogar geboten erscheinen. Aber bewußt sollte man sich schon sein, daß der politischen Wirklichkeit mit dem überkommenen Links-Rechts-Schema schlicht nicht mehr oder kaum noch beizukommen ist. 
Das - gerade von Neurechten - anhaltend bekundete "Klärungsbedürfnis", was "Rechtssein" heute eigentlich ausmacht und bedeutet, aus dem ja auch eine gewisse "Verunsicherung" spricht, scheint mir ein Ausdruck dieses Problems. Mit katechetischer Zurichtung allein wird ihm nicht beizukommen sein.

Maiordomus

3. August 2023 20:45

Dass die Ampel eine Bedrohung sei, wird nicht wahrgenommen. Wer schon fühlt sich, nicht nur im Ausland, von Baerbock bedroht? Auch der Kanzler zeigt zu wenig bedrohlich, um den Leuten das Fürchten beizubringen. Von Trump fühlte man sich um Welten mehr bedroht, national und international, obwohl auch er z.B. auch beim Kapitol usw. ein Papiertiger war, wobei ich aber Illegales im Einzelnen nicht ausschliesse. Von Trump oder Putin kann man sich rein psychologisch als bedroht fühlen, bei Meloni nur verbal mit der Unterstellung von Faschismus und neuer Mussolini. Das glaubt unterdessen auch von der Leyen nicht mehr. Die Bedrohung geschieht jedenfalls nicht durch Personen, sondern durch das Faktische, wobei über Jahre von "angeblicher Masseneinwanderung" und "realem menschengemachtem Klimawandel" gesprochen wurde, mit Angstmacherpolitik .

Volksdeutscher

3. August 2023 20:56

1. "Insofern ist es klar, daß die Möglichkeit besteht, daß jemand, der nicht ursprünglich zu Abstammungsgemeinschaft gehört, Deutscher wird – allerdings gehört dazu der Wille, Teil der deutschen Schicksalsgemeinschaft zu werden und sich nicht in eine Parallelgesellschaft zu flüchten. Und es braucht natürlich Zeit, manchmal Generationen."
Diese Annahme muß etwas kontrastiert werden. Die These müßte zunächst einmal durch viele gelungene Beispiele belegt werden, um zu zeigen, daß das real möglich und nicht nur Wunschdenken ist. Denn es hat sich in der Vergangenheit des Öfteren gezeigt, daß ein fremdes Volk mit dem Staatsvolk zwar Jahrhunderte lang zusammenleben, dessen Sprache perfekt sprechen kann und sich dennoch nicht zu dessen Gemeinschaft zählt, wie es auch von der indigenen Gemeinschaft selbst nicht als zu ihr zugehörend empfunden und betrachtet wird. Dies entsteht, wenn das fremde Volk sein Bewußtsein für seine Andersartigkeit nicht nur bewahrt hat, sondern zwischen ihm und dem indigenen Volk Diskrepanzen auch in ethno-kultureller Hinsicht bestehen.

Maiordomus

3. August 2023 21:28

@Der Gehenkte sieht durch. Ein Deutscher kann zum Beispiel nie Appenzeller sein, für diesen Kleinraumkosmos ist er nicht disponiert, ein Appenzeller wiederum eher Amerikaner als Deutscher usw. Der Unterschied zwischen Identität und Identifizierung ist in der Tat gewaltig und oben richtig gesehen wenigstens in dieser Kürze. 
Zu "rechts".  Die entscheidenden Meinungsverschiedenheiten zumal des abendländischen Menschen, über die für mich durchaus achtbaren Aborigines usw. kann ich mich nicht äussern, sind theologischer Natur, das gilt indes auch ausdrücklich zum Beispiel für die Russen/Slawen und die Juden, letztere zumal auch untereinander. Sie sind innerhalb der westlichen und nahöstlichen Zivilisation die im Moment identitätsstärkste Denomination und die einzig verbliebenen  anerkannten Voll-Völkischen, wiewohl der jüdische Selbsthass schon ab dem 18. u. 19. Jahrhundert (Heine) nicht zu übersehen war.  Dieser vollvölkische Gesichtspunkt erfüllte die exaltierten Antisemiten übrigens mit dem allergrössten Hass, er trat ihnen buchstäblich zu nahe. Der Antisemitismius ist im übrigen in keiner Weise eine differentia specifica des "Rechtsseins", gewiss keine notwendige Eigenschaft. Mit in diese Dialektik gehört aber der Anti-Antisemitismus der Linken, welcher nichts mit Sympathien für die Juden zu tun hat, sondern ein Hass-Element gegen die Rechten ist, was der kluge Broder bei "Vergesst Auschwitz" durchaus verstanden hat. 

Gracchus

3. August 2023 21:43

@Der Gehenkte 
Wäre das, was Sie als "Identität" bezeichnen, mit Prägung nicht besser beschrieben? 
Und ist Identität nicht Ergebnis von Identifizierungen? 
Ich kriege jedenfalls immer einen Knoten in den Kopf, wenn ich über Identität nachdenke. Dagegen habe ich, wenn ich morgens aufwache, selten das Problem, mich als denjenigen zu identifizieren, der abends eingeschlafen ist. 
 

Maiordomus

3. August 2023 21:51

PS. Bei Rechts-Links sollte man die ästhetischen Gesichtspunkte höher gewichten als die politischen. Fellini war als Italiener um Welten rechter als der konformistische und ursprünglich sowieso sozialistische Mussolini, auch rechter und womöglich noch katholischer als jeder Papst. Bei E. Burke, dem bedeutendsten angelsächs. Rechten, beachte man, dass sein anderes Hauptwerk neben Kritik der Franz. Revolution einr Ästhetik war und dass er ein  undogmatischer freiheitlich gesinnter Katholik war. Papstkritiker Baader steht als Kritiker des Nationalismus und Russenfreund weiter rechts als deutsche Nationalisten. Unter Protestanten stand Bismarck nicht links, trotz Etatismus. Röpke war Rechtsliberaler mit Hauptfeindbild american liberalism ab Vierzigerjahren, vorher war es der NS und Marxismus. Er analysierte Einseitigkeit des Wohlfahrtsstaates. In Russland stand Dostojewskij klar rechts von Tolstoi, seine Hauptsubstanz ist wie bei Solschenizyn weder Panslawismus noch Russ. Nationalismus bei entschiedenem Patriotismus. Letzterer spielt aber bei Legende vom Gross-Inquisitor weder positiv noch negativ eine Rolle
Zu denken gibt, dass man Lionardo da Vinci im Gegensatz zum Freimaurer Mozart weltanschaulich nicht einordnen kann. Ausser dass wir Rechten ihn vorbehaltloser bewundern können als Linke. Interessant, wie Bernhard Shaw Shakespeare mit linken Argumenten ablehnte! 

Gracchus

3. August 2023 23:16

FraAimerich: "katechetische Zurichtung" - kann man in vielen Bereichen beobachten, die von den "Modernen" abgehängt sind; das ist aber zugleich das "Moderne" an ihnen. Man sollte sich die Ehrfurcht vor dem Mysterium der Wirklichkeit bewahren, in der wir leben, weben und sind. Das Mysterium begrifflich-rational fixieren zu wollen, bringt es zum Verschwinden. Daraus resultiert auch ein seltsamer Begriffsfetischismus. 
 

Gracchus

3. August 2023 23:29

Interessant ist Lehnerts Absage an romantische Vorstellungen von Volk. Kann das Volk als Masse nur in seltenen Momenten zum Subjekt werden (solche Diskussionen laufen auch in der Verfassungstheorie)?
Pfarrer Milch - der Piusbruderschaft nahestehend, ein origineller Typ, von Thronstrahl haben Predigtschnipsel von ihm vertont - hat in einer Predigt gesagt - und mir hat das spontan eingeleuchtet -, dass sich das Volk nicht in der Masse, sondern im Einzelnen zeige.

Gracchus

3. August 2023 23:55

@Maiordomus: nein - auf Kunstwerke das rechts-links-Schema anzuwenden, trägt m. E. nicht zur Klärung bei. Richtig ist, dass weltanschauliche Gruppen einen gemeinsamen Geschmack ausbilden und sich über ästhetische Präferenzen definieren. Das macht Fellinis Film-Ästhetik aber nicht "rechts", sollte er von Rechten geschätzt werden. 

Franz Bettinger

4. August 2023 01:30

@Der Gehenkte schreibt "Die Idee der Setzung (FB: des Begriffs Rechts) hat was für sich, aber man darf den sozialpsychologischen Effekt dieses (FB: wohl verbrannten) Begriffes auf die Masse - ob historisch gerechtfertigt oder nicht - nicht unterschätzen. Und daher ist die Suche nach intelligenten Alternativen sinnvoll.“ Wenn wir um diesen so populären Begriff Rechts einen Bogen machen, als stänke er, wird die Linke uns ewig diesen Lappen um die Ohren hauen. Es freut mich zu hören, dass auch Krah den Bogen nicht mehr machen, sondern geradewegs den Stier bei den Hörnern packen will: bei den Begriffen. Nur so zwingen wir ihn. Man darf den Wort-Verdrehern und Sprach-Verhunzern nicht das Feld überlassen! 

anatol broder

4. August 2023 01:40

meine identität: ich denke, wie ich denke; und ich fühle, wie ich fühle. (ich bin ich.)
meine identifizierung: ich denke, wie jemand denkt; oder ich fühle, wie jemand fühlt. (ich bin wie jemand.)

Franz Bettinger

4. August 2023 01:49

@Gehenkter: Recht haben Sie mit Ihrem Hinweis auf den Unterschied zwischen Identität (ein Bayer) und Identifizierung (ein Türke, der sich nach 50 Jahren in D für deutsch hält). Was ich oben sagen will: Wenn dieser gut integrierte Türke (oder auch ein Roberto Blanko) mitsamt Familie mittlerweile D wirklich und wahrhaft als seine Heimat empfindet, dann soll er das. Das ist Bestens. Solche Ausländer sind eine Bereicherung. Sie sind mir willkommen. Mit einem Bayern sind die aber noch lang nicht identisch, was aber völlig egal ist. In NZ fühle ich mich übrigens immer noch als Deutscher, und das wird auch so bleiben. Andere Deutsche hier ändern sogar ihren Namen, um nicht mehr identifizierbar zu sein. Wie arm! 

Franz Bettinger

4. August 2023 02:04

@FraAimerich: Die (richtige) Erkenntnis, dass der Begriff Rechts (od. Nazi, Faschist) fast nur noch zur Erniedrigung des Gegners benutzt wird, ist irrelevant. Sie hilft Ihnen im konkreten Fall nicht. Sie müssen als Angegriffener kontern, sonst ergeht's Ihnen wie bei Monty Python und dem Heiligen Gral: „It’s but a flesh wound, a scratch…“  --> Die Quintessenz dieser irren Szene (die ideologisierte Ignoranz) ist zu einem tollen Meme geworden.

Maiordomus

4. August 2023 07:19

@Ein Deutscher kann zum Beispiel nie Appenzeller sein? Das gilt für die urbanen Deutschen, auch für die lutherisch disponierten Landdeutschen. Nicht aber für die Ostfriesen, deren Chronist Wilhelm Schapp war,  Erwecker Lübbes als Geschichtsphilosoph, dessen Ausführungen "Was heisst das kann man nur historisch erklären?" wissenschaftliche Widerlegung des Historizismus von Marx bis Spengler sind, stringente Verteidigung historischen Erzählens.was, wie Lübbe in seinem Hauptwerk "Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse" nachgewiesen hat, eine Kontradictio in adjectio ist, ein Widerspruch in sich, in Ergänzung zu Poppers "Das Elend des Historizismus". Lübbe verdanke ich überzeugende Kritik des Denkens in "Werten", genauer als es Nietzsche angefangen hat, der, wie Voegelin nachwies,, wie Marx Ideologe mit Frageverboten blieb. Lübbe ist ernst zu nehmender Kritiker von Habermas, also der bedeutendere Philosoph als der Chefideologe der Frankfurter, unter denen Horkheimer wohl aus konservativer Sicht am stärksten ernst zu nehmen. Selber kann ich übrigens Begriffen wie "wertkonservativ" wie auch "Verfassungspatriotismus" wenig anfangen. W. Schapp verstand aber mehr von Geschichte als jeder Marxist siehe auch Hegelsche Verirrungen, wiewohl dieser vieles richtig gesehen hat.  

Hesperiolus

4. August 2023 09:48

@ Maiordomus Als Chronist der Ostfriesen und darüberhinaus anzuführendes Beispiel wäre ja mehr noch der leider zu wenig bekannte, wichtige Onno Klopp zu nennen.

Maiordomus

4. August 2023 09:55

@ Historizismus ist von wegen seiner Schimäre der "Gesetzmässigkeit der Geschichte" und der geschichtlichen Notwendigkeit, an die noch Spengler glaubte, eine untaugliche Ideologie.
 
Zur "Vielfalt rechten Denkens*, siehe noch Sellner-Debatte vor kurzem:
Im Schweizer Fernsehen bzw. dessen Internet-Mitteilungen läuft  Kampagne gegen die SVP wegen kantonalen Listenverbindungen mit Massnahmenkritiker Rimoldi, der in Wien "an Nazidemonstration" mitmarschiert sei, erklärte ein Fernsehpolitologe, gemeint die Identitären. Dass dieser ein Politignorant ist, ändert nichts daran, dass hier entweder geklagt werden müsste oder über die Bücher gegangen. Sellner u. die Identitären haben jenseits der vernünftigen Diskussion auf dieser Seite aber im Erscheinungsbild u. mit der Konstruktion ideologischer "neurechter" Weltanschauung zumindest verpackungsmässig verbal und im Erscheinungsbild nicht alles richtig gemacht, die deutsche Opposition kann mit "identitär"  u. "Ethnopluralismus" nicht erfolgreich operieren und tun, als könnten sie wie die Linken (mit dreistelliger Zahl v. Hochschulposten wenn nicht mehr) die politische Sprache zustimmungsfähig verändern. Damit ist nichts über weiterzudenkende Inhalte gesagt. 

Franz Bettinger

4. August 2023 10:34

In diese Debatte gehören mMn noch die  6 Zeichen des Totalitarismus: 1. Eine einzige Ideologie. 2. Eine einzige Partei. 3. Polizei- und Spitzel-Staat. 4. Das Informations-Monopol. 5. Waffen-Monopol. 6. Die zentrale Kontrolle der Wirtschaft. // 
Im Zentrum des totalitären Unrechtsstaates steht das Kontroll- und Steuerungs-Bedürfnis. Kontrolliert wird alles: Parlament, Medien, die Kindererziehung, die Gedanken (Gesinnung), die Worte (Meinung) und der Waffenbesitz. Diese 6 Kriterien (die übrigens 1956 von Brzezinski definiert wurden) treffen mMn heute auf die BRD zu. 

Maiordomus

4. August 2023 10:47

PS. Es gibt in Deutschland wohl eher eine fünfstellige bis knapp sechsstellige als dreistellige Zahl von Leuten mit Stellen an Hochschulen/Gymnasien mit Ideologie im Bereich von Linksgrün, Juso und Linke, mit rechtem Rand bestenfalls in Richtung Wagenknecht. Das  ist selbstverständlich eine Machtposition, die mit demokratischen Mitteln, was vernünftigerweise nicht suspendiert werden kann, bestenfalls in Jahrzehnten und in Hoffnung auf zeitgeistbedingtes Umdenken bei einzelnen . Es ist nicht einmal sicher, dass die Privatisierung z.B. der Geisteswissenschaften nach US-Vorbild eine Besserung bringen könnte. 

Laurenz

4. August 2023 11:26

@Volksdeutscher @L. .... Bewußtsein bestimmt das Sein. ... Nein. Selbst, wenn das für eine kleine Minderheit, wie uns zuträfe, so sitzen wir nicht an den Schaltstellen der Macht.
@FraAimerich ... Sie unterschätzen die inneren & äußeren Zwänge eines Staatsmanns. Kleines Beispiel: Würde Meloni den Italexit durchziehen, sinkt die Bonität Italiens. Bei der Defintion des Rechtsseins liegen Sie hingegen eher richtig. Rechtssein heißt einfach pragmatisch die Interessen des eigenen Volkes, wie des eigenen Staates (2 unterschiedliche Dinge) zu verfolgen.

Niekisch

4. August 2023 13:07

@ Maiordomus 3.8. 21:28+51: Werter Meister, Ihre höchst interessanten und tiefe Kenntnis anzeigenden Gedankenspiele sollten auf Philosophie und Psychologie erweitert werden. Herbert Marcuse hat solches in seinen "Feindanalysen - Über die Deutschen - herausgegeben von Peter Erwin Jansen, zu Klampen 1. Aufl. 1998, S. 119 ff. anhand der Frage versucht, inwieweit der "Kampf der Erben des Liberalismus" des 19. Jh. gegen die Wegbereiter des "autoritären Staates" zugleich auch dessen Förderung und Durchsetzung vorangetrieben hat. Marcuse nimmt Friedrich Nietzsche, Moeller van den Bruck,  Oswald Spengler,  Julius Langbehn, Paul de Lagarde,  SiegmundFreud, Ludwig Klages, Carl Gustav Jung, Immanuel Kant, Hegel, Kierkegaard, Heinrich Rickert, Windelband, Dilthey, Max Weber, Georg Simmel, Ernst Troeltsch, Edmund Husserl, Carl Schmitt, Ernst Jünger, Othmar Spann, Theodor Haecker, Roamano Guardini, Karl Barth, Paul Tillich, Rudolf Bultmann, Friedrich Gogarten, Franz Rosenzweig, Martin Buber Georg Luka`cs und Ernst Bloch und schließlich Martin Heidegger in den Fokus. 
Wo sind da "links" und "rechts", vor und zurückin wessen Sinn? 

Laurenz

4. August 2023 13:52

PS: @Volksdeutscher & den ganzen Philosophen hier .... habe gerade einen Artikel von der englischsprachigen Agentur Remix News (angeblich aus Budapest) von Zerohedge (USA) gepostet gefunden. Die Agentur, wie auch die im Remix-News-Video zitierte Alice Weidel, sind Ihnen, was unser Bewußtsein & seine materielle Existenz angeht, um Lichtjahre voraus. https://www.zerohedge.com/political/end-myth-stable-germany  Ich sehe mich gezwungen, Ihnen soweit zuzustimmen, daß es weder Identität noch Bewußtsein ohne Kultur gibt. Aber, wie Sie alle an den Großen Meistern der Niederlande festmachen können... ohne funktionierende Ökonomie, ohne Wohlastand leistet sich niemand mehr Kultur. Im Untergang sind Buchseiten nur noch zum Feuer machen & sanitären Zwecken dienlich.

Der Gehenkte

4. August 2023 14:24

@ FB
Ich fürchte ich muß Ihnen schon wieder widersprechen, und zwar fast in allem. Wie Ihr Freund mit Recht Marx zitierte, darf man dennoch die Dialektik des Gedankens nicht negieren, und die bedeutet, daß auch Begriffe, Gedanken, Ideen zum "materiellen Sein" werden können - und dann müssen sie als solche behandelt werden. Und sollte sich herausstellen, daß der Begriff "Rechts" diese Transformation (als und zur "Bekenntnissorge") durchgemacht hat, und zwar nicht in unserer Euphorieblase, sondern im Volk, dann muß man ihn zur Diskussion stellen können.
Ich sage nicht, daß dem so ist - man muß das evaluieren. "Stier bei den Hörnern packen", "nicht das Feld überlassen" u.ä., das sind so Wirtshausparolen, die man unter Gleichgesinnten - und auch dann am besten nur, wenn keine Medien dabei sind - raushauen kann ... aber Politik funktioniert so nicht. Diese muß flexibel bleiben, an ihrem Beginn muß die akkurate Analyse liegen, schonungslos, selbstkritisch. 
Die Crux: es wird selten eindeutige Antworten geben. Erfolg trotz oder wegen Höcke? Trotz oder wegen klarer Linie? Trotz oder wegen "rechts"? Trotz oder wegen Anpassung? Wir können es aus logischen Gründen selten wissen, es sei denn eine Parole wird - wie gesagt - nachweisbar zur "materiellen Gewalt". Daraufhin muß man sie abklopfen, etwa auch die der "Remigration" usw. 

Der Gehenkte

4. August 2023 14:31

@ Franz Bettinger
"Andere Deutsche hier ändern sogar ihren Namen, um nicht mehr identifizierbar zu sein. Wie arm!"
Kann man so sehen, kann man aber auch anders sehen - das ist immer wieder der große Mist, daß man das Meiste auch anders sehen kann und zwar mit gutem Recht und im Sinne der Sache. 
Frage: Tun diese Leute nicht genau das, was wir von anderen erwarten? Sie integrieren sich, ja, sie assimilieren sich, sie machen sich unsichtbar, wollen Teil des neuen Volkes sein.  Würde jeder Habib sich Habeck, jeder Malik sich Maler und jeder Khoury sich Koch nennen, dann wäre schon viel geschafft - sofern es keine Camouflage ist.

FraAimerich

4. August 2023 15:27

@Gracchus
Die "Modernisten" und "Erneuerer" der Gegenwart sind natürlich die eigentlichen "Meister" der katechetischen Zu-, ja geradezu Abrichtung.
Der von Maiordomus empfohlenen stärkeren Berücksichtigung "ästhetischer Gesichtspunkte" würde ich aber durchaus beipflichten wollen, gerade wo es um die "Vielfalt rechten Denkens" gehen soll. 
Es geht dabei ja nicht um die schematische Einordnung von Kunstwerken und Autoren, sondern eher umgekehrt um das "herauslesen" eher "linker" oder "rechter" Sichtweisen auf die Welt. Auch um Zu- und Abneigungen. Was wird als gut, schlecht, schön, abstoßend, faszinierend oder ambivalent wahrgenommen und dargestellt, so daß man sich "identifizieren" bzw. "infizieren" kann - oder vielleicht besser Maß und Abstand halten möchte.
(Grüße an Gimli an dieser Stelle, der offenbar nicht sehen will, daß das ganze LGBQT- und Homo-Gedöns im öffentlichen Raum vor allem ein ästhetisches Problem darstellt, wie zuletzt im Vorfeld des CSD die Praunheim-Ausstellung in der Nürnberger Kirche St. Egidien; man muß weder "homophob" noch "religiös" sein, um aggressive Provokationen dieser Art für unangebracht zu halten oder schlicht abzulehnen.) 

FraAimerich

4. August 2023 16:26

@Bettinger
Sie scheinen etwas in meinen Kommentar hineingelesen zu haben, was nicht gemeint war. Keineswegs ging es darum, mich zu "distanzieren", schon gar nicht um die Illusion, sich dadurch weniger angreifbar zu machen. Daß es taktische und metapolitische Gründe gibt, an den überkommenen Begriffen festzuhalten, habe ich im Gegenteil ausdrücklich eingeräumt. Lediglich darum gebeten, sich einzugestehen, daß sie zur politischen Analyse und Wirklichkeitserfassung eigentlich nicht mehr viel taugen. 
Wir können uns ja nicht mal über Basics einig werden, wenn Sie etwa darauf bestehen, daß es neuerdings als "rechts" zu gelten habe, Religion - wie Marx und die Bolschewiken - abzulehnen. Halte das für absurd, da trennt uns etwas Fundamentales auf einer ganz anderen, offenbar viel entscheidenderen Achse voneinander. Und dabei bin ich noch nicht mal sonderlich religiös, im landläufigen Sinne schon gar nicht.
Da brauche ich also eigentlich gar nicht erst damit anfangen, daß Linke mindestens so gut für sich selbst, also "ihr Eigenes" zu sorgen verstehen wie Rechte und sich dabei keineswegs besonders bereit zeigen, mit anderen, Klassen- und sonstigen Feinden zumal, zu teilen. Gerade was das "Identifizieren mit einer Gruppe" angeht, sind Linke eigentlich kaum zu schlagen. Handelt sich halt um keine, der - bei allen Differenzen - Sie und ich angehören wollten. Was also bleibt von Ihren auf den ersten Blick eingängigen Links/Rechts-Kriterien?

FraAimerich

4. August 2023 16:48

@Laurenz: "Sie unterschätzen die inneren & äußeren Zwänge eines Staatsmanns"
 
Keineswegs. Ich mag es nur nicht, wenn "Populisten" falsche Versprechungen machen - nur um dann mit freudig wedelndem Schwänzchen dem Feind die Drecksarbeit abnehmen zu dürfen. Nebenbei, wenn die Bonität das letztgiltige Argument ist, braucht über ernsthafte Opposition hier sowieso niemand mehr nachdenken.

nom de guerre

4. August 2023 18:01

@ Der Gehenkte
„Würde jeder Habib sich Habeck, jeder Malik sich Maler und jeder Khoury sich Koch nennen, dann wäre schon viel geschafft - sofern es keine Camouflage ist.“
Warum wäre viel geschafft, wenn jemand seinen Familiennamen und damit seine eigene Herkunft abzulegen versucht? Von Einzelfällen abgesehen sehe ich nicht mal, dass das für die Person spräche. Einen Namen wirft man doch nicht weg wie alte Kleider, bloß weil eine Mehrheitsgesellschaft, in die man sich integrieren will, diesen Integrationswunsch dann vielleicht glaubhafter fände.
Davon abgesehen hat Integration oder meinetwegen auch Assimilation m.E. wohl kaum etwas damit zu tun, ob jemand einen deutschen Namen trägt. Neben anderen Gruppen fallen mir als Beispiel dafür vor allem die Hugenotten ein. Deren Nachfahren haben bekanntlich bis heute französische Nachnamen und trotzdem wurden sie damals problemlos Teil der deutschen Gesellschaft.

Gracchus

4. August 2023 19:55

@FraAimerich
Gewiss. Ich wollte den ästhetischen Gesichtspunkt ja nicht abweisen, nur in der Weise, wie es Maiordomus praktiziert hat, mir stand sogar etwas Ähnliches zu schreiben im Sinn, gemäß Faustens "Wenn ihr's nicht fühlt". Es gibt auch ein Buch "Katholisches Fühlen" o. s. ä., will sagen, welchem weltanschaulichen Lager man sich zugehörig fühlt, hängt womöglich gar nicht in erster Linie von geteilten politischen Ansichten ab, die, wenn man redlich ist, - so auch der Gehenkte - nie eindeutig ausfallen, sondern von den Faktoren, die Sie genannt haben. 
Nur finde ich es schwierig, die Unterscheidung "rechts" / "links" auf den ästhetischen Bereich auszudehnen, wenn diese schon in dem Bereich, aus dem Sie stammen, dem Politischen, ihre Dienste versagen, und Sie setzen ja selbst "links" und "rechts" in Anführungszeichen. 
Fruchtbarer erschiene mir, vom Ästhetischen her, "rechts" und "links" zu definieren. Dann stünde das Schöne über den "Herabgekommenheiten" (Doderer).
 

Der Gehenkte

4. August 2023 20:54

@ nom de guerre
"Warum wäre viel geschafft, wenn jemand seinen Familiennamen ..."
Auch das kann man so und so sehen - die Namensänderung ist natürlich kein Muß. Von mir aus kann jeder auch seine alte Kultur, Sprache etc. pflegen. Was ich geschrieben habe, war Reaktion auf FB, der das Ablegen des Namens ablehnte. Wenn es ein Assimilationsversuch sein sollte, dann steht uns das Werten nicht mehr zu - man kann es mögen oder nicht, sollte es aber akzeptieren. Ist halt ein möglicher Weg, um unsichtbar zu werden, sich einzufügen. Wie viele Juden haben das in D gemacht! Gibt auch andere Wege. 
Gemeint war also: es wäre viel geschafft, wenn Habib sich in den Strom einfügen würde, also Quelle, Herkunft, Strömungsrichtung und Delta teilt. 

Laurenz

4. August 2023 21:46

@FraAimerich @L. Ich mag es nur nicht, wenn "Populisten" falsche Versprechungen machen ... Was machen denn die Nicht-Populisten?
Nebenbei, wenn die Bonität das letztgiltige Argument ist, braucht über ernsthafte Opposition hier sowieso niemand mehr nachdenken. .... Fitch hat den USA das AAA - Rating entzogen, im Falle der USA nur sehr bedingt relevant, allerdings ein Prestige-Verlust, der dem Abzug aus Afghanistan mit eingezogenen Schwanz ähnlich ist. Wie Alice Weidel jegliche ökonomische Kompetenz & dazu gehöriges Verständnis Ihren Kollegen im Bundes-Regime abspricht, so geht es mir auch mit Ihnen. Nehmen wir den Schuldenstand Deutschlands: 2,3 Billionen Euro, also 2.300.000.000.000. Muß Deutschland aufgrund von Bonitätsverlust 1% (100 BPs) mehr Zinsen zahlen, sind das 23 Mrd, 23.000.000.000. Bei 10 Basispunkten Aufschlag, also 0,1%, sind das immer noch 2,3 Mrd, also 2.300.000.000 Euro. Haben Sie die in der Porto-Kasse?

FraAimerich

4. August 2023 22:11

@Gracchus
Im Prinzip sind wir uns einig - ich glaube sogar mit Maiordomus, der ja selbst betonte, daß "man die ästhetischen Gesichtspunkte höher gewichten [sollte] als die politischen", um dann originellerweise gerade nicht ein bestimmtes Werk Fellinis, sondern diesen selbst als "rechter als Mussolini" sowie auch "rechter und womöglich katholischer als jeder Papst" einzuordnen. - Offenbar aufgrund der sich in seinem Werk spiegelnden Ästhetik, also "Wirklichkeitswahrnehmung" des Regisseurs. Wobei es, wie ich oben anzudeuten versuchte, keineswegs nur um das "Schöne" geht - und in der Politik schon gar nicht. Da trifft es Ihr Bild von den "Verantwortungskreisen schon eher, wobei gerade die vielen "Herabgekommenheiten" ins Auge zu fassen wären.

Franz Bettinger

5. August 2023 00:28

@Gehenkter: Rechts ist ein schönes Wort, und es existiert seit ewigen Zeiten & bezeichnet das Gute; wohingegen Link & Links das Schlechte meint. Das schöne, so klare Wort Rechts ist nichts, was wir aus taktischen Dingen oder weil's heut missverstanden wird, aufgeben sollten! Über die Kunst der Medizin lässt uns Goethes Faust z.B. wissen: „Und wer den Augenblick begreift, das ist der rechte Mann.“ Dass Satan als Initiator der Wortverdreher gilt, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Nein. Nicht vom rechten Weg abdrängen lassen! Dagegenhalten! Wie des öfteren erwähnt, geht die Setzung "Rechts = das Eigene hüten“ auf Kositza zurück. Als ich in Tristesse Droite diese, E. Kositza’s Worte las, fühlte ich mich befreit. ff

Franz Bettinger

5. August 2023 00:28

ff
Sie traf die Sache. Und dass im Gegenzug "Links = Gleichmacherei“ bedeutet, sehen wir überall, von den Schulnoten bis zum Bezug von Bürgergeld, das dem Faulen wie dem Fleißigen, Steuerzahlern wie Hereingeschneiten zusteht. Ich jedenfalls lasse die aufgezwungene Transformation (auch der Sprache und auch des Rechts-Begriffes) nicht zu. Und ich war noch stets erfolgreich, vor Ort meine Position zu behaupten und zwar fast anstrengungslos. Die Welt beginnt stets vor Ort, und eine gute Definition ist ein scharfes Schwert, fast eine Wunderwaffe. Sie mögen eine andere Taktik bevorzugen, die des Vermeidens, Umgehens und Einlassens auf die verdrehte Welt der anderen. Kann man machen. Nicht mein Ding! Ich packe den Stier bei den Hörnern. Und auch diese schöne Metapher lasse ich mir nicht dumm reden. Vom Stammtisch habe ich stets mehr gelernt als von Sloter Dijkens. Natürlich haben Sie mit dem Hinweis recht, dass nichts 100% eindeutig ist. "Trotz oder wegen Höcke…" Und auch ihr Integrations-Beispiel greift. Man kann’s halt auch anders sehen. Okay. Für Eindeutigkeit haben wir unsere, Kositza’s Setzung! Nutzen wir sie! 

Franz Bettinger

5. August 2023 00:49

@FraAimerich: Sie haben recht: Zur Analyse von Vorgängen (z.B. Trump’s Politik…) sind Begriffe wie Links & Rechts untauglich. Wir sollten Schlagworte wie diese dennoch gut zu handhaben wissen; sie werden in Debatten gebraucht, wo der Gegner meist ad personam statt zur Sache redet. Auch haben Sie recht, mich auf meinen Fehler hinzuweisen, meine Talentlosigkeit in Sachen Religion zu den rechten Qualitäten gezählt zu haben. (Nun, ich wünschte, ich könnte’s, aber ich kann nicht religiös sein. Ein Franz von B, Vorfahre von mir, war übrigens Kardinal von München. Ich entstamme einer kämpferischen erz-katholischen Familie, deshalb die 3 KZ-ler in ihr). Sie haben 3. recht (aber nur teilweise) mit dem Hinweis, dass Linke sehr gut für ihr Eigenes zu sorgen wissen. Teilweise deshalb, weil die Linken Falschen Lügner gerade in der Sorge für ihr Eigenes rechts sind, dies aber bestreiten. 

Franz Bettinger

5. August 2023 08:19

@Zu den Namensänderungen einiger deutscher Auswanderer in NZ: Sie nennen sich ja nicht Smith statt Schmitt, sondern Rasta Rama oder Premjok, also Indisches. Sie wollen sich nicht anglifizieren, sondern das Deutsche verleugnen. Sie reden mit anderen Deutschen auch nicht deutsch, sondern englisch. Na, suum cuique. Ich denk mir dabei, die werden einen Grund haben, ihre Vergangheit (ihre ganz persönliche) im Dunkeln zu lassen. Lieb sind mir hingegen die drei hübschen Italienerinnen, die Französin und die Holländer hier, denen man ihre Herkunft qua  Sprachmelodie und falschen, aber charmanten Betonungen anhört. Diversität, wie ich sie mag.

FraAimerich

5. August 2023 08:40

@Laurenz: "Was machen denn die Nicht-Populisten?"
Die heucheln gar nicht erst, systemkritische Opposition zu sein, sondern stehen jeweils lediglich als die vermeintlich besseren Verwalter gerade herrschender Interessen in Konkurrenz zueinander. 
Ihre Einschätzung meiner Kompetenz nehme ich im übrigen, zumal nach den Verläufen vormaliger Debatten über Marx und Engels, gelassen hin - und werte Ihren Schuldenvortrag darüber hinaus als Zustimmung durch Widerspruch: Echte Opposition kann sich Deutschland also leider gar nicht leisten; zumal die Bonitätseinstufungen nicht zuletzt ein (wirtschafts-)politisches Herrschaftsinstrument darstellen.
Nur dachte ich nach Ihrem gestrigen Temperamentsausbruch im Nachbarstrang, "Appeasement-Lutscherei" sei Ihre Sache gerade nicht?
 
 

anatol broder

5. August 2023 09:52

@ der gehenkte 20:54
ich finde auch, dass es an der zeit ist, dass kositza und kubitschek ihre slawischen familiennamen richtig eindeutschen. wie wäre es mit ellen wiese und götz würfelmann? dann klingt die frau nach der kuh, der mann nach dem karohemd – ist das deutsch genug? oder sollen kositza und die sieben kinder gemäss dem aktuellen hauptstrom gleich zu wiese-würfelmann wechseln?
merkste selber, wa?

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