Damit wollte er all jene brandmarken, die das von der Regierung erwünschte Narrativ über die Vorgänge in Chemnitz im August 2018 in Frage stellten. Schon damals hatten wir es mit einer staatlich inszenierten Hysteriewelle zu tun, die nur sehr wenig mit den tatsächlichen Fakten zu tun hatte (die bislang krasseste Operation dieser Art haben wir 2020–23 mit “Corona” erlebt).
Es bedurfte keiner tiefschürfenden Recherche, um die Wahrheit über Chemnitz herauszufinden. Nicht anders verhält es sich mit der laufenden Kampagne gegen die AfD. Darüber muß man kein Wort mehr verlieren. Die “Enthüllungsstory” der Plattform Correctiv hält keiner nüchternen Überprüfung stand, aber das ist in Bezug auf ihre Wirksamkeit völlig irrelevant. Die präsentierte Geschichte wird als Realität behandelt, weil sie für bestimmte Schichten (Politiker, Medien und regimetreues Fußvolk) nicht nur politisch nützlich, sondern auch auf anderen Ebenen schier unwiderstehlich ist.
Sie schöpft ihre Kraft aus einem unverwüstlichen Komplex, der in der bundesdeutschen Psyche fest verwurzelt ist. Er gleicht einer Energiequelle, die sich jederzeit wie auf Knopfdruck anzapfen läßt. Die Correctiv-Fabrikation ist deswegen so anziehend, weil sie nicht nur politischen, sondern auch psychologischen Bedürfnissen entgegenkommt: Die Vorstellung, sich in einem ewigen Widerstand gegen “1933” zu befinden, bietet vielen Menschen eine sinnstiftende Rolle an, die sie gerne erfüllen, zumal sie dieser “Widerstand” nichts kostet und keinerlei Risiko aussetzt, auch wenn sie dabei so tun müssen, als ob dies der Fall wäre.
Seit ich publizistisch tätig bin, habe ich mich mit diesem Komplex (Armin Mohler nannte ihn “Vergangenheitsbewältigung”, ein Begriff, der außer Mode gekommen ist, wohl seit klar geworden ist, daß nicht “bewältigt” sondern für alle Zeiten zementiert werden soll) beschäftigt und ihn leidenschaftlich kritisiert. Irgendwann mußte ich resigniert zu dem Schluß kommen, daß er nicht therapierbar, daß er völlig immun gegenüber jeglichem Versuch ist, ihn mit Rationalität, Vernunft oder schlichten Tatsachenfeststellungen aufzulösen. Diejenigen, die von ihm zehren und profitieren, wollen das auch gar nicht, sind nicht imstande, darin einen pathologischen Zustand zu erblicken.
Das “Pathologische” manifestiert vor allem in der Entfremdung von der Realität, in der Flucht in einen Film, der trotz ihrer Beteuerungen (etwa Angst vor dem “Faschismus” oder vor “Haß”) eine opiatische Wirkung hat, und ihnen erlaubt, einer Menge äußerst unangenehmer und verdrängter tatsächlicher Probleme, die sich in ihrem Land aufgestaut haben, auszuweichen. Wären sie dazu imstande, ihnen ins Gesicht zu blicken, würden nicht nur ihre Wahrheits- sondern auch Sinnsysteme, und damit sie selbst, zusammenkrachen.
Die “Wahrheit”, die von diesen “Systemen” erzeugt wird, ist also eine teils politische und eine teils psychologische. Als solche mag sie vielen als moralisch “richtig” erscheinen, was alle anderen Bedenken und Zweifel beiseite wischt. Das ist an sich noch kein pathologischer, sondern ein menschlich-allzumenschlicher Normalzustand. Die Mehrheit der Menschen wird nicht durch reine Rationalität oder Fakten bewegt, sondern mehr noch durch das, was sie fühlen, wünschen oder brauchen.
Der amerikanische Psychologe Jonathan Haidt, von Sommerfeld und Lichtmesz ausführlich in Mit Linken leben zitiert, hat diese Einsicht zur Grundlage seines Buches The Righteous Mind über die politische Polarisierung in den USA gemacht (schon der Obama-Ära!). Die meisten unserer Entscheidungen werden mit dem Bauch getroffen, und erst nachträglich vom Kopf “rationalisiert”.
Pathologisch wird dieser Mechanismus erst, wenn die Diskrepanz zwischen dem Erwünschten und dem Tatsächlichen so groß wird, daß immer aufwendigere Manöver notwendig sind, um die sinnstiftende und integrative Fiktion aufrechtzuerhalten. Auf welche Weise das abläuft, kann man auf individueller Ebene besonders gut an Menschen mit schweren Persönlichkeitsstörungen studieren.
Ein klassischer Abwehrmechanismus ist derjenige der Projektion: Der andere verschwindet als eigenständiger Mensch und wird für den Projizierenden zur bloßen Leinwand, auf der er nur mehr seinen eigenen Film sieht. Wichtig ist, daß er sich dessen nicht bewußt ist, daß er in Wahrheit nur sich selber sieht. Stattdessen drischt er auf die Projektionsfläche ein.
Ich bin der Überzeugung, daß es auch so etwas wie kollektive Pathologien gibt, die nach ähnlichen Mustern wie individuelle ablaufen. Das bedeutet, daß nicht jeder, der in einer kollektiven Pathologie steckt und sich aktiv an ihr beteiligt, selbst ein pathologischer Fall ist, aber daß er sich so verhält, als wäre er einer.
Dies sage ich mit allem notwendigen Vorbehalt gegenüber Ferndiagnosen und psychologisierenden Erklärungen, die sich nicht im strengen Sinne “beweisen” lassen. Aber dieser Blickwinkel scheint mir doch recht ergiebig zu sein, um bestimmte gesellschaftliche Vorgänge besser zu verstehen.
Das bringt uns nun zur Aufführung “Geheimplan gegen Deutschland” des Berliner Ensembles, basierend auf den Schauermärchen von Correctiv. Einerseits handelt es sich hier um ein Stück konzertierter Propaganda, die vermutlich schon lange vorbereitet und nicht erst vorgestern aus dem Ärmel geschüttelt wurde. Andererseits handelt es sich hier um ein auffallendes “Symptom” für alle, die es sehen wollen und können.
Ich kann nur davor warnen, sich diese Bühnenphantasie über das “Geheimtreffen” anzusehen. Es ist eine pure Folter. Es ist “Knirsch” oder “cringe” vom Feinsten, wie die Zoomer heute sagen. Lorenz Bien hat sich heldenhaft und märtyrergleich aufgeopfert, damit Sie es sich nicht ansehen müssen; aber sein Bericht allein ist schon äußerst fremdschaminduzierend.
Ein Leser von Michael Klonovsky “mit DDR-Expertise” schrieb ihm, er wisse “gar nicht, womit man das vergleichen könnte. Selbst im primitivsten NVA-Theater habe ich solches Zeug nicht gesehen.”
Das Frappierende daran ist vor allem eines: Daß den Darstellern der Teilnehmer des “Geheimtreffens” (ein “Martin Sellner”, der mit dem Original nicht die geringste Ähnlichkeit hat, kommt auch vor) Worte in den Mund gelegt wurden, die sie nie gesagt haben, sondern die von den Machern des Stücks frei erfunden wurden. Und nicht nur das, dieser Umstand wird im Laufe des Stücks auch noch offen zugegeben. Bien berichtet:
Um das Potsdamer Treffen eins zu eins nachzuspielen müßte man wissen, was dort eigentlich genau besprochen wurde. Und in welchem Wortlaut. An dem Artikel von Correctiv kann sich das Ensemble dabei schlecht orientieren, angesichts all der Mutmaßungen und Interpretationen, die ihre „Recherche“ enthält und angesichts der Tatsache, daß alle wirklich brandheißen Äußerungen, also die um die es auch dem Ensemble am Ende geht, nicht als direkte Zitate angegeben sind, sondern den Personen in den Mund gedeutet wurden.
Folglich legen die fünf Schauspieler die Karten sehr rasch auf den Tisch: Das, was ihre Figuren im Laufe des Theaterstücks alles von sich geben werden, wurde von den realen Personen „so nie gesagt“. Na dann. Das diene vor allem der juristischen Absicherung, erklären die Darsteller, vielleicht auch der künstlerischen Freiheit. Wie passend, daß sich mit dieser Vorerklärung nun so ziemlich alles behaupten und dem Potsdamer Treffen so ziemlich alles andichten läßt.
Nachdem nun diese Strohmänner aufmontiert wurden, werden sie in einem selbstgefälligen Stil “entlarvt”. Die ganze Aufführung beruht also auf einem Zirkelschluß. Die Macher beweisen sich selbst, was sie bewiesen haben wollen. Daß es hier zu keiner gröberen kognitiven Dissonanz kommt, muß daran liegen, daß sie felsenfest von der inneren, moralischen, emotionalen Wahrheit ihres Unternehmens überzeugt sind. Feelings don’t care about facts!
Das Peinliche an der Veranstaltung ist also der allzu deutliche Geschmack von “Fake”, von Pose und Autohypnose. Man sieht einigen einigermaßen befähigten Schauspielern zu, wie sie in eine heillose Schmiere abgleiten, mit todernsten Gesichtern und gravitätischer Intonation so tun, als ob sie sich vor ihren eigenen Pappkameraden fürchten würden, während sie die todesmutigen, zutiefst erschütterten Moralhelden und Widerstandskämpfer markieren. Von außerhalb der Berliner Blase gesehen hat das eine erhebliche unfreiwillige Komik.
Dieser Gestus gipfelt in einer pathetischen Schlußrede, vorgetragen von Klaus Schubert, während Konstanze Becker an seiner Seite mit stramm angespanntem, leicht nach hinten gebogenem Körper und eisiger Miene ihre Mundwinkel bis auf den Boden hängen läßt, das Kinn schief zur Seite schiebt, ab und zu den Blick finster-traurig hebt, die Zornesfalten zwischen den Augen ehern zusammenpreßt, während sie offenbar dicke Betroffenheitsklöße im Hals hinunterschluckt.
Nachdem die “Reporterfabrik” von Correctiv gepriesen wurde und “investigativ Interessierten” zur “Weiterbildung” anempfohlen wurde (Szeneapplaus; “Werde auch Du Spitzel in Staatsdiensten!” wäre hier mein Reframing, das ich ihnen in den Mund legen würde), hebt Schubert an:
Wir wissen, daß dieser Abend keiner ist, aus dem man fröhlich herausgeht. Worum es im Düsseldorfer Forum geht, ist nichts weniger als die Zerstörung unserer Demokratie. Die Zerstörung, wie wir gehört haben, ist im Gange. Sie passiert. Jetzt. Und dennoch zeigt oder erzählt dieser Abend auch noch etwas anderes. Er erzählt einerseits davon, daß die Faschisten echt Angst vor den Antifaschisten haben. Worüber dieser Abend aber zweifelsohne erzählt, von der Bedeutung von unabhängigem Journalismus. (Jubelnder Applaus, auch von den Schauspielern auf der Bühne, Schubert senkt den Blick, preßt die Lippen zusammen, führt den Finger an den Mund, legt die Stirn in Falten, nickt zustimmend)
Er erzählt von Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um unsere Demokratie zu stärken. In diesem Fall arbeiten diese Menschen für Correctiv. Herzlichen Dank auch an Greenpeace, dafür, daß sie Correctiv Recherchematerial zur Verfügung gestellt haben. Aber vielleicht wird dieser Abend auch Teil einer neuen Erzählung, einer Erzählung, die damit beginnt, daß wir uns gegen die faschistischen Kräfte in unserem Land wehren. (Applaus, Schubert preßt die Lippen zusammen, nickt; Becker immer noch zur Trauerfigur erstarrt, blinzelt mit den Augen, als wäre sie den Tränen nahe).
Es könnte eine Erzählung sein , die zeigt, daß wir viele sind. Daß wir laut sind. Daß wir als Zivilgesellschaft nicht pennen, sondern hellwach sind. Und daß wir uns unsere Demokratie – (Atempause) – nicht kaputt machen lassen. (Applaus, Jubel, Skandieren “Alle – zusammen – gegen den Faschismus!”
Praktisch jedes Wort dieser Rede ist eine Lüge.
In Potsdam haben sich keine “Faschisten” getroffen, und sie wollen auch nicht “unsere” “Demokratie” “zerstören” (was haben eigentlich jene vor, die die einzige ernstzunehmende Oppositionspartei des Landes verbieten und ihren Köpfen die Grundrecht entziehen wollen?).
Das Publikum ging aus diesem Abend ganz offensichtlich “fröhlich” heraus, wie man dem Gelächter während der Vorstellung und dem Jubel nach der Schlußrede entnehmen kann. Das wundert nicht, denn hier hat sich eine entsprechende Klientel selbst gefeiert und in ihrem Selbstbild bestätigt.
“Correctiv” betreibt keinen “Journalismus” und ist alles andere als “unabhängig”, sondern eine parteiische, regierungsnahe Einrichtung, die mit geheimdienstlichen Methoden gegen Oppositionelle vorgeht, international vernetzt ist und beträchtliche Finanzmittel unter anderem von der Bundesregierung und von George Soros erhalten hat. Ihr “Recherchematerial” besteht überwiegend aus Verleumdungen, Spekulationen, Framings und Unterstellungen.
“Journalisten” von Correctiv haben mitnichten “ihr Leben aufs Spiel gesetzt”, während sie ihre Psy-Op in Szene setzten. Das ist vermutlich die übelste Lüge in dieser ganzen Rede. Diese Behauptung ist freilich wichtiger Teil des Dramas: Die Handlanger der Macht, die Denunzianten werden als mutige, potentielle Opfer dargestellt, die auf eigene Faust und unter erheblichem persönlichen Risiko ein Komplott aufgedeckt haben. Die “Faschisten” sollen einerseits “brandgefährlich” sein (wie man nun überall hört), andererseits aber (Hurra! Aufatmen!) “Angst vor Antifaschisten” haben (was einen Rückschluß auf die tatsächlichen Machtverhältnisse zuläßt).
Und schließlich ist die sogenannte “Zivilgesellschaft”, wie sie sich an diesem Abend auf der Bühne selbst in Szene setzte, alles andere als “hellwach”. Wir sehen hier vielmehr Schlafwandler, die sich mit ihrem eigenen Fiebertraum benebeln, um nicht in einer Realität aufzuwachen, die ihre Illusionen und Lebenslügen zerstört (und nicht etwa ihre “Demokratie”).
Was allerdings zutreffend ist, daß dieser Abend offenbar vor allem dem Zweck diente, eine “Erzählung” ins Dasein zu memen, wie verräterischerweise formuliert wurde. Bien kommentiert:
Mit dem Treffen von Potsdam hat offenbar ein neuer Mythos die politische Bühne betreten. Und wie es bei Mythen üblich ist, ist es dabei auch gar nicht so wichtig, ob das am Ende alles so stimmt. Sondern, daß der Mythos mobilisiert.
Zusätzlich bestätigt und wiederholt dieser Abend (den man seinerseits parodierend eins zu eins nachspielen könnte) ein altbekanntes Muster: Sehr selten sind unsere Gegner imstande, uns darauf zu antworten, was wir tatsächlich sagen und denken. Um uns zu bekämpfen, bedürfen sie der Verzerrung, der Unterstellung und der Manipulation.
Sie bekämpfen uns nicht, als das, was wir wirklich sind, sondern als das, was wir in ihrem (Wahrheits-)System sein müssen, um es (und damit sich selbst) zu stabilisieren. Wir müssen die Schurken sein, damit sie die Helden sein können.
Wenn aber ihr System auf Lügen, Realitätsflucht, Selbsthypnose und Theater aufbaut, wie lange kann es dann noch stabil bleiben?
kikl
Wer hinter jedem Baum einen Nazi sieht, der sieht keine Nazis, sondern der projiziert seine Ängste auf die Wirklichkeit. Genau das passiert hier. Dass diese Projektion durch Konfrontation mit der Wirklichkeit nicht zerplatzt wie eine Seifenblase, zeugt davon, dass wir es hier mit einem inneren Zwang zu tun haben. Die kognitive Dissonanz führt nicht zum Revidieren des Weltbildes sondern zum Leugnen der Wirklichkeit.
Besonders spannend ist allerdings, dass sich die Menge hier in einen kollektiven Rausch steigert. Da drängt sich natürlich die "Psychologie der Massen" von Gustave le Bon auf, der meint, dass der Mensch in der Masse seine Kritikfähigkeit verliert und sich affektiv, zum Teil primitiv-barbarisch, verhält. Die Masse erzeugt einen Sog, eine psychischen Ansteckung („contagion“). Auch das ist zu beobachten; die Teilnehmer berauschen sich an der Menge.
Letztlich steckt hinter diesem kollektiven Bedürfnis nach dem Nazi, der Wunsch das eigene Trauma zu bekämpfen. Die Schuldgefühle und der Selbsthass werden in ritualisiertem Gedenken geschürt. Nur im Kampf gegen das Böse empfindet die fanatisierte Masse Linderung ihrer Schmerzen. Also projiziert sie das Böse in die Wirklichkeit.
Leider ist der Großteil der politischen "Elite" Deutschlands auf diese Weise psychologisch manipuliert, was eine rationaler Auseinandersetzung mit den Problemen der Wirklichkeit behindert. So fährt das Schiff Deutschland unter dem tosenden Jubel der Masse mit Karacho gegen den Eisberg.