Mir schien, daß weitaus mehr junge Frauen im aufreizenden Glitzer- und Party-Look unterwegs waren als “tuntig” aufgemotzte Männer. Sogar einige “heterosexuelle” Paare sah ich, Hand in Hand, das Gesicht mit Regenbogenfarben bemalt. Teilnahme an dem Spektakel ist heute über abweichende Geschlechts-“Orientierungen” hinaus ein “Life-Style”, ein moralisches Statussymbol, ermutigt und gefördert “von oben”.
Hier ist ein Video der Stadt Wien mit ein paar Kurzinterviews, die offenbar als repräsentativ erachtet werden. Wenn diese Leute “bunte” Vögel sind, wie sie selber gerne behaupten, dann vermutlich Papageien, denn sie tun nichts weiter, als die üblichen Platitüden und Banalitäten nachzuplappern, die tagtäglich in den öffentlichen Raum ventiliert werden. Sie sind Konformisten und Poseure, alles andere als “anders als die andern”, wie sie selber wähnen.
Ihr ritualisierter Ruf nach sozialen und politischen Forderungen, die längst erfüllt sind, ist allerdings nur der dünne ideologische Überbau der Hauptsache, nämlich einer narzisstischen, unangemessene Anerkennung einfordernden Zurschaustellung von diversen Szene-Outfits, Fetischen, “Kinks” und paraphilen Geschmacksrichtungen aller Art.
Die doppelbödige Botschaft solcher Veranstaltungen ist, daß das Dargebotene einerseits “divers”, “bunt” und verehrungswürdig, andererseits aber auch völlig “normal” sei und dem Verhalten der “heteronormativen” Mehrheit mindestens gleichwertig gegenüberstehe.
In den etwa dreißig Jahren, in denen diese Parade in Wien stattfindet, hat sich diesbezüglich nichts geändert. Der Unterschied zu früheren Zeiten ist, daß die Regenbogenagenda inzwischen den Rang einer Art Staatsreligion erlangt hat, die keinen Dissens und keine Blasphemie mehr zuläßt, inklusive entsprechender Gesetze, die Menschen das Leben schwer machen sollen, die sich zum Beispiel weigern, Männer in Frauenkleidern als “Frauen” anzuerkennen oder Fantasiepronomen zu benutzen.
Auf diese Art werden “LGBTQ”-Menschen in den Rang höherer Wesen erhoben, und wer seinen sozialen Status in manchen Kreisen steigern oder sich sonstwie interessant machen möchte, kann sich nun kurzerhand als “queer” oder “non-binär“erklären (wie etwa “Nemo”, der Gewinner des letzten Eurovision-Wettbewerbs).
Pünktlich zum “Stolzmonat” hat mir nun mein Bücherengel ein kurioses Geschenk gemacht.
Ich habe diesen antiquarischen Zufallsfund mit einigem Genuß als Kontrastprogramm zur laufenden Propagandaflut gelesen, auch wenn ich dem Inhalt als eingefleischter Blüherianer (größtenteils) nicht zustimme: Is Homosexuality a Menace? (“Ist Homosexualität eine Gefahr?”), New York 1957, verfaßt von einem Dr. Arthur Guy Mathews.
Es handelt sich offenbar um ein recht seltenes Buch, da ich auf Booklooker, Abebooks und anderen antiquarischen Suchportalen kein zweites Exemplar finden konnte (immerhin hat es einen Wikipedia-Eintrag). Information über den Autor ist ebenfalls eher spärlich gesät, aber einiges konnte ich doch ausfindig machen.
Die New York Times bezeichnete ihn in einem kurzen Nachruf vom 11. Oktober 1980 als “Psychiater”, verstorben im 77. Lebensjahr. In einem Brief an das Schwulenmagazin one vom Februar 1954, das Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Doktortitels geäußert hatte, bezeichnete er sich selbst als “Ingenieur”, “Arzt”, Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler medizinischer Gesellschaften, darunter eine für “naturheilkundliche Ärzte und Chirurgen”. Er behauptet auch, im 2. Weltkrieg an der Entwicklung von geheimen Waffen beteiligt gewesen zu sein.
Mathews brüstet sich in dem Brief damit, Verfasser zweier populärwissenschaftlicher Bestseller zu sein, Conquer Your Nerves und Take it Easy, die mit siebzehn “herausragenden” medizinischen Preisen überhäuft wurden. Als Autor war er tätig für Publikationen aus dem Medien-Imperium des Fitness- und Bodybuildung-Gurus Bernarr Macfadden, der ein ausgesprochener Schwulenhasser war. In dieser Tätigkeit schrieb er Artikel, deren Schlagzeilen von one per Collage zitiert werden:
Homosexualität – Stalins Atombombe auf Amerika. Wer wagt einen Kreuzzug gegen diese Verderbtheit? – Lesben machen Jagd auf schwache Frauen. – Homosexuelle ruinieren die Normalen.- Homosexuelle sind gefährlich. – Homosexuelle verstecken sich hinter Kinsey.
Das besondere an Dr. Mathews war allerdings, daß er sich auch als Kriminologe betrachtete und Leiter einer Privatdetektei mit dem Titel “Kings Bureau of Investigation and Psychotic Research” mit Sitz in New York war. Er war also eine Art professioneller “Schwulenjäger”, ständig homosexuellen Umtrieben, Verschwörungen und Personen auf der Spur, um sie per Enthüllung und Anzeige hinter Gitter zu bringen.
Seine Erlebnisse und “Forschungen” geben den Stoff für das mir vorliegende Buch, das einen außerordentlichen Unterhaltungswert hat, nicht zuletzt aufgrund der Ansichten des Autors, die weitestmöglich von dem entfernt sind, was heute als akzeptabel, verbindlich und moralisch geboten gilt.
Sein Standpunkt ist ein rein medizinisch-hygienischer, ohne irgendeine religiöse Beimischung. Seine Ansichten zu Sexualität sind insgesamt eher “progressiv” (er hat zum Beispiel eine ziemlich entspannte Haltung zu kindlicher Masturbation und “Doktorspielen”), insofern sich diese innerhalb eines ehelichen Rahmens in “gesunden”, heterosexuellen, auf Kindeszeugung ausgerichteten Formen manifestiert.
Männliche und weibliche Homosexualität ist für ihn ausnahmslos eine “erworbene” Geisteskrankheit, die wie eine Psychose psychiatrisch behandelt werden kann und muß. Eben dadurch, daß sie nicht angeboren, sondern “erworben” und erwerbbar ist, ist sie seinen Augen eine epidemische Gefahr für die Gesellschaft. Warum, führt er in 27 kurzen Kapiteln aus, die untersuchen, wie sich die homosexuelle Gefahr in Schulen, Familien, Ehen, im Show-Business, unter Sozialarbeitern, Sexualforschern, Pflegepersonal, Ärzten, in Universitäten, Gefängnissen, der Künstler-Bohème und in Kriminalstatistiken auswirkt.
Auch wenn Mathews Homosexuelle in erster Linie als “krank” betrachtet, ist die Grenze zum Kriminellen bei ihm stets fließend. Ein jeder Schwule, eine jede Lesbe, ist in seinen Augen ein potentieller krimineller Schädling, der so früh wie möglich erkannt, entlarvt und von der Gesellschaft isoliert werden muß. Er ist unverhohlen stolz darauf, wie viele dieser bösartigen Geisteskranken er bereits aufgespürt, angezeigt und um ihren Ruf und Arbeitsplatz gebracht hat.
Mit diesem Standpunkt befand er sich im vollkommenen Einklang mit dem “Mainstream” seiner Zeit: In sämtlichen US-Bundesstaaten gab es zu dieser Zeit “Sodomy Laws”, die homosexuelle Betätigung unter Strafe stellten, während das offizielle psychiatrische Klassifikationssystem “Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders” (DSM) Homosexualität als Geisteskrankheit (“mental disorder”) qualifzierten. Homosexuelle mußten zu dieser Zeit ein Doppelleben führen, sich “verstellen” und hinter einer reputablen Fassade der Normalität verstecken.
Hinzu kam, daß die Angst vor Homosexuellen auch politisch ein Trend der frühen fünfziger Jahre war: Nachdem der Staatsapparat von echten oder vermeintlichen Kommunisten gesäubert worden war (für diese Vorgänge ist der Name des “Hexenjägers” Joseph McCarthy emblematisch geworden), wurden Homosexuelle ins Visier genommen, da sie als labil, weibisch, unzuverlässig und vor allem erpreßbar galten, und somit als erhöhtes Sicherheitsrisiko in der Epoche des “Kalten Krieges”.
(Die paranoide Atmosphäre dieser Zeit spiegelt sich vortrefflich in dem Sci-Fi-Horrorfilm Invasion of the Body Snatchers von 1956 wider, in dem Aliens unmerklich die Gesellschaft unterwandern und “normale” Menschen durch täuschend ähnliche “Duplikate” ersetzen, die in teuflischen Schoten aus dem Weltall heranwachsen.)
FBI-Agenten und andere Ermittler wurden beauftragt und befugt, das Privatleben suspekter Bürger auszuspionieren. In der Folge verloren zehntausende Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Veranlagung ihre Arbeitsplätze (der Historiker David K. Johnson prägte dafür den Begriff “Lavender Scare”). Etliche der Betroffenen nahmen sich in der Folge das Leben. Eine der ersten Amtshandlungen des frisch gewählten Präsidenten Eisenhower im Jahr 1953 war die Verabschiedung des “Executive Order 10450”, der Entlassungen, Berufsverboten und “background checks” aufgrund des Verdachtes auf Homosexualität eine rechtliche Grundlage gab.
Der Kontrast zum heutigen amerikanischen Staat, der seine Institutionen mit Regenbogenfahnen schmückt und LGBTQ-Menschen in seinen Diensten gezielt als Aushängeschilder in die vorderste Reihe stellt, könnte kaum größer sein.
Der bislang bizarrste Fall war derjenige von Sam Brinton, einem selbsterklärt “genderfluiden” Lebewesen (Pronomen: they/them), das öffentlich mit Glatze, Lippenstift, Stöckelschuhen und Glitzerkleidern auftrat und zwischen Juni und Dezember 2022 einen Posten im Amt für Kernenergie innehatte. Er wurde schließlich aufgrund mehrerer Vorfälle von (offenbar zwanghaften) Kofferdiebstählen (!) gefeuert.
Brinton verhielt sich genauso neurotisch und haltlos, wie er aussah, aber niemand hielt ihn für ein “Sicherheitsrisiko”. Im Gegenteil hat seine exponierte “Geschlechtsidentität” seine Karriere vermutlich auch noch befördert.
Dr. Mathews präsentiert sich als Denunziant mit gutem Gewissen, der auch nicht davor zurückscheut, homosexuelle Menschen, die sich ihm als Arzt anvertrauen, hinterrücks in die Pfanne zu hauen. Er ist der Ansicht, daß sie völlig zurecht ihre Arbeitsplätze verlieren, sozial isoliert und kriminalisiert werden, zumindest so lange sie sich weigern, sich psychiatrisch behandeln zu lassen (die amerikanische Psychiatrie dieser Jahre war ein Alptraum aus Elektroschocks, Lobotomie und üppiger Medikation).
Damit hat er eklatante Ähnlichkeiten mit den heutigen Kämpfern gegen “Rechts”, in deren Weltbild “Rechte” eine ähnliche Funktion haben, wie Schwule und Lesben in seinem.
Interessanterweise macht Dr. Mathews andeutungsweise auch für die Gräuel des Nationalsozialismus homosexuelle Sadisten verantwortlich: Er bezeichnet Ilse Koch (die mit den Lampenschirmen) als “bisexuell”, und behauptet, Göring sei wegen homosexueller Unzucht vor Gericht gestellt worden. Hitler sei zwar ein heterosexueller, drogensüchtiger Sadomasochist mit Verfolgungswahn gewesen, “viele seiner engsten Vertrauten” waren jedoch Homosexuelle. Erst als er “General Röhm” dabei erwischte, wie er einen “Nazi SS trooper” verführen wollte, habe er den Paragraph 175 eingeführt, um “Armee, Universitäten und Klöster” von Homosexuellen zu säubern.
Diese Mischung aus faktischem Unsinn und Halbwahrheiten überbietet er noch auf imponierende Weise:
Hitler war jedoch ein wenig spät dran mit der Säuberung von sexuellen Abweichlern. Inzwischen kennt die Welt nur zu gut das Ausmaß ihrer homosexuellen „Intelligenz und Kultur“. Nur die Zeit wird zeigen, ob es solchen Typen jemals wieder gelingen wird, eine andere Nation in den Ruin zu führen und ob sie wieder in der Lage sein werden, Millionen unschuldiger Menschen brutal zu ermorden, nur um einen persönlichen sadistischen Nervenkitzel daraus zu ziehen.
Mathews argumentiert also allen Ernstes: Hätte Hitler früher mit seinen anti-homosexuellen Säuberungen begonnen, hätte er den Holocaust verhindert.
Das gute Gewissen des Denunzianten legitimiert sich durch die Dämonisierung des zu Denunzierenden. Homosexuelle sind in Mathews Augen ansteckende Viren in Menschengestalt oder noch besser Vampire, die Mimikry betreiben und nur äußerlich wie normale Menschen erscheinen (ähnlich wie die Aliens in Invasion of the Body Snatchers oder Juden, die sich in antisemitischen Verschwörungstheorien im heimtückischer Absicht als “Gojim” ausgeben).
Wie der Biß eines Vampirs dessen Opfer ebenfalls in einen Vampir verwandelt, so hat auch homosexueller Sex die Wirkung, diejenigen, die dazu verführt oder genötigt werden, in Homosexuelle zu verwandeln. Auf diese Weise geschieht auch die “Fortpflanzung” der Homosexuellen.
Mathews selbst spielt in diesem Drama die Rolle des Vampirjägers Van Helsing, der unermüdlich auf der Suche nach Blutsaugern ist, die sich in Familien, Institutionen und Konzerne einschleichen und dort verschwörerische, mafiotische Netzwerke bilden.
Besonders häufig schildert er Fälle von lesbischen “Vampiren”, die sich auf verheiratete oder verwitwete Frauen oder auch junge, hilflose Mädchen stürzen, wie in dem berühmten Schauergedicht “Christabel” von Coleridge.
A star hath set, a star hath risen,
O Geraldine! since arms of thine
Have been the lovely lady’s prison.
Dabei hat lesbische Sexualbetätigung (Mathews beschreibt sie ziemlich detailliert) an und für sich bereits einen “vampirischen” Charakter:
In allen Fällen benutzt die Lesbe ihren Mund für eine Vielzahl unnatürlicher Handlungen. Die Frau, die im Bann einer Lesbe steht, verkommt rasch zu einem geistigen und körperlichen Wrack, das unter Höllenqualen und Gewissensbissen leidet, aber gleich einem Drogensüchtigen nicht in der Lage ist, die wiederholten Annäherungsversuche jenes krakenartigen Wesens abzuwehren, das ihr ständig die Lebenskraft aussaugt: der Lesbe.
Ähnlich ergeht es dem Opfer des männlichen Homosexuellen (das Wort “gay” wird von Mathews nicht benutzt):
Es wird nicht nur geistig und körperlich zerstört, sondern verliert auch jegliche Kontrolle über seine Willenskraft, seine Würde und seinen Selbsterhaltungstrieb und wird oft in Beziehungen mit sadistischen, besitzergreifenden und eifersüchtigen Verrückten verwickelt.
Manche Fallbeispiele lesen sich wie Drehbücher von Horrorfilmen mit pornographischem Einschlag.
Eines davon berichtet von einem 16jährigen Mädchen, das von einer gleichaltrigen Lesbierin verführt wird. Da der Vater des Mädchens im Rollstuhl sitzt und ihr Bruder bei der Armee dient, sind keine Männer anwesend, die das abnormale Treiben der beiden in einem abgelegenen Sommerhäuschen in den Bergen stören könnten. Eines Tages taucht jedoch der Bruder, der frühzeitig vom Militär entlassen wurde, unerwartet auf, und erwischt die sapphischen Mädchen komplett entkleidet auf der Couch, in flagranti:
Sie waren in einem derart frenetischen Zustand, daß sie nicht einmal hörten, wie er den Raum betrat. Er verlor völlig den Kopf und verpasste seiner Schwester eine ordentliche Tracht Prügel. Das andere Mädchen schnappte sich ihre Kleider, die sie über einen Stuhl gehängt hatte, rannte den Hügel hinunter und verschwand in der Dunkelheit der Nacht.
Nachdem er sie verprügelt hat, “zwingt” der Bruder seine Schwester, “ihre Hysterie zu überwinden.” In derselben Nacht bringt er sie noch zum Hausarzt der Familie, der aus dem Bett geklingelt werden muß. Dieser konstatiert, daß sich die Schwester in einem üblen Zustand befinde: Nicht nur zeige sie die Symptome eines Nervenzusammenbruchs, auch “mit ihren Drüsen” stimme etwas nicht.
Nun nehmen sich wohlwollende Ärzte der jungen Frau an, und “verschreiben ihr einen Ehemann”. Ein Kumpel des Bruders meldet sich freiwillig, “weil sie schön war, und weil er bei ihrer Heilung helfen wollte.” Nach ein paar Wochen Gewöhnung an männliche Zuwendung heiraten die beiden:
Die Aufgabe des Ehemannes bestand darin, seiner Frau zu versichern, daß Homosexualität das Ergebnis von Ängsten und Kindheitskonflikten ist, und sie davon zu überzeugen, daß normaler Sex schön ist, besonders, wenn ein starker Kinderwunsch besteht. Er wurde angewiesen, sie so schnell wie möglich zu schwängern.
Dies habe dann auch zu einer glücklichen, dauerhaften Lösung des Problems geführt.
Andere Fallbeispiele sind noch krasser als das genannte. Ich muß gestehen, daß ich bei der Lektüre zuweilen Tränen gelacht habe. Ich bekam direkt Lust, eine alternative “Drag Queen Story Hour” mit Dr. Mathews’ besten Geschichten zu organisieren.
In ihnen machen nicht nur Lesben, sondern auch sadistische Schwule und Transvestiten Jagd auf arglose junge Frauen.
Die folgende Story liest sich wie eine Slapstick-Version von Hitchcocks Psycho, inszeniert von John Waters.
Eine “große, blonde, attraktive” Frau arbeitet während des Weltkrieges für eine staatliche Agentur, die deutsche Funksprüche abfing, aufnahm und entschlüsselte. Eines Tages ruft sie ihr Chef “Mr. X.” mitten in der Nacht an, und bat sie, unverzüglich in sein abgelegenes Haus mitten im Wald zu kommen, da es rasch einen sehr wichtigen, dringenden Auftrag zu erledigen gelte. Wenn sie diesen Job gut erledige, könne sie mit einer Beförderung rechnen.
Nach langer Autofahrt findet die Dame schließlich das “alte, düstere” Haus, “das mich an all die Filme über Spukhäuser erinnerte, die ich gesehen hatte.” Sie klingelt an der Haustür, die von einer Frau in einem rosa Negligée geöffnet wird: “Bitte treten Sie ein!”
Ich war kurz erschrocken, denn ihre Stimme klang nicht nach einer Frau. Ich sagte: „Ich nehme an, Sie sind Frau X.“ Die Tür knallte hinter mir zu und plötzlich entpuppte sich Frau X. als mein Chef Herr X., der hysterisch lachte und mich mit schriller Stimme anschrie: „Ich habe Sie reingelegt, ich habe Sie reingelegt! Sehen Sie, sogar Sie dachten, ich sei ein Mädchen.” Zuerst dachte ich, er sei betrunken und fand es witzig, sich als Frau zu verkleiden. Aber schon bald nahm er seine Perücke und sein Negligé ab und fing an, sich vor meinen Augen selbst zu mißbrauchen [also offenbar zu onanieren], während er kreischte: „Ich hasse Frauen, ich hasse euch dreckige, schmutzige Frauen! Ich bin eine richtige Frau, die Art von Frau, die Männer lieben!”
Mr. X stürzt sich nun auf sein Opfer, reißt ihm die Kleider vom Leib, küßt und betastet es unsittlich, kratzt es “wie eine Katze” und schreit dabei:
“Ich hasse jeden Zentimeter deines Betrüger-Körpers! DU bist keine Frau! ICH bin eine Frau! Siehst du nicht, wie wunderschön ich bin??”
Als nächstes reißt ihr der entmenschte, hysterische Triebtäter die Schuhe herunter, und beginnt, ihre Füße zu lecken, worauf sie ihm einen saftigen Tritt ins lüsterne Gesicht verpaßt, aufspringt und die Treppe hinaufflüchtet. Doch sie landet in einer Sackgasse: Alle Zimmer im oberen Stockwerk sind verschlossen, während der bedepperte Angreifer die Stufen hinaufkriecht und immer näher kommt. Sie erblickt ein offenes Fenster, klettert hinaus auf den Ast eines Baumes, springt von dort hinunter, rennt so schnell sie kann zu ihrem Wagen – und entkommt!
Puh, denkt sich nun der Leser. Diese Homos sind wirklich schlimm!
Das ist aber noch gar nichts im Vergleich zu dem, was “Mrs. M.” erlebt hat.
Die attraktive Vollwaise erhält im Alter von achtzehn Jahren einen Heiratsantrag von einem reichen, 55jährigen Geschäftsmann, dessen “väterliche” Art sie bezaubert: “Sie dachte, sie hätte das Glückslos ihres Lebens gezogen. Ihre Freunde dachten dasselbe.” Ihr künftiger Ehemann schlägt vor, die Flitterwochen in seiner großen Villa zu verbringen, wo sie “wie König und Königin” leben würden.
Nach der Hochzeitszeremonie feiern sie dort allein. Als der Frau nach ein paar Drinks schwindlig wird, führt sie ihr Mann in ein schummrig abgedunkeltes Schlafzimmer, erfüllt vom Duft von Räucherstäbchen. Die Möblierung des Zimmers ist sehr merkwürdig, vor allem das Bett: Vier große Bettpfosten, gekrönt von tiefrot leuchtenden “orientalischen” Lampen.
Was nun passiert, wirkt einem einschlägigen Roman à la Geschichte der O. oder de Sades Justine oder Juliette entnommen. Der frischgebackene Gatte bittet nun seine junge Braut im Teenager-Alter, sich zu entkleiden, damit er sie mit einem “speziellen Parfum” besprenkeln kann. Welche ekelerregende, übelriechende Flüssigkeit er nun tatsächlich appliziert, überläßt Mathews der Fantasie des Lesers, jedenfalls läßt der Sugardaddy nun die Maske fallen und lacht höhnisch: “Das ist von einem feinen, jungen Kerl, und es inspiriert mich!” Dann verpaßt er der entsetzten jungen Frau einen Fausthieb ins Gesicht.
Als sie wieder zu sich kommt, findet sie sich mit Händen und Füßen an die Bettpfosten gefesselt, während ihr vorgeblicher Traummann ihren Leib mit einer neunschwänzigen Katze traktiert, und sie dabei “beißt und kratzt wie ein wildes Tier”. Nach einigen Stunden Tortur in diesem Stil wird ein “Fräulein B.” ins Zimmer gerufen, das sich auf Kommando des sadistischen Millionärs nach allen Regeln der lesbischen Liebeskunst an “Mrs. M.” vergeht. Gemeinsam treiben die beiden die Arme “beinahe in den Wahnsinn”.
Das geht nun Monate so weiter, Mrs. M. wird als Sexsklavin gefangen gehalten und muß jede Nacht (“nightly”) an “homosexuellen und bisexuellen Orgien” teilnehmen, die auch sie schließlich zum Lesbiertum konvertierten. Im Alter von 36 Jahren (also 18 Jahre später?) verspürt sie “aus unbekannten Gründen den Drang, einen Mann zu lieben”, und kann endlich fliehen. Sie kontaktiert Dr. Mathews, der sie in ein Krankhaus schickt, um “ihren Verstand wieder geradezurichten” (“to get her mind straightened out.”)
Nach einer langen Kur, die einem Drogenentzug gleicht, überwindet Mrs. M. ihre in jahrelangen Orgien antrainierten homosexuellen Impulse (etwa, sich auf die Krankenschwestern zu stürzen, die sie behandeln), und führte nachher ein “glückliches, normales Leben mit ihrem neuen, treuen Ehemann.” Und wenn sie nicht gestorben sind…
Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich von Dr. Mathews’ Fallbeispielen halten soll. Etliche klingen zu überdreht, um glaubwürdig zu sein, wurden möglicherweise zurechtgebogen, verzerrt und übertrieben, um in seine unverhohlen tendenziöse Darstellung zu passen. Ich zweifle indes nicht daran, daß ihm auch viele Fälle von destruktiven homosexuellen Beziehungen und kriminelle Extrembeispiele untergekommen sind, die sein Weltbild bestätigten.
Ins Auge springt bei der Lektüre jedenfalls, wie das uniform negative Bild, das Mathews von weiblichen und männlichen Homosexuellen zeichnet, heute durch ein uniform positives Bild ersetzt wurde, ja geradezu durch einen Kult, der Homosexualität über jedes vernünftige Maß hinaus als ein kostbares, fast schon mystisches, weil “emanzipatorisches” und “progressives” Gut verehrt, auch wenn damit nicht selten ein extrem promiskuitiver, selbst- und fremdschädigender “Life-Style” verbunden ist. Das ist spiegelverkehrt genauso fehlgeleitet und realitätsfern wie die pauschale Verteufelung vergangener Zeiten.
Mathews stand jedenfalls mit seinem “sozialhygienischen” Ansatz, wonach das “homosexuelle Problem” systematisch mit Psychiatern, Polizisten und Priestern gelöst werden kann und muß, bereits 1957 auf einem verlorenen Posten, denn der Zeitgeist, der ihm damals Rückenwind gab, hatte nur einen kurzen Atem, der bald verbraucht war. Mit der großen sozialen Revolution der sechziger Jahre war seine Position weitgehend erledigt. In den siebziger Jahren, mit seinen bisexuellen und androgynen Rockstars wie David Bowie, Lou Reed oder Marc Bolan, war der gesellschaftliche Bewußtseinswandel so gut wie vollendet.
Das satirische Kult-Musical Rocky Horror Picture Show von 1974 parodierte die “gay panic” der fünfziger Jahre, wie sie bei Dr. Mathews exemplarisch zu beobachten ist, mit Horror- und Science-Fiction-Filmklischees: Ein biederes “Normalo”-Pärchen landet nach einer Autopanne in einer stürmischen Nacht in einem Spukschloß, in dem es anstelle von Graf Dracula von einem flamboyanten “süßen Transvestiten aus dem transsexuellen Transylvannien” empfangen wird, der in der Manier von Dr. Frankenstein einen künstlichen Menschen erschaffen hat, mit dem Unterschied, daß es sich in diesem Fall um einen maßgeschneiderten, blonden Lustmuskelmann handelt.
Der Horror vor den Monstern aus den klassischen Filmen entpuppt sich als bürgerlicher Horror vor abweichender, ausschweifender, unkontrollierter Sexualität, und wird dadurch als spießiges Vorurteil der Lächerlichkeit preisgegeben. Am Schluß des Films hat “Frank N. Furter” es geschafft, die “Normies” zu korrumpieren und in ferngesteuerte, bisexuelle Grufti-Lustmolche und strapsetragende Ebenbilder seines narzisstischen Selbst zu verwandeln.
Immerhin bringt ihn am Ende des Films sein rücksichtsloser Hedonismus zu Fall. Seine Diener Riff-Raff und Magenta revoltieren und entmachten ihn:
Frank-N-Furter, it’s all over
Your mission is a failure Your lifestyle’s too extreme…
Was Dr. Mathews’ Plan zur Errettung der Gesellschaft vor der paraphilen Gefahr angeht, so beruhte sie meiner Ansicht nach auf zwei unhaltbaren Prämissen.
Obwohl es sehr wahrscheinlich ist, daß homosexuelle Orientierung häufig durch frühkindliche Erfahrungen oder neurotisierende Familienromane gefördert oder gar hervorgebracht wird, handelt es sich hier offenbar um “fest verkabelte” Emotionen und Begierden, die wohl nur selten, wenn überhaupt therapier- oder veränderbar sind. Darum sind “Reparations”- und “Konversionstherapien” vermutlich in den meisten Fällen nutzlos, auch wenn sie heutzutage verdächtig einhellig verdammt werden.
Die Vorstellung, Homosexualität ließe sich (zumindest) bei erwachsenen Menschen per Ansteckung “erzeugen”, erscheint mir angesichts der Natur sexueller Empfindungen und Begierden, die sich willkürlich einstellen und dem bewußten Willen entziehen, absurd. Wenn sich etwas “hervorkitzeln” läßt, dann kann es nur etwas sein, das bereits – zumindest in Ansätzen – vorhanden sein muß.
Zweitens halte ich die (komplementäre) Vorstellung einer medizinisch “gesunden” und biologisch “natürlichen” Sexualität, die alles ins Lot bringt, wenn man nur brav heiratet und Kinder zeugt (die bevorzugte Therapie von Dr. Mathews), für illusorisch und irreführend.
Jegliche menschliche Sexualität ist “problematisch”, ist immer auch “Kultur”, ist zugleich individuell wie der eigene Fingerabdruck und überpersönlich wie die Gattung, der man angehört, ist Drama und Imagination, ist eine elektromagnetische, schöpferische wie zerstörerische Energie, die sich in Kanäle leiten läßt, die sich sehr weit von der “Natur” entfernen können. Diese Möglichkeit und Fähigkeit gehört zu den Eigenarten und Alleinstellungsmerkmalen des Menschen.
Eben darum gibt es auch ein so seltsames Phänomen wie “Homosexualität”, dessen Existenz und Ursachen meiner Ansicht nach niemand wirklich befriedigend erklären kann.
Adler und Drache
Zum Thema fand ich Foucaults Buch "Sexualität und Wahrheit" sehr erhellend, er bestreitet ja vehement, dass es sowas wie eine "sexuelle Identität" gebe.
Mir scheint ferner das ganze Konstrukt der "Homosexualität" so künstlich zusammengezimmert wie der Begriff, der sperrig und künstlich aus dem Griechischen und dem Lateinischen zusammengesetzt wurde. Schon die gleiche Sicht auf die beiden Geschlechter kommt mir widersinnig vor.
Auch der darüber hinaus getriebene Unsinn ist leider spezifisch deutschen Ursprungs, schon Hirschfeld phantasierte von einem "3. Geschlecht", und in einer Zeit, da in den USA noch der robuste, bodenständige Menschentyp vorherrschte, griff in der WR schon die Degeneration um sich. Insofern ist das Gefühl einer Bedrohung durch Unterwanderung oder Zersetzung us-der amerikanischen Gesellschaft durch widernatürliche deutsche (Bei-)Schläfer durchaus nachvollziehbar. - Das nur an jene, die immer davon schwafeln, alles Übel käme aus den liberalistischen USA usw.