Das entstandene vielfältige Echo bewegt sich bislang ganz im erwartbaren Rahmen: Von Seiten der Mainstreammedien übt(e) man sich in Verharmlosung (»Donald Trump nach lauten Geräuschen im Publikum von Secret Service von der Bühne eskortiert« – so etwa AP, nachdem sogar bereits offizielle Photos des getöteten Angreifers in Umlauf waren) bis Schuldumkehr (Trump sei selbst schuld an der aufgeheizten Atmosphäre, die so etwas möglich mache, wie bei CBS zu hören war; sein Aufruf »Fight!« sei das Gegenteil von der Beruhigung, die man jetzt so dringend brauche, und stifte zur Gewalt an, so die Expertise von CNN).
Ein namenloser Kommentator bei Xitter merkte an, es fehle nicht viel zu der Schlagzeile »Trump versagt bei Selbstmordversuch in Pennsylvania« – das ist fast schon nicht mehr lustig, weil es nur wenig übertrieben ist. Davon, daß alles nur ein Wahlkampfmanöver Trumps gewesen sei, war selbstverständlich fast schon zuallererst die Rede.
Genauso erwartbar sind indes auch die Reaktionen der … sagen wir mal … »allgemeinen Opposition« ausgefallen. Sie entsprechen tatsächlich sehr den Automatismen, die wir bereits bei der »Nord-Stream«-Affäre vorgefunden haben. Manche sehen einen von allerhöchster Stelle angeordneten Hit job am Werk und berufen sich dabei auf ein wohl kurz vor der Tat entstandenes Zitat Joe Bidens, man müsse Trump nun endlich »ins Fadenkreuz nehmen«.
Andere haben mit Hilfe der beim Umgang mit dem Ukraine-Krieg gewonnenen OSINT-Erfahrung längst aus Satellitenbildern und den online kursierenden Livevideos vom Geschehen extrapoliert, daß der Secret Service in den Mordversuch eingespannt gewesen sein müsse, weil dies die einzige Erklärung für die Vernachlässigung des einzigen offensichtlichen potentiellen Scharfschützenstandorts in der Nähe des Veranstaltungsorts sei.
Wieder andere – und zumindest diesen ist wohl zuzustimmen – stellen lapidar fest: »Ob man Trump nun mag oder nicht, spätestens jetzt ist klar, daß er die Wahl gewinnen wird.« Ob Politiker oder sonstige Persönlichkeit des öffentlichen Lebens: Wer einen Anschlagsversuch überlebt, kann danach erfahrungsgemäß eine Sympathiespitze für sich verbuchen. Das gilt insbesondere bei vorheriger Umstrittenheit; Paradebeispiel in den USA ist das gescheiterte Attentat auf Roosevelt unmittelbar vor dessen Amtsantritt 1933.
Dabei hilft es sehr, nicht dem immer noch vorhandenen Trump-Messianismus verfallen zu sein. Denn ein kritischer Beobachter sollte in all dem Rummel keinesfalls aus den Augen verlieren, die auch bei »Nord Stream« zentrale Frage zu stellen: Cui bono? Und hier kommt man nicht um die bemerkenswerte Feststellung herum, daß der zentrale, wenn nicht gar einzige echte Nutznießer eines Mordes an Donald Trump das Establishment seiner eigenen Partei gewesen wäre.
Es wäre müßig, hier all die längst bekannten Ärgernisse nochmals im Detail zu erörtern. Fest steht, daß Trump die 2015 ff. innerhalb wie außerhalb der USA von rechts auf ihn fokussierten Hoffnungen in keiner Weise erfüllt hat.
Ob er dazu nicht willens oder nicht in der Lage war, ist vollkommen nachrangig. Fest steht allerdings auch, daß Trump durch seinen damaligen Wahlkampf und natürlich auch seine letztendliche Wahl zum Präsidenten das deutlichste Symptom für die Krankheit zum Tode der Republikanischen Partei in den USA geworden ist. Die geradezu titanischen Bemühungen der greisenhaften Parteieliten, verkörpert im Joe Biden in Sachen geistigen Verfalls in nichts nachstehenden Fraktionsvorsitzenden im Senat Mitch McConnell, Trumps oft kurzschlußartig getroffene politische Entscheidungen einzuhegen und notfalls ins Leere umzuleiten, sprechen für sich.
Donald Trump war damals und ist heute kein Stratege, kein seit Jahrzehnten an der Weltherrschaft feilender James-Bond-Bösewicht, auch wenn ihn die Medien auf beiden Seiten noch immer gern so darstellen. Er ist vor allem anderen ein Entertainer, und sucht man danach, lassen sich tatsächlich bemerkenswert viele Parallelen zwischen seinem »Politikstil« und den ungeschriebenen Geschäftsregeln des amerikanischen Profi-Wrestling finden. Diese Inkompatibilität zum gewohnten US-Politapparat (dem aufgrund seiner Formlosigkeit und Sogwirkung sogenannten Blob) hat ihn wenn schon nicht zu einem Revolutionär, so doch zu einem Unruhestifter gemacht, einer Wild card.
Eine solche Unruhe soll kein zweites Mal entstehen, weil sie Gift für militärische und wirtschaftliche Abenteuer in der weiten Welt ist. Im Wettbewerb um die republikanische Kandidatur zur Präsidentschaftswahl standen deshalb verschiedene Kreaturen des republikanischen Parteiapparats, die einzelne kontroverse Aspekte der Trump-Persona in abgewandelter Form zu ihrem jeweiligen Spezialthema machten.
Das reichte von Floridas Gouverneur und Anti-Woke-Kreuzzügler Ron DeSantis, einer Ausgeburt des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIC), bis hin zum gezielt als »Millennial-Trump« aufgebauten Nachwuchsinvestor Vivek Ramaswamy, der völlig abhängig von der rechtslibertären selbsternannten PayPal Mafia rund um den milliardenschweren IT-Titanen Peter Thiel ist.
Die Aufgabe all dieser Gegenkandidaten war es, Trump einerseits zu unterminieren und andererseits zu ersetzen. Gescheitert sind sie letztlich nur deshalb, weil Trump viel eher als ein Symbol als ein Politiker dasteht und gewählt wird.
Wäre Trump nun dem Anschlag in Pennsylvania zum Opfer gefallen, hätte die Republikanische Partei binnen kürzester Zeit einen Nachfolgekandidaten finden müssen. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß dies die aussichtsreichste Gegenkandidatin Nimarata »Nikki« Haley geworden wäre – eine regelrecht karikaturhafte Neokonservative und Favoritin der US-Bankiersnetzwerke. Bei der erwartbaren Abwahl des seit dem geskripteten TV-Duell gegen Trump nun endlich unwiderruflich vor der Weltöffentlichkeit als geistig zersetzter Greis enthüllten Joe Biden hätte die so zur »tragischen« Kandidatin aufgestiegene Haley dann nach außen wie nach innen den alten republikanischen Moloch neu stabilisieren können:
- nach außen hin durch die Intensivierung der Waffenbrüderschaft mit Israel, für die sie sich bereits unzählige Male starkgemacht hat und die sie als erklärte Feindin des iranischen Regimes ohne viel Federlesens weiter eskalieren könnte,
- vor allem aber nach innen hin durch die Bedienung der heutigen Formen jener alten neokonservativen Netzwerke, die unter Reagan ihre größte Machtfülle hatten, unter Bush jun. mit den Interventionen im Nahen Osten noch einmal vollendete Tatsachen zu schaffen suchten und sich schließlich einen nationalpopulistischen Tarnanstrich gaben, um unter Trump zu neuer Blüte zu gelangen.
Zu den letzteren zählt heute an allererster Stelle das der Lehre Leo Strauss’ verschriebene Claremont Institute, das seine Vertrauenspersonen in ausnahmslos allen derzeit auch nur ansatzweise interessanten rechten Organisations- und Medienprojekten hat sowie ausgewählte Einzelfiguren strategisch »pusht«, an herausragender Stelle den rumänischen Politologen Costin Alamariu alias »Bronze Age Pervert«.
Dazu gehört aber auch das in den letzten Tagen sehr medienpräsente »Project 2025« (welches dieses »Absturzprotokoll« ursprünglich hätte demontieren sollen): vordergründig eine Art konservativer Personalpool, um bei einer neuerlichen Trump-Präsidentschaft die erwartbare Gefahr einer feindseligen und subversiven Verwaltung zurückzudrängen – von den liberalen Medien als eine Abrißbirne der amerikanischen »Demokratie« und Vortrupp diktatorischer Maßnahmen hingestellt – unterm Strich ein Vorpreschen der organisatorischen Dinosaurier des alten, schlechten Conservative movement, um sich um einen schwer beherrschbaren Präsidenten herum nun endlich wirklich die Zugänge zur Macht zu sichern.
Darüber kann noch viel geschrieben werden; einiges habe ich in meiner Aburteilung der sogenannten »Neoreaktion« im Rahmen der Geschichte der nicht parteiförmigen US-Rechten bereits dargelegt.
Je mehr man darüber nachdenkt, desto mehr gleichen sich die Phänomene der »Nord-Stream«-Zerstörung und des mißglückten Anschlags auf Trump: In beiden Fällen kommt man über einfach Nützlichkeitserwägungen schnell zu sehr folgenreichen Schlußfolgerungen. In beiden Fällen ignorieren die etablierten Medien und gesellschaftlichen Sprechpuppen dies gänzlich und ergehen sich unbeeindruckt in abwegigen Spekulationen und »Was-wir-bislang-wissen«-Geseier.
Und in beiden Fällen, so stelle ich jetzt in den Raum, wird nach allenfalls oberflächlichen Ermittlungen schnell Gras über die Tat an sich wachsen und diese nach einer Weile nur noch als »Mysterium« in Clickbait-Artikeln und Vlogger-Analysen gehandelt werden (wer glaubt, dies sei bei einem Attentat auf einen US-Präsidenten unmöglich, der denke nicht nur an Kennedy, sondern auch an Lincoln).
Le Chasseur
"Andere haben (...) extrapoliert, daß der Secret Service in den Mordversuch eingespannt gewesen sein müsse, weil dies die einzige Erklärung für die Vernachlässigung des einzigen offensichtlichen potentiellen Scharfschützenstandorts in der Nähe des Veranstaltungsorts sei."
Man sollte schon noch erwähnen, dass mehrere Besucher Minuten, bevor die ersten Schüsse fielen, Sicherheitsleute darauf aufmerksam gemacht hatten, dass sich auf dem Dach des Gebäudes ein Mann mit einem Gewehr befindet.
https://www.youtube.com/watch?v=cG0qPDCWE9w
https://www.youtube.com/shorts/qK0m43_Xap4?feature=share