Gesamtstrategie für Ungarn – Viktor Orbán trug vor (3/3)

Im dritten Teil meines Vortrags geht es um Ungarn. Was sollte Ungarn in dieser Situation tun?

Zunächst soll­ten wir die trau­ri­ge Tat­sa­che fest­hal­ten, daß vor 500 Jah­ren, zur Zeit des letz­ten glo­ba­len Sys­tem­wech­sels, Euro­pa der Gewin­ner und Ungarn der Ver­lie­rer war. In jener Zeit öff­ne­te sich dank geo­gra­phi­scher Ent­de­ckun­gen in der west­li­chen Hälf­te Euro­pas ein neu­er Wirt­schafts­raum – einer, an dem teil­zu­ha­ben wir völ­lig unfä­hig waren.

Zu unse­rem Unglück brach gleich­zei­tig auch ein zivi­li­sa­to­ri­scher Kon­flikt über uns her­ein, als die isla­mi­sche Erobe­rung Ungarn erreich­te und uns für vie­le Jah­re zum Kriegs­ge­biet mach­te. Dies hat­te einen enor­men Bevöl­ke­rungs­ver­lust zur Fol­ge, der zu Umsied­lun­gen führ­te – deren Fol­gen kön­nen wir heu­te sehen. Und lei­der waren wir nicht in der Lage, uns aus eige­ner Kraft aus die­ser Situa­ti­on zu befrei­en. Wir konn­ten uns nicht aus eige­ner Kraft befrei­en, und so muß­ten wir meh­re­re Jahr­hun­der­te lang Anhäng­sel einer ger­ma­ni­schen, habs­bur­gi­schen Welt sein.

Erin­nern wir uns auch dar­an, daß die unga­ri­sche Eli­te vor 500 Jah­ren genau ver­stand, was geschah. Sie ver­stand die Natur des Wan­dels, aber sie hat­te nicht die Mit­tel, die es ihr ermög­licht hät­ten, das Land auf die­sen Wan­del vor­zu­be­rei­ten. Das war der Grund für das Schei­tern der Ver­su­che, den Raum – den poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und mili­tä­ri­schen Raum – zu erwei­tern und Schwie­rig­kei­ten zu ver­mei­den: der Ver­su­che, uns aus der Situa­ti­on herauszuwinden.

Ein sol­cher Ver­such wur­de von König Mat­thi­as unter­nom­men, der – dem Bei­spiel Sigis­munds fol­gend – Kai­ser des Hei­li­gen Römi­schen Reichs wer­den und damit Ungarn in den glo­ba­len Sys­tem­wech­sel ein­bin­den woll­te. Das schei­ter­te. Ich wür­de hier auch den Ver­such ein­schlie­ßen, Tamás Bakócz zum Papst ernen­nen zu las­sen, was uns eine wei­te­re Mög­lich­keit ver­schafft hät­te, zu den Gewin­nern die­ses glo­ba­len Sys­tem­wech­sels zu gehören.

Aber die­se Ver­su­che waren nicht erfolg­reich. Des­halb ist das unga­ri­sche Sym­bol die­ser Epo­che, das Sym­bol des unga­ri­schen Schei­terns, die ver­lo­re­ne Schlacht bei Mohács. Mit ande­ren Wor­ten: Der Anbruch der Vor­herr­schaft des Wes­tens in der Welt fiel mit dem Nie­der­gang Ungarns zusammen.

Das ist wich­tig, denn jetzt müs­sen wir unser Ver­hält­nis zum neu­en glo­ba­len Sys­tem­wech­sel klä­ren. Wir haben zwei Mög­lich­kei­ten: Ist dies nun eine Bedro­hung für Ungarn oder eine Chan­ce für Ungarn? Wenn es eine Bedro­hung ist, dann müs­sen wir eine Poli­tik des Schut­zes des Sta­tus quo ver­fol­gen: Wir müs­sen mit den Ver­ei­nig­ten Staa­ten und der Euro­päi­schen Uni­on mit­schwim­men und unse­re natio­na­len Inter­es­sen mit einem oder bei­den Zwei­gen des Wes­tens identifizieren.

Wenn wir dies nicht als Bedro­hung, son­dern als Chan­ce sehen, müs­sen wir unse­ren eige­nen Ent­wick­lungs­pfad abste­cken, Ver­än­de­run­gen vor­neh­men und die Initia­ti­ve ergrei­fen. Mit ande­ren Wor­ten: Es wird sich loh­nen, eine natio­nal ori­en­tier­te Poli­tik zu betrei­ben. Ich glau­be an das Letz­te­re, ich gehö­re zur letz­te­ren Schu­le: Der gegen­wär­ti­ge glo­ba­le Sys­tem­wech­sel ist kei­ne Bedro­hung, zumin­dest nicht pri­mär eine Bedro­hung, son­dern eine Chance.

Wenn wir aber eine eigen­stän­di­ge natio­na­le Poli­tik betrei­ben wol­len, fragt sich, ob die not­wen­di­gen Rah­men­be­din­gun­gen vor­lie­gen. Mit ande­ren Wor­ten: Wür­den wir Gefahr lau­fen, daß man uns auf die Füße tritt – oder, bes­ser gesagt: daß man auf uns her­um­tram­pelt? Die Fra­ge ist also, ob wir die Rah­men­be­din­gun­gen für unse­ren eige­nen Weg in den Bezie­hun­gen zu den USA, zur Euro­päi­schen Uni­on und zu Asi­en vor­fin­den oder nicht.

Zusam­men­fas­send kann ich nur sagen, daß die Ent­wick­lun­gen in den USA zu unse­ren Guns­ten ver­lau­fen. Ich glau­be nicht, daß wir von den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ein wirt­schaft­li­ches und poli­ti­sches Ange­bot erhal­ten wer­den, das uns bes­se­re Chan­cen eröff­net als die Mit­glied­schaft in der Euro­päi­schen Uni­on. Wenn wir eines bekom­men, soll­ten wir es in Betracht ziehen.

Natür­lich ist die pol­ni­sche Fal­le zu ver­mei­den: Sie haben viel auf eine Kar­te gesetzt, aber es gab eine demo­kra­ti­sche Regie­rung in Ame­ri­ka; sie wur­den in ihren stra­te­gi­schen pol­nisch-natio­na­lis­ti­schen Zie­len unter­stützt, aber die Polen sind den Zwän­gen einer Poli­tik des Demo­kra­tie­ex­ports, von LGBTQ, Migra­ti­on und inter­ner gesell­schaft­li­cher Trans­for­ma­ti­on unter­wor­fen, die tat­säch­lich den Ver­lust ihrer natio­na­len Iden­ti­tät ris­kiert. Wenn es also ein Ange­bot aus Ame­ri­ka gibt, dann müs­sen wir es sorg­fäl­tig prüfen.

Wenn wir nach Asi­en und Chi­na schau­en, müs­sen wir sagen, daß dort die Rah­men­be­din­gun­gen vor­lie­gen – denn wir haben ein Ange­bot aus Chi­na erhal­ten. Wir haben das groß­zü­gigs­te mög­li­che Ange­bot erhal­ten, und wir wer­den kein bes­se­res bekom­men. Es läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Chi­na ist sehr weit weg, und für sie ist die Mit­glied­schaft Ungarns in der Euro­päi­schen Uni­on ein Vor­teil. Das unter­schei­det sie von den Ame­ri­ka­nern, die uns stän­dig sagen, daß wir viel­leicht aus­tre­ten soll­ten. Die Chi­ne­sen den­ken, daß wir hier in einer guten Posi­ti­on sind – auch wenn die EU-Mit­glied­schaft eine Ein­schrän­kung dar­stellt, weil wir kei­ne unab­hän­gi­ge Han­dels­po­li­tik ver­fol­gen kön­nen, denn die EU-Mit­glied­schaft geht mit einer gemein­sa­men Han­dels­po­li­tik einher.

Dazu sagen die Chi­ne­sen: Wenn das der Fall ist, dann soll­ten wir an der Moder­ni­sie­rung des jeweils ande­ren teil­neh­men. Natür­lich muß man immer vor­sich­tig sein, wenn die Löwen einer Maus eine Ein­la­dung aus­spre­chen, denn schließ­lich spie­len die Rea­li­tät und das Grö­ßen­ver­hält­nis eine Rol­le. Aber die­ses Ange­bot der Chi­ne­sen, an einer gegen­sei­ti­gen Moder­ni­sie­rung teil­zu­neh­men – aus­ge­spro­chen wäh­rend des Besuchs des chi­ne­si­schen Prä­si­den­ten im Mai – bedeu­tet, daß sie dazu bereit sind, einen gro­ßen Teil ihrer Res­sour­cen und Ent­wick­lungs­mit­tel in Ungarn zu inves­tie­ren, und daß sie dazu bereit sind, uns Mög­lich­kei­ten zu bie­ten, am chi­ne­si­schen Markt teilzuhaben.

Was ist die Fol­ge für die Bezie­hun­gen zwi­schen der EU und Ungarn, wenn wir unse­re Mit­glied­schaft in der EU als Rah­men­be­din­gung betrach­ten? Mei­ner Ansicht nach ist der west­li­che Teil der Euro­päi­schen Uni­on nicht mehr auf dem Weg zurück zum natio­nal­staat­li­chen Modell. Des­halb wer­den sie wei­ter­hin in für uns unbe­kann­ten Gewäs­sern navigieren.

Der öst­li­che Teil der Uni­on – also wir – kön­nen unse­ren Zustand als Natio­nal­staa­ten ver­tei­di­gen. Dazu sind wir imstan­de. Die Uni­on hat den der­zei­ti­gen Krieg ver­lo­ren. Die USA wer­den ihn auf­ge­ben. Euro­pa kann den Krieg nicht finan­zie­ren, es kann den Wie­der­auf­bau der Ukrai­ne nicht finan­zie­ren, und es kann die Füh­rung der Ukrai­ne nicht finanzieren.

Neben­bei bemerkt: Wäh­rend die Ukrai­ne uns um wei­te­re Kre­di­te bit­tet, lau­fen Ver­hand­lun­gen über die Abschrei­bung der zuvor auf­ge­nom­me­nen Kre­di­te. Heu­te strei­ten die Gläu­bi­ger und die Ukrai­ne dar­über, ob die Ukrai­ne 20 Pro­zent oder 60 Pro­zent ihrer gemach­ten Schul­den zurück­zah­len soll. So sieht die Lage in Wirk­lich­keit aus.

Mit ande­ren Wor­ten: Die Euro­päi­sche Uni­on muß den Preis für die­ses mili­tä­ri­sche Aben­teu­er zah­len. Die­ser Preis wird hoch sein, und er wird sich nega­tiv auf uns aus­wir­ken. Im Hin­blick auf unse­re Rah­men­be­din­gun­gen wird die Fol­ge für uns – für Euro­pa – sein, daß die Euro­päi­sche Uni­on aner­ken­nen wird, daß die mit­tel­eu­ro­päi­schen Län­der in der Euro­päi­schen Uni­on ver­blei­ben, dabei aber ihre natio­nal­staat­li­chen Grund­la­gen bewah­ren und ihre eige­nen außen­po­li­ti­schen Zie­le ver­fol­gen wer­den. Das mag ihnen nicht gefal­len, aber sie wer­den sich damit abfin­den müs­sen – zumal die Anzahl sol­cher Län­der zuneh­men wird.

Alles in allem kann ich des­halb sagen, daß die Rah­men­be­din­gun­gen für unab­hän­gi­ge, natio­nal ori­en­tier­te Poli­tik gegen­über Ame­ri­ka, Asi­en und Euro­pa gege­ben sind. Die­se wer­den die Gren­zen unse­res Hand­lungs­spiel­raums defi­nie­ren. Die­ser Spiel­raum ist groß – so groß wie zu kei­ner Zeit in den letz­ten 500 Jah­ren. Die nächs­te Fra­ge ist, was wir tun müs­sen, um die­sen Raum zu unse­rem Vor­teil zu nut­zen. Wenn es einen glo­ba­len Sys­tem­wech­sel gibt, dann brau­chen wir eine Stra­te­gie, die sei­ner ange­mes­sen ist.

Wenn es einen glo­ba­len Sys­tem­wech­sel gibt, dann brau­chen wir eine Gesamt­stra­te­gie, eine gro­ße Stra­te­gie, für Ungarn. Hier ist die Rei­hen­fol­ge der Wör­ter wich­tig: Wir brau­chen kei­ne Stra­te­gie für ein Groß-Ungarn, son­dern eine gro­ße Stra­te­gie für Ungarn. Das bedeu­tet, daß wir bis­her klei­ne Stra­te­gien hat­ten, meist mit einem zeit­li­chen Hori­zont bis 2030. Das sind Akti­ons­plä­ne, das sind poli­ti­sche Pro­gram­me, und ihr Sinn war, das, was wir 2010 begon­nen haben – was wir die natio­na­le Wei­chen­stel­lung nen­nen –, ein­fach zu Ende brin­gen. Sie müs­sen abge­schlos­sen werden.

Aber in einer Zeit des glo­ba­len Sys­tem­wech­sels ist das nicht genug. Dafür brau­chen wir eine Gesamt­stra­te­gie, einen län­ge­ren zeit­li­chen Rah­men – ins­be­son­de­re, wenn wir davon aus­ge­hen, daß die­ser glo­ba­le Sys­tem­wech­sel zu einem lang­fris­tig sta­bi­len Zustand füh­ren wird, der über Jahr­hun­der­te anhält. Ob dies der Fall sein wird, wer­den natür­lich unse­re Enkel 2050 in Tus­nád beur­tei­len müssen.

Wie ste­hen wir zur Gesamt­stra­te­gie Ungarns? Haben wir eine Gesamt­stra­te­gie für Ungarn in unse­rer Schub­la­de? Wir soll­ten eine haben, und tat­säch­lich haben wir eine. Das ist die Ant­wort. Denn in den letz­ten zwei Jah­ren hat uns der Krieg ange­spornt. Es sind da eini­ge Din­ge gesche­hen, die zu tun wir beschlos­sen haben, um eine Gesamt­stra­te­gie zu schaf­fen – auch wenn wir in die­sem Zusam­men­hang nicht dar­über gespro­chen haben.

Wir haben sofort nach der Wahl von 2022 mit der Arbeit an einer sol­chen Gesamt­stra­te­gie begon­nen. Unge­wöhn­li­cher­wei­se ver­fügt die unga­ri­sche Regie­rung über einen poli­ti­schen Direk­tor, des­sen Auf­ga­be es ist, die­se Gesamt­stra­te­gie aus­zu­ar­bei­ten. Wir sind in das Sys­tem für pro­gram­ma­ti­sche Aus­ar­bei­tun­gen des Teams von Prä­si­dent Donald Trump ein­ge­tre­ten, und wir sind dort stark invol­viert. Seit eini­ger Zeit neh­men Wis­sen­schaft­ler der Unga­ri­schen Natio­nal­bank an Stra­te­gie-Work­shops in Asi­en – ins­be­son­de­re in Chi­na – teil.

Um unse­ren Nach­teil in einen Vor­teil zu ver­wan­deln, haben wir, nach­dem wir zu einem Minis­ter­wech­sel gezwun­gen waren, kei­nen Tech­no­kra­ten, son­dern einen stra­te­gi­schen Den­ker in die Regie­rung geholt und für János Bóka ein eige­nes EU-Minis­te­ri­um geschaf­fen. In Brüs­sel sind wir also nicht pas­siv, son­dern haben uns dort ein­ge­rich­tet: Wir zie­hen nicht aus, son­dern zie­hen ein. Und es gibt eine Rei­he sol­cher Soft-power-Insti­tu­tio­nen mit Ver­bin­dun­gen zur unga­ri­schen Regie­rung – Denk­fa­bri­ken, For­schungs­in­sti­tu­te, Uni­ver­si­tä­ten –, die in den letz­ten zwei Jah­ren auf Hoch­tou­ren gear­bei­tet haben.

Es gibt also eine Gesamt­stra­te­gie für Ungarn. In wel­chem Zustand befin­det sie sich? Ich kann sagen, daß sie noch nicht in einem guten Zustand ist. Sie ist nicht in einem guten Zustand, weil die ver­wen­de­te Spra­che zu intel­lek­tu­ell ist.

Und unser poli­ti­scher und Wett­be­werbs­vor­teil besteht gera­de in der Tat­sa­che, daß wir eine Ein­heit mit den Men­schen schaf­fen kön­nen, in der jeder genau ver­steht, was wir tun und war­um. Das ist die Grund­la­ge unse­rer Fähig­keit, gemein­sam zu han­deln. Denn die Men­schen wer­den einen Plan nur dann ver­tei­di­gen, wenn sie ihn ver­ste­hen und erken­nen, daß er gut für sie ist. Andern­falls, wenn er auf Brüs­se­ler Bla­bla beruht, wird er nicht funktionieren.

Lei­der ist das, was wir jetzt haben, die Gesamt­stra­te­gie für Ungarn, noch nicht ver­dau­lich und all­ge­mein­ver­ständ­lich. Bis dahin wird es noch gute sechs Mona­te dau­ern. Momen­tan ist sie noch roh und grob – ich könn­te sogar sagen, daß sie nicht mit einem Füll­fe­der­hal­ter, son­dern mit einem Bei­tel geschrie­ben wur­de, und daß wir noch viel mehr Schleif­pa­pier ver­wen­den müs­sen, um sie ver­ständ­lich zu machen. Aber einst­wei­len wer­de ich kurz vor­stel­len, was wir da haben.

Der Kern der Gesamt­stra­te­gie für Ungarn – und ich wer­de jetzt Intel­lek­tu­el­len­spra­che ver­wen­den – ist die Kon­nek­ti­vi­tät. Das bedeu­tet, daß wir es nicht zulas­sen wer­den, in nur eine der bei­den ent­ste­hen­den Hemi­sphä­ren der Welt­wirt­schaft ein­ge­bun­den zu sein. Die Welt­wirt­schaft wird nicht aus­schließ­lich west­lich oder öst­lich sein. Wir müs­sen in bei­den ver­tre­ten sein, in der west­li­chen und in der östlichen.

Dies wird Fol­gen haben. Die ers­te: Wir wer­den nicht in den Krieg gegen den Osten ein­tre­ten. Wir wer­den uns nicht an der Bil­dung eines tech­no­lo­gi­schen Blocks gegen den Osten betei­li­gen, und wir wer­den uns nicht an der Bil­dung eines Han­dels­blocks gegen den Osten betei­li­gen. Wir ver­sam­meln Freun­de und Part­ner, kei­ne wirt­schaft­li­chen oder ideo­lo­gi­schen Fein­de. Wir gehen nicht den intel­lek­tu­ell viel ein­fa­che­ren Weg, uns an jeman­den anzu­hän­gen, son­dern gehen unse­ren eige­nen Weg. Das ist schwie­rig – aber es gibt eben einen Grund dafür, daß Poli­tik als eine Kunst bezeich­net wird.

Im zwei­ten Kapi­tel der Gesamt­stra­te­gie geht es um die geis­ti­gen Grund­la­gen. Im Mit­tel­punkt steht dabei die Ver­tei­di­gung der Sou­ve­rä­ni­tät. Zur Außen­po­li­tik habe ich schon genug gesagt, aber die­se Stra­te­gie beschreibt auch die wirt­schaft­li­che Grund­la­ge der natio­na­len Souveränität.

In den letz­ten Jah­ren haben wir eine Pyra­mi­de auf­ge­baut. An der Spit­ze ste­hen die „natio­na­len Cham­pi­ons“. Dar­un­ter befin­den sich die mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men im inter­na­tio­na­len Wett­be­werb, dar­un­ter die Unter­neh­men, die für den inlän­di­schen Markt pro­du­zie­ren. Am unte­ren Ende ste­hen die klei­nen Unter­neh­men und Ein­zel­händ­ler. Dies ist die unga­ri­sche Wirt­schaft, die die Grund­la­ge der Sou­ve­rä­ni­tät zur Ver­fü­gung stel­len kann.

Wir haben „natio­na­le Cham­pi­ons“ in den Berei­chen Bank­we­sen, Ener­gie, Lebens­mit­tel, Pro­duk­ti­on von land­wirt­schaft­li­chen Grund­er­zeug­nis­sen, IT, Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on, Medi­en, Bau­in­ge­nieurs­we­sen, Hoch­bau, Immo­bi­li­en­ent­wick­lung, Phar­ma­zie, Rüs­tung, Logis­tik und – in gewis­sem Maße, durch die Uni­ver­si­tä­ten – Wis­sens­in­dus­trie. Das sind unse­re natio­na­len Cham­pi­ons. Sie sind nicht nur Cham­pi­ons im eige­nen Land, son­dern sind alle auf dem inter­na­tio­na­len Markt prä­sent und haben sich als wett­be­werbs­fä­hig erwiesen.

Dar­un­ter kom­men unse­re mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men. Ich möch­te Sie dar­über in Kennt­nis set­zen, daß es in Ungarn heu­te 15.000 mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men gibt, die inter­na­tio­nal aktiv und wett­be­werbs­fä­hig sind. Als wir 2010 an die Macht kamen, waren es 3000. Heu­te haben wir 15.000. Und natür­lich müs­sen wir die Basis von Klein­un­ter­neh­men und Ein­zel­händ­lern ver­brei­tern. Wenn wir 2025 einen Frie­dens- und kei­nen Kriegs­haus­halt auf­stel­len kön­nen, wer­den wir ein umfang­rei­ches Pro­gramm für klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men auflegen.

Die wirt­schaft­li­che Grund­la­ge für Sou­ve­rä­ni­tät bedeu­tet auch, daß wir unse­re finan­zi­el­le Unab­hän­gig­keit stär­ken müs­sen. Wir müs­sen unse­re Ver­schul­dung nicht auf 50 oder 60 Pro­zent, son­dern auf unge­fähr 30 Pro­zent sen­ken, und wir müs­sen zu einem regio­na­len Gläu­bi­ger wer­den. Schon heu­te ver­su­chen wir uns dar­an, und Ungarn gewährt befreun­de­ten Län­dern in unse­rer Regi­on, die in irgend­ei­ner Wei­se für Ungarn wich­tig sind, staat­li­che Kredite.

Gemäß die­ser Stra­te­gie ist wich­tig, daß wir eine Pro­duk­ti­ons­dreh­schei­be blei­ben müs­sen: Wir dür­fen nicht zu einer dienst­leis­tungs­ori­en­tier­ten Wirt­schaft über­ge­hen. Der Dienst­leis­tungs­sek­tor ist wich­tig, aber wir müs­sen den Cha­rak­ter Ungarns als Pro­duk­ti­ons­dreh­schei­be bei­be­hal­ten, denn nur auf die­se Wei­se kann es auf dem hei­mi­schen Arbeits­markt Voll­be­schäf­ti­gung geben.

Wir dür­fen nicht den Feh­ler des Wes­tens wie­der­ho­len, bestimm­te Arbei­ten in der Pro­duk­ti­on von Gast­ar­bei­tern erle­di­gen zu las­sen, weil dort die Ange­hö­ri­gen der Wirts­be­völ­ke­rung bestimm­te Arbei­ten bereits als unter ihrer Wür­de anse­hen. Soll­te es in Ungarn dazu kom­men, wür­de dies zu einem Pro­zeß der gesell­schaft­li­chen Auf­lö­sung füh­ren, der nur schwie­rig auf­zu­hal­ten wäre. Für die Ver­tei­di­gung der Sou­ve­rä­ni­tät beinhal­tet die­ses Kapi­tel auch den Auf­bau von Uni­ver­si­tä­ten und Innovationszentren.

Das drit­te Kapi­tel benennt das Objekt der Gesamt­stra­te­gie: die unga­ri­sche Gesell­schaft, von der wir spre­chen. Wenn wir Gewin­ner sein sol­len, muß die­se unga­ri­sche Gesell­schaft geschlos­sen und wider­stands­fä­hig sein. Sie muß über eine geschlos­se­ne und wider­stands­fä­hi­ge Gesell­schafts­struk­tur verfügen.

Die ers­te Vor­aus­set­zung dafür ist das Auf­hal­ten des demo­gra­phi­schen Nie­der­gangs. Wir haben gut ange­fan­gen, aber jetzt sind wir ins Sto­cken gera­ten. Es braucht einen neu­en Anstoß. Bis 2035 muß sich Ungarn demo­gra­phisch selbst erhal­ten können.

Es kommt nicht in Fra­ge, daß der Bevöl­ke­rungs­rück­gang durch Zuwan­de­rung kom­pen­siert wird. Die westliche

Erfah­rung zeigt: Wenn es mehr Gäs­te als Gast­ge­ber gibt, dann ist die Hei­mat nicht mehr die Hei­mat. Das ist ein Risi­ko, das nicht ein­ge­gan­gen wer­den darf. Wenn wir also nach dem Ende des Kriegs einen Frie­dens­haus­halt auf­stel­len kön­nen, dann muß der Steu­er­frei­be­trag für Fami­li­en mit Kin­dern im Jahr 2025 des­halb wahr­schein­lich ver­dop­pelt wer­den – in zwei Schrit­ten statt in einem ein­zi­gen, aber inner­halb eines Jah­res, um den Schwung der demo­gra­phi­schen Ver­bes­se­rung wiederzuerlangen.

„Schleu­sen­to­re“ müs­sen den Zustrom der­je­ni­gen aus West­eu­ro­pa regu­lie­ren, die in einem christ­lich-natio­na­len Land leben wol­len. Die Zahl sol­cher Men­schen wird wei­ter zuneh­men. Nichts wird auto­ma­tisch ablau­fen, und wir wer­den wäh­le­risch sein. Bis jetzt waren sie wäh­le­risch, aber jetzt sind wir die­je­ni­gen, die wäh­le­risch sein können.

Damit die Gesell­schaft geschlos­sen und wider­stands­fä­hig ist, muß sie auf einer Mit­tel­schicht auf­bau­en: Fami­li­en müs­sen über eige­nes Ver­mö­gen und finan­zi­el­le Unab­hän­gig­keit ver­fü­gen. Die Voll­be­schäf­ti­gung muß erhal­ten blei­ben, und der Schlüs­sel dazu ist die Auf­recht­erhal­tung des der­zei­ti­gen Ver­hält­nis­ses zwi­schen Arbeit und der Roma-Bevöl­ke­rung. Es wird Arbeit geben, und ohne Arbeit kann man nicht leben. Das ist der Deal, und dar­auf läuft das Ange­bot hinaus.

Damit ver­bun­den ist auch das Sys­tem der unga­ri­schen Dör­fer, das einen beson­de­ren Plus­punkt der unga­ri­schen Geschich­te dar­stellt, nicht ein Sym­bol der Rück­stän­dig­keit. Das unga­ri­sche Dorf­sys­tem muss bewahrt wer­den. Ein städ­ti­sches Dienst­leis­tungs­ni­veau muß von uns auch in den Dör­fern gewähr­leis­tet wer­den. Die finan­zi­el­len Las­ten dafür müs­sen von den Städ­ten getra­gen wer­den. Wir wer­den kei­ne Mega­städ­te schaf­fen, wir wer­den kei­ne Groß­städ­te schaf­fen, son­dern wir wol­len Städ­te und länd­li­che Gebie­te um die Städ­te her­um schaf­fen, wäh­rend wir gleich­zei­tig das his­to­ri­sche Erbe des unga­ri­schen Dorfs bewahren.

Und schließ­lich ist da noch das ent­schei­den­de Ele­ment der Sou­ve­rä­ni­tät, womit wir hier an den Ufern des Olt ange­kom­men sind. Wir haben die­sen Teil auf ein Mini­mum redu­ziert, aus Angst, daß Zsolt uns sonst das Mikro­fon weg­neh­men könn­te. Das ist die Essenz des Schut­zes der Sou­ve­rä­ni­tät, der Schutz der natio­na­len Eigen­art. Es geht nicht um Assi­mi­la­ti­on, nicht um Inte­gra­ti­on, nicht um Ver­mi­schung, son­dern um die Bewah­rung unse­rer eige­nen natio­na­len Besonderheit.

Dies ist die kul­tu­rel­le Grund­la­ge der Ver­tei­di­gung der Sou­ve­rä­ni­tät: die Spra­che zu bewah­ren und einen Zustand der „Null­re­li­gi­on“ zu ver­mei­den. „Null-Reli­gi­on“ ist ein Zustand, in dem der Glau­be längst ver­schwun­den ist, aber auch die Fähig­keit der christ­li­chen Tra­di­ti­on ver­lo­ren gegan­gen ist, uns mit kul­tu­rel­len und mora­li­schen Ver­hal­tens­re­geln zu ver­sor­gen, die unser Ver­hält­nis zu Arbeit, Geld, Fami­lie und sexu­el­len Bezie­hun­gen sowie die Abfol­ge der Prio­ri­tä­ten in unse­ren Bezie­hun­gen zuein­an­der regeln.

Das ist es, was die West­ler ver­lo­ren haben. Ich den­ke, daß die­ser Zustand der „Null-Reli­gi­on“ ein­tritt, wenn die gleich­ge­schlecht­li­che Ehe als eine Insti­tu­ti­on mit dem glei­chen Sta­tus wie die Ehe zwi­schen Mann und Frau aner­kannt wird. Das ist ein Zustand der „Null-Reli­gi­on“, in dem das Chris­ten­tum nicht län­ger einen mora­li­schen Kompaß und Ori­en­tie­rung bie­tet. Das muß um jeden Preis ver­mie­den wer­den. Wenn wir also für die Fami­lie kämp­fen, dann kämp­fen wir nicht nur für die Ehre der Fami­lie, son­dern für den Erhalt eines Staats, in dem das Chris­ten­tum zumin­dest noch mora­li­sche Ori­en­tie­rung für unser Gemein­we­sen bietet.

Mei­ne Damen und Her­ren, schließ­lich darf die­se unga­ri­sche gro­ße Stra­te­gie nicht von „Klein-Ungarn“ aus­ge­hen. Die­se Gesamt­stra­te­gie für Ungarn muß auf natio­na­len Grund­la­gen auf­bau­en, sie muß alle von Ungarn bewohn­ten Gebie­te umfas­sen, und sie muß alle in der Welt leben­den Ungarn ein­be­zie­hen. Klein-Ungarn allein – Klein-Ungarn als allei­ni­ger Rah­men – wird nicht genügen.

Aus die­sem Grund möch­te ich kein Datum nen­nen, denn wir müß­ten uns dann dar­an hal­ten. Aber in abseh­ba­rer Zeit müs­sen alle Unter­stüt­zungs­maß­nah­men, die der Sta­bi­li­tät und Wider­stands­fä­hig­keit der unga­ri­schen Gesell­schaft die­nen – wie etwa das Sys­tem der Fami­li­en­bei­hil­fe –, in ihrer Gesamt­heit auf die von Ungarn bewohn­ten Gebie­te außer­halb der Lan­des­gren­zen aus­ge­dehnt wer­den. Das geht in kei­ne schlech­te Rich­tung, denn wenn ich auf die Beträ­ge zurück­bli­cke, die der unga­ri­sche Staat seit 2010 für die­se Gebie­te auf­ge­wen­det hat, kann ich sagen, daß wir durch­schnitt­lich 100 Mil­li­ar­den Forint pro Jahr aus­ge­ge­ben haben. Zum Ver­gleich kann ich sagen, daß wäh­rend der sozia­lis­ti­schen Regie­rung von Ferenc Gyurcsá­ny die jähr­li­chen Aus­ga­ben dafür neun Mil­li­ar­den Forint betra­gen haben. Jetzt geben wir 100 Mil­li­ar­den pro Jahr aus. Das ist also eine mehr als zehn­fa­che Erhöhung.

Die ein­zi­ge Fra­ge ist: Wenn die Gesamt­stra­te­gie für Ungarn fest­steht, mit wel­cher Art von Poli­tik kann sie dann zum Erfolg geführt wer­den? Zunächst ein­mal müs­sen wir uns selbst sehr gut ken­nen, damit eine Gesamt­stra­te­gie erfolg­reich sein kann. Denn die Poli­tik, mit der wir einer Stra­te­gie zum Erfolg ver­hel­fen wol­len, muß zu unse­rem Volks­cha­rak­ter pas­sen. Dazu kön­nen wir natür­lich sagen, daß wir viel­fäl­tig sind. Das gilt ins­be­son­de­re für Ungarn.

Aber es gibt den­noch gemein­sa­me essen­ti­el­le Merk­ma­le, und auf die­se muß die Stra­te­gie abzie­len und aus­ge­rich­tet sein. Und wenn wir das ver­ste­hen, dann brau­chen wir kei­ne Kom­pro­mis­se und kei­ne Kon­so­li­die­rung, son­dern müs­sen einen fes­ten Stand­punkt einnehmen.

Ich glau­be, daß das Wesent­li­che – das gemein­sa­me Wesent­li­che, das wir erfas­sen und auf das wir die unga­ri­sche Gesamt­stra­te­gie auf­bau­en müs­sen – neben der Viel­falt die Frei­heit ist, die auch nach innen auf­ge­baut wer­den muß: Wir müs­sen nicht nur die Frei­heit der Nati­on auf­bau­en, son­dern auch die per­sön­li­che Frei­heit der Ungarn anstreben.

Denn wir sind kein mili­ta­ri­sier­tes Land wie die Rus­sen oder die Ukrai­ner. Genau­so­we­nig sind wir hyper­dis­zi­pli­niert wie die Chi­ne­sen. Anders als die Deut­schen mögen wir kei­ne Hier­ar­chien. Wir mögen kei­nen Auf­ruhr, kei­ne Revo­lu­ti­on und kei­ne Blas­phe­mie wie die Fran­zo­sen. Wir glau­ben auch nicht, daß wir ohne unse­ren Staat, unse­ren eige­nen Staat, über­le­ben kön­nen, wie die Ita­lie­ner zu den­ken geneigt sind.

Für Ungarn ist Ord­nung kein Wert an sich, son­dern eine not­wen­di­ge Bedin­gung für Frei­heit, in der wir unge­stört leben kön­nen. Was dem unga­ri­schen Gefühl und der unga­ri­schen Bedeu­tung von Frei­heit am nächs­ten kommt, ist der Aus­druck, der ein unge­stör­tes Leben zusam­men­faßt: „Mein Haus, mei­ne Hei­mat, mei­ne Burg, mein Leben, und ich ent­schei­de, wodurch ich mich in mei­ner Haut wohl­füh­le.“ Dies ist ein anthro­po­lo­gi­sches, gene­ti­sches und kul­tu­rel­les Merk­mal der Ungarn, und die Stra­te­gie muß sich dar­an anpassen.

Mit ande­ren Wor­ten: Das muß auch der Aus­gangs­punkt für Poli­ti­ker sein, die die Gesamt­stra­te­gie zum Sieg füh­ren wollen.

Die­ser Vor­gang, von dem wir spre­chen, die­ser glo­ba­le Sys­tem­wech­sel wird nicht in einem oder in zwei Jah­ren statt­fin­den, son­dern hat bereits begon­nen und wird noch 20 bis 25 Jah­re lang andau­ern, und des­halb wird er in die­sen 20 bis 25 Jah­ren der Gegen­stand stän­di­ger Debat­ten sein.

Unse­re Geg­ner wer­den ihn lau­fend angrei­fen. Sie wer­den sagen, daß der Vor­gang umkehr­bar sei. Sie wer­den sagen, daß wir Inte­gra­ti­on statt einer eigen­stän­di­gen, natio­na­len Gesamt­stra­te­gie brau­chen. Sie wer­den sie also lau­fend angrei­fen und dar­an arbei­ten, sie vom Weg abzu­brin­gen. Sie wer­den nicht nur den Inhalt der Gesamt­stra­te­gie, son­dern auch ihre Not­wen­dig­keit stän­dig in Fra­ge stellen.

Dies ist ein Kampf, der jetzt geführt wer­den muß, aber ein Pro­blem dabei ist der zeit­li­che Rah­men. Denn wenn es sich um einen Vor­gang han­delt, der sich über 20 bis 25 Jah­re erstreckt, müs­sen wir zuge­ben, daß wir nicht jün­ger wer­den und des­halb nicht zu denen gehö­ren kön­nen, die ihn zu Ende füh­ren werden.

Die Umset­zung die­ser Gesamt­stra­te­gie – vor allem ihrer letz­ten Pha­se – wird gewiß nicht von uns, son­dern zumeist von jun­gen Men­schen, die jetzt in ihren Zwan­zi­gern und Drei­ßi­gern sind, geleis­tet wer­den. Und wenn wir über Poli­tik nach­den­ken – dar­über, wie man eine sol­che Stra­te­gie auf poli­ti­schem Wege umset­zen kann –, dann müs­sen wir ein­se­hen, daß es in zukünf­ti­gen Gene­ra­tio­nen im Prin­zip nur zwei Posi­tio­nen geben wird – so, wie es auch in unse­rer Gene­ra­ti­on ist:

Es wird Libe­ra­le geben und es wird Natio­na­lis­ten geben. Und ich muß sagen, daß es auf der einen Sei­te libe­ra­le, selbst­zu­frie­de­ne Poli­ti­ker in haut­engen Kla­mot­ten mit aller­gen­frei­em Avo­ca­do-Lat­te in der Hand geben wird und auf der ande­ren Sei­te boden­stän­di­ge jun­ge Leu­te mit natio­na­lis­ti­schen Ansich­ten. Des­halb müs­sen wir anfan­gen, jun­ge Men­schen anzu­wer­ben – jetzt, für uns.

Die Oppo­si­ti­on wird unab­läs­sig vom libe­ra­len Zeit­geist orga­ni­siert und auf das Schlacht­feld geschickt. Die brau­chen kei­ne Rekru­tie­rungs­be­mü­hun­gen, denn deren Rekru­tie­rung läuft von allein. Aber unser Lager ist anders: Das natio­na­le Lager kommt nur auf einen Trom­pe­ten­stoß her­aus und kann sich nur unter einer hoch­ge­zo­ge­nen Fah­ne ver­sam­meln. Das gilt auch für jun­ge Men­schen. Des­halb müs­sen wir muti­ge jun­ge Kämp­fer mit natio­na­lis­ti­scher Gesin­nung fin­den. Wir suchen nach muti­gen jun­gen Kämp­fern mit einem natio­na­len Geist.

Ich dan­ke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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Kommentare (32)

Liselotte

28. August 2024 13:18

Das bedeutet, daß wir es nicht zulassen werden, in nur eine der beiden entstehenden Hemisphären der Weltwirtschaft eingebunden zu sein.
Ich wünsche ihm ja gutes Gelingen, denn so eine nicht-einseitige Position ist einerseits wünschenswert, andererseits besteht die Gefahr, zwischen allen Stühlen sitzen zu kommen. Die Türkei macht es in gewisser Weise vor mit der mehrseitigen Handlungsfähigkeit, ist aber sehr volatil.
Mag sein, daß Ungarn durch die Ostverschiebung des Weltzentrums mehr "beleuchtet" wird als der Westen - aber als Binnenstaat mit den Chinesen handeln zu wollen, ist nicht ganz einfach, und Deutschland und die EU sind mehr an der US-Kandare denn je.

Ingelore

28. August 2024 20:10

Ich finde diese Analyse sehr klug .Zunächst einmal geht es um Transparenz und Victor Orban  zeigt möglichst objektiv die Sichtweisen und Interessen anderer Staaten und Regierungen .Er ist bemüht , diese  neutral zu beschreiben. In dieser Phase der Friedensfindung , das ist ihm offensichtlich wichtig, geht es gar nicht darum , Lösungen vorzuschlagen , sondern zu sammeln und aufzuklären. Ganz hervoragend finde ich , wie er die neue globalistische Weltsicht , die ganz richtig in den 68gern Fahrt aufgenommen hat , seinem eigenen  christlichen Weltbild gegenüberstellt. Hier vergleicht er verschiedene Denkweisen  , die in keiner Weise kompatibel sind. Daher auch die Spaltung , die durch die ganze Gesellschaft geht. Und richtig , als verantwortliche Menschen stehen wir nicht nur am Ende des Lebens  als individuelle Seelen vor Gott unserem Richter , sondern auch als ein  Volk. Das christliche Weltbild akzeptiert eine Hirachie und eine göttliche Ordnung , der Atheismus nicht. Der Christ definiert seine individuelle Freiheit völlig anders als der Liberalist.
.Für sein eigenes Land positioniert sich Herr Orban  sehr optimistisch und zukunftsorientiert , hat mir viel Freude gemacht seine Rede zu lesen.
Danke für die Übersetzung.
 

dojon86

28. August 2024 20:49

@Liselotte Orban ist ein Spieler sein, der ein riskantes Spiel spielt. Das Ende könnte so wie Sie es sagen, sein, dass er zwischen allen Stühlen sitzt. Ich hielte es für Ungarn für gescheiter, dass er erstens beginnt, einen tüchtigen Nachfolger zu suchen und zweitens seine politischen Absichten nicht allzu deutlich macht. Vorerst sollte es für Ungarn darum gehen, Einwanderung aus unerwünschten Kulturen zu minimieren, und den westlichen Werten Lippenbekenntnisse zu zollen. (so wie es z.B. die Tschechen seit je her gemacht haben) Das multikulturelle Experiment in Westeuropa wird scheitern, so wie es in der Vergangenheit noch überall wo man es versuchte, gescheitert ist. Erst wenn es so gründlich gescheitert ist, dass dies für den Dümmsten zu sehen ist, kann man die Karten auf den Tisch legen. Jetzt ist es meiner Meinung nach zu früh.

A. Kovacs

28. August 2024 20:57

ich habe die Rede live gehört. Ohne Zweifel eine großartige und wichtige Rede (wie praktisch alle, die Orbán jährlich in Tusnádfürdő hält). Im Westen gibt es diese strategischen Überlegungen sicher auch, aber von Think-Tanks und in Hinterzimmern. Es ist die demokratische Qualität des ungarischen "Systems des nationalen Zusammenhalts", dass die Bürger in derlei Überlegungen einbezogen, also ernst genommen werden. Die Rede ist vom Büro des ungarischen Ministerpräsidenten akzeptabel ins Deutsche übersetzt worden; warum eine neue Übersetzung? Dem Übersetzer muss ich als ungarischer Muttersprachler für seine Mühe danken, aber er macht doch Fehler. Orbán redet z. B. nie von "nationalistisch" (nacionalista), sondern von "national" (nemzeti). Das gibt der Übersetzung einen falschen Zungenschlag.

Volksdeutscher

29. August 2024 08:26

Nach so viel Einseitigkeit und Lobhudelei an Viktor Orbán, den weitsichtigen und hoch löblichen Ministerpräsidenten Ungarns aus Gottes Gnaden, sei mir bitte gegönnt, die Sichtweise der nationalkonservativen Rechten Ungarns um Mi Hazánk Mozgalom (MHM) bekannt zu machen, die im Gegensatz zu der nationalliberalen Fidesz Koalitionspartner der AfD im Europäischen Parlament ist und der AfD ideologisch tausendmal näher steht. Der folgende Artikel erschien am 30. Juli 2024 auf der nationalkonservativen ungarischen Website kuruc.info unter dem Titel "Was in Orbáns Rede unerwähnt blieb" und stammt aus der Feder von Bence Gergely. Der Verfasser des Artikels bezieht sich auf dieselbe Rede Orbáns in Tusnádfürdő 27. Juni 2024, die vom Verfasser des obigen Beitrags in drei Folgen analysiert wurde.  https://kuruc.info/r/7/276680/

Volksdeutscher

29. August 2024 08:34

"Mein erster Einwand betrifft die mangelnde Übereinstimmung zwischen Worten und Taten. Es ist nämlich vergeblich, wenn der Ministerpräsident in seinen Reden verborgene Zusammenhänge aufdeckt, seine Visionen skizziert, die die ungarischen und christlichen Herzen erwärmen, wenn wir im Alltag die ständige Verschlechterung der Lage unseres Landes erleben. Die Ausbreitung der Gender-Ideologie schreitet in unserem Land unaufhaltsam voran, das kulturelle Leben steht nach wie vor unter liberaler Kontrolle, ein großer Teil der Wirtschaft, die wir ungarisch nennen, wird von Ausländern dominiert (neben westlichen „Investoren“ nun auch immer mehr Chinesen), immer mehr Asiaten siedeln sich in Ungarn an, um zu arbeiten, die Löhne gehören im Verhältnis zu den Preisen zu den niedrigsten in Europa, die Zahl der Geburten ist in den letzten zwei Jahren erneut gesunken, und das Vordringen der zigeunerischen Bevölkerung scheint unaufhaltsam. (1.) Fortsetzung folgt

Volksdeutscher

29. August 2024 08:34

"Wir behaupten, uns aus dem Krieg herauszuhalten, doch die Ukraine, die Ungarn offen feindlich gesinnt ist, und natürlich die ukrainische Armee, werden teilweise von unserem Land mit Treibstoff und Strom versorgt (während das Kiewer Regime die Pipeline gekappt hat, die unser Land mit Öl versorgt). Die Zahl der Probleme und Schwierigkeiten, die unser Leben lähmen, wächst. Natürlich können wir uns angesichts der wachsenden Probleme auf Epidemien, Krieg, das "Chaos in der Welt" und die Energiekrise berufen. Und das nicht ohne Grund. Was aus den Reden von Viktor Orbán jedoch nie deutlich wird, ist: Wie viel Verantwortung trägt seine Regierung für die fortschreitende Verschlechterung der Lebensbedingungen der Ungarn, und welche Faktoren sind eigentlich schuld an den immer ungünstigeren "äußeren Umständen"?" (2.) Fortsetzung folgt

Volksdeutscher

29. August 2024 08:35

Das andere Problem ist, daß es viele wichtige Themen gibt, die Viktor Orbán in seiner Rhetorik, so erhaben sie auch sein mag, in seinen nachdenklich stimmenden Reden nicht anspricht. Er erwähnt nie die ernsten Kontroversen um die Coronavirus-Epidemie und insbesondere um die Impfungen. Das kann er auch gar nicht, denn seine Regierung hat die als "lebensrettend" verkündeten Impfstoffe voll und ganz befürwortet. Sie schweigt sich über die Verpflichtungen aus, die der WHO-Vertrag unserem Land im Falle einer weiteren Epidemie auferlegen würde, was unsere Souveränität stark einschränken würde. Tabu ist für den Premierminister auch die Frage der Abschaffung des Bargelds, obwohl die ausschließliche Verwendung von digitalem Geld einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zur endgültigen Abschaffung der Freiheit sein wird. Es gibt noch viele andere Themen, von denen man erwarten würde, daß der Ministerpräsident sie vergeblich anspricht (die spektakuläre Bereicherung seiner Familienmitglieder und Freunde, die Anhänglichkeit an die Person des Inenministers Sándor Pintér, die Unterstellung der Ministerien für Bildung und Gesundheit unter die Kontrolle des Innenministeriums, usw.) (3.) Fortsetzung folgt

Volksdeutscher

29. August 2024 08:38

"Es gibt jedoch eine "Leitlinie" oder Ideologie, die über allen anderen Überlegungen steht und absoluten Vorrang genießt, die das Funktionieren der Regierung von Viktor Orbán, das öffentliche Denken, die Propaganda und sogar die Zukunft unseres Landes grundlegend bestimmt und in allen Foren des öffentlichen Lebens, in der Politik, in der Wissenschaft und in der Kultur das Haupttabu ist. Ja, es geht um die Beziehungen zwischen Ungarn und Israel und um den Zionismus. In seiner Rede in Tusványos analysierte Viktor Orbán den Prozess und die möglichen Folgen des "Wandels der Weltordnung" und die Hauptziele der "großen nationalen Strategie Ungarns" auf eine selbst für radikale Rechte sehr sensible Weise. Er wies zu Recht auf die Notwendigkeit hin, unsere nationale Identität zu bewahren, den Bevölkerungsrückgang aufzuhalten, den Handel mit China, Russland und den Ländern des "globalen Südens" im Allgemeinen zu verstärken und eine "Blockbildung" zu vermeiden. Viktor Orbán will, wenn man seinen Worten Glauben schenken darf, unser Land aus dem sinkenden Schiff des Westens retten, der in einem moralischen und intellektuellen Sumpf versinkt, aber versucht, seine 500-jährige Weltherrschaft durch Kriege aufrechtzuerhalten. Nicht zum ersten Mal sagt der Premierminister: Wir müssen uns dem Druck des Woke- und des LMBTQ-Ideologie entgegenstellen, der zu einem totalen moralischen Verfall und dem Zerfall der Gesellschaft führt, und wir müssen uns von dem Kriegswahnsinn des sterbenden Westens fernhalten. Er hat absolut recht!" (4.) Fortsetzung folgt

Volksdeutscher

29. August 2024 08:39

"Aber werden diejenigen, mit denen er sich bei der Umsetzung der "großen ungarischen Strategie" verbünden will, uns wirklich helfen, unsere Ziele zu erreichen? Europa steht zweifellos am Rande des Zusammenbruchs, unfähig, seine eigenen Interessen zu verteidigen, da es den Willen der "demokratischen Parteiführung" der USA umsetzt. Aber wäre eine republikanisch geführte USA, Donald Trump und sein Vizepräsident die Hauptgarantie für das Überleben der ungarischen Nation, für die Umsetzung der "großen ungarischen Strategie"? Schauen wir uns einmal genauer an, ob die koscherkonservativen Erwartungen an Donald Trump gerechtfertigt sind!
1. Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine könnte von einer republikanischen Regierung beendet werden (falls sie überhaupt an die Macht kommt), wie im Vorfeld versprochen. Liegt es jedoch im Interesse der USA, unabhängig von der Parteizugehörigkeit des Präsidenten, die Stärke und den Einfluss eines auf Nationalstaaten basierenden Europas wiederherzustellen? Schließlich kann eine prosperierende europäische Staatengemeinschaft, die in ihrem eigenen Interesse handelt, einerseits unabhängig von den Vereinigten Staaten werden und andererseits wieder enge Beziehungen zu Russland und China knüpfen. Dies würde keine US-Regierung jemals zulassen, da das System der eurasischen Zusammenarbeit die größte Bedrohung für das US-Imperium darstellt."
2. Würde eine republikanische Regierung die Achse Berlin-Paris, die einst die Grundlage für ein starkes Europa bildete, wiederherstellen oder würde sie es vorziehen, das politische System eines neuen Kontinents, der ihren Interessen völlig untergeordnet ist, auf der Allianz zwischen London und Warschau aufzubauen? Ist es nicht wahrscheinlicher, daß Letzteres zutrifft? / Fortsetzung folgt
3. Nach den Äußerungen der vorherigen Trump-Administration würden die Republikaner wahrscheinlich stärker gegen China vorgehen, wirtschaftlich, politisch und vielleicht auch militärisch. Wie könnte Viktor Orbán in diesem Fall seine Beziehungen zu dem asiatischen Riesen, dem künftigen "siebten Reich", weiter stärken?

Adler und Drache

29. August 2024 09:42

Ich nehme diesen dreiteiligen Votrag erstaunt zur Kenntnis, weil er sich so plastisch von dem abhebt, was deutsche Kartellpolitiker fabrizieren. Hier sagt einer wirklich was und produziert nicht nur aseptische, sterile Versatzstücke. Ob man zustimmt oder ablehnt, ist ja ne andere Frage - ich sehe mich nicht imstande, das inhaltlich zu beurteilen, weil ich kaum etwas über Rahmenbedingungen, Zusammenhänge und Begleitphänomene weiß. 
Sehr eindrücklich, den Riss, der durch die EU geht, aus seiner Sicht dargestellt zu bekommen. Dieser Riss geht ja auch durch Deutschland. Das führt zu einem stark erhöhtem Stressfaktor, mit all den Folgen, mit denen wir täglich konfrontiert sind - birgt aber auch Gutes. Wir haben Anteil an der anglo-französischen Politsphäre, die im Niedergang begriffen ist, aber eben auch an der slawisch-ungarischen Politsphäre, die im Prozess der Konsolidierung und Neuausrichtung schon vorangeschritten ist. 
Außerdem: Erfreulich, dass Orban im derzeitigen Chaos Chancen sieht und benennen kann.

Valjean72

29. August 2024 10:51

Zunächst einmal vielen Dank für die Veröffentlichung dieser Rede in deutscher Umsetzung.
 
Was sofort auffällt, dass hier ein Staatsmann Gedanken und Einschätzungen über Dinge darlegt, die wirklich von Belang sind.
 
Während in der BRD Politiker auf internationalem Parkett auf Hilfsschüler-Niveau agieren und Hirngespinsten wie der Welt-Klimarettung von deutschem Boden aus nachrennen, bisher nur allzu wohlwollend begleitet von «eingebetteten Journalisten», und dazu bereit sind, die tragenden Säulen der heimischen Industrie rigoros zu schleifen.
 
Deutschland aber wird den Weg des Nationalstaates wieder einschlagen, insofern kommt sein Abgesang zu früh. Und die «polnische Falle» besteht auch daran, sich als Aggressor gegenüber Russland über alle Massen exponiert zu haben, noch weit mehr als die BRD.
 
@Volksdeutscher:
Vielen Dank auch an Sie für die zusätzlichen Informationen, die helfen dies alles besser einzuordnen.

Diogenes

29. August 2024 11:46

Fidesz bildet eine Fraktion mit der FPÖ und nicht mit der AfD im EU-Demokratieschauspielhaus, @Volksdeutscher. Die AfD bildet die Fraktion "Europa Souveräner Nationen" (ESN). 

Maiordomus

29. August 2024 11:48

@Volksdeutscher. Diese Vermittlung einer ungarischen Stimme ist wertvoll. Klar, dass Orban ein vergleichsweise opportunistische Politik betreibt. Und selbst und erst recht wenn Trump gewählt würde , bleibt er eine Wundertüte. Er kann ausschliesslich als das möglicherweise geringere Übel begrüsst werden, es ist ihm sogar zuzutrauen, dem Erfolg zuliebe, nämlich Kriegsende in der Ukraine, ev. nicht auf Berater der Waffenlobby zu hören, was aber keineswegs gesagt ist. 

Umlautkombinat

29. August 2024 12:02

@Volksdeutscher
 
je weiter ich im Lesen Ihres Grossbeitrags fortfahre, desto staerker kommt die Frage in mir auf: Was erwartet er eigentlich real?
 
Ihre Schmerzen mit Ihrem Land sind ja verstaendlich wie auch Ihr Wissen meines dazu natuerlich um etliche Zehnerpotenzen uebersteigt. Aber [m]ein kuehler  Blick von aussen hat auch Vorteile. 
Das ist ein winziges Land. Ein Binnenland dazu, mit meist mehreren Grenzen bis zum naechsten Meer. Riesenbloecke ueberall darum herum und Raeumlichkeit ist ja noch nicht alles (China). Diesen simplen aber ueberwaeltigenden Fakt erst einmal objektiv zu versuchen aufzuspalten, Kraefteverhaeltnisse zu wichten, qualitativ, aber auch quantitativ, und mit den in diesem Betrachtungsrahmen kaum kleiner vorstellbaren Moeglichkeiten ueberhaupt in Eigenheit mit langfristigem zeitlichen Horizont rational agieren zu wollen, das ist aller Ehren wert. Da verhungern viel groessere Mitspieler (Deutschland natuerlich dabei) schon zu Beginn mit Scheren im Kopf vor den allerersten Startloechern ohne das auch nur ein Schimmer an derartig eigenstaendigen Interessen auch nur anzudeutungsweise sichtbar waere.

Majestyk

29. August 2024 12:47

@ dojon:
Zur "Vermieterfrage" aus Teil 2. Ich möchte mitnichten so verstanden werden als würde ich mir diesen oder überhaupt einen Hegemon wünschen. Eigentum ist jeder Form von Abhängigkeit vorzuziehen, mein Bild zielte darauf ab, daß andere Staaten zu einer anderen Bewertung kommen und man nicht erwarten kann, daß alle Europäer dieselbe Sichtweise haben. 
Ich bin mir nur nicht so ganz sicher, ob jene die von Emanziption sprechen, wirklich Unabhängigkeit meinen oder nicht doch einfach nur einen Seitenwechsel. Orban scheint mir hier im Kommentariat als sakrosankt zu gelten, er macht ja sicher auch vieles richtig. Nur wo Licht ist, da ist auch Schatten und diesbezüglich ist z.B. die völlige Entwaffnung der Ungarn ein Aspekt der mir übel aufstößt. Und ob ein Orban wirklich Interesse an starken deutschen Patrioten hat, da hege ich auch gewisse Zweifel.

RMH

29. August 2024 12:59

@Volksdeutscher, vielen Dank für die ergänzende Einstellung und Übertragung des Artikels aus dem MHM-Umkreis. Man erkennt im Abgleich zur Rede Orbans wieder einmal den Unterschied zwischen einem Politiker, der realpolitisch handeln und entscheiden muss und den berühmten "Sachzwängen" unterliegt und solchen, die nicht diesen realpolitischen Zwängen unterliegen und dann frei von der Leber weg idealisieren, kritisieren und besser wissen können. Orban schafft es seit Jahren, Ungarn wie einen Besenstiel auf dem Finger zwischen Ost und West, Nachbarn, die kein Großungarn wollen, EU/Nato und dem großen Asien, verkörpert durch RUS und CHINA, zu balancieren. Da wirkt manches naturgemäß zittrig, schwankend und ab und an macht der Stiel dann auch eine Drehung, aber noch ist der Besenstiel nicht vom Finger gefallen, dass müssen andere erst einmal schaffen.

Volksdeutscher

29. August 2024 16:44

@Diogenes: Ich habe behauptet, daß die AfD und die MHM Koalitionspartner sind, woraus folgt, daß die AfD als euroskeptische Partei der MHM in ideologischer Hinsicht näher steht als der atlantischen und nationalliberalen Fidesz. Nicht zufällig sind sie in zwei verschiedenen Gruppen im EU-Parlament.

dojon86

29. August 2024 16:50

@Majestyk Hegemonen gibt es nun mal. Ob ich mir einen Bully wünsche oder nicht, ist dem Bully egal. Ein einiges Europa hätte für die Europäer einige Vorteile gehabt. Und Einigkeit wurde historisch halt immer durch einen Hegemon erreicht. Und ein Hegemon, der im selben Haus wohnt, und gegebenenfalls mit dem Hause untergeht, ist besser, als einer, der eine Investition in Übersee abschreibt, wenn's schief geht. (Fragen sie mal südvietnamesische Flüchtlinge von 1975.) Das war jedenfalls der Sinn meines Gleichnisses. Leider begreifen das gerade Rechte oft nicht und wärmen endlos uralte Lokalkonflikte (bis in die konfessionellen Kriege des 15. Jahrhunderts zurück) auf. Es ist lächerlich, wenn noch heute ein Tiroler auf die Welschen schimpft,  während die Landnahme eines ganz anderen Volkes zur Diskussion steht und z. B. am Bahnhof in Bozen sichtbar wird. Der Hegemon über dem Ozean (oder wenn's anders gelaufen wäre, in Halbasien) wünscht sich zwar ein irgendwie geeintes, aber auch ein möglichst schwaches Europa. Bei Bedarf wenn einer der Vasallen nicht spurt, spielt er die Europäer gegeneinander aus  Das funktioniert immer. 

Adler und Drache

29. August 2024 17:05

@Majestyk (und alle anderen)
Und ob ein Orban wirklich Interesse an starken deutschen Patrioten hat, da hege ich auch gewisse Zweifel.
Diese Argumentationsfigur können wir nun wirklich mal in den rhetorischen Mülleimer entsorgen. Warum sollte er? Warum sollte irgendjemand "Interesse an starken deutschen Patrioten" haben, außer die Deutschen selbst? Daran sollte kein ausländischer Politiker gemessen werden, es ist schlicht und einfach nicht deren Job.  

Der Gehenkte

29. August 2024 17:37

@ Volksdeutscher
Interessante Einblicke - Dank! Leider ist "Mi Hazánk" politisch wenig relevant. Wichtig wäre zu wissen, wie die dritte "konservative" Kraft, nämlich Péter Magyars "TISZA" zu Orbán und wie überhaupt dasteht. Zwar sind die Berührungspunkte mit ihm geringer, aber er ist der einzige, der Orbán gefährlich werden kann. Die Europa-Wahlen haben einmal mehr gezeigt, daß es ein großes oppositionelles Bedürfnis in Ungarn gibt - vermutlich ebenfalls ca. 50%, wie in den meisten Ländern dieser Tage -, nur sind weder die linken und liberalen Parteien, noch ihre führenden Köpfe wie Ferenc Gyurcsány, Péter Márki-Zay oder Klára Dobrev attraktiv genug. Magyar hat sich als ideale Projektionsfläche angeboten und aus dem Stand, innerhalb weniger Wochen, 30% bekommen - eine Sensation. Mit mehr Zeit wäre vermutlich noch mehr drin gewesen. Wenn er sich etablieren kann, wird er eine ernsthafte Gefahr für Orbán. Wissen Sie genaueres über sein Programm? 

Volksdeutscher

29. August 2024 18:11

Mein ausgedehnter Kommentar wurde vom Moderator leider gekürzt, ich schreibe dies der israelkritischen Stimmung des 5. Teils des übersetzten Artikels zu. Valjean: Immer wieder gerne. Maiordomus: Für Orbán und seine Politik ist der Doppelsprech charakteristisch. Die strategische Position seiner Regierung lautet z.B. so: Ungarn liefert zwar keine Waffen direkt an die Ukraine, erlaubt jedoch Drittländern, sein Territorium zu diesem Zweck zu nutzen.... Die Regierung begründet dies damit, daß es der Sicherheit der ungarischen Minderheit in den Vorkarpaten zugutekomme. Umlautkombinat: Meine Loyalität gilt Deutschland, ich war Soldat der BW, ich lebe hier, Ungarn ist mein Geburtsland und inzwischen die vertraute Fremde, das ich deshalb nicht zu verleugnen brauche. Natürlich ist es besser, Orbán an der Macht zu haben als einen Linken. Die nationalkonservative MHM ist nach der Auflösung von Jobbik (ehemals 25%) auf ca. 8-9 % und hat sich noch nicht davon erholt, um bestimmender Faktor zu sein, geschweige denn die Fidesz abzulösen. RMH: Orbáns Schaukelpolitik birgt langfristig große Gefahren für das Land. Seine Regierung bedarf weiterhin der konstruktiv korrektiven Kritik von rechts, um die abgehobenen Ideale und die arroganten Erscheinungen der Orbanschen Machtausübung wieder auf den Boden der Tatsachen zu stellen, um zu zeigen, was wirklich national ist und nicht nur danach aussieht.

Volksdeutscher

29. August 2024 18:34

@Maiordomus: Die Fidesz ist seit ihrem Bestehen die ungekührte Weltmeisterin der Doppelzüngigkeit. Sie ist so antikommunistisch, daß sie seit 30 Jahren die Agentenlisten und die Luxusrenten ehemaliger kommunistischer Funktionäre verteidigt (eine Reihe hoher Fidesz-Funktionäre war Mitglied der Jugendorganisation der ungarischen KP, so auch Orban). Sie ist so familienfreundlich, daß sie gleichzeitig LGBTQ-Aufmärsche genehmigt. Sie ist so national, daß sie gleichzeitig globalistischen Forderungen entgegenkommt. Sie ist gegen die Erhöhung von diesem und jenem, gleichzeitig eröht sie sowohl dieses als auch jenes, nur eben näckisch versteckt. Er redet anders in Brüssel, anders in der Ukraine und wiederum anders zu Hause. Ihre Bewunderung verdankt sich nicht nur der Unbekanntheit der ungarischen Sprache im Westen Europas, was das unmittelbare Informieren aus ungarischen Quellen verunmöglicht, sondern auch der politischen Naivität ihrer Anbeter. 

anatol broder

29. August 2024 20:05

@ adler und drache 17:05
viktor orban will grosse, lange bauprojekte mit seinen nachbarn umsetzen. somit strebt er eine hohe vertragssicherheit mit seinen nachbarn an. ich bilde mir ein, dass die vertragssicherheit unter patriotischen regierungen höher ist als sonst. nassim taleb erklärt die argumentationsfigur in skin in the game.

Le Chasseur

29. August 2024 20:06

@Adler und Drache
"Warum sollte irgendjemand "Interesse an starken deutschen Patrioten" haben"
Wenn man wie Ungarn mehr Geld aus EU-Töpfen erhält als man einzahlt, und Deutschland der größte Nettozahler ist, dann sollte man als ungarischer Politiker doch aus ureigenstem Interesse hoffen, dass der deutsche Motor am Laufen bleibt. Und wenn Deutschland auf dem absteigenden Ast ist, dann ist das eigentlich eine schlechte Nachricht für die gesamte EU, weil sie dadurch an Gewicht und Relevanz verliert.

Majestyk

29. August 2024 20:40

@ Adler und Drache:
Schon richtig. Meine Argumentation erwähnte aber auch ungarische Innenpolitik. Wenn jeder an sich denkt ist an jeden gedacht. Ich begrüße einen gesunden Egoismus und halte auch nichts vom "Länder sind Freunde" Gerede. Heißt für mich aber auch, Orban spricht nicht für mich und ich wüßte nicht warum ich aus meiner Perspektive nicht Distanz waren darf und in die Lobhudelei einstimmen soll. 

Volksdeutscher

30. August 2024 02:17

@Der Gehenkte: "Wichtig wäre zu wissen, wie die dritte "konservative" Kraft, nämlich Péter Magyars "TISZA" zu Orbán und wie überhaupt dasteht."
Die Tisza-Partei ist keine, ich wiederhole - keine - konservative Kraft, sondern eine neue liberale, die kurzfristig vor den Europawahlen aus dem Boden gestampft wurde. Peter Magyar wird von den Liberalen als der neue Stern am liberalen Himmel gefeiert. Magyar lud von der Leyen nach Ungarn ein (!) und schrieb auf Facebook: "Vor wenigen Minuten ist unser persönliches Treffen mit Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission, zu Ende gegangen" Und: "Frau Präsidentin sagte, daß sie gerne nach Ungarn kommen würde, um unsere Mitbürger über ihre Arbeit für Europa und Ungarn zu informieren. Ein persönlicher Besuch wäre auch eine Gelegenheit für sie, die Lügen über ihre Person zu widerlegen, die von der Fidesz-Propaganda verbreitet werden." Vertrauen Sie nicht der liberalen Berichterstattung. Es ist mir wiederholterweise aufgefallen, wie leicht es ist, Menschen hierzulande auf falsche Fährten zu führen: "Viktor Orban, der Konservative, Peter Magyar, der Konservative..."

Peter Magyar war der Ehemann von Judit Varga, der ehemaligen Justizministerin in der Regierung Orbán. Magyar tauchte wie aus dem Nichts auf und stellte sich mit der Behauptung in den Mittelpunkt des Interesses der Öffentlichkeit, daß er Tonbandaufnahmen von korrupten Politikern der Fidesz in der Hand habe, so hatte er auch von seiner damaligen Noch-Ehefrau solche angefertigt. Sie trat inzwischen von ihrem Amt zurück und ließ sich von Magyar scheiden (u.a. wegen ehelicher Gewalt). Auf die angekündigten "Enthüllungen" aber sprangen Hunderttausende politisch naiver Schafe auf und wurden seine Sympatisanten. Die überwiegende Mehrheit seiner Sympatisanten kommt aus dem linken und linksliberalen Spektrum. Es ist nur verständlich, wenn eu-treue Kräfte ihn als Konservativen verkaufen wollen, um den liberalkonservativen Orban zu schwächen. In konservativen Kreisen jedoch wird von ihm abschätzig behauptet, er würde außer seinem Namen sonst nichts wissen, denn außer Gemeinplätzen zur Politik war von ihm bis dato nichts zu hören. Auch das große Gepolter mit seinen Tonbandaufnahmen brachte nichts Neues an Erkenntnissen hervor. Schon in der Vergangenheit nutzte er die Position seiner Frau, um an gutbezahlte Staatsposten heranzukommen, so auch bei den EU-Wahlen geht es seiner Partei offensichtlich wiederholterweise um nichts Anderes als dies.

Die Tisza-Partei gab ihre Stimme bei der EU-Wahl auf Ursula von der Leyen ab und applaudierte ihr stehend bei der Verkündigung ihrer Wiederwahl. Dafür wurde sie mit Posten beschenkt. Denn bei der Wahl der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Ausschüsse des Europäischen Parlaments wurden am 23. Juli 2024 drei ungarische Abgeordnete der Tisza-Partei zu stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Laut einer Pressemitteilung des Europäischen Parlaments wurde András Tivadar Kulja von der Tisza-Partei, die Teil der Europäischen Volkspartei (EVP) ist, zum vierten Vizepräsidenten des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI), Gabriella Gerzsenyi zur ersten Vizepräsidentin des Ausschusses für regionale Entwicklung (REGI) und Péter Magyar, Vorsitzender der Tisza-Partei, zum vierten Vizepräsidenten des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (AFCO) gewählt. Gestern noch ein namen- und bedeutungsloser karrieristischer Emporkömmling, aber schon morgen verkündet er das Wort auf internationalem Parkett der großen Weltpolitik.... Das schafft nur ein Liberaler.

Le Chasseur

30. August 2024 10:31

Im 2. Teil seines Vortrags sagt Orban:
"Und Amerikas Platz in der Welt wird weniger wichtig sein. Sie müssen ernst nehmen, was der Präsident sagt: „America first, alles hier, alles wird nach Hause kommen!“ Deshalb wird die Fähigkeit ausgebaut, von überall her Kapital zu beschaffen. Als Folge dessen leiden wir bereits jetzt: Die großen europäischen Unternehmen investieren nicht in Europa, sondern in Amerika, weil die Fähigkeit, Kapital anzuziehen, am Horizont aufscheint."
Ist es eigentlich ein Naturgesetz, dass ein Wirtschaftsraum Kapital braucht, um sich entwickeln zu können?

FraAimerich

30. August 2024 11:44

@Le Chasseur: "Ist es eigentlich ein Naturgesetz, dass ein Wirtschaftsraum Kapital braucht..."
Angeblich so gut wie - drum spricht man auch gern vom "scheuen Reh" und füttert es an so gut man kann!

Adler und Drache

30. August 2024 14:22

@Majestyk
ich wüßte nicht warum ich aus meiner Perspektive nicht Distanz waren darf und in die Lobhudelei einstimmen soll
Sowieso, und nicht nur bei Orban. Was mich in unserem Milieu extrem nervt, ist der häufig zu findende unbedingte Wille zum Glauben an eine Retterfigur. Wird man enttäuscht, projiziert man seine Hoffnungen auf die nächste, die übernächste und so weiter. Wenn Politiker neben ihren eigenen Interessen noch die ihres Landes im Blick haben, ist das schon viel. Es ist nachvollziehbar, aber die wenig realistisch. 

Majestyk

30. August 2024 16:02

@ Adler und Drache:
Da kommen wir wieder zusammen. Ich persönlich finde ja, daß es nicht entscheidend ist wie jemand redet, sondern wie die Person lebt. Da beobachte ich die Prominenten, das gilt aber für jeden Einzelnen. 
Auch wenn ich nicht damit hausieren gehe, weiß ich wo ich selber im Leben falsche Entscheidungen getroffen und versagt habe und somit selber den Punkt im Leben verantworte an dem ich stehe. So ehrlich sollte man zu sich selber sein können. Und das gilt dann in Summe auch für eine Gesellschaft, gleich welche falschen historischen Weichenstellungen es gibt. 
Man kann nicht Freiheit wollen und Eigenverantwortung negieren und man kann nicht als Gesellschaft korrupt sein und über sein korruptes Erziehungs- und Bildungssystem überwiegend dysfunktionale oder korrupte Menschen ohne Wertekodex produzieren und sich dann wundern, daß in der Funktionselite nur korrupte und dysfunktionale Menschen ankommen. 
Deswegen bin ich ja auch der festen Überzeugung, daß sich dieses System nicht aus sich selbst heraus erneuern kann, sondern erst der Druck durch andere Lebensverhältnisse andere Menschen formen wird. 
 

Valjean72

30. August 2024 17:11

Orban hat nach Ungarn mE nur einen weiteren Staat, für den sein Herz schlägt.
 
Der US-amerikanische Politberater George Birnbaum half sowohl Netanjahu (1996) als auch Orban (2010) bei dessen Wahlsiegen (s. BBC-Meldung vom 2.7.2023, hier).
 
Netanjahu hat Orban auch wiederholt als wahren Freund Israels bezeichnet und das ist auch kein Wunder, schliesslich hat Orban über seinen Vater auch jüdische Wurzeln.
 
 

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