Weihnachtsempfehlungen 2024 – Kositza beginnt

Wenn es auf Weihnachten zugeht, veröffentlichen wir hier traditionell Vorschläge unserer Redaktionsmitglieder für Buchgeschenke. Wie im vergangenen Jahr, haben wir die Kategorien lesen, lernen und schauen aufgerufen. Ich mache den Anfang:

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

LESEN – “Ein schö­ner, grau­sa­mer Roman”, urteil­te Pier Pao­lo Paso­li­ni. Eigent­lich soll­te das genü­gen. Un borg­he­se pic­co­lo, pic­co­lo war 1976 erschie­nen. Geni­al, daß er nun auf Deutsch wie­der­auf­ge­legt wur­de, mit einem gül­ti­gen Nach­wort von Italo Calvino.

Alle Bespre­chun­gen die­ses wuch­ti­gen Stücks Lite­ra­tur neh­men lei­der das Wesent­li­che vor­weg. Ich möch­te das ver­mei­den. Inso­fern bloß so viel:

Gio­van­ni Vival­di und sei­ne Frau sind sehr klei­ne Bür­ger in Rom. Er ist ein win­zi­ger Beam­ter. Alle Hoff­nun­gen ruhen auf dem ein­zi­gen Kind, dem begab­ten Mario. Des­sen Kar­rie­re muß doch gelin­gen! Vater Gio­van­ni tritt einer Frei­mau­rer­lo­ge bei, um die Chan­cen sei­nes Soh­nes zu ver­stär­ken. Nach dem kru­den Mau­rer-Ritu­al… geht alles schief. Und wie. Was für eine Wucht!

Vin­cen­zo Cera­mi: Ein ganz nor­ma­ler Bür­ger, Roman, Alex­an­der Ver­lag Ber­lin,  166 S., 22 € — hier bestel­len.

– –

LERNEN – Daß der lin­ke Dra­ma­turg Bernd Ste­ge­mann mitt­ler­wei­le ein inter­es­san­ter Essay­ist gewor­den ist, der über den Tel­ler­rand hin­aus­zu­schau­en ver­steht, hat­ten wir bereits in den letz­ten Jah­ren fest­ge­stellt. Sei­ne jüngs­ten Büch­lein über „Wut­kul­tur“ und „Iden­ti­täts­po­li­tik“ waren enorm klug, ambi­gui­täts­be­gabt und mit­hin anschluß­fä­hig auch für rech­te Leser.

Was der „ungläu­bi­ge Katho­lik“ Ste­ge­mann nun über die per­sön­li­che wie kol­lek­ti­ve Glau­bens­kri­se ver­faßt hat, geht aller­dings weit über das Prä­di­kat „nett zu lesen“ hin­aus. Sei­ne fei­nen Beob­ach­tun­gen tref­fen ins Mark der west­li­chen Gesell­schaft, sie rüt­teln exis­ten­zi­ell auf, ver­mö­gen zu erschüt­tern. All die wert­vol­len christ­li­chen Gewißheiten

ver­lo­ren ihren Sinn, sobald mein Geist wie­der in die Gegen­wart glitt. Es braucht die Sakra­men­te, es braucht das Ritu­al der Mes­se. Nie­mand ist für sich allei­ne katho­lisch, und nie­mand wird gläu­big, weil er Bücher liest.

Aber es gibt reich­lich Ersatz­re­li­gio­nen. Ste­ge­mann seziert die­se kri­tisch. Unbe­dingt lesens­wert, grandios.

Bernd Ste­ge­mann: Was vom Glau­ben bleibt. Wege aus der athe­is­ti­schen Apo­ka­lyp­se. Klett-Cot­ta, 280 S., 25 € — hier bestel­len.

– –

SCHAUEN – Die­ser opu­len­te Band ist sicher etwas für ech­te Biblio­phi­le mit dem etwas grö­ße­ren Geld­beu­tel. Etwas „zum Ver­er­ben“. Man kann wirk­lich stun­den­lang in die­sen groß­ar­ti­gen Por­träts schwel­gen, weil sie zur Essenz, ja: unse­rer Leu­te dringen.

August San­der (1876- 1964) hat sei­ne „Men­schen des Jahr­hun­derts“ in sie­ben Kate­go­rien auf­ge­teilt: Der Bau­er, Der Hand­wer­ker, Die Frau, Die Stän­de, Die Künst­ler, Die Groß­stadt und, tat­säch­lich: Die letz­ten Menschen.

Wir tau­chen hier ganz tief ein in das, was man wohl „Volks­see­le“ nen­nen darf. Die Bil­der stam­men aus den 1910er bis 1950er Jah­ren, die meis­ten aus den Zwan­zi­ger­jah­ren. Schaut euch die „Immo­bi­li­en­mak­le­rin“ an. Den „Jung­bau­ern“, die „Künst­le­rin“, den Phi­lo­so­phen“ (wie schön, Max Sche­ler) den „Fremd­ar­bei­ter“, und bit­te auch die „Blin­den“ und das „Explo­si­ons­op­fer“- das alles sind wir.

Man beden­ke, daß alle Bil­der mit Groß­for­mat­ka­me­ras bei natür­li­chem Licht auf­ge­nom­men wur­den. In einer Zeit, da die Ana­log-Foto­gra­fie am Aus­ster­ben ist, steigt der doku­men­ta­ri­sche Wert die­ses schwer­ge­wich­ti­gen Monu­ments. Was für eine unge­heu­re Wucht, was für ein Werk!!

August San­der: Men­schen des 20. Jahr­hun­derts, Schirm­er und Mosel, 808 Seiten,128 € — hier bestel­len.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (37)

ofeliaa

2. Dezember 2024 00:14

Ich sage nicht, man solle das Buch nicht lesen. Ich widerspreche der Aussage, man werde uneingebunden in eine religiöse Gemeinschaft nicht gläubig. Die gesamte Bibel ist Hinweis, dass ein gleichgeschaltetes Gottesverständnis nicht richtig sein KANN. Dies ist damit gemeint, sich «keine Bilder von Gott zu machen» – sobald man Gott verallgemeinert, ist die Botschaft Jesu Christu verloren: Du sollst Gott lieben mit DEINEM ganzen Herzen. Wenn man definiert, WER GOTT IST, wie man zu beten hat, wie die Beziehung aussehen soll – begeht man den grössten Frevel, an der menschlichen Seele. Ihr Heil liegt einzig und allein in der individuellen Beziehung zu Jesus. Kirche und Co. verhindern mit der Gleichschaltung der Rituale unter Umständen diese Entwicklung, den Zustand des DIALOGES. Sind somit gegen den Heiligen Geist – es stellt die grösste Sünde dar, die einzig unverzeihliche – und wieso? Weil sie die persönliche Beziehung (via des Heiligen Geistes) überlagern, bis hin zu unmöglich machen kann. Der einzige Weg zu Gott führt über das INDIVDUELLE Gespräch. In der Stille findet man Gott, nicht umsonst. Stille ist, wenn du alleine bist. Das ist der SCHMALE Weg. Dein Geist kommuniziert allein mit dem Geist Gottes. That`s the whole idea/message. Das ist die frohe Botschaft – doch die frohe Botschaft kommt erst am Schluss, sie ist, sie MUSS bedingt sein, durch einen leidvollen – weil entwicklungsreichen (!) Weg. Weil man ihn alleine gehen muss. -> Um zu merken: Ich bin nicht allein. 

Freier

2. Dezember 2024 03:48

Zur letzten Empfehlung:
Es gibt auf Youtube ein sehr schönes Video mit dem Titel "Das deutsche Volksgesicht", ebenso mit Bildern aus jener Zeit. Das möchte ich empfehlen.

Laurenz

2. Dezember 2024 09:00

@Ofeliaa ... Da Sie nicht abstrakt bleiben, muß ich Ihnen widersprechen. Da Sie in die persönliche Definition von Gott & Jesus gehen, bleiben Sie im Biblischen Kontext. Sie wissen doch gar nicht, wer mit Ihnen kommuniziert. Daß Hildegard von Bingen Ihre Lichtgestalt Gott nannte, war überlebensnotwendig. Neben spirituellen Erfahrungen, die ML hier beschreibt https://sezession.de/69248/einige-gedanken-ueber-magie-1 & klugerweise nur abstrakt Magie nennt, habe ich sehr wohl Spiritualität gemeinsam mit anderen erfahren. Auch Konzerte & Sportfeste können "magisch", also spirituell sein, sogar ein Krieg. Ein in Mark & Bein gehendes Erlebnis war die Karfreitagsprozession in Lohr am Main, wie auch die Teilnahme an vielen Familienaufstellungen. Dort gibt es, wie in aller Magie & Spiritualität, Regeln, aber die begreifen sich eher als naturgesetzlich, nicht moralisch. Der christliche Glaube der ersten 100 Jahre unterschied sich eklatant von dem der nächsten 1.900 Jahre bis heute. Das späte Aufschreiben der Evangelien bildet quasi den Übergang. Der wesentliche Inhalt des christlichen Glaubens im Anfang war die baldige Rückkehr Jesu Christi. Angesichts dessen, brauchte man nichts aufschreiben. Und weder Sie noch ich waren seinerzeit dabei, wissen also nichts, kennen nur Nacherzählungen.

Adler und Drache

2. Dezember 2024 10:54

@Kositza: Zeichnet Stegemann denn wirklich einen "Weg aus der atheistischen Apokalypse"? Hat er eine tragfähige Idee, wie der Glaube zu fördern sei? 
 

Kositza: Es ist natürlich kein Ratgeber mit einer Liste mit 15 wirksamen Tipps hintendrin. Aber er ist sehr, nja, konstruktiv, und die letzten knapp 50 Seiten zeichnen Wege auf.Ich bin wirklich begeistert u. denke, Sie werden es mögen!

Adler und Drache

2. Dezember 2024 11:15

@Laurenz
Die frühen Christen schrieben nichts auf, weil das Aufschreiben im Gegensatz zur öffentlichen Verkündigung etwas Heimliches war, das somit nicht von der Gemeinde beurteilt werden konnte. Ein Akt, der im Verborgenen geschah und bei dem etwas verborgen werden sollte, in der Regel irgendwelche abseitigen Lehren, die mit den apostolischen Lehren nicht übereinstimmten. 
Nicht das Ausbleiben der Parusie (was übrigens die "Gegenwart des Heiligen" bedeutet, nicht eine "Wiederkunft"), nicht die Frage der terminlichen Festlegung endzeitlicher Ereignisse (zu der es höchst unterschiedliche Antwortversuche gab, die aber letztendlich allesamt auf "nischt Genaues weiß man nicht" hinausliefen) motivierte die Niederschrift der Evangelien, sondern die Notwendigkeit, mit orthodoxen Schriften auf die Irrlehre-Schriften zu reagieren.

Gracchus

2. Dezember 2024 13:13

Ich würde alle drei nehmen - bis auf das 3., weil ich schon einen dicken Band von August Sander habe. Man kann sich nur schwer sattsehen daran. 
In den "Stegemann" habe ich digital reingelesen. Erstaunlich. Genannt werden zu Anfang Pieper & Guardini, zwei Autoren, die eben die Fähigkeit besaßen, über die katholische Welt hinauszustrahlen (wobei Stegemann aus dem schwarzen Münster stammt - wie der inzwischen abgedriftete R. Polenz). Liest man die ersten Seiten, kommt man auf den Gedanken, dass Agnostiker das Wesentliche des Glaubens besser erfassen. 
In Sachen "Glauben" kann ich Martin Schleske, international bekannter  Geigenbauer,  empfehlen. 

Gracchus

2. Dezember 2024 13:27

@ofeliaa: schön gesagt; stimme Ihnen zu, mit der Einschränkung, dass dies ein "Zeichen unserer Zeit" ist; auch dies sollte man nicht ver Die Hl. Messe möchte ich indes nicht missen. Ansonsten erwecken die Kirchen den Eindruck, den Herausforderungen der Zeit nicht gewachsen zu sein - das fängt schon mit der Sprache an. 
Ich glaube, @Laurenz, dass @ofeelia Ihre Belehrungen nicht nötig hat.

Diogenes

2. Dezember 2024 14:45

Teil 1/2
 
Volksseele ist der Charakter oder die Essenz durch das Wesen, die Art dessen was Volksgeist und Volkskörper der Deutschen erdenken, erschaffen, in Stadt und Land pflegen/kultivieren, also in Formen, Farben und Klängen von Heimat, Volk und Nation verwirklichen. In dem Sinne muss der aufmerksame Betrachter zwingend das "Wir" bzgl. "Fremdarbeitern" hinterfragen. Es scheint so plastisch-wabernd unfassbar wie die Horizontdefinitionen eines "Links/Rechts-Scheindualismus" oder der Beliebigkeit des Allerlei wurzelloser Zeitgenossen in irgendeiner der Gesprächsrunden der antideutschen Großmedien, die in ihrer Selbstbeweihräucherung tatsächlich meinen der Gastarbeiter/Fremdarbeiter der in Art und Wesen dem Deutschen fremd ist könne in unserer Heimat Wurzel schlagen. Was die Staatspolitik der BRD oder RÖ verschlafen oder bewusst verdrängt haben muss Jahrzehnte später als Gewohnheitsrecht geduldet werden? ...

Diogenes

2. Dezember 2024 14:46

Teil 2/2
 
Nein. Hier geht es um Grundsätzliches/Unvereinbares in der Weltbeschau. Wenn es so wäre wie diese Zeitgenossen behaupten müsste man sich als deutscher Volksangehöriger (und Jahrzehnte/Generationen später) in diesen fremdvölkischen (oder meinetwegen fremdidentitären) Angesiedelten als Spiegelbild der Volksseele wiedererkennen. Ich sehe kein deutsches Spiegelbild in diesen Fremden. Die Volksseele schwindet aus Stadt und Land und schließlich aus dem Gedächtnis und Geist in dem Grad der Duldung der antideutschen Staatspolitik der Überfremdung/Umvolkung.
 
So gehen Völker und ihre Reiche zugrunde. Die ursprünglichen Träger des Volkstums sterben aus und das Schicksal eines z.B. Konstantinopels wird im Anfassen, Schmecken, Sehen, Sprechen, Sein erfassbar. Es ist eine Sache über Schicksal zu lesen und eine andere Schicksal zu erleben. Wobei ich Konstantinopel als Gleichnis wähle, weil sich hier die europäisch-christliche Glaubensgemeinschaft selbst der größte Feind war (der letztliche Niedergang Konstantinopels resultiert in seiner Wurzel aus der Plünderung durch verräterische Kreuzritter und innerreligiöse Rechthaberei). So ist auch der Deutsche sein größter Feind. Wenn er geeint ist, wirkt er große Dinge welche die Vorstellung übersteigen, aber gespalten und uneins, verliert er sich als Großes selbst im Kleinklein. Darin sind wir Spiegelbild des Allbewussten („Völker sind Gedanken/Aspekte Gottes/Göttlicher Ordnung des Universums“).

FraAimerich

2. Dezember 2024 18:25

Finde es zwar einerseits löblich, daß sich hier immer wieder ein anderer Ritter findet, der @ofeliaa gegen Widerworte "beisteht"; aber ob sie das wiederum nötig hat? Zumal @Laurenz sich diesmal betont sachlich und zutreffend eingelassen hat. Woran spätere gelehrte Diskurse und theologische Festschreibungen übrigens nichts ändern. Die Jünger und ersten Christengemeinden dürften ohnehin so manches anders aufgefaßt haben, als die spätere "Orthodoxie". 

RMH

2. Dezember 2024 18:32

Beim Thema Lernen und "Glauben" bedanke ich mich - mit 4 Jahren Verspätung - für diese damalige Rezenssion:
https://sezession.de/63171/joris-karl-huysmans-lourdes-mystik-und-massen
Das Buch habe ich vor einiger Zeit aufgrund dieser poistiven Rezension gelesen und kann den positiven Eindruck nur bestätigen. Leider sind von Huysmanns "katholischen" Büchern nicht alle im nicht-antiquarischen Buchhandel erhältlich und manche antiquarisch ziemlich teuer, wenn sie denn mal angeboten werden.
PS: Der Bildband erweckt meine Neugier.

Diogenes

2. Dezember 2024 18:53

"Die frühen Christen schrieben nichts auf, (...)" - Adler und Drache
 
Ich darf Sie an die gnostischen Schriften der Urchristen erinnern, insbesondere an die neueren Datums (1945/46) die nach ihrem Fundort in  Ägypten/Nag-Hammadi benannt sind und auch an die Apokryphen (Dt: Offenbarungen/Offenlegung). Hölle kam als kirchliche Herrschaftsmechanik später in Mär/Myhtos hinzu um mit dem moralischen Zeigefinger über die Ungebildeten zu herrschen.
 
Die selbe Mechanik wird heute von z.B. Klimawahn-Ideologen angewandt mit ihren pseudo-wissenschaftlichen Berechnungssystemen.  

Diogenes

2. Dezember 2024 19:40

"(…) Es ist eine Sache über Schicksal zu lesen und eine andere Schicksal zu erleben. (...)" - Um mich selbst zu zitieren und im Angedenk an eine Weihnachtswunschliste fällt mir vom Paradiesvogel R. Messner "Wild" ein (die Lektüre ist schon Jahre her), welches vom Schicksal der Wild/Shackleton-Expedition berichtet und wie die gestrandeten Männer ihr eisiges Schicksal ertragen müssen. Etwas mehr als 300 Seiten - hat man an einem ungestörten Wochenende durch. 
 

dojon86

2. Dezember 2024 21:07

Auch ich bekenne mich als ungläubigen Katholiken. Theologischen und philosophischen Erläuterungen zum Glauben kann ich wenig abgewinnen beziehungsweise verstehe ich sie auch nicht Immer. Mein Verständnis für Religion ist pragmatisch, also für einen tatsächlich gläubigen Menschen wahrscheinlich nicht akzeptabel. Ich habe drei diesbezügliche Erfahrungen gemacht. Die Erste war, das religiöse Ritual war und ist gemeinschaftsstiftend. (Ohne ihre Religion hätte das jüdische Volk wohl kaum seine Vernichtung im Ursprungsland überlebt) Die Zweite war und ist, das religiöse Ritual tröstet, das ist dem Menschen, der es sich heutzutage oft leisten kann, den Tod zu verdrängen, oft nicht verständlich. Drittens zur Funktion des Rituals abseits seiner Verwendung im religiösen Bezugsrahmen, Kinder lieben und bestehen oft eisern auf die Einhaltung von familiären Ritualen und sie wissen warum. Es gibt ihnen das Gefühl von Schutz und Geborgenheit.

Ein gebuertiger Hesse

3. Dezember 2024 08:19

Sehr schön, daß August Sander empfohlen wird. Unfaßbar, seine Fotografien. Blicke in deutsche Gesichter ... es zeichnen sich geradezu Landschaftsbiographien in ihnen ab. Man liest ganze Romane darin.
So sahen wir, so sahen unsere Leute mal aus. 
Die 130 Euro für das Buch einfach berappen und gut ist.

RMH

3. Dezember 2024 09:19

"Ich darf Sie an die gnostischen Schriften der Urchristen erinnern," @D, es ist die große Frage, ob diese "Urchristen" wirklich Christen waren oder nur eine Modifkation einer älteren Strömung, die den Mythos Christus aufgegriffen & vereinnahmt haben (Gnostiker argumentieren natürlich genau entgegengesetzt). Fakt ist, dass die Gnosis nicht nur als eine Ur-Häresie gelten, sondern quasi als der Teufel überhaupt. Der Kampf der Kirche richtete sich nicht vergleichbar stark gegen andere heidnische Kulte, wie bspw. dem bekannten Mithras-Kult (der ja auch Parallelen zu christlichen Themen hat) als vielmehr gegen die Gnosis.  Augustinus (wenn auch später lebend) war ein entschiedener Gegner aller gnost. Überlegungen & wir wissen, wer sich durchgesetzt hat. Die gnost. Kulte haben in der Tat in Randbereichen Gruppierungen, die dazu führten, dass sie mit dem Label "Satanismus" versehen wurden. Ich halte alles Gnostische dem Christlichen diametral entgegenstehend (da geht keine Verbindung, lieber Rosenkreutzer). Da gibt es auch kein bisschen oder "ist doch ähnlich". Gnosis ist im Kern das, was im Christentum als Sünde wider den heiligen Geist charakterisiert ist, nämlich die Selbstvergottung, die Selbsterlösung durch Erkenntnis etc, während das Christentum fundamental auf dem GNADENAKT Gottes durch Tod & Wiederauferstehung Christi & dem Glauben daran aufbaut. Der Christ weis um das Bedürfnis der Gnade, der Gnostiker erlöst sich selber. @Adler u. Drache liegt mithin richtig.

Laurenz

3. Dezember 2024 10:38

Ist immer geil, wenn Schnellroda in linksradikaler Marnier Geschichte umschreiben läßt.

Kositza: Grand Marnier? Lecker.

Adler und Drache

3. Dezember 2024 10:39

@Diogenes
Ich darf Sie an die gnostischen Schriften der Urchristen erinnern, insbesondere an die neueren Datums (1945/46) die nach ihrem Fundort in  Ägypten/Nag-Hammadi benannt sind und auch an die Apokryphen (Dt: Offenbarungen/Offenlegung).
Auch diese sind erst nach dem 1. Jahrhundert entstanden.  
"Apokryphen" bedeutet "die Verborgenen".
"Offenbarung"/"Offenlegung" ist "Apokalypse".  
Hölle kam als kirchliche Herrschaftsmechanik später in Mär/Myhtos hinzu um mit dem moralischen Zeigefinger über die Ungebildeten zu herrschen.
In der Bibel finden sich vielerlei Bilder der Hölle. 

Diogenes

3. Dezember 2024 11:54

@Adler und Drache
 
"Auch diese sind erst nach dem 1. Jahrhundert entstanden."
 
Ich bin da anderer Ansicht da es sich "frisch" und unverfälscht liest. Wollen Sie diesen Dialog über Theosophie und Kirchentheologie eröffnen?
 
""Apokryphen" bedeutet "die Verborgenen"."Offenbarung"/"Offenlegung" ist "Apokalypse"."
 
Kommt im Sinn auf den Betrachtungswinkel an: Für Sie ist es verborgen und für mich offenbart. Es sind auch Bezeichnungen die längst überholt sind.
 
"In der Bibel finden sich vielerlei Bilder der Hölle. "
 
Ja ...? 

Diogenes

3. Dezember 2024 12:35

@RMH
 
Zum Thema Gnosis und was ich für einen Begriff davon habe, lesen Sie bitte hier bei Interesse: https://sezession.de/68498/wir-sind-alle-noch-hier
 
Die "Kirche" (oder Falschkirche wie ich sie nenne) und ihr Kanon (das "Buch") ist nicht das Maß in einem Dialog über Spiritualität/Glauben, denn dies besteht als Innere Ordnung (o. Inneres Auge)/Intuition unabhängig von Religion/Dogmen/Institution. 

Umlautkombinat

3. Dezember 2024 12:35

> Gnosis [...] was im Christentum als Sünde wider den heiligen Geist charakterisiert ist, nämlich die Selbstvergottung, die Selbsterlösung durch Erkenntnis etc
 
Das fand ich interessant und habe mich einmal zu den ganz elementaren Grundlagen der Gnosis kundig gemacht. Da mischt also jemand aus - goettlicher - Pneuma und Materie z.B. den unvollstaendigen Menschen.
 
Als jemand der ohne den religioesen Rahmen wie Wiedergeburt etc. recht umfangreich meditiert, klingt das vertraut. Der Hindu will die menschliche Seele (atman, [Pneuma?]) von Verunreinigung zu befreien um zur Erleuchtung zu kommen, so wie der Buddhist sich mit seinem Nicht-Ich (anatta) neben sich stellt, um selbiges zu tun. Verschaerft noch im Zen-Buddhismus, der das Autoritaere der Figur Buddha auch noch entfernt. Bin ich Fan von ;), aber weiter. Zeitlich duerften diese gnostischen Vorstellungen recht nah am auch damals schon  laenger existierenden Hinduismus haengen, moeglicherweise auch noch am Punkt der Abspaltung des Buddhismus.  So wie es sich liest, auch in einigen Dingen inhaltlich.
 
Sander kann ich ueberigens empfehlen, den Band habe ich schon viele Jahre. Irgendein Wendersfilm ueber einen Modemacher (weiss gar nicht, wie ich da hin kam) erwaehnte das Buch. Der Modemacher (ein Japaner) zog sich daraus Inspiration und beschrieb den Vorgang.
 
 
 

Laurenz

3. Dezember 2024 13:28

@EK ... Orange im Winter geht....

Gracchus

3. Dezember 2024 13:48

@Fra Aimerich: Sie werden indes hoffentlich zugeben, dass Laurenz' Beitrag thematisch kaum was mit dem von ofeelia zu tun hat. 

FraAimerich

3. Dezember 2024 16:51

@Gracchus  -  Nicht einmal das. Der Zusammenhang scheint mir auf der Hand zu liegen. Würde @ofeelia selbst dies bestreiten, wäre ich allerdings bereit, prüfend in mich zu gehen und ggf. auch Selbstkritik zu üben.

FraAimerich

4. Dezember 2024 10:55

@RMH  -  Ihr Blick auf die gnostischen Überlieferungen und der propagandistische Wink in Sachen El Schaddei erinnert mich etwas an die "Aufklärungsarbeit" der Antifa zu Rechten aller Couleur. Dem entspricht auch der Vorwurf der "Selbstvergottung". Ein leicht mißverständlicher Begriff, der heute (zurecht) abstößt bzw. häufig genug fragwürdiges Gelichter herrenäffischer Provenienz anzieht. Wenn man sich jedoch einmal mit christlicher Mystik beschäftigt hat, Meister Eckhart und Jacob Böhme zumal, sollte und dürfte man weniger apodiktisch urteilen - jedenfalls "Remigration" nicht gerade allgemeingültig mit "Deportation" übersetzen, falls Sie alter Ketzerkenner verstehen, was ich meine. Ungläubige Frömmler im Advent zum Kreuzzug gegen die Gnosis anzustacheln, wird ja nicht Ihre Absicht sein?

Gracchus

4. Dezember 2024 11:00

@Fra Aimerich: Meinetwegen mag @ofeelia in den Zeugenstand treten. Nötig erscheint es mir aber nicht. Da beide Kommentare ja dastehen. Ich vermag einen allenfalls vagen Zusammenhang zu erkennen. @ofeelia hat sich schonmal nicht zur Parusie oder zu Hildegard von Bingen (deren Visionen nebenbei gesagt ein Oliver Sacks auf Migräne zurückführt) geäußert. Sachlich halte ich die Aussage von @Laurenz, dass das Evangelium nur aufgrund der ausbleibenden Wiederkunft Christi verschriftlicht wurde, auch nicht für zutreffend. 

FraAimerich

4. Dezember 2024 21:25

@Gracchus  -  Was ich Ihnen gegenüber gern einräume, ist, daß ich mir die ironische Bemerkung zum hiesigen Rittertum rechter Kavaliere hätte sparen sparen sollen. Sie war freilich nicht bös gemeint und schon gar nicht speziell auf Sie gemünzt.
@ofeelia läßt sich wohl grundsätzlich nicht auf Diskussionen ein. Wenn ich sie richtig verstanden habe, ging es ihr um die Betonung der individuellen, "persönlichen" Gotteserfahrung in Abgrenzung von der Auffassung, daß man nur innerhalb religiöser Gemeinschaften zu (wahrem) Glauben finden könne.
@Laurenz brachte dagegen den Einwand, daß eine bestimmte Art von Spiritualität oder - wenn man so will - "All-Einheit" durchaus und gerade in Gemeinschaft erfahrbar wird. Natürlich ließ er sich die Gelegenheit nicht nehmen, das Grundproblem "mystischer" Gotterfahrung anzudeuten - die reine Selbstbezogenheit. Der Deutungsrahmen bzw. die Projektionsfläche solcher Erlebnisse wird eben in aller Regel durch die Glaubenskultur der Gemeinschaft geprägt, in die man geboren wird oder gerät - und ist ggf. auch darauf angewiesen, dort gelitten zu sein.
 

FraAimerich

4. Dezember 2024 21:28

@Gracchus  -  Davon, daß das Evangelium ausschließlich aufgrund der ausbleibenden Wiederkunft Christi verfaßt wurde, las ich bei Laurenz nichts. Daß dieses Ausbleiben Erklärungsbedarf schuf und die Niederschrift erst ermöglichte, ist wohl unstrittig.
Zu Neurologenmeinungen will ich mich vorweihnachtlich nicht einlassen. Religiöse/spirituelle Erlebnisse, Psychosen und geistige Zusammenbrüche "korrespondieren" natürlich. Manche Neurosen machen für bestimmte Erfahrungen erst empfänglich. Was meinen Sie, wie ein Psychiater den Fall eines in psychischer Ausnahmesituation befindlichen Mannes beurteilen würde, der sich zum Fasten einsam 30 Tage in die Wüste zurückzieht, um dort dem Teufel zu begegnen? 

RMH

4. Dezember 2024 22:51

@FraAimerich, natürlich sind meine Ausführungen Grobschnitt. Kreuzzüge gegen die Gnosis gab es genug (und da dies hier ein literarischer Debattenstrang ist für die ganz wenigen, die es evtl. noch nicht kennen: "Kreuzzug gegen den Gral" von Otto Rahn ist schöne Lektüre für hoffentlich auch stille Tage in der Weihnachtszeit). Fakt ist meiner Meinung nach aber schon, dass das Christentum eine Erlösung allein durch Christus sieht, viele gnostische Strömungen hingegen durch - welche Wege dafür man auch gehen muss oder welche Arbeit an sich selbst man auch tun soll - eigene Erkenntniswege. Hier liegt ein klarer Unterschied. Der Begriff der Selbstvergottung ist zutreffend oft nur eine eigentümliche Übertragung von Apotheose. Wie es eben oftmals geschieht,  wenn Antikes in die Neuzeit "übersetzt" wird.

Laurenz

5. Dezember 2024 10:52

@FraAimerich @RMH ... Frau Dagen & Herr Kubitschek gehen bei Ihrem guten "Verleger-Gespräch" https://youtu.be/F2km2KRBHQI zum Jahres-Abschluß mit Buchempfehlungen zu Weihnachten auch auf den ReMigrations-Begriff oder definierte Begriffs-Kreation Martin Sellners ein & unterscheiden diesen, im Sinne Sellners, von Deportation. Geo-politisch befindet Sich Sellner bereits humanistisch im linken Fahrwasser. US Amerikaner benutzen den Terminus Deportation völlig frei & gewissenlos, vor allem begreifen/meinen die Amis den Terminus auch so & sehen Massen-Deportationen als völlig legitim an. Obama deportierte in einer Legislatur mehr Mexikaner nach Mexiko als Trump in 4 Jahren. @EK: Ist der Antaios-Vertrieb aktuell überlastet?

Kositza: Nein, läuft prima.

FraAimerich

5. Dezember 2024 11:51

@RMH: "Erlösung allein durch Christus"
 
Was bliebe dem Christentum auch anderes übrig. Wenn man jedoch keine klare Vorstellung davon hat, was ein Christus ist und worin die Erlösung besteht, besagt das wenig. Man könnte freilich auf dem Standpunkt stehen, daß das im Zweifelsfall gar nichts zur Sache tut, weil man letztinstanzlich ohnehin auf die Gnade Gottes angewiesen bleibt. Nicht, daß ich letzteres in Abrede stellen wollte, nur sollte manches dann auch ein wenig entspannter - und eben von der "Sohnesstufe" aus betrachtet werden.

FraAimerich

5. Dezember 2024 19:04

@Gracchus  -  Pardon, 40 Tage natürlich wurde in der Wüste gefastet. (Die Frage, ob man da dem Satan selber oder nur dem "inneren Schatten" begegnet, war im Kontext unseres letzten Disputs nicht ganz unerheblich.)
@Laurenz  -  Bei Ihnen werde ich noch "non-binär". Dieses platte Links-Rechts-Schema kommt bei allen wesentlichen Fragen schnell an seine Grenzen. Oder wollen Sie uns Bestialisierung im Zweifel auch noch als akzeptables "rechtes Fahrwasser" verkaufen? Daß im deutschprachigen Raum "Deportationen" anders konnotiert sind als im angelsächsischen, ist bekannt. Politisch hat man darauf Rücksicht zu nehmen. Im übrigen macht es einen erheblichen Unterschied, ob Menschen aus ihrer Heimat entfernt und vertrieben werden - oder illegale Einwanderer dahin abgeschoben, wo sie hergekommen sind. Sellner bewegt sich also schlicht im Rahmen des Vernünftigen und Gebotenen.

Olmo

5. Dezember 2024 19:46

: "Erlösung allein durch Christus"
Das deutsche Volk bzw. die deutsche Nation ist mit Christus in die Geschichte eingetreten, und wenn wir das Kreuz nicht wieder aufnehmen, werden wir aus der Geschichte als Volk und Nation ausscheiden.

Diogenes

5. Dezember 2024 20:51

"Das deutsche Volk bzw. die deutsche Nation ist mit Christus in die Geschichte eingetreten, (...)" - Olmo
Das "Deutsch" und "Germanen" benannte Volk ist kein Abstraktum das plötzlich seiner selbst am Tag X bewusst wurde. Völker wachsen organisch und treten nicht plötzlich auf den Plan mit einem ursprünglich ausländischen Personenkult. 

Olmo

6. Dezember 2024 11:28

@Diogenes
Sie haben recht. Doch:
Der Glaube ist ein Gnadengeschenk und eine Aufgabe. Das Geschenk können wir ablehnen oder verlieren, an der Aufgabe können wir scheitern. Haben wir es abgelehnt? Sind wir bereits gescheitert? Waren wir der Aufgabe nicht gewachsen? 
Auch können wir uns ganz organisch zurückentwickeln und die kommenden Jahrhunderte bis zum Tag des Gerichts als Hottentotten und Bantu- Stämme mit Runenzauber und Schamanen-Hokuspokus gegegn Moslems, und andere Hottentotten und Bantu-Stämme um unsere Scholle kämpfen—vielleicht wird es so kommen, doch angeboten wurde uns etwas anderes. 

Diogenes

6. Dezember 2024 11:55

"Was bliebe dem Christentum auch anderes übrig. Wenn man jedoch keine klare Vorstellung davon hat, was ein Christus ist und worin die Erlösung besteht, besagt das wenig. (...)" - FraAimerich
 
Es ist dieses Übermorgenland (populärer auch als "Utopia" in der Literatur zu finden) wie beim Marxismus, dieses "Unerreichte Land" oder "Reich Gottes" das erst irgendwann in ferner Zukunft sein soll. Diese Mechanik sich im Gegenwärtigen auf diesen illusionären Ort im "Mantra/Gebet" zu konzentrieren "in dem man dieses und jenes tun müsse" sieht man in Religion und Ideologie immer wieder. Zukunft ist der Wandel des Gegenwärtigen in der Wurzel des Vergangenen. So basiert ja mehr oder weniger der christlich-jüdische Mythos der Überflutung im "Buch" auf dem sog. "Gilgamech-Epos". Auch solle man mal die "Mitra" hinterfragen im Zusammenhang mit dem Dagon-Kult (dem u. a. die "Philister" angehörten). 

Laurenz

6. Dezember 2024 14:48

@FraAimerich @L. ... Sie interpretieren zu viel. Ich habe Herrn Sellner keinen Vorwurf gemacht, sondern nur geo-politisch verglichen, relativiert. Es sind die linken Schwachmaten-Freunde Obamas, des Deportierers, auch hierzulande, die uns zu Unmenschen stilisieren wollen, eine reine Projektion.

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