Entscheidende daran ist zunächst: Es gibt nicht den geringsten Streit darüber, daß es dieses deutsche Volk – im ethnischen Sinn des Wortes – gibt; im Gegenteil, dieser Streit, den es tatsächlich in der Vergangenheit gab, ist erledigt. Die Diskussion geht ausschließlich darüber, wie dieses deutsche Volk am besten geschützt und in die Zukunft geleitet werden kann.
Bei allem überschießenden Furor und trotz aller Kollateralschäden überwiegt bei weitem das Positive. Diese Debatte war und ist richtig und wird die Rechte weiterbringen.
Worum geht der Streit? Vor einem Jahr legte Martin Sellner mit seinem Buch Remigration. Ein Vorschlag ein ausgefeiltes Konzept dafür vor, wie der Massenimmigration Einhalt geboten und die millionenfach nach Deutschland geströmten Fremden zurück in ihre Heimat geschickt werden können. Sellner legt ausführlich und differenziert nach dem rechtlichen Status der Betroffenen dar, wie innerhalb von 25 bis 30 Jahren wieder eine relative ethnische Homogenität des deutschen Staatsvolks und der Bevölkerung insgesamt hergestellt werden kann. Das Buch avancierte rasch zum Standardwerk, zur Basis jeder substanziellen Diskussion über das Thema.
Maximilian Krah, der sich in seinem kurz zuvor erschienenen Buch Politik von rechts noch ganz ähnlich wie Sellner geäußert hatte, rückte in der Folgezeit immer weiter von diesem Konzept ab und vertritt seit einigen Monaten zunächst vage, inzwischen aber mit erkennbaren Konturen ein Gegenkonzept, das Remigration strikt auf Ausländer begrenzt, Assimilation als Ziel ablehnt und als Antwort auf die Herausforderung durch die multiethnische Gesellschaft einen „Binnen-Ethnopluralismus“ vorschlägt.
Die Mängel von Krahs Entwurf liegen offen zutage: Der – im Vergleich zu dem Sellners – weitgehende Verzicht auf Rückabwicklung des Großen Austausches stellt insoweit die Hinnahme eines Verbrechens dar; und den Deutschen die Aufsplitterung des deutschen Nationalstaates in ein Siedlungsgebiet mit ethnischen Zonen für beliebig viele fremde Völker als Anknüpfung an den alten Reichsgedanken zu verkaufen, läßt sich zivilisiert nur sehr unzureichend als grobe Veräppelung kennzeichnen.
Das immer wieder von Krah vorgebrachte Hauptargument für sein und gegen Sellners Modell ist ein rechtliches: Remigration in dem Umfang, wie Sellner sie vorschlägt, sei verfassungswidrig; und wenn die AfD sich diesen Vorschlag zu eigen mache, werde sie verboten werden. An diesem Argument Krahs hängt sein gesamter Gegenvorschlag; denn wenn es unzutreffend ist, gibt es keinen Grund, seinem Modell den Vorzug gegenüber dem Sellners zu geben. Ich werde mich daher im folgenden ausführlich damit befassen.
Die Überzeugungswirkung, die Krah mit seinem Argument erzielt, liegt – neben seiner rhetorischen Brillanz – vor allem an seiner damit verbundenen Originalitätsbehauptung: Er, Krah, habe als erster und einziger unter uns Rechten erkannt, daß es eine rechtliche Differenz zwischen ethnischem Volk und Staatsvolk gebe, daß alle Staatsbürger gleiche Rechte genießen würden und daß also ein Konflikt zwischen dem Ziel eines ethnisch relativ homogenen Staatsvolks und den staatsbürgerlichen Rechten nicht assimilierter, auch nicht assimilationsfähiger oder ‑williger Eingebürgerter bestehe.
Diese Originalität mag im Verhältnis zu vielen mit der Materie nicht näher Vertrauten tatsächlich bestehen; im Verhältnis zu denen, die an dem Thema Remigration ernsthaft gearbeitet haben, allen voran Martin Sellner, ist sie eine Selbstzuschreibung Krahs. Denn selbstverständlich war der neuen Rechten die verfassungsrechtliche Problematik stets bewußt. In der Endphase der Formulierung seines Vorschlags habe ich lange und intensive Gespräche mit Sellner geführt, die vor allem diese Problematik betrafen. Ich brauchte sie ihm nicht zu erklären, es ging lediglich noch um Details.
Anders als von Krah öffentlich behauptet, sieht das Konzept Sellners keine Diskriminierungen deutscher Staatsbürger nach ethnischen Kriterien vor. Alle Vorschläge, die darauf zielen, nicht assimilierte Staatsbürger zur Remigration zu veranlassen, sind generell-abstrakt und ethnisch neutral. Sie bestehen vor allem in der strikten Etablierung einer kulturell deutschen Leitkultur, einer rigorosen Kriminalitätsbekämpfung und der Gewährung von Rückkehranreizen. Alle diese potentiellen Maßnahmen haben den Charme, zwar abstrakt alle Staatsbürger gleichermaßen zu adressieren, konkret aber präzise die Zielgruppe zu treffen.
Das alles kann, so Sellner, ohne auch nur indirekte Diskriminierung ablaufen. Denn die Nichtassimilierten werden von den Maßnahmen lediglich deswegen besonders getroffen, weil sie die legitimen Erwartungen der Gemeinschaft an die einzelnen besonders schlecht erfüllen: die Erwartung der Einhaltung der Gesetze und die Erwartung der Einfügung in die deutsche Kultur.
Auch die Rückkehranreize sind in Sellners Vorschlag so gestaltet, daß sie an Autochthone und Fremde gleichermaßen gerichtet sind, aber trotzdem nahezu ausschließlich von den letzteren in Anspruch genommen werden dürften – weil sie nur für die Hauptherkunftsländer als Remigrationsziele gelten.
Darüber hinaus diskutiert Sellner selbstverständlich Möglichkeiten gesetzlicher Regelungen, die die Voraussetzungen eines Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit betreffen; aber hier bewegt er sich in dem Bereich, der auch von Politikern der Systemparteien als rechtlich zulässig betrachtet wird (schwere Kriminalität, Mehrfachstaatler). Auch hier also keine Spur von Verfassungswidrigkeit.
Maximilian Krah geht allerdings in seiner Kritik noch weiter. In seinem ebenfalls vor wenigen Tagen veröffentlichten X‑Artikel Alle sind glücklich schreibt er, wer den Staat dazu in Anspruch nehmen wolle, die Homogenisierung am Maßstab der Ethnie anstatt an Werten der Verfassung durchzuführen, greife den Staat in seiner Grundlage an und bewirke staatliche Repression. Dieses Dilemma sei unauflösbar.
Krah nimmt demnach an, nicht nur eine Strategie, die Homogenität durch rechtliche Diskriminierung von Staatsbürgern erreichen will, sondern jede Politik, die auf eine (relative) ethnisch-kulturell deutsche Homogenität des deutschen Staatsvolkes abzielt, sei verfassungswidrig. Damit irrt er jedoch.
Ich bin mit Krah einer Meinung darin, daß das Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zur Rechtmäßigkeit der Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vom 13. Mai 2024 ein sehr gut begründetes und auch für die AfD akzeptables Urteil ist (denn es weist ihr den Weg, ohne Abstriche an ihren politischen Zielen das Odium des Verdachts extremistischer Bestrebungen loszuwerden). Aber Krah scheint es nicht sorgfältig genug gelesen zu haben. Denn in diesem Urteil steht wörtlich folgendes:
Die Formulierungen [in der Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität der AfD] „ethnisch-kultureller Hintergrund“ und „Abkömmling einer seit Jahrhunderten in Deutschland lebenden Familie“ machen dabei deutlich, dass für die Klägerin nicht nur die kulturelle Prägung, sondern auch die Abstammung von maßgeblicher Bedeutung für die „ethnisch-kulturelle Identität“ ist. Insbesondere Björn Höcke verknüpft diese Zuordnung mit dem Begriff „Volk“, das er als „dynamische Einheit aus Abstammung, Sprache, Kultur und gemeinsam erlebter Geschichte“ beschreibt, und fordert, „die Völker [zu] bewahren“ […]. Dabei hält er nach eigenen Angaben nicht jegliche Veränderung für problematisch, sondern sieht vor allem eine „Masseneinwanderung“ kritisch […]. In ähnlicher Weise formulierte im Februar 2019 auch Alexander Gauland, damals Bundessprecher und heute Ehrenvorsitzender der Klägerin, „[d]as elementare Bedürfnis eines Volkes besteh[e] darin, sich im Dasein zu erhalten“, und erklärte dazu, dass es nicht um eine „ethnische Reinheit“ gehe, gegen eine allmähliche Veränderung des Volkes nichts zu sagen sei, aber eine übermäßige Migration die eigene Identität bedrohe […].
Diese Aussagen stellen für sich genommen keine Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen dar. [RN 220 f.; Hervorhebung nicht im Original.]
Das bedeutet: Das politische Ziel, die relative ethnisch-kulturell deutsche Homogenität des deutschen Staatsvolkes wiederherzustellen und zu bewahren, und eine Politik, die dieses Ziel mit nicht-diskriminativen Mitteln verfolgt, sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Martin Sellner hat einen Vorschlag zur Remigration gemacht, der diesen Bedingungen entspricht. Wir sollten ihn annehmen.
Gelddrucker
Remigration ist vor allem völkerrechtskonform.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat hier einen sehr treffenden Passus, ist auf deren Homepage zu finden, der UN-Entwurf für eine "Erklärung über Bevölkerungstransfers und die Seßhaftmachung von Siedlern" (1997)
Artikel 6
Jedwede Praxis oder Politik, die das Ziel oder den Effekt hat, die demographische Zusammensetzung einer Region in der eine nationale, ethnische, sprach- liche oder andere Minderheit oder eine autochthone Bevölkerung ansässig ist, zu ändern, sei es durch Vertreibung, Umsiedlung und/oder durch die Seß- haftmachung von Siedlern oder eine Kombination davon, ist rechtswidrig.