Der Geschichtsrevisionismus des Christoph Hein

Das Narrenschiff, der neue Roman von Christoph Hein (hier bestellen), gehört literarisch sicherlich nicht zu seinen stärksten Arbeiten - das hat Dirk Brockschmidt in seiner Besprechung hier mitgeteilt. Mir geht es an dieser Stelle nur um eine Behauptung, die Hein in seinem Roman zum wiederholten Male aufstellt.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Sie lau­tet in aller Kür­ze: Die poli­ti­sche Füh­rung der SBZ und spä­te­ren DDR, dar­un­ter Ulb­richt und Pieck, woll­te bis Anfang der 1950er Jah­re die Ost­ge­bie­te zurück. Bene­dikt Kai­ser hat die Äuße­run­gen von Hein, die dem übli­chen Bild der dama­li­gen Außen­po­li­tik völ­lig ent­ge­gen­ste­hen, in der August-Aus­ga­be des Eck­art zusam­men­ge­stellt, so daß ich mich hier kurz fas­sen kann.

In einem Band mit Anek­do­ten aus sei­nem Leben, Gegen­lausch­an­griff, hat Hein 2019 sei­ne Ver­wun­de­rung geschil­dert, mit der er Doku­men­te zur Kennt­nis nahm, aus denen her­vor­ge­he, daß sich der Dich­ter und kom­mu­nis­ti­sche Kul­tur­funk­tio­när Johan­nes R. Becher 1948 wei­ger­te, an einen Intel­lek­tu­el­len­kon­greß in Bres­lau teil­zu­neh­men, weil er die pol­ni­sche Okku­pa­ti­on Schle­si­ens ablehnte.

Das sei aus einem Zeit­schrif­ten­ar­ti­kel des Jah­res her­vor­ge­gan­gen. Lei­der ver­rät uns Hein nicht, um wel­chen Arti­kel es sich han­delt. Er unter­stell­te, daß Becher sich damit gegen die offi­zi­el­le Linie der SBZ gestellt habe, konn­te aber eini­ge Jah­re spä­ter sei­nen „Irr­tum“ aufklären:

Kei­nes­wegs dis­si­dier­te Becher damals, sei­ne Hal­tung ent­sprach viel­mehr voll­kom­men der Poli­tik der ost­deut­schen Regie­rung und all­mäch­ti­gen Staatspartei.

Die sei sogar noch über Becher hin­aus­ge­gan­gen, die Rück­kehr von Pom­mern und Schle­si­en wäre gefor­dert worden.

Star­ker Tobak, der damals, wie Kai­ser anmerkt, völ­lig unbe­ach­tet blieb, und der dem gewohn­ten Bild der Oder-Nei­ße-Frie­dens­gren­ze wider­spricht. Hein hat die­se The­se nun auch in sei­nem Nar­ren­schiff ein­ge­baut und die­se For­de­run­gen eini­ge DDR-Funk­tio­nä­ren in den Mund gelegt. Die Ber­li­ner Zei­tung hat nach Erschei­nen des Romans im März ein Inter­view mit ihm geführt und ihn auch zu sei­nen revi­sio­nis­ti­schen Ansich­ten befragt:

In Ihrem Buch erzäh­len Sie Ereig­nis­se der DDR-Geschich­te neu. Zum Bei­spiel soll sich Wal­ter Ulb­richt nach dem Krieg dafür ein­ge­setzt haben, Pom­mern und Schle­si­en zurück­zu­be­kom­men, die Gebie­te soll­ten Teil der DDR wer­den. Ist das Fik­ti­on oder wahr?

Die­se Geschich­te stimmt. Ulb­richt hat­te erkannt, dass die­ses klei­ne ost­deut­sche Land nicht über­le­ben konn­te. Die gro­ße Indus­trie war in West­deutsch­land, in Ham­burg und im Ruhr­ge­biet. Ost­deutsch­land war ein Agrar­staat, aber es fehl­ten die bei­den gro­ßen Agrar­flä­chen, Schle­si­en und Pom­mern. Die Hoff­nung war, sie zum Grün­dungs­tag der DDR 1949 zurück­zu­be­kom­men. Sta­lin wei­ger­te sich. Ulb­richt beharr­te dar­auf. 1951 schlug Sta­lin auf den Tisch, Ulb­richt muss­te ein­len­ken. Und es pas­sier­te, was in sol­chen Situa­tio­nen immer pas­siert: Man dreht sich um 180 Grad, und die Zeit davor wird tot­ge­schwie­gen. In der DDR-Geschich­te tauch­te Ulb­richts For­de­rung, Pom­mern und Schle­si­en wie­der ein­zu­glie­dern, nie mehr auf. […]

Woher wis­sen Sie das alles?

Mir fiel das vor etwa zehn Jah­ren auf. Da las ich, dass Johan­nes R. Becher, der DDR-Kul­tur­mi­nis­ter, sich in den 1950er-Jah­ren wei­ger­te, an der Welt­kul­tur­kon­fe­renz in Wro­claw teil­zu­neh­men. Er sag­te, er wür­de in Bres­lau teil­neh­men. Es erstaun­te mich, dass es ein rela­tiv klei­ner Minis­ter wag­te, gegen die Staats­dok­trin vor­zu­ge­hen und die pol­ni­sche Stadt beim alten deut­schen Namen zu nen­nen. Bis ich beim Nach­for­schen merk­te: Das war damals die Staats­dok­trin, die Stadt soll­te Bres­lau, also deutsch blei­ben. In DDR-Zei­tun­gen vom Anfang der 1950er konn­te man das nach­le­sen. Für Ulb­richt wäre das ein Rie­sen­punkt gewe­sen. Ost­deutsch­land wäre fast so groß wie West­deutsch­land gewe­sen. Und es wären Hun­dert­tau­sen­de, wenn nicht gar Mil­lio­nen Deut­sche zurück­ge­kom­men, um wie­der ihre alten Höfe, Gehöf­te und Fel­der zu übernehmen.

Folgt man die­sen Aus­sa­gen, muß die Geschich­te der frü­hen DDR in wei­ten Tei­len neu geschrie­ben wer­den. Aber wie das so oft mit ver­blüf­fen­den Behaup­tun­gen ist: Oft sind sie falsch, nur teil­wei­se rich­tig oder gar nicht beson­ders neu. Aber der Rei­he nach.

Für Bechers Wei­ge­rung 1948 (die im Inter­view genann­te Jah­res­an­ga­be „in den 1950er Jah­ren“ ist falsch; nicht nur, weil der Kon­greß 1948 statt­fand, son­dern weil im Juli 1950 mit dem Gör­lit­zer Abkom­men von der DDR die Oder-Nei­ße-Linie als Staats­gren­ze aner­kannt wor­den war) gibt es mei­nes Wis­sens nach nur eine Quel­le, die Erin­ne­run­gen des Ger­ma­nis­ten Hans May­er (Der Turm von Babel. Erin­ne­run­gen an eine Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik, Frank­furt am Main 1991, S. 110), der mit Becher befreun­det war und selbst an dem Kon­greß teil­ge­nom­men hatte.

Selbst in der dicken Becher-Bio­gra­phie von Jens-Fiet­je Dwars (Abgrund des Wider­spruchs. Das Leben des Johan­nes R. Becher, Ber­lin 1998, S. 568) fin­det sich dazu kei­ne ande­re Quel­le. Für die Trag­wei­te der Ent­schei­dung von Becher, der aus­weis­lich sei­ner Hei­mat­dich­tung durch­aus ein natio­nal geson­ne­ner Kom­mu­nist war, wäre es ent­schei­dend, inwie­weit die Wei­ge­rung, dort teil­zu­neh­men, damals öffent­lich wurde.

Daß sie in der SBZ öffent­lich ver­brei­tet wur­de, ist nicht anzu­neh­men, da Heins Behaup­tung, die Rück­ga­be der Ost­ge­bie­te sei Staats­rai­son gewe­sen und man hät­te das damals in den Zei­tun­gen lesen kön­nen, nicht stimmt. Jeden­falls ist mir bei ober­fläch­li­cher Durch­sicht des Neu­en Deutsch­lands nichts der­ar­ti­ges auf­ge­fal­len. Falls jemand über der­ar­ti­ge Quel­len ver­fügt: her damit.

Wie steht es um den Wahr­heits­ge­halt der Behaup­tung, Ulb­richt habe bis 1951 auf der Rück­ga­be der Ost­ge­bie­te bestan­den? Auch das scheint Fik­ti­on zu sein. Nicht nur, daß die DDR bereits im Juli 1950 die Oder-Nei­ße-Gren­ze aner­kann­te, Ulb­richt gehör­te zu den­je­ni­gen, die von Anfang an die Ost­ge­bie­te als ver­lo­ren erklär­ten. Alles ande­re wäre bei einem der­ar­tig treu­en Gefolgs­mann Sta­lins tat­säch­lich ein Wunder.

Ich habe, um die­se Fra­ge zu beant­wor­ten, kei­ne Archi­ve auf­ge­sucht, aller­dings die mir bekann­te wis­sen­schaft­li­che Lite­ra­tur zu die­sem The­ma dar­auf­hin durch­ge­schaut. Da mich Bran­den­burg ganz beson­ders inter­es­siert, sind es Ver­öf­fent­li­chun­gen zur Geschich­te Bran­den­burgs, die sich aller­dings in die­ser Fra­ge nicht von der Meck­len­burg-Vor­pom­merns und Sach­sens unter­schei­den dürf­te. Denn alle drei Län­der waren von der neu­en Grenz­zie­hung 1945 unmit­tel­bar betroffen.

In allen drei Län­dern war die Aus­gangs­la­ge durch die unein­deu­ti­gen Oder-Nei­ße-Fest­le­gun­gen des Pots­da­mer Abkom­mens (Lau­sit­zer oder Glat­zer Nei­ße, wel­cher Oder­arm?), die viel wei­ter­ge­hen­den For­de­run­gen der Polen (Stet­tin, Lau­sitz und 5–50-km-Sicherheitsstreifen west­lich der Oder), das Feh­len des ange­kün­dig­ten Frie­dens­ver­trags und das Elend der Ver­trie­be­nen, die auf Rück­kehr hoff­ten und sich daher nicht in der SBZ ein­rich­ten woll­ten. Die SBZ-Par­tei­en betrach­te­ten daher die Grenz­fra­ge als offen, ohne expli­zi­te Rück­ga­be­for­de­run­gen zu erheben.

Der ein­zi­ge Poli­ti­ker, der von Anfang an die Dau­er­haf­tig­keit der nach Kriegs­en­de ein­ge­tre­te­nen Oder-Nei­ße-Lösung akzep­tiert hat­te, war Ulb­richt, obwohl weder er noch Pieck in die Vor­be­rei­tung von Grenz­ent­schei­dun­gen ein­be­zo­gen wor­den waren.

Ulb­richt hat­te bereits auf der 1. Funk­tio­närs­kon­fe­renz der KPD Groß-Ber­lins am 25. Juni 1945 betont, die Gebie­te öst­lich von Oder und Nei­ße sei­en für immer ver­spielt, und am 11. Juli 1945 erklärt: „Die frü­he­ren Bewoh­ner aus den Gebie­ten öst­lich der Oder kön­nen sich nur in dem Gebiet, wo sie gegen­wär­tig leben, ansäs­sig machen, da eine Rück­kehr in das Gebiet öst­lich der Oder nicht mög­lich ist …“ Der Nazis­mus habe „die Gebie­te öst­lich der Oder verspielt“.

Er bekräf­tig­te die­se Hal­tung im August des­sel­ben Jah­res. Es hat den Anschein, daß beab­sich­tigt wor­den ist, die­se Linie über bestimm­te Kanä­le zu pro­pa­gie­ren und schließ­lich durch­zu­set­zen. Dar­auf jeden­falls deu­tet ein Ver­merk des Infor­ma­ti­ons­diens­tes der Kreis­ver­wal­tung Guben vom Mai 1946 hin. Danach war die­ser ange­wie­sen wor­den, der Bevöl­ke­rung kei­ne Hoff­nung auf eine Revi­si­on der Ost­gren­ze zu machen.

(Wolf­gang Blöß: Gren­zen und Refor­men in einer Umbruch­ge­sell­schaft. Vom Land Bran­den­burg zu den Bezir­ken 1945 –1952, Ber­lin 2014, S. 62)

Ande­re Poli­ti­ker, dar­un­ter Pieck und Gro­te­wohl, haben durch­aus Revi­sio­nen zuguns­ten Deutsch­lands gefor­dert, aller­dings in sehr begrenz­tem Rah­men, bevor sie schließ­lich auf die Ulb­richt-Linie ein­schwenk­ten. Bekannt gewor­den ist vor allem die Rede, die Wil­helm Pieck, damals SED-Vor­sit­zen­der und spä­ter ers­ter und ein­zi­ger Prä­si­dent der DDR, im Mai 1946 in sei­ner Hei­mat­stadt Guben hielt, die durch die neue Gren­ze geteilt wor­den war.

Im Neu­en Deutsch­land wur­de wie folgt berichtet:

Im Ver­lauf der Kund­ge­bung ergriff Genos­se Wil­helm Pieck das Wort zu bedeut­sa­men Aus­füh­run­gen […]: „Von der Aus­rot­tung des Mili­ta­ris­mus und der Reak­ti­on, vom Auf­bau der Demo­kra­tie, von der gesam­ten Ent­wick­lung in Deutsch­land wer­de es abhän­gen, in wel­chem Umfang bei der Fest­le­gung der Frie­dens­be­din­gun­gen die Lebens­in­ter­es­sen des deut­schen Vol­kes Berück­sich­ti­gung fin­den wer­den, auch hin­sicht­lich der Grenz­fra­ge: So kön­nen auch die Werk­tä­ti­gen Gubens, wenn sie im Geis­te strik­tes­ter Demo­kra­tie mit aller Kraft am Auf­bau arbei­ten, die Hoff­nung haben, daß eines Tages auch jen­seits der Nei­ße lie­gen­de Teil der Stadt Guben wie­der unter deut­sche Ver­wal­tung gestellt wird […].“

(Peter Bahl: Belas­tung und Berei­che­rung. Ver­trie­be­nen­in­te­gra­ti­on in Bran­den­burg ab 1945, Ber­lin 2020, S. 349)

Die­se und ähn­li­che Äuße­run­gen fal­len aus­schließ­lich in die Zeit vor dem 20. Okto­ber 1946, denn an die­sem Tag fan­den in der SBZ die Wah­len zu den Land­ta­gen statt. Die SED muß­te um jede Stim­me kämp­fen, auch die der Ver­trie­be­nen. Nach dem Wahl­sieg der SED waren sol­che Rück­sicht­nah­men immer weni­ger notwendig.

Hin­zu kamen Ver­än­de­run­gen der Welt­la­ge. Der Kal­te Krieg ver­schärf­te sich, die Ame­ri­ka­ner rück­ten von ihrer Unter­stüt­zung der Oder-Nei­ße-Linie ab und die Lon­do­ner Kon­fe­renz der Sie­ger­mäch­te been­de­te Ende 1947 alle Hoff­nun­gen auf Grenzrevisionen.

Ein Jahr spä­ter sorg­te Ulb­richt dafür, daß sich auch in der SBZ die pol­ni­sche Bezeich­nung „Frie­dens­gren­ze“ für die Oder-Nei­ße-Linie durch­setz­te. Daß das bei den Mil­lio­nen Ver­trie­be­nen nicht auf Zustim­mung stieß, ist klar, aller­dings begann die SED zeit­gleich damit, Ver­trie­be­nen­ver­ei­ne zu ver­bie­ten. Und die SED ver­schlei­er­te erfolg­reich die Unsi­cher­heit, mit der man bis Herbst 1946 die Grenz­fra­ge behan­delt hat­te. (vgl. Blöß: Gren­zen und Refor­men, S. 64f)

Um auf Heins Behaup­tun­gen zurück­zu­kom­men: Bechers Wei­ge­rung 1948 Bres­lau zu besu­chen, ist vor die­sem Hin­ter­grund tat­säch­lich bemer­kens­wert. Offen bleibt die Fra­ge, ob die Bewoh­ner der SBZ etwas davon mit­be­kom­men haben. Die SED klit­ter­te tat­säch­lich ihre Geschich­te, um den Ein­druck zu erwe­cken, schon immer geschlos­sen hin­ter der Oder-Nei­ße-Gren­ze gestan­den zu haben.

Aller­dings betraf das Schwan­ken ledig­lich die Zeit bis zum Herbst 1946, um die Wäh­ler­stim­men der Ver­trie­be­nen zu bekom­men. Und Ulb­richt war in die­ser Fra­ge nie­mals schwan­kend gewe­sen, er muß­te nichts vertuschen.

– –

Chris­toph Hein: Das Nar­ren­schiff, Suhr­kamp: Ber­lin 2025 – hier bestel­len.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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Kommentare (45)

Diogenes

30. August 2025 19:43

1/2
 
Die heutige Grundannahme um an einem Politgespräch teilzunehmen soll ja die ideologische Zwangsvorgabe der Gleichmacherei sein, wenn wir uns darauf einlassen: "Wir Menschen", was alle Menschenvölker/Menschenrassen verleugnet bzw. das kommunistische Konzept in Sprache/Denken/Geschichte verwurzeln will. Es gibt aber kein: "Wir Menschen". Das gab es nicht in der Geschichte und gibt es nicht in der Gegenwart - "Wir", meint immer das eigene Volk/Rasse/Sippe/Familie - Das, was Halt gibt und tief wurzelt, wenn der Sturm der Prüfung (ein Kataklysmus) das Oberflächliche abträgt und nur das Wesentliche über bleibt - das Sturmgeprüfte!
 
Das ist die Revision des "Menschenbildes", es gab und gibt phänotypische Großgruppen die als "Kreuzer" vorrücken, während andere noch in "Höhlen" leben und von dessen Errungenschaften schmarotzen (wollen). Das ist mal die Grundannahme im Diskurs: Menschen sind nicht einander gleich. Es sind nicht mal Menschen, wenn wir nach "Diogenes" bekannten Ausspruch gehen: "Menschen rief ich, keinen Abschaum! ...." Und daraus leitet sich auch die Ablehnung von gewissen Grundrechten ab, die der Gleichmacher einfach im Gespräch voraussetzt/erzwingen will. 

Wuwwerboezer

30. August 2025 22:22

Pieck und Ulbricht sind zu den Feierlichkeiten der "Oder-Neisse-Friedensgrenze" resp. zur Vertragsunterzeichnung daheim geblieben, haben Grotewohl hingeschickt. Versteht man. Nun die Colombo-Frage: Warum hat dann die Post der DDR ein Jahr später diese Briefmarke editiert?

Laurenz

31. August 2025 04:50

@EL ... habe zu diesem Thema "Revision der illegalen Okkupation Deutscher Territorien durch Polen" im Sinne Heins nichts recherchiert, nur bei Ulbricht hatte ich kurz zum Detail nachgeschlagen. Die Nachkriegsordnung, im Sinne Stalins, muß ja bereits vor Kriegsende geplant gewesen sein. Im Hotel Lux überlebten ja im wesentlichen die Deutschen Kommunisten, welche einen sozialen Hintergrund mit Arbeiterschaft & Handwerk hatten, während die Intellektuellen mehr oder weniger alle draufgingen. Da die Sowjets die (Einsatz-)Gruppen Ulbricht, Ackermann & Sobottka bereits Ende April '45 nach Deutschland schickten, muß diesen Gruppen ja die staatspolitische Ordnung der SBZ bereits bekannt gewesen sein, obwohl Thüringen noch durch die Amis besetzt war. Schon zu diesem Zeitpunkt, hatte man sich gegen die Polnischen Kommunisten nicht durchsetzen können. Außerdem passierten die entscheidenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Sowjets & den Westmächten bereits im Alliierten Kontrollrat vor der Londoner Außenministerkonferenz (25.11.-15.12.47). Bis zu diesem Zeitpunkt müssen wir davon ausgehen, daß Stalin, trotz der Meinungsverschiedenheiten mit den Westalliierten, noch bis zu seinem Tod (05.03.53) ein neutrales Gesamtdeutschland im Kopf hatte, was die Rückgabe der Polnisch okkupierten Gebiete ausschloß. Die Stalinnote wurde wurde am 10.03.52 den Westmächten übermittelt.

Laurenz

31. August 2025 04:51

@EL (2) ... Da Chruschtschow bereits im März 1953 die Macht in der Sowjetunion übernahm, hätten Grotewohl & Pieck durchaus, auch in Opposition zu Ulbricht, bei Chruschtschow vorstellig werden können, um die prekäre Situation der DDR (17.06.53 Volksaufstand in der jungen DDR, einzig wahrer Tag der Deutschen Einheit, die im Grunde am Westen scheiterte) zu schildern. Das wäre der plausibelste Zeitpunkt gewesen, um eine Revision der Grenzen anzudenken. Machtpolitisch & historisch entscheidende Fenster, so selten sie sind, öffnen sich nur kurz. Viel entscheidender war die Feigheit Kohls, die von der KI & Genscher angezweifelt wird.  https://www.spiegel.de/politik/bald-ist-uns-berlin-naeher-a-c35db750-0002-0001-0000-000014763877 & https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wiedervereinigung-moskau-bot-verhandlungen-ueber-ostpreussen-an-a-695928.html Kein Deutscher Entscheidungsträger, weder Kohl, noch Genscher, wollte mit dem Kauf Russisch-Ostpreußens eine Debatte um die Rückgabe Deutscher Ostgebiete anleiern. Angeblich, weil Kohls Witwe das nicht wollte, bekam Kohl kein Staatsbegräbnis & wird von der NATO heute wohl abgrundtief gehaßt.

tearjerker

31. August 2025 07:38

Dass die politische Führung der Ostzone auf grössere Ländereien und damit mehr Einfluss schielte, klingt für die ersten Jahre nach Kriegsende nicht total unplausibel. Dass Ulbricht angeblich die industriellen Zentren im Westen sah, obwohl mit Berlin und den Handwerks- und Technik-Zentren in Sachsen und Thüringen zwei der bis in die frühen 30ger Jahre weltweit grössten Wirtschaftszentren im seinem Einflussbereich lagen, auch nicht.

RMH

31. August 2025 11:51

"ein neutrales Gesamtdeutschland im Kopf hatte, was die Rückgabe der Polnisch okkupierten Gebiete ausschloß."
Eben, darüber hatten wir im Beitrag von HB zum Kommentar von W. ja schon diskutiert. Für Stalin war ein neutrales Gesamtdeutschland OHNE das, was man als Ostgebiete bezeichnet, ein Ziel & zwar schon seit mehr oder weniger Kriegsende. Die berühmten & viel zu spät versendeten "Stalinnoten" haben daher - aus heutiger Sicht - nichts mehr wirklich Überraschendes zum Inhalt, waren aber ein gelungener PR-Coup. Auch, weil die UdSSR bekanntermaßen auf ihren durch den sog Hitler-Stalin-Pakt gewonnen polnischen "Ost"-Gebieten, saß & alles andere als gewillt war, auch nur 1 qcm davon als Ausgleich an Polen herzugeben. Es ist daher zwar möglich & denkbar, dass der eine oder andere DDR Kommunist gerne mit einer größere DDR teils insgeheim, teils auch via punktuellen Äußerungen oder um Vertriebene zu beeindrucken, geliebäugelt haben mag, aber an der großen, strategischen & von der UdSSR vorgegeben Linie hätte/hat das nie etwas geändert & die Masse der dt. Kommunisten - übrigens Ost wie West! - waren Sprechpuppen der UdSSR. Hein bauscht mithin Randnotizen gewaltig auf. Wirklich schade ist es, wie @L schon schrieb, dass die Chance auf einen Teil Ostpreußens nicht genutzt wurde & dass es bis heute nicht möglich war, die nach wie vor geteilten Städte an der Oder-Neiße Linie zu vereinen.

zeitschnur

31. August 2025 15:24

Ich las, dass Günther Anders als jüdischer Sohn der Stadt Breslau es 1985 ablehnte, den Andreas-Gryphius-Preis durch Heimatvertriebenenverbände anzunehmen. Seine Begründung war folgende:
"Verursacht war diese deutsche Tragödie und der Verlust ehemals deutscher Gebiete nicht etwa durch eine spontane, gar kriminelle, Invasion östlicher Feindmächte, sondern ausschließlich durch Deutschland, durch Hitler. (..)."
Wir finden diese Aussagen ausführlicher in der rororo-Monografie zu Anders von Elke Schubert auf S. 10. Dort heißt es, dass die Entdeutschung Breslaus und Königsbergs (sechs Jahre zuvor durch Hitler selbst, vor 1939!) durchgeführt (wurde) und dann 1944 und ‘45 die zwei Städte verwüstet (habe)“
Was meinte Anders mit dieser "Entdeutschung" und "Verwüstung", die schon 1933 begonnen und 1945 vollendet worden sei?
Spielt das eventuell in das hier besprochene Mirakel mit hinein?
 
 

Diogenes

31. August 2025 16:10

@zeitschnur: Antideutsche Propaganda von antideutschen Zeitgenossen. Nichts anderes ist die Verkehrung von Tatsachen in ihr Gegenteil um dann Behauptungen ableiten zu können, wie: "Ja, ihr ward ja selber schuld. Dumme Deutsche." Statt einfach friedlich "Selbstmord" zu begehen, müssen "wir" (Feindmächte) euch auch noch "umbringen". Frechheit!

RMH

31. August 2025 16:16

@zeitschnur,
das müsste man Herrn Anders wohl selber fragen, aber bei bspw. Breslau sorgte die militärisch hinterfragbare Erklärung dieser Stadt zur "Festung" 1945 für ihren vorläufigen Untergang (dort ist ein Verwandter von mir, Soldat einer Kampfeinheit, seit 39 als Soldat im Einsatz, verschollen gegangen und ist so bis heute vermisst, höchstwahrscheinlich bei den mörderischen Kämpfen gefallen). Um so mehr ist es anzuerkennen, wie die Stadt dann danach von den Polen wieder aufgebaut wurde. Überhaupt ist es für einen als Deutschen fast schon ein bisschen beschämend zu sehen, wie gut die Polen an vielen Stellen deutsche Städte wieder aufgebaut haben, während bei uns Restdeutschen, in West aber auch in Ost, der Umgang mit unseren zerstörten Städten viele Jahre lang oft nicht besonders gut war. In meiner durch vielfache Luftangriffe zerstörten Heimatstadt hörte ich als Kind/Jugendlicher bereits den Spruch, was die Bomber nicht schafften, schaffen bei uns die Bagger ...

Majestyk

31. August 2025 17:32

@RMH:
"Wirklich schade ist es, wie @L schon schrieb, dass die Chance auf einen Teil Ostpreußens nicht genutzt wurde"
Soweit ich es verstanden habe gab es nie ein konkretes Angebot, sondern nur Gedankenspiele auf diplomatischer Ebene. Wir reden über eine Fläche in der Größe von Thüringen,, bewohnt mit etwa einer Million Russen oder Weißrussen, die als Exklave hätte verwaltet werden müssen, bzw. je nach Stimmung in Polen über den See- oder Luftweg versorgt. Was hätte dies Deutschland oder den Vertriebenen, bzw. deren Nachfahren gebracht?  Mal ganz abgesehen davon, daß es ziemlich dreist ist, dem Bestohlenen Diebesgut zum Kauf anzubieten. 
Wo die DDR stand sieht man in der Praxis m.E. schon daran, wie man mit den Begriffen Pommern oder Schlesien umging und wie man für sich selbst den Begriff Ostdeutschland etablierte, der nun tatsächlich bundesweit Verwendung findet.

Volksdeutscher

1. September 2025 03:44

@Diogenes - "Es gibt aber kein: "Wir Menschen"."
Das ist eine richtige Bemerkung. Denn ein "Wir Menschen" erfordert ein "Ihr", hinter dem ebenfalls ein Kollektiv steht. Wer sollte denn das sein, wenn es nur eine menschliche Gattung gibt? Es gibt einen alten Witz über die humanistisch schwärmerische Menschentümelei, ich glaube, der steht bei Max Stirner in "Der Enzige und sein Eigentum". Wenn nicht genau so, dann so ähnlich: 
"Zwei Humanisten, die sich im Dschungel verirrten, begegnen sich plötzlich. Da ruft der eine freudig aus: Ich bin ein Mensch! Du auch?"
Ich möchte aber etwas weitergehen und behaupten, daß auch kein Individuum im Namen des Geschlechtssubjekts reden kann, daß es also unmöglich ist, weil anmaßend, sich umstandslos mit dem Geschlechtssubjekt zu identifizieren und  "Wir Männer" oder "Wir Frauen" zu sagen. Weitergefolgert stellt sich auch die Frage, ob der Einzelne im Namen seines Volkes reden, also "Wir Deutschen" sagen und darauf eine These aufbauen darf.

Valjean72

1. September 2025 10:45

Ich wundere mich ein wenig, weshalb Christoph Hein ob seiner These von Erik Lehnert gar so missmutig angegangen wird. Das ist aber vielleicht nur mein Eindruck und ich kann mich täuschen.
 
Grundsätzlich halte ich den von Hein beschriebenen und Ulbricht zugewiesenen Gedankengang für nachvollziehbar und plausibel.
 
Und seitdem ich das erste mal von Bechers ablehnender Position in bezug auf die 1948 angedachte Reise nach Wroclaw vernahm, habe ich grossen Respekt vor seiner Haltung und die Erkenntnis gewonnen, dass manch alte deutsche Sozialisten weitaus mehr Patrioten waren als heutige Konservative.
 
Ja in Polen gibt es durchaus auch gute Leute und sie sind uns auch gar nicht so unähnlich, dennoch halte ich es mit Johannes R. Becher, was Reisen ins nordöstliche Nachbarland anbelangt.
 
Das Schicksal des Großen Friedhofs in Breslau steht mE beispielhaft für das, was wir verloren haben, was uns genommen wurde ...
 
 

zeitschnur

1. September 2025 10:45

@ RMH
Danke für die sachliche Antwort - das mit der Festung dachte ich natürlich auch sofort. Die deutsche Bevölkerung wurde dabei durch die NS-Regierung aus der Stadt geschafft ... Aber er geht ja einige Jahre zurück, wo bereits diese "Entdeutschung" angesetzt habe.
Solche Bemerkungen machen mich stets hellhörig. Denn sie deuten etwas an, das nicht in gängige Narrative passt. 
Im übrigen habe ich diesen Eindruck auch bei der Lektüre von Jüngers "Strahlungen" hinsichtlich vieler Details. Die NS-Regierung war ohne jeden Zweifel eine antideutsche Regierung und hat zu keinem Zeitpunkt nach deutschen Interessen gehandelt. Die systematische Zerstörung der alten Stadtbilder etwa - vermutlich völkerrechtswidrig! - wurde förmlich herausgefordert durch diese Regierung. Und dass man sie hinterher systematisch weiter verschandelte und teilweise ins Gegenteil verkehrt(e), wie das auch derzeit wieder hier in KA erneut passiert, kann man durchaus als "antideutsch" und in Kontinuität zum herausgeforderten, gegen die Zivilisten und ihr Land gerichteten Kriegsgeschehen sehen. Man stellt einzelne Gebäude unter Denkmalschutz, aber man verneint das Alte im Ganzen. So wie das NS-Naturschutzgesetz die Absichtserklärung zur Zerstörung der Natur gewesen sein dürfte - ein paar Reservate lässt man als museales Relikt noch stehen.

t.gygax

1. September 2025 11:09

Das ist doch abgedrehter Blödsinn, was dieser Anders da schrebt. (in anderen Texten ist er durchaus lesenswert! ) Zu Breslau: wenn wir ein normales Volk wären, dann wäre der Endkampf um Breslau Vorlage für Heldenmythen wie etwa Herr der Ringe (Verteidigung Gondors) oder Stoff für große tragische Filme.Ich habe gelesen, dass 16jährige Jungen und Mädchen mit Panzerfäusten, Fahrrädern ,Pistolen und sonst nichts sich der roten Armee entgegenstellten.....und bevor wieder irgend jemand mir was vorfaselt von "sinnlosem Kampf".....ich ziehe meinen  Hut vor diesem Mut, dieser Opferbereitschaft. In anderen Ländern werden solche Taten verherrlicht, in Filmen, Erzählungen, Geschichten, auch wenn es am Ende ein Unterliegen war.....bei uns verherrlicht man seit Jahrzehnten Müll wie  "inglorious bastards" und ähnliche Scheiße,  sorry, ich werde hier vulgär. Nebenbei: die ersten und ganz üblen antideutschen Filme mit bösen Wehrmachtssoldaten kamen nicht aus den USA, nicht aus GB, sondern wurden  in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts  in Cinecitta in Italien abgedreht. Die Herren Italiener mussten wohl von der katastrophalen Kriegspolitik des Duce Mussolini ablenken......

Ein gebuertiger Hesse

1. September 2025 11:20

@Volksdeutscher: "Ein 'Wir Menschen' erfordert ein 'Ihr', hinter dem ebenfalls ein Kollektiv steht. Wer sollte denn das sein, wenn es nur eine menschliche Gattung gibt?'
Da schauen Sie zu kleinlich drauf bzw. mit der Aspiration, daß erst eine reichliche Ausdifferenzierung "uns" dazu führen kann, "wir" zu sagen. Ist dem so? Ich denke, nicht. Überdifferenzierung abseits des Augenscheinlichen bringt einen schnell in die Sackgasse der semiotischen Zeichenlehre. Es reicht stattdessen immer wieder der ungefähre UND intuitiv-treffgenaue Blick (der "gesunden Menschenwahrnehmung"), um zu erkennen, wer "wer" ist.

RMH

1. September 2025 11:22

@Majestyk, so habe ich das auch in Erinnerung. Es gab kein konkretes Angebot, das Thema wurde aber wohl von russ. Seite aus angesprochen und wenn ein Wille bei der dt. Seite da gewesen wäre, hätte man aus so einer Themenansprache, noch dazu bei diplomatischen Gesprächen, sicher auch eine konkrete Verhandlung darüber einleiten können. Heute ist der Teil Ostpreußens, den Russland hält, für Russland von höchsten Wert, von daher, vertane Chance. Zu Versorgen wäre das Gebiet in jedem Fall gewesen und so viele Leute hätten sich dort sicher nicht angesiedelt. Aber, hätte, hätte ...

Majestyk

1. September 2025 12:24

"Weitergefolgert stellt sich auch die Frage, ob der Einzelne im Namen seines Volkes reden, also "Wir Deutschen" sagen und darauf eine These aufbauen darf."
Die Antwort sollte sich seit "Wir schaffen das!" erledigt haben.

Artabanus

1. September 2025 12:51

Besonders schändlich ist, daß Deutschland trotz offizieller Anerkennung der Gebietsabtretungen bis heute noch nicht einmal einen Friedensvertrag hat, weshalb immer wieder von "befreundeten Staaten" Reparationen für den Krieg gefordert werden(wobei die Zahlungen an die EU ohnehin als Dauerreparationen anzusehen sind). Der 2+4 Vertrag ist als Friedensvertrag völlig unzureichend. Der DDR Regierung von damals sollte man diesbezüglich keine Vorhaltungen machen. Die wurden damals schlicht vor vollendete Tatsachen gestellt. Bei Kohl sieht die Sache anders aus. Die Aufgabe der DMark war völlig unnötig, die Franzosen wären nur etwas sauer gewesen, die Wiedervereinigung hätten sie deswegen nicht verhindern können, dafür hätten die USA schon gesorgt.

Gracchus

1. September 2025 16:54

@Volksdeutscher, Diogenes: Man kann doch sagen: "Wir, Menschen" ggü Tieren oder den Engeln, Göttern, dem Gott. Oder derzeit beliebt: "Wir Menschen - ihr Nazis!"
Die Rede von "Menschengruppen" setzt ausserdem voraus, dass es etwas gemeinsam Menschliches gibt.
Ich frage mich aber, was die Diskussion mit Lehnerts Aufsatz zu tun hat. 

zeitschnur

1. September 2025 17:02

@ t.gygax
So kann man es auch sehen: törichter Heldengestus, idiotisches Pathos, Nerobefehle vor dem Nerobefehl, das, was Jünger 1944 in das Tagebuch eintrug, diese Akklamation zur Selbstvernichtung ... 
Das war und ist antideutsch. Der Krieg war spätestens 1941 oder Anfang 1942 verloren. Wer sein Land liebt, hört auf mit dem Irrsinn. Sehen wir es nicht in der UA? Ist das auch ein "normales Volk" bzw das, was davon noch übrig ist? Stur kämpfen und morden bis zum Untergang?
Für Anders ist ein gewichtiger Punkt, dass die Vernichtungslager ganz in der Nähe seiner Heimat lagen. Deshalb habe er sich nicht empören können, dass Breslau jetzt polnisch sei (In: Fahrt in den Hades 1966).
Ich halte es für gut möglich, dass das beschriebene ambivalente Gefühl vieler Deutscher zu den verlorenen Ostgebieten aus tieferen Bewusstseinschichten stammte: Ja, man verlor alte Kulturstätten, aber wann genau gingen sie verloren? Als die Russen kamen und die Polen es verwalteten, oder als der deutsche Osten das Hinterland traumatischer Todesfabrikation wurde?
Die bedächtige Erinnerung an das alles muss erst noch kommen.

Le Chasseur

1. September 2025 17:19

@zeitschnur
Trotz aller Germanentümelei war der Nationalsozialismus eine moderne Bewegung. Und wer weiß, vielleicht hätte Hitler mit Nürnberg, dem Schatzkästlein des Reiches, insgeheim gerne das angestellt, was Haussmann mit Paris gemacht hat.

Majestyk

1. September 2025 18:13

@ RMH:
"was die Bomber nicht schafften, schaffen bei uns die Bagger"
War in meiner Geburtstadt nicht anders. In meinem Bundesland braucht sich die hier dominierende Partei n der Fähigkeit Altes zu zerstören nicht hinter RAF und USAAC verstecken.
@ Artabanus:
"Der 2+4 Vertrag ist als Friedensvertrag völlig unzureichend."
Ein Friedensvertag sollte Ansprüch abschließend regeln und darf auch so genannt werden. Dann kann man auch obsolete Feindstaatenklauseln streichen. 
Ich bin mir nur nicht mehr so sicher, ob es nicht vielleicht auch von deutscher Seite ein Interesse gab die Währung zu europäisieren. Falls nicht, hat Kohl verdammt schlecht verhandelt. Alles aufgeben hätte jeder gekonnt. 
@ t.gygax:
Wer Heldenmut vemißt, überträgt seine Sehnsucht heute auf andere Nationen und kompensiert so eine verloren gegangene Empfindung für die eigene Nation.
Die ersten richtig antideutschen Filme kamen m.E. aus deutscher Produktion. Die erwähnten italienischen Streifen sind aber schon ziemlich übel. Schrieb ich schon einmal, hat nach meinem Empfinden mit dem Linksrutsch im Film in den 60ern zu tun und wurde mal Neuer Deutscher Film, Nouvelle Vague oder New Hollywood genannt.
Das italienische Kino mußte nicht nach links rutschen, dessen prägende künstlerische Belegschaft bestand vornehmlich aus Marxisten. Was die nicht davon abhielt in Cinecitta (welches die Italiener Mussolini verdanken) fleißig für die Amerikaner zu produzieren oder deren Genres zu kopieren. 

Volksdeutscher

1. September 2025 19:07

@Majestyk - "Die Antwort sollte sich seit "Wir schaffen das!" erledigt haben."
Erledigt? Auf welche Weise? Falls es gegen meine Annahme doch möglich sein sollte, kann der Inhalt ausgetauscht werden und wir können so mit einigem Recht behaupten: "Remigration? Wir schaffen das!"

RMH

1. September 2025 21:17

@t.gygax, Heldenhaftigkeit, Opferbereitschaft können auch bei objektiv sinnlosen Anlässen gezeigt werden, ja sie werden durch eine etwaige Sinnlosigkeit sogar noch mehr zu etwas Besonderen (vgl. die diesbzgl Einstellung der Japaner). Dennoch: Aus heutiger Sicht, war vieles ab einem gewissen Zeitpunkt sinnlos. Aus damaliger Sicht ggf. nicht, auf jeden Fall sind wir Nachgeborenen nicht die Richter über diese Generationen. Diese Bewertung ist auch ein wichtiger Punkt, an dem sich die neue Rechte von den Linken dezidiert unterscheidet.
@Artabanus, die Aufgabe der D-Mark war der ganz klare Preis für die Sache, die Hartnäckigkeit der Franzosen darf man nicht unterschätzen & so richtig Lust auf Streit über den Punkt hatten auch nicht die Amerikaner. Dieser Preis war die Einigung auch wert, zumal man den Euro bekanntermaßen nicht ohne Bedingungen einführen wollte.  Der große Kardinalfehler war es, die EU-Konvergenzkriterien, auch Maastricht-Kriterien genannt, einfach ad acta zu legen. Hätte man sich an diese gehalten, gäbe es den Euro in der heutigen Form nicht. Ein weiterer Fehler war es, Art 23 GG a.F. im 2+4 Vertrag aufzugeben bzw. zuzusagen, dass dieser Art gestrichen wird. 

t.gygax

1. September 2025 21:28

zeitschnur: "der deutsche Osten Hinterland traumatischer Todesfabrikation".
Das haben Sie brav  gelernt. Lesen Sie  mal die  Erinnerungen der inzwischen 100jährigen Christa Meves, die im WS 1944 noch in Breslau  Geisteswissenschaften  studierte. Übrigens kommen meine Vorfahren z.T. aus dem deutschen Osten, und wer dort 1945 kämpfte, der verteidigte seine Heimat vor der Roten Armee. Dass ich  auf Nemmersdorf ( deswegen verteidigten die deutschen Soldaten ihre Heimat, weil man im Januar 1945 wusste,  was der deutschen Bevölkerung blühte!) noch hinweisen  muss, ist eine Katastrophe, ich dachte, hier schreiben Menschen, die wissen, dass die Sieger die Geschichte geschrieben haben, und gleichzeitig gekonnt " das Gesicht des  Besiegten entstellt haben", so ein Vers von dem hier mal wirklich scharfsinnigen Dramatiker  B. Brecht. 

Gracchus

1. September 2025 23:05

@Majestyk: Von der Nouvelle Vague war nur Godard wirklich linksradikal. Rohmer war dezidierter Katholik, "Meine Nacht bei Maud" wurde als reaktionäres Rührstück kritisiert. Truffaut, Rivette - in deren Filmen kann ich auch keine linke Weltsicht finden.
Dem italienischen Neorealismus sind einige Meisterwerke zuzurechnen. Einige Rossellini -Filme sollen antideutsche Schlagseite haben - die habe ich allerdings nicht gesehen. Unzweifelhaft hat er gute Sachen gemacht.  "Fahrraddiebe" von de Sica finde ich einen der schönsten Filme überhaupt. "Accatone", "Mamma Roma" von Pasolini ... unwillkürlich wird man nostalgisch: Als derlei noch im Kino möglich war! Alles Kommunisten? Der italienische Kommunismus hat immer etwas Herz-Jesu-Madonna-mässiges. 
 

heinrichbrueck

2. September 2025 00:42

Stilbedingte Rücksichtnahme, in den Beiträgen wohl zu begrüßen. Nicht nur, was gesagt wird, sondern auch, wie es wirkt - die Leserblödigkeit vorausgesetzt. Dagegen das Kommentariat eine kreative Freiheit hätte, eine Diskussion zu beweisen, die es nie geben wird. Der Sieger schreibt die Geschichte. Welche Variable schleicht sich ein, aus der Perspektive der Niederlage? Konstanten und Variable: Naturgesetz, Hierarchie, Moral. Bevor der erste Schuß fällt, weiß der Sieger, daß er gewonnen hat. Der Verlierer darf zeigen, wie leid es ihm tut. Aber eine Diskussion gibt es nicht! 

MarkusMagnus

2. September 2025 03:27

@ t.gygax
Ich bin ganz bei Ihnen. Allerdings ist der Film "inglorious bastards" aus meiner Sicht nicht so antideutsch wie ich gedacht hatte.
In dem Film sind die Deutschen (fast) alle kultiviert, sehen gut in den Uniformen aus, sprechen perfektes Französisch und sind eben nicht auf den Kopf gefallen.
Die beste Szene ist die in der Kellerbar, als Dieter Hellstrom die falschen SS-Soldaten demaskiert. 
" Hauptsturmführer Heimatlos " ;)
Aber sie haben recht. Es gibt auch genug Siege zu feiern. Z.B. den über Polen und erst recht den über Frankreich. Stoff für gute Filme gibt es genug.
Aber es ist halt besetztes Gebiet hier.
 
 
 

zeitschnur

2. September 2025 09:49

@ t.gygax
Das ist mir alles zu pauschal, was Sie da vortragen bzw aus einseitiger Sicht pauschaliert. Es kommt drauf an, aus wessen Erlebnisperspektive Sie das sehen wollen. Deutsche, die bis zuletzt nicht erfasst haben, wo sie standen, sind hier aber sicher nicht der Maßstab. Ich schrieb ja, dass da vieles unbewusst weiter wirkte, gerade diejenigen, die über ihr kleines Leben nicht hinaussehen konnten, sind gewissermaßen am meisten unter Trauma und lügen sich die Welt zurecht. Das haben sie dann strukturell mit den Siegern und ihren Narrativqualitäten gemein. Hier jedenfalls in Baden wussten alle der Alten, wo die Gestapo-Schinderhütten waren und wo die KZs der Region und was da geschah. Mit reinem materialismus kommen Sie da kaum weiter: so etwas leigt wie ein "daimon" über dem Land und jeder spürt es wenigstens.
Für diejenigen Deutschen, die etwas weiter östlich in Todeslagern landeten, sah es jedenfalls anders aus als für die, die das nicht wussten bzw wissen wollten. Es hilft nichts, der "daimon" war da und wirkte ...
Ich wäre auch vorsichtig damit, die Entstellung des Besiegten gleichzusetzen mit dessen traumatischen Selbstbildern. Das wirkt zwar ineinander, aber es bedingt sich nicht zwingend. Wie gesagt: Lesen Sie Jüngers Kriegstagebuch. Der war sicher nicht auf irgendwelche Sieger hereingefallen, v.a. nicht, bevor sie gesiegt hatten.

zeitschnur

2. September 2025 09:59

@ RMH
Nur zur Klarstellung: Mir geht es nicht ums Richten. Ich wüsste nur nicht, wie man zu einem Urteil, ohne das es nun mal keine Orientierung gibt, keine Klärung, auch kein Entkommen aus der Lage übrigens, kommen sollte, ohne auch einiges zu bewerten.
Meine These, angelehnt an Anders Äußerung ist, dass der Osten verloren war, weil dort die Massaker geschehen sind. Das ist allerdings ein geistiger, "daimonischer" Zusammenhang.
Ich habe Bechers Exilgedichte, die als erster Band damals im Aufbau Verlag erschienen, gelesen, und sie berühren mich, denn die "Entdeutschung" bei Anders wäre nach Becher das im NS-Staat untergegangene alte Reich. Der Osten wurde besonders entdeutscht. Und ich weiß, wer die Nazis finanziert und nach oben gebracht hat, das pfeifen die Spatzen inzwischen von den Dächern. Die Deutschen verkannten diese Bewegung aufgrund der zuvor gesetzten Traumata. Sie meinten, das sei eine antinihilistische Bewegung (Heidegger zunächst), erkannten aber schnell, dass es ein noch extremerer Nihilismus war.
Aus mS ist es absoluter Nihilismus, wenn man sinnlos weiterkämpft, ob man das noch erfasst oder nicht, ist gleich. Wir alle müssen uns einem späteren Urteil stellen! Am besten dem eigenen und ehrlichen.

MarkusMagnus

2. September 2025 11:12

@ zeitschnur
Sie haben die abgehackten Kinderhände in Belgien vergessen ;)

Valjean72

2. September 2025 11:29

@MarkusMagnus @ t.gygax:"Ich bin ganz bei Ihnen. Allerdings ist der Film "inglorious bastards" aus meiner Sicht nicht so antideutsch wie ich gedacht hatte."
---
 
Ich habe vor vielleicht 15 Jahren mal versucht, den Film bei mir daheim anzusehen. Nach vielleicht 15 Minuten hatte ich dies dann abgebrochen und seither nie mehr Interesse gehabt, den Film weiteranzuschauen. Nein, solche Machwerke muss ich mir nicht geben.
 
@t.gygax: Vielen Dank für Ihre Wortmeldungen in diesem Strang

Majestyk

2. September 2025 14:33

@ Gracchus:
Neulich hatte arte Filme von Louis Malle im Angebot. Kaum einer ohne feministischen Unterton. Wenn Fahrraddiebe nicht unterschwellig kapitalistisches Denken in Frage stellt, was dann? Pasolini war ein schwuler, katholischer Marxist, sieht man fast jedem seiner Filme an. Katholisch sein und Marxist scheint nicht für jeden ein Widerspruch zu sein. Petri, Damiani, Leone, es finden sich haufenweise bedeutende Filmemacher mit mal mehr, mal weniger starker politischer Prägung und entsprechende Einflüße finden sich in deren Filmen.
„Ich bin Sozialist. Während des Krieges hatten wir Ideale, Träume, Hoffnungen. Sie erfüllten sich nicht. Sozialismus ist gut als Idee, aber die Menschen sind schlecht.“ - Sergio Leone
Der Zugang zur Filmbranche wurde nach dem Krieg zunehmend akademisiert. Wie war die Grundstimmung so an Hochschulen zu jener Zeit? Wenn man sich fragt, was Menschen beeinflußt gehören Unterhaltungsmedien dazu und deren vorgestellte Sichtweisen, die ab den 60ern zunehmend links sind: Böser Kapitalist, korrupte Polizei, mißverstandener Straftäter, bigotte Priester, kaputte Familien, gefühlsunfähige Männer, unterdrückte Frauen. Das Framing, welches heute beklagt wird hat seinen Ursprung. Mögen darf man jene Filme trotzdem und sollte es zum Teil sogar. Bei aller Emotion sollte man aber die Codes hinter dem Sichtbaren nicht übersehen. 

Majestyk

2. September 2025 15:19

@ MarkusMagnus:
Die Glorifizierung vom Schlachten des deutschen Soldaten ab Min. 33.22 ist so ziemlich die infamste Gleichsetzung von Landser und Nazi, die ich je gesehen habe und ich habe viel gesehen. Keiner der amerikanischen oder britischen Filmemacher, die selber den Krieg noch erlebt hatten, hätte jemals so einen Dreck produziert. Als im Kino das Publikum bei dieser Szene jubelte, war das ein beschämender Moment mitten in einer manipulierten und geschichtsvergessenen Meute zu sitzen. Tarantino mag kein Demagoge sein, ist halt ein typisches Videothenkind, aber speziell dessen Kino ist moralisch komplett verkorkst und steht expamplarisch dafür, wie die Kinowelt irgendwann komplett falsch abgebogen ist. Wer positiv oder differenziert dargestellte Deutsche in alliierten Kriegsfilmen sehen möchte, der nehme z.B. Einer kam durch, Der Seefuchs, Duell im Atlantik, Zeit zu leben und Zeit zu sterben, Vor uns die Hölle, Taxi nach Tobruk, Eiskalt in Alexandrien, Morituri oder Der Adler ist gelandet. 

Majestyk

2. September 2025 15:52

@ Volksdeutscher:
Abgesehen davon, daß Sie meinen Kommentar mißverstanden haben, frage ich konkret: Mit wem? Mit Leuten die neulich vor Mitgefühl mit den arabischen Kindern am Flußufer überflossen? Oder mit jenen, die nicht müde werden, peinlich genau auf Differenzierungen zu pochen oder sich schon überlegen, wie man Zusammenleben nach dem Kipppunkt organisieren könnte?
Klar läßt sich Remigration schaffen, wenn man die richtigen Hebel nutzt. Für emotionale Härte darf man sich aber nicht zu schade sein und von Hängematten oder Astrid Lindgren Schmuh wird man sich verabschieden müssen. Natürlich nisten sich Fremde ein ohne zu arbeiten, daß Ausländer gar nicht arbeiten ist eine dreiste Legende, wie man auf dem Bau, in Fabriken oder in der Pflege beobachten kann. Eher drücken sich viele Deutsche gern vor Arbeit, vor allem die Apparatschiks. Will man echte Veränderung müssen Ben  und Lousie wieder echter Arbeit nachgehen und nicht irgendwas mit Politik, Medien oder Soziales. Um zu verändern, müssen sich die Deutschen erst einmal selber ändern und um respektiert zu werden, müssen sie sich zunächst selber respektieren. Kein Mensch mag Leute, die nur mit gebeugtem Haupt durchs Leben gehen. 
t.gygax liegt schon richtig. Es geht nicht um richtig oder falsch, man kann Stalingrad auch als Heldenepos oder griechische Tragödie inszenieren. Damit glorifiziert man keine Untaten, entbietet aber jenen Respekt die kämpften, auch wenn die Sache verloren war. Ehre, wem Ehre gebührt!

Klaus Kunde

2. September 2025 19:06

Zur Ostfront 1945: Erst das militärische Ausgreifen der Wehrmacht (als Instrument der Staatsgewalt) gen Osten schuf die geopolitischen und logistischen Voraussetzungen für die Massentötungen rassenpolitischer Gegner in den Vernichtungslagern durch die SS (als Instrument der Führergewalt), ein Zusammenhang, den die wenigsten Wehrmachtsangehörigen gesehen haben dürften. Wie auch immer, es bestand ein unbestreitbarer Nexus zwischen den Erfolgen bzw. Mißerfolgen der Wehrmacht im Osten und dem Betreiben der Vernichtungslager, zumeist im Generalgouvernement gelegen. Erst die erfolgreiche Weichsel-Oder-Operation der Roten Armee Anfang 1945 führte zur Schließung der Krematorien und Auflösung der Lager. Mit anderen Worten, die tapferen Verteidiger von Breslau suchten in erster Linie das Leben ihrer Angehörigen zu wahren und doch verlängerten sie mit ihrem militärischen Widerstand unbewußt das Leiden und Sterben wehrloser Opfer des NS. Ein unauflösbares Verhängnis. Die verlorengegangenen Ostprovinzen, maßgeblich für deutsche/preußische Identität, ein extrem schmerzlicher Prozeß; bestenfalls läßt sich ihr Verlust als Strafe begreifen, kollektiv vollzogen an den Einwohnern. Eine ethnische Säuberung, so der heutige Terminus. Zweierlei Untergang: der des Dritten Reiches (ein im NS verpönter Terminus), den man als Erlösung empfinden sollte, und der des Deutschen Reiches, den man durchaus als ambivalent begreifen kann.

Beta Jas

2. September 2025 21:57

@Gracchus Diese Frage hatte ich mir auch beim Lesen der Kommentierungen gestellt, was diese fernab des Inhalts des Artikels von Herrn Lehnert sollen. Krudes Veräppeln? Übrigens sind wir Menschen, "Wir Menschen" gegenüber den Tieren und anderen Lebewesen, wir Menschen bestehen aus Geschlechtern, Rassen, Völkern. 
Aber was hat das mit der Frage zu tun, ob jemand wie Ulbricht und andere hochrangige Kommunisten in Ostberlin, damals tatsächlich auch die Ostgebiete behalten wollten. Ich bezweifle das, obwohl ich aber Glaube das es vielleicht heute noch die DDR und den Ostblock gäbe, wenn die DDR, Pommern, Schlesien Preußen als Teil des Staatsgebiets gehabt hätte.

Valjean72

3. September 2025 08:47

@KlausKunde: "... bestenfalls läßt sich ihr Verlust als Strafe begreifen, kollektiv vollzogen an den Einwohnern."
---
Dadurch, dass Sie Ihren Text komplett in fett markierter Schrift veröffentlichten, wollten Sie offenbar herausstreichen, dass Sie ganz gewiss die richtigen Lehren aus dem 2. WK gezogen haben und ein aufrechter Demokrat im Sinne der westlichen Wertegemeinschaft geworden sind.
 
Das Herrausreissen der östlichen deutschen Gebiete war keine "Strafe", sondern eine geopolitische Entscheidung der Feinde Deutschlands, Deutschland jetzt endlich(!) entscheidend und dauerhaft schwächen zu können.
 
Darüber hinaus spielte gewiss eine Rolle auch permanent einen Keil des Konflikts zwischen Deutschland und Polen zu treiben und um in Polen die Akzeptanz der hegemonialen Schutzmacht (der UdSSR)  zu erhöhen.
 
 
 
 

Valjean72

3. September 2025 09:04

@Majestyk: "Um zu verändern, müssen sich die Deutschen erst einmal selber ändern und um respektiert zu werden, müssen sie sich zunächst selber respektieren. Kein Mensch mag Leute, die nur mit gebeugtem Haupt durchs Leben gehen."
---
 
Da sprechen Sie etwas wesentliches an. Ein Mensch der kein positives Selbstbild hat, hat es schwer geliebt zu werden und eine erfüllte Beziehung zu führen. Und das gilt mE im übertragenen Sinn auch für Völker.
 
Und meine These ist schlichtweg, dass uns mit der re-education ein Schuldkult eingeimpft wurde, der unser Volk gezielt von seiner Geschichte und seinen Ahnen entfremdet hat.
 
Diese ursprünglich anerzogene Schuld wird nun bereitwillig von vielen Beflissenen übernommen und weiter verbreitet: gerechte Strafe für deutsche Verbrechen usw. usf.
 
Klar ist aber auch: der Typus, des öffentlich sein Volk geisselnden Deutschen ist nirgends wirklich beliebt und geliebt.
 
 

RMH

3. September 2025 09:45

"obwohl ich aber Glaube das es vielleicht heute noch die DDR und den Ostblock gäbe, wenn die DDR, Pommern, Schlesien Preußen als Teil des Staatsgebiets gehabt hätte." Beta Jas
Das war dann eine klare Fehlentscheidung der UdSSR unter Stalin, die von Anfang an sich an die von den Allierten gemeinsam beschlossenen Umverteilungen, Raumneuordnung gehalten hat, lediglich für Rumpfdeutschland eben am liebsten ein neutrales, machtloses Pufferstaatsgebilde gehabt hätte. Wenn es Ostkommunisten gab, die dachten, sie könnten ernsthaft einen größeren Staat bekommen, dann lagen sie total daneben, aber in einem Ausmaß, der ihnen, als zum großen Teil ehemaligen Sowjetzöglingen, welche die dortigen Vorstellungen kannten, bekannt gewesen sein muss, so dass man davon ausgehen kann, dass wenn sie sich entsprechend äußerten, Nebelkerzen im Hinblick auf die jetzt zu beherrschenden eigenen Bürger zündeten. Mit sehr hoher Wahrscheinlickeit sitzt C. Hein immer noch in einem solchen Nebel und ich schätze mittlerweile C. Heins Äußerungen daher als wichtigtuerisches, unreflektiertes Geraune ein.

RMH

3. September 2025 09:57

K. Kunde: "bestenfalls läßt sich ihr Verlust als Strafe begreifen," Es war keine Strafe, sondern Ausübung von Macht & Aufteilung des Gebiets des Besiegten. Man sollte unser Denken etwas weg von den Kategorien Schuld & Sühne/Vergeltung lenken & feststellen, dass der Umgang mit D Machtausübung & Verteilung von Macht war. Schuld ist immer individuell, die antideutsche, ideologische Aufladung durch die Allierten diente zum einen dazu, dass ihre eigenen Truppen sowie die tschechisch-poln.- sonst. Auxiliaren ihre Aufgabe, der Räumung von Gebieten zur Neuordnung, möglichst effizient durchführten & dass diejenigen, die das Ausbaden durften, die Pille im Nachgang besser schlucken konnten. Die kollektive Tiefenebene, von der @zeitschnur schreibt, ist dann eine komplett andere Betrachtung, die abstrakt von der konkreten Machtausübung & Ordnungsregelung zu betrachten ist. Kein einziger Vertriebener wurde aufgrund eines Strafverf. vertrieben, die kleinen wurden quasi ohne Verfahren gehenkt, ein paar bekanntere Großkopferte wurden immerhin erst nach einen Verf. öffentlickeitswirksam gehängt, ab der 2. Ebene hat man sich die, die nützlich waren, selber zu Diensten gemacht, ohne Strafverf. etc. - von daher ist es schlicht falsch, die Kategorie der gerechten Strafe für D durchzudenken. D ist das passiert, was besiegten Staaten droht. Der Vollzug der Siegerordnung war aber bereits nach damaligen Maßstäben völkerrechtswidrig, mithin keine Strafe sondern nackte Macht.

Gracchus

3. September 2025 11:04

@Majestyk: Das Thema "Film" führt ab vom Thema Lehnerts. Daher nur kurz: Ich habe Ihnen ja zugestanden, dass die "Italiener" "kommunistisch" waren. Der Drehbuchautor von "Fahrraddiebe" stand der kommunistischen Partei nahe. Die zweite Frage, die ich jetzt aber nicht beantworten kann, ist ja dann, wie sich das filmästhetisch niedergeschlagen hat. Ein Kunstwerk, das irgendeine Doktrin vermitteln will, lebt in der Regel nicht. Ab den 60ern hat der Zeitgeist links geweht, würde ich auch sagen, und das hat sich auch im Film niedergeschlagen. Die Autorenfilmer, von denen nicht alle "links" einzuordnen sind, haben aber nur ein schmales nicht besonders kommerzielles Segment bedient.
 

MarkusMagnus

3. September 2025 11:31

@ Majestyk
Danke für die Film Empfehlungen.
Die meisten Filme kenne ich schon. Ein ganz guter Film ist auch noch "Die Brücke von Arnheim bzw. "A bridge too far". For Allem ist es ein Film in dem die deutsche Seite siegreich war.
 
 
 

zeitschnur

3. September 2025 11:35

Verzeihung, wenn ich da doch noch eine Frage stelle:
Was die Oder-Neiße-Linie betrifft, gab es zunächst das Potsdamer Abkommen 1945 durch die Alliierten, das diese als eine Grenzlinie festlegte, die besagte, dass die östlich davon gelegenen Gebiete unter polnische bzw sowjetische Verwaltung kämen. Ich hatte dementsprechend als Kind noch Atlanten aus den späten 60ern, in denen das so eingetragen war! Also: Es wurde nicht durch einen deutschen Staat verwaltet, aber es galt offiziell immer noch als deutsches Gebiet.
Und weiter: Besagte das Görlitzer Abkommen von 1950 denn, dass das ab jetzt polnisches Gebiet auch in einem nationalen und sprachlichen Sinne werden würde? Also ethnisch gesäubert?
Becher lehnte, wenn ich das recht verstehe, nicht ab, nach Breslau zu fahren, auch ein Breslau unter polnischer Verwaltung. Er lehnte es vielmehr ab, ein klammheimlich zu einer polnischen Stadt umgewandeltes Wroclaw zu besuchen.

FraAimerich

3. September 2025 11:55

@Majestyk: "Neulich hatte arte Filme von Louis Malle im Angebot. Kaum einer ohne feministischen Unterton. Wenn Fahrraddiebe nicht unterschwellig kapitalistisches Denken in Frage stellt, was dann? Pasolini war ein schwuler, katholischer Marxist"
Vor "arte"kann ich nur warnen, zwar kein ausgesprochen katholischer, aber erzschwul-marxistischer Sender. Belasten Sie sich nicht damit! Aber Danke für die Hinweise. De Sica hat in den "Fahrraddieben" also "kapitalistisches Denken in Frage gestellt",  "unterschwellig" gar. Offenkundig ein besonders perfider Bolschewik!
Jetzt verstehe ich auch endlich, warum Feministinnen sich von "Pretty Baby" bis heute so angezogen fühlen. Offenbar raffiniert getarnte Female Empowerment Pornographie, die dem Trend voraus war. Man müßte auch mal das "Irrlicht" genauer auf feministische und kapitalismuskritische Elemente abklopfen. Vielleicht hat Meister Lichtmesz das sogar schon getan und überrascht uns damit in seinem neuen Buch?
 

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