Merkel und ihre Entourage in Politik und Medien versuchen seitdem, diesen „deal“, der den Hautgout des Basarhandels trägt, als „entscheidende Wegmarke“ zu verkaufen. Jubelstimmung will aber selbst in den deutschen „Mainstream“-Medien nicht so recht aufkommen.
Schon jetzt ist klar, daß es vor allem Deutschland sein wird, dem die Rechnung präsentiert wird. Vor allem deshalb dürften alle anderen EU-Regierungschef diesem „Pakt“ zugestimmt haben.
Der Pakt regelt die Aufnahme von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen durch die EU-Staaten. Für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln zurück in die Türkei gebracht wird, soll einer legal in die EU kommen können. Dafür übernimmt die Türkei alle Migranten, die unerlaubt aus der Türkei auf die griechischen Inseln übersetzen. Die milliardenschweren Kosten hierfür und für die Versorgung der „Refugees“ trägt dafür praktischerweise zum großen Teil die EU. Doch damit nicht genug: Als besonderen Bakschisch sollen die Türken spätestens von Ende Juni an kein Visum mehr für Reisen in EU-Länder benötigen. Und schließlich und endlich sollen die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Erdoğan-Türkei – gegen die das Rußland Putins mehr und mehr wie eine „Musterdemokratie“ wirkt – wieder aufgenommen werden.
Wofür steht die Gemeinschaft noch, fragte denn auch die österreichische Tageszeitung Die Presse, die ein „unmoralisches Abkommen“ wittert, und gab die Antwort gleich selbst: „Nicht für Solidarität, nicht für christliche Werte, nicht für den Kampf um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.“ In der Tat: Es geht nicht um „Werte“ oder „Solidarität“, obwohl die oft unbedarft wirkende Teflon-Fassade Merkels, an der jeder Widerspruch abzuperlen scheint, genau das suggeriert.
Der Türkei-„deal“ ist Teil einer „grand strategy“, die ihre eigenen Ziele verfolgt und eine Seite Merkels offenbart, die so ganz und gar nicht zu dem verniedlichenden „Mutti“-Image paßt, das ihr implizit die politische Zurechnungsfähigkeit abspricht. Bei Lichte betrachtet handelt es sich nämlich bei dem „deal“ vom Freitag grosso modo um die Umsetzung eines „Plans“, der bereits seit letztem Oktober als sog. „Merkel-Plan“ bekannt ist, der bezeichnenderweise zunächst als „überraschender“ Vorstoß Davutoğlus verkauft wurde, tatsächlich aber eine Initiative der „Denkfabrik“ Europäische Stabilitätsinitiative (ESI) ist.
Vorsitzender dieser „Denkfabrik“, der gleichzeitig als Berater Merkels „kommuniziert“ wird, ist ein gewisser Gerald Knaus, dessen „politischer Einfluß in Berlin und Brüssel“ angeblich „enorm“ sei. Es wird aber vorrangig nicht der bestens vernetzte Lobbyist und Strippenzieher Knaus sein, der so „einflußreich“ ist – Knaus ist unter anderem Gründungsmitglied des European Council on Foreign Relations –, sondern die hinter ihm stehenden Organisationen wie das Open Society Institute von George Soros, der Rockefeller Brothers Fund oder der German Marshall Fund of the USA, worauf unter anderem die „NachDenkSeiten“ aufmerksam gemacht haben.
Knaus behauptet seit längerem, die Zusammenarbeit mit der Türkei sei die einzige Möglichkeit, die „Flüchtlingskrise“ effektiv zu bekämpfen. Eine Behauptung, die sich Merkel „alternativlos“ zu eigen gemacht hat. So ist es denn auch im wesentlichen der auf dieser Forderung aufbauende ESI-Plan, der am Freitag durchgewunken wurde. Mit Blick auf diesen Plan steht aber bis heute die Frage unbeantwortet im Raum, wer diesen Plan formuliert hat. Knaus wird es mit Sicherheit nicht allein gewesen sein.
Der Subtext des ESI-Plans: Die „Orbánisierung“ der EU verhindern
Merkels Flüchtlingspolitik war vor diesem „deal“ von dem Widerspruch gekennzeichnet, daß sie zum einen vorgab, den Zustrom illegaler Asylforderer eindämmen zu wollen, sich aber auf der anderen Seite weigerte, Obergrenzen für die Aufnahme von „Refugees“ auch nur in Erwägung zu ziehen.„Kommunikationstechnisch“ stellt sich das ganze nach dem Türkei-„deal“ nun wie folgt dar: Die Kanzlerin sieht sich nun der Lage zu suggerieren, für die Eindämmung des Massenzustromes von womöglich Millionen von Migranten gesorgt zu haben, was den Deutschen die Zustimmung zu einem geringeren, aber konstanten Zufluß von „Refugees“ „erleichtern“ soll.
Die Kanzlerin kann damit vorerst verhindern, daß das Schengensystem grundsätzlich in Frage gestellt wird. Damit wird, da in der Bundesregierung offenbar nur noch in den Kategorien globalisierter Ökonomie gedacht wird, eine derer Grundforderungen gewahrt, nämlich die grenzenlose Finanz‑, Güter- und Arbeitskräftezirkulation zu garantieren, die im Falle einer Schleifung des Schengen-Regimes in Gefahr geraten wäre. Nicht umsonst sprach ESI-Leiter Knaus vor kurzem davon, die Zusammenarbeit mit der Türkei sei unabdingbar, um eine „Orbánisierung“ der EU zu verhindern.
Das ist der Subtext des ESI-Plan, der sicherlich mit Förderern wie Soros abgesprochen ist. Wo aber Soros mitmischt, geht es immer um US-Interessen, als deren Brechstange der „Börsenguru“ und „Menschenfreund“ weltweit mit einem Netzwerk von NGOs und Strippenziehern auftritt – natürlich immer mit dem Anspruch, sich für „offene Gesellschaften“ (meint: multikulturelle) einzusetzen. Daraus folgt die Frage, welche US-Interessen diesmal im Raum stehen. Es greift sicherlich zu kurz, wenn man, wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten, im Hinblick auf den möglichen Bau der Transadria-Pipeline und deren geopolitische Implikationen vor allem gegen Rußland gerichtete energiepolitische Interessen mutmaßt.
Die geopolitischen Schachzüge hinter der Massenzuwanderung
Die „grand strategy“ des ESI-Plans greift weiter: Die Visa-Vergabe und die, wenn auch vage gehaltene Aussicht auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei würde der EU einen anderen Charakter geben, der für die meisten Mitgliedsstaaten (vor allem in Osteuropa) inakzeptabel ist; einmal abgesehen von den Problemen, die dadurch entstehen, daß Erdoğan die türkischen Minoritäten in der EU aufgefordert hat, sich nicht zu assimilieren; sie sollen eine „pressure group“ türkischer Interessen bleiben.
Ein zentraler „global player“, nämlich die USA, hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder versucht, einen Beitritt der Türkei der EU anzumoderieren. Mit der Türkei wäre die Umwidmung der EU in eine Eurasische Union eingeläutet – unter Ausschluß Rußlands versteht sich –, was Washington seinem Ziel einer geopolitischen Neutralisierung Eurasiens näherbrächte, womit zumindest hier einer sich abzeichnenden multipolaren Welt, die an die Stelle der unipolar von den USA dominierten Welt treten könnte, vorgebeugt wäre. Näheres kann in Zbigniews Brzezinskis nach wie vor instruktiver Arbeit „The great chessboard“ nachgelesen werden.
Die Massenmigration ist vor diesem Hintergrund ein willkommener Hebel, die Dinge in die Richtung eines „amerikanischen Europas“ weiter vorantreiben zu können. EU-Visionäre und amerikanische Global-Strategen sehen jetzt die Chance gekommen, nationale Widerständigkeiten in den EU-Mitgliedsstaaten im Sinne einer Multikulturalisierung weiter schleifen zu können. Die EU-Visionäre wollen damit den Fortgang der „europäischen Integrationsprozesses“ und die Amerikaner die weitere Zementierung ihres globalistischen Modells beschleunigen.
Gruppierungen, die sich dem widersetzen, sehen sich im laufenden Kommunikationskrieg leicht dem Vorwurf ausgesetzt, „rechts(extremistisch)“, „islamophob“ oder auch „Putin-Versteher“ zu sein. Man wird diese Etikettierungen im Hinblick auf die obigen Ausführungen als Auszeichnung verstehen dürfen, zeigen sie doch an, daß sich gegen die oben dargestellte gesellschaftliche Formatierung der Multikulturalisten und Globalisten noch Widerstand regt, was auch die Wahlergebnisse vom letzten Sonntag unterstreichen, die aber nur ein erster Schritt sein können. Ziel muß es sein, die Politik, für die Merkel und auch Teile der EU-Eliten stehen, abzuwählen, bevor es für Europa und vor allem für Deutschland zu spät ist.
Thomas Wawerka
Abwählen?
https://www.wahlrecht.de/umfragen/