Sonntagsheld (1) – Der identitäre Gallier

Wenn stammelnde Römer durch die Luft fliegen und irgendwo hinter einem Busch ein dicker Mann ein Wildschwein verspeist, kann Asterix, der Gallier nicht weit sein.

Vie­len älte­ren Lesern wird er aus den von René Gos­cin­ny und Zeich­ner Albert Uder­zo geschaf­fe­nen Comics bekannt sein, die Jün­ge­ren ken­nen ihn ver­mut­lich eher aus den zahl­rei­chen Verfilmungen.

Nach­dem er es schon mit frei­heits­lie­ben­den Kor­sen, deka­den­ten Ägyp­tern und natür­lich omni­prä­sen­ten Römern auf­neh­men muß­te, bekommt der klei­ne Gal­li­er es nun mit einem ganz ande­ren Völk­chen zu tun, das dem gemei­nen Legio­när in Sachen Schlicht­heit und Humor­lo­sig­keit ver­mut­lich um nichts nachsteht:

Der taz-Autor Arno Frank, wel­cher sich sonst eher für Donald Trump und sei­ne eige­nen Genos­sen inter­es­siert, hat einen alten Hut aus­ge­gra­ben. Aste­rix, die­ser wei­ße, blon­de, männ­li­che Gau­le, der sei­ne Kon­flik­te andau­ernd mit Gewalt löst, ist im Kern iden­ti­tär und so zu einem Sym­bol des patrio­ti­schen Wider­stands – einem Mem, wenn man so will – geworden:

Es han­delt sich um eine auto­chtho­ne und homo­ge­ne Dorf­ge­mein­schaft, die sich nicht nur dem römi­schen Impe­ri­um, son­dern allen äuße­ren Ein­flüs­sen über­haupt wider­setzt. Frau­en sind ent­we­der müt­ter­lich oder begeh­rens­wert gezeich­net. Wis­sen­schaft ist funk­tio­nie­ren­de Alche­mie und obliegt dem drui­di­schen Ober­pries­ter, die tech­ni­sche Ent­wick­lung ver­harrt in der Hin­kel­stein­zeit. Und der Dorf­äl­tes­te spricht „frei von der Leber“ weg, wenn er sagt: „Ich habe nichts gegen Frem­de, eini­ge mei­ner bes­ten Freun­de sind Frem­de. Aber die­se Frem­den da sind nicht von hier.”

Es folgt eine Auf­zäh­lung wei­te­rer neu­rech­ter Chif­fren, die zeigt, daß der Autor des Arti­kels ziem­lich viel Zeit im Inter­net ver­bringt. Von Tours und Poi­tiers über die unver­meid­li­chen 300 Spar­ta­ner am Ther­mo­py­lenpaß bis hin zu Pepe dem Frosch fächert Frank die Sym­bol­spra­che der Neu­en Rech­ten auf. Ein biß­chen  Alt­na­zi-Wür­ze darf nicht feh­len – natür­lich erin­nert das Lamb­da “sicher auch nicht ganz zufäl­lig” an das Blitz­ab­zei­chen der SA.

Wir sehen: Der sym­pa­thi­sche Gal­li­er steht kei­nes­wegs allei­ne da. Wäh­rend Bibi und Tina noch brav Wil­kom­mens­kul­tur spie­len, ent­pup­pen sich immer mehr Kind­heits­hel­den als lupen­rei­ne Reak­tio­nä­re, sei­en es Tim und Strup­pi oder TKKG.

Für mich als Akti­vis­ten ist der Arti­kel von Arno Frank ein will­kom­me­ner Grund, die alten Hef­te wie­der auf­zu­schla­gen und mich an Fat shaming, Rape cul­tu­re und euro­zen­tri­scher Völ­ker­schau güt­lich zu tun. Und wer weiß: Viel­leicht kommt mir eine Idee für die nächs­te Aktion?

Fest steht in jedem Fall: “Die spin­nen, die Lin­ken!” – Dar­auf erst­mal ein Glas Milch.

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Kommentare (5)

Der Gehenkte

26. Februar 2017 21:54

Schon mal "Mosaik" probiert? Welten besser!

Wäre eine Untersuchung wert: das Islam-Bild Ritter Runkels oder: Frauenquote bei den Digedags. Und Schwarze sind dort auch unterrepräsentiert - außer in der Amerika-Serie, wo es um den Konflikt Süd-Nord-Staaten geht. Die ersten 12 Hefte dagegen eindeutig rassistisch, die Erfinder-Serie eurozentrisch, die Weltraum-Serie-terrazentrisch ...

Wahrscheinlich wird man Asterix bald aus den Kiosken entfernen müssen.

Franz Rheinberger

26. Februar 2017 22:41

Ich finde es immer wieder schön, wenn bei der "Sezession" popkulturelle Themen angeschnitten werden (vgl. South Park von Lichtmesz). In seiner Asterix Analyse bezieht sich der taz-Autor Frank auf Leon Poliakov, der bereits früher in seinen Büchern auf jenen hier wie dort geschilderten Sachverhalt einging. Die Wort von Poliakov kann man ruhig einmal lesen, muss es aber nicht. Aber ansonsten ist das "Phänomen" wahrlich nicht neu und ließe sich auch beliebig auf andere Bereiche erweitern. Ich las vor Kurzem zum Beispiel den zweiten Band des Comics „ÜBER“, was dazu wohl dem Herren von der taz einfallen würde? Wahrscheinlich nur die "Altnazi-Würze".

Eisriesen am Horizont

26. Februar 2017 22:51

Der Entertainmentzirkus sieht zwar so aus wie ein Zirkus, er ist es aber nicht.

Im Fundus unserer freundlichen älteren Nachbarn noch jüngst ein liebevoll illustriertes Bilderbuch gefunden mit einer einfachen Geschichte über eine Bimmelbahn, die so durch die Gegend fährt und mit den Kindern schöne Orte besucht, bevor sie diese wieder in ihren Dörfern abliefert. Wunderbare Zeichnungen von Dörfern mit Kirchtürmen wohlgemerkt.

Das neue Zeug, das heute in den Auslagen der Drogerieketten und Supermärkte liegt, ist oft auf Verwertung von Lizenzen und Mainstreamunterhaltung hingerichtet, teilweise ganz ungenießbar. Möchte ich den Kleinen oft kaum in die Hand geben. Gute aktuelle Kinderbücher sind schwer zu finden, grad die "preisgekrönten" sind offenbar mit besonderer Vorsicht zu genießen.

Marc_Aurel

27. Februar 2017 10:35

Wie man an dem taz-Artikel sieht, wird hier ganz in der Manier totalitärer Systeme, eine allumfassende Umerziehung der Bevölkerung angestrebt, die einsetzt sobald die Kinder mit Bildern etwas anfangen können. Ich sehe das unter anderem auch an den Kinderbüchern, die meine kleine Tochter so geschenkt bekommt: auch dort muss natürlich, brav politisch-korrekt, mindestens jedes dritte abgebildete Kind eine andere Hautfarbe haben oder anders: darf keinesfalls weiß sein. Für die beschriebene Tendenz ließen sich unzählige Beispiele aus Literatur, Fernsehen und anderen Medien anführen, aber ich belasse es jetzt mal dabei. Erschreckend finde ich das Tempo in dem dies geschieht und die Dreistigkeit mit der man vorgeht. Allerdings hat das auch einen Vorteil: gerade dieses penetrante hineinpeitschen dieser Ideologie bis in jede kleine Nische des Privatlebens, befremdet die Menschen zunehmend, zumal das Ganze in seinen Auswüchsen mit dem Vergehen der Zeit auch immer absurder wird.

Christian K.

27. Februar 2017 19:48

Das Geschenk Cäsars, S. 16, Methusalix, „Du kennst mich doch, ich habe nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden da sind nicht von hier.“

Zu diesem Themenkomplex immer noch lesenswerte Gegnerlektüre: 

Richard Herzinger/Hannes Stein, Endzeit-Propheten oder Die Offensive der Antiwestler. Fundamentalismus, Antiamerikanismus und Neue Rechte, Reinbek 1995

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