Sezession: Dr. Devlin, Sie publizieren aus offensichtlichen Gründen der politischen Korrektheit und drohenden Gedankenpolizei unter Pseudonym. Haben Sie den Eindruck, daß mit Amtsantritt der Regierung Trump und sich erhebenden Stimmen Congressman Steve King (»We can’t restore our civilization with somebody else’s babies«) Politik und akademischer Betrieb sich allmählich gegenüber solchen Standpunkten zu Geschlechter- und Familienfragen, wie Sie sie in Sex, Macht, Utopie vertreten, öffnen könnten?
Devlin: Politik ist der Kultur nachgelagert. Deshalb gehe ich nicht davon aus, daß ein Regierungswechsel oder irgendwelche Aussagen von Politikern nennenswerte Veränderungen im Verhalten der Menschen bewirken können. Es wird jedoch zunehmend schwieriger, die Einsamkeit, Unzufriedenheit und Frustration älterer Frauen unter den Teppich zu kehren, die den Ratschlägen der offiziellen Regierungspolitik gemäß gelebt haben. Ich denke, daß dieser Faktor letztlich eine Veränderung sogar auf politischer Ebene herbeiführen wird.
Sezession: Die sogenannte “sexuelle Revolution” wird meist mit der Behauptung verknüpft, daß sie die betroffene Generation von einer psychologischen Bürde oder einer Art Joch befreit hätte. Um das zu beweisen und auszuführen, greifen Verfechter der “Revolution” gerne auf Forscher wie Alfred Kinsey mit seinen Studien über Das sexuelle Verhalten der Frau bzw. des Mannes, die Thesen Sigmund Freuds oder sogar Wilhelm Reichs.
Hatten das tatsächliche geschichtliche Ereignis wirklich eine theoretische Grundlage, oder handelte es sich dabei eher um einen gesellschaftlichen Dammbruch hin zum unverblümten Ausleben urtümlicher Triebe?
Devlin: Ich bezweifle sehr stark, daß irgendwelche “Theoretiker” eine allzugroße Rolle dabei spielten, uns an die öffentliche Thematisierung intimster sexueller Angelegenheiten zu gewöhnen. Die sexuelle Revolution ging in Amerika erst so richtig los, als die Generation der Baby boomer, also der geburtenstarken Jahrgänge von Kriegsende bis etwa Mitter der 1960er Jahre, erwachsen wurde. Es verhielt sich mit ihr wie mit vielen anderen Revolutionen: Ein anfängliches Abschütteln von Zwängen führt im weiteren Verlauf nur zu einem neuen und noch größeren Bündel an Problemen, zusätzlich zu den ohnehin vorhandenen althergebrachten – und bewältigbaren – Problemen des Erwachsenwerdens.
Sezession: In bezug auf das Hauptthema Ihres Buchs – Feminismus und weibliches Verhalten insgesamt – scheint die Entwicklung derzeit in zwei Richtungen zu verlaufen. Einerseits realisieren mehr und mehr junge Frauen, daß die ihnen angepriesene, sogenannte “Freiheit” ihre Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit unglücklicher machen wird; siehe beispielsweise dieser Podcast dreier junger – mehr oder weniger – AltRight-Damen.
Auf der anderen Seite scheinen noch deutlich mehr junge Frauen die ausgedehnte (sexuelle) “Freiheit” so sehr zu genießen, daß sie beispielsweise die angebliche Rape culture an Universitäten mit flammenden Worten anklagen, nur um ihrerseits unverantwortliche Wagnisse einzugehen und etwa alleine durch Schwarzafrika oder Indien zu reisen (und dort nicht selten vergewaltigt und ermordet zu werden). Wie sehen Sie diese divergierenden Tendenzen, und wohin soll das führen – wenn überhaupt irgendwohin?
Devlin: Als Endergebnis von fünfzig Jahren der sexuellen “Aufklärung” finden wir heute Frauen vor, die weniger über Sex wissen, als es noch ihre Urgroßmütter taten. Viele von ihnen sind allen Ernstes völlig verblüfft, wenn sie feststellen, daß Männer keine besondere Neigung verspüren, promiskuitive Frauen zu heiraten.
Die Raserei der Feministinnen richtet sich ausnahmslos gegen sanftmütige weiße Männer. Sie wären wohl um Längen glücklicher damit, in den Harems irgendwelcher IS-Warlords drangsaliert zu werden. Vielleicht finden sich ähnliche unbewußte Neigungen auch bei jenen Dumpfbacken, die meinen, sich per Anhalter in der Dritten Welt herumtreiben zu müssen.
Sezession: In ihren zahlreichen Essays schöpfen Sie aus den Geisteswissenschaften ebensoviel Material wie – unter anderem – aus der Evolutionsbiologie, der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften. Gab es einen konkreten Anlaß oder eine Inspiration für diese ungewöhnlich breite Herangehensweise? Würden Sie Ihre eigene Arbeit als eine Form der Metapolitik bezeichnen?
Devlin: Eine spezielle Inspiration gab es nicht; ich bin schlicht an vielen Fachbereichen interessiert und gewinne aus jeder Lektüre neue Denkanstöße und Fragestellungen. Ich verfüge zwar über einen akademischen Hintergrund im Bereich der Philosophie, war aber schon immer unzufrieden mit der Beschränktheit eines Großteils der philosophischen Fakultäten – ganz zu schweigen von der unverhohlenen Ignoranz der meisten universitären Philosophen gegenüber Themen wie Wirtschaft, Biologie und Demographie.
Sezession: In Sex, Macht, Utopie zeichnen Sie ein Problem nach, das politische, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte hat, und attackieren dabei auch die moderne Popkultur sehr scharf. Gleichwohl endet das Buch mit einem Appell an den einzelnen Leser, seine Einstellung und sein Verhalten zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern.
Handelt es sich um (meta-)politische oder kulturelle Schritte, die zu einer Lösung der problematischen Geschlechterbeziehungen – soweit möglich – zu ergreifen sind, oder ist das eine rein persönliche Angelegenheit auf individueller Ebene? Wie gelangt man zu einer »Reality Based Community«?
Devlin: Vergessen Sie bitte eines nicht: Ich bin Analytiker, kein Moralprediger. Trotzdem kann ich sagen, daß die einzig vernünftige Moral auf einem gründlichen Verständnis der Natur des Menschen und seiner langfristigen Interessen basiert. Ich denke, daß einige wenige Menschen in der Lage sind, diese Zusammenhänge rational zu erfassen. Die meisten werden allerdings erst zu dieser Erkenntnis gelangen, wenn sich eine Katastrophe vor ihren Augen entfaltet. Wir müssen uns darüber also nicht den Kopf zerbrechen: Für solch eine Katastrophe werden unsere Gegner schon sorgen!
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F. Roger Devlin: Sex, Macht, Utopie, Schnellroda 2017. 304 S., 22 € – hier einsehen und bestellen!
Zur Vertiefung stehen diverse längere, englischsprachige Features Devlins auf Plattformen der amerikanischen AltRight zur Verfügung, unter anderem bei Red Ice:
Caroline Sommerfeld
Den Devlin hab ich neulich in der U-Bahn angefangen zu lesen, und mußte so lachen, daß sich zwei Typen nach dem Titel erkundigten, ich las ihnen den Satz vor "Ich bin kein Frauenfeind, sondern ein Menschenfeind mit besonderem Augenmerk auf Frauen", worauf sich einer den Titel abfotografierte mit seinem Smartphone und mir noch vergnügliche Lektüre wünschte. Wahrscheinlich spinn' ich wirklich ...