die Bücher verkauft, eigentlich ist sie fertig. Sie taxiert mich: Ich merke, dass sie abwägt, ob ich irgendwie nützlich für sie sein könnte. Sie will keinen small talk machen, sondern hat eine Mission zu erfüllen. Am Tag vorher kam sie aus Jordanien zurück, am folgenden Tag hält sie einen Vortrag in Bautzen. Als ich sage, dass ich Pfarrer war, verändern sich ihre Haltung und Gesichtszüge – ich rutsche offenbar in die Kategorie „potentiell nützlich“.
Schwester Hatune legt es auch nicht darauf an, bescheiden zu wirken. Sie kommt aus einer reichen Familie christlicher Großgrundbesitzer im Südosten der Türkei. Vor Zeiten gab es da 96 Prozent Christen. Aktuell sind es nur noch zwei Prozent. Die Christen wurden in der laizistischen, kemalistischen Türkei nicht weniger unterdrückt, schikaniert und bis zum Tode verfolgt als heute.
1985 gab die Familie dem Druck nach und emigrierte nach Deutschland, wo Hatune Dogan in den syrisch-orthodoxen Orden „St. Efraim der Syrer“ eintrat. Mit ihrem Erbe legte sie den Grundstock für ihre Hilfsorganisation „Helfende Hände“. Sie hat mehrere Abschlüsse, u.a. in Psychologie, spricht vierzehn Sprachen und lernt gerade zwei weitere, hat mehrere Bücher veröffentlicht, im Augenblick liegen acht bei verschiedenen Verlagen im Lektorat. Ohne Selbstgefälligkeit, aber auch ohne aufgesetzte Demut erzählt sie mir, dass sie als „neue Mutter Theresa“ bezeichnet wird und das Bundesverdienstkreuz erhalten hat.
Ihre Organisation ist mit 5000 Ehrenamtlichen in 35 Ländern tätig. Sie kümmern sich um die Ärmsten, leisten Nothilfe vor Ort und leiten zur Selbsthilfe an. Sehr aktiv ist sie im Nahen Osten, vor allem für Frauen und Kinder. Schwester Hatune lässt keinen Zweifel daran, wer diese Ärmsten sind: die Christen.
Ihr Vortrag ist anekdotenreich, sie passt sich dem Publikum an. Sie zeigt Fotos und Videos, die einem Hals und Herz und Hirn abschnüren. Ihr Vortragsstil ist leidenschaftslos. Ihre Empathie, so scheint es, hebt sie sich für die Opfer auf. Die Opfer – viele Frauen – interviewt sie, indem sie sie im Arm hält. Die Betroffenen drehen der Kamera den Rücken zu. Schwester Hatune blickt in die Kamera und übersetzt. Häufig weint sie dabei.
Sie ist ein Freund der klaren Rede. Es folgen nun stichpunktartig ihre wichtigsten Aussagen zum Thema „Islam“:
- Der Islam ist ein faschistoides Herrschaftssystem, mit Religion hat er nur nachgeordnet zu tun.
- Der IS (oder Boko Haram, oder die Al-Shabaab-Miliz) ist der Islam, und der Islam ist der IS. Etwas wie den IS gibt es in jeder Generation, immer unter einem anderen Namen. Er ist die Reformation des Islam, weg von einer gemäßigteren, hin zu einer extremistischen Anwendung des Koran. Das passiert immer wieder. Am Anfang waren es die Quraish, vor hundert Jahren die Ibn Saud, jetzt ist es der IS – es ist eine ununterbrochene Linie. In hundert Jahren werden die heutigen IS-Eliten die „Royals“ von Syrien und dem Irak sein, Leute, die ihre Ehre und ihren Reichtum im Dschihad verdient haben, und mit ihrem Geld werden sie eine neue, junge, hungrige, kampfwillige Generation von Dschihadisten unterstützen. Der Dschihad ist ein perfektioniertes, über Jahrhunderte erprobtes System.
- Erdogan unterstützt und fördert den IS. Die Kurden sind keine Bündnispartner für Christen oder Jeziden, sie entwaffnen deren Dörfer, ziehen sich zurück, lassen den IS einrücken und die Leute töten, dann zieht sich der IS, nachdem er die Drecksarbeit erledigt hat, wieder zurück, die Kurden rücken wieder vor und verkaufen es dann als “Sieg gegen den IS”.
- Der Mord an Christen und Jeziden läuft systematisch und mit äußerster Grausamkeit ab. Mord und Folter, Vertreibung und Zwangsbekehrung bilden Konstanten über Jahrhunderte hinweg. Schwester Hatune zeigt Bilder und Filme von Massengräbern, gefolterten und gekreuzigten Kindern und Frauen (die Frau steht im Wert noch unter dem Kind). Es ist ein religionspolitischer Genozid, sie werden “geschlachtet”.
- Diese Art von Grausamkeit ist nichts Neues, sondern integraler Bestandteil der islamischen Herrschaftsausübung. Sie zeigte Bilder vom Mord an den Armeniern vor hundert Jahren. Es war und ist dieselbe Grausamkeit, dieselbe Gewalt, derselbe Terror (nur, dass der IS heute sehr professionell auf die Wirkung von Filmen setzt und seine Bilder bewusst zum Einsatz bringt).
- Nur Christen und Jeziden sind echte Verfolgte, nur sie müssen wir aufnehmen, Muslime sind keine Verfolgten. 80% der Flüchtlinge sind keine Flüchtlinge, sondern Invasoren. Niemand sollte ins Land gelassen werden, der keine Papiere vorweisen kann – Handy haben sie schließlich auch alle.
- Wer in Europa einreisen darf, bestimmen UN-Organisationen, die ihr Geld wiederum zu großen Teilen aus Saudi-Arabien erhalten. Deswegen bleiben Christen und Jeziden, die wahren Flüchtlinge, vor Ort. Auch erhalten christliche Flüchtlingslager, z.B. im Libanon, keine Hilfe von Seiten der Staaten oder der UN-Organisationen, nur private Hilfswerke kümmern sich um diese Flüchtlinge. Christen und Jeziden sollen ausgerottet werden, durch Mord oder durch den Hungertod, es ist egal.
- Es wird mit dem Islam keinen Frieden geben. Der Islam ist keine Religion des Friedens, sondern ein Todeskult, ein Kult der Vernichtung und des Völkermords.
- Die islamischen Vertreter, die hier bei uns auftreten, lügen – z.B. Scheikh al-Azhar, der mit Minister de Maiziere beim Kirchentag auftrat und die Ermordung der ägyptischen Christen bedauerte, der aber selbst entweder den Auftrag oder die Erlaubnis dazu erteilt hatte. Schwester Hatune war dabei, sie sagte: “Er lügt, er lügt, er lügt, mit jedem Wort, und wenn er wieder in Ägypten ist, sagt er, dass er ’nur für die Ohren der Europäer geredet hat’.”
- Unsere Regierungen verhindern aktiv und systematisch eine ehrliche Berichterstattung. Schwester Hatune war mit mehreren Fernsehteams unterwegs, u.a. von „Spiegel TV“ und „Brisant“. Sie hat den Teams stillgelegte Schwimmbecken gezeigt, die zu Massengräbern umfunktioniert wurden. Sie hat die „verbotenen Straßen“ gezeigt, auf denen der IS Nacht für Nacht sein Öl über Kurdistan in die Türkei transportiert, ein LKW nach dem anderen. Keiner dieser Filme durfte in irgendeinem europäischen Land gesendet werden.
- All dies wird in den nächsten Jahren auf Europa niedergehen wie eine Schneelawine ungeahnten Ausmaßes. Wir erleben erst die Anfänge. Diesen Terror und diese Gewalt haben wir importiert, und wenn es keinen politischen Willen zur Selbstbehauptung gibt, gehen wir unter. Den Atheisten wird es dabei noch zehnmal schlechter gehen als den Christen – reiche Christen haben immerhin die Möglichkeit, sich durch die Dschizya freizukaufen.
- Schwester Hatune teilt Muslime in vier Kategorien ein: 1. Aufgeklärte und gebildete Muslime, die den Koran ablehnen: auf sie darf man keine Hoffnung setzen, sie haben zu viel (berechtigte) Angst. Hamed Abdel Samad, den sie gut kennt, steht z.B. unter permanentem Polizeischutz, weil er sonst sofort umgebracht werden würde. 2. „Religiöse Analphabeten”, die eigentlich nur ihre Ruhe haben wollen, die aber auch glauben und machen, was man ihnen sagt – ein großer Teil der muslimischen Bevölkerung, die aber nichts gegen den IS tun, sondern alles schicksalsergeben hinnehmen werden. 3. Aleviten und ein Teil der Schiiten – diese sind vollkommen okay, sie integrieren sich unproblematisch, man kann mit ihnen gute Nachbarschaft führen. 4. Die sunnitischen Dschihadisten, die durch eine Art “permanente, systemimmanente Reform” in jeder Generation neu auferstehen und den Kampf weiterführen.
- Auf die Frage, wie wir – vor allem wir als Christen – mit Muslimen umgehen sollten, antwortet sie: Man soll fragen: “Glaubst du an den Koran? Lebst du nach dem Koran?” Man bekommt darauf eine ehrliche Antwort. Wenn sie “Ja” lautet, ist dem betreffenden Muslim nicht trauen. Er ist nicht hier, um tolerant zu sein oder in Frieden mit uns zu leben, sondern um die Mission zu erfüllen, die der Koran ihm vorschreibt. In diesem Zusammenhang sehr interessant: Schwester Hatune charakterisierte die Dschihadisten gar nicht als “tapfer” oder “mutig”, sie sagte, sie hätten einen “Hundecharakter” (was nichts über die Personen aussagen sollte, sondern über die Charakterbildung, wie sie innerhalb der islamischen Kultur stattfindet): Zieht man sich zurück, werden sie noch aggressiver, tritt man ihnen jedoch entschieden entgegen, entsteht zumindest eine gewisse Art Respekt.
- Der Koran ist die Wurzel allen Übels.
- „Steht auf und wehrt euch. Es ist ganz egal, ob man euch deswegen Nazis nennt. Das, was auf euch zukommt, ist viel schlimmer!“
- „Es ist noch nicht zu spät.“
Nun mögen das alles Aussagen sein, die dem kundigen Leser und selbständigen Denker nicht neu sind. Im Grunde wissen wir das. Ich wusste aber nicht, dass alles noch viel schlimmer ist, als wir vermuten. Schlimmer in der Quantität, denn es sind keine regionalen oder temporalen Phänomene, vielmehr ist es ein perfides, maschinengleich ablaufendes System. Schlimmer in der Qualität, denn für die Art der gezeigten und geschilderten Grausamkeiten findet man keine Worte. Und schlimmer in den Folgen, die uns durch die handlungsunfähige und –unwillige Politik drohen.
Interessant für mich war, daß sie dem Christentum in der Auseinandersetzung mit dem Islam eine funktionale Schwäche attestiert: Wenn man an einen Gott der Liebe und der Vergebung glaubt, kann man nicht mit der gleichen Grausamkeit zurückschlagen. Es ist daher auch völlig unerheblich, ob der Islam auf eine Kultur mit einer stark oder einer eher schwach ausgeprägten christlichen Identität trifft: Der Islam ist immer grausamer, härter und stärker.
Das Einzige, das ihn in die Schranken weisen kann, ist ein starker Staat mit starker Gesetzgebung – also jene Staaten, die unsere Medien als „orientalische Diktaturen“ darstellen. (Anmerkung von mir: Die funktionale Schwäche korreliert allerdings mit einer spirituellen Stärke, die sich u.a. darin erweist, dass es im Islam unserer Zeit eine Bekehrungsbewegung gibt, die umfassender und größer ist als die Bekehrungsbewegungen seit der Entstehung des Islam insgesamt. Der Kampf ist ein metaphysischer, und er wird nicht bei uns entschieden, sondern im Herzen des Islam. Vergleiche dazu David Garrison, „Ein Wind im Haus des Islam“).
Ebenfalls interessant war ihr lobendes Urteil über Thomas de Maiziere. Sie hat engeren Kontakt ihm und meint, er sei der einzige deutsche Politiker, der bereit sei, zuzuhören. Er wisse jetzt schon sehr viel, und sie werde ihn dazu bringen, etwas zu unternehmen.
Unabhängig von Minister de Maiziere stellt sich die Frage, was wir tun können. Natürlich ist „F & F“ das Nächstliegende: Fürbitte und Finanzen. Darüber hinaus sollte eine Einladung nach Schnellroda erwogen werden; Schwester Hatune zeigt keinerlei Berührungsängste.
Unterstützung könnte auch so aussehen, dass wir ein Haus für verfolgte Christen bereitstellen, eine Art Arche – ich weiß, wo man ein geräumiges Gebäude für einen symbolischen Euro erwerben und wie man die Unterstützung der ansässigen Bevölkerung gewinnen könnte. Umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten wären freilich notwendig, die Bereitstellung organisatorischer und technischer Ressourcen, auch die Betriebskosten müssten ja auf Dauer gesichert sein. Ich weiß, wir haben genug andere Projekte am Start … Ich weiß. Aber wäre es denn redlich, den Kirchenleitungen und der Politik – berechtigter Weise – permanent ihr Totalversagen in Bezug auf die verfolgten Christen vorzuhalten, ohne selbst etwas besser zu machen?
Augustin
Der Text ist mir generell zu plakativ-propagandistisch. "Der" Islam sei der Feind, er sei Ideologie, keine Religion... "Der Islam ist immer grausamer, härter, stärker." Auf mich wirkt das so, als ob hier Minderwertigkeitsgefühle auf eine imaginierte Größe projiziert werden.