Sonntagsheld (52) – Heia Safari!

Wenn’s knallt, dann knallt’s

Seit­dem es eine wach­sen­de rech­te Gegen­öf­fent­lich­keit in den sozia­len Medi­en gibt, tobt intern eine erbit­ter­te Dis­kus­si­on, wie mit den Prot­ago­nis­ten die­ses Milieus umzu­ge­hen ist. Damit wir uns nicht falsch­ver­ste­hen: Es geht weni­ger um Ver­le­ger, Publi­zis­ten, oder Medi­en­pro­jek­te, als um die wach­sen­de Men­ge der abschät­zig „E‑Celebs“ genann­ten Ein­zel­kämp­fer, die auf Platt­for­men wie You­Tube oder Face­book etwas prak­ti­zie­ren, was man mit viel gutem Wil­len als rech­ten Unter­hal­tungs­jour­na­lis­mus bezeich­nen könnte.

Die Pro­ble­me die­ser Art von Akti­vi­tä­ten lie­gen auf der Hand: Die Prot­ago­nis­ten bewe­gen sich in einem Misch­feld von Bericht­erstat­tung und Akti­vis­mus und sind gleich­zei­tig Mar­ke und Ver­mark­tungs­or­gan. Als Selbst­stän­di­ge sind sie direkt abhän­gig von den Mone­ta­ri­sie­rungs­sys­te­men der jewei­li­gen Platt­for­men, was sie dazu zwingt, die Inhal­te ihrer Vide­os und Berich­te an deren eng­ge­strick­te und durch das Netz-DG inten­si­vier­te Richt­li­ni­en anzu­pas­sen. Zwar ste­hen alter­na­ti­ve Finan­zie­rungs­me­tho­den über Crowd­fun­ding-Sei­ten wie Patre­on zur Ver­fü­gung, aller­dings zieht sich auch dort die Schlin­ge der Geschäfts­be­din­gun­gen, AGBs und „Com­mu­ni­ty-Gui­de­lines“ immer enger. Hin­zu kommt etwas, was ich wohl­wol­lend als „eine an den poli­ti­schen Markt ange­pass­te welt­an­schau­li­chen Fle­xi­bi­li­tät“ bezeich­nen möch­te, die dazu geführt hat, dass vie­le Netz­per­sön­lich­kei­ten in den Rei­hen der Akti­vis­ten ein min­des­tens ambi­va­len­tes, in eini­gen Fäl­len auch schlech­tes Anse­hen gesehen.

Eigent­lich ist das kein Wun­der: Durch ihre Selbst­ver­mark­tung sind Men­schen wie Lau­ren Sou­thern oder Paul Joseph Wat­son gezwun­gen, sich uner­müd­lich am media­len Tages­ge­schäft abzu­ar­bei­ten, auf jeden noch so absur­den milieu­in­ter­nen Trend auf­zu­sprin­gen und – wenn kei­ne Schlag­zei­len zur Hand sind – die­se gege­be­nen­falls zu pro­du­zie­ren. Für sol­che Fäl­le gibt es – ins­be­son­de­re in den USA, wo „free­dom of speech“ (was noch­mal eine ande­re Dimen­si­on hat als „Mei­nungs­frei­heit“) ein grö­ße­res The­ma als in Euro­pa ist – ein Patentrezept:

Die jewei­li­ge Per­son begibt sich wahl­wei­se in die Rei­hen lin­ker Gegen­de­mons­tran­ten, in ein Migran­ten­vier­tel, oder irgend­wo­hin wo Mus­li­me sind und stellt pro­vo­kan­te Fra­gen, wor­auf­hin in der Regel ein Wort­ge­fecht folgt. Die­se Situa­ti­on läuft kli­mak­tisch auf eine wie auch immer gear­te­te Eska­la­ti­on hin­aus, die ent­we­der ver­ba­ler oder phy­si­scher Natur ist und die häu­fig, aber nicht immer zum Nach­teil des jewei­li­gen „E‑Celebs“ ver­läuft. Anschlie­ßend wird der Vor­fall skan­da­li­siert, kurz ein­ge­ord­net und fer­tig ist der nächs­te Angriff auf einen Patrio­ten, der genug Auf­ru­fe für eine Woche gene­riert, in der die nächs­te Sen­sa­ti­on vor­be­rei­tet wird.

Es gibt unzäh­li­ge Vide­os, die als Bei­spiel für sol­che Aktio­nen die­nen kön­nen, stell­ver­tre­tend sei auf die­ses und jenes ver­wie­sen, die den Ver­lauf jeweils anschau­lich dar­stel­len. Sicher, die­se Vide­os erfül­len ihren Zweck, regen man­chen zum Nach­den­ken über Din­ge an, die in die­sem Netz­ta­ge­buch seit bald zehn Jah­ren ver­han­delt wer­den, und doch bleibt am Ende des Tages wenig mehr als ein gewis­ser Unter­hal­tungs­wert. Im Sin­ne die­ses Unter­hal­tungs­wer­tes möch­te ich auf eine Unter­ka­te­go­rie des oben beschrie­be­nen Rezep­tes ver­wei­sen: Wäh­rend all­zu häu­fig eine Mischung aus gespiel­ter Über­ra­schung und lako­ni­scher Weh­lei­dig­keit am Ende der „Kon­fron­ta­ti­ons­vi­de­os“ steht, bie­tet ins­be­son­de­re der Bri­te Tom­my Robin­son gele­gent­lich eine etwas ande­re Art der Kon­flikt­lö­sung an.

Das zei­gen vor Allem zwei Vide­os aus den ver­gan­ge­nen Tagen, in denen er sich womög­lich nicht ganz unver­hofft genö­tigt sah zu den hoo­li­ga­nis­ti­schen Wur­zeln sei­nes poli­ti­schen Enga­ge­ments zurück­zu­keh­ren. Dabei traf er zum Einen auf einen aggres­si­ven schwarz­afri­ka­ni­schen Migran­ten in den Stra­ßen Roms, zum ande­ren auf eine Grup­pe von ver­mumm­ten Anti­fas, die ihn und sein Film­team angriffen.

Ich bin wahr­lich kein Freund der Art und Wei­se wie Robin­son Poli­tik macht, kann sei­ner libe­ra­len west­lich-chau­vi­nis­ti­schen Islam­kri­tik wenig abge­win­nen und habe in den vor­an­ge­gan­ge­nen Zei­len zur Genü­ge aus­ge­führt, wie fremd mir das Gen­re des post­mo­der­nen Erleb­nis­jour­na­lis­mus ist. Nichts­des­to­trotz: Wer sich gera­de macht, ver­dient Respekt, wer sich eine Mord­dro­hung nicht gefal­len lässt auch und wer sich in Eng­land gegen den all­täg­li­chen Wahn­sinn stellt bekommt ohne­hin einen gewis­sen Sympathiebonus.

Sonn­täg­li­cher Lor­beer­kranz daher für den ver­bal wohl pene­tran­tes­ten aller „E‑Celebs“, für Mut im Ange­sicht des Fein­des und vor Allem für die­sen rech­ten Haken.

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Kommentare (2)

Franz Bettinger

14. März 2018 05:23

Ich wünschte mir mehr Tommy Robinsons in Deutschland. Solche Leute fehlen uns.

Nils Wegner

14. März 2018 09:53

Nein, tun sie durchaus nicht. "Solche Leute" haben wir schon mehr als genug.

»Robinson says he will talk to police to help them investigate dangerous racists in far-right group«
https://www.theguardian.com/uk-news/2013/oct/11/edl-tommy-robinson-sorry-fear-muslims