Man könnte doch mal “mit Rechten reden”. Ein weißes, sehr deutsches Männertrio hatte ein launiges, esoterisches Büchlein in die Welt (d.h. in die Welt des Feuilletons) geworfen, und der Titel wurde zu dem Schlagwort des Herbstes, des Winters, des Frühjahrs wurde: Mit Rechten reden gilt als die derzeit am schlausten ausgetüftelte Verhaltenslehre gegen rechts.
Nun ist Sommer, wir steuern auf den Jahrestag zu, und immer noch ist unklar ist, wie die Frage zu lauten hätte: Darf man mit Rechten reden? Will man? Muß man? Und so ist es kaum verwunderlich, daß noch keine Antwort erfolgt ist. Natürlich gibt es in einer Demokratie kein Gremium, das darüber entscheiden könnte, wer warum mit wem über was zu reden hätte. Dennoch die Frage: Ist man weitergekommen?
Das heißt: Gibt es Annäherungen in Form von a) sachlichen Gesprächen b)„auf Augenhöhe“ c) coram publico? Nein. Eines vorweggenommen: Ist das schlimm, für uns, also genau jene „Rechten“, um die es dem Männertrio bis in die Nebensätze ging? Nein. Die Themen, unsere Themen, bleiben ja virulent. Es ist nur blamabel für die, die immer noch eiern.
Grob unterteilt gibt es drei (journalistische) Antwortvarianten auf die Frage, ob mit Rechten geredet werden sollte/dürfte/müßte:
- Nein. – Wir dürfen denen keine Bühne bieten, keine Fußbreite überlassen! Wie haben unsere Spezialisten/Experten (ungesagt: aus dem Antifa-Milieu) zu all diesen Themen. (Um diese Klientel wird es im weiteren nicht gehen, sie haben sich durch Diskursverweigerung freiwillig abgehängt und ins Abseits geschossen.)
- Ja! – Im Privaten sowieso (Motto: „Der Fußbaltrainermeines Sohnes ist AfD-Wähler, warum sollte ich als toleranter Mensch mit dem jetzt nicht mehr über die Mannschaftsaufstellung fachsimpeln?“), ansonsten, also „zur Sache“, im Geheimen gern, sehr gern. Das, dieses „Neue Rechte“, ist ja alles so interessant, so streitbar, so sehr „das eigentlich Andere“! Das Faszinierende, das Schillernde, ja, natürlich, das Kritisierbare, aber doch das wohl Kommende! Laßt uns reden! Nicht grad in Mitte oder Prenzlauer Berg… Sie mögen doch auch lieber Dorfkneipen….? Sie verstehen schon, daß es taktisch unklug wäre, wenn uns jemand sehen würde…? Öffentlichkeit? Naja, im Grunde schon, wahnsinnig gern sogar, aber Sie müssen wissen…, komm, Sie wissen doch, wie es läuft. Wissen Sie eigentlich, welches Opfer ich in meiner Redaktion/meinem Umfeld gebracht habe, weil ich äußerte, man müsse mal reden mit den Rechten? Diese Art Ausgrenzung können Sie sich gar nicht vorstellen!
- Ja – gern, öffentlich/veröffentlicht, wir wollen schon gern reden mit diesen Rechten, aber die wollen nicht! Sie suhlen sich in ihrer Opferposition, aber sind niemals gesprächsbereit. Die tun eh nur so zivilisiert. Jeder Gesprächsversuch mit denen ist vergebens, man kann sich noch solche Mühe geben, da kommt nichts bei raus. Das sind Hasser, die gar kein Gespräch führen wollen. Die schieben das nur vor!
Hier endet die Feigheit und beginnt die Lüge. Die schieben das nur vor. Eine unvollständige Chronologie:
Abschnitt 1: Ein erster Auge-in-Auge-Kontakt (schriftlich gab es hier und da schon ein marginales Hin &Her) mit Per Leo und Daniel Zorn, zweien der Autoren von Mit Rechten reden, fand zur Herbstbuchmesse in Frankfurt statt. Man stand und saß mehrmals zusammen, sprach vernünftig (wir waren ja auch der wichtigste Stand auf dieser Messe!), Martin Lichmesz hat über diese Phase vor ein paar Monaten ziemlich wütend ausgepackt.
Zuletzt saßen Leo, Zorn, Kubitschek, Lichtmesz, Sommerfeld und ich länger am Klett-Cotta-Stand, wo gerade ein Verlagsempfang gegeben wurde. Die nicht wenigen Gäste, die ihr Smartphone zückten, um das Liveerlebnis „Mit Rechten reden“ festzuhalten, wurden gebeten, die Aufnahmen bitte nicht (in sozialen Netzen oder sonstwo) zu veröffentlichen. Diese Bitte kam nicht von uns. Ja, hieß es am Tisch, man müsse demnächst länger und gründlicher reden. Dringend!
Ich darf es vorwegnehmen: Nach der Messe schlug Leo zunächst Dezember, dann Februar vor. Dann verlief die Sache völlig im Sand. Wir, die Rechten (also die, die sich angeblich „stets als Opfer inszenieren“), könnten uns nicht vorstellen, wie hart ihnen von Leuten des eigenes Milieus zugesetzt würde. Daß etliche Freundschaften darüber zerbrochen seien, nur weil man „mit Rechten reden“ wolle, sei nur die private Seite des furchtbaren Dilemmas.
Abschnitt 2: Svenja Flaßpöhler, damals DLF-Redakteurin, heute wieder beim Philosophie Magazin angestellt, hatte im Radio rund um die Buchmesse zwei Kommentare veröffentlicht, die nicht sympathisierend, aber ziemlich objektiv den bekannten Tumult wiedergaben. Sie schilderte unter anderem, wie Kubitschek versucht hatte, mit dem Wortführer der Linksextremen zu reden, der habe aber nur zurückgerufen: “Mit Dir rede ich nicht,Kubitschek hau ab.”
Flaßpöhler fand das bestürzend: Ein Dialog sei „aktuell besonders wichtig“. Daraufhin bekam auch sie ordentlich Schelte von links. In einem weiteren Beitrag rechtfertigte Flaßpöhler sich:
Extrem war das Verhalten der Linken aus folgendem Grund: Sie haben systematisch einen hermeneutischen Prozeß unterbrochen, ja, ihn gar nicht erst zustande kommen lassen. Dieses Verhindern interessierter Zuwendung verbindet sie mit all jenen, die in Bitterfeld und anderswo Angela Merkel ‘Hau ab!’ entgegenbrüllten und ihr jedes Zuhören, jedes Verstehen verweigerten.
Klingt klug. Ist aber billige Münze: Flaßpöhler markiert das Entgegenkommen nur und hat kein Interesse an einem Dialog.
Ähnlich ging es mit zahlreichen anderen Debattenverhinderern von den Großmedien: Zur Messe waren sie wild nach O‑Tönen und bekräftigten ein „Gründlichredenmüssen“, das dann (oft nach anregenden Mailwechseln) stets leider doch nicht zustandekommen konnte – nie durch ein Zurückziehen unsererseits. Daß „die Sache“ (also wir) plötzlich uninteressant geworden wäre, ist ausgeschlossen. Der Slogan „Mit Rechten reden“ füllt bis heute Sendungen. Nur, daß ohne uns über uns gesprochen wird.
Abschnitt 3: Als die Leipziger Buchmesse 2018 bevorstand, schickte ich eine Mail zum Deutschlandradio, weil es mich irritierte, daß in drei Sendungen (eines einzigen Formats!) mit „Experten“ über uns geredet wurde, aber nie auch nur eine Frage an uns gestellt wurde. Ja, schon beschied man mir, ich möge mal bitte ein paar Bücher (Wunschliste wurde angegeben) zuschicken. Ich packte ein Päckchen, daran sollte es nicht scheitern. Wochen später folgte ein Meinungsbeitrag unter der Überschrift: “Rechte Verlage auf der Leipziger Buchmesse. Kann man dieses Spiel gewinnen?” (Spiel? Gewinnen? E.K):
Die Frage, ob die Leipziger Buchmesse “rechtsextremen” Verlagen einen Stand überlassen sollte – also Verlagen, die mit ihren Publikationen nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen – die ist doch eigentlich leicht zu beantworten.
Natürlich nicht.
Einfach mal vorher schon vom “Hausrecht” Gebrauch machen, einfach mal Nein sagen – und zwei, drei Quadratmeter Messefläche nicht an rechts vermieten. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wird damit in Deutschland ganz sicher nicht beschnitten.
Dies im öffentlich-rechtlichen, einer ausgewogenen Berichterstattung verpflichteten Zwangsgebührensendern wohlgemerkt.
Abschnitt 4: Der große Rest der Meinungsinhaber mit Mikrophonplatz oder Zugang zu Leitmedien hingegen bleibt bei einem einem entschiedenen Ja bis Jein zur dauervirulenten Frage, ob mit Rechten zu reden sei. Einige prominente Blitzlichter:
Marlene Streeruwitz, Schrifstellerin, im Deutschlandfunk-Interview:
Reden selbstverständlich. Ausreden immer. Größte Korrektheit ist angebracht. (…) Und wenn es korrekt abgeht, kann ja auch korrekt gesprochen werden.
Horst Meier, Journalist und Fachmann für Rechtes, im NDR:
Mit Rechten reden? Ja, was denn sonst? Die allererste Bedingung einer offenen Debatte ist es, niemanden nur daher auszuschließen, weil er die falsche Gesinnung hat oder „unerträgliche“ Meinungen äußert. Der Streit lebt von Gegensätzen, sie sind das Salz in der Suppe.
Auch die deutsche Schriftstellervereinigung PEN (die auf der Buchmesse noch unter dem Slogan „Verlage gegen rechts“ Stimmung gegen uns gemacht hatte) ist bei ihrer Jahresversammlung (und im Rahmen einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Neue Rechte“) vor ein paar Wochen zu dem Schluß gekommen, man müsse miteinander reden.
Abschnitt 5: Zwei linksextreme, aber wohletablierte Grenzwächter haben gerade versucht, den so toleranzbeschwingten (wie folgenlosen) Dauerdiskurs einzufangen.
Zum einen hat der einschlägige Volker Weiß in der aktuellen Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik noch mal alles zusammengefaßt, was er in den vergangenen Jahren aufgeschrieben hat:
Das intellektuelle Zentrum der Neuen Rechten, das Milieu des von Kubitschek geleiteten Antaios-Verlages, hat gar kein Interesse an einer Annäherung durch inhaltliche Auseinandersetzung, sondern verachtet die Debatte grundsätzlich (…). Rechten durch den Nachweis ihrer Unlogik beizukommen, läuft daher ins Leere, da sie nicht an einer kohärenten Argumentation interessiert sind.
Und weiter:
Jede Aufnahme einer Debatte durch diese Rechte ist somit rein instrumenteller Natur. In der Antaios-Zeitschrift Sezession ist nachzulesen, wie sehr man sich historisch den Verfechtern der Diktatur verpflichtet fühlt. Statt der Debatte und des Austauschs von Argumenten pflegt man einen autoritären Kult um Tat und Entscheidung.
Es ist eine Weltanschauung, die von der Ungleichwertigkeit von Menschengruppen ausgeht und sie in der Gesellschaft zementiert wissen will. Diese Rechte lebt auch keineswegs ausschließlich von ihren Gegnern, sondern verfügt über eine ganz genaue Vorstellung, wie die Welt einzurichten ist, sollte man ihnen jemals die Gelegenheit dazu geben. Sie jedenfalls werden dann nicht mehr mit ihren Gegnern „reden“.
Für Weiss, der einmal auf einer Veranstaltung (Lesung aus seinem Buch Die autoritäre Revolte) für ein paar Minuten Zielscheibe unseres Spotts geworden war, gelten mildernde Umstände, er scheint traumatisiert:
Wenn keine Kamera in der Nähe ist, neigt auch Kubitschek zu Wutausbrüchen. Der von tiefer Sorge um Deutschland getriebene, grüblerische Verleger entpuppt sich als Poser. (….) Aus diesem Grund sind alle gescheitert, die die Kubitscheks dieses Landes mit dem Gestus des Drachentöters in den Diskurs integrieren wollten. Der Münchner Soziologe Armin Nassehi, der Kubitschek für einen Konservativen hielt und ihm den ersten großen Auftritt bescherte, zog sich schnell wieder zurück. Und auch die Autorengruppe um Per Leo, die Rechte im Gespräch widerlegen will, kam nicht weit. Die ernsthafte Suche nach einem Austausch wurde ihnen allen schlecht gedankt. Sowohl Nassehi als auch Leo wurden nach den Gesprächen von den Antaios-Autoren ins Lächerliche gezogen.
Wie bitte? Wo bitte?
Ein anderer berüchtigter Linksausleger, Jörg Sundermeier, Betreiber des Verbrecher Verlags, geht in einem Langaufsatz im Börsenblatt des deutschen Buchhandels (6/2018) auf folgendes Problem ein: Immer häufiger würden Stadtbibliotheken und Buchhandlungen mit Kunden konfrontiert, die „gezielt“ („ohne sich auch nur kurz im Geschäft umzuschauen“) nach Büchern rechter Verlage fragen. Sundermeier ist sich sicher, daß es keine Beschneidung des Meinungsfreiheit ist, wenn Bibliotheken derart schlechte Bücher nicht führen“ und wenn Buchhändler diese „schlecht gemachte Hau-Drauf-Bücher“ nicht vorrätig halten.
Soviel zum Stand der Debatte. Wir gucken mal weiter zu. Und wenn, wie so oft, mal wieder ein Medienmensch vorbeikommt und „sprechen“ will, um sich danach über Ziegenkacke und Kreuz-an-der-Wand-Inszenierung lustig machen will – immer gern. Die Kluft zwischen hier und dort wird immer größer, nur ist der lesende und hörende Bürger längst nicht mehr ein so einfach zu manipulierbarer Idiot.
Apropos Idiot: Man versucht es ja immer wieder, konkret, nicht abstrakt – ich für meinen Teil zuletzt vor ein paar Tagen in Schnellroda. Mit Linken reden? Geht nicht.
Der_Juergen
Ich habe es hier schon ein- oder zweimal gesagt, aber manchmal darf man sich ja wiederholen: Eine Debatte mit Linken ist nicht möglich. Sie wollen Deutschland, Europa, die weisse Menschheit zerstören, wir wollen sie erhalten. Sie wollen bewährte gewachsene Strukturen auflösen, wir wollen sie bewahren. Sie wollen die Atomisierung der Gesellschaft, ihren Zerfall in zahllose ethnisch und weltanschaulich verschiedene und oft verfeindete Gruppen, wir wollen eine harmonische Volksgemeinschaft. Wie lässt sich dieser Abgrund überbrücken? Gar nicht.
Die Linken können trefflich miteinander reden und sich gegenseitig in ihren Überzeugungen bestärken. Gegenüber jemanden, der ihre Götzen abklopft und rasch feststellt, dass sie hohl sind, sind sie hilflos. Deshalb hat der Antifa-Affe in dem Video aus seiner Sicht das einzig Richtige getan, indem er Ellen Kositza den Dialog konsequent verweigerte.
Eines Tages wird man mit diesen Leuten in einer Sprache reden, die sie verstehen, aber im Moment haben wir ihnen nichts zu sagen. Wenn es unter ihnen noch den einen oder anderen Saulus gibt, der sich mit etwelcher Verspätung noch zum Paulus mausert und in unser Lager übergeht, wird man ihn dort willkommen heissen. Allzu viele werden es nicht mehr sein.
(Ich spreche hier natürlich von den feuerspeienden Ideologen und nicht von einfachen SPD- oder Linkspartei-Wählern, die ihre Stimme im Moment noch der Linken geben, weil sie entgegen aller Evidenz immer noch glauben, diese vertrete die Interessen deutscher Arbeiter und Unterprivilegierter. Aus den Reihen dieser Menschen ist schon bald eine Massendesertion zu erwarten.)