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Horst Lauinger (Hrsg.): Über den Feldern. Der Erste Weltkrieg in großen Erzählungen der Weltliteratur, Anthologie, leinengebunden, Lesebändchen, 784 Seiten, 9,95 €
Das Gute ist diesmal auch günstig: Die edel in Leinen gebundene Sammlung Über den Feldern – Der Erste Weltkrieg in großen Erzählungen der Weltliteratur gibt es jetzt zum Sonderpreis von 9,95 €. Was nicht daran liegt, daß es sich nicht lohnt, mehr Geld dafür auszugeben, sondern vielleicht daran, daß das Interesse an dieser anspruchsvollen Anthologie im Mainstream 2014 nicht allzu groß war: D’Annunzio, Döblin, von Keyserling, von Doderer, Musil, Werfel sind ebenso vertreten wie Proust, Wharton, Faulkner, Hemingway und Némirovsky und viele andere.
Wer in dieser Aufzählung die Namen Jünger oder Trakl vermißt: dieser Band ist bewußt eine Sammlung der kleinen Geschichten: aus dem Hinterland, von der Heimatfront, aus der Etappe und Erzählungen von den Mühen der Nachkriegszeit.
Es gibt hier keine großen Schlachtengesänge, sondern Berichte über die Schicksale der kleinen Soldaten, Geschichten über »zivile« Refugien und Nebenschauplätze. Gerade im Jahr 2019, in dem die Debatte über die Folgen der Jahre 1914–1918 wieder aufflammt, eine lohnenswerte Lektüre.
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Frédéric DeLouche (Hrsg.): Das europäische Geschichtsbuch, 509 Seiten, großformatig, vierfarbig, 25 €
Wer entgegen dem Zeitgeist noch gerne in Lexika schmökert, sich von einem Begriff zum nächsten Thema verführen läßt, ist hier genau richtig: Fünfzehn europäische Historiker haben dieses »europäische Geschichtsbuch« schon von 20 Jahren zusammengestellt, nun liegt es in einer erweiterten, ergänzten und aktualisierten Fassung vor. Und wie schön ist diese Neuausgabe geworden!
Reich bebildert, gut zusammengestellt und sachlich fundiert wird man über geographische und sprachliche Voraussetzungen auf dem Kontinent eingestimmt und dann durch die Geschichte geführt, immer von kulturellen, künstlerischen Hinweisen, Anekdoten und Zitaten von Philosophen, Schriftsteller und Politikern und Herrschern eingerahmt.
Es verführt zum Weiterlesen und Vertiefen, ist aber vorranging ein Einführungswerk zum Schmökern, das Europa nicht als Wirtschaftsunion vorstellt, sondern als das auffaßt und darstellt was es ist: ein Kontinent mit vielen unterschiedlichen Ländern und Menschen, vereint durch ähnliche Ursprünge, Mentalität und eine wechselvolle, verwobene Geschichte.
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Francis Fukuyama: Identität. Wie der Verlust der Würde unsere Demokratie gefährdet, 240 Seiten, gebunden, 22 €
Was an sich selbstverständlich ist, nämlich Identitätsbildung durch Sprache, Geschichte, Tradition und Kultur, ist heute Gegenstand vieler Debatten und Bücher. Auch der amerikanische Gelehrte Francis Fukuyama widmet dem Thema »Identität« sein neuestes Buch.
Er untersucht darin die falschen Weichenstellungen des linksliberalen Lagers, das sich in identitätspolitischen Konstruktionen verloren hat. Er interpretiert u. a. Trump als Antwort auf diese Irrwege und nimmt ihn ernst, weil er ihn nicht für einen Unfall hält. Fukuyamas Großessay wird eine Debatte auslösen – weil es liberale Lebenslügen überraschend gründlich zerlegt.
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Alexander Kissler: Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss, 208 Seiten, gebunden, 18 €
Was in Schnellroda vor einigen Jahren schon klar war und mit dem Buch Die Sprache der BRD. 145 Unwörter und ihre politische Bedeutung von Manfred Kleine-Hartlage seine Form gefunden hat, ist jetzt auch dem Cicero-Autor Alexander Kissler aufgefallen: es muß Widerworte geben, eine klare Sprache in Politik und Gesellschaft tut not, damit nicht mehr verschleiert, vertuscht und verführt werden kann.
Kissler nimmt 15 Phrasen humorvoll und scharfzüngig auseinander, gibt Beispiele der (falschen) Anwendung und zeigt Irrwege auf. Lösungen und Alternativen hat auch Kissler nicht, aber ist klar: »Wir schaffen das!« hat ausgedient. Wer im täglichen Umgang mit Linken und Möchtegernrhetorikern Unterstützung braucht, findet in diesem Büchlein für die gängigsten Totschlagargumente gute und kluge Schützenhilfe.
Atz
Ich kann jedem empfehlen die Rede von Bundespräsident Roman Herzog auf dem 41. Historikertag diese Tage noch einmal zu lesen. Das war der veritable Zenit des konservativen Abgesangs an den Nationalstaat. Durchaus ehrlich. Durchaus überlegt. Heute überlebt. Aber unglaublich intellektuell interessant, um den Umbruch heraus zu schälen. Heute wird die europäische Frage anders angegangen und Nation und Europa sind nicht mehr als Gegensätze gedacht, sondern als Angebote an die Realisierung oder die Ausbootung des "völkischen" (im eigentlich Sinne) Willens.
https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Roman-Herzog/Reden/1996/09/19960917_Rede.html