Fällungsreaktion oder Weltenbrand?

Ein Gastbeitrag in der ZEIT, der wirklich klug, ist über Frau Rackete als moralische Heldin – so etwas ist rar und verdient Beachtung.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Denn hier wird eine Nüch­tern­heit ein­ge­for­dert, die die Blatt­li­nie und das gemei­ne ZEIT-Publi­kum all­zu­meist ver­mis­sen las­sen. Der Bei­trag ver­dient aber auch Widerspruch.

Es geht um das Pro­blem der „See­not­ret­tung“ im Mit­tel­meer. Die­ses ist kein rein juris­ti­sches Pro­blem etwa des See­rechts oder der Befug­nis­se pri­va­ter NGOs, son­dern ein mora­li­sches Pro­blem, und zwar auch und gera­de für die­je­ni­gen, die Caro­la Racke­tes Aktio­nis­mus für falsch hal­ten und den mehr­mals drum her­um gewi­ckel­ten Hei­li­gen­schein für brand­ge­fähr­lich. Gegen Hyper­mo­ral braucht man ethi­sche Argu­men­te und nicht bloß mora­li­sche Ver­ur­tei­lung der­sel­ben als dumm oder verlogen.

Mar­tin Krohs hat unter der Über­schrift Migra­ti­on als Spreng­la­dung (die im übri­gen an der Aus­sa­ge des Tex­tes vor­bei­knallt) die The­se auf­ge­stellt, daß Gesin­nungs­ethik und Ver­ant­wor­tungs­ethik in der Schlep­pe­rei- bzw. „Menschenrettungs“-Frage glei­cher­ma­ßen ver­tret­bar sind, sodaß wech­sel­sei­ti­ge Bös­ar­tig­keits­un­ter­stel­lun­gen unter­blei­ben soll­ten. Er unter­schei­det phi­lo­so­phie­his­to­risch und sys­te­ma­tisch Ethik-Model­le in A und B:

Immer aber beginnt eine Ethik des Typs A vom Aus­gangs­punkt der Indi­vi­du­en und ihrer Gleich­heit (nor­ma­ti­ver Indi­vi­dua­lis­mus), eine Ethik des Typs B hin­ge­gen von der Gemein­schaft und ihren Praktiken.

Die von ihm mit ange­führ­te klas­si­sche Unter­schei­dung Max Webers zwi­schen Gesin­nungs­ethik und Ver­ant­wor­tungs­ethik reicht aller­dings mei­nes Erach­tens hier voll­kom­men aus. Dem ZEIT-Leser erklärt er scho­nend, daß Skep­ti­ker der „See­not­ret­tung“ vom Ethik­typ B (Ver­ant­wor­tungs­ethik) ja nur befürchteten

dass das Abso­lut­set­zen von Prin­zi­pi­en, wie sie es bei pri­va­ten See­not­ret­tern und Befür­wor­tern von open bor­ders beob­ach­ten, der Bewäl­ti­gung des hyper­kom­ple­xen, hyper­sen­si­blen Gesamt­pro­blems Migra­ti­on letzt­lich abträg­lich ist. Sie befürch­ten, dass erleich­ter­te Aus­rei­se den Her­kunfts­län­dern nicht hilft, dass die mit der Zuwan­de­rung ein­her­ge­hen­den Pro­ble­me – von den Här­ten der Abschie­bung bis zum Schü­ren sozia­len Unfrie­dens – den inner­eu­ro­päi­schen Zusam­men­halt bedrohen.

So weit, so wich­tig und rich­tig. Phi­lo­so­phie ist ein vor­treff­li­ches Fäl­lungs­mit­tel. Mit ihr kann man unüber­sicht­li­che Gemi­sche tren­nen, beson­ders trü­be Lösun­gen las­sen sich durch begriff­li­ches Aus­fäl­len klä­ren. Doch mein sprach­li­ches Bild der che­mi­schen Fäl­lung deu­tet auf etwas hin: die­se fin­det im Labor statt, man muß stets alle Reak­tan­ten griff­be­reit haben. Sobald man das Labor ver­läßt, wird es wie­der unüber­sicht­lich, trü­be und mög­li­cher­wei­se gefähr­lich, Labor­be­din­gun­gen vorauszusetzen.

Doch Krohs wäre nicht der, der er ist, wenn er es bei der Fäl­lungs­re­ak­ti­on belie­ße. Er muß noch ein bissl Spreng­stoff bei­mi­schen, und um den soll es im fol­gen­den gehen. Nicht, weil ich mich so gern über ande­re Phi­lo­so­phen mokie­re, son­dern weil er einen ganz ent­schei­den­den Zusam­men­hang ver­schweigt bzw. an die­ser Stel­le sei­ne Agen­da zu fin­den sein dürfte.

Mar­tin Krohs ist Jour­na­list und Phi­lo­soph, Mit­be­grün­der der Ruß­land-Infor­ma­ti­ons­platt­form deko­der, die dor­ti­ge „alter­na­ti­ve“ Medi­en ins Deut­sche über­setzt, mit dem ent­schei­den­den Unter­schied zu hie­si­gen alter­na­ti­ven Medi­en, daß die dor­ti­gen nicht­staat­li­chen Medi­en „demo­kra­tisch“ im Sin­ne von pro-ame­ri­ka­nisch und per­fekt in den Kampf gegen Putins fake news ein­ge­baut sind. Pro­gramm­de­mo­kra­tie in action also.

Gesin­nungs- und Ver­ant­wor­tungs­ethik müs­sen argu­men­ta­tiv getrennt und geprüft wer­den und sine ira et stu­dio dis­ku­tiert wer­den unter Ethi­kern. Das hül­fe auch der Poli­tik. Krohs reser­viert aller­dings die „Repu­blik des Ethi­schen“ allein für Gesin­nungs­ethi­ker und ver­ant­wor­tungs­ethi­sche Skep­ti­ker. Wer nicht hin­ein darf? Oh, natür­lich das Pack, in Krohs’ Dik­ti­on: der „ antie­thi­sche Unsinn der vulgären Anti­ethi­ker“, die „Sexis­ten, Xeno­pho­ben, Reak­tio­nä­re, Ras­sis­ten, Natio­na­lis­ten“, die „fei­xen­den, hämi­schen, hin­ter­lis­ti­gen Fremdenhasser“.

Wer Caro­la Racke­te eine „Ver­bre­che­rin“ nennt, wie es zahl­rei­che Ita­lie­ner in die­sen Tagen zor­nig tun, darf nicht hin­ein in die Gelehr­ten­re­pu­blik. Krohs will hier nicht nur sagen, daß das Gegrö­le eines auf­ge­heiz­ten Mobs auf der Stra­ße oder im Netz kei­ne phi­lo­so­phi­sche Argu­men­ta­ti­on dar­stellt oder daß man auf dem Niveau von Beschimp­fun­gen eben nicht dis­ku­tie­ren kann (wodurch er sich ja zumin­dest ein Spür­chen selbst wider­sprä­che). Es geht ihm – wes­halb ich das hier beson­ders her­vor­he­be – dar­um, eine bestimm­te inhalt­li­che Posi­ti­on in der Migra­ti­ons­fra­ge prin­zi­pi­ell aus dem Bereich des Sag­ba­ren aus­zu­schlie­ßen, näm­lich eine

anti­de­mo­kra­ti­sche, anti­hu­ma­ne Agen­da, in der Flücht­lin­ge und Migran­ten sowie­so nur Men­schen zwei­ter Klas­se sind, deren Schick­sal einem egal sein kann – dafür die eige­ne in-group (das “Volk”) umso wichtiger.

Wer für sein Volk ein­tritt und zwi­schen in-group und out-group unter­schei­det, ist also ein „vul­gä­rer Anti­ethi­ker“. Krohs hat zuvor sel­ber sorg­fäl­tig argu­men­tiert, daß ein ver­ant­wor­tungs­ethi­scher Skep­ti­ker zwi­schen Staats­bür­ger­rech­ten und Men­schen­rech­ten unter­schei­den will oder zu beden­ken gibt, daß man nie­mals allen Men­schen hel­fen kann. Pole­misch kann man exakt die­se Posi­ti­on als „Flücht­lin­ge und Migran­ten (sind) sowie­so nur Men­schen zwei­ter Klas­se (…) , deren Schick­sal einem egal sein kann“ dis­kre­di­tie­ren. Wo also ver­läuft die für Krohs alles ent­schei­den­de Linie zwi­schen den legi­ti­men Bewoh­nern der „Ethi­schen Repu­blik“ und den Men­schen zwei­ter Klas­se, die „aus der ethi­schen Debat­te aus­zu­schlie­ßen (sind) – sie wür­den sie doch nur verderben“?

Krohs ZEIT-Gast­bei­trag endet mit der in die­sem Kon­text unver­meid­li­chen Fra­ge der Men­schen­rech­te. Er lei­tet die­se bün­dig nach dem Säku­la­ri­sa­ti­ons­mo­dell her (Men­schen­wür­de als ver­welt­lich­te Idee der Got­tes­eben­bild­lich­keit), wird dann aber zu einem poli­ti­schen Theo­lo­gen, an dem Carl Schmitt sei­ne hel­le Freu­de hätte:

Die Men­schen­rech­te beim Wort zu neh­men, heißt, einen gewal­ti­gen Auf­trag zu über­neh­men. Sie zwin­gen uns gera­de­zu in eine Heils­ge­schich­te hin­ein – aber nun, im Unter­schied zur Vor­mo­der­ne, in eine welt­li­che, die wir selbst gestal­ten müs­sen und von der nicht klar ist, ob und wie wir ihr gewach­sen sind.

In einem fei­nen älte­ren Lexi­kon der Pas­to­ral­an­thro­po­lo­gie fand ich im Ein­trag „Men­schen­wür­de“ nicht viel mehr Wor­te als das fol­gen­de Dilemma:

Da Men­schen­wür­de ein­zig durch Men­schen gefähr­det ist, zeigt sich eine ver­häng­nis­vol­le Span­nung zwi­schen der Wür­de des Indi­vi­du­ums, des­sen Rech­te und Pflich­ten durch den stoi­schen Grund­satz ‘Jedem das Sei­ne’ beschrie­ben wer­den kön­nen, und dem all­ge­mei­nen Wil­len einer Gesell­schaft, die unter Hin­weis auf den von ihr zu schaf­fen­den ’neu­en Men­schen’ fest­legt, wie Men­schen­wür­de zu ver­ste­hen sei und wel­che Rech­te und Pflich­ten sich dar­aus erge­ben. (Hans-Mar­tin Barth in: Prak­ti­sches Wör­ter­buch der Pas­to­ral­an­thro­po­lo­gie, Her­der Ver­lag, Wien 1975).

Es geht mir nicht um „Jedem das Sei­ne“, die Ein­fach­heit und Ewig­gül­tig­keit des Sat­zes suum cui­que kann man mei­net­hal­ben auf Wiki­pe­dia nach­le­sen. Es geht um den „Wil­len einer Gesell­schaft, die unter Hin­weis auf den von ihr zu schaf­fen­den ’neu­en Men­schen’ fest­legt, wie Men­schen­wür­de zu ver­ste­hen sei“. Krohs’ „welt­li­che Heils­ge­schich­te“ in die er uns hin­ein­zwin­gen will, ist die schritt­wei­se Ver­wirk­li­chung eines „neu­en Menschen“.

Er schreibt:

Die Den­ker der Auf­klä­rung und der Moder­ne, die die Men­schen­rech­te schritt­wei­se immer wei­ter aus­for­mu­liert haben, haben damit eine Spreng­la­dung ver­fer­tigt von viel grö­ße­rer Gewalt, als ihnen viel­leicht selbst klar gewe­sen sein mag. Wür­de sie mit einem Mal in ihrer Ganz­heit gezün­det, so müss­te sie alle bestehen­den gesell­schaft­li­chen Ord­nun­gen auf unse­rem Pla­ne­ten zunichtemachen.

Per­fekt for­mu­liert! Allein: das ist doch Grund genug für einen tief­grei­fen­den Men­schen­rech­te-Skep­ti­zis­mus, der sich der in ihnen ange­leg­ten Zer­stö­rungs­ten­denz ent­ge­gen­zu­stem­men ver­sucht. Wenn der ZEIT-Arti­kel so endet:

Stück für Stück in Brand gesetzt, sind die Men­schen­rech­te aber der wohl wir­kungs­volls­te Treib­satz einer Geschich­te, die den Men­schen über­haupt erst voll­sin­nig zum Men­schen macht,

dann ist das ein völ­lig unver­hoh­le­nes Argu­ment dafür, daß die Rede von Men­schen­wür­de und Men­schen­rech­ten nicht ohne die Agen­da vom „neu­en Men­schen“ aus­kommt. Das ist kei­ne Ver­hei­ßung, son­dern löst Grau­en vor dem Wel­ten­brand aus, der hier Stück für Stück bewußt ent­zün­det wer­den soll. Lang schon ist das Labor der “Repu­blik des Ethi­schen” ver­las­sen wor­den, das Expe­ri­ment nimmt rea­li­ter sei­nen Lauf.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

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Kommentare (103)

Der_Juergen

13. Juli 2019 08:04

Caroline Sommerfeld urteilt über Martin Krohs, dessen ZEIT-Artikel ich eben gelesen habe, noch zu mild. Gewiss, der Beitrag scheint auf den ersten Blick objektiver und nuancierter zu sein als das, was man sonst im deutschen Flaggschiff der Neuen Weltordnung zu lesen bekommt, aber diese scheinbare Objektivität und Nuanciertheit ist wohl nur ein Lockvogel für rational denkende Leser.

In diesem Zusammenhang darf man wohl einige elementare Wahrheiten über die illegale Migration (vor allem aus Afrika, aber nicht nur von dort) aussprechen:

- Um es überhaupt auf ein "Flüchtlingsschiff" zu schaffen, muss ein illegaler Migrant eine Summe besitzen, die im Schnitt nicht unter, eher über 10.000 Dollar liegen dürfte. Er gehört also per definitionem nicht zu den "Ärmsten der Armen".
- Wenn der Betreffende diese Summe nicht selbst besass, wurde sie ihm von den Angehörigen seiner Sippe oder den Bewohnern seines Dorfs zur Verfügung gestellt, damit er nach erfolgreicher Einreise nach Europa Geld zurücküberweisen und damit den nächsten Illegalen herholen kann.
- Mit dem Geld, das wir für ein paar Dutzend illegale Migranten in Europa verschleudern, könnte man in Afrika eine Schule oder ein Krankenhaus errichten.
- Die Lösung des Problems sähe wie folgt aus: Europäische Staaten entsenden Schiffe ins Mittelmeer, die vor der nordafrikanischen Küste einen Absperrkordon bilden, jedes Schiff mit "Flüchtlingen" sofort aufbringen und in seinen Ausgangshafen zurückbegleiten. Innerhalb von Wochen würde der Strom versiegen, und es würde kein einziger Afrikaner mehr ertrinken.

Gustav Grambauer

13. Juli 2019 09:02

Liebe Frau Sommerfeld, so wie man nicht auf zwei Hochzeiten tanzen kann, können Sie doch gar nicht Ethnopoluralistin und zugleich Bürgerin der Krohs`schen Gelehrtenrepube der abstrakten Sittengesetze sein; wundere mich, daß Sie Ihrem Kant-Affen immer noch den Zucker geben, Steiner hat doch längst diese scheußliche mit Putzfimmel betriebene Republik nicht nur "verdorben" sondern gleich kurzerhand in toto in die Luft gesprengt:

"Die Ethik soll ein Kodex von allen Idealen des Menschen sein, eine ausführliche Antwort auf die Frage: Was ist gut? Eine solche Wissenschaft ist aber unmöglich. Es kann keine allgemeine Antwort auf diese Frage geben. Das ethische Handeln ist ja ein Produkt dessen, was sich im Individuum geltend macht; es ist immer im einzelnen Fall gegeben, nie im allgemeinen. Es gibt keine allgemeinen Gesetze darüber, was man tun soll und was nicht. Man sehe nur ja nicht die einzelnen Rechtssatzungen verschiedener Völker als solche an. Sie sind auch nichts weiter als der Ausfluß individueller Intentionen. Was diese oder jene Persönlichkeit als sittliches Motiv empfunden hat, hat sich einem ganzen Volke mitgeteilt, ist zum 'Recht dieses Volkes' (hier: des italienischen Volkes, - G. G.) geworden. Ein allgemeines Naturrecht, das für alle Menschen und alle Zeiten gelte, ist ein Unding. Rechtsanschauungen und Sittlichkeitsbegriffe kommen und gehen mit den Völkern, ja sogar mit den Individuen. Immer ist die Individualität maßgebend." - GA 1 / "Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften" (Ausgabe 2014), Seiten 201 ff.

- G. G.
Ihr bekennender vulgärer Antiethiker

Kommentar Sommerfeld: Ich bin doch im selben Exil - längst ausgeschlossen aus dem Labor versuche ich mich in einer Ethik der Ohnmacht.

quarz

13. Juli 2019 09:18

Ich habe den Text von Krohs (noch) nicht gelesen, aber aus dem, was ich hier über ihn erfahre, lässt sich bereits eine falsche Prämisse erkennen, von der ausgehend er dann zu falschen Schlüssen kommt. Der Kern seines Denkfehlers kommt in seiner Rede vom „Absolutsetzen“ von Prinzipien zum Ausdruck. Er unterstellt nämlich eine Gegenüberstellung von Positionen, die sich unter anderem diesbezüglich unterschieden. Nun ist eine Unterstellung des Absolutsetzens gänzlich inhaltsleer, solange nicht expliziert ist, welche Relation hier bestritten wird. Absolut = nicht relativ, aber „nicht relativ“ in Bezug auf welche Relation?

In einer Hinsicht ist jedes normative Prinzip relativ, kann also gar nicht absolut gesetzt werden: eine Norm richtet sich immer an jemanden, der sie erfüllen soll, ist also relativ zu ihm. DU sollst nicht töten. ER möglicherweise schon. An dieser Relativität würde auch der Umstand nichts ändern, dass eine Norm für JEDE Person gilt, denn es handelt sich um eine begriffliche und somit nicht kontingente Relativität. Dass Normen in dieser Hinsicht relativ sind, steht a priori fest und bedarf keiner Überprüfung der Frage, welche Personen den als Relata in dieser Relation zur Norm stehen.

Wichtig für die Beurteilung der hier diskutierten Angelegenheit ist aber Relativität in einer anderen Hinsicht. Wenn spezifiziert wird, in Bezug welche Handlung bzw. Handlungsweise einer Person einer bestimmten Norm unterworfen ist, WAS zu tun also dieser Person geboten, verboten oder erlaubt ist, dann kann die Charakterisierung dieser Handlung/Handlungsweise selbst wieder eine relative Bestimmung aufweisen. „Liebe deinen Nächsten“ wäre so eine Bestimmung. „Liebe den Papst“ wäre keine solche Bestimmung. Worin liegt der Unterschied? Darin, dass die Bestimmung einen Bezug zur Person herstellt, der zu handeln geboten ist. Und es kann sein, dass dieser Bezug in manchen Fällen eine andere Handlung vorschreibt als in anderen. Mein Nächster ist nicht dein Nächster. Es kann folglich mir geboten sein, Thomas zu helfen, dir aber nicht. Aber der Papst ist der Papst. Wenn es geboten ist, dem Papst zu helfen, dann ist das mir genauso geboten wie dir.

Und jetzt kommen wir langsam zum Kern der Sache. Ich behaupte, dass Handelnde unterschiedliche Verantwortungsradien haben. Entgegen dem oberflächlichen Anschein hat das nichts mit der Unterscheidung zwischen Pflicht- und Verantwortungsethik zu tun, sondern damit, dass die konkreten Pflichten auch denn nicht (immer) für alle Personen dieselben sind, wenn die handlungsleitenden Prinzipien keinerlei inhaltlichen Bestimmungen aufweisen, auf die dieser Unterschied zurückgeht.

Ich bin z.B. ceteris paribus dafür verantwortlich, dass meine Kinder etwas zu Essen bekommen, aber nicht dafür, dass für die Kinder meines Nachbarn der Esstisch gedeckt ist. Umgekehrt trägt der Nachbar nicht die Verantwortung für die Verköstigung meiner Kinder. Zu erklären, WARUM diese Reltivität der Verantwortung gegeben ist, bedürfte einer längeren Erörterung und sein an dieser Stelle dahingestellt. Jedenfalls sind wir jetzt an einem Punkt angekommen, wo erkennbar wird, warum die Unterstellung Krohs‘, man behandle Migranten als „Menschen zweiter Klasse“ auf einem konzeptuellen Denkfehler beruht. Wenn es nämlich eine „Klasse“ (richtiger gesagt: „Menge“ im Sinne der Mengenlehre) von Menschen gäbe, die zweitklassig behandelt würde, dann müsste sich das Prädikat, das die Elemente dieser Klasse spezifiziert, ohne Bezugnahme auf den Handelnden formulieren lassen, aber das tut es nicht. Die Migranten werden also nicht mit einer Eigenschaft der „Zweitklassigkeit“ bedacht, sondern es wird lediglich konstatiert, dass (z.B.) wir Europäer für bestimmte Maßnahmen zu ihren Gunsten nicht verantwortlich sind. Das schließt nicht aus, dass es Minimalmaßnahmen gibt, zu denen auch wir verpflichtet sind (wie im Fall der hungernden Nachbarskinder), aber die Debatte müsste sich dann auf die Frage verlagern, wo die Grenzen dieser Verpflichtung liegen. Die Argumentation aber, die Krohs vorträgt, scheitert schon im Ansatz, weil er sie auf begrifflich falsche Prämissen gründet.

Gustav Grambauer

13. Juli 2019 09:47

Um noch die hegemoniale und die psychologische Seite zu beleuchten:

"Daß diese Sätze die Empfindungen einer vornehmen, einer Herrennatur zum Ausdruck bringen, die sich die Erlaubnis, frei, nach ihren eigenen Gesetzen zu leben, durch keine Rücksicht auf ewige Wahrheiten und Vorschriften der Moral verkümmern lassen will, fühlen diejenigen Menschen nicht, die, ihrer Art nach, zur Unterwürfigkeit geeignet sind. Eine Persönlichkeit, wie die Nietzsches ist, verträgt auch jene Tyrannen nicht, die in der Form abstrakter Sittengebote auftreten."

- Steiner über das Nietzsche-Diktum "Nichts ist wahr, alles ist erlaubt. Wohlan, das war Freiheit des Geistes, damit war der Wahrheit selbst der Glaube gekündigt", in: "Friedrich Nietzsche - ein Kämpfer gegen seine Zeit" / GA 5 (2002), Seite 3

brueckenbauer

13. Juli 2019 10:09

Liebe Frau Kositza,
das haben Sie schön rausgearbeitet, dass das Problem eigentlich im Progressismus liegt - der Idee eines großen "heilsgeschichtlichen" Projekts zur Schaffung einer "besseren" Welt. Das ist der Fehler, den Krohs mit den von ihm kritisierten Durchschnittslinken teilt. Übrigens nähern Sie sich mit dieser Schwerpunktsetzung ja Karl Popper.

Was ich gegen Krohs als erstes vorgebracht hätte: Auch bei der "Ethik A" sollte es ja doch wohl nicht nur um Gleichheit gehen, sondern auch um Freiheit. Jedenfalls war das noch vor dem Jahr 2000 so. Und damit um eine Abwägung zwischen den neuen Freizügigkeitsansprüchen der Immigranten und den konventionell in Anspruch genommenen Freiheiten der Eingesessenen.

Kommentar Sommerfeld: Sie verwechseln die Damen, werter Herr Brückenbauer. Inwiefern nähere ich mich Popper? Dessen "open society" ist doch ihrerseits ein heilsgeschichtliches Programm.

zeitschnur

13. Juli 2019 10:15

Ein sehr guter Artikel mit einer ebenso klaren wie (hinsichtlich des referierten Textes Martin Krohs) bestürzenden Gedankenführung. Ich bin mal allen Links nachgegangen:

Es ist interessant, den wesentlich ausführlicheren und damit auch klareren Text Krohs auf seinem Blog zu lesen https://medium.com/@martin_krohs/ethik-rackete-seawatch-rettung-schlepper-migration-e51e897b242a
Auf diesem Blogtext basiert wiederum der Zeit-Artikel.
Der Blogartikel hat den Titel „Ethischer Chauvinismus“. Was Krohs damit meint, beschreibt er so:

„Der Begriff Chauvinismus bezeichnet normalerweise eine Situation, in der sich eine Nation einer anderen überlegen fühlt und gegen die als unterlegen gedachten ein mobbing ausführt, im schlimmsten Falle einen Krieg beginnt. Chauvinismus ist Gewalt — zunächst symbolische. Ganz zurecht wurde der Begriff auch auf das Geschlechterverhältnis übertragen, in dem Sinne, dass in unseren Gesellschaften traditionell ein männlicher Chauvinismus gegenüber dem weiblichen Geschlecht existierte oder existiert.
Im Verhältnis von Ethiken zueinander, die ja alle einem Streben nach irgendeinem „Guten“ entspringen, sollte Chauvinismus eigentlich ausgeschlossen sein. Und dennoch kann man kaum zu einem anderen Eindruck kommen als zu dem, dass sich die Ethik A derzeit chauvinistisch gegenüber der Ethik B verhält. (…)

Dies ist ein scharfer Vergleich, sicher. Ich denke aber, dass er an dieser Stelle angebracht ist. Denn die Delegitimierung alternativer Ethiken, jedenfalls solange diese zu den historischen bewährten und systematisch gut begründeten Ethiken gehören, diskreditiert letztlich das Ethische selbst.“

Soweit so gut. Aber dann folgen lange Passagen, in denen der Autor reflektiert, ob es eine spontane, unreflektierte Ethik geben könne, dass es viele verschiedene Ethiken gibt und keine die einzig richtige sein kann und dass — in Anlehnung an Kants Satz „Gut ist allein der gute Wille“ — ein neuer Vorschlag über das Gute formuliert wird: „Gut ist, sich zu fragen, was gut ist“ oder. Eine „Ethik der Ethik“ müsse allem ethischen Meinen zugrunde liegen, sonst sei es keine echte Ethik.

„Heute jedenfalls ist Handeln auch immer bewusstes Handeln (Denken über Handeln), Kunst immer auch Meta-Kunst, und auch Ethik weiss (oder muss wissen), dass sie sich im spannungsreichen, konfliktgeladenen, oft selbstwidersprüchlichen Bereich verschiedener Ethiken und verschiedener moralischer Optionen abspielt. Nur sagen zu wollen: So ist es gut, so ist es richtig, ohne mögliche Gegenteile mitzudenken, wäre heute einfach nur naiv.“

Und ab hier kippt die bisher nachvollziehbare und vernünftig klingende Argumentation ins Gefährliche und selbst verdeckt Gewaltsame ab:

Schon zuvor hatte Krohs eine Art „Wolf im Schafspelz“ gezeichnet, nämlich den „vulgären“, „egoistischen“, „feixenden“, „hämischen“, natürlich rechtslastigen „Fremdenhasser“, den man leicht mit der verantwortungsethischen Position B verwechseln könne, aber nicht dürfe. Klar, umgekehrt darf man auch den Verantwortungsethiker nicht mit einem bösen vulgären „Rechten“ verwechseln…
Aber Krohs geht es trotz dieser Rhetorik doch erkennbar um das Szenario, dass böse Rechte sich als Verantwortungsethiker geben:

„Wir dürfen ihn tatsächlich aus der ethischen Debatte ausschliessen, und wenn er selbst versuchen sollte, seiner Vulgarität das Deckmäntelchen des Moralischen umzuhängen, dann haben wir das Recht und die Pflicht, es ihm abzureissen.“
Und natürlich schlägt der Autor auch der Form halber vor, das ethische Gelaber unserer Regierung daraufhin zu überprüfen, ob es nicht bloß ein solches moralisches Deckmäntelchen um sich gehängt habe. Dass Merkel sichtlich am Ende ist, ist durch die Zitteranfälle schon augenfällig geworden, von daher ist es nicht verwunderlich, wenn nun auch die „Zeit“ und ihre Autoren allmählich den Merkelsturz unverhohlen einfließen lassen.

Was ich aber hochgradig gefährlich finde, ist die Wendung der Argumentation dahin, dass sich niemand mehr einer Überzeugung gewiss sein darf. Wenn er nicht zur Schau stellt und bis in den letzten Seelenwinkel zelebriert seine Meinung vom Guten ständig hinterfragt und leugnet:

„Erst in dem Augenblick, da ich mich — glaubend, bereits zu wissen, was gut ist — noch einmal frage, was gut ist, kann sich ein echter Zweifel an der Alleingültigkeit meiner ethischen Position einstellen. Erst dann kann ich in Betracht ziehen, dass die Position meines Gegners, die ich bisher, da sie ja meiner eigenen, ethischen, widerspricht, als un-ethische oder anti-ethische wahrgenommen habe, ebenfalls eine ethische Position sein könnte.
Und erst von diesem Augenblick an können wir miteinander reden.“

Nur einer, der dies zelebriert, ist „Bürger der ethischen Republik“ und verdient es, gehört zu werden! Das ist schlicht und einfach Gesinnungsterror, den er vorschlägt. Wer noch von irgendetwas überzeugt ist, gilt als einer, der nicht bereit ist, es zu hinterfragen oder es durch Abwägungsprozesse erworben zu haben. Und einem solchen kann und muss man den Diskurs verweigern.
Wir erleben aber jetzt schon, dass selbst reflektiertesten Personen der Diskurs verweigert wird, ganz einfach, weil sie a. intellektuell haushoch überlegen sind und bessere Argumente haben (und so etwas gibt es!!!) und b. nach Abwägung das, wofür die meisten guten Argumente sprechen, als Überzeugung geformt haben.

Solche Menschen darf es nun also nicht mehr geben. Als verunsicherte, stets im ungewissen herumfischende Manipulationsmasse sieht der Autor seine Mitmenschen und verknüpft das offenbar mit dem religiös aufgeblasenen Maximum an „Menschenwürde“. Seine Anklänge an Kant sind ebenfalls missbräuchlich, denn Kant hätte niemals bestritten, dass es das Gute gibt, das ich wollen kann. Der Autor aber bestreitet dies und ersetzt es durch ein Gutes, das sich unablässig selbst wieder aufheben soll.

Auffallend war mir übrigens auch, dass Krohs einerseits hinter dem Verantwortungsethiker die Fratze des bösen und vulgären „Rechten“ wittert, der sich niemals fragt, was wirklich gut ist. Aber er unterließ es, danach zu fragen, welche Fratze dann möglicherweise hinter der Rackete-Gesinnungsethik, die er zu recht als die häufiger vorhandene analysiert, steht? Ist das nicht ebenfalls möglicherweise hochgradig egoistisch, selbstgerecht, hedonistisch (Ethik als stylische, pathetische Zelebration), selbstbefriedigend etc.? Und assoziiert das nicht auch bestimmten politischen Abarten?
Und überhaupt: was heißt hier Diskursverweigerung? Wer nicht reflektiert, was er für gut hält, kann darüber auch keine Diskurse führen. Das sollte Herr Kroh eigentlich alleine aus logischen gründen begriffen haben. Wer Diskurse verweigert, steht daher selbst im Geruch, keine guten Argumente zu haben. Autsch — da beißt sich doch tatsächlich unser Kätzchen in den eigenen Schwanz…

Und zum guten Schluss: Das Gute kann ebenso wie die Wahrheit kein relativer Begriff sein. Wenn ich etwas als „gut“ erkannt habe, kann ich es nicht morgen wieder einfach verwerfen. Sonst wäre es nicht das Gute gewesen. Wenn das Gute relativ bleibt, gibt es schlicht und einfach das Gute gar nicht. Das „Gute“ als täglicher Verhandlungsbegriff ist in sich selbst absurd.
Im Gedankenpool Krohs sollte man dann einfach auf solche tradierten Begriffe verzichten und offen zugeben, dass man gar nicht will, dass das Göttliche und damit Gute noch eindringt in unsere Gesellschaftsexperimente.
Denn das ist es, worum es in letzter Konsequenz geht in der Gedankenwelt dieses Autors: die totale Entgöttlichung der Welt, des Menschen und daher — wobei ihm das sichtlich nicht klar ist — auch die vollkommene Entwürdigung des Menschen als Ebenbild Gottes.

Ich finde daher besonders den Schluss des Sommerfeld-Artikels sehr sehr gut getroffen!

Alex Schleyer

13. Juli 2019 11:03

Die Metaebene mag schön(geistig) und wichtig sein, aber zunächst zählen strohtrockene Fakten. Die ganze Causa ist sehrwohl eine Frage des internationalen Seerechts und des nationalen Rechts der Küstenstaaten.
Ich behaupte mal, als Ex-Seemann unwesentliche Ahnung von der Materie zu haben: SeaWatch und die anderen NGOs betreiben nicht direkt das Geschäft der Schlepper, sie nehmen ihnen lediglich unfreiwillig das letzte Stück Arbeit ab. Daß die Migranten sich auf den Gummibooten auf den Weg nach Europa machen, ist allein daher schon eine Mär, weil ihre Treibstoff- und Wasservorräte für maximal 30 Meilen reichen, also direkt ins Operationsgebiet der NGOs.
Carola Rackete ist neben Klaus Vogel von der „Aquarius“ die einzige Schiffsführerin der NGOs, die überhaupt eine seemännische Ausbildung genossen hat. Sie weiß also genau, was sie tut.
Zunächst hat sie gegen die Regeln von SOLAS und MARSEC verstoßen, die Kapitänen zwar die bedingungslose Pflicht auferlegen, in Seenot geratene Personen zu retten, sie aber entweder bis in den eigenen Zielhafen mitzuführen oder in den nächsten sicheren Hafen zu verbringen. Das wäre in diesem Fall Tunis gewesen. Die dortigen Behörden dürfen untersagen, daß Besatzung oder Passagiere an Land gehen, müssen aber gemeinsam mit dem Flaggenstaat und den Heimatstaaten der Betroffenen konsularische Hilfe zur schnellstmöglichen Repatriierung leisten.
Vor allem aber hat Rackete gegen das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gleich mehrfach verstoßen: Artikel 19 gewährt jedem zivilen Schiff die friedliche Durchfahrt durch Hoheitsgewässer, kann aber nach Abs. a) untersagt werden, wenn ein Schiffsführer droht, „gegen die Souveränität oder die territoriale Unversehrtheit“ zu verstoßen. Salvini hat der SeaWatch das Einlaufen verwehrt, Rackete aber steuert das Schiff entgegen besseren Wissens trotz ausdrücklichem Verbot in den Hafen von Lampedusa. Begründet ist das Verbot mit Art. 19 Abs. g), der das „Laden oder Entladen von Waren, Zahlungsmitteln oder Personen entgegen den Zoll- und sonstigen Steuergesetzen, Einreise- oder Gesundheitsgesetzen des Küstenstaats“ untersagt.
Ganz unabhängig von der moralischen oder politischen Bewertung der Vorgänge sind sie ein faktischer eklatanter Verstoß gegen geltendes internationales Recht.
Und dazu kann ich nicht oft genug die ekelerregende Doppelmoral erwähnen: Als wir mit der "C-Star" keinen einzigen Hafen anlaufen durften, uns sogar die Versorgung gekappt wurde, da haben sie gelacht und gefeiert, aber wenn Salvini dasselbe tut – sogar mit Grund – dann wird ein diplomatischer Skandal draus.

Monika

13. Juli 2019 11:46

Weder Fällungsreaktion noch Weltenbrand !
Ich möchte Frau Sommerfelds Beitrag mal in einen größeren Deutungszusammenhang stellen ( wie hasse ich das Wort „Framing“)
Politische und individuelle Ethik und Moral spielen in Deutschland und Europa vor folgendem Hintergrund:
1. Deutschland und Europa sind nicht mehr der philosophische und theologische Nabel der Welt. Die klassische deutsche Philosophie in deutscher Sprache gibt es eigentlich nicht mehr, es dominieren Philosophien aus dem angelsächsischen Raum. ( Daraufhin hat etwa Diego Fusaro hingewiesen)
2. Dadurch hat sich auch das Menschenrechtsverständnis , wir es sich in Europa ( Deutschland/ Frankreich) entwickelt hat, verändert.
3. Wie Martin Krohs zeigt, werden Menschenrechte aus einem Säkularisationsmodell ( Menschenwürde als verweltlichte Idee der Gottesebenbildlichkeit abgeleitet, mit der fatalen Folge, dass es eine Zwang zur weltlichen Heilsgeschichte gibt. ( Das Paradies auf Erden muss geschaffen werden)
4. Diese Säkularistionsmodell von Menschenrechten verliert jedoch zunehmend seine beanspruchte universale Geltung.
A) Moslems teilen dieses Menschenrechtsverständnis nicht.
Der Anteil der Muslime wird in Europa 2050 schätzungsweise 20 Prozent betragen. Muslime spalten die Welt in das Haus des Islam ( dar-al-Islam) und in den nichtislamischen ( Ungläubige) Rest. Ziel ist die Islamisierung der Welt als „Friedensprojekt“. Das bisher mit Europa in Verbindung gebrachte universalistische Menschenrechtsverstöndnis ( eher Individualrechte) wird sich vermutlich ändern.
B) Aber auch die Weltmacht China teilt das klassische europäische Menschenrechtsversständnis nicht. Raubtierkapitalismus und Kommunismus gehen gut zusammen. Der „wilde“ Kapitalismus kennt keine ethischen Tabus. ( etwa in der Genforschung) . Hierauf wird Europa in Zukunft auch keinen Einfluss mehr haben.
Und Europa selbst ?
In der Präambel der EU Verfassung kommt Gott nicht mehr vor, weder der christliche, noch der jüdische oder der muslimische. Man beruft sich auf ein humanistisches, säkulares, liberalistisches Menschenbild, ohne Anbindung auf die Geistestraditionen Europas oder auf ein christliches Gottes- und Menschenbild ( Stichwort: Personalität)
Dies führt zu der genannten Verkürzung des Säkularisationsmodells , zur Zwang in eine weltliche Heilsgeschichte, zur Hypermoral, Multikulturalismus als säkulare Form der Gemeinschaft der Erlösten usw.
Zunächst sollten wir Europäer selbstkritisch unsere Vorstellung von universal gültigen Menschenrechten in dieser säkular verstandenen Form prüfen ( das personalistisch und universalistisch verstandene Menschenbild des Christentums ist davon nicht betroffen).
Vor diesem Deutungsrahmen ( nicht vollständig) werden unsere ethischen Diskussionen aus europäischer Sicht stattfinden müssen.
Konkret später mehr.

Laurenz

13. Juli 2019 12:00

@quarz .... cool geschrieben, Danke.

@Frau Sommerfeld ..... darf man die philosophische Debatte für daneben halten?

Unsere medialen Groß-Humanisten klammern bei den Zuständen Nord-Afrikas stumpf aus, daß die Mehrheit der dort lebenden Menschen unter denselben widrigen Umständen leben müssen, wie die Migranten, die zu uns wollen. Die Hälfte aller Afrikaner verdient unter 2 US$ am Tag. Die militärischen und politischen Eingriffe der afrikanischen Regierungen, des Westens, Chinas und Rußlands machen die Sache permanent schlechter. Das zieht sich von Süd-Afrika über den Kongo, in den Tschad nach Mali bis zur nord-afrikanischen Küste. Und die wenigsten Afrikaner können sich, wie @quarz es beschreibt, eine Flucht/MIgration leisten.
Die, mit Verlaub, saublöde Behauptung, Migranten wären Menschen 2. Klasse, ist durch nichts haltbar. Die Kosten, welche Deutschen Gemeinden in der Versorgung von Migranten aufgegeben werden, wird ein Indigener so nie erhalten. In meiner Heimatgemeinde lebt eine afghanische Familie, Vater mit Frau und einigen Kindern, die Eltern können nicht lesen und schreiben und erhalten 3.500 Euro monatlich. Mit welchem Job soll dieser Zuwanderer jemals 3.500 Euro netto verdienen können? Das ist absurd. Der Unterschied zu den meisten Indigenen ist, daß Zuwanderer nie etwas zu unserem Sozialsystem beigetragen haben, noch beitragen werden. Zuwanderung hat Deutschland seit den 60ern um die 2.000 Milliarden Euro netto gekostet. Da bleibt jede Philosophie daneben, vor allem dann, wenn die philosophische Haltung nicht durch persönliches, privates Engagement gestützt ist, sondern der imaginären Allgemeinheit zugemutet wird. Auf Kosten anderer ist es leicht, ein Humanist zu sein.

Ergon

13. Juli 2019 12:15

Kroh und Sommerfeld teilen beide das vorherrschende Narrativ über die Aufklärung und sehen insbesondere das Postulat der universellen Geltung der Menschenrechte als zentralen Ausruck der Moderne. Die Sicht ist ahistorisch, denn während in der Frühphase der Aufklärung naturrechtliche Überlegungen eine wichtige Rolle spielten, führten gerade die Schwierigkeiten einer vernunftmäßigen Begründung zu einer umfassenden Relativierung, schon bei Kant, dessen Kategorischer Imperativ ein Formprinzip ist, später bei Nietzsche und auch Carnap, der einen radikalen Nonkognitivismus bzgl. ethischer Fragen vertrat. Die Idee der universellen Menschenrechte schrumpft zu einem bloßen linksliberalen Ideologem, einem irrationalen Residuum aus vor- und frühaufklärerischer Zeit, eine, wie im Text vermerkt, Verweltlichung der Idee der Gottesebenbildlichkeit. Mit der Ablehnung dieses Ideologems ist die Bewertung von Carola Rackete als "gewöhnliche Kriminelle" nicht mehr Ausdruck einer antiethischen Gesinnung sondern moralischer Empörung angesichts der absichtlichen Verletzung von Rechtsnormen, und zwar insofern, als dass ein Rechtssystem moralische Normen kodifiziert.

Kommentar Sommerfeld: Tu ich das? Genau meine Metapher vom "Weltenbrand" soll versinnbildlichen, daß die europäische Aufklärung eine bewußt ihren Lauf nehmende Katastrophe ungeahnten Ausmaßes ist. Ich konzediere Kroh zu Beginn freilich, daß man innerhalb der modernen Ethiken diese zwei Haupttypen unterscheiden kann und innerhalb des frames "Verantwortungsethik" gute Argumente vorliegen, die eine umfassende Migrationskritik stützen. Und ich konzediere, daß man auch mit "Gesinnungsethikern" diskutieren muß, so schwer das fällt. Eine generelle großgestige Verabschiedung aus dem abendländischen Moralnarrativ würde ich mir gern leisten, auch @Grambauer, würde dann aber die an den Machthebeln sitzenden politischen Gegner ihrer "geistigen Brandstiftung" überlassen. Ob wir ihnen mit Steiner oder Nietzsche, auch Foucault hätte ich im Arsenal, allerdings löschend beikommen können, bezweifle ich. Mit Steiner kann man den Brand allerdings am besten aushalten, weil man zu ahnen lernt, was danach kommt.

zeitschnur

13. Juli 2019 13:19

@ Caroline Sommerfeld - was meinen Sie mit "Mit Steiner kann man den Brand allerdings am besten aushalten, weil man zu ahnen lernt, was danach kommt."?

@ Alex Schleyer - Ist das "nur" schöngeistig? Oder anders gefragt, auch an einige der anderen Poster: War das Thema dieses Artikels die Bearbeitung der rechtlichen Fragen um Racketes Robin Hood-Auftritte, die — wie man weiß — offenbar eine starke Rückendeckung aus elitären Kreisen haben, die sowieso über dem Gesetz stehen, oder ein Artikel Martin Krohs?

Und: Schon sind wir wieder bei der Problematik, dass die abendländische Tradition v.a. der letzten 200 Jahre evtl. nicht mehr taugt, um die anstehenden Probleme zu bearbeiten. Den abschließenden Kommentar Herrn Kubitscheks neulich bei der Islamdebatte habe ich leider nicht entschlüsseln können, weil er zu knapp formuliert war, um von Nicht-Insidern verstanden zu werden: Hat das, was hier gerade verhandelt wird, wieder etwas mit den „Sackgassen“ und "Martyrerthemen" zu tun? Bitte, fassen Sie das nicht als Provokation auf - ich habe es wirklich nicht einsortiert bekommen, was damit gemeint war, würde es aber gerne verstehen. Was ist eine Sackgasse und was ein „Martyrerthema“ im Bezug auf die aktuelle Situation, auch mit der wachsenden islamischen Präsenz in der EU?

Und noch @ Caroline Sommerfeld: was, meinen Sie, kann man ahnen, wenn man Steiner liest, das danach kommt?
Und warum kann man sich nicht einen aufklärerischen Weg vorstellen, der die religiöse Tradition mitzunehmen weiß, ohne sie in reinen und überspannt-totalitären Säkularismus aufzulösen? Hat das wirklich zwangsläufig so kommen müssen? Oder würden Sie einen solchen Weg dann nicht mehr als „aufklärerisch“ bezeichnen?

Ergon

13. Juli 2019 13:50

@Sommerfeld Der Unterschied zwischen uns ist, dass ich den Menschenrechtsdiskurs samt des ihm eigenen Hypermoralismus nicht als Ausdruck eines seit der Aufklärung fortschreitenden und nicht oder kaum aufzuhaltenden Prozesses begreife, sondern zuerst als soziologisches Phänomen, als Ausdruck des Einflusses einer vorherrschen linksliberalen Clique. Diese soziale Gruppe, die in Bezug auf Deutschland (und Westeuropa insgesamt) ein Nachkriegsphänomen darstellt, befindet sich derzeit in einer Krise und kann ihre Ideologeme in zunehmendem Maße nur noch mit erheblichem Propagandaaufwand auf der einen und politischer Repression auf der anderen Seite durchsetzen. Notabene: Ich bin nicht für einen grundsätzlichen Abschied aus dem ethischen Diskurs und halte die angeführten Differenzierungen für sinnvoll. Es ist nur äußerst selektiv, die naturrechtliche Auffassung als "den" Ausdruck der Moderne aufzufassen. Z.B. waren vor 1945 in Deutschland neben anderen rechtspositivistische Auffassungen verbreitet.

Lotta Vorbeck

13. Juli 2019 14:02

@Alex Schleyer - 13. Juli 2019 - 11:03 AM

Nach der "Defend Europe"-Aktion im Mittelmeer schauten Sie auf der Leipziger Buchmesse kurz am Anatios-Stand vorbei.

Hab' mich seitdem immer mal wieder gefragt, wie es Ihnen, dem Schiffsführer, sowie den ceylonesischen Mitgliedern der Schiffsmannschaft weiter ergangen ist.

Sehr luzide auch, was Sie in Ihrem bei Antaios verlegten Büchlein über die in einer entlegenen Bucht Maltas an Bord von Schrottschiffen, die offenbar aus dem maltesischen Inselinneren mit Elektroenergie versorgt werden [sic!] im EU-Staat Malta gebildete Pan-Afrika-Kommune berichteten.

DANKE, daß Sie sich an dieser Stelle mit Ihrer seemännischen Expertise zu Wort meldeten.

Monika

13. Juli 2019 14:21

Ausgehend von der These, dass das „Säkularisationsmodell Menschenrechte“ die Menschenwürde aus der verweltlichten Idee der Gottesebenbildlichkeit ableitet, woraus der Zwang in die weltliche Heilsgeschichte resultiert, kann man das Grauen vor einem Weltenbrand wie folgt beschreiben:
Es gibt zwar keinen Gott, aber es gibt das Paradies auf Erden. Nicht im Jenseits und nicht in der Zukunft ( wie etwa im Kommunismus) , sondern hier und heute. Das Paradies steht allen Menschen offen, nicht nur einem Volk oder einer Klasse, sondern jeder einzelne Mensch ist zur Teilhabe berufen. Zwischen Einzelmensch und Menschheit gibt es keine Gruppenidentitäten mehr ( Volk, Staat, Nation, Clan, Stamm usw. ) Das Heil gilt unterschiedlos jedem Einzelnen. Ob stark oder schwach, Mann oder Frau, Heide, Moslem, Jude, arm oder reich, schwarz oder weiß. Das Problem ist, da es das Paradies schon gibt ( die reichen westlichen Länder) und man nicht auf die Zukunft oder das Jenseits vertrösten kann und alle berufen sind, dass es zu einem großen Run auf das innerweltliche Paradies kommt. Die nüchterne Erfahrung ist die:
In der Realtität kommt eben nicht jeder in das Paradies, nur der Stärkste, Rücksichtsloseste, der, der einen Helfer hat usw. Die große Mehrheit der Menschen bleibt auf der Strecke. Und der Kampf um den Eintritt ins Paradies wird immer brutaler.
Das Paradies aber ist die multikulturelle Gesellschaft, in der jeder teilhat an Konsumgütern und liberalen Freiheiten, wie sie die gutmenschlichen Heilsprediger verkünden.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Neuauflage des Buches von Hermann Lübbe „Politischer Moralismus - Der Triumph der Gesinnung über die Urteilskraft“ ! Dort ist gut nachzulesen, dass die großen totalitären Systeme des 20 Jahrhunderts nicht etwa durch einen Mangel moralischer Argumentation gekennzeichnet waren, sondern umgekehrt durch eine moralisierende Selbstrechtfertigung.
Dies bestärkt durchaus die Befüchtung, dass wir auf eine weitere Katastrophe zustürzen .
2. Zum Unterschied von Gesinnungs- und Verantwortungsethik:
Die klassische Tugendethik ist eine Verantwortungsethik, die individuelles Ethos und Gruppenethos verbindet.
Die klassischen Kardinaltugenden sind und zwar genau in dieser Reihenfolge: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maß.
Eine Greta Thunberg oder Carola Rackete sind demnach keine ethisch verantwortlich Handelnden. Sie haben allenfalls eine gute Gesinnung oder auch den Mut oder die Chupze, die Politik herauszufordern. Frau Rackete ist z. B. weder klug ( Sie unterstützt Schlepper), noch gerecht ( Sie rettet vor allem starke, junge Männer, ) Und die kleine Greta ist vermessen.
So wie auch der Berliner Bischof Koch, der Greta Thunberg mit Jesus vergleicht.
Der Tugendethiker Josef Pieper schreibt: „Aus unwahren und mangelhaften Deutungen der Seinswirklichkeit erwachsen mit innerer Notwenigkeit falsche Zielsetzungen und unechte Ideale. Wie nämlich alles Sollen im Sein gründet, so wurzeln alle Richtbilder des Tuns in der Erkenntnis der Wirklichkeit.“

Gustav Grambauer

13. Juli 2019 14:30

Caroline Sommerfeld, Ergon

Schon vor mehr als hundert Jahren wäre es für Mitteleuropa an der Zeit gewesen, die Krücke (Ethik) allmählich hinter sich zu lassen und auf eine natürliche Art frei laufen zu lernen. Hätten unsere Vorfahren die Angebote organischerer, intimerer Denkformen, Erkenntnismethoden, Naturanschauungen usw. angenommen, sich auf das Konkrete statt auf das Abstrakte konzentriert und begonnen, entsprechende Institutionen zu erschaffen, hätten wir heute die von Monika treffend bezeichnete Eigendynamik nicht. Ein Beispiel: Steiner spricht immer wieder von dem quälenden inneren Gegenbild, oder sei es nur ein schlechtes Gefühl, das sich zu einer bösen Tat, schon zu einem bösen Gedanken formen kann, und dessen Seelenpein erst aufhörte, wenn der Impuls dieses Bildes oder Gefühls aufgenommen bzw. der Ausgleich veranlaßt würde. Wer in diese Dynamik eintritt, braucht keine (intellektualistische / verkopfte) "Ethik" mehr, und dies hätte eigentlich, Steiner sagt ab etwa dem ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts, bei aller Initimität des Phänomens in Mitteleuropa allmählich sozial tragend werden sollen. Das wäre z. B. auch die Erfüllung der Empathie, die nur aus wahrer Nähe heraus entstehen kann, d. h. deren Verheißung die Psychosozialindustrie nie wird einlösen können, auch und erst recht nicht, wenn demnächst jeder Angestellte eine Empathiezwangs-Klausel im Arbeitsvertrag hat, womit noch auf das Böckenförde-analog-Problem einer jedweden Ethik hingewiesen sei.

Jetzt sind wir so weit, daß die Ethik-Krücke sogar ins Fleisch eingewachsen ist, mit allen Folgen der Manövrierunfähigkeit / Wehrlosigkeit und des Ausgeliefertseins, kurzum der Unterlegenheit gegenüber - in Demut gesagt: - denjenigen Völkern, denen Krücken noch angemessen sind. Das Schlimmste ist aber, daß in dieser Lage viele und mit vordergründig so guten Argumenten auf der Krücke bestehen können, obwohl sie schon im Fleisch fault.

- G. G.

Lotta Vorbeck

13. Juli 2019 15:09

@zeitschnur - 13. Juli 2019 - 01:19 PM

"... Den abschließenden Kommentar Herrn Kubitscheks neulich bei der Islamdebatte habe ich leider nicht entschlüsseln können, weil er zu knapp formuliert war, um von Nicht-Insidern verstanden zu werden: Hat das, was hier gerade verhandelt wird, wieder etwas mit den „Sackgassen“ und "Martyrerthemen" zu tun? Bitte, fassen Sie das nicht als Provokation auf - ich habe es wirklich nicht einsortiert bekommen, was damit gemeint war, würde es aber gerne verstehen. Was ist eine Sackgasse und was ein „Martyrerthema“ im Bezug auf die aktuelle Situation, auch mit der wachsenden islamischen Präsenz in der EU? ..."

*****************************************

Werte @zeitschnur,

especialmente para tí, in Ihrer Eigenschaft als Novize im SiN-Kommentariat, ein Definitionsversuch:

Bei der in "Sackgassen führenden Diskussion von Märtyrerthemen" handelt es sich um Objekte, deren Betrachtung in einem öffentlich, weltweit einsehbaren Forum, nicht nur keine neuen Erkenntnisse hervorzubringen vermag, sondern vielmehr einzig dazu geeignet erscheint, diese Objekte zu kontaminieren, sowie den jeweiligen Foristen selbst, als auch dem Forum als solchem, maximal möglichen Schaden zuzufügen, da diese Eröterung unvermeidlicherweise tief im einem überdeutlich als "Kopfschußzone" [EK] kenntlich gemachten Territorium stattfinden würde.

limes

13. Juli 2019 15:12

Für linksdrehende Philosophen mag „ES“ eine „weltliche Heilsgeschichte“ sein, für deren soziologische Pendants ein „Experiment“, das Demokratie und Rechtsstaat teilweise bereits hinter sich gelassen hat, während es „realiter seinen Lauf nimmt“ (Sommerfeld).

Alexander Schleyer hat oben als Praktiker aus seemännischer Sicht beleuchtet, wie der Treibsatz „Menschenrechte“ die bestehende Ordnung torpediert.

Dass die Menschenrechte der Aufklärung ja gar nicht universell sind, sondern durch den islamischen Gegenentwurf konterkariert werden, interessiert die linken Brandstifter und ihre unbedarfte Biedermänner-Entourage keinen Deut.

Warum aber ignorieren die Linksdrehenden, dass „ES“ von Kräften gesteuert wird, denen es weder um Heilsgeschichte noch um gesellschaftliche Experimente geht, sondern darum, aus purer Geld- und Machtgier „alle bestehenden gesellschaftlichen Ordnungen auf unserem Planeten zunichte“ zu machen?

Der Volkswirt Norbert Häring hat es – zuletzt vor wenigen Tagen – auf seinem Blogg ganz nüchtern dargestellt. „ES“ ist „Der Griff der Großkonzerne nach der Weltherrschaft“.

Hat sich was mit „weltlicher Heilsgeschichte“!

Lotta Vorbeck

13. Juli 2019 15:32

@Monika - 13. Juli 2019 - 02:21 PM

"... Es gibt zwar keinen Gott, aber es gibt das Paradies auf Erden. Nicht im Jenseits und nicht in der Zukunft ( wie etwa im Kommunismus) , sondern hier und heute. Das Paradies steht allen Menschen offen, nicht nur einem Volk oder einer Klasse, sondern jeder einzelne Mensch ist zur Teilhabe berufen. ..."

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Denen, die aus den abgelegensten, unterentwickelsten Winkeln dieser Welt vom Sirenengesang der NWO-Apologeten über den Land- und Seeweg herbeigelockt, oder per Charterflug in ihrer Heimat abgeholt, Nacht für Nacht in Leipzig-Schkeuditz und anderswo dem Flugzeug entsteigen, mag das Hartz4-Land-BRD, welches Ihnen keinerlei Bringeschuld auferlegt, als zeitweise sonnenscheinarmes, naßkaltes, aber dennoch als das irdische Paradies erscheinen.

Diejenigen, die wegen erodierter Familienstrukturen, zu über 50% in Single-Haushalten lebend, schlecht entlohnt, im durchgehenden Dreischichtsystem tagtäglich in einem der zahllosen Hamsterräder rennend, dafür sorgen, daß all diese scheinbar "vom Himmel fallenden" Segnungen, an denen teilzuhaben, man weltumspannend mit eigens zu diesem Zwecke in der jeweiligen Landessprache produzierten Werbefilmchen alle Mühseligen & Beladenen fortwährend einlädt, überhaupt bereitgestellt werden können, fühlt sich das Ganze schon seit Jahren als alles andere, aber keineswegs als zwar gottloses, aber dennoch irdisches Paradies an.

heinrichbrueck

13. Juli 2019 15:40

Dieser Planet wird uns leider nicht den Gefallen tun, mit der Bevölkerungsexplosion mitzuwachsen. Für alles andere sind die Naturgesetze zuständig. Natürlich macht es mehr Spaß, das Experiment philosophisch unblutig unter die Leute zu bringen. Journalisten sind dafür gekauft. Ihre Stellenausschreibung ist klar. Anstatt mit den Gewehrläufen die Stimmung zu versauen, diskutieren und friedlich bleiben, die Zukunft läuft schon nicht weg. Sprachlich wird es ohnehin ein Kunststück, den Niederschlag der Fällungsreaktion nicht zu verstimmen. Im Prinzip wird die Intelligenz der Weißen dazu benutzt, ihre Intelligenz aufzulösen. Die ethische Begründung lautet: Menschenwürde und Menschenrechte. Ein modernes Selektionsmodell. Was früher oder später eintrifft, so wie es geplant war, wird dann sichtbar. Wie auch die Schäbigkeit dieses Plans, in der unehrenhaften Ausführung, dem Weg als Ziel, die negative Absicht gezeigt wird. Die verlogenen Mittel heiligen den philosophischen Zweck. Positive Instinkte werden mißbraucht, mit List und Tücke um den Verstand gebracht; was in früheren souveränen Zeiten einmal als Wikingerweib für das Eigene gekämpft und gestorben, in der List der Moderne zur Schmugglerin und Verräterin wird.
Wer also Migration fördert, ist ein Verbrecher. Migration beseitigt nicht nur den eigenen Lebensraum, sondern auch die eigenen Menschen. Einen größeren Verrat gibt es nicht.

Wie kommt man aus dieser Katastrophe heraus?

Lotta Vorbeck

13. Juli 2019 15:57

@Caroline Sommerfeld

FÄLLUNGSREAKTION ODER WELTENBRAND?

Sehr geehrte Frau Sommerfeld,

außerhalb des klimatisierten, wohltemperierten Campus, aus dessen Labortrakt man Sie und Ihre Kinder verstieß, riecht es unverkennbar nach Weltenbrand.

Mit wenigen Mausklicks gelangt man zu, vom Udo Ulfkotte im Zusammenhang mit seinem Buch "Gekaufte Journalisten"

https://antaios.de/autoren/udo-ulfkotte/3624/gekaufte-journalisten?number=9783864451430

bis kurz vor seinem Tod gehaltenen, auf Video dokumentierten Vorträgen.

"Journalisten manipulieren uns im Interesse der Mächtigen Haben auch Sie das Gefühl, häufig manipuliert und von den Medien belogen zu werden? Dann geht es Ihnen wie der Mehrheit der Deutschen. Bislang galt es als 'Verschwörungstheorie', dass Leitmedien uns Bürger mit Propagandatechniken gezielt manipulieren. Jetzt enthüllt ein Insider, was wirklich hinter den Kulissen passiert. Der Journalist Udo Ulfkotte schämt sich heute dafür, dass er 17 Jahre für die Frankfurter Allgemeine Zeitung gearbeitet hat. Bevor der Autor die geheimen Netzwerke der Macht enthüllt, übt er konsequent Selbstkritik. Er dokumentiert hier zum ersten Mal, wie er für seine Berichterstattung in der FAZ geschmiert und die Korruption gefördert wurde. Und er enthüllt, warum Meinungsführer tendenziös berichten und wie der verlängerte Arm der NATO-Pressestelle Kriege medial vorbereitet. Wie selbstverständlich wurde auch der Autor in die Netzwerke amerikanischer Eliteorganisationen aufgenommen, erhielt im Gegenzug für positive Berichterstattung in den USA sogar eine Ehrenbürgerurkunde.

In diesem Buch erfahren Sie, in welchen Lobbyorganisationen welche Journalisten vertreten sind. Der Autor nennt Hunderte Namen und blickt auch hinter die Kulissen jener Organisationen, welche unsere Medien propagandistisch einseitig beeinflussen, etwa: Atlantik-Brücke, Trilaterale Kommission, German Marshall Fund, American Council on Germany, American Academy, Aspen Institute und Institut für Europäische Politik. Enthüllt werden zudem die geheimdienstlichen Hintergründe zu Lobbygruppen, die Propagandatechniken und die Formulare, mit denen man etwa bei der US-Botschaft Fördergelder für Projekte zur gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Deutschland abrufen kann. Wenn die CIA vorgibt, was geschrieben wird Können Sie sich vorstellen, dass Geheimdienstmitarbeiter in Redaktionen Texte verfassen, welche dann im redaktionellen Teil unter den Namen bekannter Journalisten veröffentlicht werden? Wissen Sie, welche Journalisten welcher Medien für ihre Berichterstattung geschmiert wurden? Und haben Sie eine ungefähre Vorstellung davon, wie renommierte 'Journalistenpreise' vergeben werden? Da geht es im Hintergrund zu wie bei den einstigen Ehrungen der 'Helden der Arbeit' in der früheren DDR - da wird Propagandaarbeit ausgezeichnet. Vom Journalisten zum Propagandisten ist es nicht weit."

[Klappentext zu "Gekaufte Journalisten"]

Von Mr. John Swinton, dem Ende des Jahres 1901 verstorbenen, ehemaligen Chefredakteur der "New York Times" ist bezüglich seines eigenen Berufsstandes folgende Äußerung überliefert:

"Wir sind intellektuelle Prostituierte!

„So etwas gibt es bis zum heutigen Tage nicht in der Weltgeschichte, auch nicht in Amerika: eine unabhängige Presse. Sie wissen das, und ich weiß das. Es gibt hier nicht einen unter Ihnen, der es wagt, seine ehrliche Meinung zu schreiben. Und wenn er es täte, wüsste er vorher bereits, dass sie niemals im Druck erschiene. Ich werde wöchentlich dafür bezahlt, dass ich meine ehrliche Meinung aus dem Blatt, mit dem ich verbunden bin, heraushalte. Andere von Ihnen erhalten ähnliche Bezahlung für ähnliche Dinge, und wenn Sie so verrückt wären, Ihre ehrliche Meinung zu schreiben, würden Sie umgehend auf der Straße landen, um sich einen neuen Job zu suchen. Wenn ich mir erlaubte, meine ehrliche Meinung in einer der Papierausgaben erscheinen zu lassen, dann würde ich binnen 24 Stunden meine Beschäftigung verlieren.

Das Geschäft der Journalisten ist, die Wahrheit zu zerstören, schlankweg zu lügen, die Wahrheit zu pervertieren, sie zu morden, zu Füßen des Mammons zu legen und sein Land und die menschliche Rasse zu verkaufen zum Zweck des täglichen Broterwerbs. Sie wissen das, und ich weiß das, also was soll das verrückte Lobreden auf eine freie Presse? Wir sind Werkzeuge und Vasallen von reichen Männern hinter der Szene. Wir sind Marionetten. Sie ziehen die Strippen, und wir tanzen an den Strippen. Unsere Talente, unsere Möglichkeiten und unsere Leben stehen allesamt im Eigentum anderer Männer. Wir sind intellektuelle Prostituierte.“

Ergänzend dazu:

DIE ZEIT und ihr aktueller Herausgeber Josef Joffe gehören seit vielen Jahren zu den ständigen Teilnehmern der Bilderberg-Konferenzen.

WIKIPEDIA teilt mit:

Joffe war und ist in zahlreichen Organisationen, Kuratorien und Gremien engagiert, so

+ beim Deutschen Museum in München

+ dem Aspen Institute Berlin

+ der Jacobs University Bremen

+ der Atlantik-Brücke (bis 2008)

+ der Hoover Institution

und

+ der American Academy in Berlin.

Wäre es vermessen, würde man diese Wochenzeitung als "Indoktrinationsblatt" (der Bilderberger) bezeichnen?

Waldgaenger aus Schwaben

13. Juli 2019 16:45

Danke, Frau Sommerfeld, für die Analyse des Textes.
Einen kurzen Hinweis will ich noch hinzufügen.

Gegen Ende des Textes bringt der Autor die Metapher der Sprengladung für die Menschenrechte. Der Autor befürchtet zu Recht, dass diese Sprengladung auf einmal gezündet, verheerend wäre.
Dann folgt die Forderung die Sprengladung Stück für Stück in Brand zu setzen.

Nur niemand zündet in Wirklichkeit eine Sprengladung so.
Alle Sprengsätze werden gleichzeitig oder in kurzer Folge gezündet.

Die Metapher stimmt also nicht, es ist ein schiefes Bild.

Ein besseres Bild für das was der Autor ausdrücken will, wäre die Kettenreaktion des radioakitven Zerfalls zum einen in der Atombombe zum anderen kontrolliert in einem Kernkraftwerk.
Oder, weniger drastisch, wärmendes Feuer kontrolliert im Kamin oder unkontrolliert als zerstörende Feuersbrunst.

Der Autor verzichtet aber nicht auf ein passenderes Bild aus Unvermögen, sondern weil dies beim Leser zu unerwünschten Fragen führte:

Können wir den Prozess überhaupt kontrollieren?

Wie stoppen wir ihn, wenn er aus menschlichem oder technischen Versagen ausser Kontrolle gerät?

Wer soll befugt sein ihn zu steuern?

Der Versuch historische Prozessen zum Segen der Menschheit zu steuern ist schon viel zu oft fehlgeschlagen um solche Fragen einfach abzuweisen.

Es warnte schon der Schwabe Schiller:

Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.

Weh denen, die dem Ewigblinden
Des Lichtes Himmelsfackel leihn!
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden
Und äschert Städt und Länder ein.

Lotta Vorbeck

13. Juli 2019 17:24

@Waldgaenger aus Schwaben - 13. Juli 2019 - 04:45 PM

"... Gegen Ende des Textes bringt der Autor die Metapher der Sprengladung für die Menschenrechte. Der Autor befürchtet zu Recht, dass diese Sprengladung auf einmal gezündet, verheerend wäre. ..."

*****************************************

"Grundsätzlich unterstützen wir die Haltung der Bundesregierung", sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei der Nachrichtenagentur AFP. "Es gibt aber Dinge, die man tut, über die man aber besser nicht in der Öffentlichkeit reden sollte - die Schaffung eines Mechanismus zur Verteilung der aus Seenot geretteten Menschen auf die Mitgliedstaaten gehört sicherlich dazu."

[https://www.welt.de/politik/deutschland/article196794753/Seenotrettung-Heiko-Maas-will-deutsche-Vorreiter-Initiative-fuer-Verteilung-von-Fluechtlingen.html - 13.07.2019)

+++ Im Bilde der vom @Waldgänger zitierten Metapher bleibend nachgefragt: Nestelt der Fraktionsvize nur fahrlässig am Sicherungssplint herum, oder hat er ihn bereits gezogen?

Niekisch

13. Juli 2019 17:27

"wird dann aber zu einem politischen Theologen, an dem Carl Schmitt seine helle Freude hätte:
Die Menschenrechte beim Wort zu nehmen, heißt, einen gewaltigen Auftrag zu übernehmen. Sie zwingen uns geradezu in eine Heilsgeschichte hinein – aber nun, im Unterschied zur Vormoderne, in eine weltliche, die wir selbst gestalten müssen und von der nicht klar ist, ob und wie wir ihr gewachsen sind."

@ Caroline Sommerfeld:

Sehr geehrte Frau Sommerfeld, in Abweichung von Ihrer Ansicht bin ich mir nicht so sicher, ob C.S. seine Freude an dieser Aussage hätte. Schmitt hat, die Menschen-und Grundrechte betreffend, ganz nüchtern und deskriptiv mit Jellinek und der damals herrschenden Meinung darauf verwiesen, daß sich die Idee der verschiedenen Grundrechte aus der Religionsfreiheit entwickelt hat (Verfassungslehre, unveränderter Neudruck 1954, S. 158) und zwar erstmals für den Staat Virginia am 12.6.1776 ( also schon im v o r staatlichen Stadium, Niekisch)" Daß die Religionsfreiheit das erste aller Grundrechte darstellt, ist..ohne Rücksicht auf die (159) geschichtlichen Details der Entwicklung in einem systematischen Sinne unbedingt richtig. Denn damit ist das fundamentale Verteilungsprinzip aufgestellt: der einzelne als solcher ist Träger eines absoluten Wertes und bleibt mit diesem Wert in seiner privaten Sphäre; seine private Freiheit ist infolgedessen etwas prinzipiell Unbegrenztes; der Staat ist nur ein Mittel und daher relativ, abgeleitet und in jeder seiner Befugnisse begrenzt und von Privaten kontrollierbar".

Bei dieser Betrachtungsweise Schmitts ist kein Platz für eine Heilsgeschichte irgendeiner Art.

Kommentar Sommerfeld: Na eben! Deshalb ist das auch ironisch gemeint, in den zwei Bänden zur "Politischen Theologie" geht es um nichts anderes als um die eingebaute "Heilsgeschichte" in modernen politischen Theorien, die Schmitt nachweist und streng ins Gebet nimmt.

zeitschnur

13. Juli 2019 18:10

Allenthalben tauchen die Nachkommen der Kerle an den Mischpulten behind the scene auf und inszenieren eine Art Outlaw-Romantik. Bei sinkenden Booten voller Menschen zB wird jedem sofort das Szenario abgewiesener Schiffe mit jüdischen Flüchtlingen vor der Küste Palästinas einfallen, die man nicht landen ließ. DIESMAL, signalisieren uns solche junge Damen, geschieht es nicht mehr... Denn: man muss ein ungerechtes Gesetz brechen, um Gerechtigkeit zu schaffen. Diese Seenotrettung wird uns als eine Art Notwehr vorgespielt. An diesem Punkt sind wir alle sensibel, denn wer wüsste nicht um das Übermaß an gesetzlicher Ungerechtigkeit, das uns leiden lässt?

Im Grunde ist all dieses Theater ein Lehrstück der Gesetzlosigkeit, von der wir überzeugt werden sollen. Die Hauptrollen haben Kinder, Jugendliche oder unreife junge Erwachsene, stets die Kinder von gewissen Vordenkern. Sie sind der Anwalt aller ungerecht unter Gesetzen und Machthabern Stöhnenden. Sie sind noch rein und haben sich noch nicht versündigt an der Menschheit. Ob es diese Heulsuse war, die uns vor dem Golfkrieg die Brutkastenlüge aufgetischt hatte, ob es das offenbar traumatisierte Zopfmädel ist mit seinem geradezu peinlich gut erkennbar eingestanzten Panik-Englisch, ob es der arrogante Einfaltsschnösel mit den blauen Haaren ist oder die Tochter eines Raketenwissenschaftlers — es ist immer dasselbe Strickmuster.

Dass man uns mit Artikeln wie dem des Herrn Krohs einträufeln will, es gehe hier um ernsthafte ethische Debatten, ist nur eine Strategie, die verdecken soll, dass wir beschleunigt in die Katastrophe der Gesetzlosigkeit gestürzt werden sollen, die nur noch "spontane" Maßnahmen und niemals mehr Normen zulassen wird: "Lasst Eure Herzen sprechen", ruft man uns zu, „gebt endlich diesen verdammten Begriff einer eiskühlen Ratio auf, die Euch nach Vernunft und Unvernunft von Handlungen fragen lässt."

Handelt heute so, morgen anders - immer muss das Gute neu erfühlt werden, aber um Gottes willen NIE MEHR grundlegend bedacht oder gar erkannt. Man entdekct alte Werte gaaanz neu, wenn man sie einfach mal gewendet hat: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!" Und am Ende muss auch noch Jesus herhalten, der sagte "Was nennst du mich gut? Gott allein ist gut!" zum reichen Jüngling, der sein Hab und Gut nicht hergeben wollte, um es den Armen zu schenken. Seitenblick nach Rom, wo einer sich nach dem besseren reichen Jüngling benannt hat, der es geschafft hat, das mit dem Verschenken, sonst aber ausgesprochen diktatorische Züge aufweisen konnte…

Man soll "durchwirkt" sein vom "Guten", diesem lebendigen, plastischen Guten, das es nicht an sich oder absolut geben können darf, und sich wie ein Chamäleon dem Suchenden minütlich aktualisiert und neu konfiguriert. Es ist ein Gang zwischen Wahn und (Selbst-)Mordlust. Es ist der „struggle for goodness“, und gewonnen hat der, der es am schnellsten jeweils kurzfristig in die Welt schreit und durchzieht, bis es erneut verhandelt wird… Der ultimative Kick eines extremsportlerischen Risiskofreizeitverhaltens, das alles aufgibt, nur eines nicht: die Gewissheit, dass die lieben Englein uns schon auffangen werden, wenn wir uns vom Dach stürzen, weil uns die Schwerkraft mit ihrem Gesetz einfach nur noch nervt und wir ab jetzt beschlossen haben zu fliegen, ohne vorher verwandelt (also flugfähig gemacht) worden zu sein.

Ich sehe nicht, wie man das alles, egal in welche Richtung es nun vollends aus dem Ruder läuft (was aber sicherlich alles nach Plan läuft!), noch aufhalten können soll. All das Ethische erscheint mir ohne spirituelle Bezugnahme nur noch als Geplänkel.

brueckenbauer

13. Juli 2019 19:54

Hallo Frau Sommerfeld,

tut mir leid wg. der Verwechslung (Nachtarbeit).

Mein Thema ist eigentlich die Geschichte der verschiedenen linken "Einheitsfronten gegen Rechts" seit der Dritten Republik - und deren Zersetzungen: vor allem die große Zersetzung der "antifaschistischen Einheitsfront" am Ende der "roten Dekade" (1930-40), und an dieser Zersetzung war Popper ja wesentlich beteiligt.

Zunächst einmal dadurch, dass er den Progressismus zurückband an die Tradition: "Fortschritt" lässt sich nur sinnvoll definieren als die zunehmende Annäherung an ein tradiertes und bleibendes Ziel/Ideal.. Dann durch seinen Fallibilismus: Jede "progressive" Neuerung kann von diesem bleibenden Ziel auch wegführen. (Nicht zufällig interessierten ihn die großen Fehlentwicklungen der Naturwissenschaften und deren Überwindung.)

Schließlich durch die Polemik gegen jede Form von säkularer Heilsgewissheit. Wie er zu Recht sah, endet dieser Glaube an den Sieg des Guten in der Geschichte damit, dass umgekehrt der geschichtliche Erfolg zur Maßstab des Guten wird ("Deifikation der Geschichte").

Für den Unfug, der heute mit dem Begriff "offene Gesellschaft" getrieben wird, kann man Popper nicht verantwortlich machen. Was er damit meinte, war eine Gesellschaft, in der nichts mehr schlichtweg "selbstverständlich" ist. Dieser Bewusstseinsstand ist ihm zufolge zwar ungemütlich, aber immer noch besser als der Versuch, politisch (mit Tricks oder Gewalt) die wohligen "Selbstverständlichkeiten" wiederherzustellen - und dabei hatte er auch die linken Versuche dieser Art im Blick, die wir ja alle aus Erfahrung kennen.

Der_Juergen

13. Juli 2019 20:19

@zeitschnur. Sie sind auf diesem Forum eine echte Bereicherung. Mögen Sie uns lange erhalten bleiben.

Lotta Vorbeck

13. Juli 2019 20:52

@zeitschnur - 13. Juli 2019 - 06:10 PM

"... Ich sehe nicht, wie man das alles, egal in welche Richtung es nun vollends aus dem Ruder läuft (was aber sicherlich alles nach Plan läuft!), noch aufhalten können soll. All das Ethische erscheint mir ohne spirituelle Bezugnahme nur noch als Geplänkel. ..."

***********************************************

Im Mittelmeer wie allerorten: Es werden im Sinne einer bestimmten Agenda verwertbare Bilder erzeugt, der Versuch unternommen, die Gefühlsebene anzutriggern und dies immer nur in einer Richtung, nämlich gezielt auf den Middle-European-Caucasian. Dieser soll sich schuldig fühlen, seine schleichende Verdrängung nicht nur finanzieren, sondern groteskerweise als unabwendbares Schicksal auch noch freudig akzeptieren.

Der Gesamtzusammenhang des Geschehens bleibt dabei völlig im Dunkeln.

Möglicherweise sehen die selbst kaum jemals öffentlich in Erscheinung tretenden Puppenspieler, an deren Fäden die visuell und namentlich bekannten Sprechpuppen hängen, das seit Ende des WK1 weltweit installierte System als nunmehr obsolet geworden an und haben es deshalb in den Selbstzerstörungsmodus versetzt.

Nachtrag zu den Schiffen:

Die von Ihnen erwähnten Schiffe wies man damals außerdem sowohl vor nordamerikanischen, als auch karibischen Häfen ab.

Ruewald

13. Juli 2019 21:13

Zur Moral-Diskussion einige Ergänzungen. Dabei versuche ich, "top-down" vorzugehen, so daß die Moral erst auf der letzten, untersten Betrachtungsebene ins Spiel kommt. Moral wirft die grundsätzlichen, und damit außerphilosophischen Fragen auf: Woher (das ist ein Gebiet der evolutionären Metaethik) und Wozu (das berührt u.a. Soziologie, Recht, Politik).

1. Instrumenteller Moralismus:
Wir wissen doch genau, daß es sich übergeordnet nicht um Moral handelt, sondern um die Durchsetzung der Migrationsagenda der UNO, bestimmter NGOs, etc. Die Moraltrompete wird nur als Mittel gebraucht, um die Empathieempfänglichkeit der Menschen zu manipulieren, etwa im Sinne des "manufacturing consent" (Noam Chomsky). Die Grünen u. das Parteienkartell und die Kirchen, die Kapitänin Rackete, usw. sind dabei "nützliche Idioten", auch wenn sie selbstgerecht von ihrer "Moralität" überzeugt sind.

2. Kategorienfehler - Vorrang der Moral??
Das Totschlagargument: "wer Menschen rettet, kann nicht kriminell sein"... Hierbei wird die juristische Kategorie mit der moralischen verwechselt und der moralischen der absolute Vorrang* gegeben, obwohl grundsätzlich das Recht den Vorrang vor der Moral hat. (s.a. Punkt 3).
Und natürlich wird "rettet" auch semantisch falsch interpretiert: die Verpflichtung zur Seenotrettung hieße für die Kapitänin, die Gefährdeten zur nächstgelegenen (!) Küste in Sicherheit zu bringen, und nicht (!), sie zur nächsten europäischen Küste zu "schleppen" (!).
* s.a. dazu:
Hoffmann, Wittwer, et al. (Hg.): "Vorrang der Moral? Metaethische Kontroverse", Frankfurt a. M. (Klostermann), 2017. Den Vorrang des Rechts vor der Moral vertritt dort der Philosoph Hector Wittwer.

3. Vorrang des Rechts vor der Moral:
Daß zu dieser Problematik ein "meta-philosophischer" Zugang vielleicht fruchtbarer sein kann als ein rein-philosophischer, zeigt der Biologe Hans Mohr mit dem Nachweis, daß und warum das Recht Vorrang vor der Moral hat und haben muß: Hans Mohr, Evolutionäre Ethik, Springer Spektrum, 2014.
Wir Menschen sind Nahbereichswesen, die Moralen haben sich im Nahbereich als Sippenmoralen entwickelt. In komplexen pluralistischen Gesellschaften kann ein Minimalkonsens nur durch Recht abgesichert werden. "Nicht die Moral, sondern die Konventionen des Rechts, seine Institutionen, seine Sanktionen, stabilisieren unsere Kultur."

4. Antinomie des Universalismus (G. Schweppenhäuser):
Die Universalisierung z.B. ethischer Pflichten führt zu unauflöslichen Widersprüchen.

5. Konsequenzialistische Ethik:
Wenn wir die aktuelle Frage der Seenotrettung (in ihrem Gesamtkontext der Massenmigration) moralphilosophisch betrachten, dann stehen wir vor dem Gegensatz deontologische Ethik (Pflichtenethik, Prinzipienethik) versus konsequenzialistische Ethik (s. z.B. Dieter Birnbacher, Analytische Einführung in die Ethik), populärer aber weniger genau: Gesinnungs- versus Verantwortungsethik (Max Weber). Mit der Anwendung der reinen Pflichtenethik kommt man in enorme Widersprüche, wenn die Konsequenzen (u. zwar nicht die kurzsichtigen proximaten, sondern die ultimaten in ihrer langfristigen Gesamtheit) betrachtet werden. Kantisch gesprochen: ich kann eine Handlungsmaxime nicht wollen können, deren Universalisierung zur Selbstzerstörung führt.
"Es besteht keine moralische Pflicht zur Selbstvernichtung" (Sloterdijk zur Massenimmigration). –
Nun konsequenzialistisch: Im Sinne des klassischen Utilitarismus soll man so handeln, daß das Wohl aller vergrößert wird. Wenn man das am Beispiel der "Seenotrettung" durchspielt: Magnetwirkung, Zunahme von Ertrinkungsopfern, Entwurzelung der "Flüchtlinge" in den fremden Aufnahmeländern und schließlich demographische Verdrängung, Zusammenbruch des Sozialsystems, usw. ... dann ergibt sich langfristig eine Verschlechterung für alle. Folglich ein eindeutiges Nein. Bekanntlich hat die konsequente Politik Salvinis zu statistisch deutlicher Reduzierung der Ertrinkungsopfer geführt.

6. Menschenrechte und Menschenwürde:
Auf diese moralisch aufgeladenen schwammigen Begriffe berufen sich "Rettungsmoralisten" gerne. Daß diese Begriffe problematisch sind, braucht in diesem Forum nicht weiter ausgeführt zu werden. Zumindest möchte ich auf das hervorragende Buch des Philosophen F. J. Wetz hinweisen: Illusion Menschenwürde – Aufstieg und Fall eines Grundwerts.

Search4M

13. Juli 2019 21:38

Das Schöne ist, dass man sich als "vulgärer Antiethiker" zu sagen erlauben kann: Dieser Krohs und auch die Rackete haben gewaltig einen an der Klatsche.

Ruewald

13. Juli 2019 21:40

Nachtrag zu meinem vorigen Beitrag:

7. Skeptische Ethik: (gehört eigentlich zwischen Punkt 1 und 2)

Der Philosoph M. U. Sommer versteht "skeptische Ethik" als metaethische Kontrollinstanz, die von dem ständigen moralischen Legitimationszwang entlastet. Sie fragt: „Gibt es wirklich Fälle, wo nur(!) das moralische Urteil das angemessene Urteil ist? Wenigstens die Moralphilosophen sind den Beweis dafür bislang schuldig geblieben.“ - “Nichts und niemand, erst recht nicht ‚die Moral’ entbindet mich davon, ganz allein als konkreter Mensch für mein konkretes Tun verantwortlich zu sein. (M.U.Sommer, Skeptische und Negative Ethik, S. 149-162 in: Henning Ottmann (Hrsg.), Negative Ethik, Berlin, 2005)

Ein radikaleres Modell bringt der Philosoph Hans Saner (Jaspers' Nachlaßverwalter): Als äußersten Grenzfall negativer Ethik führt Saner einen radikalen Ethik-Verzicht auf, der den Nutzen normativer Ethik überhaupt bezweifelt und sich gegen die Zumutung „endemisch gewordener Schulmeisterei“ wendet. Die skeptische Sicht, wonach normative Systeme eher der Sittlichkeit abträglich sind, äußert sich in der fast zynischen Formulierung: „Alle Ethik ist im Glücksfall ein Placebo der Humanität, in der Regel aber ihr Gift.“ (Hans Saner, Formen der negativen Ethik. S. 27-30 in: a.a.O.)

Caroline Sommerfeld

13. Juli 2019 21:42

@zeitschnur. "Was meinen Sie mit „Mit Steiner kann man den Brand allerdings am besten aushalten, weil man zu ahnen lernt, was danach kommt.“?"

Ich will Ihnen antworten, mal sehen, wie weit ich komme.

"Entscheidend muß dasjenige werden, was Menschenherzen mit dieser Michael-Angelegenheit der Welt im Laufe des 20. Jahrhunderts tun. Und im Laufe dieses 20. Jahrhunderts, wenn das erste Jahrhundert nach dem Ende des Kaliyuga verflossen sein wird, wird die Menschheit entweder am Grabe aller Zivilisation stehen oder am Anfang desjenigen Zeitalters, wo in den Seelen der Menschen, die in ihrem Herzen Intelligenz mit Spiritualität verbinden, der Michael-Kampf zugunsten des Michael-Impulses ausgefochten wird." ( rudolf Steiner, 2. Arnheimer Vortrag vom 19. Juli 1924. GA240, S.182)

Dieses Am-Grabe-aller-Zivilisation-Stehen ist nicht der letzte Akt. Die verweltlichte Heilsgeschichte der Aufklärung, der materialistischen Wissenschaft, der Rede von den "Menschenrechten" wird wieder eine vergeistigte Heilsgeschichte werden können. Natürlich nicht automatisch oder als Fatum, auch nicht als soziale oder politische "Bewegung", auch nicht als institutionalisierte Anthroposophie, sondern weil das große Weltgeschehen der modernen Zivilisation, was da stirbt, an dessen Grab wir stehen, einige Samen hinterlassen hat. Die Aufklärung mußte sein zur Ich-Entstehung im modernen Menschen, damals war die Zeit dafür reif. Sie wirkt an ihrem Ende verheerend, aber dahinter kommen wir nimmer zurück. Es gibt ältere tradierte Bestände, aufklärerische Abweichlerideen, Funken, die später ihre Kraft entfalten. Weil's innerweltlich nicht geklappt hat mit der Erlösung, muß der Impuls jetzt erstmal wieder hinauf in die geistige Welt. Neuer Anlauf.

Franz Bettinger

13. Juli 2019 22:52

"Volldampf in die Ära der Gesetzlosigkeit ..." - Super geschrieben, @Zeitschnur! Komprimiert und verfranzelt:

"Diesmal, signalisieren uns junge Frauen, diesmal werden wir ungerechte Gesetze einfach brechen. ... An dem Punkt sind wir alle sensibel; wer wüsste nicht um das Übermaß an gesetzlicher Ungerechtigkeit? ... Im Grunde ist all das Theater um Seenot, bail-out und Klima ein Lehrstück der Gesetzlosigkeit, von deren Notwendigkeit wir überzeugt werden sollen. Die Hauptrolle spielen Kindersoldaten und Jugendliche und unreife Erwachsene. ... Dass man uns mit Ehrungen für kleine Schulschwänzer, Grenzbrecher und große Gesetzesbrecher einträufeln will, es gehe um Moral, ist eine Strategie, die verdecken soll, dass wir in eine Ära der Gesetzlosigkeit gestürzt werden sollen, die nur noch spontane Maßnahmen und nie mehr Normen zulassen wird. ... Es ist ein Gang zwischen Wahn und (Selbst-)Mord- Lust, der 'struggle for goodness', der ultimative Kick eines Extremsportlers, der alles aufgibt, nur eines nicht: die Gewissheit, dass die lieben Englein ihn schon auffangen werden, wenn er sich vom Dach stürzt, weil ihn die Schwerkraft mit ihrem sturen Naturgesetz einfach nur noch nervt und er beschlossen hat, ab jetzt wie ein Adler zu fliegen. ... Ich sehe nicht, wie man das alles aufhalten könnte, egal in welche Richtung es nun aus dem Ruder läuft, ob in Richtung Islam, in Richtung Verwindmühlung und Verschandelung, Verschuldung und Verarmung, oder ob es auf Unterwerfung und Versklavung hinausläuft oder in einem blutigen Rassen- oder Bürgerkrieg endet. Ob ich es noch erlebe? Sehr wahrscheinlich ja."

Laurenz

14. Juli 2019 03:18

@limes .... die Heilsgeschichte ist alt, Marx schrieb sie ab. Und Sie. limes, haben fast genau die Trotzkische Doktrin formuliert. Alter Bolschewisten-Trick, nur die Zerstörung der Gesellschaft, der Zusammenbruch der Wirtschaft bringt den Bürgerlichen ins Proletariat, eine Situation, in der es nichts Materielles mehr zu verlieren gibt. Nur dann ist der größte Feind der Revolution, der ehemals Bürgerliche bereit, sich vor den Karren der revolutionären Umwälzung spannen zu lassen. Trotzki hatte aber verstanden, daß dieser Prozeß, wie Sie, limes, es recht klar formuliert haben, permanent vonstatten gehen muß. Nur dann bemerkt niemand, daß die Nummer der Heilsgeschichte ökonomisch nie funktioniert, solange es Menschen gibt.

Ich habe desöfteren versucht, den geschätzten Foristen Niekisch von dieser Taktik zugunsten der Rechten zu überzeugen. Der Haken an der Geschichte, die Niekisch symptomatisch und wunderbar, trotz klarer Bewußtheit vertritt, ist das Herz des Patrioten, das den Zusammenbruch der eigenen Nation unter vielen, nicht ertragen kann.
Der einzige thematische Wert des linken Narziß ist das Streben nach totalitärer Macht, die Mitgliedschaft im Politbüro, die Verneinung des Eigentums, welches den größten Gefährder der Revolution darstellt. Jesus quatschte, vor allem im Judas-Evangelium, philosophisch schlau daher und wir bekamen Inquisition und Papst, immer dieselbe langweilige Leier der Geschichte. Monopolisierung echter Bildung und Degradierung der Bildung des Mobs, denn über blöde Muschiks herrscht es sich entspannter. Deswegen hatte ich die Debatte auch weiter oben als daneben angesehen. Die Heilsgeschichten mit totalitärem Herrschaftsanspruch finden mangels Kreativität der Märchenerzähler kein wirkliches Ende. Wenn Frau Sommerfeld als Pharisäer, Konter-Revolutionär, Ketzer oder Reaktionär gegen die zahllosen Jesus-Marxisten 5.0 bis Christi-Himmelfahrt.0 anphilosophiert, endet das doch immer, zumindest auf einem virtuellen Scheiterhaufen. Und Frau Sommerfeld weiß doch haargenau, daß sich eine Debatte mit Gläubigen aller Couleur erübrigt.

@heinrichbrueck ...Zitat .... Wie kommt man aus dieser Katastrophe heraus? ...Zitatende ... indem man sich auf die Katastrophe einläßt, eben mit der Eskalation des Problems aus eigener Handlung mit der Schuldzuweisung an die Adresse der Linken. Die Linken machen das schon 3.000 Jahre so. Foristin Lotta Vorbeck beschreibt auch nur die jeweiligen Zeitgenossen, eines antiken Kulturkampfes der bis heute anhält.

@Niekisch .. wenn Sie den rechtlichen Wert der Religionsfreiheit darstellen, würde es diese ohne Friedrich den Großen nicht geben. Als Rechtssicherheit gewährender feudaler König nahm er opportun die Gelegenheit wahr, gebildete Verfolgte aus einem ähnlichen Kulturkreis einzuschleusen. Er hatte den Habsburgern nie angesagt, endlich die Osmanen durchzulassen. Der alte Fritz hielt weder was von Christen, Juden noch von Moslems, was ihn aber nicht davon abhielt, einen Salomo mit einem "von" zu versehen. Er ging, ganz logisch, einfach davon aus, daß Seine Souveränität, die gewährte Rechtssicherheit über der Religionsfreiheit steht.

@zeitschnur .... die Briten ballerten aber, trotz Balfour-Deklaration, mit schweren Küstenbatterien auf die mit jüdischen Auswanderern bevölkerten Schiffe vor Haifa. Und Dank 2er neuer Flugzeugträger möchte man sich auf der Insel immer noch diese Option offen halten. Vorab will man aber schon mal aus der gemaasten EUdSSR aussteigen. Die damalige Haltung hat sich trotz Maria-Magdalena 25.0 nicht geändert.

@Search4M .... ja eben... weg mit dem verlogenen Pseudo-Humanismus. In Hessen schrie man früher "Zickezacke-Hühnerkacke-heu-heu-heu" .... das ist alles, was davon bleibt, wenn man mal dagegen spuckt.
Wenn, müssen wir selbst die Heilsgeschichte an die blöden Linken verkaufen, also links überholen, frei von jeglicher Überzeugung. Wenn man das mal verstanden hat, weiß man, was links ist. Das gilt ebenso für die hier debattierte lächerliche linke Stinker-Dialektik, auch noch gratis mit angeschlossenem didaktischen Befehl versehen.

Kommentar Sommerfeld: Ihr schulhofmäßiges "Dein-doofer-Jesus..." lasse ich nur durchgehen, wenn Sie uns auf den Punkt zu erklären könnten, was "Jesus-Marxisten" überhaupt sein sollen. "Irgendwas mit Heilsgeschichte" gilt nicht.

zeitschnur

14. Juli 2019 11:11

@ Franz Bettinger

"Wie heißt der Bürgermeister von Wesel?"
"...esel"!"
So manches Echo bringt es dann vollends ungeschminkt...
Aber das Echo löst auch weitere Erschütterungen und Verdeutlichungen der Gedanken aus...

zeitschnur

14. Juli 2019 11:26

@ Lotta Vorbeck

"Möglicherweise sehen die selbst kaum jemals öffentlich in Erscheinung tretenden Puppenspieler, an deren Fäden die visuell und namentlich bekannten Sprechpuppen hängen, das seit Ende des WK1 weltweit installierte System als nunmehr obsolet geworden an und haben es deshalb in den Selbstzerstörungsmodus versetzt."

Bei mir ist der Eindruck, dass diese Unsichtbaren nichts Geringeres als eine "Sintflut" erzeugen wollen, um ihre verdammte neue Ordnung der Zeitalter ("novus ordo seclorum") einzuführen. Diese Leute denken - anders als die getäuschten und auf Materialismus und "Säkularisierung" gesetzten Zeitgenossen! - spirituell: sie wissen (anders auch als leider viele Christen und sowieso fast alle Muslime und Juden), dass Gott nicht herrscht, wie Menschen sich Herrschaft vorstellen. Sie fordern Ihn gewalttätig heraus, sie wollen ihm seine Schöpfung, seine Welt kreuzigen, draufgehen lassen und diesmal ganz bis auf die, die sie zum Überleben designiert haben, eine Art Noach 2.0 in einer Arche 2.0, wegnehmen, um sich ein eigenes nachapokalyptisches Zeitalter zu schaffen, in dem sie sich zu verewigen hoffen, das Königreich Gottes für immer verunmöglichen, in dem es keine Herrschaft mehr gibt und keine Gewalt, wie das NT es ausdrücklich beschreibt, auch nicht seitens Gottes, in dem doch alles in absoluter Freiheit und Unbeschwertheit schwingt... Ohne einen solchen spirituellen Wahn aufseiten der Puppenspieler kann man sich die Ereignisse nicht mehr einigermaßen rational erklären. Bloße Gier reicht da nicht mehr aus. Sie wollen Gott in einem finalen Akt versuchen und setzen im Prinzip auch das eigene Überleben dabei kaltblütig aufs Spiel. Sie setzen alles auf eine Karte.
Ich bin sehr gespannt, wie dieser Gott, der nicht herrscht, wie Menschen sich Herrschaft vorstellen, wie er an Jesus gezeigt hat, dennoch zu seinem Ziel kommen wird, und glaube als freier Christ, dass er sich nichts nehmen lässt und es sich gelohnt haben wird, in Geduld und Hoffnung zu erwarten und zu glauben, dass sein Reich komme - die dritte Vaterunserbitte. Bevor nun wieder einige antichristlich aufjaulen hier: ja, das glaube ich und will es auch sagen dürfen.

zeitschnur

14. Juli 2019 11:56

@ Caroline Sommerfeld

Vielen Dank für Ihre Antwort! Ich denke, ich weiß jetzt, in welche Richtung Sie gedacht haben bei Ihren Aussagen. Ich kam und komme als Musikerin immer wieder mit Anthroposophie in Berührung (es gibt sehr viele anthroposophisch angehauchte Musiker), ohne aber selbst daher zu stammen oder mich all zu sehr mit Steiner beschäftigt zu haben.
Die in Ihrem Zitat angerissene Verknüpfung der hinduistischen Eschatologie mit der christlichen (an das destruktiv und dunkel gefärbte Zeitalter, in dem der Dämon Kali herrscht und der Erzengel Michael gegen den Drachen kämpft wird beendet dadurch, dass Michael durch aufstrebende geistige "Inputs" in den Menschen zum Zeitgeist wird, zu einer Vergeistigung führt und dadurch zur Erneuerung) könnte aber - und das lässt mich zögern - eben genau auch jener Impuls sein, den diejenigen Kräfte, die all das "Materialistische", kali-mäßige inszenieren, ebenfalls für sich in Anspruch nehmen. Der Dämon Kali will ja ebenfalls als Michael überleben, um es mal zugespitzt zu sagen. Man weiß nicht, womit man es zu tun hat - soll man es dualistisch deuten - aber das lehnt Steiner ja stets ab, es wird dann aber sehr schwer, noch zu wissen, welchen Impulsen man in Wahrheit folgt. dass es in diesem Äon Finsternis und Licht gibt, lässt sich kaum in Wohlgefallen auflösen.
Ich sehe da jedenfalls eine enorme geistige Verwirrung im Raum stehen, und vielleicht kennen Sie auch den Satz des Paulus, wir hätten es (bei all der Finsternis, die auch damals schon spürbar war) nicht mit Fleisch und Blut zu tun, sondern mit den "arches"in der Luft, mit den geistigen Gewalten und Fürsten. Geistig jedenfalls ist alles, was geschieht, im letzten Ende und kommt irgendwie insofern auch "von oben" ("in der Luft"), sowohl Kali als auch Michael. Aber man kann dennoch nicht zweien Herren dienen und nicht umsonst kennt das NT die "discretio spirituu", die "Unterscheidung der Geister"...
Für mich ist das daher gewissermaßen vermintes Gelände.
Aber das nur so als Bemerkung - ich weiß, dass darüber sehr intensiv nachgedacht werden muss von meiner Seite.

Laurenz

14. Juli 2019 12:09

Sehr geehrte Frau Sommerfeld, ich vertrat schon öfter die Gewißheit, daß das Christentum, vor allem vertreten durch Paulus, dem Chef-Propagandisten, antiken Bolschewismus (mit dem politischen Ziel Jesu vor allem das geistig und materiell arme Proletariat im Fokus zu haben) darstellt, natürlich noch altbacken mit dem Paradies im jenseits. Letzteres geriet natürlich etwas langweilig ... mit Gott, auf Wolken sitzend, muß der ins Paradies Eingekehrte Hosianna oder Halleluja singen. Die Gospel-Sänger üben hier ja schon mal.
Marx schrieb seinen Wertekanon eindeutig bei Ihrem Kollegen Augustinus ab, mit dem von Ihnen im Artikel beschrieben Update, der Verlegung des Paradieses vom jenseits in die hiesige Zukunft.
Sie Selbst, Frau Sommerfeld, und viele Foristen beziehen sich doch auf "die" Heilsgeschichte. Allerdings sind etwas viele Möchtegern-Erlöser im Angebot, die dann angeblich was an neuem Benedictio zu bieten haben?
Natürlich haben die antiken, wie heutigen Christ-Marxisten ganz opportun den Haken unterschlagen, den das dem Heidentum entsprungene Heil mit sich bringt. Man kann das Heil nicht per dictio jemandem oder einem etwas zuweisen. Entweder ist das Heil mit jemandem (einem Heiligen) oder eben nicht. Ein Sprechung, also Philosophie, auch die des Augustinus oder Marx, ist da vollkommen machtlos. Und der Versuch es per Dekret zuzuweisen, brachte historisch immer nur Unheil über die Gläubigen und Ungläubigen. Daher debattieren wir hier tatsächlich die Unheilsgeschichte.

nigromontanus

14. Juli 2019 13:15

Ich würde hier ganz anders argumentieren. Grundsätzlich schließe ich mich der Ableitung der Menschenwürde, grundsätzlich des philosophischen Universalismus/Humanitarismus/Idealismus als verweltlichter Theologie an. Nur, und das ist der Punkt, geht mit der Verweltlichung der Heilsgeschichte auch ihre Vernunftwerdung einher. Gebete, Beschwörungen, Symbole, Glauben, Hoffnung - all das reicht in einer vom Menschen einzig nach seiner Vernunft gestalteten Welt nicht mehr aus. Der Mensch muss denken und handeln, um seine Ideale erfüllt zu bekommen.
Insofern müssen wir nicht pragmatisch, halbironisch eine Trennung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik einführen. Es reicht vollkommen, den universalistischen Anspruch unserer Hypermoralisten beim Wort zu nehmen. Denn: führt die aktuelle Form der Migrationspolitik tatsächlich zum anvisierten Ziel einer besseren Welt? Nein.
Erstens: sie macht die Länder nicht besser, in die migriert wird, da ökonomisch ungelernte Arbeitskräfte in den hochspezialisierten westlichen Wirtschaften kaum gebraucht werden, zweitens erzeugt "Diversität" keine glückliche "Buntheit", sondern Tribalisisierung und zunehmende gesellschaftliche Spannungen und Konflikte. (Speziell in Zusammenhang mit Faktor eins, der absehbar zu riesigen, wütenden, kriminellen, prekären Migrantenghettos führt.)
Zweitens: sie hilft auch nicht wirklich den Herkunftsländern. Sinnvoll wären hier Strategien, die perspektivisch politische und gesellschaftliche Stabilität herbeiführen. Wenn allerdings gerade die Vitalsten nach Europa ziehen, statt in Nigeria oder dem Irak die Verhältnisse zu verbessern, ist das für die Herkunftsländer sogar schädlich. Aufgrund der Zahlenverhältnisse, der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung in Afrika und dem Nahen Osten ist es darüberhinaus sowieso vollkommen unmöglich, mehr als einen winzigen Bruchteil der dortigen Bevölkerungen nach Europa migrieren zu lassen. Was hier etabliert wird, ist lediglich zufälliges, inhumanes Selektionsverfahren im Sinne von "Wer sich durchkämpft, gewinnt alles, der Rest leidet elend weiter vor sich hin", das eigentlich jedem ernsthaft universalistischem Denken zutiefst zuwider sein müsste.

Die aktuelle Migrationspolitik via eines ausgehöhlten, zur Farce gewordenen Asylrechts erfüllt also keinesfalls den Anspruch, den sie im Rahmen einer Heilsgeschichte an sich selbst stellt. Eher fällt einem hier Platons Vergleich zwischen dem Koch und dem Arzt ein: der Koch bereitet leckere Gerichte zu, die kurzfristig munden und glücklich machen, langfristig jedoch krank und fett. Der Arzt dagegen bereitet Arznei, die kurzfristig widerwärtig schmeckt, langfristig aber gesund macht. Unsere grassierende Hypermoral ist ersteres: ein kurzsichtiger Moral-Hedonismus, der über seine eigene unvernünftige Sentimentalität nicht hinauskommt, der gerade NICHT global oder universalistisch denkt, sondern sich an den eigenen Gefühls-Narzissmus klammert wie das Kleinkind an eine Tafel Schokolade. Und damit werden wir unserem eigenen Anspruch nicht gerecht, wir schaden uns selbst, wir schaden den anderen und halten eigentlich einen Zustand aufrecht, worin wir uns fortwährend auf Kosten einer kaputten Welt die süße Droge einer oberflächlichen Humanitarismus verabreichen können, statt die unerfreulichen, aber notwendigen Entscheidungen zu treffen, die in Wahrheit zur Gesundung notwendig sind, sofern wir uns als säkularisierte Welthirten, als Gottesersatz quasi im Sinne von Menschenrechten und Vereinten Nationen für die Weltherde unbedingt verantwortlich fühlen wollen.

Lotta Vorbeck

14. Juli 2019 13:50

@zeitschnur - 14. Juli 2019 - 11:26 AM

"Bei mir ist der Eindruck, dass diese Unsichtbaren nichts Geringeres als eine "Sintflut" erzeugen wollen, um ihre verdammte neue Ordnung der Zeitalter ("novus ordo seclorum") einzuführen. Diese Leute denken - anders als die getäuschten und auf Materialismus und "Säkularisierung" gesetzten Zeitgenossen! - spirituell: sie wissen ... dass Gott nicht herrscht, wie Menschen sich Herrschaft vorstellen. Sie fordern Ihn gewalttätig heraus

... ohne einen solchen spirituellen Wahn aufseiten der Puppenspieler kann man sich die Ereignisse nicht mehr einigermaßen rational erklären. Bloße Gier reicht da nicht mehr aus. Sie wollen Gott in einem finalen Akt versuchen und setzen im Prinzip auch das eigene Überleben dabei kaltblütig aufs Spiel. Sie setzen alles auf eine Karte."

***************************

Damit rennen Sie, liebe Zeitschnur, offene Scheunentore ein,

man nennt es New World Order (NWO) und betet außer dem Mammon auch Steinerne Eulen an.

Man ist sich innerhalb dieser Loge seiner Sache absolut sicher, meint offenbar, der Asche des vorsätzlich und eigenhändig entzündeten Weltenbrandes als die unsterblich Gewordenen zu entsteigen.

zeitschnur

14. Juli 2019 14:09

@ Laurenz

So klingt das, wenn jegliche discretio spirituum fehlt!

Nur ein kleiner Impuls für Sie zu Marx und Augustinus:
Das "Update" hat Augustinus bereits selbst vollzogen bzw angedeutet oder möglich gemacht, dazu brauchte es keinen Marx! Und nach Augustinus formte es die Kirche selbst maximal aus:
Augustinus dachte zunächst, dass das "regnum Dei" als "civitas" irgendwie erst nachäonisch käme. Davon kam er aber später ab und glaubte, dass das Millennium (vgl. Apk 20) sich bereits in der realen Kirche verwirkliche. Die "civitas Dei" verwirkliche sich bereits hier und jetzt im Einzelnen, nicht aber in der Ordnungsmacht des Staates, die im Prinzip böse sei, obwohl Gott sie in diesem Chaos hier gesetzt habe. Luthers 2-Reiche-Lehre knüpft daran an, führte aber letztendlich faktisch und politisch auch wieder zu einer 1-Reich-Lehre.
Als dann das erste Jahrtausend Kirche vorbei war und Jesus weder wiedergekommen noch die Welt untergegangen war, ist in der Kirche ein emsiges Suchen nach anderen heilsgeschichtlichen Deutungen der entsprechenden Schriftstellen zu suchen.
Im Wesentlichen aber hielt die Kirche sich nun für das bereits als Millennium garantierte Königreich Gottes, das sie hier und jetzt verwirklichen müsse mit Ausblick ins himmlische Jerusalem. Doch auch das ließ sie nach mannigfachen Auseinandersetzungen mit anderen Millenanristen, etwa aus dem Umfeld der Franziskaner, wieder fallen (es gab heftige Verwerfungen, kann in den synodalen Quellen des 12./13. Jh nachvollzogen werden) und setzte sich in die Position des bereits angebrochenen "regnum". Für diese Tatsache sprechen zahlreiche katechetische, dogmatische und andere Lehraussagen mehr oder weniger hohen Verbindlichkeitsgrades. Die Unterscheidung zwischen irdischem und himmlischem Reich wurde immer unklarer.
Der Papst stellte den bereits wiedergekommenen Christus dar, der nun herrscht. Die kirchliche Hierarchie hatte man sowieso schon früh mit der angeblich himmlischen identifiziert. Daher auch die Aufpflanzung des Papsttums mit dieser Anmaßung ca. seit der ersten Jahrtausendwende. Im "Dictatus papae" von 1075 heißt es ganz unverfroren: "Quod illius solius nomen in ecclesiis recitetur" (Dass allein sein Name (also der des Papstes!) in den Kirchen rezitiert werden darf) oder "Quod hoc unicum est nomen in mundo" (Dass sein Name einzigartig ist in der Welt). Bitte: Nicht der Name Jesu Christi, nein - der Name des jeweiligen Papstes sollte der Gegenstand der Verehrung sein!
Diese Anmaßung kann man nur verstehen, wenn man zugrunde legt, dass der Papst als eine Art inkarnierter Christus verstanden wurde und übrigens wird. Im Kontext des Vaticanum I (1869/79), das dann die beiden Papstdogmen definierte, predigte ein ultramontaner italienischer Bischof davon, dass der Sohn Gottes dreimal inkarniert sei bzw unentwegt inkarniere: in Maria, in der Eucharistie und im Papst. Diese Sicht wurde zwar von vielen Theologen angezweifelt, blieb aber in der Hierarchie doch hängen. In der Eröffnungsrede zum Vaticanum II und seinen Enzykliken wie "Pacem in terris" (1963) nehmen Kirche und Papsthierarchie eindeutig einen Christusrang ein. Hier ein Link zur Enzyklika http://w2.vatican.va/content/john-xxiii/de/encyclicals/documents/hf_j-xxiii_enc_11041963_pacem.html, man muss aber sehr sorgfältig lesen und darf sich von den poetischen Formulierungen nicht blenden lassen.

Auch hier schillern für mich die Dinge: Ist Marx wirklich ein "Update" oder ein Erfüllungsgehilfe der Kirche? Natürlich dialektisch verbrämt! Kommunistische (jesuitische) Experimente gab es schon im 17. Jh in Paraguay, die in der Berlinischen Monatsschrift, in der auch Kant publizierte, von den Zeitgenossen ganz eindeutig als "Jakobinismus" bzw mit ihm verwandt erkannt wurden.

Es ist wirklich vermintes Gelände, aber dieses herablassend-schmähende Niedermachen, das Sie da formulieren, ist der Problematik mehr als unangemessen. Ohne den Odem Gottes können auch Sie nicht atmen und sollten sich daher etwas mehr Mühe geben, den Dingen auf den Grund zu gehen und denjenigen, die es hier versuchen, je auf ihre Weise natürlich (soviel Toleranz muss sein!), nicht herabwürdigende Kommentare hinterherwerfen.

Wenn man Ihren Kommentaren aber etwas Positives abgewinnen will, dann dies, dass aus ihnen auch hervorgeht, dass wir uns immer in einem heilsgeschichtlich angelegten Projekt bewegen, so oder so, auch dann, wenn man es vielleicht anders nennt oder am liebsten abwerfen wollte. Es geht um Zeitalter, um Entwicklungen und ein Ziel oder Kreisläufe, aber stets sehen wir uns hineingerissen oder geworfen oder schlicht gestellt...

Richtig ist aus mS Ihre Folgerung, dass man das Heil nicht per Dekret verordnen könne. Ich sehe aber nicht, wo Frau Sommerfeld oder sonst einer hier das getan hätte. Vielleicht lesen Sie einmal genauer, was jemand schreibt?

Elvis Pressluft

14. Juli 2019 14:47

@ zeitschnur
Ihre Gedanken empfand ich als sehr sachhaltig; daß Sie an dieser Stelle den Eindruck gewinnen, als Christin unter Rechtfertigungsdruck zu stehen ist ebenso bedrückend wie verständlich (wenn an Kommentare sensu Laurenz denkt). Bei Steiner und/oder Anthroposophie setzt bei mir immer eine Art Immunabwehr ein: sicherlich ein kluger Kopf, aber in summa ebenso unzweifelhaft eine parareligiöse Irrlehre. Man gerät sehr schnell in trübe Gewässer.
Sie haben das Manichäische erkannt, das in dem von Frau Sommerfeld referenzierten Artikel sich (notdürftig verklausuliert) Wort verschafft. Dieser säkulare Erlösungs- und Weltheilungswahn vermengt sich vielfach mit den ganz prosaischen, auf die Götzen Macht und Profit gerichteten Interessen bestimmter elitistischer Kreise. Jener Siemens-Bonze führt Hetzreden gegen alles Rechte, weil arabische Autokraten, mit denen er ungerührt Handel treibt, über eine andere finanzielle Ausstattung verfügen als deutsche Rechte. Wäre es ökonomisch umgekehrt, würde er vielleicht anders (oder gar nicht) reden – oder auch nicht. Vielleicht glaubt er den von ihm verkündeten Unrat, und sei’s per Autosuggestion. Man kann es nicht in jedem Einzelfall entwirren und sollte sich auch nicht darin verlieren, es ergreifen zu wollen.

Lotta Vorbeck

14. Juli 2019 15:31

@Elvis Pressluft - 14. Juli 2019 - 02:47 PM

"... Jener Siemens-Bonze führt Hetzreden gegen alles Rechte, weil arabische Autokraten, mit denen er ungerührt Handel treibt, über eine andere finanzielle Ausstattung verfügen als deutsche Rechte. ..."

************************************

Der der niederbayerischen Provinz entstammende Siemens-Bonze anglisierte seinen deutschen Vor- und Zunamen?

+++ Frage: An welchen Raketeningenieur, der meinte, seinen Vornamen anglisieren zu müssen, erinnert uns das?

Sandstein

14. Juli 2019 15:42

@ zeitschnur

Ihr bisher bester Beitrag auf SiN, habe ihn mit Begeisterung gelesen. Insbesondere diese Stelle hat es mir angetan:

„ Ohne den Odem Gottes können auch Sie nicht atmen und sollten sich daher etwas mehr Mühe geben, den Dingen auf den Grund zu gehen.“

Leider sind besonders in neurechten Kreise die Vorstellungen vom Gottmenschen (Hariri, homo deus) ähnlich stark vertreten, wie ganz links außen. Auch paradox irgendwie, nicht?
Jedenfalls Danke für die Teilhabe an Ihren profunden Kenntnissen der Kirchenlehre u. -Geschichte. Nicht unbedingt MEIN Thema, aber schön, es einmal so verdichtet lesen zu können.

Jens Frisch

14. Juli 2019 16:32

Schon Nietzsche kannte ihn, den "guten Menschen":

"Es ist der Mensch, der die Folgen seines Handelns anderen überläßt"

Deshalb Butter bei die Fische: Jeder von Rackete Gerettete wird vollumfänglich von Sea-eye alimentiert: Nach jüngsten Berechnungen €450.000 - pro Person!

Der Amerikaner hat ein schönes Sprichwort:
"Put your money where your mouth is."

heinrichbrueck

14. Juli 2019 16:39

Die nihilistische Argumentation der Vereinzelten, wie in der kosmopolitischen ZEIT versucht, die als Einzelne ihre Weltgemeinschaft absichern müssen, beschleunigt das Gegenteil des Geglaubten. Sie können weder ihrem Tod entfliehen, dazu fehlt ihnen die Gewißheit und der Glaube, noch können sie aus der schwachen Opposition Rettung erfahren. Es gibt auch keine Argumente, keine Diskussion. Sofern diese Opposition eine Gemeinschaft der Strenge bevorzugt, und ihren Überlebenswillens mit äußerster Gewißheit durchsetzen kann, wird kein Nihilismus diesen Glauben erschüttern können.

Franz Bettinger

14. Juli 2019 17:01

@Lotta und @Zeitschnur: Verzeihen Sie dem Esel, aber er kann's nicht lassen, auch, damit die Nicht-Gott-Gläubigen verstehen, was vielleicht gemeint ist:

Was ist die Erklärung für das Chaos, in das wir gestürzt werden? Der übliche Bereicherungs-Tick der Reichen und Super-Reichen, die angeblich nie genug kriegen können? Ich glaube das nicht.

Möglicherweise sehen die öffentlich kaum in Erscheinung tretenden Puppenspieler - die wir den tiefen Staat nennen oder Die Bilderberger oder Davoser oder Illuminaten, und an deren Fäden die Merkel- und Macron-Sprechpuppen tanzen, lächeln oder zittern (müssen) - das seit Ende des Ersten Weltkriegs weltweit installierte System der Pseudo -Demokratien nun als obsolet an und haben es deshalb in den Selbstzerstörungs-Modus versetzt.

Diese Unsichtbaren wollen nichts Geringeres als eine "Sintflut" erzeugen, eine tabula rasa, um ihre verdammte 'Neue Ordnung der Zeitalter' einzuführen. 'Novus Ordo Seclorum' steht auf der Ein-Dollar-Note links unter der Pyramide. Diese Leute denken nicht wie Materialisten und Geld-Scheffler. Diese Leute denken spirituell: Sie wissen, dass 'Gott' nicht herrscht, wie Menschen sich Herrschaft vorstellen. Sie fordern ihn gewalttätig heraus. Sie wollen ihm seine Schöpfung kreuzigen und alle draufgehen lassen, und diesmal ganz und gar bis auf jene, die sie zum Überleben in einem eigenen nach-apokalyptischen Zeitalter bestimmt haben.

Wie diese Neue Ordnung in der Neuen Einen Welt (New One World) aussehen wird? Keine Ahnung. Vielleicht ist es die Hölle. Vielleicht das Gegenteil, ein Paradies, in dem es keine Herrschaft mehr gibt und keine Gewalt, wie das Neue Testament es beschreibt, in dem dennoch alles in Freiheit und Unbeschwertheit schwingt. Mischt Gott die Karten neu? Oder mischt sie der Teufel? Das ist die Frage.

Ohne einen spirituellen Wahn aufseiten der Puppenspieler kann ich mir die Ereignisse nicht mehr erklären. Bloße Gier reicht da nicht aus. Sie wollen Gott - oder wer auch immer ihr Gegenspieler ist, denn ihn muss es geben, das spüre ich - in einem großen finalen Akt versuchen, und sie setzen im Prinzip auch das eigene Überleben kaltblütig aufs Spiel. Sie setzen alles auf eine Karte. Ich bin gespannt, ob 'Gott', der nicht herrscht, wie Menschen sich Herrschaft vorstellen, auch diesmal gegen den Satan die Oberhand behält. - (Danke Lotta und Zeitschnur für eure brillanten Gedanken, die ich hier ungeniert abwandele und für mich zurechtschneide.)

Lotta Vorbeck

14. Juli 2019 17:03

@Jens Frisch - 14. Juli 2019 - 04:32 PM

Papa Rackete spendierte, wie er einem italienischen Journalisten in den Block diktierte, seiner Bambina mit dem Kapitän*I_nnen-Patent im Tornister ein Haus in England.

Als Kapitän*I_n ist man naturgemäß viel unterwegs. Ließen sich nicht auch ein paar der Geretteten im Hause Rackete unterbringen?

Der Ausruf: "Genossen, jähe Wendungen, sind nicht ausgeschlossen!" - wird diesem

http://4.bp.blogspot.com/-OLgsj6_mpKE/TpyawxQ0ZwI/AAAAAAAAAKc/aUQnaXj7diI/s1600/WalterUBecher2.jpg

"deutschen Arbeitersohn" zugeschrieben.

Und wer kann es schon mit Bestimmtheit sagen, möglicherweise trug sich diese Geschichte auch gänzlich anders zu, als bisher von den Wahrheitstrompeten auf sämtlichen Kanälen unablässig ins Land getrötet:

+++ Rackete und "Sea-Watch 3" - ein für die ARD und PANORAMA inszeniertes Fernsehspiel?

https://www.journalistenwatch.com/2019/07/14/rackete-sea-watch3/

Franz Bettinger

14. Juli 2019 18:14

@Nigromontanus (der Schwarzwälder) schreibt:
"Führt die Migrations-Politik tatsächlich zum anvisierten Ziel einer besseren Welt? Nein! Was hier etabliert wird, ist lediglich zufällige, inhumane Selektion im Sinne von 'Wer sich durchkämpft, gewinnt; der Rest leidet weiter'."

In Neuseeland liest und hört man dazu immer wieder Folgendes: "Einige kamen ins Land, weil man sie einst holte und besondere Aufgaben zudachte. Andere kamen heimlich ganz von selbst und ungebeten. Jetzt breiten sie sich aus wie die Pest, verdrängen die Einheimischen im Land und machen Probleme. Wir müssen sie ausrotten. Wir müssen es wenigstens versuchen. Dazu haben wir ein 'Departement' geschaffen. Es heißt DOC, Departement of Conservation." (Zu deutsch: Die Arten Konservierendes Ministerium.) - Das klingt ziemlich rassistisch, meine ich. Aber wovon ist die Rede? Nicht von Gastarbeitern oder illegalen Einwanderern. Die Rede ist von Pflanzen und Tieren.

Neuseeland will, hierbei sehr rassistisch eingestellt, die einheimische Fauna und Flora vor 'invasiven Exoten' aus Europa schützen. Fremde Rassen, die die einheimischen überwuchern. Exoten nennen sie alles, was nicht von der Insel stammt: Eichen, Buchen, Rosen und vor allem die invasiven, herrlich groß, schön und schnell wachsenden Pinien. Auch fremdes Getier wird ausgerottet, jedenfalls alles, was keine Wolle oder essbares Fleisch liefert oder wenigstens Eier legt: Wildschweine, Rehe, Ziegen, Possums, Hermeline, wilde oder streunende Katzen und Hunde, Wespen, Ameisen, Igel, Wiesel, Hasen, bestimmte Fische und Papageien, sogar Wildpferde (Kaimanawa), um nur ein paar zu nennen von der Liste der Unerwünschten und Auszutilgenden. Auch das ist Neuseeland, und sie sind mordsstolz auf ihren Konservatismus (aka Rassismus) und meinen, gute Gründe für ihn zu haben. Vielleicht haben sie ja auch gute Gründe! Nur den Sprung von der erwünschten Flora und Fauna zum Menschen bekommen sie nicht hin. Bei ihm, der Krone der Schöpfung, gilt das Auslesen nicht mehr. (Well, seit Christchurch). Da ist es des Teufels.

Jeder Biologe, so ließ ich mich auf einer Party in der Nachbarschaft von einem (zufällig deutschen) DOC- Mitarbeiter belehren: Jeder Biologe weiß, dass eine Invasion artfremder Lebewesen im Naturreich keineswegs ein lustiges Multikulti erzeugt, sondern eine ökologisch bedenkliche Verdrängung alteingesessener Pflanzen und Tierarten durch die Neuankömmlinge. - Ich gab ihm recht. Als ich die Eradikations-Versuche von DOC aber "animal and plant racisme" nannte, flippte der DOC-er aus. Was das denn mit Rassimus zu tun habe? bluffte er mich an. Er kam gar nicht auf die Idee, ein Rassist zu sein. Die Begriffe Rasse und Rassismus brachte er nur mit der Menschheit in Zusammenhang, nicht mit Pflanzen und Tieren. Dass der Mensch ein Tier ist und sich oft auch so verhält, war ihm offenbar entgangen.

Wie im Tier- und Pflanzenreich läuft auch die Geschichte der Menschen und Menschenrassen häufig nach brutalen Kriterien ab und zwar ganz anderen, als sich linke Konflikt- und Gewaltforscher ausgedacht haben. Wer seine Biologie leugnet, tut dem Menschen nichts Gutes.

Vielvölkerstaaten und multikulturelle Gesellschaften sind wie Erdbeben-Gebiete, an denen es in Neuseeland ja auch nicht mangelt. Über die Jahre bauen sich Spannungen auf, und irgendwann entladen sie sich brutal. Vor allem bei den LinksGrünen, bei denen der Schutz der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt obenan steht, erfährt der Schutz der eigenen Bevölkerung keinerlei Unterstützung. Im Gegenteil, das Hereinwinken von Fremden wird in Neuseeland gerade wieder als Segen propagiert. - https://www.doc.govt.nz/nature/pests-and-threats/animal-pests/

quarz

14. Juli 2019 18:20

@nigromontanus

"Es reicht vollkommen, den universalistischen Anspruch unserer Hypermoralisten beim Wort zu nehmen."

Ich fürchte, die treibenden Akteure der unheilvollen Entwicklung haben sich inzwischen so in ihre Option verrannt, dass sie rationalen Argumenten nicht mehr zugänglich sind. Es hängt ihr ganzes Selbstbild und ihr Selbstwert an dieser Karte, auf die sie ihre ganze ideologische Existenz gesetzt haben. Den Gesichtsverlust zu ertragen, der mit dem Eingeständnis des fundamentalen Fehlers und seiner bereits jetzt zu verantwortenden Konsequenzen einherginge, geht schlicht über ihre seelischen Kräfte. Und das spüren sie. Und das merkt man.

Es hat wohl, was Max Plank (in Vorwegnahme Kuhnscher Gedanken) in Bezug auf Erkenntnis formuliert hat, mutatis mutandis erst recht für politische Zusammenhänge Gültigkeit, die man nach fatalen Weichenstellungen zu verantworten hat:
"Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, daß ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, daß ihre Gegner allmählich aussterben und daß die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist."

Der_Juergen

14. Juli 2019 18:24

Eine Debatte auf äusserst hohem Niveau, wie schon jene über den Islam und die deutsche Rechte. Ich beneide den einen oder anderen Foristen sowie die eine oder andere Foristin um ihre tiefschürfenden philosophischen und theologischen Kenntnisse. (Nein, @Laurenz, Sie sind nicht gemeint.)

@Jens Frisch

Sie zitieren Nietzsche mit dem Ausspruch, der gute Mensch sei "der Mensch, der die Folgen seines Handelns anderen überläßt". Helfen Sie mir auf die Sprünge: Stammt das Zitat aus dem "Zarathustra," oder aus der "Genealogie der Moral?" Ich erinnere mich an mehrere Nietzsche-Aussprüche über den "guten Menschen", aber an diesen nicht mehr.

Leute wie Carola Rackete handeln schlechthin verbrecherisch. Um sich selbst und der Welt ihre moralische Untadeligkeit zu beweisen, verstossen sie - ohne nennenswertes Risiko für sich selbst - nicht nur grob gegen geltendes internationales Recht, sondern lassen die einfachen Menschen europäischer Staaten wie Italien und natürlich Deutschland (wo ein Grossteil der "Geretteten" früher oder später landen wird) die Zeche für ihre "Güte" zahlen.

In der Schweiz wurde kürzlich eine Statistik veröffentlicht, wonach von den hier lebenden Bürgern Somalias 91% von der Sozialhilfe leben; bei Angehörigen anderer afrikanischer Staaten dürfte der Prozentsatz nicht viel niedriger liegen. Während die ärmeren Schichten der Schweizer Bevölkerung unter ständig steigenden Krankenkassenkosten leiden und sich Hunderttausende unserer Menschen kaum noch einen Urlaub oder einen gelegentlichen Restaurantbesuch leisten können, müssen sie also eine stetig wachsende Schicht von Parasiten auf Dauer alimentieren - ganz abgesehen davon, dass die autochthone Bevölkerungsgruppe immer mehr zusammenschrumpft. Selbstverständlich sind die Somalis nicht die eigentlichen Schuldigen. Sie nutzen schliesslich nur die Gelegenheit, die ihnen kriminelle Politiker mit Rückendeckung krimineller Journalisten und krimineller Individuen wie der NGO-Leute bieten.

Monika

14. Juli 2019 18:26

Ich möchte nochmal den Gedanken des Säkularistionsmodells der Menschenwürde aufnehmen und ein Modell eines christlichen Menschenbildes entgegenstellen.
These: Mit der Entgöttlichung der Welt geht einher die Entwürdigung des Menschen als Ebenbild Gottes oder wie @ zeitschnur schreibt: „All das Ethische erscheint mir ohne spirituelle Bezugnahme nur noch als Geplänkel“.
Wie wird heute überhaupt noch ein christliches Menschenbild begründet ? Die moderne Theologie fragt nicht mehr nach dem „Wesen des Menschen“ ( Was ist der Mensch ? ) Der Jesuitenpater Rupert Lay etwa geht nicht aus von der Wesensfrage, sondern von konkretem Menschsein und fragt, was zum Personsein unaufgebbar dazu gehört. ( Wer ist der Mensch).Er nennt fünf Konstanten, die dialektisch aufeinander bezogen sind und die erfahrbares Menschsein ausmachen. Das sind Individualität, Gesellschaftlichkeit, Weltlichkeit, Geschichtlichkeit, Grenzhaftigkeit. Das führt er näher aus. Von diesem Modell ausgehend kann man gut beschreiben, wo es bei den verschiedenen Menschenbild-Vorstellungen mangelt. Ein islamisches Menschenrechtsverständnis vernächlässigt das Individuelle zugunsten des Kollektivs ( Umma) . Das kann man durchspielen für ein Kommunistisches Menschenbild ( keine Transzendenz, keine Individualität) , für ein liberales, nationalistisches usw. )
Der Idee der multikulturellen Gesellschaft liegt ein säkulares, liberalistisches Menschenbild zugrunde:
Kennzeichen: reine Weltlichkeit, kein transzendenter Gegenpol. Gesellschaftlichkeit wird völlig ausgeblendet ( es gibt kein Volk, keine Nation, kein Stamm, kein Clan), es gibt nur den Einzelmenschen in einer Weltgesellschaft. Damit entschwindet zugleich die Geschichtlichkeit ( es gibt keine Herkunft und keine Zukunft, eigentlich nur eine ewige Gegenwart. ) Das kann man nun durchspielen, etwa auch für einen ethnopluralistischen Ansatz. Bei der Einstufung der IBD als „rechtsextremistische Bestrebung“ wurde ja deren „Menschenbild“ kritisiert. Es heißt: „Für die IBD existiert Kultur nur in einer dauerhaften Verbindung mit einer Ethnie“, weshalb, so der Vorwurf, „Menschen ohne gleiche ethnische Voraussetzung niemals Teil einer gemeinsamen Kultur sein können.“ Darüber kann man streiten.
Allerdings liegt dem Multikulturellen Menschenbild (mM) keinerlei Vorstellung einer irgendwie gearteten Kultur zugrunde. Deshalb kann es eigentlich auch keine gemeinsame Kultur geben.
Da überkommt einem schon das Grauen vor einem Weltenbrand...

Search4M

14. Juli 2019 19:40

@zeitschnur
„ Ohne den Odem Gottes können auch Sie nicht atmen und sollten sich daher etwas mehr Mühe geben, den Dingen auf den Grund zu gehen.“

Leider wird die Arroganz der katholischen und evangelischen Amtskirchen, zu behaupten und zu fordern nur über die führe der Weg zunehmend unerträglich. Manche Klerikerbonzen tun mir leid, ob ihrer Irrwege.

zeitschnur

14. Juli 2019 22:46

Damit keine Missverständnisse entstehen: wenn ich von Gott spreche, meine ich nicht mehr die "Amtskirche". Davon bin ich aus - tiefschürfenden - Gründen abgekommen, kann es nicht mehr verantworten. Aber Gott war auch nicht der Sanhedrin...

Ich möchte darauf hinweisen, dass das, was sich derzeit abspielt im Migrationspuppentheater, zur kirchlichen Doktrin gehört: In der oben irgendwo von erwähnten Enzyklika "Pacem in terris" schrieb Johannes XXIII unter Bezugnahme auf seinen Vorgänger Pius XII. (den "Stellvertreter") folgendes:

"12. Jedem Menschen muß das Recht zugestanden werden, innerhalb der Grenzen seines Staates seinen Wohnsitz zu behalten oder zu ändern; ja, es muß ihm auch erlaubt sein, sofern gerechte Gründe dazu raten, in andere Staaten auszuwandern und dort seinen Wohnsitz aufzuschlagen (vgl. Pius XII., Weihnachtsbotschaft 1952). Auch dadurch, daß jemand Bürger eines bestimmten Staates ist, hört er in keiner Weise auf, Mitglied der Menschheitsfamilie und Bürger jener universalen Gesellschaft und jener Gemeinschaft aller Menschen zu sein."

Das war 1963.

Und das sind mehr als deutliche Worte, die aber weder Papst noch sein Vorgänger erfunden hat… Und nein: sie sind mit Bedacht gesetzt und nicht "ganz anders gemeint gewesen". Sie sind Teil einer durchgehenden Linie mindestens vom 16. Jh ab bis heute.

Lotta Vorbeck

14. Juli 2019 23:02

@Franz Bettinger - 14. Juli 2019 - 06:14 PM

"In Neuseeland liest und hört man dazu immer wieder Folgendes: "Einige kamen ins Land, weil man sie einst holte und besondere Aufgaben zudachte. Andere kamen heimlich ganz von selbst und ungebeten. Jetzt breiten sie sich aus wie die Pest, verdrängen die Einheimischen im Land und machen Probleme. Wir müssen sie ausrotten. Wir müssen es wenigstens versuchen. Dazu haben wir ein 'Departement' geschaffen. Es heißt DOC, Departement of Conservation." (Zu deutsch: Die Arten Konservierendes Ministerium.) - Das klingt ziemlich rassistisch, meine ich. Aber wovon ist die Rede? Nicht von Gastarbeitern oder illegalen Einwanderern. Die Rede ist von Pflanzen und Tieren.

Neuseeland will, hierbei sehr rassistisch eingestellt, die einheimische Fauna und Flora vor 'invasiven Exoten' aus Europa schützen. Fremde Rassen, die die einheimischen überwuchern. Exoten nennen sie alles, was nicht von der Insel stammt: Eichen, Buchen, Rosen und vor allem die invasiven, herrlich groß, schön und schnell wachsenden Pinien. Auch fremdes Getier wird ausgerottet, jedenfalls alles, was keine Wolle oder essbares Fleisch liefert oder wenigstens Eier legt: Wildschweine, Rehe, Ziegen, Possums, Hermeline, wilde oder streunende Katzen und Hunde, Wespen, Ameisen, Igel, Wiesel, Hasen, bestimmte Fische und Papageien, sogar Wildpferde (Kaimanawa), um nur ein paar zu nennen von der Liste der Unerwünschten und Auszutilgenden. Auch das ist Neuseeland, und sie sind mordsstolz auf ihren Konservatismus (aka Rassismus) und meinen, gute Gründe für ihn zu haben. Vielleicht haben sie ja auch gute Gründe! Nur den Sprung von der erwünschten Flora und Fauna zum Menschen bekommen sie nicht hin. Bei ihm, der Krone der Schöpfung, gilt das Auslesen nicht mehr. (Well, seit Christchurch). Da ist es des Teufels.

Jeder Biologe, so ließ ich mich auf einer Party in der Nachbarschaft von einem (zufällig deutschen) DOC- Mitarbeiter belehren: Jeder Biologe weiß, dass eine Invasion artfremder Lebewesen im Naturreich keineswegs ein lustiges Multikulti erzeugt, sondern eine ökologisch bedenkliche Verdrängung alteingesessener Pflanzen und Tierarten durch die Neuankömmlinge. - Ich gab ihm recht. Als ich die Eradikations-Versuche von DOC aber "animal and plant racisme" nannte, flippte der DOC-er aus. Was das denn mit Rassimus zu tun habe? bluffte er mich an. Er kam gar nicht auf die Idee, ein Rassist zu sein. Die Begriffe Rasse und Rassismus brachte er nur mit der Menschheit in Zusammenhang, nicht mit Pflanzen und Tieren. Dass der Mensch ein Tier ist und sich oft auch so verhält, war ihm offenbar entgangen. ..."

************************************************

Sie, lieber @Franz Bettinger,

werden die, aus der von neuseeländischen Bestmeinenden mit Eifer betriebenen Ausrottung "invasiver, aus Europa eingführter Exoten" folgende, logische Konsequenz im Gastland nicht unbedingt an den Mann bringen wollen: Die neuseeländischen Caucasians wurden dem Doppelinsel-Land nicht durch Evolution beschert. Diese Angelegenheit zu Ende gedacht, müssten die "invasiv-exotischen" neuseeländischen Caucasians nämlich alsbald damit beginnen, sich selber auszurotten.

Ähnlich wie mit der Anakonda in den Everglades Floridas, verhält es sich im Nachbarland Australien, mit der aus Guatemala eingeführten, hochgiftigen Aga-Kröte. Sämtliche, der groß angelegten, staatlich organisierten Bemühungen sich dieser Invasoren zu entledigen, erwiesen sich (bisher) als kapitale Fehlschläge.

Fredy

14. Juli 2019 23:03

Tiefer Blick in eine dem Wahnsinn verfallene Seele:

https://www.bild.de/politik/inland/politik-ausland/rackete-im-bild-interview-wir-muessen-klima-fluechtlinge-aufnehmen-63280720.bild.html

quarz

15. Juli 2019 06:28

@Bettinger

"Jeder Biologe weiß, dass eine Invasion artfremder Lebewesen im Naturreich keineswegs ein lustiges Multikulti erzeugt, sondern eine ökologisch bedenkliche Verdrängung alteingesessener Pflanzen und Tierarten durch die Neuankömmlinge."

Das ist ja bei den Grünen so bemerkenswert: dass ausgerechnet jene, bei denen der Gedanke des ökologischen Gleichgewichts programmatisch einen so prominenten Platz einnimmt, ihn im Zusammenhang mit dem Menschen völlig ignorieren und so tun, als wäre dieser aus der Evolution ausgestiegen.

Laurenz

15. Juli 2019 06:49

@zeitschnur ... da leider meine erste Antwort auf Ihren netten Beitrag nicht gepostet werden konnte, versuche ich anders zu antworten.

Zur Ihrer Korrektur bezüglich meines Marx'schen Verhältnis zu Augustinus, so schrieb ich, Marx kopierte. Es wäre der europäischen Arbeiterschaft im späten 19. Jahrhundert schwer zu vermitteln gewesen, wenn man einen antiken Erlöser mit dem nächsten aus Nord-Afrika von 400 Jahren später ersetzt hätte, auch noch einen, von dem kein Proletarier jemals was gehört hat.

Das mag zwar bei Ihnen funktionieren, aber wir sind hier nicht repräsentativ. Außerdem ist es günstiger, wenn der neue zeitgeistige Messias dieselbe ethnische Zugehörigkeit hat, wie das Original. Die politische Zielgruppe der bekannten Erlöser, die Masse der Armen und arm gemachten, blieb dieselbe. Ihre "Civitas Dei", wohl dieselbe, wie die des Augustinus, existierte wohl tatsächlich, wurde aber in ganz Nord-Afrika über die Levante hin, platt gemacht. Man fand die nicht in Nicäa anerkannten Evangelien ja meist in Gräbern ketzerischer Wandermönche aus diesen Regionen.

Auch hier kann man der Tatsache eingedenk sein, daß in der römischen Reichsperiode von Konstantin bis Theodosius, der Prozeß, das Christentum zur Zwangsreligion zu machen, vollzogen wurde, Anhänger anderer Bekenntnisse wurden verfolgt. Theodosius schaffte das römische Bildungssystem ab, monopolisierte es in Kirchen und Klöstern, ließ öffentliche Bibliotheken abfackeln und tausende Statuen der römischen Kunstgeschichte kaputtschlagen, eine typisch kommunistische Maßnahme zur Zerschlagung des Bürgertums. Bei uns wurde der Prozeß einer friedlichen Mission von Chlodwig I um 500 (sein mutmaßliches Krönungsjahr) beendet. Er zwang seinen fränkischen Adel, wenn christlich, dann arianisch, zum Katholizismus, ausnahmslos, ebenso eine früh-marxistische Maßnahme zur Etablierung des gleichgeschalteten Zentralkomitees im Frankenreich.

Sie, zeitschnur, betrachten leider nicht die politisch, geo-strategischen Belange Europas, sondern rein die geistigen Zwistigkeiten. Seit den Niederschriften der Angelsachsen aus dem 7.Jahrhundert in Britannien und dem Beginn der Kapitularien im Frankenreich, etablierten sich die christlichen Mönche als Geschichtsschreiber, und unsere Quellen zentralisieren, reduzieren sich auf die Kirchen, schön am Beispiel des Einhard nachzuvollziehen. Zur Zeit des Millenniums stand Europa bereits massiv unter dem Druck der islamischen Eroberungen, Spanien und Sizilien waren bereits islamisch, die ehemals christlichen Hochburgen von Afghanistan bis Spanien verloren, vor allem das geistig intellektuelle Zentrum des Christentums, Syrien, war unersetzlich vernichtet. Was danach übrig blieb, ist bis heute nur ein Rumpf-Christentum.

Da Propaganda nur der politisch geo-strategischen Absicht dient, hatten die Schreiber in den Klöstern genug zu tun. Die politischen Absichten eines christlichen Gegenschlags, geplant von Urban II, die Unterstützung Byzanz' gegen den islamischen Ansturm, sind nicht wirklich der probate Inhalt kirchlicher Propaganda-Schriften gewesen. Wer wollte schon für die Interessen anderer Mitbewerber ins Feld ziehen? Demnach ist Ihr himmlisches Jerusalem, später in den gotischen Kathedralen verkörpert, nur die Propaganda um die Eroberung des tatsächlichen Jerusalems zu gewährleisten. Und nach dem Verlust des tatsächlichen Jerusalems und dem kompletten Scheitern der Kreuzzüge, fiel natürlich jegliche göttliche Rechtfertigung weg, denn Gott war nicht mit uns, und es blieb dann auch nur das himmlische Jerusalem über. Das führte natürlich zu machtpolitischen Verwerfungen, die sich in der Folge dann auch geistig ausdrücken, eine logische Konsequenz.

Erst mit der erfolgreichen Reconquista und der Seeschlacht von Lepanto, der 1. und 2. Verteidigung Wiens, gab es mehr politische Sicherheit im Verhältnis zur Entstehung des dunklen Mittelalters durch die arabische/osmanische Aggression. Erst ab da, ist ein Messias, der wieder bei uns ist, hilfreich. Hierbei, wie in der ganzen christlichen Heilsgeschichte handelt es sich natürlich nur um eine Entlehnung des heidnischen Heils.

Ihre kommunistischen Jesuiten in Südamerika, verbrämt im Film "Mission", zerstörten natürlich die Indio-Kulturen Südamerikas, derer sie habhaft werden konnten. Immerhin schafften es die Jesuiten, daß ihre bekehrten Indios dem Sklavenhandel entzogen wurden.

Ihre in den Raum gestellte Frage/These, daß Karl Marx die Kirche stützen würde, ist natürlich abwegig. Marx wollte die Kirche mit den Mitteln der Kirche endgültig ablösen. Die Marxisten ersetzten Jesus durch Marx selbst, den Papst durch den Generalsekretär, die Kardinäle durch das Politbüro, den Vatikan/Kurie durch das Zentralkomitee und die Zwangs-bekehrten Gläubigen durch das gläubige Proletariat, vernichteten und vernichten wieder das Bürgertum a la Theodosius. Heute sind wir sogar soweit, daß die Bischöfe Franz, Marx und Bedford-Strohm sogar die Bolschewisten und Islamisten unterstützen. Lieber ein Teil des Neo-Totalitarismus werden, als die vollkommene Eliminierung als Machtfaktor in die Bedeutungslosigkeit. Auf den Beinen von ein paar intellektuellen SiN-Aktivisten und ihrer Verfolger kann keine Kirche stehen. Man braucht, laut Jesus, natürlich die Masse der pauperes spiritu.

Ihr, zeitschnur, vermintes Gelände wurde natürlich nicht von mir vermint. Sie ignorieren komplett den Zusammenhang zwischen politisch geo-strategischer Absicht, der militärischen und politischen Exekution und der jeweiligen (geistigen) Propaganda, wie der schriftlichen Rechtfertigung durch die Propagandisten. Das Spieglein, neben dem staatlichen Einheitsfront-Funk, ist aktuell die beste Quelle bei uns, um diese Mechanik zu studieren. Aber sie finden denselben Zusammenhang, wenn Sie Ihre heimischen Kirchen-Quellen an einen simplen Geschichtsatlas anlegen. Ich empfehle Ihnen Herrn Pemsels Bücher über Seekriegsführung. Pemsel schildert die historischen Fakten am wenigsten verblümt.

Wenn ich ganz opportun die Christen-Keule auspacke, ist das meiner Forderung geschuldet, 1.500 Jahre christlichen Mords und Folter an unserem Volk anzuerkennen, die Verantwortung dafür zu übernehmen, die Artfremdheit globaler christlich-marxistischer Ideologie wenigstens zur Debatte zu stellen und dem wissenschaftlichen Anspruch von Ursache und Wirkung endlich Raum zu geben. Gerade auf einem Medium wie SiN, wo sich viele Wissenschaftler, Akademiker und Intellektuelle tummeln, sollte letzteres doch oberster Maßstab sein. Solange man sich aber, wie unsere selbst-ernannten Eliten, der Realität einer echten Lebenswelt des (auch historischen) Volkes enthebt, werden wir keine Alternative sein, auch keine geistige.

Zu Ihrer Information, ich debattiere sehr Ahnen-bewußt, das heißt, meine vorhandene Empathie lebt mit den Frauen und Männern, die verbrannt wurden oder in Religionskriegen drauf gingen, deren Kultur und Erbe von den global agierenden Christen zerstört wurde. Und solange diese Schuld der Christen nicht gelöst ist, steht sie zwischen den heidnisch- oder säkular-Gesinnten und den Christen, die bisher keine glaubhaften Anstalten machen, diese Schuld zu begleichen oder zumindest um Vergebung zu bitten. Hier liegen die Minen von denen Sie, zeitschnur, sprachen. Nur Christen können sich auf diesem Feld nicht bewegen, wir Heiden leichtens.

Zitat- Richtig ist aus mS Ihre Folgerung, dass man das Heil nicht per Dekret verordnen könne. Ich sehe aber nicht, wo Frau Sommerfeld oder sonst einer hier das getan hätte. Vielleicht lesen Sie einmal genauer, was jemand schreibt? - Zitatende ....

Also von Ihnen hätte ich das am wenigsten erwartet. Ich habe nicht behauptet, daß Frau Sommerfeld Herrn Kubitschek heilig gesprochen hätte. Aber die katholische und die orthodoxe Kirche werden doch beide nicht müde, diesen Orden an die Helden der Kirchentätigen zu verleihen.

Gustav Grambauer

15. Juli 2019 07:51

Der_Jürgen

"Eine Debatte auf äusserst hohem Niveau, wie schon jene über den Islam und die deutsche Rechte. Ich beneide den einen oder anderen Foristen sowie die eine oder andere Foristin um ihre tiefschürfenden philosophischen und theologischen Kenntnisse."

Finden Sie? M. E. ist das Niveau des "Zutextens" hier niedrig wie selten, seit Sektenbeauftragte und Sektenschafe mit dem notorischen Zoff (Gääähn ...), den sie miteinander (!) haben, dazwischengrätschen. zeitschnur ("Ich sehe da jedenfalls eine enorme geistige Verwirrung im Raum stehen") schreibt selbst so enorm konfus und fern des Gegenstands, daß ich auch nach mehrmaligem Lesen nicht mal wüßte, wo und wie ich mit einer Erwiderung ansetzen sollte. Mit dem Satz

"Ohne den Odem Gottes (wobei sie völlig übersieht, daß auch Paganisten Gott nicht fern stehen, - G. G.) können auch Sie nicht atmen und sollten sich daher etwas mehr Mühe geben, den Dingen auf den Grund zu gehen"

sollte man nicht mal einem zweifelnden Kind in der Kinderkatechese kommen, geschweige denn in einer ambitionierten Auseinandersetzung zwischen Erwachsenen über die Ethik und ihre Dekadenz. Der Bretterknaller ist Politoffizier / Sektenbeauftragter Elvis Pressluft (sic!). Über "sachhaltig" und "unzweifelhaft" kann man noch schmunzeln, aber mit

"in summa ebenso unzweifelhaft eine parareligiöse Irrlehre. Man gerät sehr schnell in trübe Gewässer"

haben wir hier genau die Argumentationsgenickschußmethoden der Antonio-Stiftung mitten unter uns. Pikant daran ist, daß auch er selbst gemeint ist, wenn von dorther über angebliche "trübe Gewässer" geraunt wird. Es verbietet sich auch, zumal in einer Disputation über Fragen der Ethik, voraussetzungslos und noch dazu in denunziatorischem Tonfall mit "parareligiös" zu argumentieren.

Mein Tipp, nicht nur an ihn: Kläppchen halten, erstmal in res gehen (eine akademische Bringschuld), dann wieder mitreden, aber bitte dann konkret.

- G. G.

Ruewald

15. Juli 2019 09:44

Ergänzend zu @Bettinger, @LottaVorbeck, @quarz, et al.

Zitat aus: Rupert Riedl: "Zufall, Chaos, Sinn. Nachdenken über Gott und die Welt ", Stuttgart, 2000.
(Riedl gehörte zu dem Wiener Biologenkreis um Konrad Lorenz, Otto König, Eibl-Eibesfeldt, et al.)

zur Thematik: Räuber-Beute- versus Ressourcen-Konkurrenz:

"Der Neandertaler lebte .. lange zeitgleich mit der letzten der Unterarten (des homo sapiens), die wir bescheidenerweise homo sapiens sapiens nennen. Sie sind alle ausgestorben. Warum?
Hier kommt eine Asymmetrie der Selektionsbedingungen zum Tragen: Räuber-Beute-Verhältnis versus Ressourcen-Konkurrenz.
Räuber-Beute-Verhältnis erscheint grausam und ist es auch für das Beutetier. Aber es führt nicht zum Aussterben, weil .... sich das Verhältnis einpendelt.

Die so harmlos klingende KONKURRENZ UM IDENTISCHE RESSOURCEN FÜHRT dagegen ZUM AUSSTERBEN DES SCHWÄCHEREN KONKURRENTEN. ...

Es ist zu vermuten, daß unsere Vorfahren rabiate und unduldsame Kreaturen waren." (S.82, a.a.O.)

(Hervorhebung von mir)

Das läßt sich gänzlich auf die Masseninvasion übertragen. "Schwächer" heißt evolutionsbiologisch vor allem fortpflanzungsschwächer.

Die Populationsdynamik , d.h. die Rolle der demographischen Verdrängung im Zusammenhang mit dem Untergang von Zivilisationen wird in der Geschichtswissenschaft viel zu wenig – wenn überhaupt – in Betracht gezogen.

Sandstein

15. Juli 2019 10:35

Muss jetzt mal 1-2 Sätze loswerden zum Thema invasive Arten und ökologisches Gleichgewicht.
Das ist nun wirklich eine menschliche Konstruktion. Jeder kann gut nachvollziehen, dass einem Neuseeländer der Emu heimischer ist, als das Rotkehlchen. Aber der Natur ist es völlig egal, welche Art wo und wie lebt. Wenn sie sich durchsetzt, hat sie bewiesen, dass das Recht auf ihrer Seite liegt. Jedes Jahr sterben über 10.000 Arten aus, von denen wir nichtmal einen Bruchteil kennen. Und fast ebenso viele kommen neu dazu, die wir vorher nicht kannten. Das ist also relativ zu sehen.
Als der Homo Sapiens in einer zweiten erfolgreichen Welle den Neandertaler verdrängte, war das auch eine invasiver Eingriff in ein wie auch immer geartetes ökologisches Gleichgewicht. Als die Spanier Mittelamerika eroberten, starben die allermeisten Ureinwohner nicht durch Musketen- und Kanonenkugeln, sondern wie weithin bekannt an eingeschleppten Krankheiten. Wenn ich mich an meine Mexikoreise erinnere, habe ich nicht den Eindruck, dass die Spanier einen besonders großen Anteil am mexikanischen Erbe stellen, man landet eher bei Indigenen wie den heute noch lebenden Maya. Und nicht zu letzt wir Europäer als Erben der Kurgankultur sind das Ergebnis einer solchen Invasion.
Entweder man steht zum Überleben des Stärkeren, oder eben nicht. Aber eine Auslegung nach Lage finde ich ziemlich peinlich.

Wenn ich total daneben liege bitte ich um Aufklärung durch einen Biologen..mein Bioleistungskurs ist paar Jahre her.

Atz

15. Juli 2019 11:01

Sie vergessen die imperiale Wirkmacht Europas. Europa wird weiterhin sehr geschickt seine Nachbarn auf Konvergenz bringen. Dazu gehört auch ein gewisses Grundrechtverständnis. Im Europaparlament ist die politische Landschaft diverser als in den Mitgliedstaaten. Ausgrenzungsrituale sind nur auf Zeit möglich bis die Realpolitik zuschlägt.

Eine "europäische Lösung" für die Seenotrettung und das Seerecht ist bei den gegenwärtigen Machtverhältnissen eine Chiffre für eine andere Politik. Das Vereinigte Königreich als Hüterin der Freiheit der Weltmeere hat sich soeben vor Gibraltar demontiert und verlässt die EU. All anderen Akteure, ob Trump-Amerika, Putin-Russland oder China lassen eine eher freundlichere Politik erwarten.

Die seerechtliche Verantwortungslosigkeit, mit Panama-Tankern, denen die Marine von Panama nicht zur Seite stehen wird aber das Sozialrecht Panamas für die Besatzung gilt, ja die ganze Ausflaggung ist gewissermaßen die Ursünde der neoliberalen Globalisierung. Je stärker Europa wird, desto eher kann diese Ausflaggung eingehegt werden. Die Zeiten eines Frits Bolkestein sind vorbei. Die Liberale Fraktion fordert in einem Brief an Ursula von der Leyen Sozialstandards im auswärtigen Handel.

Das Moral der Kapitänin kommt ohne kategorischen Imperativ aus. Es gibt zu viele Bruchlinien, die den Leuten klar werden. Zugleich brennen sich die Helfer emotional aus und werden in ihrer Blase radikalisiert bis dem letzten dämmert, dass die Retter die moralische Verantwortung für die Todesfälle mittragen. Das Eingreifen Europas in Nordafrika wird zu einer zeitgemäßen Restauration kolonialer Zustände führen.

Der Islam hat in den westlichen Gesellschaften auf absehbare Zeit nicht die politische Macht. Das gleiche gilt für die Ultramontanen. Es gibt lediglich Gesten herrschenden liberaler Schwäche gegen den Islam, der rituelle politische Angriffe lediglich über die Judikative versucht. Es wird damit nur übertüncht, dass der Neoliberalismus diese islamisch geprägten Gesellschaften im gleichen Maße zerstört wie die Kulturwelt der deutschen Nation. Migranten sind dem Orient genauso entwurzelt wie das deutsche Volk seiner Kultur.

quarz

15. Juli 2019 11:51

@Sandstein

Ins Analogon der Mechanik übertragen würde Ihre Argumentation so lauten:

"Warum sollen wir uns beim Bau eines Wohnhauses um die Statik kümmern? Wenn das Ding zusammenbricht, entsteht ja eine neue statisch stabile Konfiguration (vulgo Trümmerhaufen). Das war in der Erdgeschichte schon immer so. Entweder man steht zur Gravitation oder nicht. Aber eine Auslegung je nach Lage finde ich peinlich"

Nun ja, ntürlich gibt es zahllose statisch stabile Konfigurationen - genauso wie ökologisch stabile Konfigurationen. Aber manche davon sind in unserem Interesse, andere nicht. Und deshalb ist es kein Widerspruch zur Anerkennung der Schwerkraft (bzw. Evolution), wenn man deren Gesetzmäßigkeiten studiert und dann so handelt, dass die eigenen Interessen im Rahmen dieser Gesetzmäßigkeiten möglichst gut gewahrt werden.

Franz Bettinger

15. Juli 2019 12:05

@Sandstein:
"Der Natur ist es völlig egal, welche Art wo und wie lebt," schreiben Sie. - Klar, aber uns Menschen ist es nicht egal. Ich möchte z. B. nicht im Urwald leben, sondern in einem netten Kulturwald. In dieser Hinsicht, also aus der Sicht des Menschen, der sich "die Erde untertan machen" soll, ist Züchtung und 'Rassismus' völlig berechtigt. Ansonsten haben Sie recht. Die Neuseeländer, wie alle anderen auch, machen sich die Welt, wie's ihnen gefällt. Sie versuchen es wenigstens. Ohne Erfolg, sage ich voraus. Und das wissen sie auch. Ich provoziere die Kiwis schon gern mal auf ihren Stehparties, indem ich z. B. frage: "Wollten Sie ein Vogel sein und dann nicht einmal fliegen können? Also ich finde, manche Arten haben sich ihr Aussterben redlich verdient." Das erzeugt erst Staunen, dann Lacher und manchmal sogar Zustimmung. Die Maoris sind auch gut drauf und provokant. Hab einen gesehen, der die See-Promenade von Taupo runter schlenderte, auf der Schulter ein gezähmtes Possum (die Pest Nr. 1). So ein Sakrileg darf sich niemand erlauben - nur Ureinwohner.

Niekisch

15. Juli 2019 12:14

@ Laurenz 14.7. 3:18: Werter Laurenz, im Hinblick auf meine Aussage 13.7. 17:27 nehmen Sie Friedrich als monokausalen Urheber der Religionsfreiheit. Als ganz kleine Korrektur: Er war sicher im Rahmen seiner absolutistischen Herrschaftsgewalt fähig und willens, die Glaubensfreiheit nach jedes Menschen Facon zu gewährleisten, in meiner Bemerkung zu Caroline Sommerfeld und durch sie nicht so leicht erkennbar ironischerweise herangezogenen Carl Schmitt ging es jedoch um das Einfließen von Menschen-und Grundrechten ins Verfassungsgefüge gerade entstehender demokratischer Republiken, mithin auf nicht vergleichbarer Grundlage.

Niekisch

15. Juli 2019 12:18

@ Laurenz 14.7. 3:18 ( zu 13.7. 17:27):

Ja, Friedrich hat im Rahmen seiner absoluten Herrschaftsgewalt aus eigenem Antrieb Glaubensfreiheit gewährt, eine Monokausalität zum Einfließen in republikanisch- demokratische Staatsgründungen mit ihrem Verfassungsgefüge sehe ich allerdings nicht.

Fritz

15. Juli 2019 12:40

Ich habe Menschenrechte in der Tradition immer verstanden als Schutzrechte des Individuums gegen staatliche Übergriffe, wie sie sich aus den Gesellschaftvertrags-Thoerien von Hobbes bis Rousseau ja auch ergeben. Da der Staat eine Einrichtung der Bürger ist (sich nicht der höheren Autorität von Priestern und Fürsten verdankt), hat der Staat auch nur ein begrenztes Recht darauf, die frieheit der Bürger einzuschränken. Konsequenterweise finden sich auch in den früher Erklärungen der Menschenrechte Bestimmungen wie: "Die Regierung ist eingesetzt, um dem Menschen den Genuß seiner natürlichen und unveräußerlichen Rechte zu verbürgen. Diese Rechte sind Gleichheit, Freiheit, Sicherheit, Eigentum." (Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1793) Oder auch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung mit ihrem Recht auf "Life, Liberty and the pursuit of Happiness" (Da wird bewusst von einem Recht auf das Streben nach Glück gesprochen und nicht von einem recht auf Glück).

Es geht immer um die Freiheit des Einzelnen gegenüber dem Staat; niemand darf willkürlich verhaftet, gefoltert oder hingerichtet werden. Ein Staa, der das doch tut, verliert seine Legitimität und die Bürger sind nicht mehr an seine Gesetze gebunden.

Von einem Menschenrecht auf bestimmte positive Leistungen anderer Menschen ist da keine Rede, ein Recht auf ausreichende materielle Versorgung kann es so wenig geben wie ein Recht darauf, dort zu leben wo man gerne leben möchte.

Laurenz

15. Juli 2019 13:35

@Gustav Grambauer .... Sie sind eine coole Socke.

@Atz ..... der Prozeß der Kolonialisierung hatte aufgrund der Rohstofflage nie aufgehört fortzuschreiten. Ok, in Südafrika hat de Beers das Land quasi verlassen. Nur aufgrund der medialen Berichterstattung, der militärischen Einsätze vor Ort, entsteht der Eindruck eines Neo-Kolonialismus.

@Niekisch .... werter Niekisch .... ich hätte mich klarer ausdrücken sollen. Wir stehen natürlich, bezüglich unserer Rechtsprechung, in einer historischen Tradition seit dem 16. Jahrhundert. Ihr Carl Schmitt hätte ohne den alten Fritze gar nichts von Religionsfreiheit gewußt. Denn, erstmals nach dem 7-jährigen Krieg, wurde auf dem königlich-preußischen Besitztümern überhaupt die Leibeigenschaft abgeschafft, was überhaupt eine Option von irgendwas für den Bürger möglich machte. Und, mit Verlaub, das geschah etwa zur Zeit der Staatsgründung der USA, also quasi gestern. Und zur Zeit des II. Reichs stand eine Masseninvasion aus dem Orient nicht wirklich zur Debatte. Erst die Amerikaner zogen uns in den 60ern diesen Schuh an.

@Fritz .... nach Ihrer Definition hätten die USA ihre Legitimation verloren. Aber die Bürger dort werden öfters als bei uns von der Polizei erschossen, von Nicht-Bürgern ganz zu schweigen.

heinrichbrueck

15. Juli 2019 13:38

@ Fredy
"Tiefer Blick in eine dem Wahnsinn verfallene Seele"

BILD oder Rackete?

@ Sandstein

Tiere haben kein Geld.

@ Laurenz

Christentum ist 1. Korintherbrief, nicht Intellektchristentum. Was Gott will, weiß ich nicht. Warum hört man allenthalben die Forderung nach mehr Bildung, wenn Migranten integriert werden sollen? Glaube ist innere Erfahrung, und wo diese noch vorhanden ist, kann falsche Bildung sie nicht zunichtemachen. Die Systembildung soll den Glauben zerstören, indem sie glaubensunfähig macht. Damals funktionierte dieser Geist, sonst hätte aus Saulus nicht der Christ Paulus werden können. Ob dieses Denken noch kompatibel mit der heutigen Zeit ist, wird dadurch noch nicht beantwortet.

Gracchus

15. Juli 2019 13:44

Ich finde die Debatte wie @Jürgen niveauvoll; allerdings ins Uferlose ausgreifend. Ausgangspunkt war ja der Artikel von Krohs. Ich gebe zu, dass ich den Artikel nur überfliegen konnte, weil er in mir gähnende Langeweile hervorgerufen hat; man fühlt sich - wie bei allen (modernen) ethischen Diskursen in eine sterile Atmosphäre verfrachtet, wo die Relevanz der Frage völlig abhanden geht. Die Gründe hierfür hat Gustav Grambauer treffend mit Rudolf Steiner genannt.

Bei Krohs beobachte ich nun - überflugsweise wie gesagt -:
Der eigtl. verabschiedete Sittenwächter ist durch den Diskurswächter ersetzt worden, zu dem sich Krohs aufschwingt. Man fragt sich, wer die ganzen Stellen für Diskurswächter ausschreibt oder wer überhaupt einen Bedarf an Diskurswächtern angemeldeten, dass aus allen Löchern Kandidaten hervorgekrochen kommen.

Dann beobachte ich: Ausgesperrt sollen von diesem Diskurs sollen Leute werden, die irgendwie xenophobisch, sexistisch argumentieren. Von den Kosten dieses Diskurses sollen diese Leute - wie @Laurenz gezeigt hat - aber nicht ausgeschlossen werden. Was aber noch mehr auffällt: die Perspektive und Motive der Migranten, die sich in fahruntüchtige Boote begeben, werden ebenfalls ausgeklammert; sie tauchen als moralisch handelnde Subjekte gar nicht auf. Dadurch entsteht die nächste Schieflage. Die Schieflage ist bereits dadurch vorprogrammiert, dass die Frage nicht klar gestellt ist. Die Frage ist ja nicht, ob in Seenot geratene Migranten gerettet werden dürfen; sondern: zu welchem Hafen die Geretteten gebracht werden dürfen. Es ist doch nicht so, als würden Migranten - indem sie sich in seeuntaugliche Boote setzen - einen moralischen oder gar zivilrechtlichen Anspruch auf eine sichere Überfahrt in ihren Zielhafen erweben; das lässt sich auch mit allgemeinen Menschenrechten nicht begründen. (Ohnehin ist auch ärgerlich, dass dieser moralische Diskurs sich völlig vom juristischen Diskurs abkoppelt, wo zum Beispiel zwischen Grundrechten als Abwehrrechten, als Schutzpflichten und Teilhaberechten unterschieden wird.)

In der Hinsicht argumentiert @quarz sehr vernünftig und einleuchtend, wo er auf unterschiedliche Verantwortungsbereiche abstellt. Das will niemand hören. Das bringt mich auf den zweiten Strang der Diskussion hier, den heilsgeschichtlichen, den Krohs selber aufgeworfen hat. Hinter dem Gerede von Verantwortung und Schuld - auch in Betreff auf den Klimawandel - verbirgt sich nichts anderes als eine Omnipotenzphantasie! Man will die Stelle Gottes besetzen, dem allein man eine solche All-Verantwortung aufbürden könnte.

Zu erinnern ist auch daran, dass man den Teufel oder Antichrist auch als Affe Gottes bezeichnet und dargestellt hat. Wie von Solowjew oder Leo Schestow oder Sergio Quinzio erkannt, wird der Antichrist in einem ethischen Gewande auftreten und Christus zum Verwechseln ähnlich sehen.

Sandstein

15. Juli 2019 13:46

@ quarz

nun ist ja aber ein Wohnhaus, das zusammenstürzt, nicht das gleiche (auch nicht analog), wie eine Art, die eine andere verdrängt. Sondern, um in Ihrem Bild zu bleiben, es wäre ein Architekturstil, der aufkommt und aufgrund gewisser Vorteile einen anderen verdrängt. Erdbebensichere Hochhäuser der Japaner kommen mir da in den Sinn. Und der Parzelle, auf der dieses Gebäude steht, ist es natürlich egal, ob dieses Gebäude aus Zeltstangen und Tierhäuten besteht, oder mit Gold verkleidete Aufzugstüren hat.
Aber ich sehe worauf Sie hinauswollen. Nur ist es ja nicht so, dass wir als Menschen die Evolution oder Schwerkraft aufhalten oder beeinflussen können, beides läuft ab, auch ganz ohne uns. Und vielleicht stellt sich dann irgendwann heraus, dass Pazifismus, Matriarchat und fehlende Selbstbehauptung auch in einer durchgetakteten und von UN-Resolutionen gepämperten Welt doch ein evolutionärer Nachteil sein können.

@ Franz Bettinger

Nett geschrieben, und nein: ich möchte auch nicht im Urwald leben. Allein wegen der Viecher und der Luftfeuchte. Das ist ja die große Leistung unserer Vorfahren, die Umwelt von der Gegnerin zur Mutter Erde zu machen, zur Verbündeten. Die Maya haben dafür noch tausende Menschen opfern müssen, uns reichte schon ein Erntedankfest. Uns gibt es noch, die Maya zwar auch, aber nicht mehr als Hochkultur, sondern bettelarme Minderheit.
Aber vielleicht gilt das ja auch bald für uns, dann klingt Seepromenade Taupo gar nicht mal so verkehrt ;)

Gracchus

15. Juli 2019 14:07

Deshalb ist - wie @zeitschnur anmerkt - die paulinische Unterscheidung der Geister so wichtig. Nach meiner spirituellen Erfahrung kann man das Wirken des Hl. Geistes daran erkennen, dass der Hl. Geist die Freiheit des Einzelnen ernst nimmt und keinerlei Zwang ausübt. Seine Botschaft ist geradezu anti-thumbergisch: "Don't panic!". Du hast die Wahl.

Leider ist das wohl nichts für Christenfresser unter den Foristen. Wenngleich ich @Laurenz Argumentation für äusserst kurzschlüssig halte, ist die Frage doch virulent, ob das Christentum etwas dem Deutschen Fremdes und Auftroktroyiertes sei, nur sollte diese Diskussion einem anderen Strang vorbehalten sein.

Elvis Pressluft

15. Juli 2019 14:14

„Nett“, das Wort so polysemisch wie möglich genommen, ist die antiautoritäre Moderation dieses Fadens. Manche Wohnzimmer-Denunzianten nutzen diese Freiheit, um sich die Beißhemmung abzutrainieren. Vielleicht dient es ja auch zur Selbstvergewisserung, das Schema genauso gut zu beherrschen wie jeder Vulgärmarxist: ICH bin im Besitz der reinen Lehre; alle anderen sind Revisionisten, die das Geschäft des Klassenfeinds besorgen. (Der selbsternannte Salonbolschewist D. Diederichsen reduzierte den Unterschied einmal darauf, daß „links“ jede Sache mehrerer, also eines Kollektivs sei. Man braucht also im vorherigen Satz nur zur ersten Person Plural überzugehen, um statt der Position einer „autonomen Zelle“ die Karikatur eines Rechten zu erhalten. Schmerzlich, daß manche hier darauf bestehen, dieses Prinzip vorzuführen.)
Zurück von der Metadiskursebene: Rackete hat mittlerweile in einer Manier nachgelegt, welche die Frage nach dem Weltenbrand als beinahe (!) müßig erscheinen läßt. Sollten C.R. et al. sich durchsetzen, wird die Welt brennen. Wenn manche die Welt entzünden wollten, um ihr mehr Glanz zu verleihen, so geht es nun nur noch um ein Leuchten – einen Spezialeffekt – in den glasigen Pupillen dieser Klientel. – Bonhoeffer: „[Der Lügner] wird sagen: ich bin der Anfang und du Mensch bist der Anfang. Du warst von Anfang an mit mir. Ich habe dich gemacht zu dem, was du bist, und bei mir ist dein Ende aufgehoben. (…) Ich bin die Wahrheit, aus der die Lüge kommt; denn ich bin die Lüge, welche die Wahrheit erst gebiert.“ So steht es um alle Fantasien einer Selbstheilung des Menschen, von Steiner, Marx oder wem immer signiert. Der Unterschied liegt darin, daß nur der vom Anfang weiß, der im Anfang war. Mir wäre es lieber, darüber zu sprechen und zu streiten, als Verbindungen zwischen Jesus Christus und den heutigen, fast durchweg ketzerischen Kirchenfürsten insinuiert zu sehen; das ist traurige, humorlose Realsatire. – Aber wie gesagt/angedeutet, die Racketes haben vielen Rechten voraus, sich ein Verständnis (vielleicht auch „nur“ eine intuitive Ahnung) von Transzendenz, wie verzerrt auch immer, erhalten zu haben. Gäbe es ein, zwei rechte Racketes, wären wir weiter.

Ruewald

15. Juli 2019 14:58

@Grambauer (15.7. 7:51)
Zustimmung insofern, als manche Beiträge – meinetwegen z.T. "hohen Niveaus" – mit langen Abhandlungen sehr sehr weit in themenfremde Gebiete wegführen - was für solche, die daran weniger interessiert sind, recht ermüdend sein kann, solange man doch noch weiterliest, um nichts Themennahes zu versäumen.
(ich will mich von der Kritik nicht ganz ausnehmen, da ich mich auch mal gerne "off-road" anschließe, wenn ich glaube, etwas dazu beitragen zu können)

Niekisch

15. Juli 2019 15:07

"Nach meiner spirituellen Erfahrung kann man das Wirken des Hl. Geistes daran erkennen, dass der Hl. Geist die Freiheit des Einzelnen ernst nimmt und keinerlei Zwang ausübt. Seine Botschaft ist geradezu anti-thumbergisch: "Don't panic!". Du hast die Wahl.

Leider ist das wohl nichts für Christenfresser unter den Foristen."

@ Gracchus 14:07: Zu den "Christenfressern" zähle ich mich nicht. Genau deswegen interessiert mich brennend, wie ein Nicht-Körperliches wie der Geist die Freiheit eines Individuums ernst nehmen, also beurteilen, ja werten, an einen Adressaten eine Botschaft aussenden kann und dann noch eine so dezidierte wie "Du hast die Wahl". Ist es zu indiskret zu fragen, wie man solches spirituell erfahren kann?

Oblationisvir

15. Juli 2019 16:03

Verhält es sich nicht so, daß die Gesinnungsethik an der Moral des handelnden Subjekts sich ausrichtet, während die Verantwortungsethik nach den Folgen von Handlungen fragt und damit die objektive Realität zum Maßstab macht? Dann schlägt sich im Gegenüber von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik die Spaltung von Subjekt und Objekt als philosophisches Elend der Moderne nieder, die m.E. darin begründet ist, daß man es seit der Aufklärung immer konsequenter unternommen hat, ohne den dreifaltigen Gott zu denken und damit ohne den Grund und das Ziel, worin Subjekt und Objekt eins sind. So entsteht dann eine „,weltliche Heilsgeschichte‘“ mit ihrer Utopie eines „,neuen Menschen‘“; statt der geschaffenen menschlichen Natur, die nur von Gott her und auf Gott hin zu verstehen ist, werden „Menschenrechte“ bestimmt, an denen sich das Handeln zu orientieren habe, und die doch nur „alle bestehenden gesellschaftlichen Ordnungen auf unserem Planeten zunichtemachen“ können. - Daß auch die katholische Theologie von dieser - aus meiner Sicht verfehlten Entwicklung des Denkens - erfaßt worden ist, zeigt sich vor allem seit dem 2. Vaticanum (vgl. zeitschnurs Beitrag vom 14. Juli 2019, 22:46 Uhr).

Elvis Pressluft

15. Juli 2019 16:26

Ein Freund, der Christ und Rechter (nun ja, AfD-Wähler) ist, nimmt die rezenten Entwicklungen grundsätzlich unter dem endzeitlichen Aspekt auf: Diese Welt muß in ihrer jetzigen Gestalt untergehen; so geht es aus der Schrift hervor usw. Das ist dann der Anknüpfungspunkt zum meinerseits mit Zeitstempel 14:14 Gesagten. Ich halte das für theologisch wie auch politisch gefährlich. Jemand wie Steiner bringt ähnliches Denken in eine maximal verquaste Diktion. (Die Antisemitismus-Debatte interessierte mich hier übrigens überhaupt nicht – nur falls es jemand als Beta-Blocker braucht.) Die Auswahl an falschen Propheten ist groß genug; da finde ich Nietzsche vergleichsweise erfrischend. Oder man kann sich an Heidegger halten: „Nur ein [sic – der unbestimmte Artikel ist hier natürlich mißbräuchlich] Gott kann uns retten.“
Unfreiwillig wurde in dieser Debatte aber auch vorgeführt, was Rackete und die Klimaretter längst verinnerlicht haben: Die Absage an „abstrakte“ Ethik führt zum Voluntarismus (jaja, auch dazu hat R.S. sich verbreitet). Jetzt bin ich nur gespannt, ob jemand einen „deutschen“ Voluntarismus postuliert – der nicht notdürftig getarnter Nihilismus wäre. Heidegger war da schon weiter, hat aber nie den (entsprechend von der Gegenseite, sprich den Frankfurtern geschürten) Verdacht ausräumen können, seine Vorstellung vom „Haus des Seins“ auf seinen Schwarzwaldhof zurückzuführen und dort auch philosophisch zu enden. Adorno/Horkheimers Polemiken sind natürlich maßlos und gehässig, aber diese Kniebundhosen-Idylle belastet Ansätze zu einer rechten Philosophie bis heute.

quarz

15. Juli 2019 18:01

@Sandstein

"nun ist ja aber ein Wohnhaus, das zusammenstürzt, nicht das gleiche (auch nicht analog), wie eine Art, die eine andere verdrängt."

Als Analogon zum Wohnhaus war die Kultur gemeint, das soziale Gehäuse, das auf die Interessen und Bedürfnisse ihrer "Bewohner" maßgeschneidert ist, wobei als Architekt bzw. "Maßschneider" nicht ein planendes Individuum, sondern der kulturevolutionnäre Prozess einer Jahrhunderte währenden Feinabstimmung fungiert.

Wenn in das Haus nun innerhalb kurzer Zeit neue Bewohner eindringen, die völlig andere Vorstellungen des cohabitativen Arrangements haben, die ohne statische Rücksichten Säulen und Wände entfernen, weil sie Platz schaffen wollen für Zusammenkünfte mit ihrer zahlreichen Verwandtschaft, dann wird das Haus zusammenbrechen.

Der hinterbleibende Trümmerhaufen mag dann den Interessen der Neubewohner in mancher Hinsicht dienen (z.B. als Feuerstelle, über der sie einen Hammel braten können), aber die alten Bewohner, sofern sie den Zusammensturz des Hauses überlebt haben, werden ihr Zuhause verloren haben.

zeitschnur

15. Juli 2019 18:35

@ GG, @ Laurenz et alteres

Eine ethische Debatte oder "Moral" verkommt leicht zu einem haltlosen und äußerst verhärteten Schlagabtausch, wenn sie nicht getragen wird durch die (religiöse) Erkenntnis, dass bei dem, der alleine gut ist und der kein Gesetz dazu braucht, gut zu sein, alleine die Berechtigung läge zu richten, aber gerade er trat bisher noch nicht zum Gericht über uns an.
An seiner Stelle tun es all zu gerne Menschen… und sprechen sich doch damit selbst das Gericht. Wer so auftritt, wird nach demselben maß, das er angelegt hat, gerichtet ... von seinesgleichen, von sich selbst.
Das ist sowohl bei dem Artikel des Herrn Krohs spürbar als auch bei manchen "Rechten". Sie erheben sich moralisch über ihre "Feinde". Und die Racketen sowieso...
Klug ist es aber, wenn man seine Feinde auf Augenhöhe ansieht - und das meint die christliche Feindesliebe. Sie werden dadurch nicht zu Freunden, aber sie werden einem zu Menschen, die man beurteilen kann, aber nicht moralisch von oben herab abhakt.

Die derzeitige Entwicklung strebt aber eindeutig auf die Entmenschung der Feinde hin, wofür auch all diese unsäglichen Anwürfe Peter Taubers und Konsorten kommen. Oder aber auf eine krallige Umarmung, die alle Menschen in eine „Menschheitsfamilie“ zwingen will, über deren Charakter der einzelne aber nicht mehr zu bestimmen haben darf.
Entmenschung ist aber auch die Tatsache, dass die Racketten die Afrikaner auf ihren Schrottbooten ansehen wie herrenloses Gut, das selbst keinerlei Verantwortung für irgendetwas trägt. In diesem widerwärtigen Robin Hood-Getue verbirgt sich ein ebenso widerwärtiger Chauvinismus: "wir" sind die "Retter", und die Geretteten stehen meilenweit unter uns, damit wir uns zu ihnen hoheitsvoll herabneigen können. Auch diese "Geflüchteten" müssten an einer Ethik gemessen werden, die sie nicht zu Unmündigen stempelt.

Ehrlich gesagt habe ich menschlich sogar Verständnis für den Zorn und die Verachtung so mancher Migranten - v.a. wenn man neuerdings durchsickern hört, dass unsere Behörden sie nicht mehr nach Hause abwandern lassen und hier mehr oder weniger festhalten. Das Heer an nicht Asylberechtigten wird deshalb nicht abgeschoben, weil man diesen Menschen tendenziell die Ausreise aus der BRD verweigert.
Die Leute aus dem Orient und Afrika sind ja nicht blöd, sondern begreifen oft sehr schnell, in was für einem Irrenhaus sie gelandet sind, das es keinesfalls gut mit ihnen meint, und wollen nach Hause zurück, doch dann: geht nicht, abgelehnt, hiergeblieben! Ich war sehr geschockt, als ich schon vor Jahren mit einem ersten solchen Fall zufällig konfrontiert wurde.

Um was geht es also?
Wollen wir verbittert untergehen? Oder in aller Scharfsichtigkeit in denen, die sich von den „Unseren“ selbst hinter dem Schutzschild angeblich unmündiger "Flüchtlinge" zu unseren Feinden erklären, den Menschen sehen in seinem aberwitzigen Elend, dessen Leere und Hohlheit, die auch aus Krohs Text spricht, an sich den Oberflächenkampf gar nicht wert ist? Oder sind solche Krohs-Artikel, die dem Anschein nach den „Rechten“ entgegenkommen, nur gezielt platzierte Kaufanreize für die immer breitere verlorene Abonnentenzahl der Mainstreammedien?!

Angesichts der Abgründigkeit dessen, wohinein wir unfreiwillig gerissen werden, wird niemand hier ohne ebenso grundlegende Überlegungen auskommen können. Pardon, aber diese Trägheit des Nicht-tiefer-denken-Wollens ist vielleicht das Gefährlichste an der Situation.
Eine solche „Rechte“ wäre nur ein Spiegelbild der dumpfen „Linken“, die herummoralisiert und doch nur in der eigenen Arroganz verdampft.
Wer die Geschichte nicht kennt, versteht die Gegenwart nicht. Man kann sich im Lamento der Tagespolitik auch verlieren.
Dabei ist es aber wichtig, im Bewusstsein zu leben, dass alles Historische auch bereits als geframtes "Narrativ" auf uns kam - insofern haben Sie ja recht, @ Laurenz, aber auch ich sehe Ihre Schlüsse sehr oft als ein "das Kind mit dem Bade ausschütten" an.
Dass die Zwangschristianisierung möglicherweise übelste Früchte trägt, denken nicht nur Sie. Das vertritt etwa auch Eva Herman in ihrem neuesten Buch ("Blutgericht...").
Sie ist eine Anhängerin Abd Ru-Shins, der eine eigentümliche Karmalehre vertritt.

Gracchus

15. Juli 2019 19:31

@Niekisch
Ich würde es als Übersetzung bezeichnen, so wie unser Gehirn dauernd, Gedanken oder Bilder in Worte übersetzen. Natürlich impliziert meine Aussage, dass wir an der geistigen Sphäre teilhaben. Letztlich kann es sich natürlich um eine Autosuggestion handeln. Folgt, was ich glaube, meiner Erfahrung oder erfahre ich umgekehrt, was ich glaube? Beides gilt. Objektivieren lässt sich meine Erfahrung durch Abgleichung mit der christlichen Tradition in ihrer mystischen Ausrichtung.

Für das allem übergeordnete Thema hier ist das insofern von Relevanz, als ich Laurenz widerspreche, dass Christentum stehe dem Eigenen entgegen. M. E. wird gerade umgekehrt ein Schuh draus: Der Hl. Geist vethilft dem Eigenen, Individuellen, Besonderen zur Entfaltung. Gott will offenbar die Differenz. Das "Tragische" ist, dass die Deutschen beides verfehlen: Christus und ihr Eigenes.

zeitschnur

15. Juli 2019 19:54

Das finde ich sehr gut von @ Gracchus:

"Für das allem übergeordnete Thema hier ist das insofern von Relevanz, als ich Laurenz widerspreche, dass Christentum stehe dem Eigenen entgegen. M. E. wird gerade umgekehrt ein Schuh draus: Der Hl. Geist verhilft dem Eigenen, Individuellen, Besonderen zur Entfaltung. Gott will offenbar die Differenz. Das "Tragische" ist, dass die Deutschen beides verfehlen: Christus und ihr Eigenes."

Gracchus

15. Juli 2019 20:00

Steiner sprach zu Thomas Mann:
»Zieh dir mal dies Leibchen an!«
Darauf sagte Mann zu Steiner:
»Hast du’s auch ‘ne Nummer kleiner?«

Das fragt man sich - @ Elvis Pressluft - in der Tat manchmal bei Steiner. Zu einem abschliessenden Urteil fühle ich mich nicht berufen; der Steiner-Lektüre verdanke ich aber wichtige geistige Impulse; ich halte ihn keineswegs für einen falschen Propheten.

Wenn man sich von abstrakter Ethik verabschiedet, gelangt man nicht zum Voluntarismus. Nehmen Sie doch einfach das Gleichnis vom barmherzigen Samariter: An welcher Stelle steht denn da bitte sehr, der Samariter habe sich an eine abstrakte Norm erinnert und diese befolgt?

Ruewald

15. Juli 2019 20:36

@oblationisvir (15.7. 16:03)
Wenn ich aus Ihrer Aussage den rationalen Kern (aus der religiösen Hülle – mit Verlaub):
"... schlägt sich im Gegenüber von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik die Spaltung von Subjekt und Objekt ... nieder ..."
herausschäle, dann ist dies ein bedenkenswerter Gesichtspunkt.
Zum Begriff Verantwortung vielleicht später. Hier nur kurz ein Einwand: Verantwortung bleibt nicht im Außenbereich der objektiven Welt, sondern weist wieder zurück auf das Subjekt und hebt dadurch die Subjekt-Objekt-Spaltung wieder auf.

Gesinnungsethik und Verantwortungsethik sind aber meines Wissens wegen ihrer Unschärfe nicht mehr als Begriffe in der philosophischen Ethik gebräuchlich.
Stattdessen werden als Begriffsklassen deontologische (Prototyp die Kantische) und konsequenzialistische Ethiken (Prototyp Utilitarismus) unterschieden; daneben treten noch die Tugendethiken.
Ihre Unterscheidung subjekt- vs. objektbezogen trifft aber m.E. besser auf die deontologische (pflichten-, prinzipienbasierte) versus konsequenzialistische Ethikklasse zu.
Jede für sich genommen ist einseitig und führt in konketen Situationen zu Widersprüchen, bzw. ist nicht lebbar.
Die Widersprüche sind lösbar, indem die Ethiken sich beide gegenseitig als Korrektiv einschränken: die Pflichten- (oder Gesinnungs-)ethik muß unter Einbeziehung aller (!) Konsequenzen eingeschränkt werden, und andererseits gilt nicht (u.a. jesuitisch): "der Zweck rechtfertigt die Mittel", sondern die erlaubten Mittel sind ihrerseits durch ethische Kriterien zu begrenzen. Für einige Handlungen gelten sogar absolute Verbote (s. G.E.M. Anscombe, die sich um die Rehabilitierung der Tugendethik verdient gemacht hat).
Somit ist durch die Verknüpfung der Ethikansätze die strikte Subjekt-Objekt-Spaltung aufzuheben.

Ruewald

15. Juli 2019 21:33

Hier noch einige Anmerkungen zu Verantwortung:
- Heute ist Verantwortung, ebenso wie der Amtseid, zu einer Leerformel verkommen. Bei Versagen erschöpft sich die Verantwortung der angeblich Verantwortlichen in deren Rücktritt und Belohnung durch üppige Abfindungen oder Pensionen. Durch diese rückwirkende Gratifikation wird Anonymisierung und unverantwortliches Handeln ohne Voraussicht auf langfristige und weitreichende Folgen geradezu gefördert.

Verantwortlichkeit hat einen inneren (individuellen) und äußeren (gesellschaftlichen) Aspekt.

- Der äußere Aspekt umfaßt die Haftbarkeit nach Maßgabe der Handlungsfolgen und der Wiedergutmachung. Bei Verantwortung, die diesen Namen verdient, wurde der Verantwortliche mit seinem gesamten Vermögen und mit seinem Leben haftbar gemacht. Freilich gibt es Großrisiken mit Folgen, die jegliche Wiedergutmachungsmöglichkeit ausschließen. Im Sinne einer negativen Ethik mit Betonung prospektiver Verantwortung sind solche Großrisiken tunlichst zu vermeiden.

- Der innere Aspekt der Verantwortlichkeit verweist auf die Tugendethik der individuellen Charakterbildung in der Antike zurück.

Es wäre angebracht, uns die Denker der Antike als Zeitgenossen zu vergegenwärtigen, die uns mahnen, wie weit ‚fortschrittlich’ wir doch geworden sind, so daß wir charakterlose Opportunisten zu unseren ‚Verantwortungsträgern’ gemacht haben.

Die Skeptische Ethik sensu M.U. Sommer (mein Kommentar vom 13.7. 21:40) insistiert auf irreduzible Verantwortlichkeit.

Search4M

15. Juli 2019 21:48

Es gibt immerhin eine Dynamik in der ganzen Sache, die vielleicht irgendwann hirnrissige Elaborate wie die von Krohs obsolet macht.

Doris Ammon, eine frühere „Flüchtlingshelferin“, hat wohl zugelernt und blickt mehr als Rackete über den Tellerrand; https://ruhrkultour.de/fluechtlingshelferin-zum-fall-carola-rackete/

Gustav Grambauer

15. Juli 2019 21:48

Gracchus

Göthen wiederholt im Grabe:
"Welch Geisteslicht ich habe".
Der Doktor hört`s und schweigt:
"Die Inkarnierung war vergeigt".

Steiner sagt zu Ita:
"In Dornach braucht`s `ne Kita".
Ita zum Genie:
"So platonisch ja wohl nie".

Steiner hört von Wegemann:
"Was ist nur an der Sievers dran?!".
Steiner drauf entgleist:
"Därrr Geist, därrr Geist, därrr Geist ...".

Als Steiner ersucht den Musikus Liszt
Im Fegefeuer der immer noch ist:
"Der Groupies werden mehr und mehr
Da hätt` ich ihren Rat gar sehr".

Steiner auf St. Helena:
"Napoleon ist nicht mehr da".
Da kommt ein Knall von Ferne her,
Es tönt nur noch: "Mich gibt`s nicht mehr".

An Nietzsches Bette er sich setzt,
Die Försterin kommt herbeigewetzt.
"Ohropax dir besorge mal
Dann höret sicher auf die Qual".

Rudi und Benito
Versteh`n sich nicht subito:
Den Römerbrauch erkennend, ward
Der Spitz "Mussolini" benennet.

Zum SiN-Forum pilgert Steiner
Kaltes Wasser kommt aus dem Eimer.
Wer will ihn dort schon hören
"Wir wollen auf den Katechismus schwören
oder auf den Schmitt-Dorotić".
(Oder auf Wotan.)

Hab` noch -zig davon in petto.

- G. G.

heinrichbrueck

16. Juli 2019 01:19

"Es wäre angebracht, uns die Denker der Antike als Zeitgenossen zu vergegenwärtigen, die uns mahnen, wie weit ‚fortschrittlich’ wir doch geworden sind, so daß wir charakterlose Opportunisten zu unseren ‚Verantwortungsträgern’ gemacht haben."

Wer sich politisch demokratisch, wahltechnisch gesehen, schuldig fühlt, hat nicht alle Tassen im Schrank. Nicht das Volk hat Merkel gewählt, die Regierenden haben Merkel wählen lassen! Die Demokratie ist schon ein lustiger Vogel, einmal in den Köpfen, und das Programm funktioniert. Demokraten haben die Macht umdefiniert; was überhaupt nicht möglich ist, jedenfalls nicht in der Realität. 2019 hat mit der Niederlage 1914 zu tun, aber bestimmt nicht mit den dazwischenliegenden Wahlen. Kein Herrscher würde sich jemals freiwillig abwählen lassen, wie das Demokratietheater es vorgaukelt. Ist in der Realität nicht möglich!

Oblationisvir

16. Juli 2019 06:56

@ Ruewald (15. Juli 2019 21:33)

Vielen Dank für die differenzierte Entgegnung. - Ja, gewiß „bleibt [die Verantwortungsethik] nicht im Außenbereich der objektiven Welt, sondern weist wieder zurück auf das Subjekt“ bzw. den Handelnden - doch inwiefern wird dieser wirklich als eigenständiges Subjekt begriffen und nicht verobjektiviert? Auch die Gesinnungsethik bleibt ja keineswegs beim Subjekt stehen, sondern sieht, wie das eigene Tun die objektive Realität verändert, doch die darauf gerichtete Reflexion vollzieht sich stets unter Voraussetzung der vom Subjekt her vorgegebenen Persprektive; daher wird die Empirie sozusagen subjektivistisch verzerrt wahrgenommen. So meine ich, daß auf diesen beiden Wegen das Ziel, „die Subjekt-Objekt-Spaltung wieder auf[zuheben]“, nicht erreicht wird.

Weder Verantwortungs- noch Gesinnungsethik wollte ich mir zu eigen machen, auch nicht versuchen, sie zu verbessern, sondern sie sollten nur als Beispiel dienen, um daran eine tiefergehende Problematik modernen Denkens zu verdeutlichen, nämlich um darauf hinzuweisen, daß nicht auf einer der beiden Seiten, Subjekt oder Objekt, befriedigende Anworten zu finden sind, sondern vielmehr jenseits ihres Gegenübers. Eine „Verknüpfung der Ethikansätze“ zur Aufhebung der „strikte[n] Subjekt-Objekt-Spaltung“ mag ein erster gedanklicher Schritt dazu sein, doch gelingt ihm, denke ich, nicht die grundsätzliche Lösung des Problems, weil das, was die Spaltung erst verursacht hat, damit noch nicht erreicht wird.

zeitschnur

16. Juli 2019 10:13

Vielen Dank, @ search4M, für den Link!

Angesichts dieser erschreckenden Aussagen, die so etwas wie die "Realität" darstellen, ist es vielleicht dennoch wichtig, sich einen auch für Nichtphilosophen praktikablen Grundsatz für jedes ethische Debattieren zu merken:

Wie oben @ Elvis Pressluft meinte, liegt tatsächlich in einer Ethik ohne abstrakte Grundlage die Gefahr des Voluntarismus, wenn sie rein säkular geführt wird. @ Gracchus weist demgegenüber auf den Barmherzigen Samariter hin, der sicher keine abstrakte Ethik angewandt hat.
Interessant ist in diesem Zusammenhang aber, innerhalb welcher Debatte diese Lehrerzählung steht.
Ein Gelehrter fragt Jesus, wie man das ewige Leben erlangen könne (Lk 10,25ff). Sie landen bei folgendem Thora-Gebot: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.“
Der Gelehrte fragt Jesus, wer denn sein Nächster sei?
Daraufhin erzählt Jesus die Geschichte vom Samariter.
Interessant ist, dass "Nächstenliebe" hier nicht definiert, wer MEIN Nächster ist, sondern wem ICH die Nächste bin (vgl V36). Nächstenliebe bedeutet also, dass ich mich selbst als Nächster erweise gegenüber einem, der mir in den Weg gelegt wird. Ich suche mir meinen Nächsten nicht als Objekt ethischer Begierde aus, sondern finde ihn vor!
Vom Samariter heißt es exklusiv, er habe - wie der Priester und der Levit - den Verwundeten gesehen, aber dann sei in ihm Mitleid aufgestiegen, und deswegen habe er er geholfen und Barmherzigkeit gezeigt. Hier geht es um das Sehen, das Gezeigtbekommen und Kaltbleiben, das Sehen und das Mitleidhaben.
Die jüdischen Geistlichen, die nur so getrieft haben dürften vor abstrakten Gesetzen und ihrer Auslegung und Frömmigkeit und Tugendhaftigkeit, hatten eine abstrakte Ethik, handelten aber faktisch voluntaristisch. Sie waren so voller Ethik, dass sie nichts mehr gezeigt bekommen konnten. Je mehr Ethik, desto weniger Erkenntnis, dass ich des mir gezeigten anderen Nächster bin...

Was aber läuft bei Rackete ab? Sie ist sich doch gut erkennbar selbst die Nächste!
Und weil sie reich ist, tut sie es entsprechend opulent. Die einen machen Freeclimbing an der Eigernordwand - sie "rettet" Leute mit dem Gehabe einer Landfriedensbrecherin, Schmugglerin und Brandstifterin, setzt dafür das Leben vieler anderer aufs Spiel und lässt sich feiern, wenn sie nicht abgestürzt ist. Das ist eine Motivation, die mich an den Kitzel reicher Kinder erinnert, die im Café Sprüngli einen der rein silbernen Aschenbecher stehlen und sich als Trophäe ihres infantilen Aufbegehrens gegen ihre Erblasser ins ewige Kinderzimmer stellen.

Nächstenliebe ist mystisch und bedeutet, dass einer angesichts Gottes erkennt, wem er der Nächste ist. Dabei wird ihm die Erkenntnis eines größeren Zusammenhangs, in dem er wirkt, nicht verschlossen bleiben.
Aber auch der rein vernunftgeleitete Ethiker kann nicht umhin danach zu fragen, ob es sich bei der selbsternannten, kriminell designeten Rolle als medial verkäuflicher "Retter" überhaupt um einen ethischen Akt handelt.
In einem gewissen Sinn erfüllt Racketes Kopflosigkeit nicht einmal mehr den Anspruch eines ästhetischen Aktes ("Ich finde es schön, wenn ich X tue"), der hinter der "Gesinnungsethik" steht. Racketes Aktion ist zu bombastisch als dass sie nur ein persönlicher Irrtum sein könnte.
Mit ihrem Handeln und vor allem der Chiffre, die dieses Handeln zeichnet, verursacht sie, wie Doris Ammon als wirklich Erfahrene darlegt, den totalen Zusammenbruch und die Verwüstung westafrikanischer Staaten mit, die offenbar, wenn man die Handelsverträge der EU mit ihnen ansieht und die Förderung des Salafismus durch die westliche Politik, sowieso seit Jahren intendiert ist. Afrika als Abenteuer-Spielwiese verwöhnter, gelangweilter Kinder der Weißen? Sklavenhandel 2.0, denn es geht hier um Menschenhandel und maximale ökonomische Ausbeutung des kleinen privaten Vermögens kleiner Afrikaner, und Deutschland findet es gut?
Ich nicht - und ich bin auch eine Deutsche, wenn auch eine unpopuläre.

Übrigens möchte ich noch darauf bestehen, dass Afrika zwar sicher viele Probleme, aber kein Bevölkerungsproblem hat, wie stets - aus meiner Sicht zynisch - behauptet wird. Würde dieser Kontinent mit seinen Menschen nicht so systematisch vernichtet, könnte er auch 3 Milliarden ernähren und noch mehr.

Lotta Vorbeck

16. Juli 2019 11:17

»Pawlischtschew war ein heller Geist und ein Christ, ein wahrer Christ«, sagte der Fürst plötzlich; »wie konnte er nur einen unchristlichen Glauben annehmen? Der Katholizismus ist geradezu ein unchristlicher Glaube!« fügte er mit blitzenden Augen hinzu, indem er vor sich hinschaute und alle Anwesenden gleichsam mit einem Blick zusammenfaßte.

»Na, das ist denn doch zuviel gesagt«, murmelte der Alte und blickte Iwan Fjodorowitsch erstaunt an.

»Wieso soll denn der Katholizismus ein unchristlicher Glaube sein?« fragte Iwan Petrowitsch, sich auf seinem Stuhl umwendend. »Und was für ein Glaube ist er denn?«

»Erstens ist er ein unchristlicher Glaube!« erwiderte der Fürst in großer Erregung und mit übermäßiger Schärfe. »Das ist das erste; und zweitens ist der römische Katholizismus sogar schlimmer als der Atheismus selbst; das ist meine Meinung! Ja, das ist meine Meinung! Der Atheismus predigt nur das Nichts; aber der Katholizismus geht weiter: er predigt einen entstellten Christus, einen durch Verleumdung und Beschimpfung karikierten Christus, das reine Gegenteil von Christus! Er predigt den Antichrist, das schwöre ich Ihnen, das versichere ich Ihnen![253] Das ist meine persönliche, langgehegte Überzeugung, die mir schon viel Pein bereitet hat … Der römische Katholizismus glaubt, daß ohne eine universale Herrschgewalt die Kirche auf Erden nicht bestehen kann, und ruft: ›Non possumus!‹ Meiner Ansicht nach ist der römische Katholizismus überhaupt kein Glaube, sondern einfach eine Fortsetzung des weströmischen Kaisertums, und es ist bei ihm alles, vom Glauben angefangen, dieser Idee untergeordnet. Der Papst hat ein Land in Besitz genommen, einen irdischen Thron bestiegen und das Schwert ergriffen; seitdem geht alles in dieser Art weiter; nur haben sie zum Schwert noch die Lüge, die Intrige, den Betrug, den Fanatismus, den Aberglauben und das Verbrechen hinzugefügt; sie haben mit den heiligsten, aufrichtigsten, schlichtesten, wärmsten Empfindungen des Volkes gespielt; alles, alles haben sie für Geld, für gemeine weltliche Macht hingegeben. Und das wäre nicht die Lehre des Antichrists?! Wie hätte da nicht der Atheismus von ihnen ausgehen sollen? Der Atheismus ist von ihnen ausgegangen, geradezu aus dem römischen Katholizismus! Der Atheismus hat zuallererst mit ihnen selbst angefangen: konnten sie denn auch sich selbst Glauben schenken? Er gewann dann aus dem gegen sie bestehenden Widerwillen Stärke; er ist ein Produkt ihrer Lüge und geistigen Kraftlosigkeit! Der Atheismus! Bei uns sind es bisher nur die höheren Schichten, die ihre Wurzel verloren haben und nicht mehr glauben, wie Jewgeni Pawlowitsch neulich sehr schön gesagt hat; aber dort, in Westeuropa, hören schon gewaltige Massen des eigentlichen Volkes auf zu glauben, früher aus Unwissenheit und Unwahrhaftigkeit, aber jetzt schon aus Fanatismus und aus Haß gegen die Kirche und gegen das Christentum.«

Der Fürst hielt inne, um Atem zu schöpfen. Er hatte furchtbar schnell gesprochen. Er war blaß und hatte keine Luft. Alle wechselten Blicke miteinander; aber endlich begann der Alte herzlich zu lachen. Fürst N. nahm[254] seine Lorgnette heraus und betrachtete den Fürsten unverwandt. Der deutsche Dichter kam aus seiner Ecke hervorgekrochen und näherte sich mit einem unangenehmen Lächeln dem Tisch.

»Sie ü-ber-trei-ben sehr«, sagte Iwan Petrowitsch, dieses Wort in die Länge ziehend, in etwas gelangweiltem Ton; es klang sogar so, als ob er sich über etwas schämte; »auch in der dortigen Kirche gibt es höchst achtungswerte, tu-gend-hafte Vertreter …«

»Ich habe nie von einzelnen Vertretern der Kirche gesprochen. Ich rede von dem, was das Wesen des römischen Katholizismus ausmacht; ich rede von Rom. Kann denn eine Kirche vollständig verschwinden? Ich habe das nie gesagt!«

»Einverstanden; aber all das ist bekannt und braucht daher nicht gesagt zu werden, und … es gehört zur Theologie …«

»O nein, o nein! Nicht nur zur Theologie, ich versichere es Ihnen, nein! Das geht uns weit mehr an, als Sie meinen. Gerade darin besteht unser ganzer Irrtum, daß wir noch nicht einsehen können, daß das nicht ausschließlich eine theologische Angelegenheit ist! Auch der Sozialismus ist ja ein Produkt des Katholizismus und des katholischen Wesens! Auch er ist, ebenso wie sein Bruder, der Atheismus, aus der Verzweiflung hervorgegangen, als Gegensatz zum Katholizismus im moralischen Sinn, um einen Ersatz für die verlorengegangene moralische Macht der Religion zu bilden, um den geistigen Durst der lechzenden Menschheit zu stillen und sie zu retten, nicht durch Christus, sondern ebenfalls durch Gewalttätigkeit! Das ist ebenfalls eine Freiheit durch Gewalttätigkeit; das ist ebenfalls eine Vereinigung durch Schwert und Blut! ›Erdreiste dich nicht, an Gott zu glauben; erdreiste dich nicht, Eigentum zu besitzen; erdreiste dich nicht, eine eigene Persönlichkeit zu haben! Fraternité ou la mort! Zwei Millionen Köpfe!‹ ›An ihren Taten sollt ihr sie erkennen‹, heißt es in der Schrift. Und glauben Sie[255] nicht, daß das alles so harmlos und für uns ungefährlich wäre; o nein, wir müssen Wider stand leisten, und auf das schnellste, auf das schnellste! Unser Christus muß als Schild dem Westen entgegenstrahlen, unser Christus, den wir uns bewahrt und den sie überhaupt nicht gekannt haben! Wir dürfen uns nicht sklavisch von den Jesuiten angeln lassen, sondern wir müssen ihnen jetzt entgegentreten, indem wir ihnen unsere russische Zivilisation bringen; und man darf bei uns nicht sagen, daß ihre Predigt elegant sei, wie sich soeben jemand geäußert hat …«

»Aber erlauben Sie, erlauben Sie«, unterbrach ihn Iwan Petrowitsch, der sich unruhig rings umblickte und sogar ordentlich Angst bekam; »alle Gedanken, die Sie da vortragen, sind ja gewiß sehr löblich und patriotisch; aber es ist doch alles im höchsten Grade übertrieben, und … es wäre das beste, wenn wir das Thema abbrächen …«

»Nein, übertrieben ist es nicht, eher zu schwach ausgedrückt; ja, es ist zu schwach ausgedrückt, weil ich nicht imstande bin, die richtigen Worte zu finden; aber …«

»Er-lau-ben Sie!«

Der Fürst schwieg. Er saß, gerade aufgerichtet, auf seinem Stuhl und blickte, ohne sich zu regen, Iwan Petrowitsch mit flammendem Blick an.

»Mir scheint, daß der Vorfall mit Ihrem Wohltäter Sie gar zu sehr übernommen hat«, bemerkte der Alte freundlich, und ohne seine Ruhe zu verlieren. »Sie sind etwas hitzig … vielleicht infolge Ihres einsamen Lebens. Wenn Sie mehr unter Menschen lebten (und ich hoffe, daß man sich in der guten Gesellschaft über Sie als über einen beachtenswerten jungen Mann freuen wird), so wird sich Ihre Lebhaftigkeit gewiß mildern, und Sie werden sehen, daß das alles weit einfacher ist … Und zudem gehen solche seltenen Fälle meiner Ansicht nach teils aus unserer Übersättigung hervor, teils aus … einer Art von Sehnsucht.«[256]

»Ganz richtig, ganz richtig!« rief der Fürst. »Ein vortrefflicher Gedanke! Jawohl, aus einer Art von Sehnsucht, aus einer Art von Sehnsucht! Aber nicht aus Übersättigung, sondern im Gegenteil aus Durst … nicht aus Übersättigung, darin haben Sie sich geirrt! Aus Durst ist noch zu wenig gesagt: aus brennendem, fieberhaftem Durst! Und … und glauben Sie nicht, das geschehe in so geringem Umfang, daß man darüber lachen dürfe; verzeihen Sie, man muß verstehen, in die Zukunft zu schauen! Wenn unsere Landsleute das Ufer erreicht haben und zu der Überzeugung gelangt sind, daß das das Ufer ist, dann freuen sie sich darüber gleich dermaßen, daß sie sofort weitergehen, so weit wie nur irgend möglich; woher kommt das? Da wundern Sie sich nun über Pawlischtschew und schreiben alles seiner Verdrehtheit oder seiner Herzensgüte zu; aber dem ist nicht so! Und nicht uns allein, sondern gar Europa setzt in solchen Fällen unsere russische Leidenschaftlichkeit in Erstaunen: wenn bei uns jemand zum Katholizismus übertritt, dann wird er auch gleich unfehlbar Jesuit und gleich einer der schlimmsten; und wenn einer Atheist wird, dann fordert er unfehlbar sofort eine gewaltsame Ausrottung des Gottesglaubens, das heißt also eine Ausrottung mit dem Schwert. Woher kommt das? Woher auf einmal ein solcher Fanatismus? Wissen Sie es wirklich nicht? Das kommt daher, daß der Betreffende ein Vaterland gefunden hat, das ihm hier fehlte, und sich darüber gefreut hat; er hat ein Ufer gefunden, Land gefunden und hat sich hingeworfen, um es zu küssen! Nicht aus bloßer Eitelkeit, nicht immer nur aus häßlichen, eitlen Motiven werden die Russen Atheisten oder Jesuiten, sondern auch aus seelischem Schmerz, aus seelischem Durst, aus Sehnsucht nach Höherem, nach einem festen Ufer, nach einer Heimat, an die sie aufgehört hatten zu glauben, weil sie sie niemals gekannt hatten! Atheist zu werden ist für einen Russen so überaus leicht, leichter als für alle übrigen Menschen in der ganzen Welt! Und unsere Landsleute[257] werden nicht einfach Atheisten, sondern glauben unfehlbar an den Atheismus, wie an einen neuen Glauben, ohne zu bemerken, daß sie an ein Nichts glauben. So groß ist unser seelischer Durst! ›Wer keinen Boden unter sich hat, der hat auch keinen Gott!‹ Dieser Ausdruck rührt nicht von mir her, sondern von einem altgläubigen Kaufmann, mit dem ich auf einer Reise zusammentraf. Er drückte sich allerdings nicht ganz so aus, sondern sagte: ›Wer sich von seiner Heimat losgesagt hat, der hat sich auch von seinem Gott losgesagt.‹ Man braucht nur daran zu denken, daß bei uns die gebildetsten Leute sogar in die Sekte der Geißler eintraten … Und inwiefern ist übrigens in solchem Falle das Geißlerwesen schlechter als der Nihilismus, das Jesuitentum und der Atheismus? Man kann vielleicht sogar sagen, daß es mehr innerliche Tiefe besitzt! Aber da sieht man, wie weit jene Sehnsucht gelangt ist …! Man zeige den fieberhaft dürstenden Gefährten des Kolumbus das Gestade der Neuen Welt, man zeige dem Russen das wahre Russentum, man lasse ihn dieses Gold, diesen Schatz finden, der seinen Augen bisher in der Erde verborgen ist! Man zeige ihm, wie sich in der Zukunft die Erneuerung und Auferstehung der ganzen Menschheit vielleicht einzig und allein durch den russischen Gedanken, durch den russischen Gott und den russischen Christus vollziehen wird, und man wird sehen, welch ein starker, wahrheitsliebender, weiser, sanfter Riese vor den Augen der erstaunten Welt heranwachsen wird; erstaunt und erschrocken wird die Welt aber allerdings sein, weil sie von uns nur das Schwert erwartet, das Schwert und Gewalttätigkeit; denn da sie nach sich selbst urteilt, kann sie sich uns nicht ohne Barbarentum vorstellen. So ist das bisher gewesen, und dieses Sehnen wird, je länger es dauert, immer stärker und …«

Aber hier trat plötzlich ein Ereignis ein, und die Rede des Fürsten wurde in einer ganz unerwarteten Weise unterbrochen.

Quelle: Dostojewski, Fjodor - "Der Idiot"

Weiterlesen: http://www.zeno.org/Literatur/M/Dostoevskij,+F%C3%ABdor+Michajlovi%C4%8D/Romane/Der+Idiot/Vierter+Teil/7.

Ruewald

16. Juli 2019 16:13

@oblationisvir (16.7. 6:56)
Ihre Antwort – für die ich danke – hilft, das von mir Gemeinte klarer zu sehen und weiterzudenken.
Es ist richtig, daß die Subjekt-Objekt-Spaltung nicht aufgehoben ist.
Letztlich ist diese Spaltung ontologisch unaufhebbar (s.a. aber weiter unten).

Um das von mir Gemeinte zu präzisieren: Es geht eigentlich nicht um die Aufhebung, sondern um die Überbrückung der Kluft zwischen Subjekt und Objekt. Diese erfolgt schon bei jedem Handeln.
Im Rahmen der Ethik geht bei der deontologischen (vulgo: Gesinnungs-) Ethik der Wirkungspfeil vom Subjekt zum Objekt, bei der konsequenzialistischen (vulgo: Verantwortungs-) Ethik vom Objekt zum Subjekt zurück. Die Verbindung beider kann zwar die S-O-Spaltung nicht aufheben (was Sie richtig sehen), aber in einem rekursiven Kreis (S-->O-->S) zusammenknüpfen.

Wenn man annimmt, daß die Selbsterfahrung der S-O-Spaltung mit dem Selbstbewußtsein zusammenhängt, dann entsteht sie/es erst ab einem gewissen Reifungszustand der ontogenetischen Entwicklung (Piaget) und ist beim Kleinkind, dem Primitiven und den Tieren noch nicht bzw. erst rudimentär gegeben. Ohne dies hier weiterführen zu können, ist in diesem Zusammenhang auch das Buch "Der mittlere Weg der Erkenntnis" des Neurowissenschaftlers (und Buddhisten) Francisco Varela et al. sehr aufschlußreich, wo die körperbezogene Erfahrung schrittweise zum Aufbau unserer (Erfahrungs-)Welt herausgearbeitet und ein interessanter Zusammenhang zwischen der Phänomenologie von Merleau Ponty und der buddhistischen Philosophie hergestellt wird.

Zum Abschluß: Ist die S-O-Spaltung wirklich nicht aufhebbar? Sie scheint in der Mystik, beim epileptischen Anfall, im Satori der buddhistischen "Erleuchtung" subjektiv erfahren zu werden. Aber in welchem Sinne ist sie dabei wirklich aufgehoben, d.h. eliminiert ?
Es heißt: vor dem Satori ist ein Baum ein Baum, und nachher ist ein Baum ein Baum. Jedoch worin ist der Unterschied? Der "Erleuchtete" geht seinen alltäglichen Aufgaben weiterhin nach – aber mit einem veränderten Bewußtsein: er ist frei von jeglicher Ich-Bezogenheit, frei von "Anhaftung" an Dinge und Menschen; er geht ganz in seiner Aufgabe auf. Diese Ichenthaltungshaltung kommt ganz "automatisch" (und nicht absichtlich-bewußt oder methodisch wie etwa bei der Epoché in Husserls Phänomenologie).

Ruewald

16. Juli 2019 22:29

@zeitschnur (16.7., 10:13)
Einspruch zu Ihrer "mutigen" Aussage:
"Übrigens möchte ich noch darauf bestehen, dass Afrika zwar sicher viele Probleme, aber kein Bevölkerungsproblem hat, wie stets - aus meiner Sicht zynisch - behauptet wird. ... dieser Kontinent ... könnte ... auch 3 Milliarden ernähren und noch mehr."

Ich bin zwar grundsätzlich begründet skeptisch bezüglich jeder "herrschenden Meinung" (= Meinung der Herrschenden) und jedem von den Medien kolportierten angeblichen "Konsens" – sei es z.B. das "Klimaparadigma" oder die offizielle 9/11-Erzählung -, aber in Bezug auf das Bevölkerungsproblem liegen Sie m.E. völlig falsch. Da ich in diesem Fall bei Ihnen ein kognitives Problem sehe, möchte ich Ihre Behauptung nicht umgekehrt als Ihrerseits zynisch bezeichnen.

Das Problem ist nämlich nicht allein die Ernährung einer stationären Bevölkerung – man mag das theoretisch am Schreibtisch als bloßes Verteilungsproblem ansehen. Das Hauptproblem ist die rasante Dynamik! Selbst wenn es gelingen sollte, das Nahrungsverteilungsproblem nach und nach zu lösen, dann muß die Dimension Zeit beachtet werden: es kostet Zeit, Jahre, und "die Zeit läuft davon", weil inzwischen eine Lawine neuer hungriger Münder nachwächst: Hundertausend jeden Tag, über 30 Millionen im Jahr. Und jedes hungrige Kind, das Sie gerettet haben, wird innerhalb einer Generation weitere 5 bis 10 hungrige Kinder produzieren. Die Bevölkerung verdoppelt sich in ca. 25 Jahren, die braucht auch Wohnraum, Infrastruktur, Schule, Arbeit, und damit geht sukzessive für die Ernährung nutzbare landwirtschaftliche Fläche verloren (die pro Kopf verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche wird immer kleiner, und die Erträge können nicht im gleichen Maße vervielfacht werden). Dann die Vervielfachung des Bedarfs an Wasser, das bereits ohne Bevölkerungszuwachs immer knapper wird. Und der Rohstoffverbrauch, usw. usf.
Sie stoßen überall bei der Begrenzung der Ressourcen immer wieder auf die Mutter aller Probleme, nämlich das nach wie vor (bes. in Afrika und im Nahen Osten) quasi exponentielle Bevölkerungswachstum.

Unser von unserer Natur aus nur auf lineares Wachstum entwickeltes Vorstellungsvermögen hat für solche nicht-lineare, geometrische oder exponentielle Wachstumsvorgänge ein kognitives Defizit.
Um dies zu verstehen, braucht man tieferes Verständnis für mathematische und ökologische Zusammenhänge. Es gibt auch populärwissenschaftliche Bücher, die das überzeugend darstellen. Mir fällt dazu etwa ein: Herbert Gruhl (1992), Himmelfahrt ins Nichts – der geplünderte Planet vor dem Ende, oder Hoimar von Ditfurth (1985); So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit.

Im letztgenannten Buch ist ein instruktives Beispiel, das unsere totale Überforderung bei exponentiellem Wachstum eindrücklich zeigt:
Das Seerosenbeispiel: in einem Teich sind 2 Seerosen, diese verdoppeln sich zu 4, diese weiter zu 8, usw. Wie groß muß der Teich sein, damit er nach 100 Verdopplungsschritten ganz mit Seerosen vollgefüllt ist?
Antwort: der "Teich" müßte eine Fläche haben, die das 10 hoch 14-fache der gesamten Erdoberfläche beträgt. Und wenn man als Gewicht einer Blüte von einigen Gramm annimmt, dann kommt man auf ein Gesamtgewicht von 100 Erdkugeln. (S. 411)

Zum immer wieder gebrachten Argument, die Bevölkerung würde sich mit wachsendem Wohlstand stabilisieren: das trifft für die Abendländer und Ostasiaten zu, aber nicht für Afrika oder die muslimischen Länder i.a. Die Golfstaaten haben trotz Wohlstand nach wie vor Kinderreichtum. Die Afrikaner haben eine ganz andere Mentalität (insbes. Fortpflanzungsmentalität) wie wir.
Offensichtlich spielt auch die IQ-Intelligenz eine wichtige Rolle.

Zum Abschluß ein Zitat aus Gruhl (S. 248, a.a.O), das ich für realistisch und nicht zynisch halte:
"Unser Planet wird um so früher zum Friedhof der Menschen werden, je schneller deren Zahl zunimmt."
und: "Die Zahl der Toten wird in Korrelation mit der Zahl der Geburten wachsen und .... apokalyptische Ausmaße annehmen."

Gracchus

17. Juli 2019 00:43

Ich sehe nicht, wie eine auf abstrakte Normen oder Prinzipien basierende Ethik dem Voluntarismus bannt. Ich sehe das analog in der täglichen Rechtspraxis: Je abstrakter die Norm - zb. Par. 242 BGB oder auch die Grundrechte -, umso größer der Interpretationsspielraum, umso größer die Gefahr richterlicher Willkür. Die rationale Methode führt auch nicht (immer) zu einer zwingenden Lösung, sondern zu mehreren möglichen Lösungen, zwischen denen man sich entscheiden muss. Wie man sich entscheidet, ist m. E. rational nicht mehr auflösbar. Meinetwegen kann man dann sagen, dass die Lösung nicht reiner Willkür entspringt, aber ein Moment der Willkür haftet ihr doch an.
Und ist es nicht so: Dass wir eine Tat als gut bezeichnen, setzt voraus, dass sie einem freien Willen entspringt, oder nicht?

Fritz

17. Juli 2019 06:37

Ist es nicht eher so, dass die Subjekt Objekt-Spaltung eine Erfindung der idealistischen Philosophie ist?

Oblationisvir

17. Juli 2019 07:40

@ Ruewald (16. Juli, 16:13)

Dem, was Sie schreiben, stimme ich durchaus zu, und will es mit meinen Worten wiedergeben, dabei versuchend, Akzente neu zu setzen: Die gedankliche Unterscheidung von Subjekt und Objekt beginnt mit der Bewußtwerdung der eigenen Person und ihrer Entscheidungsfreiheit; was ohne eine solche stets der eigenen Natur folgt oder unbelebt ist, bildet kein solches Subjekt, das in einen Gegensatz zum Objekt geraten könnte.

Das subjektive Erlebnis einer Aufhebung der Trennung von Subjekt und Objekt in der Erfahrung von Erleuchtung, wie sie manche Buddhisten anstreben, bleibt ohne konkrete Auswirkung auf das alltägliche Leben; es bleibt nur die Hoffnung, daß der Erleuchtete von nun an „frei [bleibt] von jeglicher Ich-Bezogenheit, frei von ,Anhaftung‘ an Dinge und Menschen“, doch „nachher ist ein Baum ein Baum“ wie zuvor, und angesichts dessen sollte der Erleuchtete kein Mensch mehr sein wie jeder andere? - Immerhin hat er freilich eine Ahnung bekommen davon, daß das Gegenüber von Subjekt und Objekt nicht unüberwindbar ist.

Wenn man den Bereich des Seins auf die Welt beschränkt sieht, dann ist die Trennung der ihrer selbst bewußten Person als Subjekt „ontologisch unaufhebbar“, und es bleibt nur die Möglichkeit, sie mit dem Objekt „in einem rekursiven Kreis (S-->O-->S) zusammen[zu]knüpfen.“ - Wird nun aber Gott nicht etwa als Götze gedacht, der unsere Defizite kompensieren soll, sondern strikt transzendent, ganz verschieden von der Welt, und frei, mich zu verwerfen oder zu erlösen, auf den ausgerichtet ich mein Dasein gleichwohl weiß (vgl. zeitschnurs [16. Juli, 10:13] Hinweis auf das oberste Gebot der Gottesliebe), der eben nicht als Projektion meiner Wünsche abzutun ist, - dann eröffnet sich ein Horizont, in dem Subjekt und Objekt keineswegs wie oben beschrieben einen Augenblick lang ununterscheidbar werden, sondern - wenn man es so ausdrücken darf - in versöhnter Verschiedenheit eins sein können. In aller Kürze angedeutet: Über die philosophische Metaphysik hinausgehend offenbart sich Gott als dreifaltiger, der im Erkennen seiner selbst in einer zweiten Hypostase sich sozusagen gegenüber tritt, und diese beiden Hypostasen bringen wiederum im Wollen ihrer selbst als des höchsten Gutes eine dritte Hypostase hervor, die
von derselben göttlichen Natur ist wie die beiden anderen und zusammen mit ihnen eine einzige Gottheit, die im Erkennen ihrer selbst die gesamte, von ihr hervorgebrachte Welt in einem ewigen Augenblick unveränderlich erschaut und im Wollen die Erlösten gnadenhaft vergottet in dieses Geschehen einbezieht.

Monika

17. Juli 2019 08:08

Ein Versuch, die sehr weitläufige Diskussion in einen Hauptstrom zu leiten, der die verschiedenen Positionen vereint.
Ich verweise auf ein Interview mit dem großen Ulrich Schacht über den „entfesselten Kapitalismus als Erfüller des Kommunismus“
https://www.youtube.com/watch?v=hgKCSv4ZvOs
These: Aufklärung operiert heute, in Gestalt des konsumistischen Kommunismus kapitalistischer Produktionsweise, propagandistisch vor allem mit der Menschenrechtsphrase.
Das Endziel ist die SCHÖNE NEUE WELT, in der dieser Kapitalismus als materialistische Lebensform zugleich die einzige verbliebene „essentiell religiöse Erscheinung“ ( W. Benjamin) ist.

Oblationisvir

17. Juli 2019 10:19

@ Fritz (17. Juli, 6:37)

Eher, scheint mir, ist sie in der der idealistischen [deutschen] Philosophie nur deutlicher geworden. Die Subjekt Objekt-Spaltung begegnet jedoch schon bei Descartes (seiner selbst gewisses Subjekt als Geist [res cogitans, erkennendes Ding] gegenüber der materiellen Welt als Materie [res extensa, ausgedehntes - bzw. quantitativ zu erfassendes - Ding]), weshalb ich (am 15. Juli, 16:03) nicht „philosophisches Elend der Moderne“ hätte schreiben sollen, sondern „der Neuzeit“.

zeitschnur

17. Juli 2019 10:30

@ Ruewald

Sie verfehlen mit Ihrer katastrophistischen Zeichnung das, was ich meinte vollkommen. Möglicherweise liegen "kognitive Probleme" v.a. da vor, wo man meint, sie konstatieren zu sollen beim anderen... ich tue das aber natürlich nicht, sondern denke, dass Sie sich triggern lassen und sofort losbrettern bei diesem Thema...
Ich höre diesen Katastrophismus nun schon mein Leben lang - aber bisher hat er sich fast immer als haltlos in der realen Welt erwiesen.
Gehungert wird nicht, weil zu viele Menschen da sind! Wirtschaftliche Probleme sind nicht in einem Land, weil es zu viele Menschen hat!
Das ist ein Fehlschluss, den ich für zynisch halte.
Der globale "Kapitalismus", den man nicht mit einem freien Markt verwechseln sollte, schafft Verknappung, um immer weiter eskalieren und Menschen nicht nur versklaven, sondern auch verschlingen zu können. Bevölkerungsreduktion hängt mit dem uralten Märchenmotiv des Drachen zusammen, der jährlich Menschenopfer braucht - auch durch Abtreibungen und die biochemische Manipulation des weiblichen Körpers, damit er unfruchtbar bleibt. Kopulation wird demgegenüber angeheizt und immer öfter auch erzwungen.
Afrika wird verschlungen vom Westen UND vom Osten (sehen Sie doch, wer da inzwischen alles ökonomisch mitmischt!), ganz gezielt und bösartig, die Nummer ist uralt - schon die alten (britischen) Kolonialherren sperrten ganze Regionalbevölkerungen in Lager, um deren Land ausplündern zu können.
Ohne diese Zustände würde nicht ein Afrikaner glauben, er müsse ins europäische Eldorado "flüchten". Es geht knallhart um Bodenschätze, seltene Erden, Edelmetalle, Edelsteine, die man den eigentlichen Eigentümern ihrer Ländern rauben will. Da ist jeder Mund zuviel - klar!
Das Problem kinderreicher Familien der Geschichte, bei uns, die sie nicht ernähren konnten, waren NICHT DIE ZU VIELEN Kinder, sondern die ungerechten Zustände, die die Eltern hinderten, sie ernähren zu können.

Man sollte sich aber, wenn man so denkt, wie Sie es kundtun, bewusst sein, auf welchem ethischen Niveau man da angelangt ist. Man hat resigniert vor dem Leviathan und predigt den Suizid aller Vitalität, die sich dagegen aufbäumt - und das ist für Afrikaner die Selbstvergewisserung durch ihre Kinder, die für sie immer noch Hoffnung darstellen, auch wenn ein materialistisch-westlicher Mensch das kaum mehr begreifen mag.

Search4M

17. Juli 2019 12:46

Es ist sehr nett, @zeitschnur, dass Sie an einen praktikablen Ansatz für ethisches Duskutieren für "Nichtphilosophen" denken. Ich wünsche mir schon lange eine Trivialosophie, den Philosophen verlieren sich bisweilen im Abstrakten.

Das Samariterbeispiel eignet sich da auch gut in der Migrationsfrage als Analogie: beim Tierarzt, im Wartezimmer, es kommt ein älterer Herr aus der Behandlung und erzählt, dass er seinen treuen Hund einschläfern lassen muss, weil er sich die Medikamente nicht mehr leisten kann. Dabei kommen ihm die Tränen. Ich erkenne meinen Nächsten und bezahle für ihn 80 € für die Tabletten für seinen Hund. Jemand im Wartezimmer beobachtet das. Zuhause taucht dieser eine Woche später mit 10 Leuten und kranken Tieren bei mir auf und sagt: "das sind deine Nächsten, bezahle bitte!" Das ist dann unverschämte und verbrecherische Nötigung, darf also abgelehnt werden.

Im Übrigen bestehe ich auf einen Bestandsschutz für kulturelle und ökonomische Errungenschaften, die sich ein Staatsvolk über lange Zeiträume unter viel Fleiß und auch mit Opfern erworben hat, innerhalb der Diskussion von "Menschenrechten".
Niemand muss für irgendjemanden von sonstwo auf dem Planeten aus rückständigen Gesellschaften seine eigene Lebenswelt opfern.

Über diese Fr. Rackete mit ihren ekligen Rastalocken ist bereits vieles gesagt. Mein Tip an sie wäre, mit einem Psychologen darüber zu reden, ob sie nicht ein Problem mit der Ablösung von ihrem (anscheinend) wirtschaftlich erfolgreichen Vater hat.

quarz

17. Juli 2019 13:33

@zeitschnur

"Ohne diese Zustände würde nicht ein Afrikaner glauben, er müsse ins europäische Eldorado "flüchten""

Das hört sich so an, als ob es die oft beklagten "Ärmsten der Armen" wären, die ihr Elend nicht länger ertragen können und deshalb die Option Europa als letzten Strohhalm ergreifen.

Es handelt sich aber in der Regel um Angehörige der (für dortige Verhältnisse) besser verdienenden (eher oberen) Mittelschicht, die sich die Reise leisten können. Ironischerweise fugiert also gerade nicht die Armut als Push-Faktor, sondern der gestiegene Wohlstand in vielen afrikanischen Ländern, der jetzt bei den Vermögenden noch weitere Aufstiegsgelüste weckt. Wie bei der Ilsebill. Die weltweite mediale Vernetzung, die die verlockenden Bilder westlicher Schlaraffenländer bis in die hintersten Winkel des afrikanischen Kontinents trägt, fungiert als Lockmittel.

zeitschnur

17. Juli 2019 14:47

@ quarz

Naja - das hatte ich ja auch nicht behauptet, dass es sich um "Armutsflüchtlinge" handelt. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich bisweilen in gängige Argumentationsschubladen nicht hineinpasse, weil ich mir vorbehalte, wie ich argumentiere, zumindest der Absicht nach...

Es werden natürlich nicht die allerärmsten Menschen sein, sondern die, die in der Armut noch etwas besser dastehen. Europa ist ein Mythos, eben ein Eldorado, und davon hat man nur gehört, wenn man nicht ganz unten ist. "Wohlstand" würde aber auch Bildung voraussetzen, die wiederum zur Skepsis gegenüber dem Mythenland führen würde.
Ich denke, es ist wohl leider schon so oder so ähnlich, wie ich es beschrieb.
Wenn Sie bedenken, welche Menschen es waren, die massenhaft aus Europa strömten und ganze Kontinente plattmachten (v.a. die beiden Amerika), dann sollte das einen Richtwert geben. Das waren auch nicht die ärmsten, sondern Leute, die es aus irgendwelchen Gründen hier nicht mehr aushielten und soviel Energie hatten, wegzugehen. Die obere Mittelschicht wanderte auch damals bei uns niemals aus!

Lotta Vorbeck

17. Juli 2019 16:27

@quarz - 17. Juli 2019 - 01:33 PM

"...
Das hört sich so an, als ob es die oft beklagten "Ärmsten der Armen" wären, die ihr Elend nicht länger ertragen können und deshalb die Option Europa als letzten Strohhalm ergreifen.

Es handelt sich aber in der Regel um Angehörige der (für dortige Verhältnisse) besser verdienenden (eher oberen) Mittelschicht, die sich die Reise leisten können."

***************************

In diesem Zusammenhang sei auf ein am Sonntag, 14. Juli 2019 veröffentlichtes Pressephoto verwiesen.

Die Originaltext zum Bild lautet: 9. Juli 2019:
"Das NGO-Schiff Alan Kurdi, das von der deutschen NGO Sea-Eye betrieben wird, rettet 44 Migranten aus dem Meer vor Malta."

Hier läßt sich Pressephoto anklicken: https://i0.gmx.ch/image/446/33842446,pd=2/floriana-malta.jpg

Zum Vergrößern direkt in das Bild hineinklicken!

Soeben "aus dem Meer vor Malta gerettet" - mit dem Smartphone in der Hand?
Noch Fragen, Kienzle?

Niekisch

17. Juli 2019 17:06

@ Gracchus 15.7. 19:31: Besten Dank für Ihre Antwort. Mein längerer Kommentar dazu ist aus irgendeinem Grund untergegangen, ich hatte ihn auch nicht zwischengespeichert. Wegen des wohl unmittelbar bevorstehenden Badeschlusses will ich ihn nicht erneut formulieren.

Nur noch zu Ihrer Schlußbemerkung, für die Ernst Niekisch, wenn ich mich recht erinnere, den treffenden Begriff gefunden hat: deutsche Daseinsverfehlung.

quarz

17. Juli 2019 18:54

@zeitschnur

"Wenn Sie bedenken, welche Menschen es waren, die massenhaft aus Europa strömten und ganze Kontinente plattmachten (v.a. die beiden Amerika)"

Das lief doch etwas differenzierter ab. Die großen Massen strömten vor allem im 19. und 20. Jahrhundert nach Amerika. Und sie gingen nicht dorthin, um sich von den Dortigen aushalten zu lassen, sondern bildeten die Motoren der Aufwärtsentwicklung. Diejenigen, die es zu nichts brachten, landeten nicht in einer sozialen Hängematte, sondern kehrten meist zurück in ihr Heimatland.

Und in Bezug auf frühere Phasen ist das Bild vom Landraub an den Indianern (das Sie vielleicht vor Augen haben) einigermaßen schief. Ein sehr großer Teil der (nordamerikanischen) Indianer waren Nomaden, können also nur in eingeschränktem Sinn als Landbesitzer angesehen werden, denen widerrechtlich Land weggenommen wurde. Vor allem aber waren große Teil der Prärie unbewohnt und konnten erst von Indianern besiedelt werden, als diese von der kulturellen Revolution profitierten, die dadurch zustande kam, dass Europäer das Pferd ins Land brachten, Indianer sich durch Pferdediebstahl im großen Umfang diese Tiere unter den Nagel rissen und nunmehr viel extensiver jagen und siedeln konnten. Die Komantschen beispielsweise wurden dadurch erst zu einer (auch bei anderen Stämmen gefürchteten) Großmacht.

Ich will nicht bestreiten, dass an Indianern viel Unrecht geschehen ist. Aber als Maßstab für die aktuelle Migrationssiatuation in Europa gibt der Vergleich nicht allzu viel her.

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