Drei Beispiele: Zeitschrift Tumult, Identitäre Bewegung und Winterakademie.
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1. Die Zeitschrift Tumult arbeitet, so der Untertitel, an der permanenten “Konsensstörung”, und das ist nichts anderes als das, was mir aus meinem Büchlein Provokation seit Jahren um die Ohren gehauen wird: daß wir allesamt das Ende des Diskurses “in seiner Konsensform” wollen, also ein Ende des harmlosen Geplauders, des “auslassenden” Gesprächs, keinesfalls also eine Ende “des Gesprächs” überhaupt.
Um der Debatte neuen Schwung zu geben, initiierte Tumult-Herausgeber Frank Böckelmann für Dresden eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel “Tumult Forum”. Die Auftaktveranstaltung sollte am 9. Januar mit Uwe Tellkamp über die Bühne gehen, und zwar nicht über irgendeine Bühne, sondern über die des Piano-Saals im Cosel-Palais direkt neben der Frauenkirche.
Nun kam es, wie es kommen mußte: Vor zwei Wochen fand in diesem von Bert Kirsten geleiteten Piano-Salon eine Podiumsdiskussion über die Frage “Was ist konservativ?” statt. Eingeladen hatte die Oswald-Spengler-Stiftung, beteiligt waren die AfD-Politiker Maximilan Krah, Albrecht Glaser, Marc Jongen sowie – parteilos – ich. Herr Kirsten sah sich vor, während und nach der Veranstaltung Droh- und Protestschreiben der Antifa ausgesetzt, und um Schaden von seinem Unternehmen abzuwenden, hat er nun seine Rolle als Mitveranstalter der Tumult-Reihe abgegeben – er wird auch seinen Piano-Salon nicht zur Verfügung stellen.
Vor mir liegt das abgenutzte Deutungsbesteck:
+ Es gibt einen Zusammenhang zwischen Meinungsfreiheit, Meinungsäußerungsmut und Risikokalkulation: Daß jemand mutig sein muß, wenn er in seinen Räumlichkeiten Tellkamp, Flaig, Gruber, Schilling, Bernig und Klonovsky der Reihe nach auftreten lassen will, sagt viel. Daß er das Risiko (!) am Ende nicht eingehen will, sagt alles – und zwar nicht so sehr über ihn, sondern über unser Land.
+ Es gibt einen Unterschied zwischen konsequenzloser linksradikaler und folgenschwerer rechtskonservativer (also: bürgerlicher) Meinungsäußerungsrealität. An der Universität Leipzig finden Jahr für Jahr rund 80 teils offen linksradikale und linksextremistische Einführungsveranstaltungen für Erstsemester-Studenten statt. In Dresden weiß ein Mann nicht, ob er nach einer Lesung mit Tellkamp noch Klaviere verkauft kriegt.
+ Der Lerneffekt, daß Repression aus der Anonymität Meinungsäußerungsmöglichkeiten abschneidet, ist fatal. Dem wäre konkret beispielsweise dadurch zu wehren, daß sich der Oberbürgermeister Dresdens oder irgendeine andere Größe demonstrativ, also öffentlichkeitswirksam, neben Böckelmann und Kirsten in die 1. Reihe setzte.
Insgesamt aber: überraschungslos, daß das nun mit dem Piano-Salon nichts wird. Hoffentlich wird aus der Reihe “Tumult Forum” doch noch etwas. Man sucht nach Räumlichkeiten.
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2. Die im gemeinschaftlichen Hausprojekt in Halle/Saale aktive Gruppierung der Identitären Bewegung ist dort Anfang Oktober bereits ausgezogen. Sie betreibt die Bar nicht mehr und hat auch ihren Büroraum aufgegeben.
Die Gruppe in Halle bestätigt damit eine Entwicklung, die wir insgesamt konstatieren müssen: Es ist dem Staat samt seinen gewalttätigen Helfern aus Antifa-Kreisen gelungen, einen jungen, patriotischen Ansatz zu kriminalisieren und letztlich zu marginalisieren, der unter normalen Bedingungen aufgrund zweier Gründungskriterien zu einem großen Erfolg hätte werden können: Gewaltfreiheit und Internationalität.
Es war ohne Zweifel das Ziel, mit der IB eine Bewegung zu kriminalisieren, die wesentliche Kriterien erfüllte: Patriotismus jenseits NS-affiner Jugendgruppen; großstädtisch, universitär, modern; gewaltfrei, aber verteidigungsbereit; kreativ, ausgestattet mit charismatischen Köpfen, aufgeladen mit realitätsnahen Themen; spektakulär.
Das war und ist ja ein Vorrücken wie auf dem Schachbrett, das kam ja alles in denselben anderthalb Jahren hoch: Pegida, AfD, IB, EinProzent, das ganze publizistische Umfeld. Pegida und IB galten und gelten dabei als problematisch in dem Sinne, daß es keine kalkulierbaren Strukturen gibt: Parteien können ins Getriebe eingebaut werden, Verlage müssen Geld verdienen und ordentlich angemeldete Unternehmungen sein. Die Identitären? In ihrer Dynamik unberechenbar – jung, idealistisch, aufwuchsfähig.
Also zack – verleumden, denunzieren, angreifen: Da wird eine gewaltfreie Gruppe zur rechtsextremistischen Vereinigung erklärt, und gleichzeitig hat das Hausprojekt in Halle/Saale seit seine Einweihung über 50 zum Teil schwerste Attacken erlebt und zur Anzeige gebracht – ohne jeden Fahndungserfolg durch die Polizei und ohne jede schützende Stellungnahme durch die Stadtoberen.
Denunzieren, angreifen also, und kriminalisieren – das sind die Mittel, die völlig skrupellos eingesetzt werden, und das sollte sich vergegenwärtigen, wer heute der WerteUnion und Herrn Maaßen irgendetwas zutraut: Dieser Mann ist der Vater der IB-Kontaminierung durch den zu parteipolitischen Zwecken mißbrauchten Verfassungsschutz.
Es wird weitergehen, was auch sonst – oder es kommt einfach etwas Neues, aus einer Richtung, die keiner kennt. Die Jungs (die ja zum Teil gar keine mehr sind) müssen jedenfalls neu nachdenken, sich neu erfinden, den Dreh rauskriegen. Das wird aber nicht mehr im Haus in Halle stattfinden, denn über dieses Haus müssen nun auch wir neu nachdenken.
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3. Wir werden in Schnellroda vom 10. bis 12. Januar unsere 20. Winterakademie veranstalten und zum Thema “Lesen” wieder 150 Schüler und Studenten begrüßen dürfen (das letzte gute Dutzend Plätze wird hier vergeben).
Wir werden mit diesen Akademien dann vielleicht aufhören, wenn ich mich als Rentner ohne Rente um den Gemüsegarten, die Obstbäume und die Nutztiere kümmern darf. Vielleicht hat dann Lehnerts und mein Nachfolger eine schöne Tagungsstätte in Mittelsachsen oder am Thüringer Wald aufgetan – und die heute noch ungeborenen jungen Leute sammeln sich dort.
Seit ein paar Jahren nun hängen an einem der Akademietage für ein paar Stunden Typen im Dorf herum, die unser IfS “dichtmachen” wollen. Als dies zum ersten Mal angekündigt war, gab es Lagebesprechungen mit der Polizei, dem Ordnungsamt, mit unseren Nachbarn und mit der Presse.
Mittlerweile: Folklore, einfallslose, steuergeldfinanzierte Routine, durchgeführt von Leuten, die ständig betonen, wie unwichtig und überschätzt wir seien – und die dennoch ihre (bezahlte) Lebenszeit in den einfallslosen Kampf gegen unsere Unwichtigkeit investieren.
Seltsam, wie sich alles abschleift. Wir haben mal gezählt: Seit 2014 sind wir “Schnellrodaer” in 37 Büchern entweder ausschließlich oder kapitelweise Thema. Es gibt wissenschaftliche Abhandlungen, populärwissenschaftliche Darstellungen, denunziatorische Pamphlete, eine Romanvorlage, drei Theaterstücke, dazu dutzende Seminare über, gegen, wegen uns, und eine lange Reihe von Homestorys …
Alles, was wir tun, alles, was jemand über uns schreibt, alles, was man hinter uns vermutet, ist für diese Leute der Rede wert. Recht haben sie! Wir sind in der Tat “reichsunmittelbar”, und jeder Halbsatz ist dafür gut, Türen aus den Angeln zu heben …
Aber jetzt: unsere Beschäftigung mit denen? Tatsächlich der mit wirklich unwichtigen Leuten angemessene Umgang: anderthalb IfS-Studien zu linken Netzwerken, ein paar Artikel, wenn uns die Kläffer auf Knöchelhöhe zu sehr nervten – das war’s.
Ob dieses vom VS erwähnte “Kollektiv IfS dichtmachen” weiß, daß es rüberkommt wie eine Verwaltungsgemeinschaft? Irre, was so alles zum “Betrieb” verkommen kann, wenn man mit seinem Leben nicht wirklich etwas vorhat.
Der_Juergen
Die BRD befindet sich seit geraumer Zeit in einer Übergangsphase von einer versteckten zu einer offenen Diktatur. Wenn nichts Spektakuläres geschieht - etwa ein schwerer Terroranschlag auf Asylanten oder Juden, der natürlich auch unter falscher Flagge inszeniert werden kann -, wird dieser Zustand wohl noch geraume Zeit andauern, mit steter Steigerung des Drucks auf patriotische Oppositionelle, aber vorderhand noch ohne allzu drastische Repressionsmassnahmen wie Verbote oder Verhaftungen.
Aus einem hier abgegebenen Leserkommentar erfuhr ich kürzlich, dass sich Kalbitz, der innerhalb der AFD doch zu den "Radikalen" gezählt wird, von der IB distanziert hat. Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, wem man überhaupt noch vertrauen kann und wer sich letzten Endes als unsicherer Kantonist, als Opportunist erweist. Ausser so weiterarbeiten, wie es Sezession, das Institut für Staatspolitik sowie die IB bisher getan haben, sehe ich persönlich keine Alternative für die nahe Zukunft. Wenn es schiefgeht, könnt ihr dann zumindest sagen: "Wir haben's gewagt."