Neun Rechtsbrüche und neun Beschwerden

Am 3. Dezember hat das Oberlandesgericht Graz in neun Beschwerden entschieden, die ich eingelegt hatte.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Es ging um die gegen Ver­ei­ne und Akti­vis­ten der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung im Jahr 2019 durch­ge­führ­ten Zwangs­maß­nah­men, die uns in der Öffent­lich­keit kri­mi­na­li­siert haben. Die Beschlüs­se des Ober­lan­des­ge­richts wur­den mir vor weni­gen Tagen zuge­stellt. In allen neun Fäl­len wur­de mei­ner Beschwer­de statt­ge­ge­ben und das Gericht erklär­te wörtlich

dass die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nicht vor­la­gen, sodaß durch die unge­ach­tet des­sen erteil­te Bewil­li­gung das Gesetz ver­letzt wurde.

Kon­kret han­delt es sich hier­bei um fol­gen­de Beschwerden:

1. Beschwer­de gegen die Bewil­li­gung der Ertei­lung einer Aus­kunft hin­sicht­lich einer Telefonnummer.

2. Beschwer­de gegen die Haus­durch­su­chung vom 18. Juni 2019.

3. Beschwer­de gegen die Bewil­li­gung der Ertei­lung einer Aus­kunft hin­sicht­lich zwei­er wei­te­rer Telefonnummern.

4. Beschwer­de gegen die Über­wa­chung zahl­rei­cher Social Media Accounts.

5. Beschwer­de hin­sicht­lich der Aus­kunfts­er­tei­lung betref­fend eines Bankkontos.

6. Beschwer­de gegen die Bewil­li­gung der Ertei­lung einer Aus­kunft hin­sicht­lich einer Tele­fon­num­mer sowie hin­sicht­lich der Haus­durch­su­chung vom 25. 3. 2019

7. Beschwer­de hin­sicht­lich der Über­wa­chung einer E‑Mail-Adres­se. 

8. Beschwer­de hin­sicht­lich der Bewil­li­gung einer Nach­rich­ten­über­mitt­lung und der Loka­li­sie­rung einer tech­ni­schen Ein­rich­tung hin­sicht­lich einer Telefonnummer.

9. Beschwer­de gegen Sicher­stel­lung von Bank­gut­ha­ben auf acht Kon­ten des “Ver­eins für leben­di­ge Kul­tur und Brauch­tums­pfle­ge”, zwei Kon­ten der Beschul­dig­ten Mar­tin Sell­ner und Patrick Len­art und einem Kon­to des Beschul­dig­ten Patrick Lenart.

In allen Punk­ten wur­de vom OLG nach­ge­wie­sen, daß die Sach­la­ge für die­se mas­si­ven Ermitt­lungs- und Zwangs­maß­nah­men nicht ein­mal annä­hernd aus­reich­te. Damit ist der zwei­ten Ver­nich­tungs­kam­pan­ge gegen die IB die juris­ti­sche Grund­la­ge entzogen.

In den Schrift­stü­cken zer­legt das Beru­fungs­ge­richt die abstru­sen Begrün­dun­gen der Gra­zer Staats­an­walt­schaft, wonach Bren­ton Tar­rant, der Atten­tä­ter von Christ­church, und ich eine “Ter­ro­ris­ti­sche Ver­ei­ni­gung” begrün­det hät­ten. Die­se Ver­dachts­mo­men­te lau­te­ten wie folgt:

Mar­tin Sell­ner ste­he im Ver­dacht, er habe sich seit Jah­res­an­fang 2017 im Zusam­men­wir­ken mit Bren­ton Tar­rant, der des 51-fachen Mor­des, began­gen am 15. März 2019 in Christ­church, Neu­see­land, ver­däch­tig sei, und wei­te­ren noch unbe­kann­ten Tätern an einer nament­lich nicht näher bezeich­ne­ten ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung, die rechts­ra­di­kal, ras­sis­tisch, islam­feind­lich und struk­tu­rell faschis­tisch aus­ge­rich­tet sei, durch Bereit­stel­lung von Infor­ma­tio­nen, Ver­mö­gens­wer­ten und ideo­lo­gi­schen Grund­satz­aus­füh­run­gen im Wis­sen betei­ligt, die Ver­ei­ni­gung dadurch in ihren Zie­len, näm­lich der Errich­tung eines nach Rück­füh­rung von Flücht­lin­gen und Ein­wan­de­rern eth­nisch und ras­sisch ein­heit­li­chen Euro­pas und der Aus­füh­rung dafür als erfor­der­lich ange­se­he­ner ter­ro­ris­ti­scher Straf­ta­ten iSd § 278c Abs 1 StGB zu för­dern. Er sei dem­nach ver­däch­tig, das Ver­bre­chen der ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung nach § 278b Abs 2 StGB began­gen zu haben.

Die kon­kre­te Basis für die­se hor­ren­de Anschul­di­gung war nichts ande­res als die Spen­de von Tar­rant an mich, die er ein Jahr vor sei­ner Tat über­wie­sen hat­te, sowie der kur­ze Brief­wech­sel der dar­auf folg­te, in dem ich mich bei ihm bedankt hat­te. Die “ideo­lo­gi­sche Nähe” zwi­schen Tar­rant und mir, wel­che der Gra­zer Staats­an­walt unter­stell­te, wur­de sogar vom OLG unter Anfüh­rungs­zei­chen gesetzt. Die Behaup­tung eines Ver­dachts auf “Ter­ro­ris­ti­sche Ver­ei­ni­gung” nennt das OLG “eine blo­ße, durch Ver­fah­rens­er­geb­nis­se nicht begrün­de­te Spekulation.”

Die Gra­zer Ankla­ge­be­hör­de argu­men­tier­te, daß mei­ne Infor­ma­ti­ons­ar­beit über den Gro­ßen Aus­tausch eine “Zur­ver­fü­gung­stel­lung” ideo­lo­gi­scher Mate­ria­li­en und damit eine Betei­li­gung an Tar­rants angeb­li­chem glo­ba­lem Ter­ror­netz­werk sei. Auch zu die­sem kaf­ka­es­ken Hirn­ge­spinst fin­det das OLG kla­re Worte:


Dar­aus wird in aus­nahms­los allen Fäl­len geschlos­sen, daß zum “Zeit­punkt der Bewil­li­gung der Ermitt­lungs­maß­nah­me ein hin­rei­chen­der Tat­ver­dacht” nicht vor­lag und “alle durch die Ermitt­lungs­maß­nah­me gewon­ne­nen Ergeb­nis­se zu ver­nich­ten sind.” Alle beschlag­nahm­ten Gegen­stän­de und Kon­ten sind schleu­nigst her­aus­zu­ge­ben und das Ver­fah­ren eigent­lich schon ges­tern einzustellen.

Allein, das wird nicht gesche­hen. In der Asser­va­ten­kam­mer der Ermitt­lungs­be­hör­den befin­den sich immer­hin auch noch beschlag­nahm­te Gegen­stän­de, die bei der Raz­zia im Früh­jahr 2018 im Zuge des Ver­fah­rens wegen “kri­mi­nel­le Ver­ei­ni­gung” weg­ge­nom­men wur­den. Als wir in zwei­ter Instanz frei­ge­spro­chen wur­den, wur­den die Kon­ten, Rech­ner, Mobil­te­le­fo­ne und Ord­ner ein­fach unter dem Ver­weis auf das “Ter­ror­ver­fah­ren” erneut sicher­ge­stellt – kurz vor der Rückgabe.

Die­se Sicher­stel­lung ist nun, nach­dem die erbeu­te­ten Infor­ma­tio­nen ihren Zweck erfüllt haben, hin­fäl­lig. Doch im Moment lau­fen eben­falls von der Gra­zer Staats­an­walt­schaft lan­cier­te Auf­lö­sungs- und Finanz­straf­ver­fah­ren gegen zahl­rei­che iden­ti­tä­re Ver­ei­ne und Ein­zel­per­so­nen. Es ist zu ver­mu­ten, daß die Behör­den ver­su­chen, die­se zu instru­men­ta­li­sie­ren, um uns unser Eigen­tum wei­ter vorzuenthalten.

Das alles geschieht, obwohl das OLG auch klar feststellt:

Nach dem aktu­el­len Ver­fah­rens­stand gibt es aber auch kei­nen hin­rei­chen­den Anhalts­punkt dafür, dass Mar­tin Sell­ner oder Patrick Len­art in die gericht­li­che Zustän­dig­keit fal­len­de Finanz­ver­ge­hen began­gen hät­ten. (…) Im vor­lie­gen­den Fall lei­tet die Ankla­ge­be­hör­de – ohne dar­auf ein­zu­ge­hen, wel­cher der ange­führ­ten Beschul­dig­ten in den ein­zel­nen Fäl­len über­haupt Abga­be­pflich­ti­ger ist – den in ihrer Sicher­stel­lungs­an­ord­nung bloß pau­schal umschrie­be­nen Ver­dacht einer Abga­ben­hin­ter­zie­hung dar­aus ab, dass der Ver­ein für leben­di­ge Kul­tur und Brauch­tums­pfle­ge, der Ver­ein zur Erhal­tung und För­de­rung der kul­tu­rel­len Iden­ti­tät und der Ver­ein für nach­hal­ti­ge Völ­ker­ver­stän­di­gung und Jugend­ar­beit zu Unrecht abga­ben­recht­li­che Begüns­ti­gun­gen iSd §§ 34 ff BAO für sich in Anspruch genom­men hät­ten, obwohl sie man­gels gemein­nüt­zi­ger Betä­ti­gung die Vor­aus­set­zun­gen hie­für nicht erfüll­ten. Die Finanz­straf­be­hör­de leg­te in ihrem Zwi­schen­be­richt vom 23. August 2019 (ON 456) aller­dings dar, dass die Nicht- Steu­er­bar­keit von Spen­den und Mit­glieds­bei­trä­gen ohne Gegen­leis­tung grund­sätz­lich auch dann erhal­ten bleibt, wenn die Gemein­nüt­zig­keit einer Kör­per­schaft ver­neint wird. Damit wür­den die Ein­nah­men der genann­ten Ver­ei­ne aus Spen­den und Mit­glieds­bei­trä­gen ent­ge­gen dem Stand­punkt der Ankla­ge­be­hör­de auch bei Ver­sa­gung der Gemein­nüt­zig­keit kei­ner Besteue­rung unter­lie­gen. Eine Steu­er­pflicht erge­be sich nach dem im Zwi­schen­be­richt der Finanz­straf­be­hör­de zusam­men­ge­fasst dar­ge­stell­ten Ermitt­lungs­stand bloß hin­sicht­lich des Gewinns aus dem Ver­sand­han­del des Ver­eins zur Erhal­tung und För­de­rung der kul­tu­rel­len Iden­ti­tät, wobei inso­weit von einer Hin­ter­zie­hung von Kör­per­schafts­steu­er in der Höhe von (nur) 1.250 Euro – sohin in einem 100.000 Euro nicht annä­hernd errei­chen­den Betrag – aus­zu­ge­hen sei.

Wegen eines völ­lig unbe­grün­de­ten Ver­dachts auf Hin­ter­zie­hung von 1250 € wur­de also eine Lawi­ne an Zwangs­maß­nah­men, Sicher­stel­lun­gen und Beschlag­nah­mun­gen los­ge­tre­ten. Müh­sam, Beschwer­de für Beschwer­de, müs­sen wir uns unser Eigen­tum zurück­ho­len und haben dank der groß­ar­ti­gen und aus­dau­ern­den Arbeit unse­res Anwalts dabei einen Etap­pen­sieg errun­gen. Das ist selbst­ver­ständ­lich ein Grund zur Freu­de, ins­be­son­de­re, da die stän­di­gen Raz­zi­en und Ein­grif­fe ins Eigen­tum her­be finan­zi­el­le Ver­lus­te bedeuteten.

Den­noch müs­sen wir rea­lis­tisch blei­ben: die Gra­zer Staats­an­walt­schaft und die Spin­dok­to­ren von Sebas­ti­an Kurz, wel­che die IB seit Anfang 2019 zum Angriffs­ziel gemacht haben, las­sen sich durch die­se Beschlüs­se wohl kaum stö­ren. Daß der­art absur­de Begrün­dun­gen vor einem Gericht nicht stand­hal­ten wer­den, war ihnen wohl von Anfang an klar. Sie brau­chen die beschlag­nahm­ten Gegen­stän­de und offi­zi­ell gesetz­wid­rig erbeu­te­ten Daten auch nicht mehr. Dank der lan­gen Ent­schei­dungs­dau­er des OLG konn­ten sie ihren Zweck bereits mehr als erfüllen.

Ers­tens wur­de über undich­te Stel­len und Aus­kunfts­rech­te Drit­ter sowie par­la­men­ta­ri­sche Unter­su­chungs­aus­schüs­se bereits alles Rele­van­te aus den Ver­schluß­ak­ten an die Öffent­lich­keit gespielt. Eine däm­li­che Akti­on, die ich vor ca 14 Jah­ren beging, der genau Inhalt einer Dank-E-Mail an Tar­rant, Lis­ten von Unter­stüt­zern und Bestel­lern von “Pha­lanx Euro­pa” – alles wur­de immer pas­send zur poli­ti­schen Lage breit in die Öffent­lich­keit gespielt.

Zwei­tens haben die Ermitt­lungs­maß­nah­men bereits ihren Zweck erfüllt und mei­nen Ruf welt­weit mas­siv beschä­digt. Daß sie ille­gal und grund­la­gen­los waren, ändert nichts dar­an, daß sie statt­ge­fun­den haben. Der Ver­dacht, den sol­che Akte eigent­lich vor­aus­set­zen wür­den, wur­de auch sie erst erzeugt. Damit brand­mark­ten sie mich und die IBÖ als drin­gend Ter­ror­ver­däch­ti­ge, die in irgend­ei­nem “Zusam­men­hang” zum Täter ste­hen müs­sen. Denn grund­los wür­den doch in einem Rechts­staat sol­che Raz­zi­en nicht stattfinden!

Die­se bei­den Effek­te sind auch durch eine Rück­ga­be und Ver­nich­tung der Daten nicht wie­der­gut­zu­ma­chen. Alle Anträ­ge auf kon­kre­te Wie­der­gut­ma­chun­gen durch die Repu­blik, die mein Anwalt stell­te, wur­den zurück­ge­wie­sen. Und wäh­rend ich die­sen Arti­kel schrei­be, arbei­ten ÖVP-nahe Polit­söld­ner bereits an den nächs­ten Leaks und “IB-Kri­sen”, die man im Fall poli­ti­scher Oppor­tu­ni­tät an die Öffent­lich­keit spielt.

Diver­se Staats­an­wäl­te bas­teln ver­mut­lich schon wie­der an neu­en Ankla­gen wegen “kri­mi­nel­ler Ver­ei­ni­gun­gen” und “Ver­het­zung” und legen Haus­durch­su­chungs­be­schlüs­se parat. Soll­ten die dann Mona­te spä­ter auf­ge­ho­ben und für geset­zes­wid­rig erklärt wer­den, ändert das rein gar nichts an ihrer zwei­fa­chen Wir­kung: der Ruf­schä­di­gung und der indi­rek­ten Erbeu­tung von Daten für die lin­ke Presse.

All das paßt per­fekt in die Stra­te­gie des Mate­ri­al­kriegs und des juris­ti­schen “Tank Rushs”, die ich in einem lei­der hell­sich­ti­gen Arti­kel nach dem Frei­spruch der IB hier beschrie­ben habe. Das “Ver­bot” der IB ist immer noch Koali­ti­ons­be­din­gung und Teil des 100-Punk­te-Pro­gramms von Sebas­ti­an Kurz’ ÖVP, die gera­de alle Umfra­gen anführt.

Die Pres­se wird die Beschlüs­se des OLGs selbst­ver­ständ­lich kaum beach­ten, und außer­halb einer inter­es­sier­ten Gegen­öf­fent­lich­keit wird das Nar­ra­tiv des “ter­ror­ver­däch­ti­gen Sell­ner” auch dann noch wei­ter­be­stehen, wenn das Ver­fah­ren lan­ge abge­schlos­sen ist.

Dar­über zu lamen­tie­ren bringt nichts. Eben­so­we­nig soll­te man irgend­et­was dar­auf geben. Die Ruf­ver­nich­tung ohne straf­recht­li­che Grund­la­ge und mit Bei­hil­fe der Medi­en ist eine sys­te­ma­ti­sche Stra­te­gie. Wenn man ihr auf den Leim geht und sich von den betrof­fe­nen Grup­pen und Per­so­nen distan­ziert, macht man sich zu ihrem Erfüllungsgehilfen.

Ich dan­ke an der Stel­le im Augen­blick die­ses juris­ti­schen Etap­pen­sie­ges allen, die das nicht getan haben und mir in die­ser schwie­ri­gen Zeit nicht die Freund­schaft gekün­digt oder die Soli­da­ri­tät ent­zo­gen haben!

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (11)

quarz

15. Dezember 2019 12:04

Man darf gespannt sein, ob dieser in seiner Verbissenheit an Käpt'n Ahab gemahnende Grazer Staatsanwalt, der ja schon im IB-Prozess eine peinliche Niederlage hinnehmen musste (es ist doch derselbe?), nun endlich ablässt von seinem fanatisch verfolgten Ziel, die IB zur Strecke zu bringen, oder ob er sein Projekt bis zum Untergang seiner beruflichen Reputation weiter verfolgen und insofern seinem literarischen Vorbild entsprechen will.

RMH

15. Dezember 2019 12:09

Gratulation zu den Erfolgen vor Gericht. In Österreich scheint das ja noch zu funktionieren, hier bei uns in Deutschland muss man leider vermehrt Fragezeichen dahinter setzen - zumindest im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes prallt man hierzulande vermehrt ab und wird auf die Hauptsacheverfahren verwiesen. Ein langer Atem ist also angesagt.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass wir bei solchen juristischen Erfolgen es mit den Ergebnissen einer klassisch liberalen Rechtsaufassung zu tun haben, die Grundrechte nicht als universale Menschenrechte Aller gegen Alle gedacht hat, sondern als genuine Abwehrrechte des Bürgers gegen einen als von der Tendenz her immer eingreifenden bis übergriffigen Staates. Für jede echte Opposition ist daher klassischer Liberalismus im Zusammenhang mit dem Einfordern klarer, rechtsstaatlicher Regeln und vor allem auch unveränderbarer Rechte seines Bürgers gegen den Staat unabdingbar. Der AfD als Oppositionspartei kommt hier zwangsläufig die Rolle zu, die eine FDP eigentlich traditionell ausfüllen müsste, die aber sich in diesen Punkten als Regierungspartei zu oft korrumpieren hat lassen.

Bei allem Verständnis für den im Hinblick auf die Gewinnung von Wählerstimmen erfolgreicher erscheinenden "solidarischen Patriotismus", eine AfD hat hier der Anwalt der Bürgerrechte für Bürger und Vereine zu sein, besser kann man bei allen Distanzierungen dann auch nicht Graswurzelbewegungen wie der IB helfen, die gerade einen sicheres, verlässliches Rechtsgerüst braucht, um ihre Aktionen abschätzen zu können.

Bevor hier also wieder einmal alles vom Schmitt´schen "Ausnahmezustand" und dem Primat des Staates her gedacht wird, bei dem man als Opposition ohnehin einpacken kann und das Liberale nur in Kategorien von Schweinchen-Schlaus sieht, die via finanzkapitalistischen Manövern sich einen dekadenten Lebensstil auf Kosten anderer erwirtschaften, wäre es bei solchen Erfolgen auf dem Rechtswege einmal angebracht, seine diesbezüglich offenbar einfach strukturierten Denkweisen ein Stück weit zu öffnen und zu erweitern.

Rechtsstaatlichkeit ist nicht vom Himmel gefallen, Rechtsstaatlichkeit ist immer auch ein Kampf ums Recht und RECHTS sein, bedeutet nicht sozialistische Gleichmacherei mit Grenzzaun, sondern für konkrete RECHTE zu sein - und zwar für den BÜRGER des Staates und das Eigentum des Bürgers. Damit ist man dann auch automatisch BÜRGERLICH.

Wichtige Ansatzpunkte zu einer Schärfung des rechtsstaatlichen Profils können hier u.a. folgende Themen sein:
- Einfordern einer echten Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften (in Deutschland nicht gegeben)
- Eindämmung des inflationären Gebrauchs des sog. Richtervorbehalts, also der Rechtsstaatssimulation durch Abwinken lassen von Eingriffsmaßnahmen durch nur einen Einzelrichter. Einführung eines sog. "Bürgeranwaltes", der bei solchen Entscheidungen einzubinden ist und der die Rolle eines Betroffenen einzunehmen hat, um diesem präventiv und abstrakt rechtliches Gehör zu gewähren.
- Änderung der Richterberufungen, insbesondere beim Bundesverfassungsgericht. Hier darf der Parteienklüngel nicht mehr eine Besetzung des höchsten Gerichts unter sich ausmachen dürfen
- Verbot von Parteimitgliedschaften für alle Organe der Rechtspflege, also Richtern, Staatsanwaltschaft und Rechtsanwälten (dämmt damit auch die Juristenschwemme in den Parlamenten ein) sowie Einschränkung von Parteimitgliedschaften von Beamten.

Das ist selbstredend nicht abschließend - soll aber auch nicht in einen Vorschlag für ein komplettes Parteiprogramm ausarten ...

Waldgaenger aus Schwaben

15. Dezember 2019 14:58

Unglaublich, einfach unglaublich, wie dünn die Firnis des Rechtsstaats ist. Hätten nicht noch Richter am OLG ein Einsehen gehabt, hätten wir Verhältnisse wie in ehemals realsozialistsichen Diktaturen.

Ein kleines Detail: Im österreichischen Strafgesetzbuch ist eine terroristische Vereinigung, ähnlich wie in Deutschland, definiert:

§ 278b

(3) Eine terroristische Vereinigung ist ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c) ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d) betrieben wird.
---------------

Mehr als zwei Personen sind erforderlich, damit eine terroristische Vereinigung vorliegt! Was macht nun ein Staatsanwalt, wenn der Sachverhalt dummerweise nur zwei Personen hergibt, die überhaupt miteinander Kontakt hatten?

Er behauptet einfach, ohne jede Belege, es gäbe noch weitere, unbekannte Täter:

"...und weiteren noch unbekannten Tätern an einer namentlich nicht näher bezeichneten terroristischen Vereinigung...
Er sei demnach verdächtig, das Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB begangen zu haben."

Unglaublich!

Sollten diese furchtbaren Juristen

(https://de.wikipedia.org/wiki/Furchtbare_Juristen)

weiterhin von unbotmässigen Richtern, denen Gewaltenteilung und unabhängige Justiz noch ein Begriff ist, ausgebremst werden, werden sie es vielleicht bei Ärzten versuchen. In der Sowjetunion wurden Dissidenten zwangsweise in die Psychatrie eingewiesen.
Seid auf der Hut!

Laurenz

15. Dezember 2019 16:31

Wenn ein politischer Wille existiert, spielen Recht, Demokratie und Gesetz nur eine untergeordnete Rolle, wenn überhaupt. Ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann wir mit einem blauen Stern auf der Straße herumlaufen müssen?

Fredy

15. Dezember 2019 21:50

Ist bekannte Methode sogenannter Demokratien: Stören und zermürben, finanziell schädigen und austrocknen. Jeder, der schon in mehreren Instanzen Prozesse geführt hat, weiß, daß auch ein Prozessgewinn mit finanziellen Verlusten einhergeht. Das Geld geht für Anwälte drauf, und die guten Anwälte, die man benötigt um überhaupt eine Chance zu haben zu gewinnen, arbeiten nicht zu den erstatteten Kosten der Honorarordnung.

Maiordomus

16. Dezember 2019 07:47

@RMH. Zum Verbot von Parteimitgliedschaften, die zwar im Amt unbedingt ruhen sollten: Es wird nie eine unpolitische Justiz geben. In Amerika hängt die Frage von Leben und Tod (etwa Abtreibung und vieles andere) von der politischen Zusammensetzung des obersten Gerichts ab. Wenn Juristen alle parteilos sein müssen, droht durchaus eine Entwicklung, wie sie z.B. an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten vieler Hochschulen bereits vorherrscht: Eine Zone, aus der Rechte "erst recht" wie längst und natürlich grundsätzlich ausgeschlossen sind, und wenn doch, dann dürfen sie sich nicht outen. Sonst geht es ihnen wie Herrn Massen. Gilt auch für Beamte. Die Parteimitgliedschaft, so widerwärtig sie ist, signalisiert wenigstens Transparenz.

Der_Juergen

16. Dezember 2019 10:34

Zum Etappensieg sei der IB und Martin Sellner herzlich gratuliert. Die Herrschenden werden ihren Kampf gegen die Meinungsfreiheit natürlich weiterführen, vor allem der widerliche Sebastian Kurz, aber der Richterspruch ist doch scharfe Munition für die IB.

Die Gesamtwetterlage scheint sich zugunsten der patriotischen Kräfte zu ändern; ein klares Beispiel hierfür sind die Wahlen in Grossbritannien, die beweisen, dass der Spruch "Wenn Wahlen etwas ändern könnten, wären sie längst verboten" keine allgemeine Gültigkeit besitzt. Der Brexit dürfte nun nicht mehr zu verhindern sein, denn den muss Johnson durchziehen. Als Ergebnis muss die Merkel-BRD noch weit mehr in die Kassen der fauligen EU zahlen als bisher, was die Talfahrt dieses Staatswesens noch beschleunigen wird. Dass eine waidwunde Bestie vor ihrem Krepieren noch wild um sich schlägt und beisst, wissen wir alle, und manche von uns werden es am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Auch das Impeachment gegen Trump wird scheitern; sofern dem Mann vorher nichts Trauriges passiert, dürfte er wiedergewählt werden, und man darf dann hoffen, dass er wenigstens einen Teil jener sensationellen Enthüllungen vornehmen wird, die manche Optimisten (darunter ich) schon während seiner ersten Amtszeit von ihm erwarteten.

Es gibt also keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen!

Laurenz

16. Dezember 2019 14:05

@Maiordomus ... es stimmt zwar, was Sie schreiben, aber es gibt tatsächlich graduelle Unterschiede. Bei uns ist die Parteibuch-Ordnung in der Justiz nicht besser als im verfemten Polen oder Ungarn. Den medialen Berichten und dem Gebaren der EU bezüglich PiS und Orban liegen rein politische Richtunsgkämpfe zugrunde. Man nimmt es Polen und Ungarn übel, daß die dortigen Genossen aus Amt und Würden gefeuert wurden. Wenn wir aber auf Italien schauen, stellen wir fest, daß dort die Staatsanwaltschaft unabhängiger von den Innenministerien arbeiten kann, als bei uns.

Ratwolf

16. Dezember 2019 20:51

Was mir als erstes in den Sinn kam:

Gibt es zivilrechtliche Konsequenzen? Muss der Staat für die Schäden, welche seine Vertreter anrichtet haben, aufkommen?

Warum Martin Sellner?
Es ist immer wieder das gleiche...
Martin Sellner wurde in einer koordinierten Aktion der Politik, der Justiz und der Medien angegriffen, WEIL er so erfolgreich war.

Martin Sellner hat viele Menschen durch seine offene und ehrliche Art überzeugt.

Hausdurchsuchungen dieser Art sind eine Messlatte für den Erfolg der jeweiligen außerparlamentarischen Opposition und haben NICHTS mit irgendwelchen Gesetzesvergehen zu tun.

Wie eine politisch-mediale Hinrichtung funktioniert, konnte man schon bei Akif Pirinçci sehen. So etwas ist ganz klar erkennbar als ein koordiniertes kampagneartiges Drauflosprügeln eines hermetischen Blocks. Da erkennt man, dass kein Blatt Papier zw Alt-Parteien und den Medien passt.

Eine zukünftige Regierung mit den neuen freiheitlichen Parteien (AfD, FPÖ, Wahre Finnen) muss mindestens zur Voraussetzung haben, dass beide Seiten sich ganz klar von den Alt-Medien distanzieren und sie meiden. Alles andere wäre absurd.

Wie sehr inzwischen diese Medien und die Alt-Parteien ineinander verwoben sind, kann man an der Bildzeitung sehen: Früher war die Bildzeitung der Feind der Linken. Heute sind Bildredakteure bei ARD & ZDF dabei, und Sozialdemokraten/Grüne schreiben ihre Meinung in der Bildzeitung, bzw werden von dieser Unterstützt. Das zeigt aber auch, dass die AfD nun die einzige Opposition ist.

Maiordomus

17. Dezember 2019 11:47

@Sellner. Warum Haussuchungen und dergleichen Massnahmen gegen Oppositionelle aus der Tradition Metternichs zu verstehen sind, siehe Wortmeldung 37 zu Kubitscheks benachbartem online-Artikel vom 12. Dezember. Gerne nehme ich an, dass Ihnen diese Zusammenhänge längst bekannt sind; vermutlich aber weniger einer Grosszahl der Leserschaft von hier, zumal nicht jenen Foristen, die mit Rückbezügen auf das vorletzte Jahrhundert Mühe zu bekunden scheinen.

Laurenz

17. Dezember 2019 18:07

@Maiordomus (letzter Beitrag) ...

Hören Sie doch bitte auf, belangloses Zeugs zu quatschen. Daß Richter hier korrekt entschieden haben, nag ja nett sein, heißt aber noch lange nichts. Schützt dies Herrn Sellner vor weiteren Repressalien? Genau, nein, Metternich, Bonaparte, Maiordomus hin oder her. Selbst die betroffene kriminelle Staatsanwalt in Ösireich, wird nicht verstehen, von was Sie reden/schreiben. Nachts ist es kälter als draußen, hätte auch gereicht.

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