Seit 2019 lädt die AfD-Bundestagsfraktion u.a. unter der Federführung der AfD-MdBs Udo Hemmelgarn und Petr Bystron zur »Konferenz der Freien Medien« in den Bundestag. Erklärtes Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, »einen Austausch zwischen der AfD-Bundestagsfraktion und der stark wachsenden Anzahl von Vertretern der Freien Medien [zu] ermöglichen«. Zum diesjährigen »Austausch« war Dank meiner eigenen Zeitschrift Die Kehre auch ich geladen worden (Kehre-Autor Jörg Dittus übernahm die Pflicht, da ich selbst leider an diesem Tag verhindert war.).
Bei der 1. Konferenz war Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek noch anwesend, sein Resümee zog er hier auf Sezession im Netz unter dem Titel »Schlüsse ziehen aus der AfD-Medienkonferenz« – doch diesmal nahm Schnellroda nicht teil: Aus Sicht von Antaios und IfS hatten die wesentlichen Fragen keinen Platz eingeräumt bekommen, etwa die Debatte darüber, ob man sich im Umgang mit dem Verfassungsschutz nicht darauf einigen sollte, in innerparteilichen Streitigkeiten oder solchen im publizistischen Vorfeld niemals Argumente des VS gegeneinander zu verwenden.
Mehrere wichtige Forderungen waren ja bereits auf der 1. Konferenz vorgebracht worden:
An diesem Punkt kam es zu einem einleuchtenden Vorschlag, einer im Verlauf der Konferenz sogar mehrere Male halb ärgerlich und mit Nachdruck vorgetragenen Forderung: Wenn nun erklärtermaßen den “alternativen Medien” die Rolle der medialen Gegenmacht zugewiesen werde, müsse sich dies in Exklusivität niederschlagen, und dies könne es nur dann, wenn die AfD besondere Meldungen, Mitteilungen, Hintergrundinformationen nicht mehr über die Medien des Establishments spiele, sondern über das alternative Spektrum. Nur dies nämlich garantiere hohe Klickraten und damit Möglichkeiten der Gegenfinanzierung.
Kubitschek weiter:
Man diskutierte einen Fond an, den man gemeinsam würde ausstatten können, also eine Art Streikkasse, eine solidarische Finanzierungsstelle für in Not geratene politische Opfer, sozusagen eine “Alternative Hilfe”. Das ist keine schlechte Idee, und EinProzent beispielsweise hat hier und da im Rahmen des Möglichen schon Hilfe leisten können.
Es gab also durchaus kluge, konstruktive Ansätze und strategische Überlegungen, die bei der 1. Konferenz vorgebracht wurden und auf denen man in der 2. Konferenz hätte aufbauen können. Insbesondere die AfD hätte über das seitdem verstrichene Jahr einen Beitrag dazu leisten können, daß diese beiden diskutierten Aspekte ins Werk gesetzt werden. Geschehen ist wenig. Im Grunde steht die »alternative« Medienszene immer noch am selben Punkt, an dem sie vor der »1. Konferenz der Freien Medien« stand.
Die Mittel und Voraussetzungen, um als Geburtshelferin und Unterstützerin für ein vitales Geflecht an alternativen Medienangeboten zu fungieren, sind bei der AfD zweifelsohne gegeben, nur ihre Kanalisation blieb bisher aus. Eine 2. Konferenz, als Medienstrategiekonferenz, die es sich zum Ziel macht, eben diesen Mißstand zu beseitigen, hätte daher einen erheblichen Mehrwehrt gehabt, insbesondere, wenn aus dem dort Besprochenen konkrete Taten folgen.
Wenn man Stück für Stück und von Grund auf damit beginnt, ein Netz aus Vertriebsmöglichkeiten, Ideenaustausch, Bereitstellung exklusiver Inhalte, Förderungen, Anwälten etc. zu weben. Das alles könnte der hauptsächliche Inhalt dieser Konferenz sein, die für ausgewählte Parameter Soll-Werte bestimmt, die bei ihrer jährlichen Zusammenkunft anhand von Ist-Werten überprüft werden, auf deren Basis man weitere Maßnahmen konzipiert und Anstrengungen unternimmt.
Aber Sie mögen es bereits erahnen, die 2. Konferenz ließ eine derartige Zielsetzung schmerzlich vermissen und kann sogar als Rückschritt zur 1. Konferenz gewertet werden. Anstatt beispielsweise in (Gruppen)Diskussionen bestehende Probleme zu erörtern und Lösungsmöglichkeiten zu formulieren oder Seminare anzubieten, die Hilfestellungen zum Aufbau von Netzmedienangeboten oder zu durchschnittlichen Grafikerstellungen geben, wodurch man den Aufbau einer alternativen Medienlandschaft nachhaltig unterstützen würde, räumte man dem gemeinsamen Austausch untereinander keinen Platz ein und begnügte sich mit frontaler Vortragsbespassung.
Mit den entsprechenden Inhalten – z.B. „Wie kann ich in Zeiten von Deplatforming erfolgreich Medien produzieren?“ – wäre das noch zu verschmerzen gewesen, leider reduzierte man sich auf die altbekannten und ausgelutschten Themenfelder, die man zugespitzt wie folgt zusammen fassen kann: »Böse Mainstreammedien machen alles falsch« und »Ich wurde in Medienhaus XY gefeuert, weil ich die falschen Fragen stellte«.
Das ist deswegen so ermüdend, weil wir das Spiel des linksliberalen Medientrubels mittlerweile alle verstanden haben; wir kennen seine Mechanismen und auch das 200. Anekdotisieren und Analysieren derselbigen wird nicht ihr Ende herbeiführen. Vielmehr ist der nächste wichtige Schritt und das Gebot der Stunde die Etablierung resilienter alternativer Medienkanäle; alles andere bleibt bloße Beschwerde und genügt sich in der Unwirksamkeit des Selbstmitleids.
Die »Konferenz der Freien Medien« bietet die besten Grundvoraussetzungen, um als Plattform für die Umsetzung dieses Vorhabens zu fungieren. Gemessen an ihrem Selbstverständnis liegt ja auch gerade darin ihr Ziel, obschon die Chance, mit der 2. Konferenz dieses Ziel wenigstens in Ansätzen zu erfüllen, leider verpaßt wurde.
Es bleibt zu hoffen, daß man für die 3. Konferenz an den richtigen Schrauben dreht und diesmal eine Veranstaltung konzipiert, die dem eigentlichen Selbstanspruch gerecht wird.
Wer sich selbst einen Eindruck von der Veranstaltung machen will, der kann das über YouTube bewerkstelligen. Dort sind etliche Vorträge des Tages ins Netz gestellt. Hier beispielsweise der Redebeitrag von Prof. Dr. Norbert Bolz:
Wie man in dem angesprochenen Netz aus Fördertöpfen, Stiftungen und Beziehungen agiert und wie man es zur Etablierung und Absicherung der eigenen kulturellen Hegemonie verwendet, das machen linke Strukturen mustergültig vor. Es steht außer Frage, daß sie dies unter anderen politischen Voraussetzungen bewerkstelligen, als sie unser Milieu vorfindet, und aus einer gefestigten Machtposition heraus praktizieren, über die wir nicht verfügen, dennoch lassen sich bestimmte Verhaltensweisen und Strategien beobachten, an denen man sich ein direktes Vorbild nehmen sollte (siehe beispielsweise innere Solidarität und politische Unverfrorenheit) .
Speziell die diesjährige, digitale Frankfurter Buchmesse zeigt, wie weit man in den bundesdeutschen Kulturbetrieb vordringen kann, wenn man die eigene Position über Jahrzehnte unverrückbar vor sich herträgt und als absolute Selbstverständlichkeit propagiert:
Zeitgleich verdeutlicht dieser Vorgang den Abschluß des Wandlungsprozesses der Linken vom Herausforderer der gesellschaftlichen Zustände zu ihrem systemstabilisierenden Verteidiger – gleichwohl sie weiterhin mit oppositionellem Habitus agitieren, ohne ihre systemtragende Funktion reflektieren zu können.
»Am Rand der Gesellschaft« wird Ihnen das Reflektieren aber gerne abgenommen. In der nunmehr 7. Folge des Podcasts aus Schnellroda sprechen Götz Kubitschek, Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza und Sezession-Redakteur Benedikt Kaiser über das Treiben auf der digitalen Buchmesse, Martin Sellners neusten Artikel »Erfolglose Belagerer, Selbstretter, Akzeleration« auf Sezession im Netz und Weltkarten auf Michael Klonovskys Blog Acta Diurna:
Aktuell ruft der Naturschutzbund Deutschland (NABU) gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz aus Bayern erstmalig zur deutschlandweiten Wahl des »Vogel des Jahres« durch die Deutschen auf. #TeamSchnellroda, speziell Ellen Kositza, hat sich klar positioniert und propagiert im Einklang mit dem bosnischen Schriftsteller und Gewinner des Deutschen Buchpreises 2019 für seinen Roman Herkunft, Saša Stanišić, die Wahl des Goldregenpfeifers – sozusagen eine Regenpfeifer-Querfront.
Für den deutschen Ahnherr der Neuen Rechten, Armin Mohler, war der Regenpfeifer das Wappentier der Konservativen Revolution. Also liebe Sezession-Leser, hier wählen bzw. nominieren was das Zeug hält, damit der Goldregenpfeifer das Rennen macht!
Laurenz
Wer die Abschaffung der GEZ-Steuern fordert, hat bisher politisch nichts erreicht. Vielmehr werden jetzt die privaten Propaganda-Medien, welche von sinkenden Auflagen gebeutelt, staatlich gefördert.
In 2018 wurden 358 Mio. Bücher von 44% der Bevölkerung ab 10 Jahren gekauft. Das ist ein Markt. Entweder tritt eine Partei für die literarische Marktwirtschaft ein oder nicht.