Dort warf er die Frage nach der großen strategischen Ausrichtung der Rechten auf bzw. stellte eine mögliche Antwort vor.
Ausgehend von der These, daß die Reconquista so nicht mehr umzusetzen sei und wir geradewegs auf den „Point of no return“ zusteuern, sei es nur folgerichtig, Rückzugsorte zu errichten, zu sichern und von dort aus den Kampf, gleich einem strategischen Rückzug, fortzuführen.
Ein interessanter Ansatz, der ihm jedoch neben Lob auch sehr viel Kritik einbrachte. Seine Einleitung zeigt, daß er damit gerechnet hat. Auch ganz im Stil seiner (meta)politischen Mission agiert Sellner in diesem Text auf der großen Ebene der Politik. Er malt ein Bild, was viele Kommentatoren zurecht bereits in den Bereich der Abspaltung von der BRD setzen und zielt auf eine Zukunft, in der sich unser Volk nur noch um Minderheitenrechte bemühen kann.
Hier setzt diese Kritik an. Sie zielt zum einen auf einige Schlußfolgerungen und Prämissen, die ich als kritikwürdig ansehe. Die Punkte sollen hier jedoch nur kurz angerissen werden. Zum anderen setzt sie insbesondere an der Verortung der Strategie an und zeigt auf, warum die grundsätzliche Denkrichtung richtig, ihre strategische Ausrichtung jedoch falsch ist.
Sellner skizziert folgerichtig, daß in einer Demokratie, die sich einem demographischen Wandel auf ethnischer Ebene ausgesetzt sieht, die (Noch-)Minoritäten über kurz oder lang an politischem Einfluss gewinnen und diesen für ihre Zwecke nutzen werden. Hierbei setzt er implizit voraus, daß diese ethnisch fremden Minoritäten ein gemeinsames Ziel bzw. einen Grundkonsens haben.
Diese Annahme ist stark zu bezweifeln, da es selbst der Islam, als evtl. einigendes Motiv, noch nicht geschafft hat, diesen ethnisch vielfältigen Gruppen ein einheitliches Ziel zu geben, das wirkmächtig wird und sich politisch artikuliert. Vielmehr agieren einzelne Akteure in unterschiedlichen Parteien, ohne ein wirklich einendes Ziel. Sie eint lediglich – und auch dies nur womöglich – die Ablehnung der Mehrheitsgesellschaft. Hier kommt uns zudem der linke Dekonstruktivismus zugute, denn eine Einigkeit im Opferstatus gibt es nicht. Vielmehr ringen die einzelnen Gruppen miteinander, wer denn das größere Stück vom Kuchen abbekommt.
Die zweite irrige Annahme ist die, daß unser Volk einen wie auch immer gearteten geschützten Minderheitenstatus zuerkannt bekommt. Ein kurzer Blick in die Kolonialgeschichte genügt, um diese Annahme zu widerlegen. Außer, man gibt sich damit zufrieden, nach hundertjähriger Verfolgung und Zurückdrängung ein paar Reservate zugestanden zu bekommen. Schauen wir auf die islamische Herrschaft, so ist es sogar noch finsterer um Minderheiten bestellt. Dies kann keine wirkliche Option sein.
Doch gehen wir nun zum Grundsätzlichen. Hier hat Sellner treffend analysiert. Die metapolitische Reconquista ist krachend gescheitert. Der Rechten ist es nirgends nachhaltig gelungen, im Mainstream Themen zu setzen, diese zu lenken, Meinungen gewinnbringend zu platzieren oder Diskurse zu bestimmen. Das Deplatforming der Identitären Bewegung hat sie direkt in die Bedeutungslosigkeit katapultiert.
Hier muß ganz klar erkannt werden, daß es auch in den kommenden Jahren keine realistische Chance gibt, dies zu ändern. Die Diskurshoheit des linken Mainstream ist auf der Ebene des Mainstream nicht zu brechen. Themen können nicht gesetzt werden, man kann ihnen nur hinterherhecheln und reagieren. Gleiches zeigt sich auch in der großen Politik. Wer immer noch glaubt, daß durch Einbindung einer wie auch immer gearteten politischen Mitte eine Regierungsbeteiligung in Westdeutschland oder auf Bundesebene möglich sei, hat anscheinend die letzten Jahre bundesrepublikanischer Realität verpaßt.
Was bleibt, und das ist folgerichtig, wäre eine Sezession. Doch nicht im Großen, sondern im Kleinen. Trotz aller Rhetorik denken die meisten Rechten, Konservativen und Patrioten noch immer, dies sei unser Staat bzw. dieser sei schon für einen da und würde einen fair behandeln. Fast jeder hat noch ein Grundvertrauen in diesen Staat und glaubt, er würde seine Kraft zum Wohle des deutschen Volkes einsetzen. Genau aus diesem Grund findet man auf rechter Seite den immer wiederkehrenden Effekt der Vereinzelung. Man zieht allein aufs Land, denn dort ist ja die Welt noch in Ordnung; dort hat man seine Ruhe.
Aus diesem Vertrauen heraus, daß der Staat ja immer noch „deutsch“ sei, es unsere Republik ist, kommt dieses Verhalten. Die Rechte sah sich nie genötigt und hat es, mit radikalen Ausnahmen in den Neunzigern, nie für nötig gehalten, Gegenkulturen, Kieze und Strukturen aufzubauen. Doch der Staat ist nicht mehr derselbe wie noch vor 20 Jahren. Dieser Staat agiert auf allen Ebenen gegen das deutsche Volk, negiert mittlerweile seine Existenzberechtigung als ethnokulturelle Einheit.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im NPD-Verbotsverfahren hat dies nochmal verdeutlicht. Die Prügelgarden der Berliner Polizei hämmern den Demonstranten ein, daß sie jeder linken Politik treu ergeben sind. Die Bundeswehr feiert sich, weil sie in Afghanistan und im Mittelmeer als Schlepper agiert. Der politische Gegner hält sich an keine Spielregeln, Fairneß ist nicht zu erwarten. Rechte werden rausgedrängt aus Arbeitsstätten, sozialem Umfeld und Vereinen.
Und hier müßte Sellners Idee ansetzen. Genau auf dieser Ebene. Hier muß die Rechte sich von der Gesellschaft entkoppeln, Strukturen aufbauen, Kieze schaffen. Hier muß die Rechte zusammenrücken und sich nicht in ein vermeintliches Idyll flüchten, was in fünf Jahren ohnehin nicht mehr existieren wird.
Auf dieser Ebene zeigen sich zudem weitere Effekte. Hier kann eine Parlamentsrechte erfolgreich arbeiten, indem sie solchen Projekten Flankenschutz gegen Angriffe von links liefert. Hier findet sogar eine auf dem Notwehrrecht basierende und begründete Robustheit ihren Platz, wenn es darum geht, das Eigene zu verteidigen. Wir müssen und dürfen nicht immer im Großen denken, sondern lokal agieren. Hier können wir wirken. Hier finden Ideen eine praktische Umsetzung und Anwendung. Hier können flächendeckend Projekte umgesetzt werden.
Vielleicht sollte man erkennen, daß man eben doch kein Feldherr, sondern eher ein Feldwebel ist und auf dieser Ebene ansetzen.
Martin Sellner
Ich bedanke mich für die rege Aufnahme und Debatte über das aufgebrachte Thema. Ich begrüße jede Kritik und jede Auseinandersetzung mit dem Konzept, das auch für mich noch nicht zu Ende gedacht ist. Ich werde auf den Beitrag antworten. Hier nur 3 Dinge vorweg:
1. Ich habe nie behauptet, dass ein Minderheitenrecht "anerkannt" würde. Klar habe ich das nur als ein Narrativ zur Selbstlegitimation darstellt, das nicht auf seinen logischen zwang, sondern seine überzeugende Wirkung für die eigene Zielgruppe baut.