»Unsere Partei begrüßt die Protestbewegungen, egal wo sie in Erscheinung treten. Ihr Anliegen ist dringlich, ihr Protest ist notwendig, ihr gewaltfreier, ziviler Ungehorsam ist ihr gutes Recht«, verlautbaren die AfD-Fraktionsvorsitzenden »Ost« selbstbewußt in ihrem am 16. Februar verabschiedeten Erfurter Freiheitsappell.
Die mitteldeutschen AfD-Landesverbände schreiten zum wiederholten Mal voran. Während andere in der Partei zögern, mit sich selbst hadern und/oder über die eigene Verankerung im Volk unsicher sind (siehe dazu hier meine letzten Netzfundstücke 116), steht man in den neuen Bundesländern fester auf beiden Füßen.
Zusammen mit den bisherigen »realpolitischen« Erfolgen der Partei, die gerade bei den »fundamentaloppositionellen« »Ost«-Fraktionen zu finden sind, ist der Appell ein erneuter Beweis dafür.
»Die Freiheitsproteste sind parteiübergreifend«, heißt es weiter, »aber der Blick in die Parlamente zeigt: Die Alternative für Deutschland ist die einzige Opposition, die gegen den Block der Altparteien argumentiert und die existentiellen Sorgen der protestierenden Bürger in den Parlamenten zu Gehör bringt.«
Und wesentlich, man ist in diesen Fraktionen dazu fähig, das große politische Lagebild zu erkennen:
[…] unsere Partei weitet den Blick auf die größeren Zusammenhänge und betrachtet das Gesellschaftsexperiment der Corona-Maßnahmen nicht isoliert. Selbst dann, wenn Masken- und Impfpflicht, 2G und Kontaktverbote aufgehoben wären, ist absehbar, daß die jetzt eingeführte Kontrolle und Bevormundung der Bürger auf andere Felder übertragen und sogar ausgebaut wird.
Mit vier offensiven Forderungen schließt man den Appell:
Wir, die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, stellen deshalb vier Forderungen auf:
- Wir fordern eine sofortige Abschaffung aller Corona-Maßnahmen und der bereits getroffenen gesetzlichen Regelungen zur Einführung einer Impfpflicht.
- Wir fordern die Medien auf, zu einer offenen Debattenkultur zurückzukehren und die vorhandene Meinungsvielfalt darzustellen.
- Wir fordern die Achtung der Meinungsfreiheit und ein Ende der Kriminalisierung der Bürgerproteste durch die Regierung und ihren Geheimdienst.
- Wir fordern eine Aufarbeitung des willkürlichen und unverantwortlichen Regierungshandelns, welches die Gesundheit und die wirtschaftliche Wohlfahrt unseres Volkes aufs Spiel setzt und die Gesellschaft tief spaltet. Wir fordern auch die Aufarbeitung des Handelns des RKI, des Bundesverfassungsgerichts, der Verfassungsschutzbehörden und der öffentlich-rechtlichen Medien.
Hier geht es zum gesamten Erfurter Freiheitappell, womit der Partei – zumindest in Mitteldeutschland – ein weiterer Schritt in Richtung nachhaltige Konsolidierung gelungen ist.
Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza hat Brittany Sellners zweites politisches Buch Patriots not welcome für den Verlag Antaios übersetzt. Aus den ausgestoßenen Patrioten wurde An vorderster Front.
Selbstredend stellt Kositza die Neuerscheinung in ihrer Literaturreihe auf dem kanal schnellroda selbst vor: Ein page turner, der vor allem die Geschichte einer politischen Reifewerdung darstellt. Sellner, damals noch Pettibone, gerät als unbedarftes katholisches Mädchen aus US-amerikanischen Mittelstandsverhältnissen in den Strudel einer Nation, die inmitten einer schwerwiegenden Sinnkrise steckt.
MAGA, Alt-Right, Alt-Lite, Meme Wars: Sellners Karriere innerhalb dieser Melange ist in gewisser Weise auch Ausdruck eines sich wandelnden US-Konservatismus, dessen Selbstfindungsprozeß bis heute noch nicht abgeschlossen ist.
Dahingehend wird man An vorderster Front in ein paar Jahrzehnten als politischen Zeitzeugenbericht lesen können; als Bericht über eine Zeit, in der die Dinge in Bewegung gerieten:
An vorderster Front können Sie direkt hier, bei Antaios, dem größten konservativen Versandbuchhandel, bestellen.
Im Sommer letzten Jahres sprachen Volker Zierke, Autor von Ins Blaue, und Kehre-Schreiberling Jörg Dittus hier im Jungeuropa-Podcast über den dänischen Film Der Rausch. Vier ausgebrannte Lehrer haben im Film die glorreiche Idee, ihr Leben über »Pegeltrinken« wieder aufzuhellen. Schließlich komme der Mensch nach dem norwegischen Psychiater Finn Skårderud mit ‑0,5 Promille auf die Welt.
Aus dem Trinken wird schnell ein Saufen und was das Leben im ersten Moment wieder lebenswerter zu machen schien, kippt ins Gegenteil – die Konstante ausufernden menschlichen Drogenkonsums. Die Droge als Konstante des menschlichen Seins.
Eine Konstante, die der Mensch sich zunutze machte. Und so gibt es eine Dimension des Drogenkonsums, die außerhalb des individuellen Rauscherlebnisses steht. Ähnlich wie Rolf Peter Sieferle die Geschichte der Moderne als Geschichte der Kohle rekonstruierte oder wie es in der Umweltgeschichte üblich ist, dies ferner für das Öl vorzunehmen, lassen sich auch die Drogen aus solch einer Perspektive betrachten.
Denn zusätzlich zur ökonomischen und geopolitischen Dimension des Öls existiert eine ökonomische und geopolitische Dimension der Droge. Und wer den Opiumspuren folgt, der wird erstaunliche Entdeckungen machen.
Einen zeitgeistigen, deutschen Blick darauf findet man in der Heftreihe Aus Politik und Zeitgeschichte der Bundeszentrale für politische Bildung: »Rausch und Drogen«. Die US-amerikanische Perspektive, die aufgrund ihrer geopolitischen Verstrickungen, dem Coca-Anbau in Südamerika und dem War on Drugs eindeutig mehr zu bieten hat, kommt aus der Feder des US-Historikers David T. Courtwright.
Wer vor englischen Publikationen nicht zurückschreckt, sollte zu Courtwrights Forces of Habit: Drugs and the Making of the Modern World greifen. Die noch Unentschiedenen und thematisch Unbefleckten sollten zuallererst einen Blick auf die französische Dokureihe Histoire du Trafic de drogue – Der große Rausch werfen, in der auch Courtwright zu Wort kommt:
RMH
Der Film "Histoire du Trafic de drogue – Der große Rausch" ist für alle, die kein Youtube Konto haben und daher wegen einer Altersschranke den 3-Teiler nicht sehen können, aktuell auch noch direkt auf www.arte.de zu finden. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte als Minimum den Anfang des ersten Teils sich ansehen - wer noch nicht weiß, woher das dauerhaft zerrüttete Verhältnis zwischen China und dem Westen kommt und das Bedürfnis Chinas, hier auch noch nach 180 Jahren etwas wieder gerade zu rücken, der erfährt hier den Grund. Vielen Dank an Groß Britannien! In Punkto Drogen und Rausch sollte man es wie Ernst Jünger halten, der schrieb in der Einleitung seines gleichnamigen Werks in Punkto:
"In dieser Hinsicht sollte es von einem gewissen, etwa vom pensionsfähigen Alter ab keine Beschränkungen mehr geben – denn für den, der sich dem Grenzenlosen nähert, müssen die Grenzen weit gesteckt werden."
PS: Der Alt-Hippie Dr. Christian Rätsch ist bei Fragen der "Psychonautik" auch immer wieder unterhaltend und interessant. Insbesondere seine schamanisch -naturheilkundlichen Erfahrungen mit Ayahuasca.