stellte Dr. Thor v. Waldstein in seinem wortgewaltigen Vortrag auf der zurückliegenden Frühjahrsakademie des Instituts für Staatspolitik (IfS) in Schnellroda fest. Wie man es von Waldstein gewohnt ist, gehörte seine am Akademie-Sonntag dargelegte Analyse zu den Höhepunkten der Veranstaltung.
Auf 33 Minuten komprimiert führt v. Waldstein aus, inwiefern sich das von Nietzsche prophezeite Zeitalter der Barbarei, dessen willfähriger Gehilfe die moderne Wissenschaft ist, Bahn gebrochen hat. Hier geht es zum sehenswerten Plädoyer für eine Wiederverzauberung der Welt:
Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek hat hier auf Sezession im Netz unter der Überschrift »Wir, der Mensch, ich – ein Akademiebericht« sein Resümee zur Frühjahrsakademie des IfS bereits gezogen.
Als Teil der nachwachsenden Generation junger Referenten, dem die Möglichkeit gegeben wurde, auf der wohl prestigeträchtigsten Tagung im rechten Milieu seine Gedanken über den Niedergang in unserer Zeit der Massen darzulegen, verfolgte ich die Vorträge meiner Alterskohorte mit regem Interesse.
Wie Kubitschek schon richtig schrieb, sind Dirsch, v. Waldstein und Lehnert als Referenten sichere Bänke, gegenüber denen Erik Ahrens, Lorenz Bien, Martin Sellner und meine Wenigkeit eher im Bereich »Wundertüte« anzusiedeln sind.
Um so erfreulicher war es zu sehen, daß die Referenten auf Probe sich unverzagt theoretischen Bestecks bedienten, indem sie den Transhumanismus (Sellner), das Phänomen der »depressiven Hedonie« (Bien) und die Soziobiologie/Biopolitik (Ahrens) aus einer dezidiert rechten Perspektive zu erklären und nachfolgend in rechte Denkgebäude einzufügen suchten.
Auf erfrischende Weise näherte man sich diesen Themen, um sie sich von einem rechten Standpunkt aus zu eigen zu machen. Es wurden »genaue Linien und präzise Beziehungspunkte« (Benoist) herausgearbeitet: Warum verliert sich der moderne Mensch in »depressiver Hedonie«? Warum wird der Transhumanismus unsere Mängel nicht überwinden und wie werden diese Mängel von einer techno-digitalen Welt noch verstärkt? Und in welcher Beziehung könnte das zu den biologischen Konstanten unseres Daseins stehen?
All diese Vorträge waren unterfüttert von den Grundannahmen einer konservativen, pessimistischen Anthropologie: der Annahme, daß man den Menschen nicht beliebig zurichten könne. Die Akademie wird positiv als ein Wochenende in Erinnerung bleiben, an dem die Nachfolgenden die »tragische Zustimmung der Rechten zu dieser Welt« und die Eigenständigkeit rechter politischer Philosophie bekräftigten.
Die ZDF-Polit-Talkerin Maybrit Illner steckte mit der Anmoderation ihrer jüngsten Sendung mit dem Titel »Putins Offensive – Deutschland weiter defensiv?« gleich einmal das Feld ab, auf dem sich die Diskussion zwischen Sigmar Gabriel (SPD), Marina Weisband (Grüne), Roderich Kiesewetter (CDU), Claudia Major (Stiftung Wissenschaft und Politik) und Erich Vad (Brigadegeneral a. D.) im Sinne der Illner-Redaktion abspielen sollte: Im Donbass gehe der »Vernichtungsfeldzug« der Russen nun in seine nächste Runde, während man weiterhin auf die von Bundeskanzler Olaf Scholz versprochene »Zeitenwende« warte.
Im Eingang der Sendung knüpft man also direkt an die militärische Eskalationsdebatte an, die die deutschen Medien dominiert und die Erich Vad bereits mit seiner ersten Wortmeldung in der Sendung kritisiert.
In der Runde betont Vad die Notwendigkeit einer verantwortungsethischen Position, die die Möglichkeit für Friedensverhandlungen offenläßt. Und unterzieht man die außenpolitische Lage in Europa einer genaueren Betrachtung, so fällt auf, daß die Zurückhaltung von Scholz, schwere Waffen in die Ukraine zu liefern – anders als von den kriegsbegeisterten BRD-Wohlstandskindern suggeriert – keineswegs eine isolierte Haltung darstellt.
Vielmehr sind es lediglich die Ukraine und Polen, die der BRD die Rolle des zaghaften Bremsers »notwendiger« militärischer Unterstützung zuschieben wollen und somit versuchen, den Druck zu erhöhen. Doch anstatt sich von einer kopflosen polnischen Außenpolitik der Rache und des langgenährten Grolls – die nun die Zeit gekommen sieht, alte Rechnungen mit Rußland zu begleichen – antreiben zu lassen, wäre es angeraten, einen kühlen Kopf zu bewahren:
RMH
Schon im anderen Strang geschrieben: Vads Position lässt sich mit C. Schmitt gut erklären. In den Kriegsvorstellungen eines C. Schmitt, die noch vom westfälischen Frieden und der Hager Landkriegsordnung etc. geprägt waren, war der Friedensschluss immer Teil des Geschehens. Dies setzte aber voraus, dass der Feind ein Feind auf Augenhöhe, ein souveräner Staat, ein "hostis" und kein "inimicus" ist. Putin selber hat in seiner Erklärung zur "militärischen Sonderoperation" der Ukraine den Status eines "hostis" und auch souveränen Staates abgesprochen, die Ukraine war zu entnazifizieren und zu demilitarisieren. Damit war klar, dass es keinen Krieg im klassischen Sinne gibt, sondern einen Krieg in den uneuropäischen, modernen Kategorien des "Gesichtsverlustes" und ähnlichem, wobei dann Begriffe wie "Vernichtung" naheliegend sind, zumal Nazis im gängigen Narrativ das genuin Böse sind, ja Vernichtung damit verdient haben. Aus dieser Gut- Böse Nummer (die von der Ukraine nach dem Angriff ebenfalls gespielt wird) wieder heraus zu kommen, ist die Frage der Zeit und ich habe selbstverständlich darauf keine passende Antwort.