Die Vielfalt rechten Denkens – Erik Lehnert im Gespräch mit Filipp Fomitschow (II)

FILIPP FOMITSCHOW: Die Kulturkritik war schon immer eine mächtige Waffe des konservativen Denkens. Doch wie Sie in Ihren Artikeln schreiben, wurde sie nach 1945 für zwei Weltkriege verantwortlich gemacht und dadurch marginalisiert. Danach, also in der Geschichte der Bundesrepublik, war die linke Kulturkritik der Frankfurter Schule sehr stark und ist es noch heute. Hat heute konservative Kulturkritik in Deutschland noch einen Platz?

ERIK LEHNERT: Lin­ke Kul­tur­kri­tik hat einen ande­ren Aus­gangs­punkt als die rech­te, da sie sich an der Eman­zi­pa­ti­on ori­en­tiert. Lin­ke Kul­tur­kri­tik will den Men­schen von sozia­len Bedin­gun­gen, der Her­kunft, der Natur usw. befrei­en – dies alles gilt heu­te als legi­tim. Die rech­te Kul­tur­kri­tik, die sich nach 1945 das Schlag­wort „Kul­tur­pes­si­mis­mus“ gefal­len las­sen muß­te, geht dage­gen davon aus, daß die Zer­stö­rung der natür­li­chen Bin­dun­gen den Men­schen unfrei macht, da die wah­re Frei­heit eben kei­ne „Frei­heit wovon“, son­dern „Frei­heit wozu“ ist. Und die­se „Frei­heit wozu“ funk­tio­niert nur dann, wenn man bestimm­te Bin­dun­gen hat.

Davon abge­se­hen ist Kul­tur­kri­tik für uns als Rech­te ein Mit­tel zum Angriff auf die Vor­herr­schaft der fal­schen Poli­tik der Lin­ken. Dabei ist die rech­te Kul­tur­kri­tik natür­lich immer schla­gend, wenn wir den Zustand der heu­ti­gen Gesell­schaf­ten in den Blick neh­men. Aber in der Regel folgt nichts dar­aus, son­dern es bleibt eine Spiel­wie­se der poli­tisch Ein­fluß­lo­sen, die die­je­ni­gen, die der­weil Poli­tik machen, völ­lig unbe­ein­druckt läßt. Inso­fern ist Kul­tur­kri­tik wich­tig, um den Zwie­spalt zwi­schen dem, was eigent­lich sein soll und dem, was ist, auf­recht zu erhal­ten. Der Vor­wurf, der Kul­tur­pes­si­mis­mus sei für den Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­ant­wort­lich, dient dazu, die rech­te Kul­tur­kri­tik mund­tot zu machen, weil sie ein­fach stört und nervt.

FOMITSCHOW: Armin Moh­ler ver­such­te, auf die Poli­tik Ein­fluß zu neh­men, zunächst durch Franz Josef Strauß, dann durch die Unter­stüt­zung von Hel­mut Kohls geis­tig-mora­li­scher Erneue­rung der Nati­on. Haben Sie Kon­tak­te zum heu­ti­gen poli­ti­schen Estab­lish­ment in Deutsch­land (außer der AfD) und dar­über hin­aus (Melo­ni, Orbán, Abas­cal usw.)?

LEHNERT: Ja, Moh­ler glaub­te dar­an, daß Franz Josef Strauß ein deut­scher Charles de Gaul­le wer­den könn­te, der die deut­sche Nati­on wie­der zu einem poli­ti­schen Fak­tor machen könn­te. Als aller­dings Hel­mut Kohl an der Macht war, haben Moh­ler und sei­ne Leu­te auf ihn kei­ne Hoff­nung gesetzt, son­dern rela­tiv bald die von CSU-Abtrün­ni­gen gegrün­de­ten „Repu­bli­ka­ner“ unter­stützt. Moh­ler war in der Anfangs­pha­se die­ser Par­tei stark invol­viert und hat ver­sucht, den Repu­bli­ka­nern das Grund­satz­pro­gramm zu schrei­ben. Was die Kon­tak­te des IfS betrifft, bestehen sol­che nach Ungarn, ins­be­son­de­re zur Gedenk­stät­te „Haus des Ter­rors“ in Buda­pest. Zudem hat­ten wir vor eini­gen Jah­ren eine Aka­de­mie zu den euro­päi­schen Rech­ten, auf der Ver­tre­ter aus Ser­bi­en, Däne­mark und sogar aus der Tür­kei als Refe­ren­ten anwe­send waren.

Die­se Kon­tak­te fin­den der­zeit nicht auf Regie­rungs­ebe­ne statt, weil in den meis­ten euro­päi­schen Län­dern die Rech­ten nicht regie­ren, auch wenn es immer mehr Regie­run­gen mit Rechts­par­tei­en gibt. Die­se haben aller­dings zur Fol­ge, daß die dar­an betei­lig­ten Rechts­par­tei­en Rück­sich­ten auf die Koali­ti­ons­part­ner neh­men müs­sen und daher bestimm­te Kon­tak­te nicht mehr pfle­gen. In Deutsch­land gab es vor der Grün­dung der AfD Kon­tak­te zu eini­gen CDU-Rene­ga­ten, die mitt­ler­wei­le aller­dings alle in der AfD sind.

FOMITSCHOW: Gibt es ähn­li­che Denk­fa­bri­ken wie das IfS, bei­spiels­wei­se in Ungarn mit einem ent­spre­chen­den Ein­fluß auf Herrn Orbán?

LEHNERT: Das IfS ist kei­ne par­tei­po­li­tisch gebun­de­ne Denk­fa­brik, auch wenn es eine gewis­se Nähe zur AfD gibt. Inso­fern ist es schwie­rig, dort etwas Ver­gleich­ba­res zu fin­den, wo es lang eta­blier­te Struk­tu­ren rech­ter Par­tei­en gibt. In Ungarn ist es z.B. das Mathi­as Cor­vi­nus Col­le­gi­um, das es seit 1996 gibt und mit Mil­li­ar­den Euro von der unga­ri­schen Regie­rung geför­dert wird. Das IfS ist dage­gen eine Insti­tu­ti­on, die aus­schließ­lich durch die Spen­den ihrer För­de­rer exis­tiert. Außer­dem spielt in der Par­tei­po­li­tik das Prag­ma­ti­sche gegen­über dem Grund­sätz­li­chen eine viel grö­ße­re Rol­le. Orbán ver­such­te z.B. lan­ge, auf euro­päi­scher Ebe­ne den Anschluß an die CDU nicht zu ver­lie­ren, bevor sei­ne Fidesz schließ­lich im März 2021 aus der Frak­ti­on der Euro­päi­schen Volks­par­tei im Euro­pa­par­la­ment austrat.

FOMITSCHOW: In jüngs­ter Zeit erle­ben wir viel­leicht die zwei­te „rech­te Wel­le“ in Euro­pa seit der Migra­ti­ons­kri­se 2015/16. Glau­ben Sie, daß dies zu irgend­wel­chen qua­li­ta­ti­ven Ver­än­de­run­gen füh­ren könnte?

LEHNERT: Das ist eine schwie­ri­ge Fra­ge, weil sie in die Zukunft weist. Aber es gibt ein paar Indi­zi­en, die zumin­dest für eine bestimm­te Rich­tung spre­chen. Zum einen herr­schen die Herr­schen­den nicht, weil sie dazu gebo­ren sind, son­dern weil sie wis­sen, wie man die Pro­ble­me, wenn man sie nicht lösen kann, weg­mo­de­riert, abmil­dert oder von ihnen ablenkt. Inso­fern sind die Erfol­ge der rech­ten Par­tei­en immer auch dar­auf zurück­zu­füh­ren, daß die ande­ren Feh­ler gemacht haben. Und es gibt nur bei weni­gen Rechts­par­tei­en, zumin­dest in Deutsch­land ist das so, ein posi­ti­ves Gegen­bild zu den gegen­wär­ti­gen poli­ti­schen Struk­tu­ren, an dem sich die Wäh­ler ori­en­tie­ren könnten.

Zum ande­ren gibt es die EU, die jedes Jahr hun­der­te Mil­li­ar­den Euro ver­tei­len kann, so daß auch kon­ser­va­ti­ve Regie­run­gen, wie in Polen oder Ungarn, davon abhän­gig sind. Das ist so eine Art Rück­ver­si­che­rung dafür, daß nie­mand gänz­lich aus der libe­ra­len EU-Agen­da aus­schert. Und schließ­lich spie­len auch Medi­en eine nicht zu unter­schät­zen­de Rol­le. Ins­be­son­de­re in Deutsch­land sind die Medi­en fest in der Hand der­je­ni­gen, die herr­schen und ein Inter­es­se dar­an haben, daß es so bleibt. Vor die­sem Hin­ter­grund kön­nen die 15 Pro­zent der AfD kaum etwas grund­le­gend ändern.

FOMITSCHOW: Sie haben die nächs­te Fra­ge teil­wei­se schon beant­wor­tet, aber trotz­dem: In den letz­ten Mona­ten sieht man in fast allen Bun­des­län­dern einen Anstieg der Popu­la­ri­tät der AfD. Es scheint, als ob es der Par­tei gelingt, über­all die 10/11-Pro­zent­gren­ze zu durch­bre­chen. Aber wenn die AfD von den Feh­lern der ande­ren Par­tei­en abhängt, wel­che Stra­te­gie wäre dann momen­tan die bes­te, um für den Fall vor­zu­sor­gen, daß die ande­ren mal kei­ne Feh­ler machen?

LEHNERT: Feh­ler pas­sie­ren immer. Das ist zumin­dest beru­hi­gend, aber man muß natür­lich dar­auf vor­be­rei­tet sein, die­se Feh­ler opti­mal aus­nut­zen zu kön­nen. Das gehört zum Pflicht­pro­gramm einer Par­tei wie der AfD. Sie muß nicht nur in der Lage sein, die Regie­rung zu kon­trol­lie­ren, was zu den par­la­men­ta­ri­schen Auf­ga­ben gehört, son­dern auch dazu, ihre Feh­ler gna­den­los aus­zu­nut­zen. Dar­an schei­tert die AfD inso­fern, als sie nicht über die media­le Kraft ver­fügt, die dazu not­wen­dig ist.

Will man aus der Abhän­gig­keit von den Feh­lern der ande­ren aus­bre­chen, braucht es den Mut, ein Gegen­bild zum jetzt herr­schen­den Gesell­schafts­mo­dell dar­zu­le­gen. Den sehe ich bei der AfD, die es in Deutsch­land in die­ser Hin­sicht auf­grund der geschicht­li­chen Ver­wer­fun­gen des 20. Jahr­hun­derts beson­ders schwer hat, nur ganz ver­ein­zelt. Ich mei­ne nicht die Alter­na­ti­ve von Dik­ta­tur oder Demo­kra­tie, son­dern eine gesell­schafts­po­li­ti­sche Idee, die dem ent­fes­sel­ten Libe­ra­lis­mus etwas ent­ge­gen­setzt. Das ist, zuge­ge­ben, schwie­rig, weil es anders als 1989, als der libe­ral­ka­pi­ta­lis­ti­sche Wes­ten für die vom Kom­mu­nis­mus beherrsch­ten Völ­ker ein sol­ches Gegen­bild war, heu­te nur Staa­ten wie Chi­na, Nord­ko­rea oder Ruß­land, ein alter­na­ti­ves aber doch für den West­ler recht unat­trak­ti­ves Gesell­schafts­mo­dell vertreten.

Es muß ein Erkennt­nis­pro­zeß dahin­ge­hend ange­sto­ßen wer­den, daß die Bewah­rung der Iden­ti­tät, die Bewah­rung des eige­nen Vol­kes eine Sache ist, die wie jede wert­vol­le Sache Opfer braucht, wenn man sie ver­tei­di­gen möch­te. Aber in der Demo­kra­tie ver­liert für gewöhn­lich der­je­ni­ge, der Opfer for­dert, weil ihm die Mit­be­wer­ber mit Ver­spre­chun­gen die Wäh­ler abspens­tig machen. Inter­es­sant wird es aber dann, wenn die Regie­ren­den nicht mehr in der Lage sind, ihre Feh­ler zu kaschie­ren. Dann ist es auch leich­ter, ein Gegen­bild zu for­mu­lie­ren, das Opfer erfordert.

FOMITSCHOW: Eini­ge Kon­ser­va­ti­ve wer­fen der AfD vor, vul­gär auf das Res­sen­ti­ment zu set­zen: der unzu­frie­de­ne Osten gegen den über­mäch­ti­gen Wes­ten. Oder auf die Unzu­frie­den­heit mit den Coro­na-Maß­nah­men, der Ein­füh­rung von Geschwin­dig­keits­be­gren­zun­gen auf Auto­bah­nen usw. Was sagen Sie dazu?

LEHNERT: Ja, das ist stel­len­wei­se etwas unter­kom­plex, bei­spiel­wei­se wenn die Lust am Gril­len als Argu­ment gegen die Grü­nen ins Feld geführt wird. Aber das gehört nun ein­mal dazu. In der Demo­kra­tie geht es nie ohne Popu­lis­mus, und Popu­lis­mus zielt immer irgend­wie auf Res­sen­ti­ments. Aber wenn ich die Mehr­heit errin­gen will, kann ich mich nicht dar­auf beschrän­ken, an das Gute im Men­schen zu appel­lie­ren, son­dern muß die Instink­te bedienen.

Das Ein­zi­ge, was einen unvor­ein­ge­nom­me­nen Beob­ach­ter erstau­nen könn­te, ist, mit wel­cher Vehe­menz die herr­schen­den Par­tei­en ver­su­chen, der AfD aus dem Popu­lis­mus einen Strick zu dre­hen. Erstaun­lich inso­fern, weil die­je­ni­gen, die herr­schen, genau­so popu­lis­tisch sind und genau­so an Res­sen­ti­ments appel­lie­ren. Ich per­sön­lich fin­de das mit­un­ter unap­pe­tit­lich, aber jeder, der sich ein­mal mit Mas­sen­psy­cho­lo­gie beschäf­tigt hat, weiß, daß es ein­fach nicht anders funktioniert.

FOMITSCHOW: Heißt das dann, daß man als „Kon­ser­va­ti­ver“ der heu­ti­gen hedo­nis­ti­schen, kon­sum­ori­en­tier­ten und ego­zen­tri­schen Gesell­schaft im poli­ti­schen Sin­ne über­haupt nichts ent­ge­gen­stel­len kann?

LEHNERT: Doch, kann man. Es ist ganz inter­es­sant, was die Grü­nen und die SPD, also die jet­zi­ge Regie­rung in Deutsch­land, machen. Sie haben sich hin­ge­stellt und gesagt: Weil in der Ukrai­ne Krieg ist, müs­sen wir jetzt alle frie­ren – wir kön­nen kein rus­si­sches Öl mehr kau­fen, kein rus­si­sches Gas und des­we­gen müs­sen jetzt alle weni­ger duschen usw. Und erstaun­li­cher­wei­se gab es nicht nur kei­nen Auf­stand in Deutsch­land, son­dern die meis­ten tra­gen das mit, oder eini­ge fin­den es sogar gut. Und das obwohl die Ener­gie­prei­se durch die soge­nann­te Ener­gie­wen­de so hoch sind, und Deutsch­land über­haupt nicht gezwun­gen ist, wegen des Ukrai­ne­krie­ges Sank­tio­nen gegen Ruß­land zu ver­hän­gen. Das heißt, wenn man über eine ent­spre­chend mora­lisch auf­ge­la­de­ne Idee ver­fügt, dann kann man auch den Ver­zicht so ver­kau­fen, daß die Leu­te ger­ne ver­zich­ten. Das Pro­blem ist, daß die AfD der­zeit über sol­che Ideen nicht ver­fügt, aber als ganz aus­sichts­los wür­de ich das nicht betrachten.

FOMITSCHOW: Wie sieht die gegen­wär­ti­ge „rech­te Anthro­po­lo­gie“ aus? Wor­auf beruht oder auf wen bezieht sich die rech­te Sicht auf den Menschen?

LEHNERT: Das rech­te Men­schen­bild ist ein rea­lis­ti­sches, es macht sich kei­ne Illu­sio­nen über den Men­schen. Es ist das Men­schen­bild aller gro­ßen Kul­tu­ren und Reli­gio­nen, daß der Mensch der Erzie­hung und Füh­rung bedarf, weil er sonst ent­ar­tet. Die wich­tigs­te Quel­le einer umfas­send ent­wi­ckel­ten Anthro­po­lo­gie, die für die Neue Rech­te hand­lungs­lei­tend ist, stammt von Arnold Geh­len. Er betrach­tet den Men­schen, im Ver­gleich zur Tier­welt, als ein Män­gel­we­sen, das die­se Män­gel durch sei­ne zwei­te Natur, die Kul­tur, kom­pen­sie­ren muß. Dabei spie­len die Insti­tu­tio­nen eine ent­schei­den­de Rol­le, da ihre Gül­tig­keit dem Men­schen Hand­lungs­si­cher­heit gibt. Der Abbau der Insti­tu­tio­nen, der sich spä­tes­tens seit den 1960er Jah­ren in einem rasan­ten Tem­po voll­zieht, führt daher zum kul­tu­rel­len Niedergang.

Wenn der Staat sich der­zeit kra­ken­haft aus­brei­tet, bedeu­tet das nicht, daß die­se Insti­tu­ti­on in sei­ner ursprüng­li­chen Bedeu­tung, der Garan­tie der Sicher­heit nach außen und Auf­recht­erhal­tung der Ord­nung nach innen, eine Renais­sance erle­ben wür­de. Hier kommt ein drit­ter Aspekt von Geh­lens Werk zur Gel­tung, daß jede Insti­tu­ti­on eine bestimm­te Art von Ethik hat, die Fami­lie eine ande­re als der Staat. Die Ver­mi­schung oder Ver­wechs­lung die­ser Ethi­ken führt in den tota­li­tä­ren Staat und die poly­ga­me Ehe. Die Kon­se­quen­zen die­ses Ver­falls für die mensch­li­che „Natur“ hat der Ver­hal­tens­for­scher Kon­rad Lorenz in einem schma­len Buch unter dem Titel „Die acht Tod­sün­den der zivi­li­sier­ten Mensch­heit“ zusammengefaßt.

FOMITSCHOW: In Ihrem Arti­kel „Kir­che als Insti­tu­ti­on“ (2007) schrei­ben Sie über die grund­le­gen­de Rol­le der Kir­che nicht nur als Insti­tu­ti­on (im Sin­ne Geh­lens oder Jün­gers, der in der Nach­kriegs­zeit die Kir­che als Mit­tel zur Über­win­dung des Nihi­lis­mus sah), son­dern auch als zen­tra­le Quel­le der euro­päi­schen Tra­di­ti­on. Darf man dar­aus schlie­ßen, daß Sie damit mit der moder­nis­ti­schen Auf­fas­sung von Reli­gi­on und Kir­che bre­chen und zu einer tra­di­tio­nel­le­ren Betrach­tung zurück­keh­ren? Es sieht so aus, daß „die zwei­te Gene­ra­ti­on“ im Ver­gleich mit der ers­ten in die­sen Fra­gen tra­di­tio­na­lis­ti­scher ist.

LEHNERT: Moh­ler war Vol­un­t­a­rist und hat­te mit dem Chris­ten­tum gar nichts am Hut. Er hat sei­ne Kin­der nicht tau­fen las­sen, was Ernst Jün­ger etwas ver­wun­dert zur Kennt­nis nahm. Bei der zwei­ten Gene­ra­ti­on ist das etwas anders, die Auf­fas­sun­gen gehen aber weit aus­ein­an­der. Wor­in sich alle einig sind, daß die Kir­chen als Insti­tu­tio­nen völ­lig aus­ge­höhlt sind – das betrifft nicht nur die evan­ge­li­sche Kir­che, son­dern auch die katho­li­sche. Und daß die Kir­che im Wes­ten fast voll­stän­dig zum Vehi­kel des Libe­ra­lis­mus gewor­den ist. Aller­dings ist der Glau­be eine Grund­vor­aus­set­zung dafür, daß man etwas tut, was über das eige­ne Leben und viel­leicht auch die eige­ne Zeit hin­aus­reicht. Jeden­falls trifft das für die meis­ten Men­schen zu, Aus­nah­men, die Moh­ler im „ago­na­len Men­schen“ ver­mu­te­te, bestä­ti­gen die Regel. Für alle ande­ren gab die Reli­gi­on Ver­hal­tens­si­cher­heit, die ganz offen­sicht­lich im Schwin­den ist.

Dabei schlos­sen sich die Vor­stel­lung eines all­mäch­ti­gen Got­tes und die mensch­li­che Wil­lens­frei­heit nicht aus, son­dern exis­tier­ten zusam­men und sorg­ten dafür, daß sich der Mensch nicht über die Schöp­fung stell­te. Hin­zu kommt, daß die staat­li­che Ord­nung in irgend­ei­ner Art und Wei­se auf Vor­stel­lun­gen beruht, die vor der staat­li­chen Ord­nung da waren. Das heißt, der Staat muß dar­auf spe­ku­lie­ren, daß die Bür­ger ihre Ethik und ihr Han­deln aus ande­ren Quel­len bezie­hen als aus der Tat­sa­che, daß die Poli­zei mein Han­deln über­wacht. Das bedeu­tet aber nicht, daß Kir­che und Glau­ben in die­ser Funk­ti­on auf­ge­hen. Ich hal­te es eben aus die­sem Grund für nicht ganz unge­fähr­lich, wie das in Ruß­land gehand­habt wird, wo sich die ortho­do­xe Kir­che sehr stark in die poli­ti­schen Ver­hält­nis­se ein­mischt. In der Poli­tik geht es um Inter­es­sen, und die Gefahr, daß die Kir­che aus die­ser Ver­mi­schung geschä­digt her­vor­geht, die ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

(Teil 2 von 3)

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Kommentare (25)

Sandstein

7. August 2023 13:20

Gerne mehr von diesem Format - mit viel Gewinn gelesen. Danke! 

Franz Bettinger

7. August 2023 14:28

Wie sympathisch, gut und überzeugend ein Franz Schönhuber rüberkommen könnte, wenn man ihm nicht laufend Fallen stellte, das sah man einmal in einem Interview mit dem nicht voreingenommenen Thomas Gottschalk (1992, Late Night Show). Dem Chef der Republikaner eine solche Bühne gegeben zu haben, brach Th. Gottschalk fast das Genick. Das aufschlussreiche Interview selbst ist heute aus dem Orbit des Internets wohl gründlich entfernt wurde. 

Franz Bettinger

7. August 2023 14:41

@EL: Wird das Mathias Corvinus Collegium echt mit Milliarden € gefördert? (Es sind wohl eher Millionen.) Der von Merkel ausgelobte Kampf gegen Rechts wird (so glaube ich) mit einer satten Milliarde geschmiert; sonst käme ja kein Schwein auf die Gegendemos der Antifa. 

Gimli

7. August 2023 16:26

@Franz B 
Wenn Sie mir sagen könnten, an welcher Kasse ich Geld für eine Teilnahme auf einer solchen "gegen Rechts"-Demo bekäme, das Sie ausgelobt wissen? Oder war der letzte Kommentar nur launisch unsachlich? 

Monacensis

7. August 2023 16:39

Die 68er mögen hedonistische, "dionysische" Individuen gewesen sein. Aber Mutti, Claudia und Kathrin, Saskia und Ralf ? Nach meinem Eindruck speist sich die gegenwärtige Migrations- und Klimaideologie aus einem "christlichen" Schuldkomplex und nicht aus der Lehre Epikurs. Das mag bei LGBT partiell anders sein, bei gender mainstreaming schon wieder nicht. Und selbst die niedrige Geburtenrate hat nicht unbedingt etwas mit Hedonismus zu tun, wenn man sich die verbitterte Karriereorientierung vieler kinderloser Zeitgenossen, auch finanziell gut gestellter oder sogar finanziell unabhängiger ansieht. Welchen Lustgewinn bereitet Massenmigration ? -
Für meinen Geschmack lassen sich Nation und vieles anderes durchaus auch hedonistisch begründen. Wenn ich, gerade als Atheist, mein Leben genießen möchte, weil ich nur eines habe, will ich gerade nicht die Regeln des Zusammenlebens täglich neu aushandeln oder "frieren für den Sieg" im Donbass, sondern darauf vertrauen, dass der Staat mir hierfür die notwendige Innere und äußere Sicherheit schafft. Das ist der zutreffende Kern des Liberalismus.
Für die Partei wie für ihr Vorfeld dürfte bei "Hedonisten" nicht weniger zu holen sein als bei "Preußen".
 
 

Laurenz

7. August 2023 17:10

Die intellektuelle Sicht ELs hätte sehr wohl zwischen einem realen & einem veröffentlichten Gesellschaftsbild Deutschlands unterscheiden können, eben weil beides vorhanden ist. Konservative Lebensart ist bei Normal-Bürgern nur insoweit möglich, wie sie nicht die Existenz gefährdet. Für Familien, deren Beruf nicht das Lesen ist, mit Kindern, ist das Manko, daß der kulturell eminente Geschichtsunterricht nicht mehr wirklich existent ist, schwer auszugleichen. Das Deutschsein existiert trotzdem noch, gut bei Michael Mittermaier in London zu beobachten https://youtu.be/t_U01flp1fY oder hier bei einem Engländer (liamcarps), der mit einer Deutschen verheiratet ist & sogenannte Shorts produziert. https://www.youtube.com/shorts/slkEOwyBldI?feature=share oder https://www.youtube.com/shorts/pavTtoZlUUg?feature=share Der Realismus der Rechten verhindert im Grunde Kontakte unter Rechten eruopaweit, weil man zu den unterschiedlichen Interessenlagen steht. Insofern hat Frau Weidel gut daran getan, die AfD in eine rechte europäische Partei einzugliedern, um zumindest auf dieser Ebene mehr politische & finanzielle Schlagkraft zu etablieren.

Laurenz

7. August 2023 17:15

@Franz Bettinger  ... besagte Sendung lief auf RTL November 92. 95 haute Gottschalk in die USA ab. https://www.spiegel.de/kultur/hilflos-in-der-jauche-a-57185cfc-0002-0001-0000-000009289744 Wo ist der Unterschied zu heute? Hier Radio Bremen https://youtu.be/DWjIbPsRXOE

Niekisch

7. August 2023 18:19

"Es muß ein Erkenntnisprozeß dahingehend angestoßen werden, daß die Bewahrung der Identität, die Bewahrung des eigenen Volkes eine Sache ist, die wie jede wertvolle Sache, Opfer braucht, wenn man sie verteidigen möchte."
Wer hat es jemals so brutal offen ausgedrückt wie Ernst Niekisch: "Die Kraft und Nachhaltigkeit des Widerstandes wird freilich davon bestimmt sein, daß man ahnend oder erkennend erfaßt, aus welchen wesentlichen und tiefen Quellen die Gewalten gespeist und getrieben werden, gegen die er geleistet werden soll. Es ist Zeit zu begreifen, daß eine Wurzel unseres Verderbens die westliche Geistigkeit ist, jene Geistigkeit, die sogar mit ihren "liberalen" Verlockungen und "fortschrittlichen" Rattenfängermelodien unsre Arbeiterschaft zu gewinnen vermochte....Westlerisch sein heißt: Mit der Phrase der Freiheit auf Betrug ausgehen, mit dem Bekenntnis zur Menschlichkeit Verbrechen in die Wege leiten, mit dem Aufruf zur Völkerversöhnung Völker zugrunde richten"      (Niekisch, Ernst, Revolutionäre Politik 1926) 

RMH

7. August 2023 19:11

"daß niemand gänzlich aus der liberalen EU-Agenda"
Ich hätte nichts gegen eine echte, liberale EU-Agenda, denn dann gälte wieder das Subsidiaritätsprinzip und der grundsätzlich sinnvolle Binnenmarkt würde nicht totreguliert und mit Subventionen verzerrt.
"die dem entfesselten Liberalismus etwas entgegensetzt."
So etwas, wie einen entfesselten Liberalismus möchte ich einmal erleben - ernsthaft. Bislang habe ich stetige, zunehmende staatliche Regulierungswut und ein Heilsuchen aller relavanten politischen Kräfte - mittlerweile auch der AfD - in einem immer noch stärkeren Staat erlebt.
"der liberalkapitalistische Westen"
Wann war er das seit 1919 überhaupt einmal wieder?
Fazit: Nur weil Mohler "den Liberalismus" als Ursache allen Übels auserkoren hat, braucht man das nicht apodiktisch zur Gebetsmühle machen.
 

Maiordomus

8. August 2023 08:31

Nichts ist derzeit beim  Wahlkörper  unbestrittener als der ausgebaute Sozialstaat. Nicht Nationalismius oder Nazi-Ideologie stärkt heute die Rechtsoppositon, sondern das Unterlaufen des Sozialstaates gemäss der Regel von Hayek und Friedman, dass derselbe mit freier Einwanderung von solchen, die davon profitieren wollen, nicht vereinbar ist. 

Franz Bettinger

8. August 2023 09:06

@Gimli: Hach, Sie machen mich lachen. Der Mann vom anderen Stern! Was glauben Sie denn, wozu die 1 Milliarde pro Jahr für den "Kampf gegen Rechts" ausgegeben wird? Nein, mein Lieber, das Geld fließt nicht alles in die Taschen der gekauften Medien. Da bleibt ein dicker Brocken für die völlig Unbedarften und von der Straße Angeheuerten (übrigens meist völlig apolitischen) Antifa. Wissen Sie das wirklich nicht? Mon dieu, bewerben Sie sich doch mal beim Innenminister. Sagen Sie, Sie würden gerne gegen Rechts demonstrieren. Wie das gehe, und wann die nächste Action starte, und wie viel Knete man dafür bekomme. Machen Sie mal voran und berichten Sie uns. Abgemacht? Sachen gibt’s. Mit den gekauften Antifanten gab es mal einen (schnell scheiternden) Interview-Versuch - ob jeiner den noch aufstöbert? - der 1. zeigte, dass die gar nicht wissen, wogegen sie demonstrieren (sind halt Söldner), 2. dass sie von einem 'Führer‘ instruiert werden welche Parolen zu kreischen seien und dass sie gefälligst auf die Fragen des ("gewiss rechten") Interviewers nicht antworten sollten. 3. gibt's offizielle Annoncen in den Zeitungen des Mainstream, die (mit Gagen-Angaben) ziemlich unverblümt für eine bezahlte Tätigkeit für die Antifa werben, Schade, dass @Lotta Vorbeck nicht mehr hier kommentiert. Der hätte jetzt liefern können, mit allen Quellen-Angaben. Lotta, du fehlst! 

Franz Bettinger

8. August 2023 09:28

@Niekisch: Die westliche Geistigkeit? Es ist leicht, sie zu beeinflussen, wenn man sie allesamt gekauft hat. Es ist doch nicht DIE Geistigkeit des Westens (und wieso nicht des Ostens und Chinas? als ob es dort anders zuginge), die mit "liberalen Lockungen & Rattenfänger-Melodien und der Phrase von Freiheit und dem Bekenntnis zur Menschlichkeit Verbrechen in die Wege leitet & Betrug ausübt & mit dem Aufruf zur Völker-Versöhnung Völker zugrunde richtet“. (Danke für das schöne Zitat.) Nein, es sind nur die gekauften Söldner der Journaille, es ist eben nur die Lügenpresse! Verwechseln Sie diese Bagage bitte nicht mit dem Volk oder der Geistigkeit des Volkes. //
Unsere Medien sind eine Mond-Landschaft, tot und unfruchtbar. Die Lügenpresse funktioniert in weiten Teilen nur noch durch Schmiergelder der Regierung (wie die Antifa). "Und deshalb haben die Medien 2 Interessen, die AfD kurzzuhalten: (1) das Geld muss weiter fließen und (2) es soll keiner merken. Die AfD ist die einzige Partei, die die Schmiergeld-Wirtschaft aufdeckt und Oppositionsarbeit macht. Alle anderen sind Teil des Sumpfes. In dem Moment, in dem die AfD mehr Einfluss im Staat hätte, würden wesentlich mehr Machenschaften aufgedeckt.” Das meint heuer - verfranzelt - M. Klonovsky. 

Laurenz

8. August 2023 09:48

@Niekisch ... einen herzlichen Dank dafür, daß Sie Ihre Belesenheit & in meinen Augen hervorragende politische Einschätzung mit uns teilen.
@RMH .... Och RMH, warum sind Sie nicht seinerzeit (90er) nach Rußland, Ukraine oder auch noch später in das Armenhaus Europas, Moldawien, gezogen, welches zudem noch die schönsten Frauen der Welt besitzt? Da hätten Sie mit entfesseltem Liberalismus die Hucke voll bekommen. Dieser aktuelle Artikel wurde zwar von einem jungem Alt-Linken geschrieben, aber an seiner Recherche kommen bei mir wenig Zweifel auf. Es deckt sich in beschriebener Historie mit dem, was ich selbst bei meinen Besuchen in Osteuropa persönlich erfahren durfte. https://www.telepolis.de/features/Krise-in-Moldau-spitzt-sich-zu-Gegen-Russland-und-die-Opposition-9236170.html Weniger theoretisieren, mehr erleben. Falls Sie mein persönliches Erleben in den 90ern mit Mafioso-Weibern & ärmeren Pendants am Sonnenstrand Bulgariens oder in Mamaia (Rumänien) interessiert, kann ich gerne dazu noch was schreiben.

Sandstein

8. August 2023 11:03

@Gimli 
"launisch unsachlich"? Das ausgerechnet von Ihnen? Es gab und gibt dutzende Belege für Demo-Handgelder und bezahlte Anreisen: wer suchet der findet.
"Was wahr ist: In Sachsen flossen Mittel aus dem Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit auch an Vereine, die diese unter anderem für die Anreise zu Anti-Nazi-Demonstrationen in Dresden nutzten." 
..ironischerweise aus einem Artikel der FR, der versucht die Behauptung, dass Demonstranten bezahlt würden, zu entkräften. 
Ich habe das Gefühl, Sie wollen gar nichts finden - oder Sie tun sich halt einfach mal wieder schwer damit. Wiegesagt: Ihre Renitenz ist toxisch.
@RMH lesen Sie bitte was Niekisch einen Kommentar über Ihnen zitierte. 

Gimli

8. August 2023 11:19

@Monacensis Wow, finde ich sehr sachlich und ohne die hier so üblichen Kampfvokabeln, die keine Diskussion weiterbringen und nur die Aggression ihres Autors durchscheinen lassen.
Ich finde es auch nicht korrekt, alle gegenwärtigen, den Rechten so missliebigen Entwicklungen, immer nur monokausal zu begründen. Es ist nicht alles links, was nicht so rechts ist wie hier -  auch wenn das rein geometrisch so scheint. Aber Prägungen und der Hang zur gemütlichen Vereinfachung sitzen tief. Ich würde meine Haltung zu allem Nationalen als indifferent bis ablehnend bezeichnen, obgleich ich die gegenteilige aus der biologischen Verhaltensforschung leicht ableiten und begründen kann. Selbst und Nicht-Selbst sind urbiologische Prinzipien von der Molekular- über die Zellbiologie bis hin zur Evolution. Mir fehlt zu o.g. Haltung einfach die Erziehung. Aber auch das genetische Korrelat, also die angeborene Denkungsart. Und bei allem Atheismus prägen christliche Werte mein Umfeld. DAher habe ich gegen Migration grundsätzlich einmal nichts und finde auch Mittelmeerschiffe "logisch". Es ist auch logisch, Wohlstand mehr zu verteilen, um solche Migration zu verhindern oder christlich: Um allen MEnschen eine gutes Leben zu ermöglichen. Die Diskussion verdient viel mehr Breite und Versachlichung. Wenn das, was ich schreibe, also links sein soll? Unsere Familie ist Urbild von Bürgerlichkeit, im Kern aber progressiv bis ins Mark. Das aber hat mehr als nur einen Grund.

RMH

8. August 2023 11:42

@Sandstein,
habe ich. Aber was sollen liberale "Verlockungen" sein? Wer nicht Nein oder Ja sagen kann, wer mit Freiheit nicht umgehen kann, wer meint, er brauche immer irgendwelche Kontrolleure über ihm, der fragt sich am Ende, wer kontrolliert die Kontrolleure. Nur noch einmal zur Klarstellung: Ich vetretene keine libertären Thesen, sehe im Ordoliberalismus seit dem 19 Jhdt aber etwas genuin Europäisches und nicht als etwas, was von außen aufgestülpt wurde, sondern was sich ganz natürlich in Europa entwickelte und das zu Zeiten, wo Europa noch die USA maßgeblich beinflusste (und nicht umgekehrt). Was soll "der Westen" denn genau sein? Ab dem 19 Jhdt begann es in Europa, dass zur Abwechslung nicht nur Adelige und Pfaffen dicke Bäuche bekamen. Im 20 Jhdt verbreiterte sich der Volkswohlstand noch mehr (mit den für Deutschland harten Rückschlägen der Kriege). Das populistische Argument war noch nie, der Rächer der Armen, Enterbten, Witwen und Waisen zu sein (für die spendet man was für den Ablasszettel), sondern für Leute, die etwas zu verlieren haben. Die holt man ab. Der Höhenflug der AfD gründet nicht auf Hartz IVler, sondern auf dem Mittelstand, den kleinen und mittleren Unternehmern, denen immer mehr der Gürtel enger geschnallt wird (siehe Grundsteuer, siehe Sanierungszwang, sie "Rentenlücke" etc.).

Gimli

8. August 2023 11:55

@Sandstein und Bettinger: Sorry to say, was Sie schreiben, ist echt unwürdig. Wer eine Behauptung aufstellt, sollte sie beweisen, nicht ich, der SIE ironisch danach fragt. Der Rest ist ... unsachlich. Was Sie als Renitenz bezeichnen, ist einfach eine andere Meinung. Das sagt viel über Sie aus.

Niekisch

8. August 2023 11:56

"@Niekisch: Die westliche Geistigkeit? Es ist leicht, sie zu beeinflussen, wenn man sie allesamt gekauft hat. Es ist doch nicht DIE Geistigkeit des Westens"
 @ Franz Bettinger 8.8. 9:28: Aufgrund unseres gemeinsamen Kommentierens wissen Sie, wen ich da meine, wer diese Geistigkeit lange Zeit vor dem Kauf meiner Meinung nach eingerichtet hat und das es keinesfalls die Völker oder erhebliche Teile davon sind. 
Auch wissen Sie, daß Ernst Niekischs Härte vom Betrug am deutschen Volk durch Woodrow Wilson mit seinen 14 Punkten, der illegalen Einrichtung des Weimarer Systems durch Prinz Max von Baden mit seinem Maurerghostwriter Kurt Hahn - Salem - und Friedrich Ebert, der Ausplünderung durch Reparationen, Ruhrbesetzung, die enteignende Rentenmark und die Zwangshypotheken auf das Hauseigentum bis 1934, Daws- und Youngplan usw.  herrührte.
Niekischs Aussagen treffen die heutige Lage fast immer, weil ja die BRD die Fortsetzung der Weimarer Republik mit anderern Leuten, leicht  abgewandelten Institutionen und subtileren Methoden darstellt.
 

dojon86

8. August 2023 12:00

@Sandstein @Gimli Für's Herumhüpfen auf einem LKW am Christopher Street Day den ich als eine politische Demonstration sehe wurde laut Auskunft meiner Tochter (Teilnehmerin) jedenfalls Geld angeboten.

Laurenz

8. August 2023 13:15

@Gimli @Sandstein & Franz Bettinger ... mein Vater, agierte mal als Rentner für die Schill-Partei, nach deren Ableben Er Mitglied bei der Linken wurde. Bei einer Schill-Demo wagte Er Sich in die Phalanx der Gegendemo, die Ihn niederbrüllten. Er stellte einfach die ganze Zeit Fragen, bis junge Leute, meist Studenten, antworteten. Am Ende war Sich mein Vater mit den Gegendemonstranten einig & stellte eine letzte Frage. "Wenn wir alle dasselbe wollen, warum seid ihr dann hier"? "Es gibt 20 Euro dafür." Und Gimli, was mich bei Ihnen immer am meisten bestürzt, ist Ihre Unfähigkeit zu recherchieren. https://taz.de/Proteste-gegen-Pegida-und-Co/!5020381/  Den Artikel der TAZ findet jeder Vollspakken.

Franz Bettinger

8. August 2023 13:46

@Gimli: „Bezahlte Demonstranten. Miete deinen Wutbürger!“ Ob Stuttgart 21 oder Flughafen FRA, was immerhin die 'Welt', damals noch kritisch, der breiten Masse in ihrem Beitrag verriet, ist heute zur Gewohnheit, ja geradezu institutionalisiert worden, da 1 Mrd. € / Jahr für den Kampf gegen Rechts von der Regierung ausgegeben wird, um u.a. auch die einzige Opposition im BT, die AfD, kurz und klein zu halten. Kennen Sie Gewerkschaftler? Fragen Sie die mal! Die werden regelmäßig irgendwohin zu  Demos oder Gegen-Demos gekarrt für gutes Geld, Kost und Bier und einen arbeitsfreien Tag. 

Franz Bettinger

8. August 2023 13:59

@Gimli: Noch ein aktuelleres Beispiel: Der immerhin linke Stern berichtet, Klima-Kleber und K-Aktivisten würden bezahlt werden. Stern: „Wer sich dem Klima-Protest verschreibt, soll damit den Lebensunterhalt bestreiten können.“ Aber irgendwo muss das viele Geld ja auch hin, nicht wahr. 

dojon86

8. August 2023 14:33

@Gimli Sie schreiben, "Es ist auch logisch, Wohlstand mehr zu verteilen und allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen". Schön gesagt. Aber was ist ein gutes Leben ? Etwa das was in der Werbung vorgegaukelt wird und was vor 25 Jahren der durchschnittliche Osteuropäer und heute mit Sicherheit der durchschnittliche Afrikaner sich so vorstellt. Sie wollen diese Leute auf den Standard heben, den diese sich vorstellen. Viel Vergnügen. Die Enttäuschung wird mit Sicherheit eintreten. Und noch eine Frage, wie wieviel wären sie persönlich denn bereit abzugeben. Weil atheistischchristlich auf Kosten von anderen wollen wir doch nicht sein ! Oder doch ?

Niekisch

8. August 2023 15:41

"....dass der Staat mir hierfür die notwendige Innere und äußere Sicherheit schafft. Das ist der zutreffende Kern des Liberalismus."
@ Monacensis 7.8. 16:39: Nein, der Kern des Liberalismus - von lat. liber, frei - ist möglichst unbeschränktes Handeln des Individuums, während der Staat die Organisation der Individuen zu deren Schutz nach außen unter Kodifizierung der Rechte der Einzelnen in Abwägung zu den Rechten Anderer unter normierten  Pflichten aufgrund allgemeiner Gesetze gegenüber dem Staat gepaart mit Abwehrrechten - Menschen -und Grundrechten - dem Staat gegenüber darstellt.
@ Gimli & Franz Bettinger: Ich bin bereit, eine Versicherung an Eides statt abzugeben, wonach in den 60iger Jahren schon Jungsozialisten, Gewerkschafter und Antifanten bis 20.- DM erhielten, um gegen die NPD zu demonstrieren.
"gemäss der Regel von Hayek und Friedman, dass derselbe mit freier Einwanderung von solchen, die davon profitieren wollen, nicht vereinbar ist."
@ Maiordomus 8:31: So ist die Regel, ja, dennoch war Hayek Freimaurer und Friedman was anderes. 
 

Gracchus

8. August 2023 20:57

Erik Lehnert ist dafür zu loben, dass er seinen weltanschaulichen Rahmen klar, verständlich und so einfach wie möglich darzustellen vermag. Nichts daran ist skandalös. Vermutlich wird man nur schwer einen Linken finden, der dies in derselben Klarheit vermag. Auch wenn mir Lehnerts Standpunkte nicht unsympathisch sind, fehlt mir der Glaube, dass sich die herkömmlichen Institutionen, wie Familie, Kirche oder nationalstaatliche, noch "reparieren" lassen und wieder eine ähnliche identitätsbildende Bedeutung erlangen.
Carl Schmitt hat mit seiner Liberalismus-Kritik einen wunden Punkt getroffen. Der Liberalismus kann nicht angeben, wofür man Opfer erbringen soll, allenfalls ein Ersatzopfer in Form von Geld. Wenn die EU oder die ihr zugehörigen Nationalstaaten Opfer verlangen - für Corona, für den Ukraine-Krieg, für den Klimawandel -, dann haben sie den liberalen Rahmen in gewisser Weise verlassen. Das Politische ist zurück. Andererseits ist die Frage, ob man - entgegen Schmitt - dem Liberalismus nicht zugute halten soll, dass er keine Opfer "will". An dem Ukraine-Krieg sieht man ja die Crux. Opfern sich die ukrainischen Soldaten denn für ihr Land und für ihre Familien - oder nicht für irgendwelche fremde Interessen?  

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