Neuverfilmung “Nosferatu”: Murnau, Herzog, Eggers

Ich werde in der folgenden "vampirologischen" Filmbesprechung gnadenlos "spoilern", ansonsten lohnt sich das Ganze nicht. Auf Robert Eggers' Nosferatu, das nunmehr zweite Remake des klassischen deutschen Stummfilms von Friedrich Wilhelm Murnau habe ich mich schon lange gefreut. Ich bin zwar nicht enttäuscht worden, aber auch nicht besonders glücklich mit dem Ergebnis.

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Um zu ver­deut­li­chen, war­um, und was Eggers mit dem Stoff gemacht hat, muß ich ein wenig ausholen.

Das bahn­bre­chen­de Ori­gi­nal aus dem Jahr 1922 zählt zu mei­nen ewi­gen Lieb­lings­fil­men. Ich sah die “Sym­pho­nie des Grau­ens” zum ers­ten Mal im Herbst 1989 spät­nachts im öster­rei­chi­schen Fern­se­hen, im Rah­men der damals legen­dä­ren Sen­de­leis­te “Kunst-Stü­cke”, mode­riert von Qua­drat­kopf Die­ter Moor, der sich heu­te uner­klär­li­cher­wei­se “Max” Moor nennt. Ich besit­ze noch die ori­gi­na­le VHS-Kas­set­te, auf der ich die Aus­strah­lung auf­ge­zeich­net habe.

Damals wur­de die von Enno Pata­l­as restau­rier­te Fas­sung aus den acht­zi­ger Jah­ren gezeigt, mit einer neu kom­po­nier­ten, fan­tas­tisch guten Film­mu­sik von Hans Poseg­ga (die ich der Ori­gi­nal­par­ti­tur von Hans Erd­mann vor­zie­he). Lei­der wur­de die­se Ver­si­on (mei­nes Wis­sens) bis­lang nicht auf DVD veröffentlicht.

Seit­her habe ich den Film wohl an die vier­zig Mal gese­hen, dar­un­ter etli­che Male im Kino mit Live-Musik­be­glei­tung (auf You­tube gibt es meh­re­re Ver­sio­nen, eine qua­li­ta­tiv gute mit deut­schen Titeln z. B. hier.)

Über die­sen enorm ein­fluß­rei­chen Film wur­de so viel geschrie­ben, daß ich mir hier die gro­ßen Wor­te erspa­ren kann. Nos­fe­ra­tu – Eine Sym­pho­nie des Grau­ens ist so etwas die Ur-Mut­ter aller Vam­pir­fil­me, wenn nicht (zusam­men mit Das Cabi­net des Dr. Cali­ga­ri  und Der Golem, wie er in die Welt kam von 1920) des Hor­ror-Gen­res überhaupt.

Kaum ein Blut­sauger­strei­fen, der sich nicht in irgend­ei­ner Form an ihm bedient hät­te, ob nun direkt oder über bewuß­te und unbe­wuß­te iko­no­gra­phi­sche Genea­lo­gien. Zugleich ist Nos­fe­ra­tu einer der ganz weni­gen Stumm­fil­me, die heu­te noch, nach über hun­dert Jah­ren, einem grö­ße­ren Publi­kum geläu­fig und zugäng­lich sind.

F. W. Mur­nau (1888–1931) gilt als einer der Gigan­ten des frü­hen Kinos. Er hat eine Viel­zahl bedeu­ten­der und ein­fluß­rei­cher Wer­ke hin­ter­las­sen – Der letz­te Mann, Faust, Sun­ri­se oder Tabu. Mur­nau, sein auf Phan­tas­tik spe­zia­li­sier­ter Dreh­buch­au­tor Hen­rik Galeen und der geheim­nis­um­wit­ter­te Pro­du­zent Albin Grau, der auch für das opti­sche Design haupt­ver­ant­wort­lich war, ver­leg­ten den vik­to­ria­ni­schen Roman Dra­cu­la (1897) von Bram Sto­ker in ein hoff­man­nes­kes Bie­der­mei­er-Deutsch­land, in eine fik­ti­ve, am Meer gele­ge­ne Stadt namens Wis­borg, im Film eine Mischung aus Ori­gi­nal­schau­plät­zen in Wis­mar und Lübeck.

Galeens Dreh­buch redu­zier­te das Figu­ren­en­sem­ble des Romans auf drei Haupt­ge­stal­ten, denen er neue Namen gab: Dracula/Orlok, Jona­than Harker/Hutter und sei­ne Ver­lob­te Mina/Ellen. Der sei­nem unto­ten “Meis­ter” ver­fal­le­ne, wahn­sin­ni­ge Insek­ten­fres­ser “Ren­field” taucht als Häu­ser­mak­ler Knock wie­der auf, die Van Hel­sing-Rol­le hat zumin­dest ein lei­ses Echo in der Gestalt des “Para­cel­sia­ners” Dr. Bul­wer (benannt nach dem Roman­cier Bul­wer-Lyt­ton) auf, der aller­dings kein Vam­pir­jä­ger ist.

Nach­dem Orlok an Bord eines von Geis­ter­hand gesteu­er­ten Schif­fes, des­sen gan­ze Besat­zung er nach der Rei­he getö­tet hat, in Wis­borg ankommt, weicht die Hand­lung stark vom Ori­gi­nal ab: Aus den Kis­ten mit ver­fluch­ter Erde “von den Äckern des schwar­zen Todes” ent­stei­gen Heer­scha­ren von Rat­ten, die in der Stadt eine Pest­epi­de­mie auslösen.

Als Hut­ters Braut Ellen in einem von ihrem Ver­lob­ten aus Tran­syl­van­ni­en mit­ge­brach­ten Buch “Von Vam­py­ren, erschröck­li­chen Geis­tern, Zau­berey­en und den sie­ben Tod­sün­den” liest, daß nur ein “sünd­los Weib”, das sich dem Vam­pir hin­gibt und ihn den ers­ten Hah­nen­schrei ver­ges­sen macht, den Bann bre­chen kann, beschließt sie, sich zu opfern, um das gro­ße Ster­ben zu beenden.

Galeens Bear­bei­tung des Romans ist schlicht­weg geni­al. Aus dem teil­wei­se etwas ver­wor­re­nen und ver­schach­tel­ten Plot des Ori­gi­nals desti­lier­te er ein schau­rig-roman­ti­sches Mär­chen, in dem die weib­li­che Haupt­fi­gur, bei Sto­ker nicht mehr als ein pas­si­ves Opfer, durch die Kraft ihrer Lie­be zur Hel­din wird.

Er schuf einen “ger­ma­ni­sier­ten” Alter­na­tiv-Dra­cu­la, der seit­her ein legi­ti­mes Eigen­le­ben an der Sei­te des angel­säch­si­schen Ori­gi­nals führt, das erst 1930 mit Bela Lugosi in der Haupt­rol­le unter sei­nem Ori­gi­nal­ti­tel ver­filmt wur­de (aller­dings auf der Grund­la­ge eines damals popu­lä­ren Thea­ter­stücks, nicht des Romans selbst).

Murnau/Galeen/Grau kreir­ten dar­über­hin­aus einen Vam­pir-Typus, der in der Pop­kul­tur bis heu­te über­dau­ert hat: Hager, glatz­köp­fig, mit spit­zen Ohren, rat­ten­ar­ti­gen Vor­der- statt Eck­zäh­nen, spin­nen­glei­chen Hän­den mit lan­gen Kral­len und einer Kör­per­hal­tung und Moto­rik, als hät­te bereits die Lei­chen­star­re ein­ge­setzt – das ist “Nos­fe­ra­tu”, nicht “Dra­cu­la”.

Gespielt wur­de er von einem enig­ma­ti­schen Schau­spie­ler, der pas­sen­der­wei­se Max Schreck hieß, und der allein auf­grund die­ser einen Rol­le heu­te noch bekannt ist. Dank ihm ist Nos­fe­ra­tu der ein­zi­ge Film, in dem ich jedes­mal von Neu­em glau­be, einen tat­säch­li­chen Vam­pir zu sehen (eine Idee, die 2000 für den eher ent­täu­schen­den Film Shadow of the Vam­pi­re auf­ge­grif­fen wurde).

Die­sen merk­wür­di­gen Ein­druck des “Authen­ti­schen” haben unzäh­li­ge Zuschau­er des Films emp­fun­den, para­do­xer­wei­se umso mehr, wenn das ers­te Schau­er­leb­nis eine aus­ge­wa­sche­ne Kopie der xten Gene­ra­ti­on im Fern­se­hen oder auf einer VHS-Kas­set­te war. Auch Robert Eggers hat es als Kind so erlebt.

Der Typus “Nos­fe­ra­tu”, ein ani­ma­li­scher Ver­wand­ter der Rat­ten und Fle­der­mäu­se, dem kaum mehr etwas Mensch­li­ches anf­haf­tet, ist weit ent­fernt von den spä­te­ren ver­füh­re­ri­schen Gra­fen wie Bela Lugosi, Chris­to­pher Lee und ihren zahl­lo­sen Erben oder den ero­ti­schen Rock­stars aus den Roma­nen von Anne Rice. Er hat sich als reiz­vol­le Alter­na­ti­ve erhal­ten, und tauch­te unter ande­rem auch in der Ste­phen-King-Ver­fil­mung Salem’s Lot von 1979 (und ihrem “diver­si­fi­zier­ten” Remake von 2024) auf.

Im sel­ben Jahr dreh­te Wer­ner Her­zog ein Remake mit Klaus Kin­ski in der Titel­rol­le, sekun­diert von Bru­no Ganz (Hutter/Harker) und Isa­bel­le Adja­ni (Ellen/Mina/Lucy) unter dem Titel Nos­fe­ra­tu – Phan­tom der Nacht. Die­se Ver­si­on basiert also nicht (oder nur indi­rekt) auf Bram Sto­ker (obwohl die Haupt­fi­gu­ren im Gegen­satz zu Galeens Adap­ti­on ihre Ori­gi­nal­na­men tra­gen), son­dern auf dem Film von Murnau.

Her­zog hat des­sen Bild­kom­po­si­tio­nen und Insze­nie­run­gen mehr oder weni­ger kopiert, in Far­be, und mit Schau­spie­lern, die teil­wei­se im Stumm­film­stil agie­ren und die Ges­ten ihrer Vor­gän­ger von 1921 exakt wie­der­ho­len. Ande­re Sze­nen wie­der­um hat er spie­le­risch vari­iert und modifiziert.

Phan­tom der Nacht ist also eher ein “Re-enact­ment” als ein Remake von Sym­pho­nie des Grau­ens. Dahin­ter steckt wohl ein biß­chen die Idee, ein Film­kunst­werk wie ein Musik­stück nach­zu­spie­len und zu vari­ie­ren (Gus van Sant hat es 1998 noch extre­mer, aber mit gerin­gem Erfolg mit Hitch­cocks Psycho versucht.)

Wie sein Vor­bild Mur­nau zog Her­zog die atmo­sphä­ri­sche Magie aus Ori­gi­nal­schau­plät­zen, die zum Teil die glei­chen sind, etwa die Hohe Tatra in der Slo­wa­kei und die Lübe­cker Salz­spei­cher, die im Film dem Vam­pir als art­ge­rech­te Behau­sung die­nen. In Wis­mar zu dre­hen war nicht mög­lich, da es nun auf DDR-Staats­ge­biet lag, statt­des­sen dien­ten die Kanä­le des hol­län­di­schen Delft als Kulis­se für die fik­ti­ve deut­sche Biedermeierstadt.

Auch Her­zogs Film, effekt­voll unter­malt mit dem Vor­spiel zu Richard Wag­ners “Rhein­gold”, Charles Goun­ods “Cäci­li­en­mes­se” und Klän­gen der Krautrock­band Popol Vuh, atmet den Geist der deut­schen Roman­tik. Es ging dem Regis­seur aber auch dar­um, eine bewuß­te Ver­bin­dung zu 1933 abge­ris­se­nen Tra­di­tio­nen des deut­schen Films her­zu­stel­len, zu den Urvä­tern des deut­schen Kinos wie eben Mur­nau und Fritz Lang.

Lot­te H. Eis­ner, eine von Her­zog reli­gi­ös ver­ehr­te Autorin von ein­fluß­rei­chen Büchern über den “expres­sio­nis­ti­schen” Film der Wei­ma­rer Repu­blik, attes­tier­te ihm gene­rös das Gelin­gen die­ses Vor­ha­bens: „Das ist kein Remake, das ist eine Wiedergeburt.”

Klaus Kin­ski ist unter dicken Schich­ten von Make­up wie gehabt vir­tu­os, aber eben doch sicht­bar Klaus Kin­ski und kein geheim­nis­um­wit­ter­ter Nie­mand oder Anony­mus, der genau­so gut tat­säch­lich ein Vam­pir sein könn­te. Er gibt dem Gra­fen Orlok/Dracula eine schwer­mü­ti­ge, tief­trau­ri­ge Note. Anders als Murnaus und Galeens Nos­fe­ra­tu sehnt er sich nach Erlö­sung von sei­nem Dasein als ruhe­lo­ser, hung­ri­ger Schatten.

Natür­lich wäre Her­zog nicht Her­zog, wenn er dem Stoff trotz aller Treue zum Vor­bild nicht sei­nen urei­ge­nen poe­ti­schen Stem­pel auf­ge­drückt hät­te – das beginnt schon im Vor­spann, in dem ech­te mexi­ka­ni­sche Mumi­en zu sehen sind. Man­che Sze­nen bewe­gen sich, nicht zuletzt durch her­zog­ty­pi­sche skur­ri­le Neben­fi­gu­ren, am Rand der unfrei­wil­li­gen Komik, was den Film zur leich­ten Beu­te eines unfreund­li­chen Publi­kums macht, wie ich (zu mei­nem Leid­we­sen) ein­mal in einer Kino­vor­füh­rung in Ber­lin erlebt habe.

Die bedeu­tends­te Abwei­chung von Mur­nau ist das “pes­si­mis­ti­sche” Ende: Graf Dra­cu­la wird zwar, hin­ge­hal­ten von der schö­nen, blas­sen Frau, die ihm ihr Blut gibt, von den Strah­len der auf­ge­hen­den Son­ne ver­nich­tet, das von ihm gebis­se­ne Opfer Jona­than Har­ker wan­delt sich jedoch zum son­nen­licht­un­emp­find­li­chen Nach­fol­ge­vam­pir, der in der Schluß­sze­ne des Films davon­rei­tet, um das Böse wei­ter in die Welt zu tra­gen (ähn­lich dem berüch­ti­gen Ende von Pol­an­skis Tanz der Vam­pi­re).

Her­zogs Film besticht heu­te durch einen Stil, der dem “Hol­ly­wood” damals wie heu­te kom­plett ent­ge­gen­ge­setzt ist: Lan­ge, sta­ti­sche Ein­stel­lun­gen und ein gene­rell ent­schleu­nig­tes, gera­de­zu “trance­ar­ti­ges” Tem­po, das dem Zuschau­er Zeit läßt, in den fil­mi­schen Raum gleich­sam “hin­ein­zu­tau­chen”. Die Land­schaf­ten und Dreh­or­te sind, was sie sind, allen­falls durch die Beleuch­tung ver­än­dert und entfremdet.

Nun aber zu Robert Eggers und sei­ner Bear­bei­tung des Stof­fes. Der Regis­seur, Jahr­gang 1983, seit sei­ner Kind­heit beses­sen von Murnaus Film, hat über ein Jahr­zehnt lang dar­an gearbeitet.

Seit sei­nen ers­ten Kurz­film­ver­su­chen (etwa “Hän­sel und Gre­tel”, 2007) kon­zen­triert sich Eggers auf das Hor­ror­film­gen­re mit einer dezi­diert “nord­eu­ro­päi­schen” Sen­si­bi­li­tät. Dies und die Tat­sa­che, daß sei­ne Fil­men bis­lang frei von “Diver­si­ty” und “Woke­ness” sind, haben ihn zu einem Favo­ri­ten der anglo­ame­ri­ka­ni­schen dis­si­den­ten Rech­ten gemacht, die nicht müde wird, zu prei­sen, wie “weiß” Eggers Fil­me doch sei­en (sie­he etwa hier und hier), obwohl sich die­ser selbst natür­lich ideo­lo­gisch in einem völ­lig main­stream­kom­pa­ti­blen Rah­men posi­tio­niert.

Auch wenn nicht alle sei­ne Fil­me zu 100% in die “Horror”-Schublade pas­sen, so han­deln sie durch­weg von düs­te­ren, dämo­ni­schen Kräf­ten, die in jedem sei­ner Fil­me zu Zer­stö­rung, Tod und Wahn­sinn füh­ren. Das Böse gewinnt immer. In The Witch (2015) wird eine puri­ta­ni­sche Fami­lie im Neu-Eng­land im 17. Jahr­hun­dert von sata­ni­schen Hexen kor­rum­piert und ver­nich­tet, in The Light­house (2019) ver­lie­ren zwei Leucht­turm­wäch­ter im 19. Jahr­hun­dert auf­grund von Iso­la­ti­on, exzes­si­vem Suff und dunk­len, okkul­ten Ein­flüs­sen den Verstand.

The North­man (2022) ist zwar ein Wikin­ger-Film, aber eben­falls voll mit über­na­tür­li­chen Erschei­nun­gen, scha­ma­nis­ti­schen Deli­ri­en und vor allem bra­chia­lem Blut­ver­gie­ßen ohne Ende. Die Welt, die er zeich­net, ist zwar von gro­ßer opti­scher Schön­heit und mythi­scher Fas­zi­na­ti­on, hat aber auch etwas Alp­traum­haf­tes und Absur­des in ihrer stumpf­sin­ni­gen Fixie­rung auf Blut­ra­che, Kampf und Totschlag.

Der nihi­lis­ti­sche Zug von Eggers’ bis­he­ri­gen Fil­men kul­mi­niert in Nos­fe­ra­tu auf gera­de­zu unüber­biet­ba­re Wei­se (ach­tung, nun begin­nen die Spoi­ler). Genau hier liegt auch der Grund mei­nes Aber­wil­lens, trotz der unleug­ba­ren Qua­li­tä­ten der Insze­nie­rung. Der Film ist eine Augen­wei­de: Die Kos­tü­me, die Aus­stat­tung, die Optik, all dies ope­riert auf einem zuwei­len spek­ta­ku­lä­ren Niveau.

Die Hand­lung folgt größ­ten­teils eng der Mur­nau-Galeen-Vor­la­ge, kehrt aber in vie­ler­lei Hin­sicht wie­der zum Urquell Bram Sto­ker zurück. Gelun­gen ist vor allem die Titel­fi­gur. Dies war wohl eine der größ­ten Her­aus­for­de­run­gen für den Regis­seur, denn Vam­pi­re sind inzwi­schen ziem­lich aus­ge­lutsch­te (wenn man so sagen darf) Gestal­ten, die nicht mehr sehr gru­se­lig sind.

Eggers gibt sei­nem Gra­fen den Hor­ror zurück. Wie in der Roman­vor­la­ge trägt er einen wuch­ti­gen Schnauz­bart, wie ein wala­chi­scher Fürst des 15. Jahr­hun­derts ihn getra­gen haben mag; und ähn­lich wie bei Sto­ker ist er – im Gegen­satz zu den zum Kli­schee gewor­de­nen Dar­stel­lun­gen seit Lugosi – eine absto­ßen­de, fau­li­ge Gestalt, in der Tat ein buch­stäb­lich leben­der Leich­nam mit einem ver­we­sen­den Kör­per. Gleich­zei­tig sind die Züge des “Nosferatu”-Typs deut­lich erkenn­bar. Eggers hat die Figur geschickt vari­iert, ohne sie zu wiederholen.

Gelun­gen ist auch, was er mit der Stim­me des Vam­pirs gemacht hat. Sie klingt rauh, tief, metal­lisch, blei­ern, unmensch­lich. Orlok muß tie­fe, schep­pe­ren­de Atem­zü­ge tun, bevor er spricht, als wür­de es ihm unend­li­che Mühe berei­ten. Er hat einen star­ken sla­wi­schen Akzent und spricht (so ent­neh­me ich Wiki­pe­dia, ich wäre nicht drauf­ge­kom­men) zuwei­len “dakisch”, die Spra­che der Ur-Rumä­nen in der Anti­ke (authen­tisch anti­quier­te Spra­che ist ein bedeut­sa­mes Ele­ment in allen Eggers-Filmen).

Ähn­lich wie Her­zog spielt auch Eggers vir­tu­os mit Ver­satz­stü­cken von Mur­nau, sei­en es Sets, Requi­si­ten, bestimm­te Ges­ten, Bild­kom­po­si­tio­nen oder opti­sche Moti­ve (wie den über die Wän­de huschen­den Schat­ten). Wer die deut­schen Vor­gän­ger die­ses ame­ri­ka­ni­schen Wie­der­gän­gers gut kennt, wird einen beson­de­ren Genuß an Eggers’ lust­vol­ler Hin­ga­be an Details, Zita­ten und Varia­tio­nen haben.

Wo Mur­nau und Her­zog das Unheim­li­che in der Natur fin­den, ist Eggers’ digi­tal bear­bei­te­te Welt durch und durch “künst­lich”. Ihre Per­fek­ti­on macht sie aber auch ste­ril. Die­se Art von Film­land­schaf­ten und Sze­ne­rien wird wohl künf­tig via KI fabri­ziert werden.

Das “dämo­ni­sche” Ele­ment wird stark her­aus­ge­kehrt und betont. Schon Albin Grau, Mit­glied des magi­schen Ordens der “Fra­ter­ni­tas Satur­ni” und spä­ter mit Aleis­ter Crow­ley bekannt, lies den Häu­ser­mak­ler Knock, der dem Gra­fen Orlok ein “schö­nes, düs­te­res Haus” in Wis­borg ver­kauft, einen Brief sei­nes Kli­en­ten lesen, der in einer Geheim­schrift aus Sigil­li­en und okkul­ten Sym­bo­len ver­faßt ist. Eggers buch­sta­biert kon­se­quent aus, was Mur­nau und Galeen nur andeu­ten: Knock prak­ti­ziert schwar­ze Magie, um sei­nen “Meis­ter” nach Deutsch­land zu rufen.

Es ist bezeich­nend, daß sein Gegen­spie­ler, ein Van Hel­sing mit dem Namen Albin Eber­hart von Franz (gespielt von Wil­lem Dafoe, der in Shadow of the Vam­pi­re Max Schreck dar­stell­te), der sei­nen aka­de­mi­schen Ruf ver­lo­ren hat, weil er sich mit Okkul­tis­mus zu beschäf­ti­gen begon­nen hat, anstel­le von Kreu­zen, Weih­was­ser und geweih­ten Hos­ti­en eben­falls zu magi­schen Waf­fen und Bann­sprü­chen greift, um den Nos­fe­ra­tu zu besiegen.

Von Franz hin­ge­gen kommt nicht ein­mal von fer­ne auf die Idee, es mit die­sen gen­re­ty­pi­schen Mit­teln zu ver­su­chen, die von den wis­sen­schaft­lich “auf­ge­klär­ten” Vam­pir­jä­gern der klas­si­schen Fil­me rou­ti­ne­mä­ßig ein­ge­setzt wur­den wie auf Knopf­druck funk­tio­nie­ren­de Wun­der­waf­fen. Im vam­pi­risch heim­ge­such­ten Deutsch­land von Robert Eggers gibt es zwar Weih­nachts­bäu­me, aber es sind kei­ne Pries­ter und kei­ne Kir­chen zu sehen (im Gegen­satz zum archai­schen, ortho­do­xen Rumä­ni­en). Ein klei­nes Kreuz am Hals von Ellens Freun­din Anna bie­tet nicht den gerings­ten Schutz.

Wie immer gibt es in Eggers Welt kei­nen Gott und kei­nen Chris­tus, son­dern aus­schließ­lich dämo­ni­sche, teuf­li­sche, magi­sche, übel­wol­len­de Mäch­te, die unein­ge­schränkt triumphieren.

Auch bei Mur­nau fin­den sich im Gegen­satz zur spä­te­ren Iko­no­gra­phie des Gen­res kei­ne Kru­zi­fi­xe und Hos­ti­en (bei Her­zog haben letz­te­re zwar noch eine gewis­se Bann­kraft, sind aber in ihrer Wir­kung aber stark abge­schwächt), kei­ne Pries­ter und kei­ne Gebe­te, auch dann nicht, als die Pest in der Stadt wütet.

Die Frau, die sich opfert, um dem Ster­ben Ein­halt zu gebie­ten, wird aller­dings als “rein” und “sünd­los” beschrie­ben; bereits zuvor hat ihre Lie­be, die Raum und Zeit über­win­det, in einer der berühm­tes­ten Sze­nen des Films den Vam­pir tele­pa­thisch zurück­ge­ru­fen, als er ihrem Ver­lob­ten den letz­ten töd­li­chen Biß ver­set­zen woll­te. Bei Mur­nau-Galeen ist “die Lie­be stär­ker als der Tod”, auch wenn die Braut des Hel­den am Schluß stirbt.

Eggers sabo­tiert die­se Idee, indem er einen dop­pel­ten Boden ein­führt, eine dämo­ni­sche Beses­sen­heit, die die weib­li­che Haupt­fi­gur zen­tral moti­viert. Aber auch hier kann kein Exor­zist mit Gebe­ten, Weih­was­ser und Beschwö­run­gen wei­ter­hel­fen, auch hier wird es gar nicht erst versucht.

Ellen, mehr noch als bei Mur­nau zen­tra­le Figur des Films, hat in ihrer Kind­heit aus Ein­sam­keit und Ver­zweif­lung einen Dämon ange­ru­fen, der seit­her von ihr Besitz ergrif­fen hat und sie in Träu­men, Tran­cen und dunk­len Eksta­sen heim­sucht. Bereits in der aller­ers­ten Sze­ne des Films sieht man, wie sie, laut Zwi­schen­ti­tel Jah­re vor Beginn der Hand­lung, ihren “demon lover”, den sie “Schutz­en­gel” nennt, sehn­süch­tig her­bei­ruft, und sich unter bizar­ren, über­na­tür­li­chen, kon­vul­si­schen Zuckun­gen win­det, als die­ser ihr “Gebet” erhört und von ihr bru­tal Besitz ergreift.

Der Film hat­te kaum ange­fan­gen, und ich war bereits ver­stimmt. Man sah als Ein­stieg auf 180 Grad, was eigent­lich ein Höhe­punkt am Schluß sein soll­te. Im Grun­de war mit die­ser Hor­ror­s­ex­at­ta­cke alles gesagt, kein Span­nungs­bo­gen mehr mög­lich: Ellen gehört von Anfang an dem Dämon, der sich als iden­tisch mit Nos­fe­ra­tu her­au­stellt. Er ist im Grun­de der Tod selbst. Ihr Ehe­mann kennt ihre Heim­su­chun­gen, die sie seit ihrer Kind­heit ver­fol­gen. Sie erzählt ihm, eben­falls bereits im ers­ten Akt, von einem Traum (man kann die Sze­ne im Trai­ler sehen):

Es war unse­re Hoch­zeit. Als wir uns umdreh­ten, waren ein­fach alle tot. Der Gestank ihrer Kör­per war ein­fach abscheu­lich. Vor mir stand… der Tod. Aber ich war nie­mals so glücklich.

Als sie den letz­ten, wider­sin­nig-unge­heu­er­li­chen Satz aus­spricht, zer­plat­zen ihre Gesichts­zü­ge in eine selt­sa­me Gri­mas­se vol­ler per­ver­ser, schmerz­vol­ler, unun­ter­drück­ba­rer Freu­de, wäh­rend ihr ein ner­vö­ses Lachen ent­schlüpft. Je näher der Vam­pir her­an­rückt, umso häu­fi­ger ver­liert sie die Kon­trol­le über ihren Geist und Kör­per, der immer wie­der zwang­haft in unna­tür­li­chen, obs­zö­nen Posen erstarrt, nach dem Modell der von Jean-Marie Char­cot am Ende des 19. Jahr­hun­derts beschrie­be­nen und foto­gra­fier­ten Hys­te­ri­ke­rin­nen (auch Lin­da Blairs dia­bo­li­sche Ver­ren­kun­gen in Fried­kins The Exor­cist schei­nen ein Vor­bild gewe­sen zu sein.)

Eggers ist zwar zu raf­fi­niert, um dar­aus eine plat­te freu­dia­ni­sche Geschich­te über die unter­drück­te Sexua­li­tät von Frau­en in prä­fe­mi­nis­ti­schen Zei­ten zu machen. Den­noch unter­nimmt er ein paar halb­her­zi­ge Vor­stö­ße in die­se Rich­tung. Der ent­spre­chen­de Motiv ist nicht ganz weg­zu­leug­nen, und was der Regis­seur dar­aus macht, ist reich­lich konfus.

In vie­len Sze­nen scheint auch ein ande­rer (Quasi-)Horrorfilm Pate gestan­den zu sein, Andrzej Zulaw­skis Pos­ses­si­on aus dem Jahr 1981, ein gro­tes­kes Bezie­hungs­dra­ma, in dem Isa­bel­le Adja­ni, die Hel­din aus Her­zogs Nos­fe­ra­tu, ihren ent­frem­de­ten Ehe­mann mit psy­cho­ti­schen Anfäl­len ter­ro­ri­siert, wäh­rend sie ihn mit einem Eso­te­ri­ker betrügt und heim­lich ein schlei­mi­ges Ten­ta­kel­mons­ter groß­zieht. Auch in die­sem Film ver­schwin­den die Gren­zen zwi­schen psy­chi­schen Stö­run­gen, Traum­vi­sio­nen und dämo­ni­schen Einwirkungen.

Direkt von Pos­ses­si­on scheint etwa eine wir­re Sze­ne inspi­riert zu sein, in der Ellen ihren Mann in einen his­trio­nisch eska­lie­ren­den Streit hin­ein­zieht, an des­sen Höhe­punkt sie ihn mit den Wor­ten “Du könn­test mich nie so befrie­di­gen wie er” pro­vo­ziert, was ihn auf der Stel­le forsch zur Tat schrei­ten läßt, um die­se Schmach nicht auf sich sit­zen zu las­sen. Das ist eine von etli­chen Stel­len, in der der Film in eine kras­se, selbst­zweck­haf­te Vul­ga­ri­tät abgleitet.

Vam­pi­re und Sex, der Biß als Ersatz oder Meta­pher für den Koitus, das sind nun frei­lich kei­nen neu­en Moti­ve, son­dern alte und fixe Bestand­tei­le des Gen­res. Sie sind schon im ori­gi­na­len Film prä­sent, frei­lich auf unend­lich sub­ti­le­re Wei­se. Sehn­süch­tig streckt die schlaf­wan­deln­de Ellen die Arme nach ihrem Gelieb­ten aus, wäh­rend Mur­nau mit­tels Par­al­lel­mon­ta­ge Hut­ter und den Gra­fen Orlok gleich­zei­tig her­an­na­hen läßt, den einen zu Land, den ande­ren zur See. Wer von bei­den wird nun ihr Bräu­ti­gam wer­den? Am Ende Orlok, der die Nacht an ihrem Hals sau­gend ver­bringt, bis der Hahn kräht und die Son­nen­strah­len ihn zu Staub auflösen.

Eggers hat nun die­sen Sub­text auf dras­ti­sche, fast schon por­no­gra­phi­sche Wei­se expli­zit gemacht, bei ihm wird gebis­sen und gevö­gelt. Und sonst nichts. Die Natur der Bezie­hung zwi­schen Ellen und Nos­fe­ra­tu ist kei­ne schwüls­ti­ge Gothic-Roman­ze wie zwi­schen Gary Old­man und Wino­na Ryder in der opu­len­ten Dra­cu­la-Ver­fil­mung von Fran­cis Ford Cop­po­la aus dem Jahr 1992, die unter dem Slo­gan “Love Never Dies” bewor­ben wurde.

Es han­delt sich viel­mehr um eine rei­ne mor­bi­de Lust, die durch Angst und Gewalt und Miß­hand­lung gestei­gert wird, um sata­ni­sche Orgas­men, ähn­lich wie sie die jun­ge Hexe am Ende von The Witch erlebt. “Ich bin ein Appe­tit, sonst nichts”, sagt der Vam­pir, bevor er Ellen ein Ulti­ma­tum von zwei Näch­ten stellt, inner­halb des­sen sie sich ihm frei­wil­lig als sei­ne Braut dekla­rie­ren und hin­ge­ben muß. In der Zwi­schen­zeit voll­bringt er, um sie zu erpres­sen, noch eini­ge grau­sa­me Taten, wie etwa die Fami­lie ihrer Freun­din Anna aus­zu­rot­ten (letz­te­re gespielt von einer Schau­spie­le­rin, die sich allen Erns­tes als “non-binär” bezeichnet).

Erst sehr spät, im letz­ten Akt, taucht die Idee auf, daß nur das frei­wil­li­ge Opfer einer Frau den Vam­pir zer­stö­ren (und damit die Pest been­den) kann. Sie wird nicht von Ellen, son­dern von Dr. von Franz in einem dämo­no­lo­gi­schen Buch entdeckt.

Da sich aber Ellen ohne­hin danach sehnt, von dem Vam­pir ver­zehrt zu wer­den, ja eigent­lich schon seit ihrer Kind­heit von ihm beses­sen wird, ver­liert ihr Opfer­akt jeg­li­che Rein­heit und Tra­gik und damit auch roman­ti­sche Schön­heit. Sie opfert sich am Ende nur, weil sie nicht anders kann und nicht anders will, weil es die Erfül­lung ihrer geheims­ten, tiefs­ten, dun­kels­ten Wün­sche ist.

Das Opfer und die selbst­zer­stö­re­ri­sche Ver­fal­len­heit an die Tod-und-Sex-Lust, das paßt ein­fach nicht zusam­men. Das Dreh­buch stellt sich hier selbst ein Bein. Im Jahr 2024 , 102 Jah­re nach Mur­nau, scheint es offen­bar nicht mehr mög­lich zu sein, eine tugend­haf­te oder “sünd­lo­se” Frau zu zei­gen, die sich aus rei­ner Selbst­lo­sig­keit hin­gibt. Man wür­de es als lächer­lich, abge­schmackt und ärger­lich emp­fin­den, als reak­tio­när und frau­en­feind­lich abkan­zeln. Ist das nicht eine Feig­heit auf sei­ten des Regis­seurs, daß er die­ses Risi­ko ver­mie­den hat?

Der Film endet also mit einem fina­len, blu­ti­gen Todes­sex, der ein Ende hat, als das Tages­licht den Unto­ten end­gül­tig ver­nich­tet. Die letz­te Ein­stel­lung zeigt halb­to­tal von oben das immer noch inein­an­der ver­schlun­ge­ne, nack­te, tote Paar, Ellen mit dem mas­si­gen, ver­we­sen­den Leich­nam des nun hof­fent­lich end­gül­tig ver­schie­de­nen Gra­fen zwi­schen den geöff­ne­ten Bei­nen, getaucht in ein war­mes Son­nen­licht. Erlö­sung, Hap­py End?

Wofür haben wir das nun alles gese­hen? Gepfähl­te Men­schen und Unto­te, die Blut kot­zen, nekro­phi­le Sexu­al­ak­te, Tau­ben, denen die Köp­fe abge­bis­sen wer­den, und, am schlimms­ten, krei­schen­de Klein­kin­der, die vom Vam­pir zer­ris­sen und wie Pup­pen fort­ge­schmis­sen wer­den (ich fin­de das künst­le­risch nicht zu recht­fer­ti­gen. Es ist bil­lig und wider­wär­tig. Wie Hitch­cock und Truf­f­aut hal­te ich das Töten von Kin­dern im Film für einen “Miß­brauch des Kinos”)?

Unter die­sem Grad an Kraß­heit geht es offen­bar nicht mehr in heu­ti­gen Hor­ror­fil­men, aber wirk­lich zu scho­cken scheint es auch nie­man­den mehr (auch mir wird ledig­lich übel davon). Es ist schon erstaun­lich, was man inzwi­schen alles im Kino als “nor­mal” oder min­des­tens akzep­ta­bel hin­nimmt. Bedurf­te es denn wirk­lich eines neu­en “Nosferatu”-Films, um die­se Art von ohne­hin schon han­dels­üb­li­cher Kost zu servieren?

Ich habe bereits erwähnt, daß man­che Rech­te in der Ang­lo­sphä­re Robert Eggers als Regis­seur schät­zen, der eine Vor­lie­be für “euro­päi­sche” Ästhe­tik und “wei­ße” Sujets hat. Das mag schon so sein. Sie über­se­hen jedoch, daß die Wel­ten, die er zeich­net, durch­weg alp­traum­haft sind und in ihnen, wie bereits gesagt, der Tod, der Wahn­sinn, die Zer­stö­rung und das Böse stets tri­um­phie­ren (The North­man, der eini­ge posi­ti­ve Ele­men­te ent­hält, mag dabei noch der am wenigs­ten beklem­men­de Film sein). Sie sind Kunst­wer­ke einer spä­ten, aus­ge­höhl­ten, ster­ben­den Zivilisation.

Es ist aller­dings nicht nur der Nihi­lis­mus und der schlech­te Geschmack am Krank­haf­ten und Extre­men, der Nos­fe­ra­tu zu einem eher uner­freu­li­chen Erleb­nis macht.

Auch wenn Eggers einer der bes­se­ren zeit­ge­nös­si­schen Regis­seu­re und einer der letz­ten Ban­ner­trä­ger der “Arthouse”-Tradition ist, so kran­ken sei­ne Fil­me doch am sel­ben Syn­drom wie das gesam­te heu­ti­ge Kino: Da ist einer­seits der Zwang, pau­sen­los die ermü­de­ten und abge­stumpf­ten Sens­ori­en des Zuschau­ers mit Rei­zen zu bebal­lern, ande­rer­seits das krea­ti­ve Auf-der-Stel­le-tre­ten, das pau­sen­lo­se Recy­clen alter Stof­fe, Bil­der und Fil­me, ohne etwas wirk­lich Neu­es her­vor­zu­brin­gen, wäh­rend gleich­zei­tig die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten zur Umset­zung kühns­ter Visio­nen grö­ßer und (ver­gleichs­wei­se) bil­li­ger sind als je zuvor.

Nos­fe­ra­tu ist eine wei­te­re schal schme­cken­de Frucht des Zeit­al­ters der Remakes, Reboots, Fran­chi­ses, Sequels und Pre­quels, trotz sei­nes geho­be­nen Anspru­ches und sei­ner hand­werk­li­chen Meis­ter­schaft. Ein Klas­si­ker wird aus die­sem Wie­der­gän­ger nicht wer­den, son­dern ver­mut­lich allen­falls eine Fuß­no­te zu den Fil­men, die er vam­pi­ri­siert hat.

***

Eine eng­lisch­spra­chi­ge Ver­si­on die­ser Bespre­chung gibt es auf mei­ner neu­en Substack-Seite.

Mehr von Licht­mesz über Dra­cu­la und sei­ne Ver­fil­mun­gen in die­sem Gespräch mit Mil­len­ni­al Woes (2021).

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (27)

Ekstroem

14. Januar 2025 15:22

"Wofür haben wir das nun alles gesehen?" Ihre Frage, werter @ML beantworten Sie nicht bis unzureichend. All diese Flime, angefangen mit dem von Murnau, haben einen Bezug zu schwarzer Magie. Wer sich das antun möchte, tut das auf eigene Verantwortung. Randbemerkung: Sie erwähnen Hitchcock. Der hat unmittelbar nach der Kapitulation in Deutschland Propadanda-Dokumentationen gemacht (ich vermeide das Wort gefaked), die Teil des Auftakts der Re-education waren. Da haben noch andere spätere Hollywoodgrößen wie Billy Wilder mitgemacht.

ML: Hitchcock hat keine "Propaganda-Dokumenationen" gemacht, das ist ein dummer Fake, den ich immer wieder auf "revisionistischen" Seiten lese. Billy Wilder war schon stärker in "Re-Education"-Aktivitäten involviert. Aber das tut Null zur Sache, was das Werk der beiden angeht.

Adler und Drache

14. Januar 2025 17:21

Ich hab einen Freund ... nun ja, "Freund" ist zu viel gesagt - einen Bekannten. Hochintelligent, aber nie richtig gefördert. Bezeichnet sich selbst als "Verschwörungstheoretiker". Zum normalen Leben untauglich, sitzend hinter Gebirgen von Büchern und einer verstaubten Tastatur, mit der er die Welt erkundet.
Was hab ich mich mit ihm gestritten. 
"Merkst du nicht, dass immer mehr Filme von tödlichen Pandemien handeln?", fragte er einmal.
Ich: "Und?"
Er: "Filme sind dazu da, um die Menschen an etwas zu gewöhnen. Wir sollen auf etwas vorbereitet werden. Da wird uns etwas eingepflanzt, es ist etwas ähnliches wie ein magischer Akt. Da kommt was in der Realität auf uns zu, wirst sehen!"
Ich verdrehte die Augen. Drei Jahre später kam Corona. 
@ Martin Lichtmesz: Thedore Roszak, "Schattenlichter" dürfte hochinteressant für Sie sein. 

RMH

14. Januar 2025 17:27

"fantastisch guten Filmmusik von Hans Posegga"
Von ihm stammt auch die Musik zum TV- Vierteiler "Der Seewolf", damals ein sog. "Straßenfeger" (ich war damals auch Fan dieses Vierteilers, habe aber Jack London in Buchform ebenfalls sehr gerne gelesen, evtl. hat mir der Vierteiler auch deshalb so gut gefallen). 
Wie immer: Lichtmesz´ Filmbesprechungen sind ganz großes Kino. Danke! In diesem Fall hat die Rezension aber eher das Interesse geweckt, die beiden "alten" Versionen von Murnau und von Herzog noch einmal anzusehen, als die neue Variante.
Von den ganzen neueren Filmen zum Thema "Vampir" fand ich noch den Film von Jim Jarmusch "Only Lovers Left Alive" nett gemacht und etwas, was man sich, wenn man einmal wieder nicht einschlafen kann, gut ansehen kann. Das hat dann nichts mehr von einer Sinfonie des Grauens. Vampire werden postmoderne Anywheres, die versuchen, politisch korrekt zu sein und leiden darunter. 

ML: Ich mag "Only Lovers Left Alive", aber es ist halt ziemlich seicht.

Markus81

14. Januar 2025 17:30

Lieber Martin, 
gäbe es die Möglichkeit, dass du einmal einen Artikel mit einer Liste deiner Top 15 Filme veröffentlichst? (Eventuell mit kurzer Begründung?)
Liebe Grüße 👋🏻 
Markus 
 

Kositza: Schon ewig in Arbeit...

ML: Nö, das ist nicht Ziel und Absicht meines Filmbuches.

Diogenes

14. Januar 2025 17:33

"All diese Flime, angefangen mit dem von Murnau, haben einen Bezug zu schwarzer Magie." - Ekstroem
 
Sie beruhen auf mystischen (oft nicht materiellen fassbaren) Wesenheiten/Entitäten, dessen Natur darin besteht den Menschen als Nahrungsquelle zu halten. "Wendigo" oder "Schweber", so von sprituellen Sehern in Übersee genannt ("Archonten-Kollektiv" (Niedrigschwingende), sich von disharmonischen Gefühlen wie Angst und Leid ernährend, wird als dunkle Wolke/Ansammlung beschrieben die sich in der Nähe von menschlichen Bösartigkeiten aufhält. Christen würden es Dämonen ("Schrecken", von Daimos kommend) nennen). Vor dem Hintergrund macht die Pädophilie, Folterung und Ermordung von jungen Menschen in gewissen Kreise in Übersee ("Hollywood") und der "Stadt von London" (im Moment aktuell durch Musk (Starmer) und Röper (siehe Artikel bei "Antispiegel" dazu. -Kindesentführung aus der Ukraine. Diese Kinder kehren nie mehr zu ihren Eltern zurück).    
 
Der Begriff "Schwarze Magie" ist mir zu abstrakt/nichtssagend (meine Meinung ist: In der Göttlichen Ordnung des Universums verborgene Technik ist Magie für Primitive. Es handelt sich also Okkultismus (einen Berg darüber habend, "Verbergend") . Wenn man nicht weiß was es ist oder sich etwas nicht erklären kann, dann ist man auch in der Wissenschaft schnell dabei mit "Schwarze Materie", "Schwarze Energie“, dieser Platzhalter der 98 Prozent des Universums beschreiben soll. 

esprix

14. Januar 2025 17:44

Dieser Beitrag zeigt krass wo wir stehen. D.h. die Lage der "westlichen Zivilisation". Ging man vor Jahren in eine gut ausgestattete Videothek konnte man diese Errungenschaften bestaunen und ins Verhältnis setzen, zu seriösen Literaturverfilmungen. Hier haben übrigens die Sowjetunion, Polen Ungarn und auch die DDR Hervorragendes geleistet. 
Im Gegensatz zum Westen, wo das Millionenpublikum immer nur mit Trash abgespeist wurde. Die CSSR-Kultserie "Das Krankenhaus am Rande der Stand", ein sozialpsychologisch und menschlich tiefsinniges Werk des Jaroslav Dietl, wurde im Westen mit der "Schwarzwaldklinik" nicht kopiert, sondern trivialisiert.
Seit Jahren werden die TV-Nutzer mit Mord und Totschlag "unterhalten", wie es vor 30-40 Jahren undenkbar war. Dunkel, misanthropisch und regressiv sind diese modernen Krimis. Man vergleiche mit Schimanski aus den 80zigern und es wird klar wo wir gelandet sind.
 

esprix

14. Januar 2025 17:45

Die Frage ist: Muss das so sein, wer entscheidet darüber, wurden die TV-Nutzer und Kinogänger gefragt, ob sie das gut finden? Welche Normen und Werte werden hier unterschwellig verbreitet und warum.
Übrigens gibt es eine tschechische TV-Krimiserie von 1976 "Die Fälle des Major Zeman", die auf authentischen Ereignissen beruht, meist Spionage und Subversionsfälle die aus dem westlichen Ausland betrieben wurden. Daher sind die Folgen 11-30 in der BRD auch zensiert. Die ARD und ihre Vetriebsgesellschaften haben nur den Verkauf und die Nutzung der ersten 10 Folgen erlaubt, obwohl die komplette Serie von der Defa synchronisiert wurde und man in tschechien und auf youtube die Tschechischen Orginale anschen kann. Es geht hier auch um die ersten Formen von Regime-change versuchen von 1968, den sog, Prager Frühling und andere gezielte Einflussnahmen auf das Leben und die Gesellschaft zwischen 1945 bis 1970, die wir in der BRD nicht erfahren dürfen.   

Hesperiolus

14. Januar 2025 17:50

Der avant la lettre transhumanistische Vampyrmythos parodiert, Stoker war anscheinend auch -  ungesund (Goethe) -ps. romantischer Freimaurer, – in seiner epigonalen Rezeption gewollt– schlichtweg denunzierend  Aristo-Tradition zur hämato-kriminellen Perversion. Ist anti-reaktionär! Dracula figuriert als Graf, nicht als Fabrikherr oder, was es träfe, überakkumulierter Kapitalist, grundfalsch. Heterodox marxistische Interpretationen sind da ergooglebar aufschlüssiger, mehr noch zum Zombie und neumythologisch zum Adrenochrom. Das erotisierende Circum-Brimborium beiseite. Aversion zum Horrorfilm frühauf, auch von GK, teile ich; unbelesen bei Montague Summers, der sinistren Koryphäe für derartiges. Herzog hat schon eine gewisse melancholische Stimmung, tonspurend ,architektonisch und landschaftlich (hollandesk nicht zufällig). Aber- ist über, besser wider

Le Chasseur

14. Januar 2025 19:27

"Ich habe bereits erwähnt, daß manche Rechte in der Anglosphäre Robert Eggers als Regisseur schätzen, der eine Vorliebe für “europäische” Ästhetik und “weiße” Sujets hat. Das mag schon so sein. Sie übersehen jedoch, daß die Welten, die er zeichnet, durchweg alptraumhaft sind und in ihnen, wie bereits gesagt, der Tod, der Wahnsinn, die Zerstörung und das Böse stets triumphieren. Sie sind Kunstwerke einer späten, ausgehöhlten, sterbenden Zivilisation."
Das waren die Geschichten von H. P. Lovecraft vor hundert Jahren auch schon.

ML: Stimmt, aber für Lovecraft war das "kosmische Grauen" mehr als nur ein kalkulierter Nervenkitzel.

Gracchus

14. Januar 2025 19:51

Ich habe Lust bekommen, mir den Ur-Nosferatu wieder anzusehen, auch einer meiner Lieblingsfilme; und sowieso: Murnau. 
Leider bestätigt der Schluss meine Vorurteile gegen die gegenwärtige Filmproduktion, die ich - nicht nur mangels Zeit - weitgehend umfahre. Ich hab's noch nicht rausgefunden; immer scheint etwas zu fehlen, aber was? Oder fehlt nichts, sondern ist was zu viel, worauf ja auch die Kritik hier hinausläuft. 
@Ekstroem: Was meinen Sie mit Bezug zur schwarzen Magie? Dass diese Filme selbst ein Werk schwarzer Magie sind? Und den Zuschauer daher gegen seinen Willen fesseln. Was trägt der Hinweis auf Hitchcock und Wilder zum Thema bei?
 
 

Franz Bettinger

14. Januar 2025 21:28

Ich kann mit dargestellter Hässlichkeit nichts anfangen, gar nichts. @Esprit: Danke, dass Sie "Das Krankenhaus am Rande der Stand“ mir wieder in Erinnerung riefen. Man kann sich die Serie heute noch auf YT ansehen. Wahrlich ein gelungener Streifen. Ich stimme der These zu, dass uns viele Hollywood-Filmen auf kommende Inszenierungen vorbereiten sollen, auf dass wir uns dran gewöhnen: Aliens,  Pandemien, Weltuntergänge, Horror, Pädophile, brennende Städte Wüsten  Ich verstehe nicht, dass anscheinend viele dem Voodoo-Dreck verfallen. Wozu sollen solche Filme gut sein?

Ekstroem

14. Januar 2025 21:31

Werter @Gracchus, zu Ihrer ersten Frage. Bezug meint Verbindung. Der Begriff Bewußtseinsindustrie stammt von Enzensberger. Seit seiner Formulierung ist immer mehr von dem bekannt geworden, was damit verbunden ist. Manipulation des Bewußtseins des Einzelnen und der Gesellschaft, um es zusammenzufassen. Hollywood wurde zu Hellywood, die Hippie "Love and Peace" Revolution wurde demaskiert als gesteuerte PsyOp (Stichwort: Laural Canyon als Wiege der okkulten Popkultur) ... Dies alles fing nicht erst in den 1960igern an. Seit es den Film gibt, wird er zur Bewußtseinsmanipulation instrumentalisiert. Zur zweiten Frage. Wer die Regisseure von Filmen sind, ihr Werdegang, ihre Auftraggeber ... dies wirkt sich in ihren Filmen aus. Letztlich ist es aber Sache des Einzelnen, zu entscheiden, was er hört, sieht, liest...

RMH

14. Januar 2025 22:21

"Der Begriff Bewußtseinsindustrie stammt von Enzensberger."
... und der baut auf dem Begriff der Kulturindustrie aus "Dialektik der Aufklärung" (Horkheimer/Adorna) auf. Ich hab das hier schon öfter geschrieben, aber das Buch bedarf einmal einer gründlichen Rezension von rechts (evtl. gabs das auch schon). Insgesamt darf man manche Dinge auch nicht überbewerten. Hier geht es um eine Filmkritik & ohne Filme gäbe es auch nichts zur kritisieren (postiv oder negativ). Einen Zwang zum Ansehen von Filmen (über kurze Clips hinaus, denen man manchmal nicht aus dem Weg gehen kann) kann ich übrigens bislang selbst in unserer notorisch übergriffigen Zeit noch nicht erkennen. Wenn es nicht gefällt, abschalten, aus dem Kino gehen, Buchdeckel zumachen etc. Kunst kann/darf auch böse sein, da sie eben gerade (neues Verständnis des Begriffs) "virtuell" ist. Das gibt es vermutlich schon seit Anbeginn der "Kunst", man denke bspw. nur an Lautréamont (gut, noch nicht so alt, etwas über 150 Jahre). Die Gesänge von Maldoror möchte ich aber zwingend nicht verfilmt sehen (ist schon literarisch eine Zumutung, hat aber dennoch neben anderen Künstlern auch Filmschaffende beeinflusst).

Adler und Drache

14. Januar 2025 23:09

@ esprix:
Die Frage ist: Muss das so sein, wer entscheidet darüber, wurden die TV-Nutzer und Kinogänger gefragt, ob sie das gut finden?
Der Mensch frisst halt, was ihm hingeworfen wird. Schon in der 6. Klasse unterhielten sich meine Klassenkameraden über Horrorfilme, die sie gesehen hatten. Ich hatte da nur den "Hund von Baskerville" gesehen und mich saumäßig gefürchtet. Darüber konnten sie nur lachen. Das ging lange so, noch mit Mitte 20 blieb mir im Kino der Atem weg, und ich drückte mich in den Sessel, während mein Kumpel lässig neben mir saß und mit den Schultern zuckte. 
Später wollte ich auch so cool sein und sah mir alles mögliche an. Es versaut einem die Seele. Als ich das begriffen hatte, nahm ich wieder Abstand. 
Je älter ich werde, umso wichtiger wird mir die Askese. Nun lachen meine Kinder über mich. Ich vermag nicht in überzeugende Worte zu fassen, warum sie sich gewisse Sachen nicht reinziehen sollten. "Es ist doch nix." 

Adler und Drache

14. Januar 2025 23:16

@ Diogenes:
Vor dem Hintergrund macht die Pädophilie, Folterung und Ermordung von jungen Menschen in gewissen Kreise in Übersee ("Hollywood") und der "Stadt von London" (im Moment aktuell durch Musk (Starmer) und Röper (siehe Artikel bei "Antispiegel" dazu.
Vor 2 oder 3 Jahren machte in unseren Kreisen eine kleine Empörungswelle wegen äußerst unappetitlicher Bilder, welche im EU-Parlament aushingen, die Runde - zerrissene Babys usw. 
Kann sich noch wer erinnern? 
Es scheint Gesetz zu sein: Wo Christus aus dem Haus ist, tanzen die Dämonen auf dem Tisch. 

Majestyk

14. Januar 2025 23:41

@ esprix:
"Hier haben übrigens die Sowjetunion, Polen Ungarn und auch die DDR Hervorragendes geleistet."
Bezweifelt niemand, andererseits wurde oft Erziehungskino à la DEFA geboten. Die Tschechoslowaken mit Ihrer neuen Welle würde ich mal ausklammern, Marketa Lazarová, Tausenschönchen, Valerie usw.
"Im Gegensatz zum Westen, wo das Millionenpublikum immer nur mit Trash abgespeist wurde."
Weil Fellini, Ford, Lean, Renoir, Hitchcock alles Osteuropäer waren, hört man schon an deren Namen. Über Geschmack lohnt sich aber bekanntlich nicht streiten.
Lief eigentlich Die fünfte Kolonne  im DDR Fernsehen? Wahrscheinlich nicht, warum wohl? Die Kriminalfälle des Majors Zeman ist heute definitiv nicht zensiert. Staffel 1 gibt es auf DVD, warum die beiden anderen nicht erschienen sind müßte man bei der VZ-Handelsgesellschaft erfragen. Womöglich hat sich die erste Box nicht gut genug verkauft. Soll auch bei Westserien vorkommen. Am für ümmesünst im Netz verdient ein Medienunternehmen schließlich nichts. Im Übrigen wurden die eigenen Dienste im Westen in Filmen ziemlich oft kritisch thematisiert. Gab es Kritik an den eigenen Nachrichtendiensten auch im Osten? 
Schimanski ist so ziemlich das beste Beispiel für die Eroberung des WDR durch 68er und die bestimmen seitdem wie Fernsehunterhaltung ausschaut. Nicht umsonst wirft Schimmi gleich in der ersten Folge dem Konterfei von Felmy eine Flasche an den Kopf. Was Felmy gar nicht so lustig fand. 

MarkusMagnus

14. Januar 2025 23:52

@ Adler und Drache
"Ich verdrehte die Augen. Drei Jahre später kam Corona"
Kurz nach dem Corona auftauchte kam einer meiner Lieblingsfilme im TV. Twelve Monkeys. Dort geht es auch um eine Virus-Pandemie. In einer Szene sagt James Cole ( dargestellt von Bruce Willis):
"Es geht gar nicht mehr um das Virus. Es geht nur noch darum das wir tun was die sagen"
Ich saß vorm TV und dachte nur: Ihr Wi......
Interessanterweise kam der Film 1995 heraus, genauso wie der Film Outbreak, in dem es auch um eine Virus-Pandemie geht. Wahrscheinlich war damals schon sowas geplant oder vorbereitet worden.

ML: Ich halte diese Idee des "predictive programming" für groben Unfug.

Majestyk

15. Januar 2025 00:22

@ Franz Bettinger:
Schon die Griechen kannten die Wirkung der Katharsis. Im Übrigen spiegeln Filme die jeweils eigene Zeit wieder und im nicht alimentierten Filmgeschäft melkt man eine Kuh solange bis sie keine Milch mehr gibt.
Vor dem Verderben der Jugend warnte man schon in der Antike. Ich gehöre zur Generation die auch mit Kettensägenmassaker, Zombies oder den Freitag der 13 Filmen aufgewachsen ist und sich an der Kopie, der Kopie einer Kopie nicht satt sehen konnte, ohne auf dem Bildschirm überhaupt was erkennen zu können. Hat keinem von uns geschadet. Bestürzung und erzieherische Betroffenheit gab es damals ebenfalls, unvergessen Mama, Papa, Zombie. Man sollte nicht alles zu ernst nehmen. Solche Filme werden für Teenager gemacht und die müssen Spaß daran haben. Ein paar Jahre nach mir kamen die Videospielzocker, die hat man auch verdammt. Aus denen ist aber auch überwiegend was geworden.
@ Ekstroem:
"Wer die Regisseure von Filmen sind, ihr Werdegang, ihre Auftraggeber ... dies wirkt sich in ihren Filmen aus. Letztlich ist es aber Sache des Einzelnen, zu entscheiden, was er hört, sieht, liest..."
Eben. Jene Macher sind heute meist Nachfahren von Kulturhegemonisten. Mag langweilen, kann man nicht oft genug wiederholen. Linke machen Dinge die zersetzen, zumindest so lange wie sie eine Gesellschaft nicht komplett kontrollieren. Danach behaupten sie wie toll alles ist und wie blöd beim imperialistischen, faschistischen Nachbarn.

MarkusMagnus

15. Januar 2025 02:11

"ML: Ich halte diese Idee des "predictive programming" für groben Unfug"
Das habe ich auch mal gedacht. Aber ich glaube schon das im TV  Themen begleitet oder auch vorbereitet werden die wir schlucken sollen. Bewegte Bilder sind immer noch das! Propagandamittel überhaupt. Im TV, Internet oder Kino.
Es gab mal eine Serie kurz vor dem 11. September. Eine Folge hieß der einsame Schütze. In dieser Folge stürzen Terroristen ein Flugzeug in einen Turm des WTC. 
Glauben sie die offizielle Story zum 11. September? Ich nicht. 
Ich halte es für eine Art Ritual. An einem bei dem die ganze Welt zusehen sollte.
Ist es nicht so das es in der schwarzen Magie so ist das man sein Opfer vorwarnen muss damit das Ritual funktioniert? Ist ja nicht so das ich mich damit nicht auch schon beschäftigt habe/musste.

ML: Ich bin natürlich "9-11"-Truther, und diese "Lone Gunmen"-Folge ist schon äußerst seltsam. Ich weiß nicht, was hier hinter den Kulissen ablief. Dennoch halte ich die Vorstellung generell für realitätsfremd, Filme würde von Verschwörern bereits Jahre zuvor mit Hinweisen gespickt. Speziell Sci-Fi-Filme nehmen auch ohne Verschwörungen dystopische Entwicklungen vorweg. Aber das ist ja keine Kausalität oder Komplizenschaft.

Franz Bettinger

15. Januar 2025 06:16

@Lichtmesz: Zum Thema Vorwissen und Voraus-Inszenierungen: 2 Jahre vor „Ausbruch der Fake C-Pandemie taucht im 2017-er Heft 'Asterix in Italien‘ ein Streitwagenfahrer namens Coronavirus als Unruhestifter auf. Im Jahr 1981 schrieb der Schriftsteller Dean Koontz unter dem Pseudonym Leigh Nichols den Roman 'The Eyes of Darkness' der 1988 auch verfilmt wurde: Die Augen der Dunkelheit. Der Roman beschreibt eine katastrophale Pandemie, erzeugt durch einen Virus, gegen den Schulmedizin machtlos ist. Wie heißt der Virus in diesem Roman?  'Wuhan-400'!  Der Roman spielt im Jahr 2020. Zufälle gibt’s!

ML: Die stecken natürlich alle schon seit Jahrzehnten unter einer Decke, und kein Mensch hat vor 2020 Coronaviren gekannt und über Pandemien nachgedacht.

Ptolemaios

15. Januar 2025 06:22

Da ich ebenfalls von Murnaus Nosferatu zutiefst beeindruckt bin und ihn nicht einfach nur für eine Verfilmung von Stokers Dracula halte, sondern für ein Kunstwerk eigener Art, habe ich mir natürlich dieses neue "re-make" angesehen. Es stößt mich ab, widert mich an. Es beginnt bereits mit dem Untertitel: Nosferatu - Der Untote. Hier wird bereits in nuce klar, was der Regisseur gemacht hat. Stoker hatte das Wort "Nosferatu" falsch als "untoter" verstanden. Murnau und Galeen setzen genau an diesem Punkt an und verstehen "Nosferatu" als νοσοφορος als "Krankheitsbringer". Deshalb die Ratten im ganzen Film und keine Wölfe, deshalb die für der Murnauschen Vampyr typischen Rattenzähne und eben keine Wolfszähne. In der Neuverfilmung wird also ein Amalgam aus Stoker und Murnau-Galeen geboten, das beiden nicht gerecht wird, das beide Kunstwerke zerstört. Vielleicht kann das amerikanische Publikum nur solches goutieren, mich ekelt es an. Der Vampyr selber ist in bester me-too Manier die Wiederkehr der Traumata des Mißbrauchs von Ellen als Kind. Ihre hysterischen Anfälle, die Anleihen aus dem Exorzisten zu sein scheinen, werden noch über die männlichen Verhaltensweisen gestellt. Damit wird die bei Stoker starke Mina und die bei Murnau-Galeen reine Ellen völlig besudelt. Das einzig gute sind die Kostüme, schon die Farben, die Schnitte sind schmerzhaft künstlich. Das "Dakische" ist mir zu "Rumänisch", wo doch Dracula und Orlok in Ungarn leben.

MARCEL

15. Januar 2025 07:06

Sozusagen als "Nachspeise" empfehle ich den Film "Freud - jenseits des Glaubens" mit Anthony Hopkins als streitlustig sterbenden Freud, auch nicht frei von Dämonischem...(C.S. Lewis wirkt in der Darstellung etwas blass).

esprix

15. Januar 2025 08:39

Staffel 2 und 3 von Major Zeman sind verboten. Die DVD`s waren schon produziert. Auslieferung und  Verkauf wurden vermutlich von britisch/US-Sischerheitsbehörden im ööR verhindert. Sie finden im deutschen Sprachraum keine einzige Kopie der von der Defa synchronisierten Folgen 11-30.  Offizielle Begründung war: "Verherrlichung des Sozialismus". Wie gesagt in Tschechien können sie diese anschauen und sie wurden 2008/2009 dort auch im Fernsehen gezeigt.
Insgesamt kann man schon behaupten, dass DDR-Fernsehproduktion dem friedlichen Zusammenleben und der öffentlichen Moral dienlich sein sollten. Aber auch Fontane-Verfilmungen, Goethes Wahlverwandtschaften und Historienschinken wurden produziert, Anfange der 70er auch Sciense Fiction. Hoppe, Thate, Krug, Mueller-Stahl, Domröse, Geschonnek, Böwe.... waren sehr gute Schauspieler und einige haben durch ihren Weggang in die BRD, dem Kulturleben und dem Ansehen der DDR geschadet, was sie später z.T. bereut hatten.
 

Laurenz

15. Januar 2025 09:21

Schreibe meinen Kommentar beim Stand von 22 Kommentaren. Warum schreibt ML überhaupt solch einen Artikel? Weil Ihn wohl die Kunstform brennend interessiert & Er einen Anlaß sieht. Der Artikel besteht einerseits aus der Recherche, andererseits aus der persönlichen Wahrnehmung. Ich kann bei der persönlichen Wahrnehmung aber keinen Anspruch auf Gemeingültigkeit erkennen.

ML: Quatsch, mein Urteil ist objektiv und wohlbegründet. Ob einem der Sud schmeckt, ist dann Geschmacksache.

So ganz anders, als das Kommentariat. Da fehlt mir völlig die Abstraktion, auch bei Liebe & Haß, die nötig ist, Filme einzuschätzen. Leute, wie Trenker, Riefenstahl oder Murnau konnten das Rad noch neu erfinden, heute kann man das Rad nur noch rollen lassen oder anhalten. In der Weimarer Zeit wurden Filme privat finanziert, daher auch die Kreativität. Der Film Nosferatu wurde durch die Prana-Film 1925 realisiert, die auch dabei pleite ging. Selbst die UfA ging kurze Zeit später pleite, was der ökonomischen Situation der Weimarer Zeit geschuldet war & wurde durch Hugenberg gerettet. Weder Stoker noch sonstige Autoren saugen ihren Stoff aus den Fingern. Wer eine Geschichte über "Labor-Unfälle" + Katastrophe schreibt, recherchiert, wo sich überhaupt entsprechende Labore befinden. Es hätte natürlich einen großen Effekt mit einem Flugzeug in die Kuppel des Reichstags zu fliegen, aber fliegerisch ungleich schwerer als in das WTC. Das ist auch längst überholt, welcher Trottel nutzte im Zeitalter der Drohne noch einen Flieger?

Laurenz

15. Januar 2025 09:24

(2) Galeen hat nix anderes gemacht, als Hollywood, Bibelautoren oder Goethe (Mephisto). Er schrieb über das, was Menschen bekanntermaßen fürchten, aber auch nur deswegen, weil die Autorenschaft, wie das Kommentariat, polarisieren. Nur mit der dämlichen Okkupation des positiv besetzten Raums erzeugt man überhaupt erst den Aspekt der Angst, des Dunkelmächtigen. Nur mit der Behauptung eines übermenschlich mächtigen, positiv besetzten Schöpfers erzeugt man einen mythisch dunklen Mitbewerber. Läßt man den Schöpfer Schöpfer sein, gibt es auch keine Mitbewerber. Karl May, der zwar an die Auferstehung Jesu Chrsti glaubte, aber nicht an Vampire, läßt sich Selbst durch Bulgarien reisen (In den Schluchten des Balkan) & den Schwindel auffliegen. Stoker (*1847) starb, wie May (*1842), im Jahre 1912. Die Wikipedia berichtet, daß viele Kritiker der Meinung waren, daß Nosferatu mit durch die Kriegserlebnisse der Generation Murnaus geprägt war. Murnau hatte 1915 Seinen Lebensgefährten, den Lyriker & Leutnant Ehrenbaum-Degele, an der Ostfront verloren, der bei den Kämpfen an der Nare fiel. @Ptolemaios ... die ganze originale Nummer spielt in den Karpaten, mehr oder weniger Siebenbürgen, egal, wem die gerade gehören.

RMH

15. Januar 2025 09:40

Ja, werter @esprix, die DDR war gesellschaftlicher Fortschritt, Hort freien Kunstschaffens und des friedlichen Zusammenlebens, wir wissen es jetzt alle. Aber Sie schreiben es doch selber: "dass DDR-Fernsehproduktion dem friedlichen Zusammenleben und der öffentlichen Moral dienlich sein sollten." Das hat dann, bei allen dennoch möglichen künstlerischen Details und z.T. hoher handwerklicher Leistung, nichts mehr mit freier Kunst zu tun. Es ist Auftagskunst, gelenkte Kunst (die allerdings überall auf der Welt den größten Teil von Kunst ausmachen dürfte) und da haben eben nicht alle Künstler mitgemacht bzw. im Ergebnis rübergemacht (etliche unfreiwillig). Die genannte Serie vom Krankenhaus am Rande der Stadt wurde zum großen Teil vom NDR co-produziert und lief daher auch im Westfernsehen. Überhaupt gab es erstaunlich viele Ost/West-, West/Ost Coproduktionen. Der von mir eingangs genannte 4-Teiler "Der Seewolf" wurde bspw. in Rumänien mit einem rumänischen Schiff gedreht und es gab noch mehr von dieser Zusammenarbeit. Ihre Beiträge haben daher, Entschuldigung, ein bisschen den Unterton von "früher war mehr Lametta" und wenn es irgendeine Serie nicht sofort auf DVD gibt, dann ist sie verboten etc.

Le Chasseur

15. Januar 2025 09:44

@MarkusMagnus 
Bzgl. 9-11: Es gab auch einen vor dem 11.09.01 entstandenen Cover-Entwurf für das Album einer amerikanischen Hip-Hop-Gruppe, auf dem die explodierenden Türme des WTCs zu sehen waren: https://www.spiegel.de/kultur/musik/the-coup-explosion-auf-dem-cover-a-157006.html