Nur nix einreißen lassen!

"Störungsmelder" ist ein von der Zeit gesponsertes Quasi-Antifa-Blog, das ähnlich wie das berüchtigte "Netz gegen Nazis" funktioniert:...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

täg­li­che Gru­sel­mel­dun­gen über die rechts­extre­me Sze­ne, gepaart mit Auf­for­de­run­gen und Hil­fe­stel­lun­gen zur Denun­zia­ti­on, ver­faßt von Autoren mit meis­tens links­extre­mem Hintergrund.

Das The­ma ist lapi­dar abgesteckt:

Wir müs­sen reden. Über Nazis.

Hier geht es um Neo­na­zis. Wo sie auf­tre­ten, was sie dabei sagen und vor allem: Was man gegen sie unter­neh­men sollte.

Zwecks Qua­li­täts­si­che­rung darf jeder daher­ge­lau­fe­ne Hinz­kunz mit­ma­chen, der die fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen erfüllt:

Du hast Nazis um dich her­um und willst dar­über berich­ten? Du hast ganz all­ge­mein viel zu die­sem The­ma zu sagen? Dann kli­cke hier und wer­de Stö­rungs­mel­der-Autor.

Wie bei allen Sei­ten die­ser Mach­art, ist “Nazis” ein weit­ge­spann­ter Begriff. Ten­den­zi­ell geht es dar­um, die gesam­te Rech­te jen­seits von CSU/CDU und Sar­ra­zin per Dif­fa­mie­rung zu bekämp­fen. Das zeig­te sich neu­lich sehr schön in einem Arti­kel auf Netz gegen Nazis, der anläß­lich der Abschal­tung der ein­schlä­gi­gen Por­ta­le Alter­me­dia und Thia­zi-Forum erschien.

Die­ser bestand in einer Art Menü­zet­tel von Sei­ten, auf denen angeb­lich der gräß­lich häß­li­che “Haß” “wei­ter­geht”, und die der ganz all­ge­mein viel zu sagen haben­de Autor am liebs­ten gern als nächs­tes im Sau­se­schritt abge­schal­tet sehen möch­te: dar­un­ter, etwas will­kür­lich aus­ge­wählt, auch pi-news, Sezes­si­on im Netz, und sogar eigen­tüm­lich frei, lus­ti­ger­wei­se als “Neue Rech­te” einsortiert.

Soll­ten den Anti­fas also die “Nazis” eines Tages aus­ge­hen (der Ver­fas­sungs­schutz wird ihnen schon fri­sche nach­lie­fern), dann kön­nen wir mit Sicher­heit davon aus­ge­hen, daß ande­re auf ihren Platz nach­ge­rückt wer­den, solan­ge, bis die Sala­mi ganz auf­ge­schnit­ten ist, und nach Mer­kel nur mehr die Wand kommt.

Und so fin­det sich auf Stö­rungs­mel­der nun ein klei­nes, dümm­li­ches, schmud­de­li­ges Hetz­ar­ti­kel­chen, in dem berich­tet wird, daß die “nicht NS-bezo­ge­ne Rech­te” eine “Freie Mes­se” in Ber­lin pla­ne – was den Lesern kon­ser­va­ti­ver Sei­ten und wohl auch dem ganz all­ge­mein viel zu sagen haben­den Autor selbst seit Mona­ten bekannt ist. Man hat aber offen­bar den Start­schuß für die Wach­hun­de bis zur Bekannt­ga­be des Ver­an­stal­tungs­orts abgewartet:

Am Ver­an­stal­tungs­ort vor dem AVZ Ver­an­stal­tungs­zen­trum „Logen­haus“ im Ber­lin-Wil­mers­dorf ist an die­sem Sams­tag mit anti­ras­sis­ti­schen Gegen­pro­tes­ten zu rechnen.

“Rosa! Karl! Faß! Bra­ver Hund!”” Die Bot­schaft wird gewiß beim Adres­sa­ten ankom­men, und der Stö­rungs­mel­der-Hinz­kunz wird dabei nicht mal sei­ne Note­book-Tas­ta­tur schmut­zig gemacht haben. Soll­ten die Refle­xe immer noch funk­tio­nie­ren, und Sams­tag­mor­gen auf­steh­tech­nisch nicht eher eine ungüns­ti­ge Zeit für den Durch­schnitts­an­ti­fan­ten sein, dann hät­ten wir immer­hin wie­der ein pri­ma Quod erat demonstran­dum von Kubit­scheks Feststellung:

Wer behaup­tet, es sei der Staat mit sei­ner per­ma­nen­ten Feind-Insze­nie­rung gegen Rechts, der die Stra­ßen­trupps der Anti­fa legi­ti­mie­re, lei­det weder an Para­noia, noch bedient er par­tei­po­li­ti­sches oder sonst irgend­wie berech­nen­des Gejam­mer. Er beschreibt viel­mehr den logi­schen Weg vom offi­zi­el­len Warn­vo­ka­bu­lar hin zur halb-offi­zi­el­len Zivilcourage:

Kei­ne Woche ver­geht, in der nicht irgend­wo in die­ser Repu­blik die gewalt­sa­me Stö­rung oder Ver­hin­de­rung einer – im wei­tes­ten und unschar­fen Sin­ne die­ses Wor­tes – rech­ten Ver­an­stal­tung, die Denun­zia­ti­on einer Per­son oder das Hacken einer Inter­net-Sei­te zum zwar nicht lega­len, jedoch auf­grund der Bedro­hungs­la­ge löb­li­chen Wider­stands­akt erklärt würde.

Wir Orga­ni­sa­to­ren rech­nen in unse­re Pla­nung immer schon der­lei „Zivil­cou­ra­ge“ ein. Denn wir ken­nen es kaum anders und sind mitt­ler­wei­le schon für das Banals­te dank­bar: für Räum­lich­kei­ten, deren Ver­mie­ter nicht nach den ers­ten drei Droh­an­ru­fen von sei­nem Ver­an­stal­tungs­ver­trag zurück­tritt; für den unge­stör­ten Ver­lauf vor, wäh­rend und nach einer Dis­kus­si­on über die Iden­ti­täts­stö­rung der Deut­schen; für jeden neu­en Refe­ren­ten und Autor, der mit sei­nem guten Namen wie­der­um nur für das Banals­te ein­zu­ste­hen bereit ist: für Fra­ge­stel­lung, Vor­trag und Text.

Nun aber: Wenn es sich hier also um eine zuge­ge­be­ner­ma­ßen “nicht NS-bezo­ge­ne” Ver­an­stal­tung han­delt, war­um berich­tet dann eigent­lich eine Sei­te, die “über Neo­na­zis reden” will, dar­über? Ich stel­le mir das so vor, und übe schon mal für den Kaf­ka-Preis der Blau­en Narzisse:

Als Hinz­kunz, ein nicht-bol­sche­wis­mus­be­zo­ge­ner Lin­ker, eines Mor­gens aus woh­li­gen Träu­men von der Sowjet­uni­on erwach­te, fand er sich in sei­nem Bett zu einem unge­heue­ren Zeit-Online-Blog­ger ver­wan­delt. Auf die­sen Moment hat­te er lan­ge gewar­tet. Er schüt­tel­te den Kopf und stell­te zufrie­den fest, daß nun auch noch die letz­ten Res­te Gewis­sen und Refle­xi­ons­fä­hig­keit in sei­nem Gehirn von einer pan­zer­ar­tig har­ten Iso­lier­schicht umge­ben waren. Dafür war sein Rück­grat zu einer gela­ti­ne­ar­ti­gen Mas­se zer­flos­sen. Die Injek­tio­nen der Anto­nio-Ama­deu-Stif­tung hat­ten also ihre Wir­kung getan. Trefflich!

Er setz­te sich an sei­nen Schreib­tisch, fuhr sei­nen Rech­ner hoch und über­leg­te kurz, wen er denn wohl heu­te wie­der an sei­nen vir­tu­el­len Pran­ger stel­len kön­ne. Am rech­ten Rand der Inter­net­sei­te stand in einem klei­nen Infor­ma­ti­ons­käst­chen zu lesen:

Wir müs­sen reden. Über Nut­ten. … Hier geht es um Nut­ten. Wo sie auf­tre­ten, was sie dabei sagen und vor allem: Was man gegen sie unter­neh­men sollte.

Nost­al­gisch dach­te Hinz­kunz an den Tag zurück, als er durch einen Auf­ruf auf der Sei­te zu sei­ner Beru­fung fand:

Du hast Nut­ten um dich her­um und willst dar­über berich­ten? Du hast ganz all­ge­mein viel zu die­sem The­ma zu sagen? Dann kli­cke hier und wer­de Stö­rungs­mel­der-Autor.

“Ach Gott”, seufz­te er, “was für einen herr­li­chen Beruf habe ich gewählt!” Und er schrieb:

Die Nicht-Nut­te Bet­ti­na Wulff sti­li­sier­te sich auf einer Pres­se­kon­fe­renz zum angeb­li­chen Opfer von Goog­le, des­sen Such­ma­schi­ne sie auto­ma­tisch als ‘Nut­te’ kenn­zeich­ne­te. Damit erfüllt sie eine Schar­nier­funk­ti­on, die an die Nicht-Nut­te Eva Her­man erin­nert, die ebenfalls…

Wir haben aus dem Arti­kel also gelernt, daß “Bet­ti­na Wulff” eine, na was, ist? Wie auch immer. Der ori­gi­na­le Bericht setzt jeden­falls mit fol­gen­dem dra­ma­ti­schen Auf­hän­ger ein:

Medi­en und Poli­ti­ker rei­ßen gezo­ge­ne Lini­en zwi­schen Kon­ser­va­ti­ven und Neu­rech­ten ein. Möch­te­gern-Eli­te und Inter­ne­t­het­zer kom­men sich näher. Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen und neu­rech­te Akteu­re tref­fen sich zuneh­mend auf Veranstaltungen.

Da braut sich gewiß was ganz, ganz Gefähr­li­ches zusam­men. Schon wan­ken die Grund­fes­ten der Repu­blik. Wän­de rei­ßen ein. Aber gott­sei­dank gibt es ja die Berufs­alarm­bimm­ler. Was täten wir ohne sie? Ganz Deutsch­land wäre voll mit kon­spi­rie­ren­den “Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen”. Und die­se Gangs­ter tref­fen sich auch noch auf – Ver­an­stal­tun­gen! Ja, dürfen’s denn des??

Der Abschnitt ist jeden­falls gleich mehr­fach inter­es­sant: haben wir etwa die guten Neu­ig­kei­ten ver­paßt? Wel­che “Medi­en” und wel­che “Poli­ti­ker” sind denn eigent­lich gemeint, die da was “ein­rei­ßen” las­sen wollen?

Da wäre die (nun­meh­ri­ge) Ex-CDU-Che­fin Bran­den­burgs Saskia Lud­wig, aha, die wegen einer Wür­di­gung von Jörg Schön­bohm in der JF von ihren Frak­ti­ons­kol­le­gen geschlos­sen aus dem Par­tei­vor­sitz geschasst wur­de. Dann ein fran­zö­si­scher Schrift­stel­ler, der weder mit Deutsch­land noch mit sei­nen “Rech­ten” etwas zu tun hat, und der infol­ge einer lin­ken Kam­pa­gne von sei­nem Pos­ten bei Gal­li­mard geschasst wur­de. Hm.

Und dann noch Jas­per von Alten­bo­ckum, der sei­nen Redak­teurs­pos­ten bei der FAZ skan­da­lö­ser­wei­se behal­ten hat, obwohl er irgend­wann im August einen fre­chen Kom­men­tar schrieb, der mal wie­der das Fas­sungs­ver­mö­gen lin­ker Gehir­ne überstieg.

Mit sei­nem Kom­men­tar „Ende der Sozi­al­ro­man­tik“ zum Pogrom von Ros­tock-Lich­ten­ha­gen riss der ver­ant­wort­li­cher Redak­teur für Innen­po­li­tik der kon­ser­va­ti­ven FAZ, Jas­per von Alten­bo­ckum, die müh­sam errich­te­te Brand­mau­er zur „Neu­en Rech­ten“ ein.

Noch so ein for­scher “Ein­rei­ßer”! Noch dazu einer, von des­sen Mau­er­ein­riß wir neu­en, alten, alter­na­ti­ven und sons­ti­gen schlech­ten Rech­ten und judäi­schen Volks­front­ler bis­her gar nix mit­be­kom­men haben. Genau­so­we­nig ist uns übri­gens bis­her auf­ge­fal­len, daß die FAZ “kon­ser­va­tiv” sein soll, aber wir Tröp­fe las­sen uns ja bloß von ahnungs­lo­sen neu­rech­ten Akteu­ren wie Gün­ter Scholdt und Karl­heinz Weiß­mann über den Kon­ser­va­ti­vis­mus beleh­ren, statt auf die Star­au­toren des “Stö­rungs­mel­ders” zu hören.

Nun aber: “gezo­ge­ne Lini­en”? “Müh­sam errich­te­te Brand­mau­ern”? Da gibt es also Lini­en und Mau­ern? Sag bloß, wer hat denn die­se omi­nö­sen Lini­en gezo­gen? Wir waren’s jeden­falls nicht. Und wer hat denn soviel “Mühe” inves­tiert, eine (nie­mand hat die Absicht, eine) “Mau­er” zu “errich­ten”?  In wes­sen Auf­trag? Und war­um hat das eigent­lich soviel “Mühe” gekos­tet? Was soll denn die­se Mau­er über­haupt abschir­men? Und: wird da etwa jemand – ausgegrenzt??

Jetzt aber genug! Stramm­ge­stan­den, kei­nen Schritt wei­ter über die Mar­kie­rung und kei­ne dum­men Fra­gen mehr ein­rei­ßen las­sen, sonst bimmelts!

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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