Dazu zählen all die Nachrichten, die derart flächendeckend gestreut sind, daß man ihnen auch dann nicht entrinnen kann, wenn man seine tägliche Medienberieselung auf ein Minimum reduziert. Etwa: “DSDS: Nackt-Auftritt rettet Erwin… Mädchenschwarm zieht blank – Simone muss am Ende die Koffer packen”, “Jon Bon Jovi soll den Kollegen Richie Sambora gefeuert haben” oder “Sylvie: also doch nicht Zlatan.”
Gleich auf dem zweiten Platz nach dem Liveticker über den Beziehungsstand von Zlatan und Sylvie sind zur Zeit natürlich die täglichen Meldungen über “Nazis”, “NPD”, “braune Netzwerke” und selbstverständlich den bevorstehenden “NSU”-Prozeß. Das Geheul diverser türkischer Medienvertreter, die keine Anmeldefristen einhalten können, und diverser türkischer Politiker, die Beobachterposten und sonstige Sonderrechte einfordern, wird dabei noch an den Verstärker angeschlossen und kaum kritisiert, vielmehr “schämen” sich die deutschen Journalisten mal wieder mächtig für ihr Land, aus welchem Grund auch immer.
Dazu hat Michael Paulwitz alles Nötige gesagt. In der Tat haben die “Türkei- und Islamlobbyisten” nun ihren “Reichtagsbrand” gefunden, und sie lassen keine Gelegenheit aus, daraus politisches Kapital zu schlagen.
In der Türkei schüren Medien wie “Hürriyet” (mit dem Slogan “Die Türkei den Türken” auf der Titelseite), die auch in Deutschland massenhaft gelesen werden, unverhohlen antideutsche Ressentiments und geradezu lustvolle Empörung. Der Hauptzweck scheint dabei zu sein, diversen Ansprüchen an die Bundesrepublik frischen Treibstoff zu geben. Es wird der Anschein erweckt, der deutsche Staat decke türkenfeindliche Umtriebe, während die im Land lebenden Türken in einer ständigen Pogromangst leben müßten.
Das hat gravierende Folgen. Die Hausbrände in Köln (wo nebenbei kein einziger Türke umkam) und Backnang wurden auf türkischer Seite ohne Zögern und jegliches Indiz mit dem “NSU”-Komplex kurzgeschlossen. Die Welt, nicht restlos einknickend, formulierte es vorsichtig so:
Familienmitglieder der Backnang-Opfer wollen nicht wahrhaben, dass Fahrlässigkeit der Großmutter die Ursache für das verheerende Feuer gewesen sein soll. Sie fordern Gutachter aus der Türkei.
Die türkische Regierung ließ ihrerseits nicht lange mit Forderungen an deutsche Behörden auf sich warten: diese sollen die “wahren Ursachen” gefälligst herausfinden – also jene “Ursachen” liefern, die ihr besser in den Kram paßt. Die andere Backe der Zange bildete der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland Kenan Kolat, der in Sachen Unverfrorenheit auch gleich den Vogel abschoß:
“Bisher haben die Sicherheitsbehörden einen rechtsradikalen Hintergrund bei solchen Ereignissen gleich von vornherein ausgeschlossen”, sagte Kolat dem “Kölner Stadt-Anzeiger”. Dagegen gingen die Behörden in England “automatisch von einem rassistischen Anschlag aus, um dann zu schauen, ob doch etwas anderes dahintersteckt”. In Deutschland sei dies umgekehrt, kritisierte Kolat. “Bei uns wird erst mal verniedlicht.”
Das ist reine Demagogie, die freilich damit rechnen kann, diverse deutsche Reflexe in Gang zu treffen, die jegliches rationale Denken ausschalten (wie kann man etwas “verniedlichen”, bevor man überhaupt weiß, was es ist?). Sowohl türkische Politiker wie auch ihre fünften Kolonnen in Deutschland wünschen sich offenbar nichts sehnlicher als noch mehr türkische Opfer deutscher Gewalt, selbst wenn sie diese herbeiphantasieren und ‑suggerieren müssen. Der Grund ist, daß sie wissen, daß (in) Deutschland mittels moralischer Erpressung regiert wird und dabei nichts hilfreicher ist, als die “Opfer”-Rolle einzunehmen.
Man kann das auch an der Ungeniertheit einer Gestalt wie Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime beobachten, dem die Frage nach der Wahrheit ebenso schnurzegal ist: wahr ist, was den eigenen Interessen nützt. (Unterdessen setzt sich die Berliner “Integrations”-Senatorin Dilek Kolat (SPD) eifrig dafür ein, die Einbürgerung ihrer Landsleute voranzutreiben. Slogan ihrer Kampagne: „Deine Stadt. Dein Land. Dein Pass.“ Jetzt zum Schleuderpreis!)
Um das Schauspiel noch absurder zu machen, werden diese Interessensgruppen dabei sowohl von den deutschen Medien als auch den herrschenden Eliten unterstützt. Nur wenige Wochen nach dem als “Einzelfall” marginalisierten Mord an Daniel S. berichtete das ZDF, in welch furchtbarer Angst die Einwanderer in Deutschland leben würden, sekundiert von der wie immer aufreizend verlogenen, aufreizend lämmerartigen Bundesintegrationstante Maria Böhmer. Ein Autor von pi-news faßte zusammen:
In der Einspielung erklärten türkische Zuwanderer, wie furchtbar es in Deutschland wäre, weil man sie nicht annehme und sie sich hier nicht zu Hause fühlten. Lars Bohnsack und Nick Leifert kommentierten, dass Deutschland auf der Anklagebank säße, weil es nicht gelungen wäre, eine Mordserie an Menschen aufzuklären, die fast alle deshalb getötet worden seien, weil die Täter sie für Ausländer hielten. Es hieß, immer wenn irgendwo ein Haus brenne, bräche sich sofort Verunsicherung Bahn. Kenan Kolat forderte erneut, dass man grundsätzlich bei Bränden erst mal von einem rassistischen Hintergrund ausgehen müsse. Und Uwe-Karsten Heye vom “Verein Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland” erklärte die Integrationspolitik für gescheitert.
Hier wird also, ganz entgegen dem Bild, das von türkischer Seite gezeichnet wird, in ein- und dieselbe Kerbe gehauen. All dies ist ein weiterer Ausdruck eines latenten Bürgerkriegs gegen das deutsche Volk, der auf multiplen Ebenen geführt wird, vor allem auf der psychologischen und symbolischen. Dabei wird signalisiert, daß manche Opfergruppen mehr wert sind als andere. Die deutsche Regierung hat den Angehörigen der “NSU”-Opfer über eine Million Euro Entschädigung zukommen lassen, besiegelt durch einen Handschlag von Bundespräsident Gauck himself.
Staatsakte dieser Art werden bereits seit über einem Jahr regelmäßig vollzogen. Weder hielt man dafür eine vorangehende Aufklärung des Falles noch ein Gerichtsurteil für nötig – das Ergebnis des Prozesses wurde also schon lange festgeschrieben, und es ist unwahrscheinlich, daß es hier noch zu einer Revision kommen wird.
Ich kann mir nun schwer vorstellen, daß ein nennenswerter Teil der Einwanderer in Deutschland tatsächlich in der ständigen Furcht lebt, von obskuren, vom Staat gedeckten Naziterroristen in einer Art von tröpfchenweisem Holocaust umgebracht zu werden; die Zahl derjenigen, die in Angst vor Mafia-Clans, Kiezpaten und Schutzgelderpressern nicht-biodeutscher Herkunft leben, dürfte weitaus größer sein.
Zweifellos aber ist unter vielen von ihnen durch die Berichterstattung über den NSU und seine politische Ausschlachtung tatsächlich in erheblichem Maß Deutschenhaß und Mißtrauen gesät worden. Man kann hier, wenn man will, auch von “Volksverhetzung” sprechen. (Es sei an dieser Stelle verzeichnet, daß dies eine fahrlässig gelegte Lunte mehr am Pulverfaß des “bunten” Deutschlands ist, die auf das Konto seiner eigenen Propagandisten geht.)
All dies wird die ohnehin schon starke Tendenz zur Absonderung unter den türkischen bzw. moslemischen Einwanderern noch verstärken. Zusätzlich wird mit dem Bewußtsein, die staatlich sanktionierte “Opferrolle” zu spielen, das eigene gute Gewissen, politische Ansprüche zu stellen oder über Gewalt aus den eigenen Reihen hinwegzusehen, noch verstärkt.
Das hätte theoretisch sowohl von den Medien als auch von der Politik abgefangen werden können: die ungeklärten Fragen des “NSU-Komplexes” sind derart zahlreich, die Hintergründe derart verworren, die Beteiligung von Geheimdiensten derart offenkundig, daß Skepsis und Zurückhaltung gegenüber der kolportierten Geschichte mehr als angebracht gewesen wäre. Man zog es vor, die angeblich allgegenwärtige neonazistische Bedrohung zu beschwören, die – wie üblich – mit einem Generalverdacht gegen die Deutschen überhaupt verknüpft wurde, und das wohlgemerkelt von der Regierungschefin abwärts. Zwar lassen sich die Massenmedien bekanntlich ungerne eine gute Story von den Fakten verderben, aber man sollte annehmen, daß der wildwuchernde Dschungel des Falles eine unwiderstehliche Herausforderung für kritische Journalisten darstellen würde.
Das Bizarre ist nun, daß von Bild bis Stern zwar massenhaft widersprüchliches, skandalöses und rätselhaftes Material zu dem Fall angehäuft wurde, zugleich aber fast niemand es gewagt hat, einen “investigativen” Ehrgeiz zu entwickeln und das von Anfang an etablierte Narrativ abzuklopfen und in Frage zu stellen. Es fügt sich nur zu gut der Sogkraft altbekannter, affektiv verankerter Narrative – wie jenes vom ewig schuldigen, ewig “rassistischen” Deutschen, nun aufgefrischt durch einen Mini-Holocaust, Führerbunkerfinale inklusive.
Dabei übersieht man gerne das Offensichtliche: daß die Story, wie sie sich in den Köpfen allgemein durchgesetzt hat, bei näherer Betrachtung von hinten und vorne keinen Sinn ergibt, und daß sich aus den bekannt gewordenen Fakten auch ein gänzlich anderes Narrativ konstruieren ließe. Stattdessen machte sich eine merkwürdige Schizophrenie breit, ein kurioser Fall von epidemischer kognitiver Dissonanzleugnung und Apperzeptionsverweigerung. Dazu kommt, daß das Urteil faktisch schon gefällt ist: Merkel und Gauck werden den daraus geschlagenen politischen Mehrwert nicht mehr abgeben.
Wollen wir daher die Frage nochmal aufwerfen: wer sind die wahren Terroristen, die diese Angst und Verunsicherung verbreiten? Der sogenannte “NSU”, der seine mutmaßlichen Taten offenbar jahrelang zum geheimen Privatvergnügen begangen hat und auf jegliche Publikmachung, wie sonst bei politischem Terrorismus üblich, verzichtet hat, war es offenbar nicht.
Aus diesem Grund sei hier auf das materialreiche Sonderheft des Compact-Verlages “Neonazis, V‑Männer und Agenten” verwiesen, das die bekannten Fakten und Ungereimtheiten griffig zusammenfaßt und eine alternative, freilich ebenso wenig beweisbare, Deutung anbietet (mehr als eine “Verschwörungs-Theorie” ist auch die offizielle Version nicht). Jürgen Elsässer und sein Mitarbeiter Kai Voss gehören neben eigentümlich frei-Herausgeber André Lichtschlag zu den wenigen nonkonformistischen Publizisten dieses Landes, die bisher den Mut hatten, den Elefanten im Zimmer zu benennen und unbequeme Fragen zu stellen. Elsässers Publikation ist eine unentbehrliche Lektüre, und der Gedanke erfüllt mich bereits jetzt mit Zorn, daß sie vermutlich ebenso totgeschwiegen werden wird wie Lichtschlags Vorstoß, der ihm auch prompt eine antifantische Hetzkampagne auf Wikipedia eingebracht hat.
Ein letztes noch, und das ist nicht mehr als eine bescheidene Meinung: Es ist unwahrscheinlich, daß der Prozeß Aufklärung bringen wird. Es ist im politischen Interesse sämtlicher Beteiligter, nicht nur der türkischen Regierung, daß das “NSU”-Phantom als weitgehend eigenständig handelnde und von nackten rassistischen Motiven getriebene Terrorzelle bestätigt und affirmiert wird.
Auch von der Angeklagten Beate Zschäpe ist nichts zu erwarten: sie ist erstens erpreßbar, da sie, was auch immer die Wahrheit sein mag, garantiert enormen Dreck am Stecken hat, und zweitens zur Zeit der wohl sozial isolierteste und meistgehaßte Mensch Deutschlands ist, eine Art “Ilse Koch 2.0.” Daß sie in der Zeit ihrer Haft unter massivem psychischen Druck stand, kann man realistischerweise annehmen. Sagt sie die volle Wahrheit, wird sie mit Sicherheit ihr Leben riskieren. Vermutlich wird man sie in nicht allzu ferner Zeit tot in ihrer Zelle finden, Befund “Selbstmord”.
Compact Spezial: Neonazis, V‑Männer und Agenten.
Inselbauer
Das alternative Narrativ liegt derart dicht unter der Oberfläche, dass ein paar geschickte Telefonanrufe und Mails und ein wenig Hackerschläue dazu hinreichen, katastrophale Tatsachen ans Licht zu zerren. Jeder Trottel konnte, wenn er nur wollte, zum Beispiel herausfinden, warum die Spur der so genannten Tatwaffe in der Schweiz nicht "vehement genug" verfolgt worden war. Da ist nämlich nicht geschehen, weil man rassistisch gedacht hat, sondern weil 31 baugleiche und von der "Tatwaffe" wissenschaftlich nicht zu unterscheidende Waffen derselben Kleinserie von der Stasi wie vom Weihnachtsmann bei Besuchen an "befreundete Dienste" wie Weinflaschen verteilt worden sind. Dass sich eine Waffe aus genau dieser Serie dann bei 2 weiteren Terrorgruppen findet (2010 in der Türkei und 2013 in Bonn bei den Salafisten), mag dem Verschwörungstheoretiker Nahrung geben.
Das Problem an der Sache ist, dass man sich als Kritiker der offiziellen Narration Männern mit gefärbten Haaren oder versoffenen Schriftstellern anschließen muss. Der Druck ist so groß, dass man sich dabei fühlt wie ein UFO-Enthusiast. Man wagt es nicht, der eigenen Frau davon zu berichten, so offenkundig der Kram auch ist. Der anstehende "Prozess" verspricht ein gespenstisches Schauspiel zu werden, würdig, von einem Elsässer kolportiert zu werden...