Und sonst: mir fällt zur AfD nichts ein. Das Thema langweilt mich sogar ein bißchen, und zwar von Beginn an. Die übermäßige Begeisterung, die seit einigen Monaten durchs konservativ-libertäre Lager geht, ist mir etwas rätselhaft und erinnert mich (ohne nun jemanden beleidigen zu wollen) ein wenig an die Nashörner von Ionesco.
Kurios ist auch, daß die nach Angaben vieler Leser reichlich vorhandene konservative Basis der Partei offenbar von derselben Vorstellung wie ihre Gegner von Linksaußen ausgeht: nämlich, daß die AfD eine Art “trojanisches Pferd” sei, das erstmal alle üblichen Sprüchlein aufsagen und Konzessionen machen muß, um einen Platz im parlamentarischen Sandkasten zu bekommen.
Wenn man nun die bisherigen offiziellen Verlautbarungen der AfD 1:1 nimmt, dann gäbe es kaum einen Grund für eine derartige Adventstimmung im konservativen Lager. Letztlich handelt es sich nur um kleinere Kosmetiken am Gesamtsystem, die vorgesehen sind. Das Programm der AfD verweist keineswegs auf eine konservative Politik der alten BRD-Schule, wie etwa wie unter der CSU anno Strauß.
Offenbar erwartet man sich also mehr unter der inzwischen stromliniengeformten Oberfläche, ist inzwischen schon so ausgehungert, daß die kleinsten Krumen genügen, um üppige Visionen hervorzurufen, gleich dem Heiligen Antonius in der Wüste. Die Konservativen gründen ihre Hoffnungen letztlich darauf, daß die Partei, sofern sie an Macht gewinnt, handfester als erwartet und angekündigt durchgreifen und etwa ein “sarrazineskes” Programm umsetzen wird. Nach aller Erfahrung wird allerdings eher das Gegenteil der Fall sein.
Wir erkennen hier unschwer und nicht ohne Ironie das altbekannte Thema der politischen “Mimikry” wieder. Das sieht in der antifantischen Fassung so aus, daß alles, was die Rechten und Konservativen sagen, tun, meinen, nichts anderes als eine taktische Maske sei, um innerhalb des gültigen Systems eine neuerliche faschistische Machtergreifung voranzutreiben.
Zum allermindesten werden konservative bzw. rechte Positionen mit dem Ruch eines ethischen Defekts und der moralischen Verwerflichkeit belegt. Das manifestiert sich dann im stereotypen Duktus des “Entlarvens”, zumeist also mehr oder weniger der Diffamierung durch Unterstellungen, Spekulationen, Kontaktbeschuldigung und kreative Interpretationen.
Nun ist es so, daß die Bandbreite dessen, was man jenseits der etablierten Politik überhaupt noch politisch vertreten kann, derart geschrumpft ist, daß jeder, der realpolitisch wirken will, mehr oder weniger zu Anpassungen gezwungen ist – und das bedeutet in erster Linie Anpassung an den herrschenden Sprachgebrauch. Dieser Grat ist viel, viel schmaler als jener, den man noch publizistisch beschreiten kann, wo es immer noch einige nennenswerte Galapagosinseln und Gefilde, auch abseits der Jungen Freiheit, gibt (ich denke etwa an die Achse des Guten und die diversen Alibi-Konservativen des Spiegels.)
Viele Konservative hoffen nun, daß die Anpassung an diesen Sprachgebrauch seitens der AfD tatsächlich nur “Mimikry” ist, und daß die entsprechenden AfD-Vertreter eben nicht so recht meinen, was sie sagen. (Von denjenigen, die die Vokabeln dieses Sprechs für bare Münze nehmen, oder gar nicht merken, inwiefern sie linksideologischer Herkunft sind, das Koordinatensystem abstecken und die Marschrichtung zu ihren Ungunsten festschreiben, will ich nicht reden. Da sind ohnehin schon Hopfen wie Malz verlorengegangen.)
Dieser Sprachgebrauch funktioniert wie eine ziemlich harte Scheidewand: denn in ihm kodieren sich die herrschenden metapolitischen Werte und Prämissen. Hier könnte man witzigerweise nun eine echte “Entlarvungs”-Arbeit betreiben, und beispielsweise eine Art diskursanalytisches “Wörterbuch” anlegen, eine Art aktualisierten Viktor Klemperer (“LRPFG – Lingua Rei Publicae Foederatae Germaniae”), in dem unter die Lupe genommen wird, welche ideologische Bedeutung die gängigen Politvokabeln eigentlich tatsächlich haben: “Demokratie”, “Vielfalt” , “Integration”, “Toleranz”, “Grundwerte”, “Bereicherung”, “Weltoffenheit”, “Europa”, “Alternativlosigkeit” usw. usf.
“Ausländerfeindlichkeit” ist auch so ein Wort. Im April gab Bernd Lucke dem Cicero ein Interview, in dem er zumindest den Sprung durch einige kleinere Ringe verweigern und umschiffen konnte. Über ein paar Umwege und personale Bezüge kam der Interviewer auf die Republikaner zu sprechen, und stellte fest, daß diese doch “klar ausländerfeindlich” seien. Luckes extrem überraschende Antwort: “Unsere Partei lehnt Ausländerfeindlichkeit ganz ausdrücklich ab.” Die Betitelung des Cicero-Interviews, extrem unüberraschend:
“Wir lehnen Ausländerfeindlichkeit ab.” Ein Interview mit Bernd Lucke.
Denken Sie jetzt nicht an einen rosaroten Elefanten!
Die Machthaber, Akteure und Nutznießer der kulturellen Hegemonie und der metapolitischen Konzepte, die diesen Begriffen zugrundeliegen, sind jedenfalls äußerst feindspürig, sobald sich irgendjemand daran schickt, sie in seinem Sinne umzudeuten, was bei vielen ja durchaus möglich ist. Ein Beispiel dafür habe ich neulich auf diesem Blog besprochen – Helmut Kellershohn erläuterte in einem Interview mit der Jungen Welt, warum die AfD (unter dem Etikett “Jungkonservative” quasi gleichgesetzt mit dem “Umfeld” der Jungen Freiheit) das “Falsche” meint, wenn sie das scheinbar “Richtige” sagt:
In der Jungen Freiheit gibt es, was die EU betrifft, eine Kritik an der Ausschaltung demokratischer Institutionen von Brüssel her. Ist das nicht auch aus einer linken Perspektive schlüssig?
Die Autoren der Jungen Freiheit argumentieren zweistufig. Auf der ersten Stufe kritisieren sie die Entleerung demokratischer Institutionen. Sie wenden sich gegen Mechanismen, die dazu führen, daß von oben durchregiert wird. Auf dieser Ebene gibt es Übereinstimmungen mit der Linken. Das ändert sich auf der nächsten Stufe. Wenn es darum geht, wie man der Entleerung demokratischer Institutionen begegnen soll, greifen sie nämlich auf die rechten Antworten der zwanziger Jahre zurück: Zurückdrängung der Parteienmacht, Veränderung des Wahlrechts, etwa in Richtung einer höheren Gewichtung der Persönlichkeitswahl, und ein plebiszitäres Präsidialsystem.
Ich könnte mir vorstellen, daß viele Leser diese zweistufige Argumentation nicht durchschauen. Sie lesen in der Jungen Freiheit einen gut recherchierten Artikel über den Demokratieabbau in der EU und überlegen dann, bei der Bundestagswahl der Alternative für Deutschland (AfD) ihre Stimme zu geben, um das zu stoppen. Wie bewerten Sie die Erfolgsaussichten dieser Partei und die des Jungkonservatismus?
Die Forderung der AfD nach mehr direkter Demokratie klingt so, als ob man sie auch als Linker unterschreiben könnte. Doch der Kontext ist ein anderer. Die Partei ist wirtschaftsliberal orientiert. Würde die AfD langfristig Erfolg haben, was nicht ausgeschlossen ist, könnte sich daraus ein politischer Resonanzboden für den heutigen Jungkonservatismus entwickeln.
Es darf an der metapolitischen Basis nicht gerüttelt werden, und darum muß es auch ein Deutungsmonopol geben. Das führt dann dazu, daß etwa auch Begriffe wie “Vielfalt” oder “Pluralismus” dogmatisch zementiert werden, damit nicht einer auf die Idee kommt, sie “vielfältig” oder “pluralistisch” auszulegen. Das gilt auch für einen so teuren Begriff wie “Meinungsfreiheit”, die heute ohne Ende behindert und verkrüppelt wird, auch wenn sie von den in Stein gemeißelten Lettern der Grundgesetzestafeln “garantiert” wird.
Da nützt es dann auch nichts, wenn manche Konservative, die das Spiel noch nicht verstanden haben, treuherzig protestieren, daß sie ja doch das “Richtige” meinen, anständige und ehrliche Demokraten seien, und daß das alles frei nach Josef K. nur ein Mißverständnis sein müsse.
Ist es aber leider nicht. Sondern es hat System. Wer heute von “Demokratie” redet, und dabei mehr an Theodor Körner als an Habermas und an 1848 statt 1945 (sic) denkt, ist leider aus dem Spiel draußen und verdächtig, ein “böser” Demokrat, ein Pseudo-Demokrat, ein “Antidemokrat” zu sein.
Manfred Kleine-Hartlage hat vollkommen recht, wenn er sagt, daß die AfD mit Programmpunkten wie diesem dieses Spiel nur mitspielt und zementiert:
Wir setzen uns dafür ein, dass auch unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.
Schon die Formulierung ist rein defensiv. “Bitte schont uns, wir verdienen es, dazuzugehören, schlagt lieber die da drüben, die können wir auch nicht leiden.” Es ist ja schon seltsam, daß in einem Land, in dem die “Meinungsfreiheit” als besonderes Kronjuwel der Verfassung und als unhinterfragbarer Grundwert gilt, überhaupt Leute auf die Straßen gehen müssen, um dafür zu demonstrieren, wie es Anhänger der AfD an diesem Sonntag in Berlin taten, also sogar Vertreter einer Partei, die alles in allem doch relativ moderate und keineswegs “unkonventionelle” Meinungen vertritt.
Da stellt sich eben wieder die Machtfrage: wer ist es eigentlich, der die Konventionen (= der gültige metapolitische Rahmen), das comme il faut der bien-pensants, festlegt, etwa daß die pausenlose Anprangerung von sog. “Homophobie” eine “konventionelle” Meinung sei? Deren Vertreter haben jedenfalls kein Problem im “öffentlichen Diskurs” wahrgenommen zu werden, es sind vielmehr oft dieselben, die seine Spielregeln vorgeben.
Realpolitisch gilt eben doch: Freiheit ist vor allem die Freiheit der Gleichdenkenden, und genau dieses Prinzip wird von der AfD in dem zitierten Programmpunkt abgenickt, womit sie nicht nur ihr Anpassungs-Soll übererfüllt, sondern sich selbst ein konzeptuelles Eigentor geschossen hat.
Am Samstag wurde Bernd Lucke, der Vorsitzende der AfD, mitten in einer Wahlkampfrede in Bremen von zwei, drei Linksextremisten tätlich angegriffen. Die Angreifer beschimpften ihn als “Scheiß-Nazi”. “Die Gründe für den Angriff seien noch unklar”, so wird unter anderem in der Süddeutschen Zeitung in indirekter Rede eine Polizeisprecherin zitiert, also etwa so “unklar” wie die Motive eines Selbstmordattentäters, der sich mit einem “Allahu-Akhbar”-Ruf in die Luft bumst. Vor Ort soll es noch mehr Stunk gegeben haben:
Die Angreifer seien mit Reizgas, Pfefferspray und mindestens einem Messer bewaffnet gewesen. Sie hätten sich vermutlich während der Rede Luckes unbemerkt in einem an die Bühne angrenzenden Waldstück genähert. Die Polizei geht davon aus, dass sich bis zu 20 Angreifer “in den Büschen versteckt” hatten. Beim Handgemenge auf der Bühne und bei der anschließenden Verfolgungsjagd wurden den Angaben zufolge 15 Personen durch Reizgas, ein AfD-Mitglied zudem durch einen Messerschnitt an der Hand verletzt.
Das war übrigens bei weitem nicht der erste Übergriff auf AfD-Leute. Tätliche Angriffe auf Wahlkampfhelfer, zum Teil mit schwerer Körperverletzung, werden aus Berlin, Gießen und Nürnberg berichtet. In Stuttgart wurden in einer offenbar konzertierten Aktion nicht weniger als 500 Wahlplakate zerstört. Desgleichen in Göttingen, wo sogar ein Brandanschlag versucht wurde. Dort hat auch die “Grüne Jugend”, die sich personell vermutlich mit der Antifa zu einem guten Teil überschneidet, demonstriert, mit der phantasievollen Begründung:
Wir wollen nicht, daß solche und andere rechte Parteien ihr nationalistisches, rassistisches, antisemitisches und islamfeindliches Gedankengut verbreiten können, auch nicht im Wahlkampf.
Auffallend ist, wie auch André Lichtschlag anmerkte, die Zurückhaltung der Presse, die ansonsten nicht gerade zimperlich ist, wenn es darum geht, Alarm zu schlagen. Nach Protest oder Empörung oder den üblichen Sirenen, wie schrecklich nun die Demokratie in Deutschland bedroht sei, sucht man ohnehin vergeblich. Hätten Rechtsextremisten dasselbe mit einem grünen oder SPD-Politiker gemacht, wäre wohl landesweit der Ausnahmezustand ausgerufen worden und es hätte wochenlang hysterische Leitartikel und Brandreden gehagelt. (Der Witz ist leider nicht mehr originell, weil sein Anlaß mit ermüdender Regelmäßigkeit wiederkehrt.)
Stattdessen wird durchweg, quer durch alle Zeitungen, zu erkennen gegeben, daß man skeptisch ist, daß man auf Distanz bleibt und die Angaben der AfD für übertrieben und unzuverlässig hält. Was an zweifelsfrei dokumentierten Antifa-Übergriffen vorliegt, wird schulterzuckend als “business as usual” hingenommen, aber nicht weiter skandalisiert oder problematisiert. “Die Polizei wundert sich” über die Beschwerden der AfD-Leute, heißt es in dem oben verlinkten FAZ-Artikel über Göttingen:
Ein Polizeibeamter, der die Antifa in Göttingen gut kennt, sagt, es sei „atypisch“ für die Szene, dass sie Leib und Leben bedrohe. Sachbeschädigung ja, aber Gewaltdrohungen seien unwahrscheinlich.
Dann scheint es sich bei der Göttinger Antifa offenbar auch um eine äußerst “atypische” Szene zu handeln. Ihre “Strategien” haben jedenfalls den üblichen Erfolg:
Der Wirt des Gasthofs „Zur Linde“ hat sich bis vor kurzem wenig Gedanken über die AfD gemacht. „Die wollen den Euro abschaffen“, weiß er. Das stand auf einem Flyer, den die Partei nach einem Stammtisch im Gasthof liegen gelassen hat. Den nächsten Stammtisch sagte sie ab. Statt der AfD kamen 70 Antifa-Anhänger, die das nicht mitbekommen hatten. Sie standen auf der Straße, schwenkten rote Fahnen und riefen Parolen. Die AfD will der Wirt seitdem nicht mehr im Haus haben. Der Gasthof war nachts mit Farbe beschmiert worden.
Die AfD in Göttingen jedenfalls hat sich natürlich flugs in die Defensive drängen und spalten lassen – wir kennen dieses öde und vorhersagbare Spiel. Der AfD-Vorsitzende von Niedersachsen, Ulrich Abramowski, wird zitiert:
Bei der Frage nach dem Brandanschlag spricht Abramowski von einem „großen Wirrwarr“ und „Verwirrung“, die aufgrund der angespannten Lage bei einigen Mitgliedern bestehe. Die vermehrten Angriffe auf die AfD seien auch das Resultat von Medienberichten, die die AfD in eine rechtsradikale Ecke stellten. Aber Mitgliedschaften oder eine Nähe zu NPD, DVU oder Republikanern seien ein Ausschlusskriterium: „Das sind Menschen, die bei uns keine Heimat haben.“ Dass ein Kreisvorstandsmitglied aus Göttingen wegen rechtsextremer Äußerungen eines anderen Göttinger Mitglieds zurücktrat, erklärt Abramowski mit der politischen Herkunft des Zurückgetretenen: „Er ist ein ehemaliges Mitglied der Linken, welche Absicht dahintersteht, da mache ich mal ein Fragezeichen.“
Der Zusammenhang zwischen Medienberichten und Antifa-Attacken, den Abramowski hervorhebt, besteht zweifellos. Nicht zuletzt sind Linksextremisten und Antifanten in Deutschland deswegen so hemmungslos, weil sie ein gutes Gewissen haben. Das hat damit zu tun, daß letztlich auch sie dem metapolitischen Konsens angehören, und allenfalls als dessen unerzogene Kinder betrachtet werden, die es ja nur “gut” meinen, aber leider ein bissel arg übertreiben müssen. Schon darum wird hier oft mehr als ein Auge zugedrückt. Und natürlich würde eine allzu heftige Anprangerung des Linksextremismus den öffentlichen “Diskurs” nach Rechts hin verschieben, was nicht im Sinne der überwiegend linksgerichteten Journalisten sein kann.
Das ist übrigens offizielle Doktrin, die von Verfassungsschutzstellen selbst verbreitet wird. Wer es nicht glaubt: Vor Jahren habe ich auf diesem Blog einen pädagogischen Comic für Schulkinder besprochen, der vom VS Nordrhein-Westfalen herausgegeben wurde. Darin bekommen es vier repräsentative Jugendliche, Andi, Ayshe, Murat und Ben (also eine 50:50 Verteilung von Biodeutschen und Migrationshintergründlern, Ayshe übrigens mit Kopftuch), mit Links- und Rechtsextremisten sowie mit lslamisten zu tun.
Die Linken stellen kurzfristig eine Versuchung für Ben, die Islamisten eine für Murat dar. Nur die Rechtsextremisten werden rundum von allen verabscheut. Den Linksextremisten wird ein gewisses Verständnis für ihre Motive und urspünglich “guten Absichten” zugestanden, wogegen die Rechten das ganz Andere, ganz Böse, ganz Illegitime darstellen. Die “richtige” Ordnung, die der Comic anpreist, habe ich so zusammengefaßt:
Diese Ordnung, repräsentiert durch Andi und seine Freunde, ist explizit multikulturell, egalitär, „westlich“, antifaschistisch, marktwirtschaftlich und menschenrechtsorientiert.
Die Linksextremisten schmiegen sich diesem Bild natürlich leichter an als die Rechtsextremisten. Was das “Marktwirtschaftliche” betrifft, so gäbe es ohne Marktwirtschaft und ohne den aus dem Wohlstand wundersam erblühenden Sozialstaat wohl auch keine Antifanten: in sozialistischen Ländern sässen sie entweder im Stasi-Apparat oder im Umerziehungs- und Arbeitslager für Asoziale und Arbeitsscheue.
Was ist nun der Grund, warum gewalttätige Antifanten eher noch als Sandkastenmitglieder toleriert werden, als eine so harmlose, bürgerliche und liberale Partei wie die Alternative für Deutschland? Irgendeinen guten Grund muß es doch geben, warum die Medien so kühl bis ungünstig über sie berichten (daß es theoretisch auch anders ginge, zeigt das Beispiel der wild hochgeschriebenen “Piraten”-Partei), warum linke Soziologen und sog. “Experten” allerorts “Warnungen” ausprechen, Antifanten sich mit solch frisch erwachtem Eifer auf sie stürzen, und warum so viele Konservative ihr fieberhaft verfallen sind.
Weder die Feindspürigkeit der einen noch die Hoffnungen der anderen sind gänzlich substanzlos. Die AfD hat nämlich doch einen Punkt getroffen, der das absolute, oberste No-Go der herrschenden Politik und Metapolitik berührt. Sie ist wohl eher zufällig und um ein paar Ecken dahingekommen. Neulich teilte mir ein kluger Mann und aufmerksamer Beobachter der rechten politischen Szene seine Einschätzung der AfD mit: sie sei in erster Linie eine Partei von Leuten, die “ihren Geldsack und ihren Bauch wählen”, sagte er. “Das ist natürlich zuwenig.” Es ist immerhin mehr als nichts. Ich hätte auch lieber eine Regierung, die sich zumindest für den Erhalt meines Sparschweins und nicht um den Geldsack von Goldman-Sachs kümmert.
Aber wenn nun der Staat eben das nicht tut, sondern sich vielmehr aktiv dafür einsetzt, daß seine Untertanen noch bis in die kommende “Enkelgeneration als Geiseln” genommen werden, “indem er sie für politische Flausen in Gestalt von multilateralen Milliardenumschichtungs-Programmen zur Alimentierung fremder Volkswirtschaften finanziell haften lässt” (Klonovsky dixit)?
Was ist nun unumgänglich, um einer solchen Politik entgegenzusteuern? Richtig: die Wiederherstellung und Priorisierung der nationalen Souveränität. Und was ist von der nationalen Souveränität nicht zu trennen, was braucht man, um sie zu legitimieren? Richtig: die nationale Identität.
Das Symbol für die nationale Souveränität und Identität Deutschlands ist heute die schwarz-rot-goldene Fahne. Die darf abgesehen von Regierungsakten nur mehr auf der Spaß- und Fußballebene geschwenkt werden, aber nicht mehr dort, wo es ernst wird. Ein Leser dieses Blogs berichtete folgende Anekdote:
Auf der Hamburger AfD-Demonstration haben einige Mitglieder in der ersten Reihen Deutschlandflaggen getragen. Schon am Aufstellort, am Hauptbahnhof, wurde ein Fahnenträger angesprochen, das er “ diese Fahne“ eigentlich hier nicht zeigen dürfe ohne gleichzeitig die Europafahne mit zu tragen, denn die AfD sei ja für Europa. Nachdem der Demonstrationszug sich in Bewegung setzte bekamen die Fahnenträger Besuch von Bernd Lucke und Beatrix von Storch, mit er Aufforderung sich doch mit den Fahnen in den hinteren Reihen einzuordnen, weil, wörtlich Bernd Lucke: eigentlich nur rechte Parteien mit Deutschlandfahnen auftreten und man könne sich doch noch an den Parteitag in Berlin erinnern, wo ein Teilnehmer mit Deutschlandfahne sofort von den Medien belagert wurde.
Einige erinnern sich vielleicht in der Tat noch an den von den Medien inszenierten und genüßlich breit getretenen “Deutschlandfahnen”-Eklat im Frühjahr. Am Gründungsparteitag tauchte ein waldschratartiger Kauz mit dem passenden Namen Viktor Kasper in einem vage militärartig geschnittenen und gefärbten Hemd auf, trug eine breite schwarzrotgoldende Schärpe zur Schau und schwenkte eine große Deutschlandfahne mit Bundesadler.
Die Pressephotographen stürzten sich auf ihn wie auf die Busenmodels bei den Filmfestspielen in Cannes. Flugs war die Story fertiggebacken, daß nun “Rechte in die neue Partei drängen”, und BILD wußte sogar von “NPD-Kontakten” des Übeltäters zu berichten.
Kasper hatte seine fünfzehn Minuten Ruhm, die AfD den nationalistischen Ruch wie von einem Stinktierspritzer, und Lucke und Storch haben offenbar ihre Lehre aus dieser Geschichte gezogen. Ich gehe nun jede Wette ein, daß sie diese deutschlandfahnophoben Reflexe nicht entwickelt hätten, wenn der wichtigtuerische Waldschrat, der vielleicht sogar ein eingeschleuster agent provocateur war, einfach ignoriert worden wäre. Aber so funktioniert sie eben, die erzieherische Konditionierung.
Im April schrieb Wolfgang Münchau, Co-Chefredakteur der Financial Times Deutschland im Spiegel:
Bis zur Bundestagswahl werden sicher noch unvorhersehbare Dinge passieren. Wenn sich bei der AfD die internen Pannen häufen sollten, dann kann es mit der Partei genauso schnell bergab gehen wie jetzt bergauf. Wichtig für sie ist vor allem die klare Abgrenzung nach rechts. Sie darf nicht zum Sammelbecken politisch heimatloser Deutschtümler werden. Wenn die Partei solche Pannen vermeidet und ihr Thema scharf umreißt, dann stehen die Chancen auf einen Einzug in den Bundestag nicht schlecht.
Dann gäbe es allerdings nur more of the same mit roter statt schwarzer Krawatte:
Und dann wäre auch das Gesamt-Wahlergebnis wieder offen. Man könnte sagen: Die AfD ist Peer Steinbrücks einzige Chance.
Wie auch immer: an den Tip Münchaus haben Lucke und Co. sich jedenfalls gehalten. Wenn “das Ziel ist, vor der Bundestagswahl keine Angriffspunkte mehr zu bieten”, dann ist ducken, Slalom und “Mimikry” angesagt. Denn was “Angriffspunkte” sind, das bestimmt immer noch der Gegner (angegriffen wird indes, wie der Überfall auf Lucke zeigt, auch so). Was zum Beispiel ist überhaupt ein “Deutschtümler”? Auch dieser Begriff ist überaus dehnbar. Wie oft haben wir im letzten Jahr gehört, “Eurokritiker” wie Karl Albrecht Schachtschneider, Wilhelm Hankel oder Bruno Bandulet seien “Nationalisten” oder “Stammtischökonomen” oder “deutschtümelnde Protest-Professoren” oder ähnliches aus dem Genre? Im Bedarf kann diese Keule jeden treffen. Alles hängt davon ab, wer die Macht hat, die Begriffe zu münzen.
Deutschland ist wahrscheinlich das einzige Land Europas, in dem es verpönt ist, auf Wahlveranstaltungen die Nationalflagge zu schwenken. Das allein ist schon recht aussagekräftig. Es kommt indessen überhaupt nicht auf das Schwarzrotgold-Gewedel an, auf das man meinethalber auch verzichten kann. Es kommt auf die Symbolik und den Willen zur Souveränität und Identität an, der sich darin ausdrückt. Daß die AfD eines Tages die Deutschlandfahnen aus der Kiste holt, wenn sie die 25% Wählerstimmenanteil überschritten hat, und allen eine lange Nase dreht – “Ätsch, wir sind doch Super-Patrioten”- , an denen sie sich bisher vorbeilaviert hat, ist nicht zu erwarten.
Wer aber die Geldbeutelfrage und die “Demokratie”-Frage aufwirft, kommt früher oder später nicht daran vorbei, auch die nationale Frage mit all ihrem Sack und Pack aufzuwerfen. Das ist aber genau der Punkt, gegen den sich der gebündelte Konsens der “kulturellen Hegemonie” stellt, also der Machthaber, also nicht nur der Medien und Meinungsproduzenten, sondern auch der Blockparteien und der Regierung von Gauck und Merkel abwärts. Die “Abschaffung Deutschlands” ist “alternativlose”, ausgemachte Sache. Darüber lassen die Taten und Aussagen der Regierenden keinen Zweifel zu.
Und das ist auch der Grund, warum die Konservativen die Illusion aufgeben müssen, daß sie noch eine irgendwie “staatstragende” Rolle spielen könnten wie in den halkyonischen Tagen unter Adenauer. Niemand will und braucht das heute mehr, am wenigsten der deutsche Staat. Wer verhindern will, daß “Deutschland abgeschafft” wird, wird vielmehr rasch als Staatsfeind, oder genauer: als “Verfassungsfeind” markiert, “beobachtet” und ausgesondert . Ob er sich selbst als grundgesetztreuer, liberaler “Demokrat” sieht, ist dabei fast völlig unbedeutend.
Sie dürfen auch nicht erwarten, daß eines Tages, wenn Luck dann Bundeskanzler ist, jemand kommt, und ihnen sagt: “Endlich haben wir erkannt, daß ihr es doch nur gut gemeint habt. Das mit dem Verfassungsschutzbericht war leider ein Irrtum, wir Deppen haben einfach die Falschen erwischt. Zum Trost gibt es nun doch noch einen Mitredeplatz am rechten Rand des Sandkastens, gleich neben Arnulf Barings Mumie und als sidekick der Broder-Gang. Immer schön mitlachen, wenn die euch mal wieder durch den Kakao ziehen, es soll ja keiner denken, daß ihr humorlos wäret. Dafür wird’s in eurer Sandburg wieder genauso schön wie Anno Ludwig Erhard. Ihr dürft euch sogar einen schwarzrotgoldenen Cocktailwimpel dranstecken. Aber nur dort, verstanden?” – “Hurrah! Super, es hat sich also gelohnt, daß wir unsere Deutschlandfahnen eingemottet, Zuwanderung als Bereicherung akzeptiert und uns von allen Radikalinskis distanziert haben.”
Ich will nun weder als Spielverderber erscheinen, noch als einer, der sich beschwert, weil das Programm der AfD keine Maximalstforderungen enthält, oder als einer, der vergessen hat, daß Politik die “Kunst des Machbaren” ist. Wie gesagt: die AfD geht mich nichts an, und Bernd Lucke ist ohne Zweifel derzeit einer der vernünftigeren, sympathischeren und wählbareren Politiker des Landes. Ich konstatiere nur, was ist, und ich glaube, daß es keinen Grund gibt, sich hier Illusionen zu machen.
Raskolnikow
"Paula,
mach die Bluse zu!
Du bist doch sonst so nett!"
(Ludwig Arno)
Eigentlich,
hatte ich beschlossen, Lichtmesz nicht mehr leiden zu können, nachdem er konstatierte, Pfarrer Milchs Vorträge seien schrecklich.
M.L.: Da hatte ich gerade meinen diplomatischen Tag. Pfarrer Milchs Vortragsstil (um es zu präzisieren) rollt mir die Socken ein und zieht mir die Zehennägel raus.
Aber man muss ihn einfach mögen. Denn er trifft hier (fast) genau den entscheidenden Punkt: diese AfD verwischt noch mehr Grenzen, verwirrt noch mehr Begriffe. Man sieht ja, wie labil die scheue Rechte ist. Gleich laufen alle quietschend durcheinander und wedeln mit den dünnen Ärmchen, wenn da so ein Lucke kommt ...
Ich staune wirklich sehr über den neuen Dreh. Wir sind jetzt also "realpolitisch"! So, so ...
Es giebt zwei Sorten anständiger Mädchen, Inselbauer als alte Puffmutter wird das bestätigen: die eine verweigert bereits Gespräch und Tanz mit dem Wüstling, die zweite tritt erst ab, wenn er die Hand schon in ihrem Schlüpfer hat. Muss wohl jeder selbst entscheiden, welche Art von Anständigkeit die seine ist ...
Und tut mir leid, aber ich muss das sagen: Jeder, der sich an der AfD oder anderen Parteien schmutzig macht, kann kein Konservativer sein!
Gerade der Einklang von Uniform und Gesinnung ist doch der entscheidende Ausdruck von Haltung, von bedingungsloser Haltung! Wird auf der städtischen Müllkippe ein Goldbarren von unschätzbarem Wert vermutet, dann kann keiner, der da mit den erfolgsuchenden Massen im Müll wühlt, vom echten Manne jemals ernstgenommen werden - auch wenn er den Barren findet und sich danach in kostbare Folien hüllt! Da hat man die Nase zu rümpfen, das Monokel einzusetzen und weiter den Dienstgeschäften nachzugehen! Seid Ihr Müllwühler? Habt Ihr manchmal fremde Hände in Euren Miedern?
Man muss die Wahrheit sagen! Die hier so bewunderten "Grünen" haben in den 70ern schon die Auflösung der Geschlechter propagiert, Deutschland zum Einwanderungsland erklärt usw ... damals äußerst unrealistische Positionen - heute Realität! Dieses neurechte Rumgeschwule von kleinstmöglichen Nennern ist lächerlich! Wir haben doch die besseren Argumente und sind zweifelsohne im Gleichschritt mit der Ordnung.
Wir sollten denen da draußen sagen, warum Frauenwahlrecht ein Holzweg ist, wir sollten bekennen, dass in unserem Deutschland der Kühlschrank leerer sein wird und Schokolade und Kaffee teuere Luxusgüter; wir sollten zugeben, dass wir Zunftordnungen wieder in Kraft setzen und das teuflische metrische System abschaffen, dass jemand der bei Bachs Weihnachtsoratorium nicht ergriffen ist, ausgepeitscht gehört, das Fernsehen abgeschaltet wird und wir keine Ahnung haben, wohin all die Journalisten verschwunden sind ... Wir sollten drauf scheißen, wie mehrheitsfähig, das heute ist!
Gerade der Verlust klarer Sprache und eben klarer Begriffe hat doch die Revolution so erfolgreich gemacht. Das "sowohl-als-auch" ist die Alcohol-Lösung für die großen Grenzverwischungen ... "na, heute kann man das ja so nicht mehr ..."; "... wir leben ja schließlich nicht mehr im XX. Jahrhundert ..."; " ...so kann man das aber nicht mehr sagen ...".Versüßt werden einem diese Medicinen mit Zuckerstreuseln wie "Kompromißbereitschaft", "Dialog", "gemeinsames Ziel", "realistisch bleiben" ...
Wer aus Rücksicht auf den Zeitgeist, nicht die Abschaffung des Frauenwahlrechts fordert, braucht nicht über gender mainstreaming zu klagen! Wer meint, das Volk wäre auf wundersame Weise kompetent genug, über die politischen Geschicke eines Staates zu entscheiden, im Angesichte von RTL2 und Cro nicht flennen!
Ich trage weiterhin Zylinder!
Ein System, das alleinstehende Mütter in die gleiche Sozialamtswarteschlange zwingt, wie den levanthinischen Dunklen; ein System, das ungeborene Kinder mordet, Rentner zu Flaschensammlern macht, aber überheblich grinsend 700 Mrd. für Banken bereitstellt, das alles zerschlägt, was wahr ist: Familie, Heimat, Glaube usw. ... solch ein System ist falsch! Und es giebt keinen Grund aktiv zu kollaborieren! Keinen einzigen! Ich meine nicht die Duldung der passiven Aussaugung, wie Unke andeutete: Steuern, Gesetze, Infrastrukturen etc.; sondern das handfeste Mittun! Wer mitmacht, ist ein Schuft!
Und seit wann sind wir eigentlich Demokraten?
Wir verlieren nicht, wie dieser jugoslawische CD-Illustrator schreibt, weil wir nicht die Regeln zeitgemäßer PR befolgen, sondern, weil es "uns" gar nicht giebt! Die sich "konservativ" nennen, hängen an den Tastaturen irgendwelcher dicker Zeichner oder lauschen gebannt auf die uckermärkischen Klagelieder theaterregierender Großmütter (Ja, ich meine die Plurimi-Oma!), träumen von demokratischen Wahlerfolgen, streiten für den obszönsten Manchester-Kapitalismus und finden Gewalt bedingungslos doof. Einige (Extremisten?) wünschen sich dann doch das Deutschland zwischen 1815 und 1914 zurück und möchten am liebsten in ihrer Sissi-DVD-Trilogie leben!
Ich mag auch kleine Kätzchen ...
Ergebenster Diener,
R.
M.L.: Ich fang schon an, das zu sammeln und als etwaigen Kaplakenband zusammenzustellen...