Gekrönt wurde sie am Sonntag in Paris mit einer Demonstration, an der 1,5 Millionen Menschen teilnahmen. Beehrt wurde sie außerdem durch die Anwesenheit von 40 Staatschefs, darunter Deutschlands Angela Merkel.
Zur Illustration der deutsch-französischen Solidarität “gegen den Terror” wurde ein Bild publiziert, das zeigt, wie sich die Bundesmutti mit andächtig gesenkten Augenlidern sachte an die Wange eines mild und still lächelnden Hollande schmiegt, der seine tröstende Hand behutsam auf ihrer Schulter ruhen läßt. Beide sehen dabei eher aus, als würden sie gerade verliebt einen zartromantischen Sonnenuntergang genießen, dabei Händchen haltend wie einst Kohl und Mitterand in Verdun.
Pardon my french, aber wem angesichts dieses “photo du jour” und seiner Varianten vor Ekel nicht das kalte Kotzen kommt, dem sollte umgehend das Wahlrecht entzogen werden. Insbesondere die anheimelnde Montage mit Nordkorea-Flair, auf der die beiden Staatsturteltäubchen gütigen und irgendwie pervers befriedigten Auges auf die versammelten Massen blicken, sollte in jedem vernünftigen und sensiblen Menschen mindestens den Wunsch nach einer Bastille-Erstürmung wecken.
Welche Emotionen auch immer die eineinhalb Millionen auf die Straße gebracht haben, die Staatschefs haben diese Inszenierung effektvoll genützt, um sich ostentativ an der Spitze der Massen zu stellen. Das ist natürlich auch eine symbolische Bekräftigung des eigenen moralischen Führungsanspruches. Wenn die Herrscher eines Landes “Spaltungen” beklagen und zur Einheit rufen, dann in der Regel, um ihre Machtpositionen wieder zu zementieren.
Damit ist aber auch die politische Deutungshoheit über das Attentat eingesackt worden. Gruppen, die aus ihm auf unerwünschte Weise Kapital schlagen könnten, in Frankreich Marine Le Pen und der Front National, in Deutschland etwa Pegida oder Teile der AfD, sind aggressiv von der Trauer- und Betroffenheitsparty ausgeschlossen worden. Vor allem die Denunziation, die momentan der Pegida-Bewegung entgegenschlägt, kennt keinerlei Zügel mehr.
Berthold Kohler war erst der Anfang; das von ihm ausgegebene hinterfotzige “Mem” von der Wesenverwandtschaft der Terroristen und der Demonstranten, die seinem Blatt nicht mehr vertrauen, und die sich gegen eine grob verzerrende Berichterstattung in der deutschen Presse wehren, wird nun in Karikaturen verarbeitet, auf die Julius Streicher stolz gewesen wäre (der Vergleich mag abgelutscht klingen – hier trifft er im präzisen Sinne zu):
Pegida oder wahlweise AfD werden als brutale, physisch degenerierte Totschläger, als Untermenschenorks aus Saurons Naziarmee, als feiste, kaltlächelnde, zynisch-großkotzige Bilderbuchfaschisten, als wuselnder Menschenmassenscheißhaufen, der durchfallartig aus einem haarigen Nazihintern läuft, kryptoterroristische Mordanstifter oder blutschnüffelnde Aasgeier und Hyänen dargestellt. Es gibt hier schlichtweg keine Hemmungen mehr und der Phantasie der Kakerlakenästhetik sind keine Grenzen gesetzt – wohlgemerkt alles im Namen von “Menschlichkeit”, “Toleranz”, “Demokratie”, “Vielfalt” und so weiter.
Krasse Feindbildmarkierungen dieser Art, die auf der anderen Seite kaum ein Gegenbeispiel haben, sind ein wesentlicher Bestandteil dessen, was sich nun im “Charlie”-Kult kristallisieren soll. Die laufende Kampagne, deren Auswirkungen mich irgendwie an Szenen aus dem Film “Die Welle” oder an die Nashörner von Ionesco erinneren, bedarf der “Islamophoben”, des Front National, AfD, Pegida usw. ebenso, wie sie darauf abzielt, sie zu neutralisieren.
Man muß ihren Machern Respekt zollen: sie haben eine “corporate identity” geschaffen, die den Schock des Attentats und die dadurch freigesetzten Gefühle in einer politisch gewünschten Weise kanalisiert. Was also ist das Attentat auf Charlie Hebdo nach offizieller Deutung gewesen? Was ist sein Symbolwert?
Die Melodie war auf allen Kanälen dieselbe: Ein “Anschlag auf die Freiheit” (Der Spiegel), ein “Angriff auf die Freiheit” (Gauck), ein “brutaler Angriff auf unsere Grundwerte, gegen die Redefreiheit, eine Säule unserer Demokratie”, ein “Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit, der durch nichts zu rechtfertigen ist” (Merkel), eine Attacke “gegen die Meinungsfreiheit in unserer offenen Gesellschaft”, ein Anschlag “auf ein Europa, das den Menschen ungeachtet ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung Würde, Freiheit und gleiche Rechte zuspricht – auch und zumal den Muslimen” (Narvid Kermani). Charlie Hebdo war ein “Symbol für Freiheit und Toleranz”, so die Süddeutsche Zeitung: nun werde in Frankreich “stellvertretend für die moderne Welt um das Recht gekämpft, seine Meinung zu äußern – zum Nutzen aller Bürger.”
Diese Beispiele könnte man beliebig erweitern. Eng damit verbunden ist der Aufruf, unter diesem “Symbol der Freiheit und Toleranz” vorbehaltslos zusammenzurücken. Das scheint nun über weite Strecken gelungen zu sein; zumindest auf der medialen Showbühne. Zu dem großen Einheitsfest unter Charlies Fahne sind auch andere Länder eingeladen; international wird marschiert, demonstriert und “getrauert”. Es ist dasselbe Pathos wie 2001 des “Wir sind alle Amerikaner” – allerdings gibt es im Gegensatz zu damals kaum kritische Stimmen mehr.
Unmittelbar nach dem Anschlag hat Frankreichs Präsident Hollande die Nation “zur Einheit” aufgerufen: “Nichts kann uns teilen, nichts darf uns gegeneinander aufhetzen. Nichts darf uns trennen. Rücken wir zusammen.” Damit sind auch die Muslime Frankreichs und die sonstigen Vielen der multikulturellen Nation gemeint: kaum ein Politiker, der nicht müde wird, zu betonen, daß der islamistische Terror scharf vom Islam zu trennen sei.
Der auf der Straße erschossene Polizist Ahmed Merabet war Muslim; einer der ermordeten Zeichner Algerier; und derzeit macht die Heldengeschichte – “Balsam für die Wunden eines verängstigten, verstörten und zornigen Frankreichs” (ORF) – vom farbigen, illegal eingewanderten Muslim Lassana Bathily die Runde, der wie in einem Film über den 2. Weltkrieg sechs Juden, die vor einem der Henker flohen, in einen Kühlraum gelotst und dadurch gerettet haben soll.
Man kann inzwischen ziemlich deutlich absehen, worauf das alles hinauslaufen soll. Das Deutungsraster lautet, daß hier die offene Gesellschaft von ihren Feinden, den Intoleranten und Extremisten, heimgesucht wurde, die “unsere Freiheit hassen”. Gegenüber dieser Formel sollen alle weiteren Dimensionen des Geschehens heruntergespielt werden. Damit soll die besagte “Gesellschaft” offenbar wieder eine heroische Injektion bekommen, sich um ein Ziel und einen sinnhaften Nordpol gruppieren, mit anderen Worten wieder wissen, wer sie ist und wofür sie da ist. “Der Feind ist die eigene Frage als Gestalt.”
Von anderen Dingen, die nun legitimerweise diskutiert werden könnten, etwa, inwiefern der Terroranschlag auf dem Boden von Masseneinwanderungspolitik, Entwurzelung durch Multikulturalismus und Ghettodasein, religiösen Doktrinen und islamisch geprägter Mentalität gewachsen ist, soll dagegen geschwiegen werden. Wer dennoch über sie zu sprechen wagt, gilt als Kanaille und Leichenfledderer, als Agitationsghoul, der die Tat “instrumentalisieren” will und sich an ihrem Blut laben, als “Spalter der Gesellschaft” oder als “Hetzer”.
Gleichzeitig werden diese “Spalter“gebraucht, um die Schurkenbesetzung vollständig zu machen. Hier soll die “offene Gesellschaft” stehen, dort die “Extremisten aller Lager”, die islamistischen Intoleranten auf der einen und die “rechten” Intoleranten auf der anderen Seite. Beide sollen ausgeschieden werden, damit die Gesellschaft der Vielfalt und Toleranz leben kann. Der rituelle Akt der Ausscheidung und Verdammung wirkt hier konstitutiv. Das typische Selbstbild des Liberalismus: es gibt kein inhärentes Problem, unsere ist die beste aller Welten, alles ist gut mit uns, oder wäre zumindest gut, wenn da nicht die bösen “Extremisten” wären.
Diese vermeintliche Symmetrie zwischen Islamisten und “Rechten”, die in der Theorie so einleuchtend klingen mag, ist allerdings eine pure Pappkameradenkonstruktion. Es gibt in Wahrheit nichts “Extremistisches” am Marine Le Pens weichgespültem Front National, der sich klar zu republikanischen Werten bekennt und schon längst schwarzafrikanisch- oder algerischstämmige Kandidaten in die Wahlkämpfe schickt. Erst recht gibt es nichts “Extremistisches” an Pegida, ihrem meistens eher moderat vorgetragenen bürgerlichen Protest und ihrem ebenso moderaten wie artig liberalem Thesenpapier.
Ich möchte hinzufügen, daß dies bei genauerer Betrachtung auf sämtliche verteufelten “rechtspopulistischen” Parteien Europas zutrifft:FPÖ, AfD, UKIP, die Schwedendemokraten, die Wilders-Partei usw. sind durch und durch liberaldemokratisch geprägt, dem herrschende Jargon und Denken angepaßt und vertreten gemäßigte, meistens vernünftige Forderungen und Regulierungsmaßnahmen, die ein Mindestmaß an nationaler Selbstbestimmung und Identität bewahren sollen. Keine einzige dieser Parteien ist grundsätzlich gegen Einwanderung oder Asylrecht.
Der eigentliche Extremismus, gut getarnt und mit allerlei “weltoffenem” Behübschungsvokabular verschönt und mundgerecht gemacht, scheint mir dagegen die von den Eliten Europas betriebene Politik der Abschaffung der Völker und historisch gewachsenen Nationalstaaten zu sein, das große, alternativlose multikulturelle Projekt, das mittels der demographischen Dynamiken auf einen historisch beispiellosen “remplacisme”, einen buchstäblichen Bevölkerungsaustausch hinausläuft.
Dies wird jedenfalls das Endergebnis eines Prozesses sein, der von seinen Betreibern allerdings als eine Art totale “Vergesellschaftung” und Liberalisierung aller Lebensbereiche hingestellt wird, ein Prozeß, in dessen Verlauf die raison d’être “offene Gesellschaft” und ihre abstrakten Prinzipien gleichsam die ethnische und kulturelle Substanz und Identität der Nationen zugunsten eines absolut gesetzten Menschheitsuniversalismus aufsaugen und auflösen sollen. Wozu etwa noch ein Frankreich und Deutschland, wozu Franzosen und Deutsche, wozu noch deutsch oder französisch sein, wenn man stattdessen eine weltweite “offene Gesellschaft” und “westliche Werte” haben kann?
Über die Zielrichtung der “Je suis Charlie”-Kampagne kann man sich unter anderem trefflich in dem programmatischen Artikel informieren, den Heribert Prantl apropos Charlie Hebdo in der Wochendausgabe der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht hat. Er könnte auch in einer beliebigen anderen großen deutschen Zeitung stehen; die Message ist überall mehr oder weniger dieselbe.
Der Titel lautet: “Heimat Europa”, der Untertitel: “Eine Antwort auf Islamisten und Islamhasser: Wie eine Einwanderungsgesellschaft auch angesichts des Terrors Halt finden kann.”
“Je suis Charlie”: Das ist ein kleiner, aber kein kleinlauter Satz. Das ist ein Satz, in dem sich Trauer und Bekenntnis verbinden: die Trauer über die Opfer eines barbarischen Verbrechens und das Bekenntnis zu den Werten und Rechten einer freiheitlichen Gesellschaft. Es ist das Bekenntnis zu einer Gesellschaft, in der Religionsfreiheit und Meinungs- und Pressefreiheit gleichermaßen ihren Rang haben; zu einer Gesellschaft, in der keines der Freiheitsrechte dem anderen automatisch vorgeht, weil alle diese Rechte ihre Wurzeln in der Menschenwürde haben; es ist das Bekenntnis zu einer Gesellschaft, in der es Konflikte zwischen den Menschen und ihren Grundrechten geben darf – die aber von Gerichten geklärt werden, nicht von Kalaschnikows.
Das ist derart angestrengte Ideologieproduktion, das es fast schon wieder lustig ist. Jede Wette, daß jeder beliebige Demonstrant, der mit einem “Je suis Charlie”-Poster herumrennt, dieses “Bekenntnis” wie aus der Pistole geschossen herunterbeten kann, wenn man ihn danach fragt, warum er auf die Straße gegangen ist.
In Wahrheit vermute ich, daß viele der diejenigen, wenn nicht die meisten, die mit diesem Slogan auf die Straße gegangen sind, um ihr Entsetzen, ihre Trauer, ihr Unbehagen, ihren Zorn und so weiter zu artikulieren, dies aus sehr ähnlichen und ähnlich “diffusen” Gründen taten, wie der Großteil der Dresdener Spaziergänger: etwas ist faul im Land, aber wie es in Worte fassen, wie es verstehen? Die derzeit tobende Propagandaschlacht ist auch ein Kampf um diese Köpfe, die man in die “richtige” Richtung lenken muß. Pegida: Pfui Gacks! Charlie: Braver Hund!
Darum müssen auch jene, die alternative Deutungen und Emotionskanäle anbieten, so bitter bekämpft werden. Als nächstes attackiert Prantl folgerichtig diejenigen, die aus dem Attentat andere Schlüsse als er ziehen:
Je suis Charlie: Es ist dieser Satz, neben dem sich die Rechthabereien von politischen Agitatoren ausnehmen wie eine Störung der Totenruhe, wie ein Mißbrauch des Andenkens der Emordeten.
Natürlich: an sich selbst hat Prantl hier nicht gedacht, er hält sich aus irgendeinem Grund für den legitimen und immer schon rechthabenden Hüter der Totenruhe, was ihn indes nicht daran hindert, lautstark von ihrem Andenken Gebrauch zu machen.
Ich erspare mir den Rest und komme zum eigentlichen Kern von Prantls Argumentation:
Eine aufgeklärte Gesellschaft ringt miteinander um den Ausgleich von Rechten und Werten. Dieses Ringen ist anspruchsvoll. Es fordert von den Beteiligten nicht nur Toleranz, sondern auch Respekt voreinander.
Das ist schön. Richtig aufgeklärt. Und so anspruchsvoll. Tolerant auch. Man könnte ja zum Beispiel auch Pegida, Alexander Gauland und Marine Le Pen mit diesem “Respekt” und dieser Toleranz begegnen, statt Verleumdungen und stürmerartige Karikaturen über sie zu verbreiten, aber das ist wohl off-limits für einen braven Liberalen.
Prantl weiter:
Deutschland ist ein buntes Land. Ob man das Multikulturalität oder sonst wie nennt, ist egal. Es geht im Einwanderungsland Deutschland darum, Heterogenität als Normalität nicht nur zu ertragen, sondern zu akzeptieren und respektieren – auf der Basis der Grundrechte, deren Beachtung, wenn man das so nennen mag, die Leitkultur ist.
Das wäre also das Dogma, das Prantl und Konsorten im Gegensatz zu ihren eigenen Beteuerungen in den Stand einer “absoluten Wahrheit” erheben wollen. In der Folge klagt er darüber, wie negativ und wenig nach “Willkommenskultur” doch das Wort “Zuwanderung” im “Zuwanderungsgesetz” klingt:
Da wird nicht die Aufnahme von Menschen und ihre Integration plakativ in den Vordergrund gestellt, sondern eher die Ablehnung und das Unbehagen, das Unbehagen an Zu-Viel-Einwanderung. (…) Eigentlich sollte dieses Gesetz, das war die ursprüngliche Intention, das war die Absicht der von Rita Süssmuth geleiteten Kommission, die das Gesetz vorbereitet hatte, den großen Teppich ausrollen für die Einwanderer; so groß sollte er sein, daß darauf gute Integration stattfinden kann. (…) Aber dann wurde aus dem großen Teppich nur ein Topflappen. (…) Die verzögerte Bereitschaft der Politik, Deutschland als Einwanderungsland anzuerkennen, hat zur verzögerten Bereitschaft der Bevölkerung geführt, sich mit der Religion der Einwanderer zu beschäftigen.
Der Schlußabsatz:
Der Wiener Kardinal Franz König hat, kurz vor seinem Tod 2004 (…) einen europäisch-programmatischen Satz gesagt: “Wir haben so viele verschiedene Kulturen auf heimatlichem Boden. Dieser Reichtum darf nicht nivelliert werden; er muß das vereinte Europa prägen.” Das ist die Antwort auf Pegida. Das ist die Antwort auf Islamisten und Islamhasser. Der Reichtum der Kulturen, Traditionen, Religionen und Menschen – er muß hineingenommen werden in die Europäische Union. Dann wird aus ihr die Heimat Europa.
Der analytische Gehalt dieses Textes ist ebenso dünn, wie die Lösungen und Erklärungen, die er serviert, “einfach” sind, um eine beliebte Phrase zu benutzen. Alles kreist zwanghaft um die seltsame Obsession, man müsse in Deutschland komme was da wolle mehr und noch mehr Einwanderer aufnehmen, man müsse die Einwanderung leichter und noch leichter und die ausgerollten Teppiche breiter und breiter machen. Das Wort “Einwanderungsland” hat hier schon einen beinah messianischen Beiklang.
Man will eine Gesellschaft haben, “in der Religionsfreiheit und Meinungs- und Pressefreiheit gleichermaßen ihren Rang haben”? Eine Gesellschaft, i“n der keines der Freiheitsrechte dem anderen automatisch vorgeht, weil alle diese Rechte ihre Wurzeln in der Menschenwürde haben”? Ergo: Mehr Einwanderung! Wie kann “eine Einwanderungsgesellschaft auch angesichts des Terrors Halt finden?” Logo: durch noch mehr Einwanderung! Deutschland ist ein “buntes” Land? Darum muß es noch bunter werden, als wir uns heute überhaupt vorstellen können, ergo: mehr Einwanderung! Die Integration funktioniert nicht gut genug? Die Lösung: mehr Einwanderung! Die Bürger wollen sich nicht mit der Religion der Einwanderer “beschäftigen”? Die Lösung: mehr Einwanderung! In Dresden gehen Bürger frecherweise gegen die laufende Einwanderungspolitik auf die Straße? Die Lösung: mehr Einwanderung! In Paris schlachten Islamisten eine komplette Zeitungsredaktion ab? Die Lösung: mehr Einwanderung! Nicht nur Islamhasser, auch Islamisten hassen Buntheit und Vielfalt? Lösung: mehr Einwanderung, am besten aus islamischen Ländern! Europa ist, so wie es ist, nicht “bunt” und “vielfältig” genug? Lösung: noch mehr “Kulturen, Traditionen, Religionen und Menschen” aus außereuropäischen Ländern importieren! Die Europäische Union ist immer noch keine “Heimat Europa” für die Deutschen? Lösung: noch mehr Einwanderer aus außereuropäischen Ländern aufnehmen!
Es ist bezeichnend, daß sich die Verfasser derartigen Irrsinns allen Ernstens für “aufgeklärt” halten. Leider handelt es sich hier nicht um einen verwirrten Einzeltäter: die von Merkel und Hollande betriebene und verkündete Politik folgt im Grunde identischen Prämissen und Zielsetzungen. Das ist die Dimension des Wahnsinns, in der uns umgibt.
Ich muß an dieser Stelle eingestehen, daß es mir nicht mehr möglich ist, die Nachrichten über das Attentat von Paris ohne erhebliche Zweifel hinzunehmen. Wer wie ich seit über einem Jahrzehnt ein eingefleischter “9/11”-Skeptiker ist, kann wohl nicht anders.
Da wären: der Paß, den die angeblichen Profikiller praktischerweise in einem Fluchtauto liegen ließen; ein hoher Kommissar, der mit der Aufklärung des Falles beauftragt war, begeht am Tag des Showdowns, während das Drama noch im vollen Gange ist, angeblich aufgrund von “Depressionen” Selbstmord; diese Videoanalyse der Überwachungsaufnahmen halte ich in der Tat für irritierend; alle Terroristen (und die meisten Geiseln) sind tot und damit auskunftsunfähig, wie auch die ominösen Uwes des “NSU”.
Und schließlich wäre da die laufende, marketingtechnisch hocheffektiv eingefädelte Ausschlachtung und Umdeutung der Tat im oben skizzierten Sinne sowie das Auftreten von zwielichtigen Figuren wie Bernhard-Henri Lévy, einem entscheidenden Handlanger der Destabilisierung von Libyen und Syrien (und der Ukraine), mithin einem Mitschuldigen am Aufstieg des islamistischen Terrors im Nahen Osten.
Solange mit dem Gespenst des Terrors Knöpfe gedrückt werden sollen, leiste ich mir diesen Zweifel und diese Distanz. Es ist ein großer Irrtum zu glauben, daß die Kritik an der Islamisierung Europas vom Aufkommen von krassen Terrorakten abhängt. Sie bleibt so oder so in jeder Hinsicht legitim. Wir lehnen die Islamisierung nicht primär deswegen ab, weil sie hin und wieder Terrorakte hervorbringt, sondern weil sie eine Form der Landnahme ist, eine Art Siedlungskolonialismus, der auf lange Frist zur Orientalisierung, Überfremdung und sozialen Destabilisierung Europas führen wird.
Islamistischer Terror wirkt hier eher kontraproduktiv; das wissen kluge Vorkämpfer wie der ägyptische Prediger Amr Khaled sehr gut.
In dieser Perspektive wirkt ein Terrorakt wie der Anschlag auf Charlie Hebdo paradoxerweise eher von der eigentlichen Gefahr ablenkend, auch, wenn viele nun glauben, daß Europa durch derlei Schocks aus seinem euthanasischen Dämmerschlaf erwachen könne.
Seine Heftigkeit verführt jedoch dazu, das Problem vorschnell als Frage von “Extremismus” und “Fanatismus” zu behandeln, und damit von seinen Ursachen und Grundlagen zu lösen. Man soll sich von dem Schock und dem per Liveticker verfolgten Drama nicht täuschen lassen: Auch eine derart furchtbare Tat, wie sie in Paris geschehen ist, ändert im Grunde wenig an der Gesamtlage.
Denn die Frage nach der “Islamisierung” Europas ist nur eine sekundäre. Weder der Islam als Religion noch die Muslime als Muslime per se sind unser Problem und unsere Schicksalfrage. Der Islam wirkt aufgrund seiner besonderen Struktur nur als Katalysator und besonders effektiver Treibstoff einer Entwicklung, die den europäischen Charakter Europas völlig auflösen wird. Seine Ausbreitung im “Abendland” ist keine Folge dschihadistischer Aggression, sondern die Nebenerscheinung eben jener aberwitzigen Einwanderungspolitik, die die Prantls der Republik propagieren und die Merkels ausführen lassen.
Alain de Benoist glaubt zwar nicht an eine “false flag” Operation (Jürgen Elsässer ‑who else? – kümmert sich bereits darum), hält aber Nachahmungstaten für möglich, die ein Klima schaffen können, in dem die Hirne und Herzen noch weicher und knetbarer werden. In einem aktuellen Interview sagte er:
Wir sollten uns vor der Gefahr der mimetischen Ansteckung hüten. Dieselbe mimetische Logik, die das emotionale Gemeinschaftserlebnis der spontanen Kundgebungen für Charlie Hebdo entzündet hat, wird mit Sicherheit auch potenzielle Nachahmer von Merah, den Kouachi Brüdern oder von Amedy Coulibaly inspirieren. Stellen Sie sich die soziale Hysterie vor, die ausbrechen würde, wenn weitere Attacken wie jene, die wir eben erlebt haben, in kurzen Abständen aufeinander folgen würden. Ein solches Klima bereitet den Weg für alle möglichen Formen der Manipulation. Wir haben derlei schon in der Vergangenheit erlebt. Man nennt dies “Strategie der Spannung”.
Dazu ein abschließender Gedanke: Ich halte es für möglich, daß hier noch ein viel tieferes Spiel gespielt wird, als wir auf der Oberfläche erkennen können. Die Frankfurter Rundschau wirft der BILD-Zeitung vor, ein doppeltes heuchlerisches Spiel zu treiben, die “Wutbürger” einerseits durch “islamophobe” Artikel zu züchten, um sie dann andererseits durch einen Aufmarsch von ein paar “prominenten” Zombies zu dissen.
Ihren Islamhass und die Angst vor der Überfremdung haben Pegida-Marschierer in Dresden sicherlich nicht aus Alltagsbeobachtungen, ist doch bekannt, dass der Anteil der ausländischen Bevölkerung in Sachsen bei 2,2 Prozent liegt. Müssen sie auch nicht, denn Bilder von „gefährlichen Islamisten“ und „sozialschmarotzenden Asylanten“ geistern schon lange durch einige Medien, und es sind solche Bilder, die gerade die Springer-Presse beharrlich malt. Auch wenn sich die „Bild“-Zeitung hier besonders kreativ zeigt, spielt sie parallel jede Klaviatur, die ihr am verkaufsträchtigsten scheint – weshalb ihr letzter Coup nicht verwundern kann.
Nun könnte man einwenden, daß das bloß das üblich linke Geraunze ist, das sich darüber beklagt, wenn in den Zeitungen auch mal Fakten gedruckt werden, die nicht im politisch korrekten Realitätsfilter steckengeblieben sind. Andererseits: ist hierin doch ein Körnchen Wahrheit? Das betrifft nicht nur die BILD-Zeitung: kein Tag vergeht ohne eine Gruselstory über den IS. Es wäre ein Wunder, wenn es im Lande keine “Islamophobie” gäbe.
Ein russischer Bekannter äußerte mir gegenüber neulich den Verdacht, daß beides gewollt sein könnte: die Ausbreitung des Islams per Einwanderung und das wohldosierte Schüren der Angst vor dem Islam. Wozu? Ist das Bestandteil einer “Strategie der Spannung”? Die globalistische Politik ist schließlich durch die Dichotomie “Invite them, invade them” gekennzeichnet, die ein “double-think” zwangsläufig provoziert bzw. notwendig macht. Oder ist all dies einfach nur ein Aspekt des allgemeinen Wahnsinns, der sich Europas bemächtigt und es zu einem kompletten Irrenhaus gemacht hat?
Im vierten und letzten Teil werde ich (was ich eigentlich schon in diesem Teil tun wollte) auf das Thema der “Meinungsfreiheit” und ihrer Feinde sowie auf die Inhalte und den weiteren Symbolwert von Charlie Hebdo eingehen.
Marcus Junge
"Es ist dasselbe Pathos wie 2001 des „Wir sind alle Amerikaner“ – allerdings gibt es im Gegensatz zu damals kaum kritische Stimmen mehr."
Doch, die gibt es, nur sind die nicht bei der Lügenpresse in Lohn und Brot, sondern seit 2001 alle aus dem System gegangen (gegangen worden) und daher nur noch im Netz, bei den alternativen Medien zu finden. Und da ist die Gegenwehr recht deutlich.