Günter Scholdt, Ijoma Mangold & Jack Donovan: Eine Replik

Der strategische Teil seiner Kritik lautet so:

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Der stra­te­gi­sche Teil sei­ner Kri­tik lau­tet so:

Denn die­se Prä­sen­ta­ti­on bestä­tigt schein­bar für eine ohne­hin meist übel­ge­sinn­te Öffent­lich­keit Nega­tiv­kli­schees über das IfS respek­ti­ve die kon­ser­va­tiv-rechts­al­ter­na­ti­ve Sze­ne gene­rell. Genau­er: Sie erleich­tert unge­wollt ein absicht­li­ches oder unbe­wußt feind­li­ches Fehl­ver­ständ­nis, man sym­pa­thi­sie­re mit tes­to­ste­ron­ge­steu­er­ten, durch Nietz­sche-Paro­len sti­mu­lier­ten Haudraufs.

Auch (völ­lig wert­neu­tral) tak­tisch schei­nen mir Gewalt­be­kennt­nis­se oder ‑eupho­rien ange­sichts der Kräf­te­ver­hält­nis­se im Lan­de und einer ten­den­zi­ell links­po­li­ti­sier­ten Jus­tiz ver­fehlt und höchs­tens taug­lich zur kurz­fris­ti­gen see­li­sche Kompensation.

Ich muß bei allem Respekt vor Herrn Dr. Scholdt, den ich außer­or­dent­lich schät­ze, sagen, daß ich die­sen Ein­wand aus meh­re­ren Grün­den nicht nach­voll­zie­hen kann, ja ent­schie­den zurück­wei­sen muß. Ich sehe nicht ein, war­um wir irgend­ei­ne Rück­sicht dar­auf neh­men sol­len, was eine in der Tat “meist übel­ge­sinn­te” und eher bewußt als unbe­wußt feind­li­che Öffent­lich­keit ” über unse­re Arbeit denkt. Ob mit oder ohne Dono­van im Pro­gramm, ich kann auf der Sei­te die­ser Übel­ge­sinn­ten ohne­hin kei­ner­lei Wil­len zur Fair­neß oder zur ehr­li­chen inhalt­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung erken­nen, son­dern eben nur eine üble Gesinnung.

Das hat teils mit kogni­ti­ver Über­for­de­rung, teils mit Faul­heit und Unred­lich­keit, teils mit schlich­ter Bös­wil­lig­keit zu tun. Alles, was wir sagen und schrei­ben wird durch einen – mit­un­ter bizarr krea­ti­ven – Inter­pre­ta­ti­ons­fil­ter gelei­tet, um sicher­zu­stel­len, daß die Buh­män­ner und Papp­ka­me­ra­den auf ihren Plät­zen blei­ben. Daß unse­re Posi­tio­nen Feind­se­lig­keit und Wider­spruch her­vor­ru­fen, ins­be­son­de­re bei jenen, die von uns kri­ti­siert wer­den, ver­steht sich dabei frei­lich von selbst und ist natür­lich legi­tim. Es ist aller­dings auf­fäl­lig und auf­schluß­reich, daß wir sel­ten für das kri­ti­siert wer­den, was wir tat­säch­lich sagen und ver­tre­ten, son­dern viel­mehr für das, was man uns unter­stellt zu sagen und zu ver­tre­ten. Ich möch­te ein­mal eine ernst­haf­te Kri­tik der Neu­en Rech­ten lesen, die sich nicht in Alar­mis­mus, Dämo­ni­sie­rung und im ritu­el­len Abwat­schen von zum Teil komisch absur­den Stroh­män­nern erschöpft.

Ein aktu­el­les Bei­spiel ist Ijo­ma Man­golds Rezen­si­on des neu­en Buches des deut­schen Meis­ters Vol­ker Weiß über die “Neue Rech­te” (des­sen Titel schon so dumm ist, daß es weh­tut) aus der Zeit  13/2017. Man­gold ist ein gutes Bei­spiel für die intel­lek­tu­el­le Unred­lich­keit, von der ich oben sprach. Nach­dem er sich via Weiß ein “genaue­res Bild von den welt­an­schau­li­chen Prä­mis­sen und ideen­ge­schicht­li­chen Her­künf­ten der rechts­au­tori­tä­ren Bewe­gun­gen der Gegen­wart” gemacht hat, rühmt er des­sen Meis­ter­werk als “glän­zen­de Dekon­struk­ti­on der Neu­en Rech­ten mit ihren eige­nen Mit­teln”. Da er aber alles, was er über die Neue Rech­te weiß, aus Weiß’ Buch ent­nimmt und offen­bar die Ori­gi­nal­quel­len kaum gele­sen hat, kann er solch ein Urteil gar nicht ernst­haft fäl­len; er kann nur Bei­fall klat­schen, wie gekonnt doch die­ser Weiß sei­ne Stroh­män­ner zer­legt. Das führt dann zu Sät­zen voll unfrei­wil­li­ger Komik wie die­sem hier:

 Uni­ver­sa­lis­mus gilt der Rech­ten als Täu­schungs­be­griff, mit dem der glo­ba­lis­ti­sche Wes­ten Putins Abend­land zu unter­drü­cken versucht. 

Auf einem ähn­li­chen Niveau liegt die­ser Satz:

Der »abso­lu­te« Feind der Neu­en Rech­ten, die Iden­ti­tät an Räu­me kop­pelt, ist der Uni­ver­sa­lis­mus. 

Schön, daß ich das auch ein­mal erfah­re. Ich für mei­nen Teil – und ich bin ja wohl mit ange­spro­chen, da ich von Man­gold und Weiß zitiert wer­de – kann sagen, daß für mich der Uni­ver­sa­lis­mus kei­nes­wegs ein “abso­lu­ter” Feind ist. Wenn ich irgend­was von Carl Schmitt gelernt habe, dann dies, daß es “abso­lu­te” Fein­de nicht gibt, bezie­hungs­wei­se, daß die Idee der “abso­lu­ten” Feind­schaft auf dem Mist des Uni­ver­sa­lis­mus gewach­sen ist, den wir ja kri­ti­sie­ren. Beja­hen wür­de ich aller­dings, daß vie­le, die der Neu­en Rech­ten nahe­ste­hen, im Uni­ver­sa­lis­mus (oder kon­kre­ter im uni­ver­sa­lis­ti­schen west­li­chen Libe­ra­lis­mus) den “Haupt­feind” sehen (so drückt es auch Alain de Benoist aus), wäh­rend der Islam eher ein (eben­falls uni­ver­sa­lis­ti­scher) Sekun­där­feind ist, beschwo­ren durch die Ver­feh­lun­gen des west­li­chen Libe­ra­lis­mus, der sich im Zustand der Auto-Ero­si­on befin­det und den Wes­ten in einen para­do­xen Sui­zid treibt.

All die­se ein­schlä­gi­gen Autoren bege­hen immer wie­der den Feh­ler, anzu­neh­men, die (soge­nann­te) Neue Rech­te sei ein ideo­lo­gisch mono­li­thi­scher Block, den man auf ein paar For­meln und Glei­chun­gen her­un­ter­rech­nen kön­ne. Dem­ge­gen­über ist es immer wie­der wich­tig, den vita­len Bin­nen­plu­ra­lis­mus des rech­ten Lagers zu beto­nen. Was die Uni­ver­sa­lis­mus-Kri­tik angeht, so kann man ein lei­den­schaft­li­cher Purist sein wie Mar­tin Sell­ner (sie­he hier, hier und hier), oder die Din­ge eher so sehen wie ich: für mich gibt es Uni­ver­sa­lis­mus nur im Plu­ral, und Uni­ver­sa­lis­men unter­lie­gen wie alle ande­ren Ideen einem his­to­ri­schen Wan­del. In mei­nem Buch “Kann nur ein Gott uns ret­ten?” habe ich betont, daß das uni­ver­sa­lis­ti­sche Pathos und der uni­ver­sa­lis­ti­sche Anspruch essen­ti­el­ler Bestand­teil des “Abend­lan­des” waren und sind – im Guten wie im Schlech­ten, und heu­te eher im Schlechten. 

Nun zeigt sich auch Man­gold etwas pein­lich berührt von Weiß’ all­zu pene­tran­tem päd­ago­gi­schen Furor. Sein Buch sei “in sei­ner ers­ten Hälf­te in einem Ton der Betu­lich­keit geschrie­ben, der selbst Bet­schwes­tern zum Wahn­sinn trei­ben wür­de.” Weiß schreibt im in die­sem Gen­re übli­chen Dau­er­mo­dus der “Ent­lar­vung”, was typisch ist für Autoren, die an Selbst­über­schät­zung lei­den. Dabei hat mich die­se Bemer­kung Man­golds beson­ders amüsiert:

Extre­mes Sym­ptom die­ser Gou­ver­nan­ten­haf­tig­keit ist Weiß’ Gebrauch der Anführungszeichen.

 

Das ist genau das, was ich seit Jahr und Tag die “Poli­tik der Anfüh­rungs­stri­che” nen­ne, wo ich von einem “unter Lin­ken weit­ver­brei­te­ten Typus” sprach, der

… die Rede des Geg­ners schon dann für inhalt­lich erle­digt hält, wenn er sie rein “sprach­lich” dekon­stru­iert, was sich meis­tens dar­in erschöpft, alle For­mu­lie­run­gen und Gedan­ken, die einem nicht pas­sen, in Anfüh­rungs­stri­che zu set­zen oder sug­ges­tiv zu glos­sie­ren. Man spielt also “Ich sehe etwas, was du nicht siehst”, wobei die Lin­ke heu­te in der Regel die Rol­le der drei Tem­pel­af­fen ein­nimmt. Frei­lich, alles hängt davon ab, was man sehen kann und will und was nicht.

Weiß gehört zu jener Sor­te, die sich manisch an der Neu­en Rech­ten abar­bei­ten, dabei aber stän­dig ver­si­chern müs­sen, wie sub­stanz­los und “dürf­tig” ihre Begrif­fe, Argu­men­te und Posi­tio­nen doch sei­en. Eine der­ar­ti­ge Über­em­pha­se bei gleich­zei­tig obses­si­vem Inter­es­se ist natür­lich ver­däch­tig. Womög­lich kämpt da jemand hef­tig gegen eine unwi­der­steh­li­che Fas­zi­na­ti­on an. Nach Man­gold ist Weiß’ Buch sozu­sa­gen das “Ree­fer Mad­ness” der Anti-rechts-Literatur:

Und wirk­lich klingt er wie eine Gou­ver­nan­te, die in einem päd­ago­gi­schen Dilem­ma steckt: Sie klärt über Mari­hua­na auf, indem sie aus­führt, wie lächer­lich die­ser Stoff sei, sub­stanz­los, im Grun­de nur hei­ße Luft. Zugleich aber warnt sie davor, dass Mari­hua­na eine Ein­stiegs­dro­ge sei, oft genüg­ten ein paar Züge, schon sei man auf der schie­fen Bahn. Zum Schluss – das leh­re die Geschich­te – ende alles beim Heroin.

Um nun auf Jack Dono­van zurück­zu­kom­men – auch er wird von Man­gold (wohl via Weiß) als Kron­zeu­ge für die Ver­rucht­heit der Neu­en Rech­ten zitiert:

Ganz bei sich ist die Neue Rech­te erst dort, wo sie die Evi­denz der Gewalt und die Trie­be der Völ­ker ver­herr­licht. Das tut sie zuletzt unver­blümt – wie in dem Buch “Der Weg der Män­ner” des US-Ame­ri­ka­ners Jack Dono­van, des­sen deut­sche Aus­ga­be in Kubit­scheks Ver­lag Antai­os erschie­nen ist: »Die Natur ist eben unge­recht«, heißt es dort zur Fra­ge der Gleich­be­rech­ti­gung der Geschlechter.

Der ers­te Satz ist eine typisch unbe­leg­te Unter­stel­lung im “Ent­lar­vungs­mo­dus”, mit dem ein­zi­gen Zweck, die Neue Rech­te beson­ders sinis­ter aus­se­hen zu las­sen. Daß Dono­van von unse­rem Publi­kum teil­wei­se durch­aus kon­tro­vers und kri­tisch auf­ge­nom­men wur­de, kann man leicht unse­ren Kom­men­tar­spal­ten ent­neh­men. Was die “Trie­be der Völ­ker” sein sol­len, ist mir nicht ganz klar, aber ver­mut­lich meint Man­gold hier den natür­li­chen Drang zur Selbst­be­haup­tung. Daß die “Natur eben unge­recht” sei, bezieht sich im Kon­text des Zita­tes dar­auf, daß die bio­lo­gi­sche Repro­duk­ti­ons­last, Eltern­in­ves­ti­ti­on und phy­si­sche Kon­sti­tu­ti­on der Geschlech­ter eben ungleich ver­teilt sind, nicht aber auf die recht­li­che Fra­ge der Gleich­be­rech­ti­gung (nur Frau­en kön­nen schwan­ger wer­den, und sind dar­um von Natur aus in einem ver­wund­ba­re­ren Zustand als Männer).

Man­gold fährt fort:

Was zählt, ist der ewi­ge Kampf im Aus­nah­me­zu­stand, nicht die Domes­ti­zie­rung der bes­tia­li­schen Natur des Men­schen durch Insti­tu­tio­nen. Dies mar­kiert die kla­re Gren­ze zwi­schen Kon­ser­va­ti­ven und Rechten.

Damit “ent­larvt” er sich selbst dahin­ge­hend, daß er offen­bar weder das Buch von Dono­van noch irgend­ei­ne ande­re Schrift des Ver­lags Antai­os oder des Insti­tuts für Staats­po­li­tik gele­sen hat. “Der Weg der Män­ner” ist kei­nes­wegs eine blin­de Apo­lo­gie des “ewi­gen Kamp­fes im Aus­nah­me­zu­stand”, son­dern einer ago­na­len Lebens­hal­tung, was nicht das­sel­be ist; und die Not­wen­dig­keit und Unver­meid­lich­keit “der Domes­ti­zie­rung der bes­tia­li­schen Natur des Men­schen durch Insti­tu­tio­nen” zieht sich durch sei­ne Sei­ten wie ein roter Faden, wobei Dono­vans wesent­li­che Fra­ge ist, wann die Gren­ze zur – frei nach Kon­rad Lorenz – “Ver­haus­schwei­nung” (“Die Lage des Haus­tiers zieht die des Schlacht­tiers nach.” ‑Ernst Jün­ger) und der Domes­ti­ka­ti­on des Man­nes zum kon­su­mie­ren­den, staats­ab­hän­gi­gen, mate­ria­lis­ti­schen, hedo­nis­ti­schen, thy­mos­be­frei­ten und leicht kon­trol­lier­ba­ren “letz­ten Men­schen” über­schrit­ten ist.

Abge­se­hen davon, daß Dono­vans Buch alles ande­re als eine kano­ni­sche Schrift ist, ist die “Domes­ti­zie­rung der bes­tia­li­schen Natur des Men­schen durch Insti­tu­tio­nen” für die Neue Rech­te in Wahr­heit genau­so wie für den Kon­ser­va­tis­mus schlecht­hin (zu des­sen Fami­lie sie selbst­ver­ständ­lich gehört) ein zen­tra­les The­ma. Nichts offen­bart Man­golds Igno­ranz mehr als die­ses Urteil. Armin Moh­ler, einer der prä­gends­ten Vor­den­ker der Neu­en Rech­ten, war ein dezi­dier­ter Geh­lenia­ner, und nicht ohne Grund war eines der aller­ers­ten Bücher im Ver­lag Antai­os (2000) eine Mono­gra­phie über Arnold Geh­len aus der Feder von Karl­heinz Weiß­mann. Ich wür­de Man­gold emp­feh­len, doch ein­mal einen Blick in diver­se Bücher unse­res Ver­la­ges zu wer­fen (Gün­ter Scholdts “Das kon­ser­va­ti­ve Prin­zip”, Weiß­manns “Das kon­ser­va­ti­ve Mini­mum”, Kal­ten­brun­ners “Erzie­hung für den Ernst­fall”, Dev­lins “Sex-Macht-Uto­pie”, Klei­ne-Hart­la­ges “Die libe­ra­le Gesell­schaft und ihr Ende”, etc. etc.), um zu erken­nen, daß die Neue Rech­te kei­nes­wegs der Ent­fes­se­lung der Trie­be und dem per­ma­nen­ten Aus­nah­me­zu­stand oder gar dem Abbau der Insti­tu­tio­nen das Wort redet – ganz im Gegen­teil (wozu habe ich auf die­sem Blog Stan­ley Kubrick als Kryp­to­kon­ser­va­ti­ven abge­fei­ert? Weil er genau um die­se Din­ge wuß­te!). Wenn er die Rol­le des fei­nen Kon­ser­va­ti­ven spie­len will, muß er sich einen ande­ren Schur­ken suchen, von dem er sich dann glanz­voll abhe­ben kann.

Ich weiß nicht, ob ich damit nun Man­golds Inkom­pe­tenz, Ahnungs­lo­sig­keit, Faul­heit oder Bös­wil­lig­keit “ent­larvt” habe. Tat­sa­che ist, daß offen­bar auch ein als beson­ders seri­ös und “kon­ser­va­tiv” gel­ten­der Feuil­le­to­nist Deutsch­lands weni­ger an der Wahr­heit als am Thea­ter­spie­len in eige­ner Sache inter­es­siert ist, mit der Neu­en Rech­ten (bzw. dem gleich­na­mi­gen Popanz) als Kro­ko­dil, das man zum pas­sen­den Zeit­punkt auf­tre­ten läßt. Ich will ihm nun aber einst­wei­len nichts unter­stel­len, und lade ihn ein, sich auf die “schie­fe Bahn” zu bege­ben und von unse­rem bösen ver­bo­te­nen “Mari­hua­na” zu kos­ten, und zwar ohne Weiß’schen Gouvernantenfilter.

Damit will ich auch den Bogen zurück zu Gün­ter Scholdts “Manö­ver­kri­tik” schla­gen:  daß Man­gold den bösen Herrn Dono­van in den Cock­tail gemixt hat, ist, wie man in Wien sagt, eigent­lich “aa scho wuascht”.  Unse­re Fein­de sind bekannt­lich sehr pro­duk­tiv im Fin­den und Ima­gi­nie­ren von Haa­ren in der Sup­pe, die sie not­wen­dig haben, um sich selbst zu legi­ti­mie­ren. Wo kämen sie hin, wenn ihre Feind­bil­der nicht das wären, was sie glau­ben wol­len, daß sie sind? In Rein­form kon­zen­triert kann man das bei unse­ren Freun­den von der Anti­fa stu­die­ren, die wohl vor Won­ne eja­ku­liert haben, als sie erfuh­ren, daß Schnell­ro­da eine Aka­de­mie zum The­ma, schau­der, “Gewalt” ver­an­stal­tet. Hier sind Aus­zü­ge aus einem Auf­ruf, der unter dem Hash­tag #sr1702 durch die sozia­len Netz­wer­ke der Links­extre­men ging (gespei­chert von unse­rer Lese­rin Moni­ka L.):

Die selbst­er­nann­ten Staatspolitiker*innen und pseu­do-intel­lek­tu­el­len Rech­ten wol­len sich die­ses Mal mit dem The­ma „Gewalt“ aus­ein­an­der­set­zen. Was erst ein­mal grund­sätz­lich sinn­voll erscheint, ist für uns aber Grund genug für Pro­test gegen die dort zu erwar­ten­den Men­schen­feind­lich­keit. Denn es ist zu erwar­ten, dass sich die anwe­sen­den Vertreter*innen der „Neu­en Rech­ten“ eben nicht mit ihren ohne Zwei­fel exis­tie­ren­den Gewalt­pro­ble­men aus­ein­an­der­set­zen wer­den: Die Kubit­schek-Jugend unter dem Label der „Iden­ti­tä­ren“ wird sich nicht fra­gen, war­um ihre Grup­pe bei­spiels­wei­se in Hal­le aus gewalt­be­rei­ten Neo­na­zis besteht oder ob es klug oder son­der­lich gewalt­frei ist, poli­ti­sche Gegner*innen zu bedro­hen und zu bedrän­gen, wie sie es tun. Auch wer­den sich die­je­ni­gen, die in ihrem fana­ti­schen Hass auf alles angeb­lich Frem­de geschlos­se­ne Gren­zen und Aus­wei­sung der ver­meint­lich „Kul­tur­frem­den“ for­dern, kei­ne Gedan­ken über die Gewalt dahin­ter machen. Ähn­lich sieht es bei den­je­ni­gen aus, die Femi­nis­mus sowie­so, aber auch jede Form von Gleich­stel­lung für eine „Kas­tra­ti­on“ des Man­nes und für krank­haf­tes Auf­be­geh­ren gegen „die Natur“ hal­ten. Nie­mand wird sich die Fra­ge stel­len, wie gewalt­tä­tig struk­tu­rel­le Dis­kri­mi­nie­rung ist.

Nein, die Men­schen, die sich Mit­te Febru­ar in Schnell­ro­da tref­fen, wer­den von all der Gewalt, die sie auf die Gesell­schaft los­las­sen, nichts wis­sen wol­len. Sie wer­den sie igno­rie­ren und sich als Opfer prä­sen­tie­ren oder sie als not­wen­di­ges Übel zur Zurich­tung der Welt begrei­fen. Sie wer­den sich selbst und ihrem Volk die Erlaub­nis ertei­len, zu dis­kri­mi­nie­ren, zu het­zen und letzt­end­lich zu töten, um sich vor den Dämo­nen der Moder­ne zu ver­tei­di­gen. Sie sehen den „wei­ßen Mann“ und die ihm unter­ge­ord­ne­te Frau bedroht von Geflüch­te­ten, die Fami­lie bedroht von ver­such­ter Gleich­be­rech­ti­gung und die deut­sche Nati­on bedroht von der feh­len­den Mög­lich­keit nicht jedem men­schen­feind­li­chen, aus­gren­zen­den und hass­erfüll­ten Impuls sofort nach­zu­ge­ben. Dass sich die­se ideo­lo­gi­schen und prak­ti­schen Gewalt­tä­ter der Neu­en Rech­ten am Ende für fried­lich hal­ten, obwohl sie nur danach stre­ben, den Volks­zorn gegen alle Schwa­chen und an einer bes­se­ren Welt Inter­es­sier­ten, auf­zu­het­zen, ist am Ende nur Spott.

Die­ses skur­ri­le dämo­no­lo­gi­sche Fund­stück muß ich wohl nicht wei­ter kom­men­tie­ren; er spricht deut­lich für sich und läßt einen tie­fen Ein­blick in das bizar­re Welt­bild und die “dif­fu­sen Ängs­te” (har) die­ser Leut­chen zu. Die als wer­wolf­ar­ti­gen Buh­män­ner gezeich­ne­ten “Neu­en Rech­ten” die­nen hier als Pro­jek­ti­ons­flä­che für eine deli­rie­ren­de lin­ke Mas­tur­ba­ti­ons­phan­ta­sie, die offen­bar vor allem dem Zweck dient, der Anti­fa­mo­bi­li­sie­rung und ‑gewalt ein gutes Gewis­sen zu geben. Indes ist der prin­zi­pi­el­le Unter­schied zu Man­gold resp. Weiß nur graduell.

 Der Auf­ruf kommt übri­gens ganz ohne Erwäh­nung von Dono­van aus. Vor Ort war das dann anders. Hin­ter einem Schutz­wall aus Poli­zei­wä­gen quak­te (ich glau­be) Julia­ne Nagel geschla­ge­ne fünf­zehn Minu­ten Dono­vans Sün­den­re­gis­ter ins Mega­phon, das sie sich offen­bar in der Nacht zuvor zusam­men­ge­gu­gelt hat­te. Als ich Dono­van sag­te, daß er zum Haupt­schur­ken des Tages erko­ren wur­de, lach­te er laut auf und genoß den Zir­kus, der in der Tat zu einer Stern­stun­de von Anti­fan­ten­dus­se­lig­keit geriet.

Ich für mei­nen Teil war sehr froh, Dono­van als schil­lern­den und recht unge­wöhn­li­chen Gast auf der Aka­de­mie zu haben. Das Spann­wei­te unse­rer Dis­kus­si­on wur­de durch sei­nen Auf­tritt unge­mein erwei­tert. Ich bin seit eh und je dafür, das all­zu Tro­cke­ne und Aka­de­mi­sche mit einem Schuß “roman­ti­schem Dün­ger” (Kubit­schek) auf­zu­lo­ckern und frucht­bar zu machen. Per­sön­lich erschien mir Dono­van als zugäng­li­cher und ver­nünf­ti­ger Mensch mit viel Sinn für schwar­zen Humor, der sich selbst nicht all­zu ernst nimmt, in der Tat mehr ein Künst­ler­typ als alles ande­re. Als ihm Mar­tin Sell­ner in mei­ner Anwe­sen­heit das Prin­zip der Gewalt­lo­sig­keit der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung erläu­ter­te, erklär­te er sei­ne voll­kom­me­ne  Zustim­mung. Trotz sei­ner genuß­voll mar­tia­li­schen Selbst­in­sze­nie­rung ist Dono­van kei­nes­wegs ein “tes­to­ste­ron­ge­steu­er­ter, durch Nietz­sche-Paro­len sti­mu­lier­ter Hau­drauf”, wie Gün­ter Scholdt for­mu­lier­te. Das zeigt, wenn man genau hin­hört, nicht nur sei­ne Rede, die im Grun­de wenig anders als der Vor­trag Marc Jon­gens ein Plä­doy­er für “Thy­mos­trai­ning” war, son­dern auch sein berüch­ti­ger (und groß­ar­ti­ger) Essay “Vio­lence is Gol­den” (abge­druckt in Sezes­si­on 76) und erst recht sein Buch “Der Weg der Män­ner”, das ich über­setzt und her­aus­ge­ge­ben habe.

Damit wäre ich am zwei­ten, inhalt­li­chen Punkt von Scholdts Kri­tik ange­langt. Ich will hier auf sei­ne ein­zel­nen Punk­te nicht im Detail ein­ge­hen. Sie sind weit­ge­hend berech­tigt und nach­voll­zieh­bar, aber mir scheint, daß Scholdt hier vie­les miß­ver­stan­den hat, etwa Dono­vans pathos­ge­sät­tig­ten, nietz­schea­ni­schen Appell, eine “Her­ren­mo­ral” zu kul­ti­vie­ren. Das bedeu­tet bei ihm vor allem: Ermu­ti­gung zur Selbst­er­mäch­ti­gung, Selbst­ver­ant­wor­tung, Unab­hän­gig­keit, Arbeit an der Ent­wick­lung der in “Weg der Män­ner” genann­ten “männ­li­chen Tugen­den” Kraft, Mut, Kom­pe­tenz und Ehre, Abschüt­teln alles Klein­ka­rier­ten und ins­be­son­de­re all der Erbärm­lich­kei­ten und Zumu­tun­gen der “poli­ti­schen Kor­rekt­heit”, die man mit Fug und Recht als mani­pu­la­ti­ve, res­sen­ti­ment­ge­trie­be­ne “Skla­ven­mo­ral” bezeich­nen kann. Dono­vans Ide­al ähnelt stark jenem Domi­ni­que Ven­ners, der ihm ledig­lich eine etwas aris­to­kra­ti­sche­re Fas­sung gab.

Immer­hin räumt Scholdt selbst ein, daß Dono­van Din­ge anspricht, die unab­weis­bar sind:

Dono­vans Text in der Sezes­si­on 76 / Febru­ar 2017 ent­hält übri­gens eine durch­aus strin­gen­te Beweis­füh­rung, die sich jeder­zeit nach­voll­zie­hen läßt. Ver­deut­licht er doch – was unse­re Sen­ti­men­ta­lin­skis so ger­ne ver­ges­sen oder ver­ges­sen machen wol­len –, daß Gewalt immer herrscht und wir sie nur all­zu gern ver­bal ver­ste­cken. Er miß­bil­ligt zurecht das öffent­li­che Geschwätz dar­über und die jewei­li­gen inter­es­sen­ge­lenk­ten Umdefinierungen.

In der Tat, und ich glau­be, daß unse­re zivi­li­sa­ti­ons­ver­wöhn­ten, illu­so­ri­schen, eska­pis­ti­schen, grund­la­gen­ver­ges­se­nen, schlaf­wan­deln­den sich all­zu sicher glau­ben­den Zeit­ge­nos­sen mit ihrer „infan­ti­len Wirk­lich­keits­ver­wei­ge­rung“ (Rüdi­ger Safran­ski) beson­ders hart geschüt­telt wer­den müs­sen, um auf­zu­wa­chen, und zu erken­nen, daß “der Mensch des Men­schen Wolf” ist (Tho­mas Hob­bes), daß das “Para­dies unter dem Schat­ten der Schwer­ter und unter den Füßen der Müt­ter” liegt (Moham­med, zitiert von Nietz­sche) und daß “die zivi­li­sier­ten Völ­ker der Bar­ba­rei so nahe wie das best­ge­schlif­fe­ne Eisen dem Rost” sind (Riva­rol). Und auch Ernst Jün­gers Wald­gän­ger weiß, daß die Frei­heit ein sou­ve­rä­nes Ver­hält­nis zur Gewalt voraussetzt:

Lan­ge Zei­ten der Ruhe begüns­ti­gen gewis­se opti­sche Täu­schun­gen. Zu ihnen gehört die Annah­me, daß sich die Unver­letz­bar­keit der Woh­nung auf die Ver­fas­sung grün­de, durch sie gesi­chert sei. In Wirk­lich­keit grün­det sie sich auf den Fami­li­en­va­ter, der, von sei­nen Söh­nen beglei­tet, mit der Axt in der Tür erscheint.  Nur wird die­se Wahr­heit nicht immer sicht­bar und soll auch kei­nen Ein­wand gegen Ver­fas­sun­gen abge­ben.  Es gilt das alte Wort: »Der Mann steht für den Eid, nicht aber der Eid für den Mann.« (Hier eine Bespre­chung die­ses Jahr­hun­der­t­es­says von Donovan.)

 

War­um kam ich auf die Idee, gera­de “Weg der Män­ner” bei Antai­os her­aus­zu­brin­gen? Was gefiel mir dar­an? Nach den Über­set­zun­gen von Jean Ras­pail und Renaud Camus hat­te ich Lust auf sti­lis­tisch und inhalt­lich ganz ande­re Kost. Dono­vans Schaf­fen ver­fol­ge ich etwa seit 2010, und habe ihn stets als orgi­nel­len und inter­es­san­ten Kopf wahr­ge­nom­men, alles ande­re als ein wan­deln­des Kli­schee oder “Nega­tiv­kli­schee”. Eine zeit­lang habe ich mich auch sehr für die ame­ri­ka­ni­sche “Manos­phe­re” inter­es­siert, die sich teil­wei­se mit der Alt­right über­schnei­det, und für die Blog­ger unter­schied­li­cher Qua­li­tät wie Hear­tis­te, Quin­tus Cur­ti­us, Roosh, Matt For­ney, Davis Auri­ni oder Mike Cer­no­vich ste­hen. Hin­zu kommt, daß ich gro­ßes Ver­gnü­gen an ame­ri­ka­ni­scher Self-Help- und How-to-Lite­ra­tur habe, deren Spann­wei­te für mich von Napo­le­on Hill über Leil Lown­des bis Anton LaVey reicht (ich arbei­te übri­gens gera­de, zusam­men mit Caro­li­ne Som­mer­feld, an einem Buch aus die­sem Gen­re). Auch Dono­vans Buch, das mir durch sei­ne Ehr­lich­keit und sei­nen Prag­ma­tis­mus gefiel, gehört für mich, zumin­dest am Ran­de, als ent­fern­ter Ver­wand­ter, in die­sen Kontext.

Mit “Der Weg der Män­ner” ergeht es einem wohl ähn­lich wie mit Chuck Palah­n­i­uks geis­tes­ver­wand­ten Roman “Fight Club” (und sei­ner Ver­fil­mung aus dem Jahr 1999): ent­we­der man spürt sofort eine unmit­tel­ba­re Reso­nanz und Ver­bin­dung,  ist elek­tri­siert, weiß, “wor­um es geht”, oder eben nicht.  Man­che Leser haben dar­an kri­ti­siert, daß es nicht an das Niveau ande­rer Antai­os-Publi­ka­tio­nen her­an­reicht, fan­den es zu tri­vi­al und zuwe­nig “intel­lek­tu­ell”. Ich selbst bin bekannt­lich kein Freund die­ser Art von Dünkel. 

Dono­van selbst erhebt auch kei­ner­lei Ansprü­che die­ser Art. Im Vor­wort schreibt er:

 Ich habe es in einer rela­tiv ein­fa­chen Spra­che ver­faßt. Auch Män­ner, die wie ich aus der Arbei­ter­klas­se stam­men, sol­len es mit Leich­tig­keit und Ver­gnü­gen lesen kön­nen. Ich bin kein Akademiker.

Ange­sichts von Dono­vans äuße­rem Erschei­nungs­bild mag der eher beschei­de­ne und bedäch­ti­ge Duk­tus des Buches über­ra­schen. Das Pathos ist sorg­sam dosiert, und im Gegen­satz zu ande­ren Autoren, die in der “Manos­phe­re” gele­sen wer­den, hält er sein Ego deut­lich zurück. Im Vor­wort zur ers­ten Aus­ga­be (2012) des Buches schrieb er, er inten­die­re damit “kei­ne Wer­bung für mei­ne eige­ne Männ­lich­keit”. Er will sich kei­nes­wegs als leuch­ten­des Vor­bild hin­stel­len, wie etwa die­ser nicht unsym­pa­thi­sche rech­te “Dou­ch­ebag” aus Schweden.

Hen­ning Lind­hoff schrieb in eigen­tüm­lich frei: 

Es ist ein Buch, das anfangs begeis­tert, auf­grund sei­ner schlich­ten aber kraft­vol­len Bot­schaft: „Mehr Ban­de wagen!“ Es ist aber auch ein Buch, das mit zuneh­men­der Lese­dau­er ver­är­gert, auf­grund sei­ner kraft­vol­len, aber letz­ten Endes zu schlich­ten Botschaft. 

Nun wäre mir die­ses Buch­pro­jekt nicht so am Her­zen gele­gen, wenn ich nicht durch­aus ande­rer Mei­nung wäre. Mich hat es viel­mehr von Anfang bis zum Ende begeis­tert, und ich fin­de es kei­nes­wegs so “schlicht”, wie es man­chem auf den ers­ten Blick erschei­nen mag. Ganz im Gegen­teil: Dono­vans lite­ra­ri­sche, his­to­ri­sche, wis­sen­schaft­li­che und pop­kul­tu­rel­le Refe­ren­zen sind von einer stu­pen­den Band­brei­te und fügen sich in ein eben­so ori­gi­nel­les wie schlüs­si­ges Gesamt­bild mit einer star­ken Sug­ges­tiv­kraft. Man spürt in jeder Zei­le: Hier hat sich einer eine Fra­ge gestellt, die ihn lei­den­schaft­lich bewegt. Es ist amü­sant und flott geschrie­ben, voll klu­ger Ein­sich­ten und sar­kas­ti­schem Trotz, auf­mun­ternd, opti­mis­tisch und inspi­rie­rend, und ich glau­be, daß es vie­len Män­nern aus der See­le spricht (so ging es jeden­falls mir), und ihnen hel­fen kann, über sich selbst und ihre inners­ten Beweg­grün­de Klar­heit zu gewin­nen. Und ich den­ke auch, daß die­ses Buch viel Wert­vol­les für jun­ge iden­ti­tä­re Akti­vis­ten ent­hält. Die Iden­ti­tä­re Bewe­gung ist eben auch eine “Ban­de”, eine Wald-“Gang”, und als sol­che kann sie wohl am bes­ten funktionieren.

Das Pro­gramm von Antai­os ist so reich­hal­tig wie nie zuvor, und das hal­te ich für eine groß­ar­ti­ge Ent­wick­lung. “Der Weg der Män­ner” ist nur eine Stim­me in die­sem Chor, die mir per­sön­lich viel bedeu­tet ist. Dar­um, lie­ber Gün­ter Scholdt, machen Sie sich an die­sem Punkt kei­ne all­zu gro­ßen Sor­gen oder stra­te­gi­schen Gedan­ken: “Haters gon­na hate”, wie die IBs­ter wis­sen. Freu­en wir uns lie­ber über die geis­ti­gen Frei­hei­ten, die uns unser publi­zis­ti­sches Pira­ten­schiff ermöglicht!

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (31)

ALD

3. April 2017 11:17

Lieber Herr Lichtmesz, vielen Dank auch Ihnen für diesen wieder mal großartigen Text! Sowohl Günther Scholdt's Kritik als auch ihre Würdigung der Donovan'schen Arbeit zeigen das intellektuelle Niveau, die stete Bereitschaft sich mit kontrahierenden Standpunkten auseinanderzusetzen und ernsthafte Diskurse innerhalb der eigenen Reihen zu führen im neurechten Spektrum.

Ich hatte die Kritik des Herrn Scholdt aus der Perspektive heraus verstanden, daß die patriotischen bzw. neurechten Gesellschaftslager ihre Heterogenität und intellektuelle Überlegenheit auch der breiten Mitte der Gesellschaft werden vermitteln müssen, - um durch zumindest teilweiser Erlangung der Zustimmung und Unterstützung der Vernunftsdeutschen jeglicher politischer Färbung die erforderliche Wirksamkeit der konkreten politischen Anliegen zu entfalten - und daß der Habitus eines Herrn Donovan in diesem Sinne eher undienlich erscheint. Daß der vernunftbegabte, wohlerzogene, deutsche Bildungsbürger, der einem Kubitschek, Lichtmesz, Kaiser usw. wohl mit Interesse zuzuhören bereit wäre, eben durch die Präsenz eines Donovan eher abgeschreckt werden könnte.

Albert

3. April 2017 12:14

Über den Mangold-Artikel bin ich vorgestern auch gestolpert und fand ihn enttäuschend, da Mangold doch schon deutlich klügere Sachen geschrieben hat. Treffend war allerdings seine Kritik am Buch von Volker Weiß, und witzig sein Verweis darauf, daß Weiß & Co. wohl kaum die Heidegger-Gesamtausgabe studiert haben dürften, um den Sezessionisten das Zitieren von Heidegger'schen "Versatzstücken" vorzuwerfen.

Ich habe den Eindruck, daß den Herrn Mangold schlicht die Denkfaulheit oder der Zeitmangel plagt, sich tatsächlich mit der NR zu beschäftigen, obwohl Interesse offensichtlich da ist. Jan Fleischhauer hatte kürzlich auf SpON geschrieben, daß die Neue Rechte momentan "der heißeste Scheiß" im Block sei; von den Linken komme einfach nix mehr, womit man sich intellektuell beschäftigen mag.

Scholdt hat aber schon recht, daß muskelbepackte Machos wie Donovan bei denkfaulen Zeitgeist-Amöben just alle roten Knöpfchen drücken und somit letztlich diskursverhindernd sind. Der "Herrschaft des Verdachts" entkommen wir einfach nicht.

Martin Lichtmesz

3. April 2017 13:09

@Albert

Mit denkfaulen Zeitgeist-Amöben lohnt sich ohnehin kein Diskurs!

Martin Lichtmesz

3. April 2017 13:14

In der Tat, Mangold hat zumindest bemerkt, wie durchsichtig Weiß' Strategien sind, und er macht sich darüber lustig:

 

 

Da setzt seine Behütungspädagogik ein: Wo sich die Neue Rechte intellektuell gibt, »verbrämt« sie ihre wahren Absichten nur »intellektuell«, wo sie sich bei Heidegger bedient, sind es »philosophische Versatzstücke« – als würde unsereins den Namen Heidegger ausschließlich in den Mund nehmen, wenn wir uns aufs Gesamtwerk beziehen. Weiß ist in Sorge, der Leser könne sich blenden lassen. Zum Beispiel von der »aristokratischen Haltung«, mit der sich die Neue Rechte von den Neonazis abzusetzen versuche, dabei sei diese Haltung »nichts als Pose«. Über öffentliche Aktionen der Identitären Bewegung schreibt er: »Die Kulisse ihrer Inszenierung wird sorgfältig gewählt, die Aktivisten tragen viele große Fahnen mit sich, was den Eindruck von mehr Masse vermittelt. Ihre Parolen und Embleme sollen attraktiv wirken und stets wiedererkannt werden.« Soso, ihre Parolen sollen attraktiv wirken – gut, dass wir gewarnt wurden. Wir würden die Identitäre Bewegung (IB) sonst für hip halten: »Insgesamt ist der avantgardistische Touch der IB aufgesetzt und bleibt auf das Werbematerial beschränkt.« Vermutlich wäre die IB für Weiß erst dann avantgardistisch, wenn sie statt identitär universalistisch wäre!

 

 

 

Martin Lichtmesz

3. April 2017 13:21

In der Tat, Mangold macht sich über Weiß' durchsichtige Strategien lustig, das ist das Beste an seiner Rezi:

Da setzt seine Behütungspädagogik ein: Wo sich die Neue Rechte intellektuell gibt, »verbrämt« sie ihre wahren Absichten nur »intellektuell«, wo sie sich bei Heidegger bedient, sind es »philosophische Versatzstücke« – als würde unsereins den Namen Heidegger ausschließlich in den Mund nehmen, wenn wir uns aufs Gesamtwerk beziehen. Weiß ist in Sorge, der Leser könne sich blenden lassen. Zum Beispiel von der »aristokratischen Haltung«, mit der sich die Neue Rechte von den Neonazis abzusetzen versuche, dabei sei diese Haltung »nichts als Pose«. Über öffentliche Aktionen der Identitären Bewegung schreibt er: »Die Kulisse ihrer Inszenierung wird sorgfältig gewählt, die Aktivisten tragen viele große Fahnen mit sich, was den Eindruck von mehr Masse vermittelt. Ihre Parolen und Embleme sollen attraktiv wirken und stets wiedererkannt werden.« Soso, ihre Parolen sollen attraktiv wirken – gut, dass wir gewarnt wurden. Wir würden die Identitäre Bewegung (IB) sonst für hip halten: »Insgesamt ist der avantgardistische Touch der IB aufgesetzt und bleibt auf das Werbematerial beschränkt.« Vermutlich wäre die IB für Weiß erst dann avantgardistisch, wenn sie statt identitär universalistisch wäre!

Monika L.

3. April 2017 13:30

Unsere Altvorderen hatten keinerlei Probleme damit, ihr Eigenes auch militärisch zu verteidigen. Heute besteht nicht einmal mehr der Wille, das Eigene wenigstens geistig zu verteidigen. Wie etwa noch bei Petrus Venerabilis, 1122 Abt von Cluny. Von dem es auf der dortigen Schautafel heißt: "Ihm sind Wortgefechte lieber als der Kampf und er lässt den Koran übersetzen, um besser gegen den Islam vorgehen zu können."

https://www2.hu-berlin.de/sppedia/index.php5/Integration_und_Desintegration:Beitrag_3/Die_Konstruktion_des_Anderen

Das waren noch Wortgefechte. Im Mittelalter.

Wir Heutigen führen nicht mal mehr Wortgefechte, sondern Scheingefechte. Dazu zähle ich Günter Scholdts ' Manöverkritik' und Lichtmesz' Replik. Mangolds Rezension und Volker Weiß' Konstrukt. Mangold kenne ich nur als Gemüse . Wer ist Volker Weiß ? 

Ehrlich gesagt, verstehe ich auch nicht das Faible für Donovan oder die amerikanische " Manosphäre".  Die europäischen Jungmänner und Jungfrauen stehen vor weit aus größeren Herausforderungen als die amerikanischen. Der Schlüsseltext ist für die Europäische Situation m. E. Sieferles Text DEUTSCHLAND SCHLARAFFENLAND. Auf dem Weg in eine multitribale Gesellschaft sind einheimische 'Jugendgangs' sicher eine Möglichkeit. Ich bin froh um dem Identitären Widerstand. Aber:

Der europäische Familienvater erscheint nicht mehr von seinen Söhnen begleitet mit der Axt vor der Tür. Entweder hat er keine oder zuwenige Söhne. Oder die Söhne studieren im Ausland. Während Afrika und der Nahe Osten seine Söhne als Platzhalter nach Europa, insbesonder Deutschland schickt. Und das den Steuerzahler Milliarden kostet. Der stärkste Einwanderungsdruck lastet auf Europa. Hier versagen alle Diskussionen über einen ethischen Universlismus. Das ' Abstraktum Menschheit hat eine reale Gestalt angenommen' ( Sieferle) . Die Utopie der totalen materiellen Gleichheit bildet den Attraktionspunkt der menschlichen Existenz. ( Sieferle) . Dann doch lieber ein ABGANG MIT STIL. Aber nicht wie in dem neuen Amifilm, wo eine Rentnergang durch Banküberfall die karge Rente aufbessert. Sondern mit europäischem Stil. Wie bei Raspail etwa. 

M.L.: Die Black Pill des Tages!

Urwinkel

3. April 2017 13:47

Donovan würde den Diskutanten die Frage stellen, mit welchem Unsinn (Weiß) sie sich abgeben und danach im Zweifel aufs Maul hauen. Stünde nicht eine allgemeine Sprachbarriere dazwischen. Bei ihm stehen die Leute schlange an, um tätowiert zu werden. Wenn man in solch einer einstündigen Sitzung lange zusammensitzt ergibt sich viel Gesprächsstoff der keiner Akademie in inhaltlicher Qualität in irgendwas nachsteht.

Monika L.

3. April 2017 14:37

@ML Nix Black pill ! No pill !

Aber beim WEG DER MÄNNER in relativ einfacher Sprache denke ich eher an den Villanderer Sturmhaufen:

https://www.schuetzen-villanders.com/de/das-letzte-augebot/index.php

Und natürlich nicht an eine Entleibung, auch nicht in einer Kathedrale.

Der Gehenkte

3. April 2017 15:05

Nils Wegner hatte im letzten Strang angemerkt: „Der Titel von Essay und Vortrag ist eigentlich bloß ein Wortspiel mit der englischen Fassung des Sprichworts »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold«.“

Statt „Schweigen“ nun „Gewalt“ einzusetzen ist ein Kategorienfehler. Hätte Donovan „die Tat“, „das Handeln“ – „acting“, „doing“ o.ä. – eingesetzt, wäre diese Diskussion - die es glücklicherweise gibt - gar nicht entstanden, denn eine breite Einhelligkeit wäre anzunehmen gewesen.

M.L.: Silence - Violence, das ist das Wortspiel.

„Gewalt“ ist eine Triggervokabel, die bewußt provozieren und kitzeln will.

M.L.: So what?

Ich halte es für durchaus relevant, sich darüber Gedanken zu machen, wie das auch bei Unverständigen verstanden werden kann. Dabei geht es gar nicht um die erklärten Gegner – deren hinterfotzige Herangehensweise zu entlarven ist allzu einfach –, sondern um die Vielen, die um eine Position ringen und die bei der Neuen Rechten Stoff finden, um persönliche Entscheidungen zu treffen. Diese Menschen sind oft noch voller Ideologieversatzstücke, können noch getriggert werden … wenn wir sie mit Vokabeln versorgen, die das Erwartungsbild „Rechtsradikalismus“ erfüllen, werden wir sie nicht gewinnen können.

Sofern Metapolitik Politik ist, sollte man lernen auch taktisch zu denken. Oder man entscheidet sich für die Sekte – ist auch legitim –, lehrt die reine Lehre und nimmt aber in Kauf, daß man auf offiziellen Wegen einflußlos bleiben wird. Gut fürs Seelenheil, wenig ergiebig für das erste Leben …

M.L.: Diesen Humbug mit der "reinen Lehre" vs. "taktische Anpassung" hatten wir hier schon x-mal. Was soll denn bittte diese "reine Lehre" sein?

Martin Lichtmesz

3. April 2017 15:31

Ich ehre den vernunftbegabten, wohlerzogenen, deutschen Bildungsbürger, allein schon deshalb, weil er eine aussterbende Spezies ist, aber er sollte sich selbst nicht für das Maß aller Dinge halten, und seine Furcht vor handfesteren Realitäten mit Dünkel ruhigstellen.

Albert

3. April 2017 15:41

Das Nervigste an Weiß & Co. ist der ständige Versuch, uns eine Doppelgesichtigkeit andichten zu wollen - so, als würden wir versuchen, die Öffentlichkeit unserer Harmlosigkeit zu versichern, aber anders sprechen, wenn wir "unter uns" wären. Manche unter uns machen sich dann vorbeugend harm- und wehrlos, wie GK im letzten Sezessions-Geleitwort schrieb. Das ist ermüdend und führt dazu, daß einige (wie das "Studienzentrum Weikersheim") letztlich bedeutungslos werden und verschwinden. 

Was die "Sezession" für mich so wertvoll macht, ist die Konsequenz ihrer Gedankenführung abseits von politischer Verwendbarkeit. Schwierig und doppelbödig wird es nur dann, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, daß die "Sezession" in die Politik hineingreift (siehe Pogge oder Höcke).

Passend zum Thema und gerade entdeckt:

"Der Zwischenrufer ist Martin Lichtmesz, Autor der rechtsextremen Zeitschrift „Sezession“.

https://www.freitag.de/autoren/wwalkie/die-haeutungen-der-schlange

Der Gehenkte

3. April 2017 15:59

Die "reine Lehre" war eine ironische Überspitzung - darauf kam es mir nicht an. Wichtig ist der Punkt in der Mitte: wie will man überzeugen, wenn man nicht lernt, die Sprache zu sprechen, die jene Menschen beherrschen, die überzeugt werden könnten, die vielleicht auch erst einen Sprachkurs brauchen?

Will man das überhaupt? Wenn nicht, dann doch wohl nur aus der Überzeugung heraus, die "reine Lehre" gefunden, das entscheidende Wort bereits gesprochen zu haben.

Die Frage oder der Humbug nach Fundi oder Realo ist eine in Bewegung - sie stellt sich immer wieder neu und wird daher an jeder Wegscheide auch neu verhandelt werden müssen, so mühsam und nervig das sein kann.

M.L.: Ich verstehe das Problem nicht. Wir sind ein Verlag, der eine Bandbreite an interessanten und provokativen Büchern herausbringt, die man nirgendwo sonst findet, fertig.

Monika L.

3. April 2017 16:45

"Wenn Hayali also " einen unvoreingenommenen Dialog über politische Grenzen hinweg " fordert, liegt sie richtig. Götz Kubitschek und sein Zirkel haben sich aus diesem selbst herausgeschossen. Die "Junge Freiheit" hingegen findet womöglich gerade in diesen hinein. So schreibt Dieter Stein im aktuellen Editorial seiner Zeitung: ' Vielleicht bewegt sich ja doch etwas. Verlassen wir alle unsere Echokammern, in denen wir uns manchmal nur noch selbst bestätigen. Der politischen Kultur täte es gut. In den von mir beschriebenen Grenzen kann ich diesem Aufruf zustimmen."

Liane Bednarz, dort:

https://uebermedien.de/14079/warum-es-richtig-war-von-dunja-hayali-mit-der-jungen-freiheit-zu-reden/

M.L.: Da sind wir aber traurig, daß wir uns aus der Eunuchenrunde ausgeschlossen haben und keine substanzlosen Gespräche mit Dunja Hayali führen!

Lustig, wer da alles über die Rechten schreibt.

M.L.: Munter versuchen sich die Würmchen in den Apfel zu bohren...;)

Und bald schreibt Frau Bednarz dann auch, warum Günter Scholdt sich von Martin Lichtmesz distanziert. Dabei ist Herr Lichtmesz nicht doppelgesichtig. Nein, er will endlich mit Frau Bednarz einen unvoreingenommenen Dialog führen. Und endlich auch seine Echokammer verlassen.

M.L.: (((Harhar!)))

Frau Bednarz aber, kein " Freund des Ich-Journalismus" ( von mir !)  kann ihre Echokammer aber (noch) nicht verlassen. Und der unvoreingenommene Dialog zwischen Caroline und Carolin steht auch noch aus. ))))))))

M.L.: Wir harren immer noch ihrer Antwort!

deutscheridentitärer

3. April 2017 17:36

Ich wünschte, es gäbe mal eine ähnliche Auseinandersetzung mit diesem Herrn Zorn, der gerade ein auf die Neue Rechte zielendes Buch herausgebracht hat.

M.L.: Das ist ein Job für Masochisten.

Hartwig aus LG8

3. April 2017 17:40

@ Der Gehenkte

Wie wollen Sie überzeugen, wenn Sie "die Menschen dort abholen, wo sie sind"? Meine Erfahrung: Mich haben in den vergangenen Jahrzehnten meist diejenigen bewegt, die es verstanden, mich zu brüskieren; diejenigen, die unverrückbar standen; diejenigen die Gedanken dachten, die ich nicht denken konnte; die Vokablen benutzten, vor denen ich scheute.

Das waren nicht durchgängig Sympathen; das war nicht immer angenehm. (und meine Bewegung führte auch nicht zwangsläufig immer auf diese jenigen zu).

Mit "mich bewegt" meine ich einen langen Wandel nach dahin, wo ich jetzt stehe. 

"Es ist ein großer Unterschied, den Weg nur zu kennen, oder ihn wirklich zu beschreiten."  (so ähnlich aus Matrix).  In diesem Kontext: Es ist nicht Ihr Wort, was Überzeugungskraft hat, sondern Sie selbst  -  wenn denn ...

Zu Donovan: Habe gerade eben seinen "Weg der Männer" ausgelesen. Nicht sensationell, nichts wirklich neues. Flüssig geschrieben. Er überzeugt. Seine Worte gehen konform mit seiner Erscheinung.  Der Weg der Bande - kein Weg, den ich mit Konsequenz gehen kann. Aber ein Weg, den ich auch nicht ignorieren kann. Es gibt erste Versuche ...

Schneekette

3. April 2017 18:30

Das mag ja alles sein. Aber eine brutale Gesellschaft, d.h. die Brutalität des Alltags; die notwendige Brutalität einer bindungslosen Gesellschaft ist doch in Wahrheit genau das, was wir haben. Die Auflösung des Zugehörigkeitsverbandes, die Gesellschaft ohne Nationalstaat ist gerade brutal. Das ist doch genau das, was wir nicht wollen. Insofern ist es tatsächlich neben dieser grundsätzlichen Überlegung sehr wohl eine legitime Überlegung, ob eine schonungslose Bejahung von Hackordnung als natürliche Ordnung uns unwählbar unsympathisch macht! Zurecht unsympathisch machen würde.

M.L.: Und wo meinen Sie, eine "eine schonungslose Bejahung von Hackordnung als natürliche Ordnung" zu finden?

Schneekette

3. April 2017 19:52

@M.L.

Längst nicht durchgehend hier, im Gegenteil. Aber bei Libertären, beispielsweise. Und dass es eine vulgärdarvinistische Fraktion als Minderheit im rechten Lager gibt, ist nicht zu leugnen.

P.S.

Warum verschwindet eigentlich die Gliederung in Absätze bei manchen Beiträgen? Ich könnte eine redaktionelle Bearbeitung ja verstehen, wenn ein Text vollkommen überlang und zerrissen wirkt, aber dass reiner Blocksatz herauskommt erschwert die Leserlichkeit doch deutlich.

D'Annunzio

3. April 2017 21:54

Donovans Buch war für mich eine große Enttäuschung. Er erinnert mich immer an einen überdimensionalen Pfadfinder, dessen Rezepte vielleicht in den USA funktionieren, aber nicht im europäischen Hier und Jetzt. Bestenfalls ein weiterer Beitrag zur Soziologie der Postmoderne.

Solution

3. April 2017 21:54

Danke, Herr Lichtmesz, für diesen zutreffenden Artikel.

Auch ich habe bei bisher ca. 10 verschenkten Büchern von Donovan eigentlich nur zwei verschiedene Reaktionen erlebt: Begeisterte Zustimmung oder entsetzte Ablehnung. Die Ablehnung war aus meiner Sicht überwiegend irrational. Da gab es sogar jemanden, der das Buch gar nicht erst lesen wollte, weil er die USA generell und grundsätzlich ablehne ("Alles, was von dort kommt, ist Schrott").

Vergessen wir nicht, daß Donovan in den USA lebt. Es gibt nun einmal gravierende Unterschiede zu Europa und zu Deutschland. Dennoch ist das Grundproblem gleich: Wir müssen uns auf neue Art organisieren, wir müssen unabhängiger werden. Und wir müssen uns darauf einstellen, daß wir den tribalistischen Invasorengesellschaften in Europa etwas Gleichwertiges entgegenstellen müssen. Spätestens dann, wenn die staatlichen Strukturen uns nicht mehr schützen können.

Das Wort "Gang" ist letztlich eine Art Sammelbegriff für verschiedenartigste Zusammenschlüsse. Wir sollten damit genauso experimentieren, wie es die Amis tun. Vielleicht finden wir eigene, vielleicht auch ähnliche Formen, wie die Freunde von Donovan.

So mag ein Stammtisch oder ein Diskussionsforum im Internet ein Anfang sein. Für die kommenden harten Zeiten braucht man aber Leute um sich, die da sind, wenn es von irgendwoher knallt und die dann zusammenstehen und sich effizient zu wehren gelernt haben. 

ALD

3. April 2017 22:07

Wohl wahr, wohl wahr. Indessen: niemand sollte sich für das Maß aller Dinge halten. Auch oder vor allem erst dann nicht, wenn er das Maß der Zeit tatsächlich bestimmt und sich auch im klaren darüber ist. Mich überzeugen Sie ohenhin vollends, dazu bedarf es auch keinerlei Sentimentalitäten. Ihre Ratio und die nüchterne Freude an ihrem Stil reichen da schon aus. Und als Kenner außereuropäischer Begebenheiten kann ich nur zustimmen, daß es sich bei den Beanstandungen ganz objektiv betrachtet um Lappailen handelt. Ob dieser Luxus des Objektivismus das Gebot der Stunde ist, möchte ich jedoch bezweifeln, denn der vernunftbegabte, wohlerzogene, deutsche Bildungsbürger ist zwar auf der Liste der "bedrohten Arten", aber NOCH so verbreitet und wirkungsvoll, daß er den Lauf der Dinge zu bestimmen vermag. Es lohnt sich m.E. durchaus seinem i.d.R. eher zarten Gemüth wohlwollend gesinnt zu sein und seiner Kraft der Vernunft zur Entfaltung zu verhelfen.

Johann

3. April 2017 23:53

Beim Verweis auf den "Golden One" musste ich lachen. Ich verfolge dessen Videos schon seit Längerem und in der Tat, unsympathisch wirkt er nicht.

Der Feinsinnige

4. April 2017 02:50

Es überrascht sicher wenig, wenn ich als überzeugter Teilnehmer dieses Blogs erkläre, diesen Blog und den zugehörigen Antaios-Verlag wegen der Qualität seiner Texte und der hier gepflegten Diskussionskultur hoch zu schätzen. Das gilt – unabhängig davon, daß ich dem Einwurf von Prof. Scholdt nach wie vor, wie schon im dem Artikel Prof. Scholdts folgenden Strang, inhaltlich zustimme -, ganz ausdrücklich auch für obigen Artikel sowie die gesamte hierzu geführte Diskussion.

@ Der Gehenkte:

Sofern Metapolitik Politik ist, sollte man lernen auch taktisch zu denken. Oder man entscheidet sich für die Sekte – ist auch legitim –, lehrt die reine Lehre und nimmt aber in Kauf, daß man auf offiziellen Wegen einflußlos bleiben wird. Gut fürs Seelenheil, wenig ergiebig für das erste Leben …

@ Martin Lichtmesz:

„M.L.: Diesen Humbug mit der "reinen Lehre" vs. "taktische Anpassung" hatten wir hier schon x-mal. Was soll denn bitte diese "reine Lehre" sein?“

Hier erlaube ich mir doch, Ihnen, sehr geehrter Herr Lichtmesz, vorsichtig, aber doch bestimmt zu widersprechen, auch auf die Gefahr des nächsten vernichtenden Einwurfs Ihrerseits:

Die Gedanken von @ Der Gehenkte (für die das obige Zitat nur beispielhaft steht) als „Humbug“ abzuqualifizieren, ist meines Erachtens unangemessen, selbst wenn hier schon x-fach über diese Thematik diskutiert wurde. Es ist doch letztlich immer wieder dieselbe Frage, wie sie sich z.B. auch bei der Dresdner Rede Björn Höckes gestellt hat, eine Frage, über die immer wieder gestritten werden kann und sollte:

Wie will und kann man möglichst viele potentiell für die eigene Position offene Menschen (nicht die Übelgesinnten, die sind ohnehin nicht zu erreichen und daher irrelevant) ansprechen, um etwas zu bewegen? Das sollte doch angesichts der Lage unseres Landes und unseres Kontinents das vorrangige Ziel sein (oder irre ich bereits in dieser Zielvorstellung?). Funktioniert das durch das ungestüme Rütteln an den größten Tabus der deutschen (oder im weitesten Sinne „westlichen“) Gegenwart (hier: am Gewaltbegriff?). Oder funktioniert es nicht viel eher, wenn man nicht mit dem Kopf gerade gegen die nun einmal existierenden dicksten Wände anrennt (und sei es nur in Wortspielen wie "Violence is Golden") und dadurch viele Gutwillige (nicht Übelgesinnte, die sind irrelevant) eher abstößt als anzieht?

M.L.: Das sind legitime Überlegungen, aber ich verstehe nicht, was das alles mit einer ominösen "reinen Lehre" zu tun haben soll. Ich weiß nicht, was mir Leute damit sagen wollen, wenn sie mit diesem unsinnigen Ausdruck um sich werfen. Da bringen wohl einige Dinge wie Purismus, Taktik, Leisetreterei usw. durcheinander.

Unabhängig davon werden meine Überzeugungen und Wertungen ab und zu – so auch hier – auch von  Sympathie- und Stilfragen beeinflußt (damit stehe ich sicher nicht allein). Der Stil Donovans in Auftreten und Aussage ist und bleibt mir insgesamt doch ziemlich fremd – und auch insoweit liegt mir die Kritik Prof. Scholdts näher.

Martin Lichtmesz

4. April 2017 07:00

Es mag auch sein, daß Leute wie Mangold möglicherweise klarer denken, als sie schreiben dürfen, wollen, und daß sie andernfalls unter Druck geraten...

Martin Lichtmesz

4. April 2017 08:40

Linke reden heuchlerisch und moralisierend über Gewalt, und haben gleichzeitig geringe Hemmungen, sie anzuwenden; auf uns sollte genau das Gegenteil zutreffen.

Leser_01

4. April 2017 10:40

Mir hat der Vortrag von Jack Donovan sehr gut gefallen. Ich kann die Kritik nicht verstehen. Die theoretische Abhandlung von Gewalt ist in meinen Augen nur begrenzt zielführend. Ich bin kein Intellektueller und deshalb bevorzuge  ich die Meinung und das Wissen eines Praktikers. (Noch besser wären Leute von Spezialeinheiten)

Wer etwas über Gewalt lernen will sollte in einem MMA Gym anfangen und nicht alte Bücher darüber lesen. Die alten Bücher ergeben auch erst dann wirklich Sinn wenn man praktische Erfahrung hat.

Ich persönlich glaube auch, dass das Buch sehr gut zeigt wie verwundbar wir sind. Wir haben unsere Sicherheit an andere Organisation ausgelagert. Wir müssen unsere Sicherheit wieder selbst in die Hand nehmen.(Legaler Waffenbesitz)

Der Gehenkte

4. April 2017 13:00

@M.L.: Das sind legitime Überlegungen, aber ich verstehe nicht, was das alles mit einer ominösen "reinen Lehre" zu tun haben soll. Ich weiß nicht, was mir Leute damit sagen wollen, wenn sie mit diesem unsinnigen Ausdruck um sich werfen. Da bringen wohl einige Dinge wie Purismus, Taktik, Leisetreterei usw. durcheinander.

Ich sag's noch mal: der Begriff der "reinen Lehre" war eine ironische Überspitzung, und - da er hier offensichtlich in die kommunikative Sackgasse führt - ein Fehler, unglücklich gewählt. Man hätte ihn, mit ein bißchen Willen, auch als "Klartext" entziffern können oder dergleichen. Ich bin da selber im Zwiespalt, weil das offene, ehrliche Reden natürlich seine Vorteile und Bedeutung hat. Das Problem ist ja uralt. Wir geben Kant alle recht, aber keiner handelt danach, weil Absolutheit, Purismus immer ein Schuß ins eigene Knie ist, letztlich zur Selbstvernichtung führt.

Hier kam dieser Widerspruch nur erneut hoch: Einerseits wird auf Pluralität eingeschworen, intrinsische Pluralität - man verbreite verschiedene Meinungen innerhalb eines Spektrums -, andererseits wird immer wieder mit Vokabeln, Bildern, Metaphern gespielt, die den Zugang zur pluralen Gesellschaft verbauen: extrinische Berührungshemnisse. Da helfen auch verbale Beteuerungen nichts (wir wollen reden, mit allen), wenn die subkutanen Signale einen anderen Eindruck verleihen. Weshalb sonst bringt Sellner den "Narrensaum" und die "Kantenschere" ins Spiel?

Immer wieder wird hier die Differenz zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik verdeutlicht und dabei übersehen, wie stark der Gesinnungszwang in den eigenen Reihen oft ist. Wie auch gerne nach außen ausgeteilt wird, aber wenn man selber unter Beschuß steht, schnell sensibel reagiert wird.

Ist aber hier nicht zu lösen, also belassen wir es dabei.

Utz

4. April 2017 15:55

Martin Lichtmesz schreibt:

"Linke reden heuchlerisch und moralisierend über Gewalt, und haben gleichzeitig geringe Hemmungen, sie anzuwenden; auf uns sollte genau das Gegenteil zutreffen."

Diesem Satz kann ich nur 100 % zustimmen.

Dennoch mache ich mir meine Gedanken, wenn "Der Feinsinnige schreibt:

"Wie will und kann man möglichst viele potentiell für die eigene Position offene Menschen ... ansprechen, um etwas zu bewegen? Das sollte doch angesichts der Lage unseres Landes und unseres Kontinents das vorrangige Ziel sein .... Funktioniert das durch das ungestüme Rütteln an den größten Tabus der deutschen ... Gegenwart .... Oder funktioniert es nicht viel eher, wenn man nicht mit dem Kopf gerade gegen die nun einmal existierenden dicksten Wände anrennt ... und dadurch viele Gutwillige ... eher abstößt als anzieht?"

Ich erinnere an die Geschichte über Mühlhausen, in einem anderen Thema, wo Monika L. schreibt:

 "Im Falle Mühlhausen handelt es sich allerdings nicht mehr um zu meidende Parallelwelten, sondern die ganze Stadt ist eine andere Welt. Hier erscheint der Islam jung, chic und ( scheinbar ?) modern. Das alte einheimische Leben wirkt dagegen museal und hoffnungslos veraltet. Das ist eine irritierende und schockierende Erfahrung. Hier hat die andere Welt bereits ' gewonnen'."

Um "in" zu sein, chic, modern, muß man anscheinend nicht durch Besonnenheit überzeugen, muß man nicht aufpassen, daß man nicht etwa durch mangelnde politische Korrektheit Leute verschreckt und die eigene Anschlußfähigkeit verliert. Das versucht man uns nur einzureden. Um zu überzeugen müssen andere Parameter stimmen. Im Extremfall, z.B. Französische Revolution kann sogar eine äußerst gewalttätige Bewegung eine riesengroße Zustimmung erfahren.

Wir müssen der Frage nachgehen, was eine Bewegung erfolgreich macht, was dazu führt, daß sie wächst. Unabdingbar erscheint mir, daß sie viel Jugend in ihrer Anhängerschaft haben muß.

Wahrig

4. April 2017 16:46

Mich würde ja interessieren, ob die Diskussion über Herrn Donovans Ansichten auch so stattgefunden hätte/stattfinden würde, wäre er kein vikingerspielender US-Amerikaner mit augenscheinlich großer Begeisterung für die Muckibude, sonder ein...sagen wir (natürlich in Ehren) ergrauter Franzose vom Schlage derer die noch bei 30 Grad in Jacket und Fliege anzutreffen sind.

Caroline Sommerfeld

4. April 2017 17:32

@der Gehenkte: "andererseits wird immer wieder mit Vokabeln, Bildern, Metaphern gespielt, die den Zugang zur pluralen Gesellschaft verbauen: extrinische Berührungshemnisse. Da helfen auch verbale Beteuerungen nichts (wir wollen reden, mit allen), wenn die subkutanen Signale einen anderen Eindruck verleihen".

Die "plurale Gesellschaft" ist (etwa so wie "Freiheit" und "Demokratie") diskursiv besetztes Gelände. Da wollen wir eh nicht hin (beziehungsweise: der Versuch, koalitionsfähig zu werden, gelingt nur einem gewissen Teil von "uns", auch eine Art "Kantenschere" ...).

Wo wir hinwollen, ist das, was Rüdiger Safranski schlicht so ausdrückte: "Wo es links gibt, muß es auch rechts geben". Und zu "rechts" gehören nun einmal diese "Vokabeln, Bilder und Metaphern", die die selbstbezüglich geschlossenen "pluralen" Gemüter abschrecken.

Wer also mit uns reden will, muß eine innere Hürde überwinden (nicht bloß die wiederum rekursiven ewigen Nazi-Hirnfilme). Das kommunikativ Merkwürdige an dieser Hürde ist allerdings: sie schließt aus, um einzuschließen. Sie schließt die nur allzuleicht Guten aus, die Pluralismuschulterklopfer und Dialogpharisäer vom Schlage Carolin Emcke, schließt aber gerade diejenigen ein, die gemerkt haben, daß zur Kommunikation immer zwei Seiten gehören: links/rechts, gut/böse, offen/geschlossen, kriegerisch/friedliebend. Die, die das kapiert haben, werden reden. Sie müssen ja nicht gleich freudestrahlend die Negativpole stürmen und rechts, böse, geschlossen und kriegerisch werden.

Hartwig aus LG8

4. April 2017 22:14

Ich würde es mir wünschen, aber ich glaube das nicht! Martin Sellner im Hangar7 (sinngemäß): Ich wünsche mir einen offenen Dialog über Fragen wie Einwanderung, u.s.w.  ... [Subtext: ... an dem die Rechte als Gleicher unter Gleichen teilnimmt]. Es wird nicht dazu kommen. Entweder die Rechte übernimmt die Macht und sieht sich bitterer Feindschaft gegenüber --- kein Dialog. Siehe USA. Oder man wird in der Opposition bekämpft, siehe AfD-Parteitag in Köln, wo der "berechtigte Volkszorn" schon Wochen vorher geschürt wird. Wie gesagt, ich wünschte, es wäre anders. Ist's aber nicht.

silberzunge

6. April 2017 19:50

Ich zitierte Kardinal Marx aus der Hochzeit der Nächstenliebe: "Der Herrgott hat uns diese Aufgabe jetzt auf den Tisch gelegt". Es ist hypothetisch, sich über die Bejahung oder Verneinung von Gewalt auszusprechen, sie ist in einer Qualität und Quantität real geworden, dass es einem sprichwörtlich das Heu raushaut.

In Österreich wird gerade eine Verschärfung des Strafrechts diskutiert, nach der u.a. die Gruppenbelästigungen (Köln, ...) erstmals als solche bestraft werden: es sei "ein anderes Bedrohungsbild, wenn zwei oder mehrere Männer Frauen belästigen", auf dieses neue Phänomen müsse man reagieren, sagt der Justizminister heute.  Grenzen zu und abschieben natürlich nicht. Das wäre dann wohl zu gewalttätig.

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