Alternativen entdecken mit Joseph Huber!

Die obersten Währungshüter Deutschlands spielten zum einen eine Rückkehr zum Goldstandard und zum anderen die Einführung von Vollgeld durch.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

Zwar kamen sie letzt­end­lich zu dem Ergeb­nis, „dass alles gut so ist, wie es ist“, betont die Welt beru­higt. Den­noch schei­nen selbst vie­le eta­blier­te Exper­ten mitt­ler­wei­le so ihre Zwei­fel an der prak­ti­zier­ten Geld­schöp­fung aus dem Nichts durch die Kre­dit­ver­ga­be der Ban­ken zu haben.

Nun möch­te ich in die­sem Bei­trag gar nicht den Ver­such unter­neh­men, alle alter­na­ti­ven Geld­sys­te­me zu skiz­zie­ren und ihre Taug­lich­keit zu bewer­ten. Wer sich für Free ban­king, Voll- oder Schwund­geld inter­es­siert, wird im Inter­net vie­le Quel­len dazu fin­den oder kann sich auf You­tube z.B. die­se Podi­ums­dis­kus­si­on ansehen.

Da es zu einem fun­da­men­ta­len Sys­tem­wech­sel nur nach einem Sys­tem­zu­sam­men­bruch kom­men wird, hal­te ich es für die Gegen­wart aber für viel ent­schei­den­der, sich ein­mal anzu­schau­en, wel­che Ansich­ten die bekann­tes­ten Geld­kri­ti­ker sonst noch so ver­tre­ten. Sind das wirk­lich alles Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker, die kei­nen Bezug zur Rea­li­tät haben und sich des­halb neue Ord­nun­gen für die Zukunft zusam­men­bas­teln, die den Streß­test der Pra­xis nie und nim­mer bestehen könnten?

Einer der wich­tigs­ten Ver­tre­ter der Idee des Voll­gel­des ist etwa der Öko­nom Joseph Huber, der bis 2012 den Lehr­stuhl für Wirt­schafts- und Umwelt­so­zio­lo­gie an der Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät Hal­le-Wit­ten­berg inne­hat­te. „Bei Voll­geld ist es allei­ne die Zen­tral­bank, die Geld schöpft, wäh­rend Ban­ken Geld beschaf­fen, ver­mit­teln und ver­wal­ten“, faßt er sei­ne Haupt­idee zusammen.

Soll­te hier jemand beim Wort „Zen­tral­bank“ in Schnapp­at­mung ver­fal­len, rät Huber dazu, es durch unab­hän­gi­ge Geld­aus­ga­be­stel­le zu erset­zen. Kon­trol­liert wer­den soll die­se durch eine „Mon­eta­ti­ve“ als vier­te Gewalt, die dann anstel­le der Ban­ken für eine Begren­zung der in Umlauf gebrach­ten Geld­men­ge ver­ant­wort­lich wäre.

Der berech­tig­te Haupt­kri­tik­punkt an der Voll­geld­idee ist damit schon klar: Die­ses Sys­tem wird nur funk­tio­nie­ren, wenn die Mon­eta­ti­ve tat­säch­lich unab­hän­gig ist und dem Staat kein zusätz­li­ches Geld auf­grund irgend­wel­cher Kri­sen zur Ver­fü­gung stellt, weil dies das Geld der Bür­ger ent­wer­ten würde.

Neben die­ser Geld­re­form hat Huber jedoch auch gründ­lich über aller­hand ande­re The­men nach­ge­dacht. Ursprüng­lich kommt er aus der Alter­na­tiv-Sze­ne in Ber­lin. Sei­ne ers­ten Bücher dreh­ten sich des­halb um Öko­lo­gie und etwas spä­ter um die Dual­wirt­schaft. Mit die­sem Begriff ist das Inein­an­der­grei­fen von bezahl­ter Erwerbs­tä­tig­keit und unbe­zahl­ter Eigen­ar­beit gemeint.

Bei sei­nen weit­rei­chen­den Ana­ly­sen ist es dabei stets die Stär­ke von Huber, daß er kei­ner ideo­lo­gi­schen Dok­trin folgt, son­dern sich mit den Unge­reimt­hei­ten der all­zu ein­fa­chen Theo­rien der poli­ti­schen Akti­vis­ten beschäftigt.

In sei­nem Buch über Die ver­lo­re­ne Unschuld der Öko­lo­gie (1982) sucht er so nach einem Weg zwi­schen tech­no­lo­gi­schem Mes­sia­nis­mus und öko­lo­gi­scher Apo­ka­lyp­tik. Reich­lich pro­vo­kant für sein poli­ti­sches Her­kunfts­mi­lieu behaup­te­te er:

Wenn die Öko­lo­gie eine Zukunft hat, dann nur in indus­tri­el­ler Form, und die Indus­trie kann nur eine Zukunft haben, wenn sie öko­lo­gisch wird.

Mit die­ser Ansa­ge ist den fun­da­men­ta­lis­ti­schen Ökos und Wachs­tums­kri­ti­kern aller Cou­leur, die ein „Zurück auf die Bäu­me“ for­dern, der Wind aus den Segeln genom­men. Dies gip­felt in dem ein­präg­sa­men Satz: „Die ‚Not­wen­dig­keit der Revo­lu­ti­on‘ ist auch in der Öko­lo­gie­be­we­gung eine bloß nor­ma­ti­ve, kei­ne fak­ti­sche Notwendigkeit.“

Die­ser Gedan­ke ist aus mei­ner Sicht von größ­ter Wich­tig­keit, um die Umbruch­wahr­schein­lich­keit für sich selbst rich­tig ein­zu­schät­zen. Trotz aller Kri­sen der Gegen­wart (Asyl, Finanz­sys­tem …) steckt kaum einer von uns in einer der­art exis­ten­ti­el­len Not­si­tua­ti­on, um eine Revo­lu­ti­on erzwin­gen zu müs­sen, und genau des­halb bleibt sie auch aus.

Was Huber aller­dings unter­schätzt, ist das, was ich anhand der Ehr­lich-Glei­chung schon ein­mal erklärt habe. Das ange­streb­te „grü­ne Wachs­tum“ kann selbst bei Sub­ven­tio­nie­rung durch den Staat, wie die dilet­tan­tisch durch­ge­führ­te Ener­gie­wen­de zeigt, gar nicht so schnell von­stat­ten gehen, um die nega­ti­ven Umwelt­aus­wir­kun­gen durch die welt­wei­te Bevöl­ke­rungs­zu­nah­me und den sich aus­brei­ten­den west­li­chen Kon­sum auch nur auszugleichen.

Den­noch ist Huber natür­lich zuzu­stim­men, wenn er die indus­tri­el­le Ent­wick­lung und Ver­brei­tung res­sour­cen­scho­nen­der Tech­no­lo­gien als wün­schens­wert her­aus­stellt. Dies darf nur nicht dazu füh­ren, Maschi­nen als All­heil­mit­tel anzu­prei­sen. Huber schloß sich des­halb der For­de­rung des SPD-Arbeits­mi­nis­ters Her­bert Ehren­berg an, eine „Maschi­nen­steu­er“ ein­zu­füh­ren, statt die Arbeits­leis­tung des ein­zel­nen exor­bi­tant zu besteu­ern, wie das heu­te der Fall ist.

Die Zukunft des Sozi­al­staats ver­langt des­halb nach einer Steu­er­re­form, die den Schwer­punkt ver­schiebt von den Per­so­nal- zu den Kapi­tal­steu­ern. Wenn Auto­ma­ten für zehn Leu­te pro­du­zie­ren, ist es nur logisch, die Auto­ma­ten zehn­mal mehr zu besteuern.

In Zei­ten der Robo­ti­sie­rung wird man an die­sem Ansatz nicht vor­bei­kom­men. Es han­delt sich dabei um ein Anlie­gen, das sich wie so vie­le ande­re Fra­gen der heu­ti­gen Zeit dem klas­si­schen Links-rechts-Sche­ma ent­zieht. Unter­schied­li­che poli­ti­sche Lager könn­ten hier­über zusam­men­fin­den, mut­maß­te auch schon Huber vor über 35 Jah­ren. Ihm zufol­ge gibt es seit den 1970er Jah­ren jeweils einen Tech­no- und Öko­flü­gel in jedem poli­ti­schen Lager, wobei ich dies bei der libe­ra­len, auf die Erhal­tung des Sta­tus quo gerich­te­ten Mit­te anzwei­feln möchte.

Die­se angeb­lich plu­ra­lis­ti­sche Mit­te ist es doch gera­de, die alle wirk­li­chen Alter­na­ti­ven von links und rechts als ver­schwö­rungs­theo­re­tisch, extre­mis­tisch oder uto­pisch dif­fa­miert. Betrof­fen davon ist die Kri­tik an allen Erschei­nungs­for­men des Glo­ba­lis­mus, obwohl sie viel­fach dem gesun­den Men­schen­ver­stand folgt.

Wel­che Mög­lich­kei­ten es gibt, die mensch­li­che Arbeit umzu­struk­tu­rie­ren, und wie die glo­ba­le Wirt­schaft unse­re Erwerbs­tä­tig­keit und Eigen­ar­beit in der „Frei­zeit“ struk­tu­riert, fällt eben­falls in die­se Kate­go­rie. Huber hat sich damit in sei­nem Buch Die zwei Gesich­ter der Arbeit. Unge­nutz­te Mög­lich­kei­ten der Dual­wirt­schaft (1984) beschäf­tigt. Er wider­legt dar­in zunächst die ein­deu­tig fal­sche Annah­me, durch die Auto­ma­ti­sie­rung wür­den Arbeits­plät­ze verlorengehen.

Aber war­um ist das so? Nicht etwa, weil durch neue Tech­no­lo­gien so vie­le zusätz­li­che Erwerbs­mög­lich­kei­ten ent­stün­den, son­dern weil die Arbeits­ge­sell­schaft immer tota­ler wer­de und vor­her unbe­zahl­te Eigen­ar­beit kom­mer­zia­li­sie­re. Bei­spie­le dafür sind die Fitneß‑, Gesund­heits- und Unterhaltungsbranche.

Indem der Kreis­lauf zwi­schen Arbeit und Kon­sum durch immer neue Dienst­leis­tun­gen per­fek­tio­niert wird, ent­ste­hen heut­zu­ta­ge die meis­ten Arbeits­plät­ze. Es ist ver­mut­lich ein nai­ver Trug­schluß, daß wir hier schon am Ende die­ses Pro­zes­ses ange­langt sind. Zu befürch­ten ist viel­mehr, daß er durch die Digi­ta­li­sie­rung und neu­en Mög­lich­kei­ten der indi­vi­dua­li­sier­ten Bedürf­nis­be­frie­di­gung erst so rich­tig los­ge­tre­ten wird.

Rosa Luxem­burg hat damit abso­lut ins Schwar­ze getrof­fen, als sie in ihrer Schrift über Die Akku­mu­la­ti­on des Kapi­tals betonte:

Wenn der Kapi­ta­lis­mus also von nicht­ka­pi­ta­lis­ti­schen For­ma­tio­nen lebt, so lebt er, genau­er gespro­chen, von dem Ruin die­ser For­ma­tio­nen, und wenn er des nicht­ka­pi­ta­lis­ti­schen Milieus zur Akku­mu­la­ti­on unbe­dingt bedarf, so braucht er es als Nähr­bo­den, auf des­sen Kos­ten, durch des­sen Auf­sau­gung die Akku­mu­la­ti­on sich vollzieht.

Etwas zeit­ge­mä­ßer lie­ße sich heu­te von der Öko­no­mi­sie­rung aller Lebens­be­rei­che spre­chen, die Fami­li­en und ande­re gewach­se­ne Gemein­schaf­ten (Ver­ei­ne, Dör­fer, …) zer­stört. Hier setzt eine klu­ge, glei­cher­ma­ßen tech­no­lo­gie- und öko­lo­gie­freund­li­che Wachs­tums­kri­tik an, die es ablehnt, daß die Arbeit durch die Schaf­fung immer neu­er Bedürf­nis­se stän­dig zunimmt, obwohl sie doch dank der tech­ni­schen Errun­gen­schaft weni­ger und ange­neh­mer wer­den müßte.

Was Huber in die­sem Zusam­men­hang als ten­den­zi­ell Lin­ker in den 1980er Jah­ren auch schon kri­ti­sier­te, ist das „Aus­län­der­pro­blem“. Sei­ner Ansicht nach wur­den die Gast­ar­bei­ter nach Deutsch­land gelockt, um „aus dem nor­ma­len Wachs­tum einen über­schäu­men­den Wachs­tums-Schub und aus der Voll­be­schäf­ti­gung eine Über­voll­be­schäf­ti­gung“ zu machen.

Genau mit die­sem Argu­ment des angeb­li­chen Fach­kräf­te­man­gels ver­su­chen die Ber­tels­mann-Stif­tung und ande­re Lob­by­is­ten selbst heu­te noch nach den ernüch­tern­den Erfah­run­gen der letz­ten zwei Jah­re die Stim­mung dahin­ge­hend zu dre­hen, daß Deutsch­land aus Selbst­er­hal­tungs­grün­den (!) Mas­sen­ein­wan­de­rung zulas­sen müsse.

Ange­sichts die­ses Irr­sinns muß die Fra­ge gestat­tet sein, wer denn hier die Spin­ner sind. Die Ewigm­or­gi­gen mit ihren abge­fah­re­nen Gesell­schafts­expe­ri­men­ten oder die Kri­ti­ker die­ser unver­ant­wort­li­chen Poli­tik, die ihrer­seits Alter­na­ti­ven auf den Tisch legen, die natür­lich erst noch behut­sam erprobt wer­den müssen?

Im Hin­blick auf Aus­ge­wo­gen­heit und Viel­schich­tig­keit ist so auch das Buch von Huber zum Voll­geld (1998) den aller­meis­ten volks­wirt­schaft­li­chen Ansät­zen von heu­te weit über­le­gen. Er sieht den „indus­trie­tra­di­tio­na­len Sozi­al­staat“ und die „staats­zen­trier­te Demo­kra­tie“ am Ende. Des­halb bemüht er sich um pas­sen­de Rah­men­be­din­gun­gen „für eine neue Mit­tel­stands­po­li­tik“ sowie eine „Rück­über­tra­gung von Kom­pe­ten­zen und Finanz­mit­teln vom Staat zur Bürgerschaft“.

Die „ego­zen­tri­sche Ent­gelt­ma­xi­mie­rung“, an der heu­te Bür­ger, Gewerk­schaf­ten, Par­tei­en und diver­se Lob­bys zum Scha­den des Gemein­we­sens arbei­ten, kön­ne erst über­wun­den wer­den, wenn das „viru­len­te Impuls­zen­trum der Gesell­schaft“, der Mit­tel­stand und damit die „klei­nen Leu­te“, die in der Wis­sens­ge­sell­schaft gar nicht mehr so klein sei­en, die nöti­gen Frei­hei­ten, Rech­te und Finanz­mit­tel erhal­ten, um sich eine unab­hän­gi­ge Exis­tenz auf­bau­en zu können.

Damit die Staats­quo­te gesenkt wer­den kann, will Huber ein Grund­ein­kom­men ein­füh­ren, das ent­ge­gen der geläu­fi­gen Kon­zep­te gera­de nicht „bedin­gungs­los“ sein soll, son­dern eher eine Zusam­men­le­gung aller bis­he­ri­gen Sozi­al­leis­tun­gen (Hartz IV, Eltern­geld, Kin­der­geld, Rente …).

Ob die­ser Maß­nah­men­mix aus­reicht, um „frei­heit­li­che und soli­d­aris­ti­sche Tra­di­tio­nen in einer Wert­syn­the­se auf­zu­he­ben“, sei ein­mal dahin­ge­stellt. Huber ist Pes­si­mist genug, um für den Pro­zeß der Trans­for­ma­ti­on des Kapi­ta­lis­mus ein bis zwei Jahr­hun­der­te einzuplanen.

War­um so lang, will man da fra­gen? Die kor­rek­te Ant­wort dar­auf lau­tet ver­mut­lich, daß Oppo­si­tio­nel­le und Den­ker mit alter­na­ti­ven Ideen das Behar­rungs­ver­mö­gen eines aus­ge­reif­ten, aber den­noch kran­ken Sys­tems sehr häu­fig unter­schät­zen. Zu hof­fen bleibt natür­lich trotz­dem, daß sich Huber hier um eini­ge Jahr­zehn­te ver­schätzt hat.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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Kommentare (15)

Der_Jürgen

17. Mai 2017 11:35

Ein wichtiger und facettenreicher Beitrag. Er wird vielleicht auch jenen hier zu denken geben, die jede Kritik am herrschenden Geldsystem als "wirtschaftsfeindlich" missverstehen.

Peter Marselis

17. Mai 2017 12:08

Schön, dass auf der Sezession auch wirtschaftliche Themen mit einer gewissen Sachkundigkeit besprochen werden können.

In aller Kürze zu diesen Punkten:

Ein Vollgeldsystem wäre dem gegenwärtigen System der Geldschöpfung durch Geschäftsbanken in jedem Fall vorzuziehen. Wenn man die Fixierung der Geldmenge verfassungsrechtlich vorschreibt – entweder als fixierte Summe, oder aber als fixierte Summe plus festgelegte Steigerung – sind Geldwertstabilität gesichert, Finanzblasenbildung und damit einhergehende Krisen wären verhindert. Der Wirtschaftskreislauf wäre wesentlich stabiler was sowohl Produzenten als auch Konsumenten zu Gute käme.

Mein Idealbild heißt 2x25+2:

25% Staatsquote finanziert durch eine 25% Mehrwertsteuer (wobei es einen Freibetrag von 500 EUR/Monat pro Person gibt, um Geringverdiener und kinderreiche Familien zu entlasten). Außerdem eine Erhöhung der Geldmenge um 2% p.a., die direkt in den Staatshaushalt einfließt. Alle anderen Steuern, insbesondere jene auf Einkommen (egal ob aus Arbeit oder Kapital) werden abgeschafft. Der Staat wäre damit schuldenfrei finanziert, da er sich nur noch um seine Kernkompetenzen, nämlich äußere und innere Sicherheit (einschließlich Rechtspflege), Basis-Infrastruktur sowie Bildung vom sechsten bis zum achtzehnten Lebensjahr zu kümmern hat. Die Inflation betrüge somit auch maximal 2%, wegen des Produktivitätsfortschritts eher weniger.

Sozialstaat, Rente, Parteienfinanzierung, Subventionen, Programme zur Förderung von was-auch-immer (Gender, Kampf gegen Rechts, aber als Wehrmutstropfen für Sezessionisten, auch von Heimatvertriebenenverbänden, Museen und Opern, etc.) entfallen. An ihre Stelle treten Eigenverantwortung, Fürsorge innerhalb der Familie sowie anderer kleinerer Einheiten wie der Nachbarschaft, der (Kirchen-)Gemeinde und anderes wohltätiges Engagement.

Neben den wirtschaftlichen Pluspunkten liegt der Vorteil eines solchen Systems auch in der geistig-moralischen Erneuerung: Die Ausbeutung von Familien ist durch das vom Rentensystem profitierende Kinderlose ist genauso passe wie das Unterschichtenmodell „Kinder kriegen und von Stütze leben“. Wer im Alter gut leben will bekommt entweder Kinder und sorgt für deren gute Ausbildung, so dass diese ihn im Alter unterstützen können. Oder er legt eigenverantwortlich Geld beiseite, von dem er sich später diese Fürsorge kaufen kann.

Ähnlich der gesamte Bereich Soziales: Hier hat der sich ausbreitende Sozialstaat über Jahrzehnte hinweg das private Engagement verdrängt. In kleineren Einheiten, wo man sich persönlich kennt, kann hingegen schnell, unbürokratisch und effektiv Hilfe geleistet werden. Gleichzeitig entstehen so auch Anforderungen an den Hilfeempfänger: Einem Gestrauchelten hilft man auf die Füße, wird dann aber auch verlangen, dass er wieder selbständig geht. Überdies muss der Hilfeempfänger auch Dankbarkeit und Respekt bezeugen, sonst wird die Hilfe eingestellt. Freches, forderndes Auftreten, das Austricksen des Sozialgesetzbuches durch Ratgeber und Anwälte, etc. gehören dann der Vergangenheit an. Ein solches System gäbe sowohl Helfern als auch Unterstützten die Würde zurück.

Maiordomus

17. Mai 2017 12:36

Ich betone abermals, dass der grosse liberalkonservative Wirtschaftstheoretiker und Wirtschaftsethiker Wilhelm Röpke der massivste Gegner des Problösens durch Gelddrucken war und im Keynesianismus eine schwerste sittliche Verirrung gesehen hatte. Die Theorie und Praxis des Geldes war für ihn das Zentrum der Wirtschaftsethik schlechthin. Er stand dem Nationalismus ebenso fern wie dem Internationalismus und er ist 1966 noch relativ jung verstorben, weil er sich buchstäblich über die Oekonomen, welche in die heutige Richtung drifteten, totgeärgert haben soll. Eine Alternative zur heutigen Geldwirtschaft, sowohl der vom Euro beherrschten wie auch der Dollarideologie, scheint dringend nötig. Diese Alternativen brauchen einerseits, im Sinn von Popper, kreative Phantasie, aber gewiss auch kritische Phantasie, damit man nicht in rein etatistische oder gar sozialistische Verirrungen reinfällt.  Natürlich bedeutet die Ablehnung des Internationalismus nicht automatisch Nationalismus, so wenig schliessbare Grenzen das Geringste mit Nationalismus zu tun haben. Aber: Grenzen müssen gesetzt werden, sonst gibt es keine Ethik.

Dietrich Stahl

17. Mai 2017 13:14

@ Felix Menzel, „Da es zu einem fundamentalen Systemwechsel nur nach einem Systemzusammenbruch kommen wird,“

Zustimmung. Es wird einen großen Umbruch geben – verbunden mit einer drastischen Umgestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Deswegen ist dieser inhaltsreiche Artikel so wichtig. Um vorbereitet auf die Zeit der Neugestaltung zu sein, ist es notwendig, sich jetzt Gedanken zu machen. Jetzt braucht es eine Vision für die kommende Zeit. Diese kann aus genauer Analyse, zielgerichteter Diskussion und der Entwicklung von Konzepten und Programmen wachsen.

Zwei für die Thematik grundsätzliche Ideen sind schon Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt worden.

1. Die soziale Dreigliederung der Gesellschaft

1917 verfaßte Rudolf Steiner auf eine Anfrage hin ein Memorandum für Karl I. von Österreich mit Überlegungen für eine staatliche Ordnung, die ein Auseinanderbrechen des Vielvölkerstaates verhindern solle. 1918 erschien dann die Monografie „Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft“.

Rudolf Steiner unterschied den sozialen Organismus in drei Bereichen:

- Das freie Geistesleben

- Das assoziative Wirtschaftsleben

- Das demokratische Rechtsleben

Von größter Wichtigkeit ist es nach Steiner, daß jeder dieser drei Bereiche einer Gesellschaft autonom und selbstverwaltet sein sollte und von den jeweils anderen beiden Bereichen nicht durch Machtausübung beeinflusst werden dürfe, obwohl sie natürlicherweise miteinander interagieren. Die Gesellschaft soll dadurch menschenwürdiger werden, daß sie entsprechebd ihren inneren Gesetzen und Funktionszuammenhängen gegliedert wird.

2. Die Notwendigkeit der Abschaffung des Zins- und Schuldsystems

Für eine nachhaltige Umgestaltung der Gesellschaft zum Besseren ist die Abschaffung des Zins- und Schuldsystems unabdingbar.

Pommer

17. Mai 2017 13:47

"'Die Zukunft des Sozialstaats verlangt deshalb nach einer Steuerreform, die den Schwerpunkt verschiebt von den Personal- zu den Kapitalsteuern. Wenn Automaten für zehn Leute produzieren, ist es nur logisch, die Automaten zehnmal mehr zu besteuern.'"

Wenn man Automaten besteuert, dann macht man sie unrentabler, sodass Automaten nicht in Betrieb gehen, die sonst in Betrieb gegangen wären. Das führt dazu, dass ein Produkt zwar zu einem größeren Anteil durch Arbeiter produziert wird, allerdings auch teurer wird. Es also entweder in geringerer Stückzahl oder vielleicht sogar gar nicht produziert wird, weil es überhaupt nicht mehr rentabel ist. Die Wirkung ist also, dass die Automatisierung der Produktion, also die Produktionstiefe, zurückgeht oder weniger stark steigt, was natürlich auch auf die Einnahmen aus dieser Besteuerung zurückwirkt. Es kommt dann auch zu einer Verschiebung von produktionsferner Arbeit, bspw. die Entwicklung der Maschinen, zu produktionsnaher Arbeit, eben die Herstellung des Endprodukts. Das führt sozial dann erstmal zu weniger Wohlstand, als ein Zustand ohne diese Besteuerung. Zumal der soziale Effekt einer Unternehmung hauptsächlich in der Unternehmung selbst liegt, also in der Bereitstellung eines nachgefragten Gutes. Besteuerung als Nutzen kommt erst danach. Wenn also das Ziel dieser Maßnahme ist, den Sozialstaat zu stärken oder zu finanzieren, ist die Maßnahme wenig geeignet. Wenn man allerdings des Wachstum und die Produktionstiefe begrenzen will, sehr wohl. Besser wäre es dann doch, den Gewinn des Unternehmens direkt zu besteuern, unabhängig vom Grad der Automatisierung des Unternehmens. Dann würde man zumindest nicht in die Produktionsabläufe selbst eingreifen.

Henrik Linkerhand

17. Mai 2017 18:28

Jens Weidmann, der höchste Währungshüter Deutschlands geht die Nachhaltigkeit der Inflation des Euro nicht weit genug (Deutschlandfuck). Das dürfte wohl dann alle Gedanken zur Rückkehr zum Goldstandard konterkarieren. Wenn es irgendwann zu einer solchen Rückkehr kommen sollte, dann weil man das ganze Währungssystem wieder auf Null stellt. Was wiederum nur nach einem Totalcrash möglich wäre. Hier stellt sich die Frage welche Macht eine Golddeckung garantieren könnte. Deutschland und die EU wohl eher nicht. Es eben die Natur von Fiat Money (im Volksmund Papiergeld), daß der Wert am Ende immer Null sein wird. Durch diese Inflation wird Sparen für Normalverdiener zum Minusgeschäft und schon heute leben immer mehr Menschen von der Hand in den Mund; ihnen wird die Möglichkeit eines natürlichen Aufstiegs durch Wertakkumulation vorenthalten. "Der Fahrstuhl nach oben" (Hans-Ulrich Wehler) funktioniert nicht mehr. Man könnte auch sagen, sie werden vorsätzlich arm gehalten! Im Übrigen sind die Kosten der heutigen Asylflut nur durch zauberhafte virtuelle Geldvermehrung der EZB möglich, die Steuereinnahmen Deutschlands reichen dafür schon lange nicht mehr aus. Trotzdem wird die Mär von ständig steigenden Steuereinnahmen, die auf wundersame Weise all unsere monetären Probleme löst, weiter aufrecht erhalten. Ist Ihnen eigentlich schon mal aufgefallen, daß nach jeder Hiobsbotschaft "Griechenlandkrise" oder jetzt die Asylkrise immer die gleiche Durchhalteparole von der schier unerschöpflich sprudelnden deutschen Steuereinnahmequelle kommt? Hat sich einer mal gefragt, wo die geschätzten 800 Milliarden des ESM herkommen oder wer dieses Geld zur Verfügung stellt? Und wenn wir schon mal dabei sind: Wenn alle Welt nur Schulden hat, wer oder wo sind die Gläubiger?

Es kommt nicht von ungefähr, wenn Internet Währungen wie der Bitcoin durch die Decke gehen. Werden Sie Ihre Euros los, machen Sie auch eine finanzielle Sezession. Auf dem Dorf werden schon heute wieder Tauschgeschäfte getätigt. Eier und Speck gegen einen Haarschnitt, ein ganz wundervoller Gedanke...

Nemo Obligatur

17. Mai 2017 20:06

Wieder einmal ein hochinteressanter Beitrag aus Ihrer Feder, Herr Menzel. Ich teile Ihren (oder Hubers) Optimismus bzgl. Vollgeld allerdings nicht.

Die Bundesbank hat das Thema m.E. aufgegriffen, um den Phantasien der Vollgeldtheoretiker einen Sachbeitrag entgegenzusetzen. Man kann den Aufsatz hier lesen: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichtsaufsaetze/2017/2017_04_geldschoepfungsprozess.pdf?__blob=publicationFile

Wesentlich für die Konjunktur ist eigentlich nicht Geld sondern Kredit. In einem Vollgeldsystem gibt es zwei Möglichkeiten für eine Zentralbank: Sie kann die steigende Kreditnachfrage durch Erhöhung der Zentralbankgeldmenge alimentieren. Oder sie kann sich dem verweigern (etwa durch Erhöhung der Leitzinsen). In letzterem Fall droht eine Konjunkturabkühlung, in schweren Fällen eine Rezession. Zwar kann man sagen, dass die Kreditsausen der Vergangenheit durch das System des billigen Geldes (der EZB, der Fed und der Bank of Japan - dazu hat z.B. Prof. Schnabl einige lesenswerte Beiträge verfasst: https://www.insm-oekonomenblog.de/author/guntherschnabl/ ) befördert worden sind. Aber die Annahme, dass mit einem Vollgeldsystem Stabilität einzieht, ist eine Illusion. In gewisser  Weise liegen Krisen im System einer dezentralen Wirtschaftsweise. Dafür sind sie aber langfristig erfolgreicher als jede andere uns bekannte Wirtschaftsweise mit hohen Anteilen staatlicher Lenkung.

Ihren Ausführungen zum Unbehagen an der Ökonomsierung aller Lebensbereiche möchte ich zustimmen. Die Frage, warum wir eigentlich alle miteinander unseren Konsum erhöhen und nicht bei gleichem Konsum unsere Arbeitszeit (endlich) reduzieren, ist hierfür vielleicht entscheidend. Sie wird u.a. in dem gleichfalls lesenswerten Bändchen "Wie viel ist genug?" von Robert Skidelsky behandelt. Die Antwort auf die Frage ist mir leider entfallen, da ich seither zu sehr mit dem Herbeischaffen immer neuer Konsumgüter und deren Finanzierung beschäftigt war.

Katzbach

17. Mai 2017 22:45

Woher kommt die Annahme der Staat muss mit Steuern finanziert werden. Falls der Staat nötig ist, kann er sich von den 3% Inflation finanzieren. Dann muss eine andrer Partei auf die Profite aus der Inflation verzichten, oder es wird geteilt. Die Politdarsteller und Schmarotzer würden natürlich leer ausgehen. Wenn eine Goldwährung eingeführt wird, muss man hingegen umdenken.

Maiordomus

18. Mai 2017 00:21

Wilhelm Röpke, 1899 - 1966, an dessen Tod ich mich noch erinnere, als wäre es gestern gewesen, war der entschiedenste Gegner des P r o b l e m l ö s e n s   durch Gelddrucken. @Katzbach. Die Staatsaufgaben durch die Inflation finanzieren ist eine Idee nicht weit von Schneeballgaunereien. Ich gehe davon aus, dass hier versucht wird, vernünftig und verantwortungsvoll zu argumentieren. Zum Beispiel muss auch die Vollgeldtheorie kritisch unter die Lupe genommen werden, vielleicht nach dem Motto, das Kind zu retten, das mit dem Bade ausgeschüttet zu werden droht. Peter Marsells Vorstellungen mögen interessant sein, dürten aber unmöglich zu einer europaweiten Vorschrift ausgeweitet werden, was den Vorschlag von 25% Mehrwertsteuer schon beträchtlich in Frage stellt. Bei den Geldtheorien gibt es nun mal vielen weltfremden Idealismus, ich erinnere noch an Silvio Gsell und den Schweizer Geldtheoretiker Fritz Schwarz, vor dem ich als Ethiker nichtsdestotrotz eine hohe Meinung habe.

Peter Marselis

18. Mai 2017 10:39

Neben Herrn Pommer möchte ich noch zum Thema "Automatensteuer" ausführen:

Für eine Gesellschaft mit starken demographischen Problemen ist die Automatisierung ein Gottesgeschenk. Statt Kindern, die wir nicht bekommen haben und Einwanderern, die wir nicht integrieren können, werden Maschinen für uns arbeiten. Genau diesen Weg geht Japan, mit einer Robotorisierung aller Arbeitsbereiche (nicht nur der Fabrik) und einer konsequenten Absage an Einwanderung.

https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/roboter-deutschland-risiko-japan-chance/

Japan mag ein überaltertes Land sein, aber es wird noch in 100 Jahren sowohl wohlhabend als auch genuin japanisch sein. Mit der gegenwärtigen Politik wird man von Deutschland kaum das Gleiche sagen können....

Cacatum non est pictum

19. Mai 2017 01:19

Verlieren wir die realpolitische Perspektive nicht aus dem Blick. Die Profiteure dieses Taschenspielertricks, der sich Geldsystem nennt, werden das ganz große Rad drehen, bevor sie sich ihr Allmachtinstrument aus der Hand schlagen lassen. Von allen politischen Zielen, die uns wünschenswert und notwendig erscheinen, ist jenes der längst überfälligen Zinsgeldabschaffung mit Abstand am schwersten zu erreichen. Eher erleben wir eine vollständige Seeblockade im Mittelmeer, um afrikanische Flüchtlinge zurückzutreiben, als dass es einen politischen Impuls geben wird, das Geldsystem zu reformieren. Was Menschen zustößt, die das ernsthaft in Angriff nehmen, lässt sich etwa am Beispiel von Alfred Herrhausen studieren. Sollten ganze Staaten einmal ausscheren, so wird man sie - unter einem Vorwand, versteht sich - mit Krieg überziehen und zur Aufgabe ihrer Ziele zwingen.

Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Eine Abschaffung des Zinsgeldes ist und bleibt ein elementar wichtiges Ziel. Man kann selbstverständlich über Alternativen sinnieren, wie Herr Menzel es tut. Nur sollten wir uns keinen Illusionen darüber hingeben, wie aussichtsreich jene Optionen sind. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Menschen sich zu großen Teilen mit unserem Geldsystem beschäftigten. Auf YouTube gibt es hervorragende Lehrvideos zum Thema, die sich als Einstieg bestens bewährt haben.

Flurin von Albertini

19. Mai 2017 10:16

Zentralbanken wurden eingeführt, um die Kriegsfinanzierung zu sichern.

Axel Weber 

https://www.handelszeitung.ch/konjunktur/ubs-praesident-weber-mehr-spielraum-fuer-notenbanker-795596

Henrik Linkerhand

19. Mai 2017 21:08

Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch Alles. (Faust)

Wenn man heute über das gegenwärtige Finanzsystem spricht, fahren die Gemüter schnell auf heißlauf. Meistens entstehen zwei Parteien, die eine glaubt, das Geldsystem reformieren zu können, den anderen kann der große Knall nicht schnell genug gehen. Einig ist man sich nur, daß hier viel Schindluder getrieben wird. MMn hat das heutige Geld kaum noch etwas mit dem Geld vergangener Tage (D-Mark, Ludwig Erhardt) zu tun. Für den Endverbraucher, der Geld nur als Tauschmittel (Lohn gegen Arbeit, Geld für Miete) benützt, ist die Komplexität nicht erkennbar. Jedoch, wenn Sie einen Wirtschaftsnobelpreisträger fragen, was denn nun Geld ist, wird es schon schwierig. Viele geben offen zu, daß nicht wissen was Geld eigentlich sei, und als Zusatz: "Wenn die Menschen wüssten, mit Mistgabeln würden sie aber..."

Wie auch immer, meine Zukunft des Geldes ist digital und dezentral und inflationsgeschützt, Blockchain und Ethereum Technologie basierend.

Die Herrschenden werden ihre beste Waffe zum Machterhalt nicht freiwillig aufgeben, es ist Aufgabe der Mehrheit dies zu ändern. Und Machtverlust geht ganz schnell; die aristokratischen Grundbesitzer mussten Wirtschaftbossen und Industriellen weichen, diese wiederum den Kommunisten und wieder zurück. Wenn die Spielregel geändert wird, ändert sich das Spiel. Unsere Zukunft bleibt kontingent.

Maiordomus

20. Mai 2017 14:55

@Henrik Linkerhand. Korrektur:  "Zum Golde drängt, am Golde hängt doch Alles, ach wir Armen", steht im Faust, als Rollenaussage von Gretchen,  was einen nicht kleinen Unterschied zu "Geld" ausmacht, wobei in Faust II noch das Papiergeld erfunden wurde, natürlich mit Hilfe des Teufels. Ich möchte an das gute Buch von Binswanger erinnern, "Geld und Magie" von 1986, worin auf den merkurialischen, das heisst flüchtigen Charakter des Geldes verwiesen wird, wobei jedoch der stets unsichere Mercurius-Faktor für das Wohlergehen einer Wirtschaft und Gesellschaft genau so wichtig wird wie der Sal-Faktor, die durch das Kapital gewährleisteten Infrastrukturen und natürlich der Sulfur-Faktor, das Prinzip der Investition. Hintergrund dieses Denkens ist einerseits Faust II, andererseits noch der Renaissance-Pionier Theophrastus Paracelsus (1493 - 1541) , mit dem sich Goethe schon in jungen Jahren beschäftigte. Es fällt auf, dass beim Reformationsjubiläum des Paracelsus kaum gedacht wird, so etwa nicht in den neueten Biograpien über Luther und Melanchthon.

 

Zum Geld äusserte sich zum Beispiel Karl Marx programmatisch: "Das Geld wird abgeschafft. Ich kenn schon einen, der keins mehr hat." Eines der wenigen Beispiele für Humor und Selbstironie in der Geschichte des Marxismus."

Henrik Linkerhand

20. Mai 2017 22:09

@Maiordomus

Wenn ich jetzt noch über Gold schwadroniert hätte, wäre es schon Verschwörungstheorie. Aber danke für die Korrektur meines Bildungsdefizits. Daß in Faust II das Papiergeld mit Hilfe des Teufels erfunden wurde, war ja so was von klar... Persönlich gefällt mir die Definition des Finanzsystems vom Bösewicht (gespielt von Jeremy Irons) im Film "Margin Call" am besten.

Frei übersetzt: alle meckern, alle wollen es und brauchen es, um sich auf der Suche nach Nahrung und Jagd nach Frauen nicht gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Schließlich sterben die H.P. Lovercrafts dieser Welt aus, und dann sind wir wieder beim drängeln, hangeln und wühlen auf der Müllhalde der Menschheit, ach wir Armen. Faust III

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