Wagenknecht, die »soziale Frage« und wir (3)

Spannung am Wochenende: Wie würde die linke Sammlungsbewegung starten? Einiges ist deutlich geworden: 

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

Wie bereits hier und hier dar­ge­legt, ver­fol­gen wir die Ent­ste­hung einer neu­en lin­ken Samm­lungs­be­we­gung zugleich mit Inter­es­se, Neu­gier und Gelassenheit.

Seit Sams­tag wis­sen wir nun mehr über das Wagen­knecht-Ste­ge­mann-Pro­jekt, das nicht mehr als #fair­land pro­jek­tiert wird, son­dern als #auf­ste­hen (inhalt­lich blieb es beim alt­be­kann­ten, wenn­gleich manch all­zu »rechts­ab­weich­le­ri­sche« Posi­ti­on für den – einst­wei­li­gen – lin­ken Burg­frie­den liqui­diert wurde).

Die Gesich­ter der Kam­pa­gne sind indes nicht Links­po­li­ti­ke­rin Sahra Wagen­knecht und Mas­ter­mind Bernd Ste­ge­mann, son­dern 18 »nor­ma­le Men­schen«, die sich mit Vide­os präsentieren:

Es gibt die Jour­na­lis­tin Nada, die syri­sche Wur­zeln hat und sich Sor­gen macht, dass Deutsch­land frem­den­feind­lich wird. Es gibt die Rent­ne­rin Mar­got, die gera­de genug Geld hat, um sich und ihren Hund Jack zu ernäh­ren. Es gibt den Stu­den­ten Sebas­ti­an, der in der Pro­vinz wohnt und über das Han­dy­netz schimpft. Eini­ge Aus­er­wähl­te haben minu­ten­lan­ge Vide­os, ande­re nur eine Foto­gra­fie mit Vor­na­men, Beruf und einer Schlag­zei­le bei­gesteu­ert. Ein Unter­neh­mer zum Bei­spiel gibt zu Pro­to­koll: «Mana­ger­ge­häl­ter in Mil­lio­nen­hö­he fin­de ich zum Kot­zen.» Der rote Faden ist die Unzu­frie­den­heit, mal über die­ses, mal über jenes. «Fla­schen sam­meln darf kei­ne Lösung sein!», heisst es zwi­schen zwei Vide­os. Oder: «Den Bür­gern muss zuge­hört werden!»

Marc Felix Ser­rao ergänzt sei­ne Darstellung:

Wagen­knecht hat für den Auf­takt ihrer Bewe­gung eine Stra­te­gie der geringst­mög­li­chen Fest­le­gung gewählt. Es gibt kei­nen Ein­lei­tungs­text, kein Pro­gramm und kei­ne Pro­mi­nen­ten, mit deren Namen sofort bestimm­te Posi­tio­nen ver­bun­den wären. Selbst Wagen­knechts Name taucht auf der Web­site bis jetzt nicht auf. Im Impres­sum ist von einem «Trä­ger­ver­ein Samm­lungs­be­we­gung e. V.» die Rede, der sich noch in Grün­dung befin­de. Selbst die Tele­fon­num­mer fehlt; «wird ein­ge­rich­tet», heisst es. Als Adres­se ist eine Anwalts­kanz­lei am Ber­li­ner Kur­fürs­ten­damm angegeben.

Der Hin­weis auf die feh­len­de Wagen­knecht ist eben­so wich­tig wie jener auf die vor­läu­fi­ge Anony­mi­tät der »Bewe­gung«.

Wagen­knecht fehlt, weil man im Team Sahra natür­lich gemerkt haben dürf­te, daß gera­de das Aus­hän­ge­schild nach außen (also in Rich­tung unzu­frie­de­ner Nor­mal­bür­ger) für Frik­tio­nen und Ableh­nun­gen nach innen (also ins rot-rot-grü­ne Lager hin­ein) sor­gen wür­de, falls man die anvi­sier­te lin­ke Samm­lungs­be­we­gung von Anfang an medi­al zu stark mit ihr (und ihrem Ehe­mann Lafon­taine) verbände.

Man muß kei­ne aus­gie­bi­ge, aus­ufern­de Ana­ly­se vor­le­gen, son­dern ledig­lich kon­sta­tie­ren: Der Start von #auf­ste­hen ist ein Reinfall.

  • Eine Bewe­gung, die von weni­gen Köp­fen erdacht, kon­stru­iert, klan­des­tin ent­wi­ckelt wird, ist keine.
  • Eine Bewe­gung, die am Reiß­brett geplant wird, ohne leben­di­ge Pro­zes­se der Basis auf­zu­wei­sen, ist keine.
  • Eine Bewe­gung, die eine sol­che Basis erst gar nicht auf­wei­sen kann, son­dern sie zunächst über News­let­ter gene­rie­ren möch­te, ist keine.
  • Eine Bewe­gung schließ­lich, die mit all­ge­mei­nen Wohl­fühl­flos­keln ope­riert, ohne von vorn­her­ein sub­stan­ti­el­le Ansät­ze wenigs­tens erken­nen zu las­sen, ist kei­ne popu­lis­ti­sche, kei­ne popu­la­re, kei­ne volks­na­he Bewe­gung son­dern eben: gar keine.

Gewiß: Mit Fabio de Masi, Mar­co Bülow, Sevim Dagde­len oder Ant­je Voll­mer ver­fügt man über eini­ge klu­ge Poli­ti­ker. Mit Bernd Ste­ge­mann hat man einen Wis­sen­schaft­ler und Publi­zis­ten an der Sei­te, der aktu­el­le Lage­ana­ly­se und popu­lis­ti­sche Theo­rie ver­mit­teln kann. Und mit eini­gen medi­al fir­men Idea­lis­ten kann man im Sep­tem­ber dann zum nächs­ten Schritt, der offi­zi­el­len Prä­sen­ta­ti­on sei­ner rund 40 »pro­mi­nen­ten« Unter­stüt­zer, schreiten.

Doch: So ent­steht kei­ne Dyna­mik, und die rele­van­ten Akteu­re von SPD, Grü­nen und Links­par­tei gehen bereits jetzt auf Abstand. Das liegt natür­lich an der ent­ste­hen­den Kon­kur­renz­si­tua­ti­on, an Wagen­knecht, an Grand­sei­gneur Lafon­taine, an eben den klu­gen Köp­fen um Fabio de Masi und Co. (die ohne­hin seit gerau­mer Zeit als »links­na­tio­na­le« Abweich­ler ver­däch­tig erscheinen).

Es liegt aber auch dar­an, daß die bun­des­deut­sche Lin­ke die Not­si­tua­ti­on, in der sie sich befin­det, nicht begrei­fen will; sie ist erkennt­nis­blind, ideo­lo­gisch auf Irr­we­gen und inhalt­lich wie stra­te­gisch erfreu­lich bera­tungs­re­sis­tent. In die­ser Hin­sicht unter­schei­det sie sich fun­da­men­tal von ihren unmit­tel­ba­ren Vor­bil­dern wie der fran­zö­si­schen Samm­lungs­be­we­gung »La France insoumise«.

#auf­ste­hen wird daher kein Ret­tungs­an­ker für die Lin­ke bedeu­ten, son­dern ein letz­tes Auf­bäu­men links­so­zi­al­de­mo­kra­ti­scher Rest­ver­nunft, gepaart mit natio­nal­staat­li­cher Prag­ma­tik, die dem lin­ken Lager frei­lich zu weit geht. Man bleibt zudem, wie­der­um anders als »France inso­u­mi­se« und wei­te­re Inspi­ra­to­ren, gänz­lich dem Bestehen­den ver­pflich­tet und ver­kör­pert kei­ne fun­da­men­ta­le Opposition.

Wenn Wagen­knecht bei­spiels­wei­se im Gespräch mit den – im lin­ken Lager weit­ge­hend als »Quer­front-nah« ver­bräm­ten – Nach­denk­sei­ten letzt­end­lich sug­giert, man wür­de gegen das poli­tisch-media­le Estab­lish­ment strei­ten, bemerkt sie nicht die iro­ni­sche Situa­ti­on, daß eben­die­ses Estab­lish­ment der ein­zi­ge Fak­tor ist, der die Ent­ste­hung der Samm­lungs­be­we­gung eini­ger­ma­ßen posi­tiv beglei­tet, weil er sie womög­lich als poten­ti­el­len Wahl­kon­kur­ren­ten der AfD begreift und daher für struk­tu­rell bedeut­sam erachtet.

Doch eine Bewe­gung, die ihren Start­schuß am Wochen­en­de gleich­zei­tig in Leit­me­di­en wie dem Spie­gel oder auch in der FAZ abfeu­ern konn­te, ist, ein mal mehr, eben kei­ne Bewe­gung, und schon gar kei­ne sol­che, die das poli­tisch-media­le Estab­lish­ment als Geg­ner auf­weist, son­dern es, im Gegen­teil also, ver­schie­dent­lich als Mul­ti­pli­ka­tor und Pro­mo­ter für die eige­ne Grün­dungs­pha­se nut­zen darf.

Das alles hat, es wur­de bereits erwähnt, eine spe­zi­fi­sche, iro­ni­sche Kon­no­ta­ti­on, die aber durch Wagen­knechts Fazit erst ihre vol­le Bedeu­tung entfaltet:

Inzwi­schen bestimmt die AfD in Deutsch­land die The­men der Poli­tik und treibt die ande­ren vor sich her. Das wol­len wir nicht län­ger akzeptieren.

Weil man also nicht akzep­tie­ren will, daß das lin­ke Lager von der AfD getrie­ben wird, läßt man sich dazu trei­ben, ein die gesam­te bun­des­deut­sche Lin­ke poten­ti­ell unter­mi­nie­ren­des, weil auf­spren­gen­des und ten­den­zi­ell spal­ten­des Von-oben-Kon­strukt zu pla­zie­ren, das inhalt­lich man­nig­fal­ti­ge popu­lis­ti­sche Ansät­ze absor­biert, die von der AfD bes­ser, da authen­ti­scher, ver­tre­ten wer­den können.

Lin­ke Dia­lek­tik im Jahr 2018.

__________

Die­ser Dia­lek­tik ist im übri­gen jene Unbe­schwert­heit gänz­lich fremd (gewor­den), mit der rechts fort­an ope­riert wird. Man den­ke nur an Till-Lucas Wes­sels’ Aus­ein­an­der­set­zung mit dem »Phä­no­men Sahra«:

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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Kommentare (18)

MartinHimstedt

6. August 2018 14:14

Wagenknecht wird also von ihrer eigenen Partei als „Nazi“ diffamiert (wie im Grunde genommen alle rechts der Sonnenkanzlerin, aber das ist ein anderes Thema). Sie vertritt in ihrem Buch („Reichtum ohne Gier“) Thesen, die man auch von Sieferle oder der neuen Rechten im allgemeinen kennt (Unvereinbarkeit von Sozialstaat und offenen Grenzen, Demokratie nur mit halbwegs homogenen Demos und so weiter). Auf dem Parteitag sorgt sie für einen Eklat, weil die Delegierten es so rein gar nicht fassen können, dass sie ernsthaft behauptet, so etwas wie Wirtschaftsmigration würde es überhaupt geben.

Sie gründet also eine Sammelbewegung „für Wähler von SPD, Grünen und Linken“ (vgl. ihr Nachdenkseiten-Interview: „Wir hoffen, dass sich möglichst viele Mitglieder aus SPD, Linker und Grünen bei uns zusammenfinden“). Also für Leute, die Teile ihrer Thesen für „Nazi“ halten. Auf Twitter und so weiter wird sie, für die Bewegung, sowohl von gemäßigten Genossen angefeindet, als auch von linksextremen Wirrköpfen wie Jutta D. Das U-Boot der AfD, und unser Mann Nummer 1 im Staat, Ralf Stegner, lehnt die Bewegung ab: „Egotrip notorischer Separatisten“.

Wer hat sich das Alles ausgedacht? Was habe ich nicht verstanden?

„#aufstehen wird daher kein Rettungsanker für die Linke bedeuten, sondern ein letztes Aufbäumen linkssozialdemokratischer Restvernunft, gepaart mit nationalstaatlicher Pragmatik, die dem linken Lager freilich zu weit geht“ – dem dürfte eigentlich nichts mehr hinzuzufügen sein.

Maiordomus

6. August 2018 16:55

Kaiser hat hier einen analytischen Glanzpunkt gesetzt, wiewohl ich zu bedenken gebe, habe es gegen Schluss der Debatte von Kubitscheks "Überläufer"-Artikel geschrieben, dass es leider auch bei der AfD von Leuten nur so wimmelt, die letztlich keine Ahnung von Politik haben. Selbst auch beim weder dummen noch unerfahrenen Gauland fehlt das notwendige Minimum an Genie und eine annähernd genügend weite strategische Perspektive. Beim rechten Flügel der Altparteien fehlt jedoch, wie ich hervorheben zu müssen glaubte, ein deutscher Talleyrand, von einem Mirabeau bei der deutschen Rechten ganz zu schweigen. Dabei wäre Lafontaine bei den deutschen Linken noch einer der Klügeren gewesen, aber irgendwie ist er, wenngleich er die einst stalinistische Wagenknecht noch nicht immer ungeschickt in die Arena senden zu können glaubt, unterdessen einigermassen verbraucht. Erstaunlich war, wie relativ gut er sich bei einem Besuch in der Schweiz noch mit Christoph Blocher ausgetauscht hat, dessen Fähigkeiten als Schweiz-Retter sich allmählich dem Grenznutzen nähern. Natürlich hält Letzterer von einem Stephen Bannon u. Co. den gebührenden Abstand, auf jenen für Amerika fähigen Mann hat in Europa niemand gewartet.

Kaiser manifestiert anerkennenswerte analytische Fähigkeiten. Da könnten sich noch einige aus dem Sezessions-Team, Sellner wohl inbegriffen, noch ein Stück davon abschneiden.

Der Gehenkte

6. August 2018 17:46

Die verquere linke "Dialektik" wurde hier sauber herausgearbeitet. Dennoch wäre ich mit Vorab-Wertungen etwas vorsichtiger. SW hat zumindest eines verstanden: Politik ist intermedialen Zeiten vom Konkretum zum reinen Abstraktum geworden und darauf reagiert sie.

Es gibt keine Realpolitik mehr, sondern nur noch Imaginärpolitik/Virtuellpolitik und Irrealpoltik (linke Politik).

Parteien, Politiker, Bewegungen, Strömungen sind zu Projektionsflächen geworden, in die Vorstellungen, Wünsche, Begehren, Hoffnungen, Glauben, Überzeugungen etc. hinein projiziert werden. Der Hype um Schulz letztes Jahr war das paradigmatische Phänomen, das wir mit dem temporären Aufstieg der Grünen gerade wiederholt sehen. Da die SPD derzeit ein jämmerliches Bild abgibt, projizieren Teile der Linken ihre Hoffnungen nun auf Habeck und Co.

Deswegen bleibt SW vage, weil Projektionen umso besser funktionieren, je mehr sie Spielraum für verschiedene Phantasien bieten. Ob das im konkreten Fall klappt, wird sich zeigen - es ist jedenfalls schwer zu planen, weil es erstens an den kairos gebunden ist und zweitens selbstverstärkend wirkt. Lucke und Petry etwa sind damit abgestürzt.

Je tiefer sich die Linke in die Krise reitet, desto stärker wird das Bedürfnis der habituellen Linken nach Alternativen und Projektionsflächen und desto wahrscheinlicher wird ein Erfolg der Bewegung. Insofern müßte SW - als Machtpolitikerin - an der Zerstörung der linken Parteienlandschaft durchaus interessiert sein.

Maiordomus

7. August 2018 15:01

@Der Gehenkte. Interessante Perspektiven, aber SW wird mit Sicherheit nicht an der Zerstörung der linken Parteienlandschaft interessiert sein. Sie will dort lediglich, wenn es möglich wäre, wie es Lafontaine schon länger anstrebte, angfristig die Führung übernehmen. Aber auf die Grünen werden alle, die je Hoffnungen in sie gesetzt haben und setzen, sich am wenigsten verlassen können, weil sie am stärksten von Träumen und anthropologischen Illusionen geprägt sind, letztere haben ihren im Prinzip höchst bedenkenswerten ökologischen Ansatz überlagert und die Partei, wie @der Gehenkte sinngemäss formuliert, zu einer Partei des virtuellen Gutmenschenbewusstseins gemacht.

Gustav Grambauer

7. August 2018 15:22

Zu einem psychologischen Durchbruch müßte sich der "Dem-Karl-Liebknecht-Dem-haben-wir`s-geschworen-Der-Rosa-Luxemburg-Reichten-wir-die-Hand"-Effekt einstellen. Aber Wagenknecht und Lafontaine werden unfreiwillig dafür sorgen, daß der sich nicht einstellt, denn die (!) würden bzw. werden Margot, Wilko oder Susi, träfen bzw. treffen sie sie auf der Straße, ohne Gummihandschuhe und Desinfektionsspay gar nicht die Hand geben. Diese Verlogenheit trieft aus jedem Pixel der hochprofessionell-medienagenturmäßig patinierten und dadurch noch zusätzlich verlogenen Clips heraus, und auch wenn das Publikum im Beuteschema das im Oberstübchen vielleicht nicht so klar reflektiert so wird das der Hauptgrund dafür sein, daß kein Funke überspringt.

Nebenbei gesagt sehe ich keinen konzeptionellen Rückhalt in den auch nur etwas höheren Etagen der Machtpyramide. Wenn SPEIGEL und FAZke diese Bewegung etwas hochschreiben, so nur weil W. und L. für das System nützliche Idioten sind, die jetzt die Ressentiments einsammeln dürfen. Die Freien Radikale der von oben her zerstörten SPD sowie der von oben her vergifteten Grünen und Linkspartei müssen ja irgendwie unter Monitor gebracht werden. Frau Wagenknecht mag sich also einreden, sie würde das Spiel "dynamisch" neu definieren, in Wahrheit sitzt sie nur zwischen allen Stühlen und macht einen kleinen Countergang-Job, während insbesondere CDU und Grüne jenseits der durchs mediale Dorf getriebenen Säue umso geschmeidiger am Rad der Neuformatierung Europas drehen dürfen.

Dem kreativen, konstruktiven Kern eines einigermaßen geistig gesunden Volkes ist eine solche Ressentiment-Einsammlerei auch entschieden zu wenig bzw. er verspürt sogar Ekel davor, erst recht vor dem darauf gründenden notorischen Spielchen, bei dem in einem bestimmten Bereich des Gehirns der Sozialneid-Knopf mit "die Armen sind nur so arm weil die Reichen so reich sind" gedrückt wird und woraufhin allerhand einlullende und bei Durchsetzung allseits destruktive Forderungen der Sklaven, die selbstverständlich gefälligst strikt in ihrer Sklavenrolle zu bleiben haben, von den Vormündern dem Big Brother entgegengekräht werden. Dieses Kanalisieren kindestrotziger Forderungen (anstatt gemeinsam mit den "Betroffenen" etwas Konstruktives aufzubauen, sie, - neudeutsch -, tatsächlich zu "empowern") durchzieht seit jeher wie Fäulnisgestank die politische Unkultur der linken Bewegung. Es ist eine reine Verhöhnung der Menschen, die da ihr Vertrauen und ihre Hoffnungen investieren.

Tippe darauf, daß die kreativen, konstruktiven Kerne selbst der linken Milieus, und auf die kommt es an, sich nicht davon einlullen lassen werden. 36.000, sie scheinen extra eine Satanszahl für ihre Verkündigung abgewartet zu haben, sind nicht viel, aber es kommt hier auch gar nicht auf Zahlen, gar nicht auf Masse, an.

- G. G.

Maiordomus

7. August 2018 17:41

36 000 sind für mich keine Satanszahl. Die langfristige Führung der Linken bleibt wohl der Ehrgeiz. Grambauer sieht aber wohl richtig, dass Wagenknecht im Moment die in Deutschland erlaubten Ressentiments einsammelt und in diesem Sinn ihrerseits zur Systemstabilisierung vorgesehen ist. Aber auch mit den unerlaubten Ressentiments kann man aus meiner Sicht keine langfristige, wirklich heilsame Politik machen. In diesem Sinn bleiben echte Auseinandersetzungen ebenfalls innerhalb der deutschen Rechten wohl unvermeidlich. Die brave Kersti Wollnow in Ehren, ihr Kurzfutter etwa im Blogteil der Jungen Freiheit unweit einer rechten Wagenknecht, aber ohne deren Charisma und ohne deren unzweifelhafte rhetorische, auch dialektische Puste. Aber weder Wagenknecht noch (pars pro toto) die Hundenärrin Wollnow werden Deutschland wirklich verändern können.

Andreas Walter

7. August 2018 18:51

Die "Sammlungsbewegung" ist eine Folge dieser Studie:

https://www.progressives-zentrum.org/wp-content/uploads/2018/03/Rückkehr-zu-den-politisch-Verlassenen_500-Gespräche-in-rechtspopulistischen-Hochburgen-in-Deutschland-und-Frankreich_Studie-von-Johannes-Hillje_Das-Progressive-Zentrum.pdf

Es geht aber nicht primär um das Einsammeln von Linken, sondern um das Abgraben von Patrioten die links wären, wenn ... die Linken patriotisch wären. Was ruft man also ins Leben, gründet man also?

Eine linke, patriotische Bewegung/Partei.

https://deutsch.rt.com/inland/74096-wagenknecht-sammlungsbewegung-lehnt-grenzenlose-willkommenskultur-ab/

Eine Alternative zur Alternative also.

Es geht daher weiter nur darum, die AfD zu spalten, diesmal aber am anderen Ende, also nicht Lucke und Petry.

Der ganze Quatsch mit dem Streit bei den Linken und jetzt auch diese angebliche Graswurzelbewegung ist daher alles nur inszeniert, Show, Theater, um die Zirkusnummer, den Bluff von allen abgekauft zu bekommen.

Da kommt also auch eine Menge Nazikeule demnächst, denn das ist ja die Demarkationslinie, an der man die Schäfchen dann abholen will. "Ja, wissen sie, ich war ja eigentlich schon immer links, aber es gab ja keine patriotische Alternative."

Danke Sahra, so macht Sozialismus doch gleich wieder viel mehr Spass.

Maiordomus

7. August 2018 21:57

@ Kersti Wolnow schreibt man mit einem "l". Ich wollte die Dauerforistin der Jungen Freiheit weder unter- noch überschätzen mit der Bezeichnung "Wagenknecht der Rechten"; umgekehrt Wagenknecht nicht zu einer kleinen Bloggerin verniedlichen. Aber beide sind auf höchst unterschiedliche Weise Repräsentanten einer Politik, die letztlich ohne sie gemacht wird. Eher ist es aber doch so, dass man den Typus "Wolnow" unterschätzt, den Typus Wagenknecht überschätzt, wobei ich beiden durchaus etwas mehr Einfluss gönnen würde. Es sind im Prinzip nicht gekaufte authentische Stimmen in der deutschen Politik, zur Hauptsache eher untergründig als vordergründig. Um es mit Hegel auszudrücken, der von Deutschlands noch bedeutendstem lebenden politischen Gefangenen regelmässig zitiert wird (mindestens so historisch gewichtig für das Verständnis unserer Zeit wie Wagenknecht oder Wolnow): Der Weltgeist schreitet über solche Gestalten hinweg., benützt sie bestenfalls dann und wann als Griffel, mit Resultaten, die ganz woanders hinführen als die Eifrigen und Übereifrigen gewollt haben.

Maiordomus

8. August 2018 07:06

PS. Betrifft den Volksbegriff, über den vor kurzem auch mit dem etwas hilflosen Ronny Licht gestritten wurde und über den auch die deutsche Linke nicht genügend nachgedacht hat. Empfehle den Schweizer Mitforisten morgen den Kauf der Weltwoche, wo von einem reflektierten Volksbegriff auf der Basis der Bundesverfassung von 1848 die Rede ist im Zusammenhang mit dem Begriff "Willensnation", was jenseits von billiger Distanzeritis nicht ohne einen gewissen Abstand zum herkömmlichen Volksbegriff der deutschen Rechten erörtert wird. Aber wohl noch treffend sowohl für Deutschland wie auch für die Schweiz: "Eine Willensnation muss wollen" (Alt Bundesrat Kaspar Villiger).

H. M. Richter

8. August 2018 08:40

Nun kam von GG bei der Zahl 36.000 der Hinweis auf die vermeintliche(?) Satanszahl eher, als von gewisser Seite die Empörung über die in dieser Zahl zwei Mal enthaltene Zahl 18, - Wagenknecht und Lafontaine gewissermaßen als "doppelter Möllemann". Sie wird wohl noch kommen; der IB jedenfalls hätte man diese Zahl wohl nicht so einfach durchgehen lassen ...

Ich halte die Entwicklung von #aufstehen zunächst für offen. Meldungen, wie SW dränge auf "Kurskorrektur in der Asylkpolitik" lassen immerhin aufhorchen, ja könnten zu einer Eigendynamik innerhalb der deutschen Linken führen, wo dort am Ende niemand mehr weiß, wie der Zauberbesen wieder in die anti-deutsche Ecke verbannt werden kann. "Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los" ...

Lotta Vorbeck

8. August 2018 11:52

SW: "... Wir wollen das Internet und die Straße nicht länger den neoliberalen Eliten und den Rechten überlassen. Wir wollen soziale Themen wieder in den Mittelpunkt der politischen Debatte in Deutschland bringen und verhindern, dass die AfD weiterhin die Themen diktieren kann."

und weiter:

"Auch wenn sich viel Unmut vordergründig gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung Merkel richtet, in Wahrheit geht es bei der Wut und Enttäuschung der Menschen doch um ganz andere Themen. Es geht um Niedriglöhne, schlechte Pflege, verfallende Schulen, Mietwucher. ..."

________________

Wenn Sie sich die Madame Lafontaine da mal nicht täuscht.

Gerechtigkeitsgeschwätz a la "Ihr müßt mal Maddin rufen!" ließ unlängst erst den Chultz-Zug krachend entgleisen.

Gustav Grambauer

8. August 2018 12:01

Um es noch klarer auf den Punkt zu bringen: bin ja nicht der PR-Berater von Frau Wagenknecht, aber so wird das nichts. Man kann eine solche Bewegung nicht aus der abgedunkelten Panzerlimousine heraus rein mit dem Smartphone aufbauen. Sehe keine psychoenergetischen Synergien mit ihrem Zielpublikum. Die müßten Säle anmieten, Stammtische organisieren usw. und sich selbst als Menschen den Fragen, Anregungen, ggf. Kritiken stellen, die Leute an die Hand nehmen, Verbundenheit zeigen, die Vertrauensvorschüsse - zunächst - mit ihrer öffentlichen Präsenz einlösen.

Auch das Portal lebt nicht, es ist energetisch tot. Da müßte ein Forum mit einer Prise Kontroverse rein so daß es knistert. Die Musik haben sie vom Bestatter bekommen?! Man schläft ja ein beim Anhören. Die müßten sich gemeinsam mit Margot, Wilko und Susi auf der Parkbank zeigen und reden, reden, reden, meinetwegen für Selfies zur Verfügung stehen oder sonstwas, so wie wir das ja sogar Frau Merkel bisweilen sehen. Sie müßten in der vollen Bedeutung des Wortes, wie gesagt als Menschen, erreichbar sein.

Vor allem: sie müßten sofort mit besonderem Nachdruck Partizipation innerhalb des Projekts anbieten. Meinetwegen sogar wie Nikolai Alexander mit seinen Generälen und Paladinen oder sonstwie. Machen sie aber nicht. Aus der Art, wie sie das aufgebaut haben, wird sehr klar, daß sie nur aus dem Hintergrund heraus die Strippen ziehen und dafür alle anderen nur als Manövriermasse benutzen wollen.

Schade, denn eigentlich liegt in der Idee nicht zuletzt ein schönes innerparteiliches Hebelpotential gegenüber den Entristen wie Kipping, Riexinger & Co.

- G. G.

Maiordomus

8. August 2018 12:44

@G.G. Analytisch wohl zu 100% getroffen! Da macht Sezession wohl doch einiges eher besser, wenn auch klar mit weit mehr Gegenwind.

MartinHimstedt

8. August 2018 16:08

@GG Täuschen Sie sich da mal nicht: SW sprach bereits davon, dass sie derartige Veranstaltungen im Blick hat.

Problematisch sehe ich vor allem, dass Otto Normalbürger die Hintergründe nicht kennt – und natürlich auch nichts davon weiß, wie isoliert Wagenknecht in der Flüchtlings-Frage innerhalb der Linken tatsächlich ist. Dieser Otto-Normalbürger könnte sich also durchaus angesprochen fühlen, bekommt dann aber auch wiederum SPD/Grüne/Linke vorgesetzt und an der Migrationsfrage wird sich nichts ändern. Denn: Ihre Positionen und Aussagen zur Flüchtlingspolitik (https://de.wikipedia.org/wiki/Sahra_Wagenknecht#Fl%C3%BCchtlingspolitik) werden bei den oben genannten Parteien auch weiterhin nicht auf Gegenliebe stoßen. Ganz im Gegenteil: Sie werden Hass hervorrufen. Mal ehrlich: Wäre die Gute nicht ein derart prominentes Zugpferd, wäre sie schon längst entsorgt (haha!) worden.

Gotlandfahrer

8. August 2018 17:28

Aus meiner Sicht ist die „Sammlungsbewegung“ ein köstliches und zugleich beruhigendes Phänomen. Köstlich, da man sich in diesem Teil der Linken analog der Struktur des Zauberlehrlings offenbar bereits an Punkt 6 von 8 befindet. Somit dem Mainstream gegenüber vorauseilend, der noch in 3. Verharrt. Der Ablauf entspricht damit einer gewissen Vorhersehbarkeit:

1. Überheblichkeit und Wichtigtuerei
2. Umsetzung des Vorhabens
3. Machtrausch
4. Angst und Verzweiflung
5. Hilfloses Schimpfen
6. Verzweiflungstat
7. Hilferuf
8. Rettung durch den Zaubermeister

Beruhigend ist, dass mit der sozialen Frage genau die Emotion angesprochen wird, die geeignet ist, die Moralmaskerade zu beenden. Denn jetzt gilt es Farbe zu bekennen: Ist Sozialstaat wirklich „Nazi“? Denn darauf läuft alles hinaus. Wenn diese Konsequenz erfahrbar wird, bei gleichzeitiger Propagandamüdigkeit, dann wird auch dem Letzten klar, welches Rezept jedenfalls NICHT geeignet ist. Ein bisschen von allem ohne Wehtun ist dann nicht länger möglich. Nur wer soll das dann umsetzen? Wenn es die Linke oder die CDU wäre: Tja, bitte sehr. Oder doch nur ein bisschen? Auch gut, warten wir ab, bis hinreichend viele bei 7. angekommen sind.

Andreas Walter

9. August 2018 13:49

Unbegreiflich, was sich auch in Deutschland derzeit abspielt:

https://www.compact-online.de/widerlich-bild-schmierer-freuen-sich-ueber-krebserkrankung-von-praesidentengattin-assad/

Ein kollektiver Wahnsinn, allerdings auch in anderen westlich orientierten Ländern, der auch dort vor allem die Eliten, Liberale und Marxisten erfasst hat.

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/linksextremist-attackiert-afd-mitarbeiter-in-wahlkreisbuero/

In solchen Situationen kann man daher nur versuchen, sich selbst davon nicht anstecken zu lassen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Die westlich Welt also tatsächlich bereits im Panikmodus, nur leider gegen die Falschen. So einen Kampf zu gewinnen, sowohl gegen Entrückte wie auch gleichzeitig noch weitere, anrückende Entrückte, das wird nicht einfach. Ohne dabei Autoritär zu werden. Weil es hier nicht um Vernunft geht, diese Menschen sich nämlich nicht auf der Ebene der Ratio bewegen, sondern auf der oralen und analen Ebene, und das gleich in Massen. Chaos scheint daher sogar erwünscht, um dadurch das autoritäre implementieren einer neuen Ordnung (EUSASSSR?) zu legitimieren. Ja ja, ich habe da schon so eine grobe Vorstellung von dem, was die vorhaben. Hat beim Imperium Romanum ja auch eine Zeit lang geklappt, oder bei den Briten. Die Vereinigten Staaten von Europa, VSE. Darum in Deutschland ja auch nur ein Feind, die AfD, weil national.

Dem Ziel doch so nah', und ausgerechnet jetzt regt sich Widerstand. Also dranbleiben, Patrioten, und vor allem nicht bange machen und beirren lassen. Solche Dinge brauchen ihre Zeit, nach 70 Jahren Gehirnwäsche, Lügen und Manipulation. Die wenigsten springen aus dem Bett und sind sofort wach. Schon gar nicht ohne Café.

https://www.youtube.com/watch?v=B-I6nOy4inA

Andreas Walter

12. August 2018 15:55

Hier die Bestätigung meines ersten Kommentars in diesem Strang vom 7. August 2018 18:51:

https://rp-online.de/politik/deutschland/oskar-lafontaine-aufstehen-soll-auch-erstarken-der-afd-verhindern_aid-24324705

Weltversteher

12. August 2018 23:10

Keiner kommentiert diesen Schlager am Klavier?! Ein wunderbarer Ohrwurm.
Hallo Herr Wessels, haben Sie vielleicht auch Gitarrengriffe dafür parat?

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