Repression – im Gespräch mit Caroline Sommerfeld

Im Juni haben wir mit einem Aufruf das Projekt von Sophie Liebnitz zum Thema Repression vorgestellt.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Die­ser mal sub­ti­le, mal gro­be, mal zer­mür­ben­de Druck auf poli­tisch Anders­den­ken­de, auf Ver­wei­ge­rer und Indi­vi­dua­lis­ten, kann so viel­fäl­ti­ge For­men anneh­men wie Pro­teus, der grie­chi­sche Gott der Verwandlung:

Geht es nicht mit Kün­di­gung, geht es mit Mob­bing, geht’s nicht mit Straf­an­zei­ge, dann mit Ver­leum­dung, und so wei­ter. Es sind längst nicht mehr weni­ge, die ihre Über­zeu­gung an den Rand der Gesell­schaft, in die ver­schie­dens­ten Schwie­rig­kei­ten, in Situa­tio­nen des Aus­schlus­ses, der Benach­tei­li­gung, der Mar­gi­na­li­sie­rung, und teil­wei­se in exis­tenz­rich­tungs­ver­än­dern­de, im Extrem­fall sogar in exis­tenz­be­dro­hen­de Lagen gebracht hat.

Eine der Per­so­nen, die ein­schnei­den­de Erfah­run­gen in ihrem Umfeld machen muß­te, ist unse­re Autorin Caro­li­ne Som­mer­feld. Die (mit einer preis­ge­krön­ten Dok­tor­ar­beit) pro­mo­vier­te Phi­lo­so­phin und drei­fa­che Mut­ter arbei­te­te neben ihrer publi­zis­ti­schen Tätig­keit in einer Wie­ner Wal­dorf-Schu­le als Köchin. Auch in ihrer per­sön­li­chen Vor­ge­schich­te spielt die Wal­dorf-Bewe­gung, der sie lan­ge ver­bun­den war, eine Rolle.

Zwei ihrer Söh­ne, 8 und 12 Jah­re alt, besuch­ten die Wie­ner Ein­rich­tung. Umso schlim­mer die gar nicht spi­ri­tu­ell-empa­thi­sche Wei­se, in der man dort mit einer im eige­nen Milieu ver­an­ker­ten Weg­ge­fähr­tin umging.

Die fol­gen­de Epi­so­de stellt nur den vor­läu­fi­gen Höhe­punkt in einem Dra­ma dar, das einer­seits durch die­ses Milieu sehr spe­zi­fisch, ande­rer­seits, durch die ange­wand­ten Mit­tel und Inhal­te, sehr typisch für die Mei­nungs­dik­ta­tur in unse­rer Gesell­schaft ist.

Lesen Sie als ers­te Kost­pro­be aus dem ent­ste­hen­den Buch­pro­jekt Repres­si­on das Gespräch, das Sophie Lieb­nitz mit Caro­li­ne Som­mer­feld führte.

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Lie­be Caro­li­ne, bevor Du über die Ereig­nis­se selbst berich­test, wüß­te ich gern: Wie bist Du zur Wal­dorf-Bewe­gung gekom­men und was hat die für Dich bedeu­tet? Viel­leicht könn­test Du auch die Grund­prin­zi­pi­en für den Lai­en ganz kurz darstellen.

Mei­ne Eltern waren als Grü­nen-Mit­be­grün­der in den 70er Jah­ren durch­aus wal­dorf­nah, wenn auch völ­lig ungeis­tig, eben an Natur­kost, Gar­ten­bau und alter­na­ti­ven Lebens­wei­sen inter­es­siert und mit ein paar Anthro­po­so­phen befreun­det. Als Phi­lo­so­phin bin ich vor 20 Jah­ren mit Rudolf Stei­ners Schrif­ten im Kon­text der „Lebens­phi­lo­so­phie“ der Jahr­hun­dert­wen­de in Berüh­rung gekom­men, habe mich dann län­ger mit Stei­ners ver­meint­li­chem „Anti­in­tel­lek­tua­lis­mus“ im Zusam­men­hang mit hoch­be­gab­ten Kin­dern an Wal­dorf­schu­len beschäf­tigt und mit der Reform­päd­ago­gik über­haupt. Stei­ners Ideen sind nicht nur das, was an Wal­dorf­schu­len, deren ers­te er 1919 gegrün­det hat, unter­rich­tet wird, son­dern ein gan­zer geis­ti­ger Kos­mos. Mei­nes Erach­tens, und je län­ger ich mich mit Stei­ner und der Schul­pra­xis aus­ein­an­der­ge­setzt habe, sind es eigent­lich so rich­tig schön rech­te Gedan­ken, die mit­ten aus dem Zeit­zu­sam­men­hang der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on stam­men. Wal­dorf­päd­ago­gik will Kin­der in ihre „Volks­see­le“ (die­sen Begriff ver­wen­det Stei­ner sel­ber) enkul­tur­ie­ren („ein­bin­den“, „hin­ein­wach­sen las­sen“) und sie als leib­li­che Wesen zum Geis­ti­gen erzie­hen, vor allem, das wur­de mir immer wich­ti­ger, sie zur Indi­vi­dua­li­tät erzie­hen. Das klappt aber nur – und das ist nicht para­dox, son­dern fol­ge­rich­tig – in einer Gemein­schaft. Wal­dorf­klas­sen machen das meis­te als gan­ze Klas­se: Sin­gen, kom­pli­zier­te Cho­reo­gra­phien, Rezi­tie­ren, Thea­ter­spie­len, Musi­zie­ren, selbst Rech­nen. Das ein­zel­ne Kind wird nicht, wie es gegen­wär­tig ja über­all das wich­tigs­te zu sein scheint, „indi­vi­du­ell geför­dert“, also mit sei­nem Lern­heft oder Port­fo­lio allein­ge­las­sen um sich „feed­back“ zu holen, wenn es das braucht, son­dern ist auf­ge­ho­ben in einem gro­ßen Gan­zen. Der Gang durch die Geschich­te, also die his­to­ri­sche Ent­wick­lung des Men­schen, wird an Wal­dorf­schu­len auch ganz anders unter­rich­tet als an Regel­schu­len: es beginnt in der 2. Klas­se mit der Schöp­fungs­ge­schich­te, über nor­di­sche Mythen (sie ler­nen Runen!) und alt­in­di­sche Mythen zur Ur- und Früh­ge­schich­te und lang­sam zum euro­päi­schen Men­schen im Chris­ten­tum. Ein Volk hat nicht nur sei­ne gemein­sa­me Abstam­mung, son­dern auch sei­ne gemein­sa­men Mythen und eine Seele.

Nun, das alles war natür­lich damals vor sie­ben Jah­ren nicht der Grund, sich für eine Wal­dorf­schu­le zu ent­schei­den. Damals ging es mir eher um die reli­giö­se und gemein­schaft­li­che „Hül­le“ (auch ein Aus­druck, den Rudolf Stei­ner geprägt hat) und die fes­te Klassengemeinschaft.

Kannst Du Dich erin­nern, an wel­cher Stel­le Dir das ers­te Mal das Kon­flikt­po­ten­ti­al, das in Dei­nem poli­ti­schen Enga­ge­ment steckt, klar­ge­wor­den ist. Gab es Warn­zei­chen, Hin­wei­se auf Inkom­pa­ti­bi­li­tät? Und ist die­se Inkom­pa­ti­bi­li­tät, etwa mit den Zie­len der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung, wirk­lich in den Leh­ren Stei­ners ange­legt, oder siehst Du dar­in eher das Ergeb­nis einer zeit­geis­ti­gen Inter­pre­ta­ti­on von Stei­ners Lehre? 

Es gibt einen Rie­sen­un­ter­schied zwi­schen Stei­ners Ideen und den Leu­ten, die heu­te Wal­dorf­schu­len bevöl­kern. Die­se Kli­en­tel ist (abge­se­hen von ver­ein­zel­ten ech­ten Anthro­po­so­phen, aber die sind ganz lei­se) links­grün, meist Bobo-Hips­ter mit krea­ti­ven Beru­fen, gern Patch­work und „Regenbogen“-Familienersatzkonstrukte, aber nicht ohne Geld, denn Wal­dorf­schu­len wer­den zumin­dest in Öster­reich kaum staat­lich unter­stützt. Mei­ne Vor­stel­lung war lan­ge, daß die Eltern­schaft doch irgend­et­was an der Anthro­po­so­phie (nicht die geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Leh­re Stei­ners sel­ber, aber irgend­wel­che Ideen, die tie­fer­ge­hen als hüb­sche Aqua­rel­le und fei­er­li­che Stim­mung) gefun­den hät­te. Es hat­te den Anschein, daß sie zumin­dest den auto­ri­tä­ren Unter­richts­stil und die christ­li­che Prä­gung gou­tie­ren. Daß aller­dings eben­die­se Eltern, nie­mals alle, aber eben die­je­ni­gen, die die­se eltern­ver­wal­te­te Schu­le als qua­si schul­lei­ten­der Vor­stand 2016 über­nom­men hat­ten, eine ganz ande­re Agen­da haben, war mir nicht bewußt.

Sie haben, das weiß ich jetzt, Stei­ners Grund­ideen ver­ra­ten und ver­kauft. Natür­lich nicht nur die­se fünf Han­seln im Vor­stand von Wal­dorf Wien West, son­dern in der gan­zen insti­tu­tio­na­li­sier­ten Anthro­po­so­phie ist seit etwa 10 Jah­ren etwas im Gan­ge: der­sel­be Kurz­schluß zwi­schen Kul­tur­mar­xis­mus und Glo­ba­li­sie­rung wie in der gan­zen Lin­ken, mit der­sel­ben Rhe­to­rik für „Tole­ranz“, „Viel­falt“ und die „offe­ne Gesell­schaft“. Die­se hat aber eine sinist­re (Anthro­po­so­phen wür­den sagen: eine „ahri­ma­ni­sche“) Kehr­sei­te, näm­lich ideo­lo­gisch moti­vier­te Ver­fol­gung von allem, was sich die­ser Welt­ord­nungs­phan­ta­sie in den Weg stellt. Selbst die Lin­ken in den 70er und 80er Jah­ren, von denen ja auch vie­le ihre Kin­der auf Alter­na­tiv­schu­len schick­ten und da als Eltern mit­misch­ten, hat­ten kei­nen sol­chen Furor gegen Anders­den­ken­de, kei­ne Agen­da „gegen Rechts“, so wie gegen­wär­tig. Rudolf Stei­ner wür­de heu­te, las ich mal in einer schö­nen Glos­se in einem abtrün­ni­gen Anthro­po­so­phen­ma­ga­zin, aus der Anthro­po­so­phi­schen Gesell­schaft aus­ge­schlos­sen wer­den wegen rech­ter Gedanken.

Es gibt ja nicht „die“ Wal­dorf-Bewe­gung. Sie durch­zieht genau der­sel­be poli­ti­sche Riß wie  die gan­ze Gesell­schaft. Ich glau­be sogar, die­ser Riß ist dort noch tie­fer, weil eine geis­ti­ge Bewe­gung sofort auf der Ebe­ne ideo­lo­gi­scher Gra­ben­kämp­fe lan­det, wäh­rend im nor­ma­len sozia­len All­tag ja noch vie­le Puf­fer exis­tie­ren und vie­le Kon­flik­ten län­ger ver­deckt schwe­len. In den 90er bis 2000er Jah­ren gab es eine Rei­he teil­wei­se extre­mer Angrif­fe gegen Stei­ners Gedan­ken­gut von links, inklu­si­ve Faschis­mus- und Ras­sis­mus­vor­wurf. Dage­gen haben vie­le, allen vor­an Loren­zo Ravag­li, durch mühe­vol­le Inter­pre­ta­ti­on und Kon­tex­tua­li­sie­rung der inkri­mi­nier­ten Stel­len in Stei­ners umfang­rei­chem Werk ver­sucht zu argu­men­tie­ren. Lei­der hat dann – wie an ande­ren reform­päd­ago­gi­schen Ein­rich­tun­gen übri­gens in ähn­li­cher Wei­se, an Jena­plan­schu­len zum Bei­spiel – der „Wal­dorf­bund“ 2007 eine „Erklä­rung gegen Ras­sis­mus und Dis­kri­mi­nie­rung“ lan­ciert, um die­sen poli­ti­schen Vor­wür­fen ein Ende zu machen. Mit dem Erfolg, daß eben­die­se Erklä­rung zehn Jah­re spä­ter als Werk­zeug zur Ver­fü­gung stand, kon­kre­te Leu­te zu dis­kri­mi­nie­ren als „Ras­sis­ten“.

Die Wal­dorf-Schu­le hat Dich, wenn ich das rich­tig sehe, zunächst nach einer Denun­zia­ti­on ent­las­sen. Wie hat sich das abge­spielt, und was ist danach gesche­hen? Die von Dir ver­faß­te Gegen­er­klä­rung wur­de immer­hin in zwei anthro­po­so­phi­schen Zeit­schrif­ten ver­öf­fent­licht. Läßt das auf einen gewis­sen Rest­spiel­raum in der Bewe­gung schließen? 

Kon­kret pas­siert ist, daß ich als Schul­kö­chin aus hei­te­rem Him­mel ent­las­sen wor­den bin, weil ich „auf rechts­extre­men Inter­net­sei­ten“ schrei­be. Wohl­ge­merkt: als Köchin, nicht als Schul­lei­te­rin oder Geschichts­leh­re­rin. Es wur­de just die­se „Stutt­gar­ter Erklä­rung“ (für Öster­reich text­gleich „Wie­ner Erklä­rung“) her­an­ge­zo­gen, und behaup­tet, ich ver­stie­ße dage­gen in mei­nen Tex­ten. Eltern fühl­ten sich „dis­kri­mi­niert“ davon und wür­den weg­ge­hen, wenn ich blie­be. Die Haupt­sor­ge war der Ruf der Schu­le, den ich doch nicht gefähr­den woll­te, oder? Man hat ver­sucht, mich ein­zu­schüch­tern: wenn ich mich ruhig ver­hiel­te, nichts gegen die Schu­le schrie­be, die­se Kün­di­gung hin­näh­me und mich nicht bli­cken lie­ße, könn­ten unse­re Kin­der wei­ter an der Schu­le blei­ben. Das Damo­kles­schwert hing also seit­dem, das war im Febru­ar 2016, über uns. Ich habe in der Schu­le nie jeman­den ange­gan­gen oder ein­ge­schüch­tert in Wort, Ges­te oder Tat. Sie fürch­te­ten mich trotz­dem wie der Teu­fel das Weihwasser.

In einer außer­or­dent­li­chen Gene­ral­ver­samm­lung nur zum Fall Som­mer­feld ver­las man dann gesam­mel­te Din­ge, die ich angeb­lich geschrie­ben hät­te, dar­un­ter, ich sei „gegen Aus­län­der, außer sol­che aus den Nach­bar­län­dern“, ich hät­te geschrie­ben, Aus­län­der sei­en „Kanin­chen­fi­cker“ (ich kann­te das Wort nicht ein­mal, obwohl ich bekannt­lich begeis­tert von absur­den Wort­schöp­fun­gen bin), hät­te über­dies „Neger“ gesagt, und „wir“ hät­ten uns doch in Öster­reich dar­auf geei­nigt, die­ses Wort nie wie­der zu sagen. Sel­ber in jener legen­dä­ren Ver­samm­lung das Wort zu mei­ner wenigs­tens ansatz­wei­sen Ver­tei­di­gung zu ergrei­fen war mir kaum mög­lich, denn als­bald rie­fen wohl­mei­nen­de Wal­dorf­eltern, man sol­le mir hier „kei­ne Platt­form“ bie­ten. Es gäbe Eltern, war das Argu­ment, die sich durch mei­ne schie­re Prä­senz “getrig­gert” fühl­ten, oder die es nicht las­sen könn­ten, frei­wil­lig mei­ne Schrif­ten zu stu­die­ren (der Herr vom Vor­stand wört­lich zu mei­nem Mann: “Wir ver­fol­gen jeden Schritt Ihrer Frau!”). Mein Mann hat­te in die­ser Situa­ti­on den Vor­stand auf­ge­for­dert, Abstand zu neh­men von jeg­li­cher Sip­pen­haf­tung − wor­auf ein­fach kei­ne Reak­ti­on kam. Voll­kom­men gespens­ti­sche Sze­ne, die­ser Gene­ral­ver­samm­lungs­abend. Wir hat­ten dem Mons­ter ins Gesicht geblickt.

Ich bin dann in den Wider­stands­mo­dus über­ge­gan­gen, denn die­se Zwangs­la­ge konn­te und woll­te ich nicht auf uns als Fami­lie sit­zen­las­sen. Eine Sache war, daß ich zur „Gleich­be­hand­lungs­stel­le“ im Frau­en­mi­nis­te­ri­um gegan­gen bin, weil es sich ein­deu­tig um eine Job­kün­di­gung aus poli­ti­schen Grün­den, und also nach deren Defi­ni­ti­on um „Dis­kri­mi­nie­rung“ am Arbeits­platz han­del­te. Die­sem Ansu­chen wur­de auch tat­säch­lich statt­ge­ge­ben, es fand eine (außer­ge­richt­li­che) Ver­hand­lung zwi­schen mir und dem Vor­stand der Schu­le statt. Die Auf­ga­be die­ser Minis­te­ri­ums­stel­le ist indes nur Schlich­tung, der Vor­stand war aber zu kei­nem Ver­gleich bereit.

Der zwei­te Teil war meta­po­li­ti­scher Natur: ich habe zum Schul­be­ginn nach dem ver­gan­ge­nen Som­mer gleich­zei­tig die genann­te „Gegen­er­klä­rung“ auf Sezession.de und in zwei dis­si­den­ten Anthro­po­so­phen­ma­ga­zi­nen ver­öf­fent­licht. Dort sind Leu­te, die die links­glo­ba­lis­ti­sche Ver­ein­nah­mung von Rudolf Stei­ner nicht mit­ma­chen und zurück­ge­hen auf des­sen eigent­li­chen geis­ti­gen Anspruch. Der Anth­ro-Main­stream hat reagiert: in allen Maga­zi­nen und auf allen grö­ße­ren Inter­net­sei­ten gab es ent­schie­de­ne Distan­zie­run­gen. Man nahm mei­nen Vor­stoß als Bedro­hung wahr.

Lan­ge pas­sier­te in der Schu­le dann gar nichts, wir wähn­ten uns schon in rela­ti­ver Sicher­heit. Bald ein Jahr nach dem Küchenr­aus­wurf haben sie dann die „Wie­ner Erklä­rung“ in die – für den Schul­be­such der Kin­der zwin­gen­den – Betreu­ungs­ver­trä­ge auf­ge­nom­men. Zuvor hat­ten sie einen Pas­sus in die neu­en Ver­trä­ge hin­ein­ge­schrie­ben, der eine ech­te “Lex Som­mer­feld” dar­stellt. Die­ser ver­langt, daß auch der zwei­te Eltern­teil “in sei­ner Lebens­füh­rung den ideo­lo­gi­schen Zie­len des Ver­eins” ent­spre­chen müs­se. Jetzt, nach­dem ich längst raus bin, sol­len in der nächs­ten Gene­ral­ver­samm­lung die all­ge­mei­nen Begrif­fe der „Wie­ner Erklä­rung“ noch “Kon­kre­ti­sie­rung erfah­ren“. Nun, ich stel­le mir eine Ver­samm­lung von 120 und mehr Per­so­nen beim Defi­nie­ren des Ras­sis­mus- oder Dis­kri­mi­nie­rungs­be­griffs hei­ter vor. In der Zwi­schen­zeit hat­te der Vor­stand außer­dem Kon­takt zum DÖW (Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des Öster­rei­chi­schen Wider­stands) auf­ge­nom­men, um „neo­fa­schis­ti­sche Ver­eins­mit­glie­der“ aus­fin­dig zu machen und die Leh­rer­schaft in einem „Anti­ras­sis­mus­work­shop“ zu schulen.

Wie war es für Dich, Dei­ne Kin­der wei­ter dort zur Schu­le zu brin­gen und zu beglei­ten? In Wal­dorf-Schu­len ist das Enga­ge­ment, das von den Eltern ver­langt wird, ja außer­ge­wöhn­lich hoch, also konn­test Du wahr­schein­lich nicht ein­fach von der Sze­ne ver­schwin­den. Waren die Eltern in ihren Reak­tio­nen gehäs­sig oder haben sie ver­sucht, Dich zu mei­den? Ich mei­ne, wie spielt sich so etwas auf der per­sön­li­chen Ebe­ne ab? Die Schu­le hat Dich ja sozu­sa­gen für vogel­frei erklärt, trotz­dem warst Du, waren die Kin­der als stän­di­ge Erin­ne­rung an Dei­ne Per­son ja nicht wegzubekommen. 

Ich soll­te fern­blei­ben. Die bei­den Klas­sen­leh­re­rin­nen wünsch­ten zwar expli­zit, daß ich zu Eltern­aben­den kom­me, aber als zum Bei­spiel eine ande­re Mut­ter mich frag­te, ob ich beim Schul­fest den Bücher­stand mit­be­treu­en wür­de, schal­te­te sich der Geschäfts­füh­rer ein und ver­bot mir das: „Du pola­ri­sierst. Das ver­stehst du doch? Wenn du da bei den Büchern stehst, kom­men bei den Leu­ten Bil­der hoch von der Buch­mes­se.“ Es gab eine Men­ge Eltern, die mich nicht mehr grüß­ten, wenn ich mal die Kin­der geholt oder hin­ge­bracht habe, und ganz ver­ein­zel­te, die mir Mut zuspra­chen. „Auch Rech­te haben Rech­te“ äußer­te ein Vater, und ein ande­rer hat sich offen mit mir soli­da­ri­siert und an die Schul­ge­mein­schaft geschrie­ben, daß er auch Iden­ti­tä­rer sei. Fürch­ter­li­che Haß-Rund­mails wur­den dann her­um­ge­schickt von ein­zel­nen Eltern. Gro­tesk war bei­spiels­wei­se, als ich über Drit­te zu hören bekom­me, eine les­bi­sche Mut­ter wol­le nicht, daß ihr Kind neben mei­nem sit­ze, „wegen der Ideo­lo­gie“. Anste­cken­des Rechts­ek­zem halt. Man stel­le sich ein­mal nur kurz zum Spaß vor, dies geschä­he andersherum …

Die Kin­der blie­ben erstaun­lich ver­schont. Beim Klei­nen trug sich ein­mal eine Sze­ne zu, daß ein ande­rer Bub ihn mit einem Stock hau­en woll­te beim Wald­aus­flug, weil sei­ne Mama rechts sei und nicht so wie sei­ne Eltern SPÖ wäh­le. Der Grö­ße­re hat­te aller­dings stän­dig Sor­gen, ob, wenn er irgend­et­was im Unter­richt gegen die Mei­nung der Leh­re­rin sagen wür­de, auch völ­lig unpo­li­ti­sche Din­ge, er viel­leicht raus­ge­schmis­sen wür­de. Ein Klein­kli­ma der Angst ist ent­stan­den. Eine Mut­ter, Ost­eu­ro­päe­rin, sag­te zu mir, sie habe nie gedacht, daß sowas wie­der­kom­men wür­de: ein Ver­wand­ter von ihr sei damals gekün­digt wor­den im real exis­tie­ren­den Sozia­lis­mus, weil er irgend­ei­ne uner­wünsch­te Flag­ge gehißt hatte.

Wie kam es schließ­lich zu dem Aus­schluß Dei­ner Kin­der aus der Schu­le? Wie haben sie es Dir mit­ge­teilt? Beschrei­be uns bit­te die­se Sze­ne, man kann sich einen so kras­sen Schritt schlecht vor­stel­len: In einer Gesell­schaft, die sich fort­lau­fend ihrer Mei­nungs­frei­heit rühmt, jeman­den wegen sei­ner Mei­nung aus einer Insti­tu­ti­on aus­zu­schlie­ßen, in der er die längs­te Zeit ohne Beschwer­den agiert hat.

Der Vor­stand hat uns am letz­ten Schul­tag vor den Som­mer­fe­ri­en ohne Vor­ankün­di­gung in der Früh die Kün­di­gung der Betreu­ungs­ver­trä­ge mit­ge­teilt. Mein Mann hat­te noch um ein Gespräch gebe­ten und wur­de kalt abser­viert. „Gehen Sie doch an die Pres­se, bit­te, wir kön­nen gute Pres­se brau­chen!“, gab einer vom Vor­stand ihm zu ver­ste­hen, und daß sie ja nur den Beschluß der Gene­ral­ver­samm­lung (die Wie­ner Erklä­rung in die Betreu­ungs­ver­trä­ge auf­zu­neh­men und alle Eltern, nicht bloß das jewei­li­ge Mit­glied, zur Unter­schrift zu zwin­gen) umsetz­ten. Nun könn­ten sie nichts mehr für uns tun.

Die Reak­ti­on der Kin­der war ent­spre­chend: die Leh­re­rin­nen und die gesam­te noch anwe­sen­de 6. Klas­se wein­te, ein Pulk Kin­der stürm­te zum Büro, um viel­leicht doch noch irgend­wie was tun zu kön­nen. Ich sol­le doch den Ver­trag unter­schrei­ben, dann wäre alles gut. Nein, lei­der nicht. Denn: dem war bereits ein Gespräch zwi­schen mir (ich woll­te Klar­heit, wie es im kom­men­den Schul­jahr aus­sieht, und kein Damo­kles­schwert) und dem Vor­stand vor­aus­ge­gan­gen, in dem sie mir sag­ten, selbst wenn ich jetzt unter­schrie­be, wür­den sie a.) nicht glau­ben, daß ich dem Inhalt der Erklä­rung auch zustimm­te und b.) wäre es eine Fra­ge von Wochen oder Mona­ten, denn “Je berühm­ter du wirst, des­to unwahr­schein­li­cher ist es, daß dei­ne Kin­der bleiben!”.

Es han­delt sich – und das ist der Skan­dal an unse­rem Fall – ein­deu­tig um Sip­pen­haf­tung. Mein Mann ist ja ein in deren Augen gänz­lich unbe­schol­te­ner Lin­ker, und die Kin­der sind mit­ge­fan­gen, mitgehangen.

Wie haben die Kin­der reagiert und wie geht es jetzt weiter?

Der Älte­re ist schier ver­zwei­felt, und wir bei­de sind erst ein­mal so rich­tig psy­cho­so­ma­tisch krank gewor­den, inklu­si­ve Spi­tals­auf­ent­halt. Irgend­wann haben wir uns dann wie­der gefan­gen, da hilft ein guter Freun­des­kreis unge­mein. Wir haben eine neue Schu­le gefun­den, eine katho­li­sche Ordens­schu­le mit Gym­na­si­um und Volks­schu­le. Kei­ner hat da nach mei­ner poli­ti­schen Mei­nung gefragt, ich war fast ver­blüfft, daß kei­ne Fra­gen kamen. Mir hat­te eine Bekann­te erzählt, bei der Suche nach einer neu­en Schu­le für ihren Sohn wäre ihr bei einer der Schu­len eine ganz ähn­li­che poli­tisch-welt­an­schau­li­che „Erklä­rung“ unter die Nase gehal­ten wor­den zum unter­schrei­ben. Das ist also nicht wal­dor­f­ex­klu­siv. Ich glau­be, es ist ist dort nur beson­ders extrem, weil ich als poli­ti­sche Dis­si­den­tin einem los­ge­las­se­nen lin­ken Eltern­klün­gel aus­ge­setzt war, ohne daß eine über­ge­ord­ne­te Insti­tu­ti­on die­sem Trei­ben Ein­halt gebie­ten könn­te. Aber wer weiß, die über­ge­ord­ne­ten Insti­tu­tio­nen  wol­len ja all­zu oft genau dasselbe.

Mir tut es unend­lich leid um die Wal­dorf­schu­le. Die­se spe­zi­el­le und die Wal­dorf­schu­len gene­rell. Frei­lich auch leid dar­um, was unse­ren Kin­dern ent­ge­hen wird, von den Freun­den und zwei groß­ar­ti­gen Leh­re­rin­nen abge­se­hen auch an Unter­richts­in­hal­ten und an gemein­schaft­li­chem Leben. Sehen wir es mal so: Leu­te wie ich, die sich mit der Wal­dorf­päd­ago­gik iden­ti­fi­zie­ren, haben kei­nen Platz mehr an Wal­dorf­schu­len. Ich bin ja nicht die ein­zi­ge, die aus poli­ti­schen Grün­den ent­fernt wur­de, ich ken­ne meh­re­re Fäl­le von Leh­rern und Schü­lern. Auf einem lin­ken Anthro­po­so­phen-Blog las ich ein­mal: „Wer heu­te Stei­ner sät, wird Neu­rech­te ern­ten“. Der Mann hat, auch wenn er es anders gemeint hat, abso­lut recht. Ich glau­be, mei­ne Cau­sa war ein Punkt, an dem eini­ge inner­halb der Anth­ro-Com­mu­ni­ty ins Nach­den­ken gekom­men sind. Auch da trennt sich gera­de ein Wider­stands­mi­lieu ab. Aber war­um muß­ten des­we­gen die Kin­der dran glau­ben? Mein Mann hat in einem Inter­view dann gesagt, die­ses Opfer wäre doch wie­der nur ein Argu­ment für die Neu­en Rech­ten. Aus die­sem Den­ken müs­sen wir uns schleu­nigst ver­ab­schie­den, sonst kom­men wir poli­tisch von der Wal­dorf- in Teu­fels Küche!

Am heu­ti­gen Tage, dem 3. Sep­tem­ber, beginnt die Schu­le in Wien wie­der. Nach­dem der Vor­stand noch ande­re Kin­der unlieb­sa­mer Eltern sowie drei Leh­rer gekün­digt hat, gibt es Pro­test vor dem Schul­tor. Auf klei­nen Ses­seln ste­hen die Namen der aus­ge­schlos­se­nen Kin­der geschrie­ben, auch unse­re sind darunter…

– – –

Soweit das Gespräch. Ein Nach­trag zum Buch­pro­jekt Repres­si­on: Für ein, zwei sehr beson­de­re Fäl­le ist noch Platz – wer über sei­ne Erfah­run­gen mit den Mecha­nis­men all­täg­li­cher Unter­drü­ckung berich­ten möch­te, wen­det sich unter liebnitz(at)antaios.de an Sophie Liebnitz.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (15)

Durendal

3. September 2018 09:52

Gibt es eigentlich Erkenntnisse darüber, was in Menschen vorgeht, die sich so aufführen? Da dieses Verhalten mit sachlichen Gründen nicht erklärbar ist, müsste es psychologische Erklärungen geben, die ggf. Aufschluss über den richtigen Umgang mit entsprechend gestörten Menschen geben können.
Als Laie meine ich Parallen zum Mobbing zu erkennen bzw. zum Verhalten schwacher Charaktere, die auf diesem Weg Pseudostärke signalisieren und die Akzeptanz seitens der tonangebenden Gruppe gewinnen wollen. Aber das ist nur eine Laientheorie.

H. M. Richter

3. September 2018 10:44

Als ich den Satz >>"Auch Rechte haben Rechte“ äußerte ein Vater<< gelesen hatte, mußte ich die Lektüre zunächst unterbrechen.

Dort also sind wir inzwischen wieder angelangt? Vielleicht wurde der Satz gar geflüstert, wie einst, als es nicht um 'Rechte' ging, sondern um Mütter, Väter, Kinder, die einen gelben Stern tragen mußten.

Wir befinden uns unzweifelhaft mitten in einer Kollektivpsychose.
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Ob man sich wünschen sollte, daß sich auch Vater Lethen in dieser Situation eindringlich an die Öffentlichkeit wendet? Beispielsweise mit einem Artikel "Es reicht!"?
Ich weiß es nicht.
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In Gedanken werde ich heute vor einem Schultor in Wien stehen, - leere Stühle sehen, auf denen Namen von Kindern zu lesen sind.

Ulrich aus Wuerttemberg

3. September 2018 11:04

Gerne möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Agora-Magazin hinweisen. Das Magazin stemmt sich vehement gegen die kulturmarxistischen Einflüsse auf die Waldorfpädagogik und unterstützt die Intentionen Steiners, nämlich den Weg in ein freies Geistesleben zu bereiten!
https://www.agora-magazin.ch/blog/in-ge%C3%A4nderter-zeitlage

Der Gehenkte

3. September 2018 11:20

Das klingt nach einem sehr lohnenswerten Projekt. Allein, es wird, wenn es bei diesen Fallszenarien bleibt, ein Blasenprojekt, das die innere Frustration stärkt und nach außen eher Schadenfreude erzeugen wird.

Daher scheint es mir notwendig, die Abstraktionsebene zu heben. Es müßte etwa die vielfach verwundene Opfer-Dialektik einmal dargelegt und im Idealfall sogar eine "Verhaltenslehre" daraus generiert werden: also wie geht man mit der Selbststilisierung und der Außenzuschreibung des Opfer-Status und der kognitiven Abfederung durch das Wissen darüber ... um - die letzten beiden ja Formen der Selbstimmunisierung, die den "Dialog" beenden oder verunmöglichen sollen.

https://twitter.com/Fionnindy?lang=de (Thesis-Antithesis)

Ich meine, Lichtmesz hat zum ersten Teil bereits Vorarbeiten geleistet, auch mit den Gedanken zum Sündenbock. Hier müßte man anschließen. Für den zweiten Teil sollte man Lethen gewinnen - kleiner Witz.

Caroline Sommerfeld

3. September 2018 11:49

@Ulrich aus Württemberg:
Bingo - im "Agora"-Magazin (und in "Ein Nachrichtenblatt": https://www.iea-enb.com/) erschien seinerzeit meine "Gegenerklärung" parallel zur Veröffentlichung hier auf der "Sezession"-Seite.
Es gilt, die Abtrünnigen zu stärken. Ist ja auch Michaelszeit ...

John Haase

3. September 2018 12:18

Mir fehlen die Worte. Es kann doch nicht sein, daß es immer noch tiefer geht! Es will mir nicht in den Kopf, daß es Menschen geben kann, die sich derart niederträchtig verhalten und trotzdem nicht einen Hauch von Unrechtsbewusstsein entwickeln. Das kann doch nicht sein.

Der_Juergen

3. September 2018 12:23

Man lernt immer dazu. Ich hatte gemeint, in punkto Repression und Terror gegen Andersdenkende in der BRD und anderen "demokratischen" Staaten nichts mehr dazulernen zu können, aber dass man als Köchin (!) in einer Waldorfschule einer dermassen gnadenlosen Kampagne einschliesslich Sippenhaft gegen die Kinder ausgeliefert sein könnte, hätte ich doch nicht für möglich gehalten.

Die Hexenjagd auf Caroline Sommerfeld ist ein besonders bedrückendes Beispiel für die Vergiftung der deutschen Gesellschaft durch eine wahnsinnige Ideologie, die auf lauter Lügen beruht, insbesondere auf Lügen über die Vergangenheit des eigenen Volkes und über seine grossen Gestalten. Es wird einen schmerzhaften und verlustreichen, aber heilsamen Kataklysmus brauchen, um eine wirkliche Wende einzuleiten. Eine bessere Gesellschaft, in der selbständiges Denken nicht mehr als Sünde gegen den heiligen Geist der Politcorrectness gilt, kann nur auf den Trümmern der bestehenden aufgebaut werden.

Ihre vielen Freunde und Sympathisanten, die nach dem Erscheinen ihres grandiosen, gemeinsam mit Martin Lichtmesz verfassten Buchs "Mit Linken leben" noch zahlreicher geworden sein dürften, werden Caroline Sommerfeld helfen, diese Prüfung zu überstehen. Zum Glück scheint sie ja über sehr gute Nerven und über ein ungebrochenes Selbstbewusstsein zu verfügen.

Ein Schwarm brummender und stinkender Schmeissfliegen gegen einen schönen Schmetterling - so lässt sich diese Geschichte bildlich vielleicht am besten darstellen.

Gustav Grambauer

3. September 2018 13:38

1. "Du polarisierst. Das verstehst du doch? Wenn du da bei den Büchern stehst, kommen bei den Leuten Bilder hoch von der Buchmesse."

Genau das ist das Menschenbild der Reiz-Reaktions-Black-Box, die vom Verhaltenspsychologen nie hinlänglich für das echte Leben "sensibilisierbar" sein wird. Was haben solche unterirdischen Zombies an Rudolf Steiners Schulen verloren?

2. Liebe Caroline, kann Dir sagen, daß Du maßgeblichen Anteil daran hast, daß Plato im März abgewirtschaftet wurde.

https://b2nj5ahv.myraidbox.de/die-konservative-fraktion-setzt-sich-durch/

3. Die in Anthro-Kreisen beliebte Vierzeiler-Art, hier ein paar für Dich von mir, liebe Caroline:

In Wien da gibt`s `ne Waldorfschül
Aber warum stehn nur draußen die Stühl?
Die Correctness drücket schwer
Mit der Freiheit ist es dort nicht weit her.

In Wien `ne Waldorfschule
Da gibt es jetzt Bambule.
Die Caroline werfen wir raus
Den Putzzwang leben wir im 'Sozialen' aus.

Die Waldorfschule Wien-Wildwest
Das ist ein arges Heuchlernest.
Die Köchin soll den Staat regiern?
Hier darf sie nicht mal den Kochlöffel führn!

Der Trägerverein ist pleite
In Rage die ganze Meute.
An der Wand der Che
so tut es nicht mehr weh.

(https://fwww.at \ Bild unten rechts)

Dem Lochmann flüsterte Plahato:
"Dich spüle ich bald in das Klo".
Der Willy ward guter Dingen:
"Das wird dir nicht gelingen".

(Du! wirst über die Klinge springen! ...)

Bohodo annonciert ohne Sinn:
"Welch großes Geisteslicht ich bin".
Der Doktor hört`s und schweigt:
"Die Zeit in meinem Haus vergeigt".

Politisch sind wir sehr korrekt
auch wenn Frau Sommerfeld dran verreckt.
Den Leuchten wird`s schon bange:
"Dies Karma währet wohl lange".

- G. G.

Andrenio

3. September 2018 13:45

Was hätte Max Liebermann wohl zu diesem Geschehen gesagt?

John Haase

3. September 2018 14:43

@Andrenio
Da muß Frau Sommerfeld aber ne Weile am Herd stehen, wenn es für uns alle reichen soll.

Cacatum non est pictum

3. September 2018 20:33

Eine anrührende, vor allem aber fürchterliche Episode aus dem Drehbuch "Reise in den Totalitarismus". Beim Lesen füllen sich viele gedankliche Leerstellen, die von der Frage geprägt sind, wie es zu den großen politischen Verfolgungswellen im 20. Jahrhundert kommen konnte; welches soziale Klima zu jener Zeit geherrscht haben muß, daß Abweichler so gnadenlos gejagt und eliminiert worden sind. Gerade unsere Universalisten blöken doch bei jeder Gelegenheit diese als Fragen getarnten Phrasen der Scheinheiligkeit in die Welt hinaus. Intuitiv müßten sie eigentlich wissen, daß es exakt jenes von Frau Sommerfeld dargestellte Klima der ideologischen Arroganz war, aus dessen Schoß derlei Scheußliches gekrochen ist. Die Verbrechen sind also einem Kosmos der Meinungsuniformität und endlosen Angepaßtheit entsprungen, wie sie unsere urbanen Progressiven von heute kennzeichnen. Im Lichte dessen, was sich zurzeit um die Ereignisse in Chemnitz herum abspielt - völlige Verdrehung von Tatsachen durch nahezu alle Presseorgane und Rundfunksender, Verleumdung Protestierender, Kleinreden und Relativieren eines (teilweise versuchten) Mehrfachmordes, Initiierung einer Hexenjagd auf die AfD unter Beteiligung der Verfassungsschutzbehörden - ruft das bei mir große Besorgnis hervor. Vielleicht sind das bloß letzte Zuckungen aggressiver Ideologen, die ihre Felle davonschwimmen sehen. Vielleicht aber ist es auch der Auftakt zu politischen Säuberungen, wie sie Deutschland seit dem Krieg nicht mehr erlebt hat.

"... Ich solle doch den Vertrag unterschreiben, dann wäre alles gut. Nein, leider nicht. Denn: dem war bereits ein Gespräch zwischen mir (ich wollte Klarheit, wie es im kommenden Schuljahr aussieht, und kein Damoklesschwert) und dem Vorstand vorausgegangen, in dem sie mir sagten, selbst wenn ich jetzt unterschriebe, würden sie a.) nicht glauben, daß ich dem Inhalt der Erklärung auch zustimmte und b.) wäre es eine Frage von Wochen oder Monaten, denn 'Je berühmter du wirst, desto unwahrscheinlicher ist es, daß deine Kinder bleiben!' ..."

Abgesehen davon, daß mich dieses Gebaren des Vorstandes sprachlos macht, Frau Sommerfeld: Hätten Sie den Vertrag um des lieben Friedens willen unterschrieben, wenn die Punkte a.) und b.) nicht gewesen wären? Ich stelle die Frage nicht, um Ihre Bereitschaft oder Nichtbereitschaft ethisch einzuordnen, sondern weil es mich einfach interessiert, ob selbst ein prinzipientreuer Mensch wie Sie unter der Last solcher Schikanen - und natürlich zum Wohle der Kinder - irgendwann klein beigibt.

" ... Mein Mann hat in einem Interview dann gesagt, dieses Opfer wäre doch wieder nur ein Argument für die Neuen Rechten ..."

Verspürt Ihr Mann, bei allem Furor für den Kampf gegen die politische Rechte, nicht unendlich großen Frust im Angesicht dessen, was da Ihren Kindern angetan wurde? Ahnt er nicht einmal leise, daß es vielleicht die generelle Geisteshaltung seiner Gesinnungsgenossen ist, die solche Schneisen schlägt?

Nemesis

3. September 2018 23:28

"Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, die jeden fertig gemacht hätten - aber trotz allem haben sie sich dafür entschieden zu wachsen und ihre Wunden zu heilen. Menschen, die trotz ihrer Erlebnisse, die den Glauben in das Gute dieser Welt hätte zerstören können, ihre Unschuld und ihre Frische intakt bewahrt haben.
Tyrannen schaffen sich selbst, es gibt kein Unheil, das in der Lage wäre, auch nur einen zu erzeugen. Tyrannen können große Macht ansammeln, aber diese Macht zerschleißt sie. Bei jedem Treffen drücken sie den anderen ihren Stempel auf, aber damit verlieren sie immer auch einen Teil ihrer Macht. Ihre Handlungen rufen analoge Kräfte hervor, die sich von ihnen ernähren, Kräfte, die sie dazu antreiben, obsessiv und zwanghaft zu handeln, so, als wären sie von etwas außerhalb ihrer selbst besessen.
Die Versuche eines Tyrannen, die Richtung alleine zu ändern, werden sich immer auflösen, denn sie sind unfähig ihre Welt anzuhalten. Da ihnen die notwendige Weisheit völlig fehlt, können sie das i.d.R. nur über einen großen Schlag in ihrem Leben."(Alfredo Tucci)

Was ihren Schmerz, der durch das Herausdrängen aus der Waldorfschule hervorgerufen wurde ( etwas was Ihnen offensichtlich sehr wichtig war), so mag Ihnen dies ein Trost sein:

"Wenn die Verringerung ständig wirkt,
wird sie sicherlich eine Mehrung bewirken."
I Jing (Das Buch der Wandlungen)

Es ist ein anderer Blick auf die Wirklichkeit.
Er ist dennoch real.

Es grüßt Sie
Nemesis

Caroline Sommerfeld

3. September 2018 23:48

@Cacatum: Nein. Ich hatte Varianten vorgeschlagen, z.B. eine Art schriftlicher Selbstverpflichtung, nichts über die Schule zu schreiben oder den Kampf gegen diesen Vorstand ruhen zu lassen, tit for tat. Statt dieser Vereinbarung eine eigene. Wollte man nicht einmal andenken. War klar, darum ging es denen ja auch nicht.
Dennoch zu unterschreiben samt Kommentar, daß ich mich ja mehr als überdeutlich deklariert hätte, was ich von der Funktion der "Wiener Erklärung" halte, hatte ich in Erwägung gezogen, allein der performativen Absurdität wegen. Doch dazu kam es nicht.
Ein prima Argument fand ich, daß wenn selbst ich, die Inkarnation alles in der Erklärung offenbar Gemeinten, diese unterschriebe, sie inhaltsleer wäre. Ein prima Argument, ja. Und eben deshalb hätte es keiner kapiert und sie hätten mich da gehabt, wo sie mich hätten hinhaben wollen.
Die größere Perfidie lag für mich aber darin, mit diesem Unterschriftszwang uns als Eltern spalten zu können. Den Ball zu uns zurück zu spielen: macht das unter euch aus, denn wenn einer nicht unterschreibt, ist das halt das Privatproblem der Familie.

ene

4. September 2018 13:43

"Meine Vorstellung war lange, daß die Elternschaft doch irgendetwas an der Anthroposophie (nicht die geisteswissenschaftliche Lehre Steiners selber, aber irgendwelche Ideen, die tiefergehen als hübsche Aquarelle und feierliche Stimmung) gefunden hätte."

Liebe Frau Sommerfeld,
Sie verwenden im Zusammenhang mit dieser Aussage auch die Vokabel "goutieren" - die Elternschaft würde (vielleicht) die christliche Prägung usw. der Schule goutieren. Genau darum geht es! Man sucht für den eigenen Nachwuchs vor allem eine exklusive Schule - im wörtlichen Sinne: eine Schule, die die unangenehmen Begleiterscheinungen der "Vielfalt" ausschließt. D.h., auch eine bestimmte problematische Schülerschaft ausschließt. Das weltanschauliche Drumherum goutiert man bestenfalls, aber ohne vertieftes Interesse.
Auch ich habe mit Erstauen erlebt, wie Bekannte, die weder mit dem Christentum an sich, noch mit Traditionen noch gar mit der Kirche irgendwas am Hut haben, ihre Kinder plötzlich in einer ausdrücklich konfessionell geprägten Privatschule unterbrachten. Wo "Werte" vermittelt werden... Was man da für eigenartige Begründungen zu hören bekommt, wenn man sein Erstaunen ob solcher Entscheidungen bekundet...
Nein, es geht der von Ihnen ja treffend geschilderten Elternschaft darum, die Kinder heil durch die Grundschulzeit zu bringen. (Verübeln kann man es ihnen ja im Grunde nicht). Dazu gehört aber auch, daß die Schule eben nicht "in Verruf" kommt. Stellen Sie sich einmal vor, diese Eltern werden von Kollegen, Bekannten etc. daraufhin angesprochen, daß sie ja ihre Kinder auf eine Schule schicken, auf der "Rechte" ihr Unwesen treiben. Das muß verhindert werden, darum geht es. Man erwartet eine saubere Dienstleistung. Da soll alles reibunglos ablaufen. Gerne auch mit Aquarellen und "Werten". Aber ohne trouble.
Für die Befindlichkeiten Ihrer Familie werden Sie schon deshalb wenig Teilnahme erfahren, weil Sie sich ja schließlich das alles hätten "überlegen" können.
Kennen Sie von Yasmina Reza "Der Gott des Gemetzels"?
Da werden genau solche Zeitgenossen auf die Bühne gestellt.
Der Niedertracht kann man auch noch komische Aspekte abgewinnen.

Aber vielleicht stellt sich diese ganze Angelegenheit auch als ein Befreiungsschlag heraus. Oft läßt man ja Dinge erst dann los (mir zumindest geht es so), wenn man nicht mehr anders kann. Ich bezweifle nicht, daß Sie hervorragend kochen, glaube aber, daß Ihre speziellen Fähigkeiten doch auf anderen Gebieten liegen. In der Weitergabe Ihres Wissens, im Vermitteln, im Unterrichten im weiteren Sinne.

18GR49AL

4. September 2018 14:50

Sehr geehrte Frau Sommerfeld,

als Waldorflehrer, der seit fast vier Jahrzehnten intensiv mit der Anthroposophie Rudolf Steiner verbunden ist (seit 10 Jahren als Schriftsteller selbständig), kann ich zu diesen traurigen Geschehnissen nur sagen: es wundert mich - in Anbetracht der Steiner-Gegner innerhalb der "Waldorf- und Anthro"-Szene überhaupt nicht. Auch diese Phänomene stehen symptomatisch für die (falsche) geschichtliche Entwicklung seit Ende 1924.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie viel Kraft

Herwig Duschek

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