Debattenkultur, Deplatforming, Dagen

Die Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen hat am Dienstag dem 5. März vor dem Landgericht in Dresden gegen die Tagungs-Veranstalter gewonnen:

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Es war nicht rech­tens, sie in die­sem Rah­men von einem Work­shop im Dresd­ner Hygie­ne­mu­se­um auszuschließen.

Wie Vera Lengs­feld in ihrem Blog berich­tet, hat­te Dagen unter ande­rem gegen die Stif­tung Deut­sches Hygie­ne­mu­se­um geklagt, weil sie im Sep­tem­ber ver­gan­ge­nen Jah­res von einem Work­shop der Tagung „Die neue Mit­te? Rech­te Ideo­lo­gien und Bewe­gun­gen in Euro­pa“ als Teil­neh­me­rin (!) aus­ge­schlos­sen wor­den sei. Die Arbeits­grup­pe war von der Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung ver­an­stal­tet wor­den, es ging um „Echo­kam­mern und Fil­ter­bla­sen. Rech­te Ver­net­zung über Social Media“ gehen. Das oben ver­link­te Tagungs­pro­gramm bot auf die­se Wei­se ein wei­te­res Anwen­dungs­bei­spiel unse­res unver­rück­ba­ren „Licht­mesz-Som­mer­feld-Geset­zes“.

Susan­ne Dagen wur­de im Hygie­ne­mu­se­um von einer Mit­ar­bei­te­rin der AAS mit der Begrün­dung abge­wie­sen, sie arbei­te mit den Neu­en Rech­ten zusam­men, und wür­de des­halb das ver­trau­ens­vol­le Mit­ein­an­der der Dis­ku­tan­ten stö­ren. Die Echo­kam­mer des Hygie­ne­mu­se­ums soll­te gut iso­liert blei­ben. Das Land­ge­richt beschied nun, daß ein mit Steu­er­gel­dern bezahl­ter Ver­an­stal­ter einen ange­mel­de­ten Teil­neh­mer nicht aus­schlie­ßen darf, weil die­ser nicht die Mei­nung des Ver­an­stal­ters ver­tritt. Ein sol­ches Ver­hal­ten sei rechtswidrig.

Am 5. April ist ein neu­er Ter­min ange­setzt, in dem fest­ge­legt wird, wie hoch das Schmer­zens­geld ist, das Dagen zusteht. Die BILD-Zei­tung berich­te­te, ver­klagt wor­den sei die Stif­tung des Hygie­ne­mu­se­ums auf­grund der Bil­li­gung des Ver­hal­tens der Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung, ers­te­re müs­se auch für den Scha­den durch „erheb­li­che Pran­ger­wir­kung“ auf­kom­men, wäh­rend die zwei­te sich wei­te­rer Finan­zie­rung aus Steu­er­mit­teln erfreu­en darf. Hier jedoch kann man an einer Peti­ti­on gegen die wei­te­re För­de­rung in einer Peti­ti­on aus­zu­spre­chen, die ich des­halb ver­lin­ke, da der Peti­ti­ons­text prä­zi­se benennt, wie das Denun­zia­ti­ons­sys­tem der links­extrem-staats­na­hen Stif­tung funktioniert.

Susan­ne Dagen hat noch eine wei­te­re Hür­de genom­men. Im Novem­ber 2018 ist sie in einem Offe­nen Brief im Elb­hang-Kurier, einer seit 1992 bestehen­den Kul­tur­zeit­schrift aus Dres­den, von den Publi­zis­ten Hans-Peter Lühr und Paul Kai­ser ver­bal ange­grif­fen wor­den. Die Haupt­flan­ke die­ses Angriffs war Susan­ne Dagens Koope­ra­ti­on mit dem Ver­lag Antai­os, inson­der­heit mit Ellen Kositza bei „Auf­ge­blät­tert – Zuge­schla­gen. Mit Rech­ten lesen“.

Der Schrift­stel­ler Uwe Tell­kamp hat­te dar­auf sei­ner­seits in einem Offe­nen Brief geant­wor­tet, der auch auf Sezes­si­on im Netz ver­öf­fent­lich wor­den war. Dagen for­der­te im Anschluß die bei­den Angrei­fer zu einem öffent­li­chen Gespräch in Dres­den auf. Sie sind der Auf­for­de­rung nach­ge­kom­men – man kann die zwei­stün­di­ge sym­pto­ma­ti­sche Dis­kus­si­on hier anschau­en, an der auch die säch­si­sche Poli­ti­ke­rin Ant­je Her­men­au teil­ge­nom­men hat.

Wie steht es um die Debat­ten­kul­tur in Deutsch­land? Beginnt der von Götz Kubit­schek anläß­lich der Tell­kamp-Grün­bein-Dis­kus­si­on in Dres­den ange­spro­che­ne „Riß“ durch die Gesell­schaft zu hei­len? Wird es lang­sam mög­lich, die Stra­te­gie des deplat­forming der ver­ei­nig­ten Lin­ken gegen uns per Kla­ge oder in end­lich statt­fin­den­den Dis­kus­sio­nen zu vereiteln?

Auf den ers­ten Blick scheint es so. Ich sel­ber habe zwei Dis­kus­sio­nen erlebt, die unge­stört statt­fin­den konn­ten und zu denen ich „nor­mal“ ein­ge­la­den wor­den war, eine im öster­rei­chi­schen Fern­se­hen bei Ser­vus TV (die zuerst Sell­ner, dann Licht­mesz, und inzwi­schen eine gan­ze Hand­voll mehr oder min­der „rech­ter“ Prot­ago­nis­ten zum Talk im Han­gar 7 ein­ge­la­den haben) und eine an einem Köl­ner Medi­en­in­sti­tut.

Um einen genaue­ren Blick auf die Lage der Debat­ten­kul­tur zu bekom­men, muß man näher her­an­tre­ten. Es ist näm­lich ein Unter­schied, ob eine Ver­an­stal­tung statt­fin­den darf, ob ein Red­ner spre­chen darf, ob es im Nach­hin­ein rechts­wid­rig war, Teil­neh­mer aus­zu­schlie­ßen, oder ob es sich um eine freie Debat­te han­delt. Um die­sen Unter­schied zu bemer­ken, muß man in die Erle­bens­per­spek­ti­ve hin­ein­ge­hen, ihn phä­no­me­no­lo­gisch zu erfas­sen versuchen.

Ich habe Susan­ne Dagen aus die­sem Grun­de befragt, wie es ihr im ehe­ma­li­gen „Club der Intel­li­genz“ in Dres­den ergan­gen ist und wie sie die Debat­ten­kul­tur wahrnimmt.

SOMMERFELD: Frau Dagen, wie haben Sie die Atmo­sphä­re erlebt im Ling­ner­schloß? War das das, was wir uns wün­schen dür­fen? Oder noch zu anwür­fig, vor­ein­ge­nom­men, unter Zwang zustandegekommen?

DAGEN: Der Raum war über­füllt, ein zusätz­li­cher Raum wur­de kurz­fris­tig noch eröff­net. Dort saß man und betrach­te­te die Dis­kus­si­on per Lein­wand­über­tra­gung. Ich habe mir sagen las­sen, daß selbst dort mit dis­ku­tiert und Zwi­schen­ap­plaus gespen­det wur­de. Ins­ge­samt war die Stim­mung sehr ange­spannt, es muß­ten tage­lang Inter­es­sen­ten tele­fo­nisch abge­wie­sen wer­den. Im Vor­feld wur­de ein Sicher­heits­kon­zept bespro­chen. Ins­ge­samt waren 300 Per­so­nen anwe­send. Mei­ner Beob­ach­tung nach war die Lin­ken- und Grü­nen­frak­ti­on mehr­heit­lich anwe­send – zwei Drit­tel der Zuschau­er ver­or­te ich den­noch als Sym­pa­thi­san­ten von mir.

Ich war wohl zu opti­mis­tisch, was die Aus­gangs­po­si­ti­on der Her­ren Kai­ser und Lühr betraf, dach­te, daß die ver­gan­ge­nen drei Mona­te genutzt wor­den wären, um die Vor­wür­fe des offe­nen Brie­fes ins Meta­po­li­ti­sche zu abs­tra­hie­ren. Das war nicht der Fall.

Kai­ser führ­te den Abend ein mit den Vor­wür­fen des Brie­fes und hielt auch den gan­zen Abend dar­an fest. Er hät­te dies gern als Schau­pro­zeß inszeniert.

Kai­ser und Lühr, die mit dem offe­nen Brief eine “Debat­te” über die Gren­zen des Sag- und Mach­ba­ren ansto­ßen woll­ten, waren aller­dings bald auf dem Rück­zug. Lühr hat gegen Ende ganz ein­ge­schwenkt und wie­der­hol­te immer wie­der Her­men­aus Aus­sa­gen mit eige­nen Wor­ten. Famos. Kai­ser hin­ge­gen deu­te­te an, daß ich nun nicht mehr zur Lebens­ge­mein­schaft am Elb­hang gehö­re (als woll­te er mich aktiv ver­sto­ßen). Das hat uns über­rascht. Die­se Bru­ta­li­tät auf offe­ner Büh­ne war neu. Am Ende sprach er dann von einer „Trau­rig­keit“, die ihn ange­sichts mei­nes „Wan­dels“ befiel, aber auch davon, dass eine Rück­kehr nach (mei­ner) „Ver­ir­rung“ noch mög­lich sei. Es war in sei­ner durch­schau­ba­ren Absicht abscheu­lich. Aber ich glau­be, ich habe durch eine stoi­sche, durch­weg freund­lich-sach­li­che Art an die­sem Abend alles abschmet­tern können.

Her­men­au ver­such­te wie­der­holt, das wich­tigs­te The­ma anzu­spre­chen, näm­lich, daß die Welt sich ver­schiebt, die Gesell­schaft in einer Ori­en­tie­rungs­pha­se ist und viel Mei­nungs­frei­heit und Dis­kus­si­on braucht. Erst dann wird es ein neu­es Gleich­ge­wicht in der Gesell­schaft geben. Davor fürch­ten sich natür­lich jene, die jetzt die Mei­nung bestimmen.

Und noch etwas: Ich habe nicht ohne Grund dar­auf ver­wie­sen, dass es sich beim ehe­ma­li­gen “Club der Intel­li­genz” um einen Ort für die DDR-Nomen­kla­tu­ra han­delt. Der Muff war noch zu spü­ren, ein befreun­de­ter Lyri­ker fühl­te sich schon beim Ein­tritt an sei­ne Sta­si-Haft erin­nert. Atmo­sphä­risch ein belas­te­ter Ort.

SOMMERFELD: Am Ende der Dis­kus­si­on frag­te der Dresd­ner Sozio­lo­ge Karl-Sieg­bert Reh­berg, wie Sie sich eigent­lich nach der „Kul­tur­re­vo­lu­ti­on von rechts“ das Kul­tur­le­ben vor­stel­len. Wenn die AfD ein­mal die Regie­rungs­par­tei wäre, woll­ten “wir” dann eigent­lich, daß es kei­ne lin­ken Kul­tur­zen­tren und Insti­tu­tio­nen gibt, oder daß es die gan­ze Band­brei­te geben soll, mei­net­hal­ben auch die Amadeu-Antonio-Stiftung?

DAGEN: Wenn ich mich als “radi­kal libe­ral” bezeich­ne, beinhal­tet dies Vor­stel­lun­gen zu jed­we­der Lebens­wei­se und Lebens­an­sicht. Jeder soll­te die Mög­lich­keit haben, im gesetz­li­chen Rah­men nach sei­nem Duk­tus und Den­ken zu agie­ren. Die Vor­stel­lung einer Mono­kul­tur haben wir als ehe­ma­li­ge DDR-Bür­ger schon ein­mal erfah­ren. Man sieht nur, was man weiß. Man lernt nur von dem, den man (er)kennt. Frei­heit ist vor allem die Lust am Weiterdenken.

SOMMERFELD: Man stellt sich ja lin­ker­seits vor, in Polen oder Ungarn gäbe es qua­si kei­ne offe­ne Kul­tur­sze­ne, kein frei­es Wort, kei­ne nicht staats­treue Kunst etc. mehr., und die „auto­ri­tä­ren“ Rech­ten woll­ten das in Deutsch­land genau so haben. Wür­den Sie so weit gehen, daß es sich hier­zu­lan­de bereits so ver­hält, wie man sich das mit woh­li­gem Gru­seln bei den “Regi­men” in Ost­eu­ro­pa vor­stellt, nur eben mit lin­ker Hegemonie?

DAGEN: Wer die Medi­en hat, hat die Macht. Und da die Medi­en zum Kul­tur­be­trieb gerech­net wer­den, ist die­se Aus­sa­ge gern auch dar­auf aus­zu­wei­ten. Wir erfah­ren der­zeit einen ein­sei­ti­gen, indok­tri­nie­ren­den staat­li­chen Kul­tur­be­trieb, der eher auf Beleh­rung als auf Leh­re setzt. Spä­te­re Gene­ra­tio­nen wer­den unse­re Kul­tur­ge­schich­te anhand der För­der­richt­li­ni­en nach­zeich­nen kön­nen. Das ist ein Armuts­zeug­nis und bedarf im Sin­ne der wirk­li­chen Viel­falt unbe­ding­ter Kor­rek­tur. Auch dass der Begriff “Kul­tur­schaf­fen­der” zum Sys­tem­be­griff gewor­den ist, hängt unbe­dingt damit zusammen.

SOMMERFELD: Den „Riß durch die Gesell­schaft“ nicht zu kit­ten, son­dern zu ver­tie­fen – die­se Aus­sa­ge von Götz Kubit­schek hat die Dis­kus­si­ons­teil­neh­mer gegen Sie auf­ge­bracht: die „Rech­ten wol­len die Gesell­schaft spal­ten“. Wie kann man um Got­tes Wil­len die­sen Riß noch ver­tie­fen wol­len? Sie haben das ver­sucht zu erklären.

DAGEN: Das Bild des Ris­ses als klaf­fen­de Wun­de zu erklä­ren, lag auf der Hand. Auch, um die bezweck­te Ver­un­glimp­fung der kubit­scheks­chen Ein­las­sung vom 8. März 2018 in Dres­den noch ein­mal zu kor­ri­gie­ren. Ernst Jün­ger schrieb im “Aben­teu­er­li­chen Herz” davon, und über­haupt geht es immer mehr dar­um, als Leser und Geschich­ten­er­zäh­ler in Bil­dern zu spre­chen; mei­ne Erfah­rung ist, daß dies nötig ist.

Soweit das Gespräch, und ich will den Gedan­ken, in Bil­dern zu spre­chen, auf­grei­fen und weiterdenken:

„Ein blin­der Och­se, der mit dem Kopf gegen den Fel­sen rennt, hat in der Här­te des Fel­sens, von der ihn der Stoß über­zeugt, die Wahr­heit des­sel­ben, und in der Wun­de das Resul­tat die­ser Wahr­heit“, schrieb Fried­rich Heb­bel in sei­nen Tage­bü­chern. Es gibt die­sen Fel­sen, die Dis­kurs­he­ge­mo­nie, die unver­rück­ba­re Macht über Medi­en und Mei­nungs­frei­heit: Platt­for­men, Par­ty­steh­plät­ze und Buch­mes­sen­ecken wer­den gewährt oder ent­zo­gen. Wer dage­gen anrennt, fügt sich selbst Wun­den zu statt der Wahr­heit des Fel­sens. Die Wun­den bezeu­gen die har­te Rea­li­tät des Fel­sens. Doch sind wir die blin­den Och­sen und ver­su­chen es immer wie­der und wieder?

Die­je­ni­gen Dis­kus­si­ons­geg­ner, die den „Mora­lis­mus der Vie­len“ (Uwe Tell­kamp) auf­bie­ten, um die Wun­de so schnell wie mög­lich zu ver­pflas­tern, sind blind für zwei Din­ge: sie sehen weder den Ver­ur­sa­cher, noch den Sinn der Wun­de. Der Ver­ur­sa­cher ist der har­te Fels, nicht der blin­de Och­se. Um eine Wun­de unter­su­chen zu kön­nen, um her­aus­zu­fin­den, was sie ver­ur­sacht hat, muß man sie schmerz­haft weit öff­nen. Sie darf nicht zu schnell zum Ver­hei­len gebracht wer­den, sie ist gewis­ser­ma­ßen sel­ber zum Erkennt­nis­werk­zeug gewor­den: wo es schmerzt, regt sich Wider­stand gegen den Schmerz. Die­sen Wider­stand abtö­ten zu wol­len, indem man ent­we­der erklärt, es gäbe kei­nen Fel­sen, der Och­se sei sel­ber schuld oder die Wun­de bekä­men wir schon schnell wie­der geflickt, wenn der Och­se nur still­hiel­te, führt nicht zur Hei­lung. Viel­leicht müs­sen wir es bis auf wei­te­res mit Benn und Heb­bel hal­ten. Noch herrscht „Man­gel an Ver­söh­nung“. Der Riß bleibt offen. „Ver­söh­nung im Dra­ma: Hei­lung der Wun­de durch den Nach­weis, daß sie für die erhöh­te Gesund­heit not­wen­dig war“ (Fried­rich Heb­bel, Tagebücher).

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

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Kommentare (12)

Niekisch

8. März 2019 15:02

Cordon sanitaire? Das geht auf Dauer ohnehin schief. Kein cordon ist ohne Löcher, Schwachstellen, überholte Bausteine. Die Stelle suchen, notfalls mit dem Rammbock durchstoßen. Einen Diskurs auf Augenhöhe wird es mit denen nie geben. Das wäre ihr Untergang.

Gustav Grambauer

8. März 2019 16:01

Danisch hat gerade heute Betrachtungen

http://www.danisch.de/blog/2019/03/08/wenn-wieder-zusammenwaechst-was-zusammen-gehoert/

zur DDR 2.0 angestellt, m. E. etwas überspitzt aber im Grundzug leider sehr treffend. Auch die Wahl des Hygiene-Museums ist rotzfrech, wegen des Namens und dessen Wahrzeichens, der Gläserenen Frau, die die Dresdner die Zellulosesaxonia nennen.

Die Clubs der Intelligenz gehörten noch zu den besseren Einrichtungen der DDR, waren Teil des NöS, also Ulbrichts Projekte, mit denen dieser die Technokraten in die Lage versetzen wollte, die Betonköpfe und Ideologen an die Wand zu spielen und zu verdrängen. Diese Clubs standen in der - in der Sowjetunion sehr hochgehaltenen - Lomonossow-Tradition, so wie die Akademie der Wissenschaften, die Urania, die Kammer der Technik oder die hochkarätige Zeitschrift Jugend + Technik. Honecker, der alles was nach Intellienzija roch innig gehaßt (und gefürchtet) hat, hat dies Clubs niederschleifen lassen, nur einzelne wenige haben in der Honecker-Ära überlebt.

Der spiritus rector des Dresdner CdI war Prof. Manfred von Ardenne, ursprünglich ein Berija-Mann und Intimfreund Abakumows in Suchumi, der dann ins Sowjetarmee-Lager übergelaufen ist (oder rüberverkauft wurde, wir wissen es nicht, jedenfalls hat ihn Ulbricht u. a. mit einem ZIS-110 in seiner Eitelkeit gekitzelt und angeködert, welcher dann in den Dresdner Straßen etwas skurril wirkte). v. Ardenne wurde sogleich nach Ulbrichts Emanzipation von der Sowjetarmee, mit der die Konzeption des NöS einherging, glühender NöS-Mann. Später im geistigen Vakuum nach der Zerschlagung des NöS hatte Honecker große Befürchtungen, er könne sich zum DDR-Sacharow aufschwingen (ein hochinteressanter Nexus: KGB-gesteuertes Dissidententum und Atomforschung, auch Merkel ist übrigens immerhin Physikern). In der Tat hat v. A. ab 1985 wieder zu seinen KGB-Wurzeln zurückgefunden, hat sich in die Operation Lutsch einbeziehen lassen (hat z. B. Generalleutnant Neiber (beim MfS für die Grenzsicherung zuständig) brieflich aufgefordert, ihm (!) ein Gutachten zur Humanisierung des Regimes an der Mauer zu schicken, was dieser sogar handzahm wenn auch mit ablehnendem Ergebnis tat). Dresden war sowieso ein KGB-Nest (Putin!), einen Gegenpol dazu hatten die Stalinisten mit der Positionierung ihrer Militärakademie "Friedrich Engels" in der Stadt schaffen wollen, die allerdings viel zu dröge war, um in der Stadt ein Faktor zu werden.

- G. G.

Laurenz

8. März 2019 17:03

Wenn Frau Dagen Ihre Vorstellungen eines Debatten-Kultur schildert, erinnert das etwas an die Tacitus'sche germanische Naivität oder Blauäugigkeit. Das Angebot der Rechten zur Debatte ist deswegen sinnvoll, weil es eine kulturelle Waffe des politisch Machbaren darstellt, die Rechte meist vom Glauben absieht. Da es aber heute mehr Menschen gibt, die Kultur erschaffen wollen, anstatt sie zu konsumieren, bleibt der begrenzte, zu verteilende Kultur-Kuchen im Verteilungskampf. Und es ist daher nichts Verwerfliches (außer für ausgebootete Linke), wenn in Polen und Ungarn, die Protagonisten an den gesellschaftspolitischen Schlüsselpositionen ausgetauscht werden. Es ist die Konsequenz linker Politik, die wie Frau Dagens Beispiel zeigt, immer im Totalitarismus endet. Die Linke hat die Mittel gegenseitiger Ausgrenzung definiert. Abgesehen davon, daß die dumm-gläubigen Linken nicht aussterben, wer braucht denn wirklich das Marx'sche geistige Exkrement? Doch nur diejenigen, die politische Karriere machen wollen, aber selbst nichts zu sagen haben.

Andreas Walter

8. März 2019 21:04

Kurz zur Info.

Ich war eben (natürlich sofort) auf der Seite der Change orgs. Das was ich da zu sehen bekam spricht für sich selbst:

"Es tut uns leid! [Bullshit!]

Die Seite konnte nicht gefunden werden."

Schon klar. Denn eine marxistische “schwarzer Vogel mit 5 Buchstaben“ hackt der Anderen ja kein Auge aus. Darum: Patrioten aller Länder, vereinigt euch, auch! Nieder mit den Monopolen, von denen der Marxismus auch einer ist.

Andreas Walter

8. März 2019 21:08

Ups, jetzt funktioniert's plötzlich. Doch warum kommt dann nicht die akkurate Meldung: Server überlastet. Bitte versuchen Sie es noch einmal später.

Simplicius Teutsch

8. März 2019 21:13

Ganz richtig auf den Punkt gebracht. „Wer die Medien hat, hat die Macht.“ Frau Dagen hätte auch sagen können: Wer die Macht und die Mittel hat, die öffentliche Meinung zu gestalten, hat auch die politische und gesellschaftliche Macht.

Die Politiker sind bedeutsam, aber auch nur Mitspieler mit bestimmten Aufgaben in diesem Spiel um die Macht über die Bilder in den Köpfen der Menschen. Wer die Macht über die (Massen-)Medien hat, hat auch die Macht, die veröffentlichte Meinung zur öffentlichen Meinung zu machen.

Vor allem geht es in der Massendemokratie darum, die MASSEN zu erreichen, zu beeinflussen, zu formieren und zu lenken, - idealerweise durch die in ihre Köpfe gesetzten Bilder über das, was das Gute und Richtige ist, oder durch Drohung und Einschüchterung. Das geht nur mit den MASSEN-Medien und mit Hilfe der Türsteher, der „gatekeeper“ (Walter Lippmann); sie entscheiden, WAS WIE in die Öffentlichkeit weiterbefördert, WAS zurückgehalten wird; sie bestimmen mit aller notwendigen „Brutalität“ die „Grenzen des Sag- und Machbaren“.

Sechs Millionen AfD-Wähler bei der letzten Bundestagswahl, ebenso schon vorher die mutige Volks-Erscheinung Pegida, führe ich hauptsächlich auf das (immer noch) recht freie Massenmedium INTERNET zurück.

Die zahlreich sichtbar gewordenen Abweichler vom streng vorgegebenen „mainstream“ haben die "gatekeeper" in größte Alarmbereitschaft versetzt. Daher folgerichtig der von dem Zensurminister Heiko Maas gesetzlich forcierte Kampf gegen die freie Meinungsäußerung im Internet. Und der Einsatz der hinterhältigen Mittel des sogenannten „Verfassungsschutzes“ ist die andere kräftige Backe der linken Konformitäts-Zange, um die rechten Meinungs-Abweichler abzuschrecken oder zu foltern und zu zerquetschen. Das war abzusehen.

Franz Bettinger

9. März 2019 02:11

Zur (Video-Aufzeichnung der) Dresdner Gesprächsrunde: Das waren großartige, druckreife Rede-Beiträge von Frau Dagen. Erfrischend und ermutigend auch der Beifall, den Susanne Dagen von den Zuschauern bekam.

Was C. Sommerfelds Beispiel vom Fels und dem blinden Ochsen betrifft, der sich am Fels stößt, so hätte ich die Metapher etwas abgewandelt und statt eines Felsen das Beil des Schlächters genommen. Daher rührt die Wunde! Den wir haben uns nicht verrannt, wir sollen geschlachtet werden! Insofern zeugt die Wunde - GK's Spaltung der Gesellschaft - von dem, was uns Deutschen angetan wird. Und ja, diese Wunde muss tief sein, also vielleicht noch erweitert werden, damit der gutmütige blinde Ochse (das deutsche Volk) merkt, dass es um Leben und Tod geht, und nicht um einen harmlosen Fels, der zufällig im Weg steht und eine Schürfwunde hinterlässt. So verstehe ich GK's Wunsch nach Vertiefung der Verletzung. Im Sinne eines: Wacht endlich auf!

Gustav Grambauer

9. März 2019 08:46

Verknüpfe nur ungern etwas aus dem Dunstkreis von Broder, bei einem Zeitzeugenbericht mache ich eine Ausnahme:

"'Alle diese Untersuchungen', sagte sie, 'die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen.' ... Als wir verblüfft schwiegen, fuhr sie fort: 'Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.'"

https://www.achgut.com/artikel/baerbel_bohley_die_frau_die_es_voraussah

Laurenz

9. März 2019 14:20

@Simplicius Teutsch & Franz Bettinger .... Ganz teile ich Ihre Kommentare nicht. Jahrzehnte hat der Verfassungsschutz eine pseudo-radikale Rechte erschaffen, subventioniert, was notwendig war, um den Dämon zur Teufelsaustreibung passend zu Hand zu haben, eine wichtige Rechtfertigung für den Verfassungsschutz an sich, und vieler Anti-Rechts-Projekte, vornehmlich aus Steuermitteln. Nazi-Ausstiegsprogramme für inoffizielle Verfassungsschutz-Mitarbeiter sind eben gut und teuer. Dieses künstliche Glatzen-Bild herrscht auch noch heute bei der Mehrheit der übrig gebliebenen Spiegelleser vor. Man sucht solche Ex-Glatzen überall, mittlerweile auch bei der Bundeswehr, einfach nur deswegen, weil der Nachschub fehlt. Auch die lächerlichen Verbote rechter Symbolik weisen auf den primitiven Alkoholiker bei den Ämtern hin. Solange Olivia Jones gekaufte NPD-Deppen für Extra-3 vorführt, bleibt die Geschichte im Plan. Unangenehm wird es nur, wenn "rechte" Denker sich zur Debatte melden. das ist total unfair, weil die Linke, außer Sahra Wagenknecht, keine hat. Die Linke hat nur Priester und die sind nun mal Widerspruch nicht gewohnt. Der NDR schickt Olivia Jones wohlweislich auch nicht zur Antifa. Wer weiß schon, was der Zwerg vom Stegner alles verlautbaren würde.
@Gustav Grambauer .. ich möchte Ihrer Sicht beipflichten. Broder ist zu sehr Fähnlein im Wind. Seine Stalking-Aktionen gegen den Ex-Kommunisten Jürgen Elsässer (egal, was man von diesem nun halten mag) waren beschämend. In weiser Voraussicht hat Broder eben die Seiten gewechselt, und macht wie immer das, was ihm die meiste Aufmerksamkeit spendet.

MartinHimstedt

9. März 2019 14:43

Ich habe mir das Lingnerpodium in Teilen angesehen: Bereits in den ersten 30 Minuten kam das Lichtfeld-Sommerfeld-Gesetz mehrfach zur Anwendung. Dann die immer gleiche Fehlinterpretation von Kubitscheks Wortmeldung in Dresden ("Journalisten lesen nicht, sie suchen Stellen" – Gott, was würde mich das aufregen). Was Susanne Dagen tut sei "der verspätete Einstieg in eine Politkarriere". Man merkt auch, beim Herrn ganz rechts, dass er sich rechtfertigen möchte, warum er überhaupt mit Frau Dagen da sitzt. Lachen musste ich, als er dann, bezogen auf die "Radikalisierung der Gesellschaft", das Wort "Grenzüberschreitung" verwendete. Diese ersten Ausführungen seinerseits zeigten vor allem seine "Traurigkeit" und "Sorge" und "Angst": Der arme Kerl! Solche Videoaufzeichnungen insgesamt sind wirklich, auch und gerade intellektuell, nur schwer zu ertragen. Nun bin ich weder Kubitschek noch Dagen, und deshalb kann ich es sagen: Ich wäre bereits nach 30 Minuten wieder aufgestanden und gegangen. Warum sehe ich mir solche Videos immer wieder an? Die ständige Wiederholung des Gleichen! Ein Lichtblick allein: Antje Hermenau. Ich werde versuchen, zukünftig, meine knappe Freizeit besser zu nutzen: Zum Beispiel mit einem Buch aus dem Verlag Antaios.

Gustav Grambauer

9. März 2019 18:55

Vor zwanzig Jahren haben wir noch über die Wir-wollen-unseren-Palast-der-Republik-wiederhaben-Larmoyierer von PDS, ISOR und GRH & GBM gelacht ...

https://www.berliner-kurier.de/berlin/kiez---stadt/im-palast-der-replik--erichs-lampenladen--wieder-da-32181240

- G. G.

Zooey

9. März 2019 23:57

"Hermenau versuchte wiederholt, das wichtigste Thema anzusprechen, nämlich, daß die Welt sich verschiebt, die Gesellschaft in einer Orientierungsphase ist und viel Meinungsfreiheit und Diskussion braucht." Das bringt es für mich auf den Punkt.

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