Anstoß nahm man aber vor allem an Zhao Tingyangs Buch Alles unter dem Himmel. Das war insofern berechtigt, als meine lobende Erwähnung für einige Leute einen falschen Eindruck erwecken konnte.
Von einer eigenständigen Rezension sah ich aber deshalb ab, weil Benedikt Kaiser das bereits in Heft und Blog erledigt hatte. Angesichts der Kritik will ich jedoch meinen Eindruck von Tingyang nachreichen.
Zu Beginn direkt mein Fazit: Ich verstehe Alles unter dem Himmel als spannende Kritik des Individualismus und seiner Auswirkung auf Staat und Gesellschaft. Wir sehen hier, völlig unabhängig davon, ob Tingyang Chinese, Japaner, Inder oder Koreaner ist, einen herausfordernden »östlichen Blick« auf unser atomistisches Gesellschaftsverständnis. Ihm das chinesische Gesellschafts- und Menschenbild einer »koexistenziellen Ontologie« entgegenzusetzen, ist interessant.
Daraus jedoch die Basis für eine neue Weltordnung zu sehen, welche die Welt zum »politischen« Subjekt machen, ja eine »Weltsouveränität« hervorbringen könnte, überfordert meiner Ansicht nach das Prinzip des Tianxia. Es taugt nicht als Rahmen für eine integrierte und inklusive Welt, und mein Zeuge dafür ist Zhao Tingyang selbst, wie wir am Ende des Beitrags sehen werden.
Ich will nun meine These erläutern und zuerst auf Tingyangs scharfe Kritik des politischen Subjektivismus im Westen eingehen. Diese allein, so gilt es sich zu vergegenwärtigen, lohnt bereits die Lektüre des Zhao-Werkes.
Wie bereits in meinem letzten Artikel erwähnt, stellt Zhao Tinyang der westlichen Trias Individuum – Gemeinschaft – Staat das chinesische Modell Tianxia – Staat – Sippe gegenüber. Der Einzelne ist für dieses Denken »lediglich eine biologische Entität, bis zu einem gewissen Grad auch eine wirtschaftliche Rechnungseinheit, jedoch keine politische Entität«. (S. 21 f.)
Aus dem christlichen Seelenverständnis entstanden, säkular gewendet, das Individuum und die Ideologie der Menschenrechte. Einzigartig in der Welt, erwächst in Europa die These einer politisch-juristischen Präexistenz des Individuums vor der Gemeinschaft. Diese, und mit ihr Staat und Politik, seien nachgereichte, moralisch fragwürdige »Konstrukte«. Deren Forderungen an den Einzelnen seien stets Anmaßungen und Einschränkungen der angeborenen, unendlichen und subjektiven Menschenrechte.
Staat und Gesellschaft lassen die sich daher nur durch einen Mehrwert für den je Einzelnen moralisch rechtfertigen, was die Grundlage für einen brüchigen »Gesellschaftsvertrag« darstellt. Dieses höchst spezifische Staats- und Gesellschaftsverständnis faßt das Einzelsubjekt von Anfang an als eine Art »Mini-Staat« auf, der als Ich-AG im Urzustand seine private »Außenpolitik« gegen andere Subjekte betreibt.
Just dieses »Außen« analysiert Zhao Tingyang in seinem Buch. Das »kulturelle Außen« des westlichen Staates sei, wie im Monotheismus, ein »unversöhnliches«. Ebenso betrachte der Imperialismus »den Staat als höchstes Subjekt und die Welt als Objekt der Beherrschung«.
Ich verstehe diese These so: Weil das Tianxia nicht auf ein Ursubjekt, sondern auf einer Urgemeinschaft als kleinste politische Einheit aufbaut, ist überhaupt eine universale gemeinschafltiche Ordnung denkbar. Im neuzeitlichen Subjektivismus entsteht dagegen mit dem ens cogitans eine Monade, die alles außer ihr existentiell bezweifelt.
Die epistemologischen Durchbruchsversuche »zurück in die Welt«, entsprechen dem invididualistischen Aufbauversuchen eines Gesellschaftsvertrags aus dem Urzustand. Die Antwort, der erwähnte brüchig-pragmatische Kontraktualismus, bildete auch den Kontext in dem der Exportschlagers schlechthin, der moderne Nationalstaat entstand.
Tingyangs Ideen treffen sich hier mit Heidegger Kritik der Nation ebenso wie mit identitärer Kritik eines modernen »Weltgeist-Nationalismus«. Der Solipsismus des Einzelnen im fiktiven »Urzustand« überträgt sich direkt auf das »Nationalsubjekt«, das den anderen Staaten in einem bellum ominum contra omnes gegenübersteht.
Die Einigung nach Innen (durch die Befriedung individualistischer Konflikte im Staat) wird durch die Mobilisierung ihrer aggressiven Energien nach Außen erkauft. Totaler Krieg und globale Expansion sind die Konsequenz eines grenzenlosen, instabilen Politsubjekts, das in der Nation oft nicht überwunden, sondern hinaufgesteigert wird.
Das Andere stellt die eigene politische Existenz ebenso infrage wie menschliche Gegenüber ein sollipsistisches Subjekt. Die Stabilisierung der eigenen Identität durch die Assimilierung oder Auslöschung des Anderen, dessen nacktes Dasein einen existentiellen Widerspruch darstellt, ist, so verstehe ich Zhao Tingyang, dem westlichen Denken aufgrund seiner Trias Individuum – Gemeinschaft – Staat inhärent. Seine Kritik setzt dabei (wie die von Alain de Benoist übrigens auch) direkt am Monotheismus an, dem er vorwirft, die Idee des »spirituellen Feindes« überhaupt erst hervorgebracht zu haben.
Zhao Tingyang geht sogar soweit, das Christentum als »weltweit nachwirkende Unterbrechung des Kontakts der Erde zum Himmel« zu bezeichnen, sprich »als den Versuch, allen anderen Kulturen den Kontakt zum Göttlichen zu nehmen, die Sakralität aller anderen Kulturen auszulöschen und das alleinige Recht auf Kontakt zum Göttlichen an sich zu reißen« (S. 200 f.).
Dieser Ansatz von Zhao Tingyang Denken ist wichtig für sein Verständnis und ging in vielen Besprechungen unter. Er sieht darin gar den Ursprung der »Welt als kriegerische Stätte antagonistischer Widersprüche«. Doch selbstverständlich zogen lange vor Christentum und modernem Nationalstaat der »heidnischer Imperialismus« (Julius Evola) Roms ebenso wie die Eroberungen Alexanders und Dschingis Kahns ihre Schneisen durch die Weltgeschichte.
Dem westlichen Hegemoniedenken setzt Tingyang eine kulturell vielfältige und dennoch »vollständig inkludierte« Welt »ohne Außen« entgegen, denn: »Inklusion ist die ontologische Bedingung von Universalität« (S. 210). Doch wie sind Inklusion und Vielfalt mit der Vorstellung einer Weltsouveränität vereinbar? Hier geraten wir an einen inneren Widerspruch in Zhao Tingyangs Konzept.
Das Tianxia erscheint bei ihm als spieltheoretisches Prinzip des wechselseitigen Nutzens durch Kooperation. Die historische Moment seiner Entstehung war gekommen, als die militärisch unter‑, aber kulturell überlegene Quin-Dynastie die Herrschaft über die chinesische Zentralebene erlangte. Sie war dazu genötigt ein System aufzubauen, das auf gegenseitigem Nutzen, wechselseitigen Abhängigkeiten und kultureller Soft power fußte. Den künftigen Kampf um die Kontrolle dieses kulturellen Machtzentrums bezeichnet Zhao Tingyang als »Mahlstrom«, der mit der Zeit immer mehr kulturell diverse Völkerscharen unter dem chinesischen Himmel versammelt habe.
Mir fehlt die spezifische Kenntnis der chinesischen Geschichte, und einige Experten kritisieren entsprechende Interpretationen. Viele Aspekte, etwa die Banalisierung der Chinesischen Mauer (die nicht ins Konzept der grenzenlosen Inklusion paßt), sowie die Verniedlichung der kulturellen Assimilationpolitik und des Tributsystems, machen stutzig. Hier klingt eine Darstellung Chinas an, welches vom Dao über Mao bis Zhao eine historisch einmalige Sendung besitzt. China wäre Modell und Ideengeber eines Systems der globalen Inklusion, das statt einem kriegerischen Gleichgewicht sich belagernder Gladiatoren mittels »relationaler Rationalität« den Nutzen aller maximiere.
Gerade jetzt, da viele Politiker von der Coronapolitik Chinas schwärmen, könnte Zhao Tingyang, um es polemisch zu wenden, auch Bausteine für einen »Great Reset mit Stäbchen« liefern. Denn er will nicht weniger als »die Menschheit vor dem Schicksal eines völlige Scheiterns« bewahren (S. 228). Abgesehen davon soll sein Denken wohl als sinnstiftende, universale Machtlegitimation Chinas Aufstieg zur Weltmacht begleitet.
Zwar sagt Tingyang explizit, daß das Tianxia »kein neues System der Weltherrschaft“ (S. 228) sei und nennt es ein »antihegemoniales und antiimperalistisches System« (S. 230), ja eine »generelle Einladung an alle Völker und Staaten«, der man »nicht beitreten« müsse. Doch gleichzeitig soll es eine »universale Weltordnung zum Schutz der Welt« (S. 230) und eine »auf die globalen Systeme gestützte Überwachungs- und Regulierungsmacht« (S. 236) bilden.
Jeder Staat, der sich diesem Tianxia und seinem Weltrettungsauftrag verschließt, müßte dann natürlich als Feind der Rettung der Menschheit, und »Gegner des Himmels« vernichtet werden. Die »total inklusive Welt« würde so, bezogen auf ihre Verweigerer, wieder das totale Außen erzeugen, das, anders als etwa in Christentum und Islam, nicht einmal mehr religiös vermittelt wäre. Gerade Zhao Tingyang scharfe Kritik des Monotheismus, der immerhin zwei globale Zivilisationskreise geprägt hat, könnte einen Kampf um die Deutung des Tianxias legitimieren.
Daß die Aufgabe dieser globalen Mission, wie man einwenden könnte, in einer die »Erlösung« der Welt von der westlich-monotheistischen Idee der »Auserwähltheit« selbst bestünde, änderte nichts an ihrem realpolitischen Anspruch. In einer Welt »als kriegerische Stätte antagonistischer Widersprüche« muß sich auch die Idee der Tianxia, samt ihres Trägerstaates, kriegerisch gerieren. Gerade die Idee der historisch-politischen Mission erzeugt oft die brutalsten Gemetzel, zu denen das moderne China, wie die Kulturrevolution zeigte, durchaus fähig ist.
Die Grundproblematik jedes Universalismus betrifft auch das Tianxia: Daß nämlich seine Umsetzung eine globale Kontrolle (bzw., wie Benedikt Kaiser treffend schreibt, eine neue Welthegemonie) voraussetzt, so daß jeder, der sich nicht an seine Regeln hält gemaßregelt werden kann. Neben diesem Problem der konkreten Verortung und Umsetzung widerlegt Zhao Tingyang die These eines globalen Tianxia letztlich selbst. So sehr er auch die Vorteile eines inklusiven und kompatiblen Universalismus, abstrakt, ökonomisch, logisch und spieltheoretisch begründet, kommt er nicht umhin, uns den wahren Kern des Tianxia zu nennen.
Der Grund für dessen Wirksamkeit und die freiwillige Teilnahme vieler fernöstlichen Stämme an der »Jagd auf den Hirschen«, also den Wettstreit um Chinas Soft power, war die »Anziehungskraft der spirituellen Welt«. Die Schriftzeichen und das Ideensystem besaßen die geistige Zentripetalkraft um Auge des kulturellen Mahlstroms zu werden. Das System der Riten und Musik und sein sprachliches Medium, bildeten das einenden Band, quasi die Insignien des Tianxias.
Der Wesenskern des Himmels, der alles unter sich versammelte, war also ethnokulturell-kontingent. Zwar betont Zhao Tingyang wiederholt, das China ein multiethnisches Imperium gewesen sei, doch die ethnischen und kulturellen Unterschiede seiner Stämme sind global gesehen gering. Ohne einer präexistierende Nähe- und Verwandtschaft, hätte die »Jagd auf den Hirschen« niemals diesen einigenden Mythos bilden können.
Ohne ein homogenes System aus Riten und Musik wäre die inklusive Organisation der heterogenen Stämme, allen wirtschaftlichen Vorteilen zum Trotz, nicht möglich gewesen. Auch China kannte die unintegrierbaren Barbaren jenseits der eigenen Ethnosphäre. Das Tianxia ist also weniger der Himmel für alle, sondern der chinesisch-fernöstliche Himmel, der – in einer typisch ethnozentrischen Universalisierung der eigenen Lebenswelt – als Himmel an sich betrachtet wurde. Dass dieser univok-ethnozentrische Raum, im Unterschied zu anderen Imperien weniger expansionistisch auftrat, ist eine interessante und durchaus sympathische Eigenschaft. Ihn deswegen zum neuen universalen Weltprinzip zu machen, ist schwer denkbar.
Das Tianxia als Keim für eine neue globale Ordnung zu akzeptieren, hieße, den chinesischen Himmel über die ganze Welt zu stülpen. Es wäre eine Überforderung des Prinzips, an dem es zerbrechen würde. Das Tianxia ist als der Horizont einer spezifischen Kultur- und Völkerfamilie ein interessantes und lehrreiches Konzept. Für eine umfassende Ordnung bräuchte es eine höheren Ebene über dem chinesischen Modell bzw. ein weiteres Prinzip.
Denn Zhao Tingyang kann noch so oft betonen, daß das Tianxia allen gehöre. Im selben Atemzug, beschreibt er es als einen schwer oder kaum übersetzbaren, dem Westen fremden Wert, auf den er sichtbar stolz ist. An anderer Stelle wird daraus ein »politisches Gen im Wesenskern Chinas« (S. 122). Ebenso könnte der Moslem behaupten, daß der Koran allen gehöre, was nichts an seinem faktischen arabischen Kulturimperialismus ändert.
Das Konzept des Tianxia hat also, wie Zhao Tingyang in seinem Buch selbst belegt, eine narrative Struktur. Man kann es nicht erklären ohne seine Herkunft, und damit die Geschichte Chinas, zu erzählen. Das würde aber bedeuten, daß bei einer Weltsouveränität, basierend auf dieser Idee, alle Völker an ein chinesisches Narrativ anknüpfen müßten. Indem Tingyang selbst eingesteht, daß das historische Tianxia untrennbar mit einem mythischen, ethnokulturellem »System der Riten« verbunden war, hieße seine Globalisierung notwendig ein globales System der Riten, Mythen und eine Weltsprache.
Es ist richtig und wichtig, daß Zhao Tingyang die ethnokulturelle und religiöse Herkunft des modernen westlichen Universalismus aufdeckt. Ein globales Tianxia würde dagegen ähnliche Fehler begehen und alles andere als einen »kompatiblen Universalismus« darstellen (S. 233).
Vom philosophischen Standpunkt aus kann Tianxia demnach kein univokes Prinzip sein, daß »universal, aber nicht universalistisch« (Alain de Benoist) ist. Dieser Rang gebührt dem »Sein«, das bekanntermaßen ja nicht »ist«, sich deshalb als Grundlage für politische Ordnungen nicht eignet und dessen »Seinsgeschichte« keinem Volk und keiner Kultur alleine gehört.
Zhap Tingyang sollte meiner Meinung nach viel eher in einem Vergleich zwischen chinesischen, westlichen und anderen Universalismen nach einer Möglichkeit der Vermittlung bzw. einer Ebene über dem Tianxia suchen, die unterschiedliche Lebenswelten abgrenzen und in eine vielfältige und und freien Weltzustand fügen könnte.
Hier bietet der an Heidegger geschulte Denker Alexander Dugin vielleicht den besseren Ansatz für eine neurechte Beschreibung der »universalen Ebene« jenseits des Nationalsubjekts. Auch wenn man bei ihm, im tagespolitischen Gewoge, Anklänge einer ethnozentrischen russischen Sendung finden und kritisieren kann, ist sein Konzept der multipolaren Welt immanent vielfältig. Weder der chinesische noch der russische oder amerikanische Horizont können als Weltenhimmel alle Völker und Kulturen der Erde unter sich vereinen.
Ein Modus der friedlichen »Externalität«, den Tingyang immer wieder fordert, kann nur in einem Dialog zwischen den ethnokulturellen Lebenswelten entstehen. Eine neue politische Verständnisebene über dem Tiaxia kann dialogisch in einem »interkulturellen Polylog« entstehen und ist in Form eines Weltsouveräns oder Weltstaates undenkbar.
Ob ein Modus gefunden werden kann, in dem verschiedenen Mythen und ethnokulturelle Lebenswelten nebeneinander bestehen, ohne in der Existenz des Anderen eine existentielle Widerlegung des Eigenen zu sehen, die letztlich erobert, assimiliert und ausgelöscht werden muß, ist der große Prüfstein für das Überleben von Völker, Mythen und Kulturen. Zhao Tingyangs Ansatz kann, wenn es die ethnokulturelle Kontingent des Tianxia erkennt und darüber hinaus denkt, sicher einen Beitrag dazu liefern.
Zhao Tingyang hat uns viel zu sagen und sein Buch hat meiner Ansicht nach das Zeug zur neurechten »Pflichtlektüre«. Die Beschreibung der Welt als chaotische Allmende, die durch das Prinzip der Tragedy of the Commons in eine große Beutezone verwandelt wird, gelingt ihm ebenso gut wie die der Hegemonie der USA und der »Service-Diktatur« der neuen Technologien. Jeder Neurechte wird die Lektüre, schon allein deshalb, weil er die individualistischen Gemeinplätze und demokratischen Heucheleien des linksliberalen Universalismus nicht teilen kann, erfrischend finden.
Wenn Zhao Tingyang sagt: »Die Politik bedient sich zwar der Macht, aber Macht ist nicht ihr Ziel, ihr Ziel ist die Schaffung einer kompatiblen Daseinsordnung, die die Schöpfung wachsen und gedeihen lässt« ( S. 202), stimme ich ihm jedenfalls zu. Übersetzungen weiterer seiner Werke werden uns womöglich zahlreiche Analogien zu Alain de Benoists frühem Denken und Henning Eichbergs Ethnopluralismus sowie der gesamten Problemstellung der »neuheidnischen« Nouvelle Droite offenbaren.
Doch gerade wo Zhao Tingyang mit einer Warnung vor der Selbstvernichtung der Menschheit moralischen Druck in Richtung Tianxia aufbaut, und die angesprochenen Widersprüche ignoriert, ähnelt er bisweilen einem chinesischen Klaus Schwab. Hier lohnt sich statt dessen ein Blick auf Rolf Peter Sieferles gelasseneren »partikular-reaktiven« Bewältigung möglicher Krisen der Globalisierung, der in ihnen keinen notwendigen Zwang zur politisch geeinten Menschheit sieht.
Man darf hoffen, daß Zhao Tingyang die Widersprüche seines Konzepts erkennt und auf diese und weitere Widersprüche eingeht. Bleibt das aus, so stellt sich das Tianxia eher als eine geschickte und chinesische Variante des »Willens zur Macht« dar. Politisches Ergebnis wäre ein »Great Reset mit Stäbchen« in dem Marx und Konfuzius, Zhao und Mao, Umwelt- und Viruspolitik zu einer für manche postmoderne Zungen schmackhaften Mischung fusionieren.
Daß Chinas Auftreten notwendig nationaler und »tellurischer« anmutet als die westliche »transatlantische Thalassokratie«, macht die Tianxia sicherlich sympathischer als die Alternative in Form von »Globohomo«. (Darin liegt indes auch eine Gefahr.)
Auf keinen Fall bleibt uns die Auseinandersetzung mit China als neu-altem Weltakteur erspart. Es ist daher ratsam, sich früh mit den einflußreichen Denkern auseinander zu setzen. Überdies kann (und soll) man über China und die KPCh viele kritische Dinge sagen: »Transgenderkinder«, offenen antiweißen Rassenhaß und Musikcharts, die von »Wet ass pussy« und »Danger Dan« dominiert werden, sucht man dort jedenfalls vergeblich. Und China prägt nicht seit Jahrzehnten über kulturelle und politische Hegemonien jene Realität, wie wir sie heute, zum Schaden Europas, bei uns vorfinden.
– –
+ Zhao Tingyang: Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung (= suhrkamp taschenbuch wissenschaft ), Berlin: Suhrkamp 2020. 266 S., 22 € – hier bestellen.
+ Benedikt Kaiser bespricht dieses Buch hier sehr differenziert.
+ Auch Dimitrios Kisoudis bearbeitet dieses Thema, und zwar in seinem Text über »Globalismus« in der 100. Sezession. Einige Hefte sind noch hier verfügbar.
Laurenz
@MS
Mir ist das etwas zu philosophisch, realitätsfern.
Die chinesische Mauer wurde deswegen gebaut, weil die mongolischen Stämme häufig Hunger litten, und die Chinesen, aufgrund ihrer seßhaften Kultur, mehr zu essen hatten, welches man sich als Mongole aneignen wollte, ohne die eigene nomadische Lebensart aufgeben zu wollen. Auch ein Stalin sah sich gezwungen, den "Großen Vaterländischen Krieg" auszurufen, um seine Leute zu motivieren, wobei es im sozialistischen Sinne vollkommen egal gewesen wäre, ob ein Österreicher statt eines Georgiers herrschte. Wir, werter MS, bilden die einzige Ausnahme. Fast alle Weißen auf dem Planeten stammen von unseren Vorfahren ab. Abwanderung & Föderalismus sind Teil unserer Kultur. & weil wir im Isolat entstanden, haben wir einen Hang zum Exotischen, Sie machen da keine Ausnahme. Allen anderen Kulturen auf dem Planeten ist es völlig egal, was die anderen denken. Die deutsche Linke denkt, da Blut dicker als Wasser ist, mendeln wir einfach Ethnien weg. Denn nur so läßt sich der globale Gedanke durchziehen. Die nicht-deutsche Linke denkt, gebären wir die anderen einfach weg, das hat denselben Effekt, nur daß nachher auf dem Planeten keine Mischrasse lebt, sondern nur noch Chinesen.