Die Köpfe hinter der rechten Digitalakademie »GegenUni« gelangen damit zu einer ähnlichen Feststellung wie jüngst hier Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek, wenn dieser im Interview mit einem Filmemacher konstatiert, daß es die »schweigende Mehrheit« nie gegeben habe:
Der Unterschied zu denen, die sich von einer »schweigenden Mehrheit« umgeben wähnen, ist, daß sie – wie eben beschrieben – für uns nicht vorhanden ist, sondern daß ein Meinungsumschwung herbeigeführt werden muß, aus dem sich Mehrheiten für unsere Sache ergeben könnten.
Vielmehr gehe es darum, eigene Mehrheiten vorzubereiten, den Leuten andere Deutungsmuster der Wirklichkeit an die Hand zu geben und ihre Überzeugungen zu wenden. »Gegenkultur« hat nicht das Ziel, eine »schweigende Mehrheit« zu erwecken, sondern sukzessive Räume zu erweitern – in die Mehrheit bzw. die ominöse »Mitte« hineinzuwirken –, bis dieser Einfluß so stark wird, daß sich durch ihn die politische Landschaft nachhaltig verändert.
Im Grunde eine Strategie, die auf dem vielbemühten Konzept der »kulturellen Hegemonie« von Antonio Gramsci beruht, wohingegen der psychologische Rettungsanker der »schweigenden Mehrheit« das genaue Gegenteil davon darstellt und sich der Illusion von einer »guten Masse« hingibt.
Die Initiatoren – darunter Erik Ahrens, Co-Autor des kaplaken Postliberal (hier bestellen) – der seit dem Sommer 2021 aktiven GegenUni verfolgen derweil erstere Strategie, indem sie der patriotischen Bewegung mit ihrer Arbeit »ein verbindendes Dach in Form einer einheitlichen Weltsicht und einer verbindlichen Theorie« geben wollen.
Das erklärte Ziel: »Konservativen und Patrioten qualitativ hochwertige Theoriearbeit zugänglich zu machen.« Dabei orientiert man sich am klassischen Universitätsformat. Bisher dominiert das digitale Lektüreseminar noch das Programm, doch mit der Reihe zu »Rechter Ethik« oder »Spenglers Methodik« geht man bereits den nächsten Schritt und erweitert das Angebot um themenbezogene Grundseminare.
Auf dem Lagebesprechung-Podcast des Bürgernetzwerks Ein Prozent sprach Ahrens mit mir über die Motivation hinter dem Projekt und die weiteren Pläne für die Zukunft:
Ein empfehlenswerter Einstieg in die Arbeit der GegenUni ist bspw. Daniel Fiß‘ praxisorientiertes Seminar zur »Visuellen politischen Kommunikation«:
Und für die Form des Lektüreseminars das Seminar von Erik Ahrens zu Marxens Das Kapital:
Hier geht es zur Netzseite des unterstützenswerten Projekts:
Für die Sezession 96 »Verhaltenslehren«, die ursprünglich mit »Metapolitik« überschrieben werden sollte, habe ich einen Text zum »Denken in langen Zyklen« verfaßt (hier lesen).
Anhand der Theorie des »gesellschaftlichen Stoffwechsels« versuche ich darin deutlich zu machen, inwiefern gesellschaftliche Ordnungsstrukturen vom jeweiligen »sozial-metabolischen Regime« (menschliche Gesellschaften reproduzieren sich durch einen kontinuierlichen Material- und Energiedurchsatz; die Art und Weise des Durchsatzes definiert die jeweiligen Regime – Wildbeuter‑, Agrar- und Industrieregime) bedingt werden und welche Bedeutung das für rechte Politik hat:
Politische Epochen und der mit ihnen verbundene soziale Wandel wechseln sich nicht innerhalb von wenigen Jahrzehnten miteinander ab, sondern spannen sich über Jahrhunderte und sind dabei in das sie tragende »sozial-metabolische Regime« eingebettet.
Um die Auswirkungen fossiler Energieflüsse auf traditionale Gesellschaften zu veranschaulichen, griff ich auf eine Studie des finnisch-amerikanischen Anthropologen Pertti J. Pelto zu den Skoltsamen aus den 1970ern zurück:
Über einen Zeitraum von rund zehn Jahren, zwischen 1961 bis 1971, statteten sich alle 72 Haushalte der von Pelto studierten Gemeinde mit dem neuen Gefährt aus, um dieses für das Rentierhüten zu verwenden. Vor der Einführung des Schneemobils drehte sich das gesamte Leben der Skoltsamen um das Rentier. Die Kinder erhielten für ihren ersten Zahn ein Rentier; es gab ein »Namenstag-Rentier« und bei einer Hochzeit bekam das glückliche Paar etliche Rentiere geschenkt, damit der neue Haushalt mit einer kleinen Herde seinen Start nehmen konnte.
Das Rentier bildete das zentrale Objekt der samischen Kultur und war die Basis ihrer relativen Autarkie. Nach der Einführung des Schneemobils reduzierte sich die Zahl der Rentiere aus verschiedenen Gründen. Außerdem war man nun stärker als zuvor auf die Außenwelt angewiesen, da nur über sie ein Erwerb von Schneemobilen und Benzin möglich war. Der Fall der Skoltsamen verdeutlicht, wie das fossile Energieregime und die mit ihm verbundenen Technologien es in kürzester Zeit vermögen, soziale Machtstrukturen zu verschieben und stabile Austauschbeziehungen zwischen Mensch und Natur zu unterbrechen.
Über die vergangenen Jahrzehnte ist es nicht beim Schneemobil geblieben. Zumindest bei den Samen auf schwedischer Seite sind sogar Helikopter dazugekommen. Sehen kann man das in einer Reportage des deutsch-französischen Gemeinschaftssender ARTE, der den weiten Weg in den schwedischen Norden jedoch nicht genommen hat, um eine ausführliche Technikkritik vorzunehmen, sondern um die neusten Spannungen zwischen den indigenen Samen und den örtlichen Schweden zu dokumentieren.
Die Reportage stellt implizit die Frage, wieviel Spielraum ethnischem bzw. indigenem Souveränitätsanspruch und Identitätsbewahrung gegenüber einem egalisierenden Nationalstaat bleiben:
Trotz ungebrochener Zensurdrohungen des Establishments erfreuen sich Telegram-Nachrichtenkanäle in der patriotischen Bewegung weiterhin großer Beliebtheit. Daher sei hier ein weiterer Telegramkanal angezeigt, dem es lohnt, zu folgen. Und zwar der gut bespielte Kanal des thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke:
Fuechsle
"Jagd am Polarkreis", der halbstündige Film auf ARTE, eine gute Empfehlung! Ein bemerkenswert ausgewogener Beitrag, es kommen sowohl die autochthonen samischen Rentierzüchter als auch die (schwedischen) Jäger angemessen zu Wort. Dazwischen herrliche Aufnahmen von der Natur am Polarkreis, einer Natur, die allerdings zunehmend durch menschliche Eingriffe bedroht ist. Der schwedische Bürgermeister Kirunas, der nördlichsten Stadt Schwedens, ist als Universalist auf der Höhe der Zeit. Er könne nicht einsehen, weshalb die Samen( Lappen) als Autochthone, bloß weil sie "schon länger hier leben" privilegiert sein sollen, etwa bei der autonomen Entscheidung darüber, wer eine Jagdlizenz in ihrem Rentiergebiet erhält!