Daraus ergibt sich folgendes Bild: Der 1977 geborene “Programm-Manager für das Master-Studium Humanokölogie an der Universität Lund” bezeichnet sich selbst als “Marxist” und redet einer Art “Klima-Kommunismus” das Wort.
Seine Ansichten stehen im völligen Einklang mit dem linken Mainstream: Er hält die “Black Lives Matter”-Bewegung für eine großartige, gerechtfertigte Sache, und preist ihre Bereitschaft, Polizeiwachen abzufackeln, als vorbildlich.
An der Gefährlichkeit von “Corona” und der Notwendigkeit der Maßnahmen hegt er nicht die geringsten Zweifel. Die konzertierte Art, mit der die Staaten der Welt auf die “Pandemie” reagiert haben, bewundert er als vortreffliche Blaupause, um auch den Klimawandel zu bekämpfen. An der Technologie der Impfstoffe stört ihn lediglich, daß sie an “Symptomen herumdoktern”, nicht aber an den Ursachen gefährlicher Zoonosen wie die “Entwaldung der Tropen”.
Malm ist der Meinung, Giorgio Agamben habe sich mit seiner Kritik an den Corona-Maßnahmen “zum Narren gemacht”, weil er die “Ernsthaftigkeit der Lage” nicht verstanden habe, mit anderen Worten hat er nicht kapiert, dass wir es 2020 mit einem “echten” Ausnahmezustand zu tun hatten.
In seinem jüngsten Buch White Skin, Black Fuel (verfaßt zusammen mit dem “Zetkin Collective”) dessen Titel offenbar auf Frantz Fanons Schwarze Haut, weiße Masken anspielt, malt Malm das ultimative Schreckgespenst eines “Fossilien-Faschismus” an die Wand.
Zu diesem Zweck kombiniert er die antiweiße “kritische Rassentheorie” mit dem “Klimawandel”, den er allerdings nicht gänzlich den “Rechtsextremen” und “weißen Suprematisten” (zu denen er auch Trump und Bolsanaro zählt) in die Schuhe schieben kann, da er zugegebenermaßen in erster Linie von westlichen liberalen Demokratien verursacht wurde.
Er stellt jedoch fest, daß die politische Rechte von “Klimawandelleugnern” dominiert wird (was in der Sache, wenn auch nicht im Framing zutreffend ist), die kriminellerweise Europa vor Millionen von “Klimaflüchtlingen” abschotten wollen, aus rassistischer Furcht vor dem “großen Austausch”.
Malm ist fest davon überzeugt, daß ein durch Co2-Emissionen verursachter Klimawandel in absehbarer Zeit zu grauenhaften ökologischen Katastrophen führen wird, die schlimmstenfalls das Leben von Milliarden Menschen auslöschen werden. Es handelt sich dabei also um einen ultimativen, absoluten Feind, um einen strukturellen Mega-Giga-Über-Hitler, und gegen ihn zu kämpfen, bedeutet, sich in den Dienst einer ultimativen, absoluten Moral zu stellen.
Die Klimabewegung soll idealerweise staatliche Macht erlangen, und diese Macht muß dann eingesetzt werden, um den kompletten Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zu erzwingen, indem man etwa klimafeindliche Konzerne verstaatlicht und Fabriken schließt. Co2-Emission sei eine Form von genozidaler Gewalt, die das “fossile Kapital” ausübt, weshalb Gegengewalt nicht nur erlaubt, sondern notwendig und unumgänglich sei.
Aus dem Interview mit der Zeit (5. Juli 2021):
Ich bin überzeugt, dass wir die Verfeuerung von fossilen Brennstoffen zum jetzigen Zeitpunkt ganz konkret als eine Form von Gewalt auffassen sollten, weil sie Menschen durch anhaltende Dürren, Hitzewellen, Stürme und Überflutungen die Lebensgrundlage raubt, wenn nicht gar ihr Leben.
Gefragt, wer es denn konkret sei, der diese Gewalt ausübe, antwortete Malm:
Das eine Prozent der reichsten Menschen emittierte seit den Neunzigerjahren mehr als doppelt so viel CO₂ wie die gesamte arme Hälfte der Menschheit. Die Superreichen fallen dabei besonders stark ins Gewicht. SUVs, Jachten, Vielfliegerei, mehrere Wohnsitze: Diese Arten von Konsum sind Gewaltakte.
In seinem Gastbeitrag für den Spiegel formulierte er:
Die herrschenden Klassen auf diesem Planeten sind entschlossen, das, was von ihm übrig ist, so schnell wie möglich zu verbrennen, und nichts – gar nichts – hat sie bisher davon abgehalten. Sie sind vollständig und auf eine infernalische und dämonische Art und Weise außer Kontrolle.
Dabei betont Malm jedoch ausdrücklich, daß es sich bei der gewaltsamen Gegenwehr nur um Gewalt gegen “Sachen”, etwa gegen Pipelines, Geländelimousinen (Sport Utility Vehicles) oder die Fensterscheiben von Bankgebäuden, nicht aber um Gewalt gegen Menschen handeln kann.
Wir brauchen keine großen Konzepte, um zu erkennen, dass jetzt nur Sabotage und Sachbeschädigung helfen. Es sind das fossile Kapital selbst und die von ihm geschaffenen Realitäten, die uns dazu bringen. Alles andere hieße, das Leben auf diesem Planeten aufzugeben. (Spiegel)
Gewalt gegen Personen wäre desaströs, sie würde auch der Bewegung immens schaden. Aber Bewegungen, die tief verankerte Strukturen verändern wollten, haben in der Geschichte immer eine Komponente der Sachgewalt gehabt: von der Abschaffung der Sklaverei über die Suffragetten bis zu den Kämpfen der Arbeiterklasse im frühen 20. Jahrhundert. Ohne drohende Revolte gibt es selten Reformen. (Zeit Online)
Entweder lügt sich Malm hier selber in die Tasche, oder er pflegt eine Alinsky-Strategie der taktischen Verstellung und will sich nicht à la Kaczynski zum regelrechten Outlaw machen (immerhin hat er einen reputablen Uni-Posten zu verlieren). Die von ihm genannten “Bewegungen” hatten allesamt eine erhebliche “Komponente” der Gewalt gegen Menschen; und sobald Sabotageakte größeren Stils (etwa die Sprengung einer eintausendvierhundert Kilometer langen Rohöl-Pipeline) für legitim erklärt werden, gibt es realistischerweise keine Möglichkeit mehr, immer und überall Menschenleben zu schonen.
Ob als Kollateralschäden oder als gezielt geopfertes Fußvolk, der militante Klima-Aktivist wird menschliche Todesopfer “in Kauf nehmen” oder zumindest riskieren müssen, wenn er Malms Strategien ernsthaft umsetzen will. Was hindert den Öko-Saboteur dann noch, sich ein paar Klima-Bubacks und ‑Schleyers und andere Schweine vorzuknöpfen, die es nicht anders verdient haben? Malms kommunistische Vorbilder hatten im letzten Jahrhundert wenig Hemmungen, für das höhere Wohl der Menschheit ganze Bevölkerungsschichten auszuradieren.
Heuchlerisch ist Malm daher auch, wenn er sich dagegegen verwehrt, seine empfohlene “kontrollierte politische Gewalt” gegen Klimasünder mit ihrem adäquaten Namen “Terrorismus” zu bezeichnen. Das ist offensichtlich pure Augenwischerei. Auch Sachbeschädigung, eine beliebte Antifa-Methode gegen “rechte” Personen, hat den Zweck, Angst, Schrecken, Streß und Druck durch Gewalt zu erzeugen.
Offen bleibt auch, welches konkrete Ziel diese “Sachgewalt” der tausend Nadelstiche verfolgen soll. Sie wird kaum ausreichen, den weltweiten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu erzwingen, noch wird sie zu einer revolutionären “Machtergreifung” der Klimakommunisten führen.
Sie wäre allenfalls als verzweifeltes Manöver nachvollziehbar, das dem (ziemlich abstrakten) Gegner so viel Schaden wie möglich zufügen soll, ohne ihn direkt besiegen zu können. Malm, der ein entschiedener Kritiker des “Klimafatalismus” à la Jonathan Franzen ist, denkt allerdings, daß diese Art der Gewalt im Verbund mit “diversifizierten Taktiken” zum Erfolg führen könnte.
Im Englischen gibt es den Ausdruck “to have one’s cake and eat it”, etwa: “alles gleichzeitig haben wollen”, auch, wenn der Besitz des einen den Besitz des anderen ausschließt.
Mag es Mimikry oder ehrliche Überzeugung sein: Malm will einerseits den schlimmsten und gefährlichsten Feind der Menschheit, den Klimawandel durch Co2-Emissionen, radikal bekämpfen, andererseits will er dabei innerhalb des “demokratischen Diskurses” bleiben (um es mit den Worten Alexander Kisslers zu sagen): Gewalt ja, aber nicht gegen Menschen, (grüner) Kommunismus ja, aber bitte kein “Autoritarismus”, staatlich erzwungener Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ja, aber bitte nur über demokratische, parlamentarische Prozesse.
Das ist natürlich grobe Roßtäuscherei. Wenn man ernsthaft glaubt, daß der menschengemachte Klimawandel real ist, daß er buchstäblich das Überleben der ganzen Menschheit bedroht und nur durch die totale Abschaffung von fossiler Energie aufhaltbar ist, dann kann dies logischerweise nur durch massive autoritäre Gewaltanwendung auf globaler Basis geschehen. Die liberale Demokratie in der bislang gültigen Form wäre dazu nicht imstande; sie müßte einer radikalen grünen Diktatur Platz machen.
Es gibt allerdings noch einen weiteren Elefanten im Raum, der von Malm und anderen Klimaaktivisten tunlichst vermieden wird: Die komplette Abschaffung fossiler Brennstoffe hätte nicht nur eine radikale Senkung des Lebensstandards zur Folge, an den wir uns gewöhnt haben, sondern den kompletten Zusammenbruch unserer Infrastrukturen und unserer Lebensart. Das würde nicht nur das “eine Prozent der reichsten Menschen” betreffen (dieses vermutlich am allerwenigsten).
Hinzu käme die dramatisch erhöhte Schwierigkeit, Milliarden Menschen ohne die heute übliche, auf fossilen Brennstoffen basierende Technologie zu ernähren und zu versorgen (dazu gehören nicht nur die Lebensmittelfabriken, sondern auch die Verkehrsmittel, mit denen die Lieferketten aufrechterhalten werden).
An dieser Stelle gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: a) man hofft auf die rechtzeitige Erfindung und Entwicklung von “grünen Wunderwaffen”, also auf alternative Technologien, die auch ohne fossile Brennstoffe unseren bisherigen Lebensstandard (zumindest halbwegs) aufrechterhalten und die Menschheit ernähren können, oder man fordert b) eine radikale Ent-Industrialisierung praktisch der ganzen Welt, die mindestens hinter das Niveau des frühen 19. Jahrhunderts zurückgeht, einhergehend mit einer ebenso radikalen Bevölkerungsreduktion.
Das hätte allerdings eine Umwälzung der heutigen Industriegesellschaften zur Folge, gegen die Maos “Großer Sprung nach vorn” einem Sitzstreik auf einer abgelegenen Landstraße gliche.
Ersteres ist das trügerische Wunschbild sowohl der Klima-Kapitalisten als auch der Klima-Sozialisten. Zweiteres, sozusagen einen “Greater Reset”, wagen nur intellektuelle “Outlaws” zu Ende zu denken, die sich nicht um öffentliche Respektabilität scheren: etwa Ted Kaczynski, John Zerzan, Guillaume Faye oder Pentti Linkola, dem ich im April 2020 einen Nachruf gewidmet habe.
Linkola war einer der wenigen wirklich ehrlichen und glaubwürdigen radikalen Umweltschützer. Was er dachte, war zuhöchst anstößig und Lichtjahre von den gängigen “demokratischen Diskursen” entfernt (die auch in anderen Bereichen kaum mehr etwas anderes sind als Lügengespinste).
Im nächsten Teil des Beitrags werde ich mir ansehen, was dabei herauskommt, wenn man Linkola mit Andreas Malm und ähnlich gedrehten Aktivisten (wie etwa Tadzio Müller) vergleicht.
Fortsetzung folgt.
RMH
So langsam kann man die Bedenken der Türkei gegen einen Beitritt Schwedens zur NATO nachvollziehen, auch wenn die Türkei bei ihrem Vorwurf der Terrorunterstützung sicher nicht an diesen universitären Dampfplauderer dachten (bzw. dieser ihnen egal sein dürfte).